1. Vorlesung

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Vorlesung Immunologie 6. Semester Humanmedizin
Grundlagen und Bauelemente des Immunsystems
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GRUNDLAGEN und BAUELEMENTE des IMMUNSYSTEMS
Vorlesung 1
Einführung
1. Entdeckung des Immunsystems
¾ Thukidides
¾ Edward Jenner – Vakzinierung – empirische Immunologie
¾ Paul-Ehrlich’s Experiment zur Spezifität – wissenschaftliche Immunologie
2. Das „Nervensystem“ der Abwehr
¾ Vergleichbar dem ZNS kann das Immunsystem
ERKENNEN
VERARBEITEN
ERINNERN
REAGIEREN
¾ Im Gegensatz zum ZNS ist das Immunsystem aber nicht hierarchisch
gegliedert und seine Elemente (Moleküle und Zellen) benötigen für ihre
Funktionen meist keine anatomische Fixierung. Dennoch arbeitet es mit
höchster Präzision (Spezifität) und Komplexität
Grundlagen der Immunologie
1. Immunität und Immunisierung (aktiv/passiv)
¾ Immunität kennzeichnet den Schutz gegenüber einer Erregerattacke.
Sie wird durch Immunisierung erreicht.
¾ Man unterscheidet zwischen aktiver und passiver Immunisierung.
Bei der passiven Immunisierung wird das „fertige“ Abwehrsystem in Form
von Zellen oder Molekülen übertragen (sofort verfügbar).
¾ Bei der aktiven Immunisierung erzeugt der Organismus selbst das
geeignete Abwehrsystem (ca. 10 – 14 Tage Dauer).
2. Die Begriffe Antigen und Antikörper
¾ Antigene sind Strukturen (Proteine oder Kohlenhydrate), die von
spezifischen Molekülen (Antigenrezeptoren auf Lymphozyten und/oder
Antikörper) erkannt werden.
¾ Sie besitzen Erkennungsregionen, die als antigene Determinanten oder
Epitope (E) bezeichnet werden.
¾ Antigene können (müssen) aber nicht) immunogen sein, d.h. eine
spezifische Immunreaktion auslösen.
Emmrich, 2007
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3. Leistungen des Immunsystems
¾ Das Immunsystem unterscheidet spezifisch zwischen „Fremd“ und
„Selbst“ und löst eine adäquate Immunantwort aus. Es entwickelt ein
Immunologisches Gedächtnis, um besser und schneller reagieren zu
können.
4. Angeborene und erworbene Immunität
Immunantwort
Angeboren
Adaptiv
Reaktionszeit
Sofort/Stunden
Tage
Spezifität
Begrenzt und fixiert
Hoch und dynamisch
Gedächtnis
nein
ja
Reaktionstyp bei
Zweitkontakt
Identisch mit
Primärantwort
Rascher und stärker als
Primärantwort
¾ Das phylogenetisch ältere angeborene oder natürliche Immunsystem ist
sofort verfügbar und wehrt Erreger ab, bis die effektivere spezifische
Immunantwort ausgebildet, d.h. erworben und angepasst (adaptiert) ist. Das
spezifische
Immunsystem
interagiert
mit
vielen
unspezifischen
(akzessorischen) Abwehrmechanismen der angeborenen Immunität und nutzt
sie.
5. Bauelemente des Immunsystems
¾ Die wichtigsten zellulären Elemente des spezifischen Immunsystems sind
B- und T-Lymphozyten mit ihren Rezeptoren.
¾ Sie unterscheiden sich in ihrer Funktion und der Art der Antigenerkennung.
¾ Daneben gibt es viele weitere akzessorische Zellen und Funktionsmoleküle.
6. Das Immunsystem als Baukasten
Immunzellen
Spezifische Antigenerkennung
Steuerung des Immunsystems
Produktion spezifischer Antikörper
Akzessorische
Zellen
Unterstützung der Antigenerkennung
Antigenpräsentation
Kostimulatorische Signale
Effektorfunktionen
Lösliche Moleküle
Signalgebung und Effektorfunktionen
Antikörper, Zytokine, Hormone, Komplementfaktoren,
Abgeworfene Rezeptoren
Emmrich, 2007
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7. Funktionsstörungen: Defekte und Überreaktionen
¾ Überschießende Reaktion
¾ Fehlende/schwache Immunantwort
Abwehrdefekt
Allergie
Infektion
Tumor
¾ Fehlerhafte Selbsttoleranz
Autoimmunität
¾ Korrekte, aber unerwünschte Reaktion
Transplantatabstoßung
8. Evolution des Immunsystems
¾ Ein archaisches zelluläres GALT (gut-associated lymphoid tissue) findet
sich bereits beim Neunauge (lamprey). B und T-Lymphozyten und ein
adaptives Immunsystem mit Antikörperbildung gibt es allerdings erst bei
den frühen Gnathostomata (zahntagende Vertebraten)
– den
Knorpelfischen.
