Pneumonie P Pneumonie Erna Bethke (78) berichtet Schwester Anne vom ambulanten Pflegedienst: „Mir ging es vor zwei Tagen schon nicht gut, als die Enkelkinder da waren. Dann kam ein Husten, und Schwester Ina hat Doktor Schulz geholt. Aber ich war zu schlapp, um in die Apotheke zu gehen. Nachts hatte ich auch Schüttelfrost. Können Sie mir nicht die Tabletten holen? Ich glaube, ich habe immer noch Fieber. Und was ich aushuste, ist ganz gelb.“ Definition Als Pneumonie wird eine tiefe Infektion der Lungen bezeichnet. Dabei sind auch die kleinsten Bronchien, die Bronchiolen und die Lungenbläschen oder Alveolen selbst betroffen (Abb. P.66). Man unterscheidet zwei Arten: die typische und die atypische Pneumonie. Beide können auch als → nosokomiale Infektion vorkommen. Synonym: Lungenentzündung. siver Therapie, z. B. bei Zytostatika. Bakterien nutzen diese Gelegenheiten, um zunächst eine eitrige Bronchitis (→ akute Bronchitis) auszulösen. Typische Pneumonie. Erreger sind hier Streptococcus pneumoniae (Pneumokokken), Staphylococcus aureus, Haemophilus influenzae, Klebsiella pneumoniae und andere Darmbakterien. Diese Infektion war früher sehr häufig. Atypische Pneumonie. Dagegen bietet die atypische Pneumonie ein anderes Erregerspektrum. Hier sind unter den Bakterien zu nennen: Legionella pneumophila und andere Legionellenspezies, Chlamydia pneumoniae, Mycoplasma pneumoniae, Chlamydia psittaci. Aber auch Viren kommen als Erreger der atypischen Pneumonien in Betracht, z. B. Adenoviren, Epstein-BarrVirus (EBV), Respiratory Syncytical (RS-) Viren, Coxsackieviren, Influenzaviren und andere. Bei dieser Erregergruppe entzünden sich nicht die Alveolen oder Bronchiolen, sondern das Interstitium, quasi das „Skelett“ der Lunge. Ursachen Symptome Im Allgemeinen geht der Pneumonie eine banale Virusinfektion voraus, die die Abwehr der oberen Luftwege schwächt. Aber auch starke Raucher, Alkoholiker und Diabetiker tragen ein deutlich höheres Risiko. Dies gilt auch für Patienten mit → Lungenemphysem und immunsupres- Die Symptome sind für die typische und die atypische Pneumonie jeweils unterschiedlich. Typische Pneumonie. Die Symptome der typischen Pneumonie sind: hohe Temperatur, eitriger Auswurf, beim Abhören Rasselgeräusche. Die Symptome variieren aber auch erregerabhängig. Staphylococcus aureus löst z. B. eine abszedierende Pneumonie aus, bei der kleine Stayphlokokkenabszesse über weite Teile der Lunge verteilt sind. Pneumokokken erregen typischerweise die Lobärpneumonie, die sich auf einen Lungenlappen beschränkt. Die relativ neue Erregergruppe der cMRSA (community acquired MRSA) kann eine nekrotisierende Pneumonie mit Defektheilung auslösen. Atypische Pneumonie. Auch die Symptome der atypischen Pneumonie variieren erregerabhängig. Typisch für die → Legionellose ist z. B. das Auftreten weiterer Symptome bei ZNS und Darm. Im Allgemeinen besteht auch bei der atypischen Pneumonie eine mehr oder weniger hohe Temperatur, jedoch selten eitriger Auswurf; stattdessen eher glasiges Sputum. Auch der Auskultationsbefund und sogar der Röntgenbefund sind weniger eindrucksvoll, im Röntgenbild sieht man statt Abszessen oder verschattenden Lappen nur eine Zeichnungsvermehrung. Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 왘 Diagnose Abb. P.66 Anatomie. Die Lungenalveolen gruppieren sich wie Weintrauben an einem Stiel um einen Bronchiolus terminalis. Die Alveolen werden von einem Kapillarnetz umgeben. Hier findet der Gasaustausch statt. Die Verdachtsdiagnose wird klinisch anhand der Krankengeschichte und durch bildgebende Verfahren gestellt. Besonders aufschlussreich ist ein Röntgenbild des Thorax (Abb. P.67) (S. 1284). Sputum oder Blut werden kulturell angelegt, um die Erreger zu ermitteln. Antikörpernachweise aus Serum erhärten die Diagnose (S. 1146).1270 843 P Pneumonie Therapie Die Therapie richtet sich nach den vermuteten Erregern. Vor allem Antibiotika werden eingesetzt, bei viralen Pneumonien evtl. Virustatika oder auch Kortison. Prognose Komplikationen Abb. P.67 Pneumonie. Auf dem Röntgenbild ist eine überwiegend rechtsseitige Bronchopneumonie zu sehen. Sowohl typische wie atypische Pneumonien können eine Infektion des Lungenfells oder zumindest dessen starke Reizung bewirken (→ Pleuritis). Daraus kann sich ein Pleuraempyem oder auch ein → Pleuraerguss entwickeln. Eine virale Pneumonie kann durch eine → Perikarditis noch gefährlicher werden. Infobox Differenzialdiagnose Inhalation von ätzenden Substanzen oder Rauch sowie die Aspiration von Erbrochenem können eine ähnliche Symptomatik zeigen (→ Aspirationspneumonie). Natürlich stellen auch diese Situationen ein erhebliches Infektionsrisiko durch Pneumoniebakterien dar. Außerdem ist die Pneumonie gegen die Tracheitis (Luftröhrenentzündung) und die → akute Bronchitis abzugrenzen. 844 ICD-10: J18.9 G Internetadressen: http://www.rki.de Literatur: Jassoy, Ch., Schwarzkopf, A. (Hrsg.): Hygiene, Mikrobiologie und Ernährungslehre für Pflegeberufe. Thieme, Stuttgart 2005 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Bei rechtzeitiger Behandlung und gutem Allgemeinzustand ist eine völlige Heilung möglich. Gelegentlich bleiben Narben zurück. Gerade ältere Menschen können jedoch an Pneumonien versterben. Aus unbehandelten oder falsch behandelten bakteriellen Pneumonien kann sich eine → Sepsis mit schwerwiegenden Folgen entwickeln.