Zellen des Immunsystems
1. Stammzellen und Hämatopoese
¾ Alle Körperzellen entstehen aus pluripotenten Stammzellen. Viele
können bereits in vitro gezüchtet werden.
¾ Alle Leukozyten entstehen aus multipotenten hämatopoetischen
Stammzellen währen der Hämatopoese.
¾ Permanent pluripotente Stammzellen bewirken durch ständige Teilung den
Nachschub an lymphatischen und myeloischen Vorläuferzellen (self
renewal).
¾ Dies geschieht zunächst im embryonalen Dottersack, dann in der fetalen
Leber und im Erwachsenenalter im Knochenmark.
¾ Hierzu ist ein Mikromilieu von Wachstumsfaktoren und Stromazellen
erforderlich.
¾ Stammzellen können andere Organe besiedeln und wenige Zellen
genügen für die Repopulation.
¾ Wichtigster Oberflächenmarker für hämatopoetische Stammzellen ist
CD34.
Emmrich, 2007
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2. Lymphozyten
Größe:
Merkmale:
Vorkommen:
Funktionen:
7-9 mm als ruhende Zelle
großer Kern mit dichtem Heterochromatin und schmalem
Zytoplasma. Nur B- und T-Zellen tragen spezifische
Rezeptoren für Antigen.
in allen Geweben (Ausnahme: ZNS) und in der Zirkulation
B- und T-Zellen : Spezifische Antigenerkennung und
Steuerung der spezifischen Immunantwort durch Antikörper
und Zytokine und direkten Zellkontakt über weitere (nicht
antigen-spezifische) Rezeptoren. B-Zellen entwickeln sich zu
Plasmazellen. B- und T-Zellen können sich zu Gedächtniszellen entwickeln.
Natürliche Killer (NK) - Zellen : Wichtige Funktionen im
angeborenen Immunsystem, Zerstörung von Tumorzellen,
ADCC
3. Mononukleäre Phagozyten (MPS)
Größe:
Merkmale:
Vorkommen:
Monozyten 10-20mm
Bohnenförmiger plumper Kern, granuläres Zytoplasma mit
Lysosomen, phagozytische Vakuolen und Zytoskelettfilamenten
In der Zirkulation und nach Übertritt in allen Geweben
(Gewebsmakrophagen)
Funktionen:
Beitrag zur angeborenen Immunität:
¾ Phagozytose und Degradation von geschädigten Zellen, Zelltrümmern,
Mikroben, Makromolekülen
¾ Sekretion von Enzymen, O2-Radikalen, Prostaglandinen
- zur örtlichen Kontrolle eingedrungener Erreger
(Nebeneffekt: u.U. Gewebszerstörung )
¾ Sekretion von Zytokinen (IL-1, TNFa, IL-6)
- Rekrutierung von Entzündungszellen
- Anregung von Fibroblasten- und Endothelzellwachstum
- systemische Effekte (Fieber)
Indirekter Beitrag zur spezifischen Immunität:
¾ Antigenpräsentation
¾ T-Zellaktivierung (Kostimulation)
¾ Teilnahme an Elimination von Immunkomplexen (Ag-Ak) durch Phagozytose
4. Granulozyten und Mastzellen
¾
¾
¾
¾
Emmrich, 2007
Neutrophile Granulozyten
Eosinophile Granulozyten
Basophile Granulozyten
Mastzellen
- Phagozyten
- Parasitenabwehr, (Phagozyten)
- Freisetzung Histamin/biogene Amine - Allergie
- Freisetzung Histamin/biogene Amine - Allergie
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5. Dendritische Zellen (DC)
¾ Dendritische Zellen (DC) besitzen eine ähnliche Morphologie, differieren aber
in Bezug auf Herkunft, funktionelles Potenzial und im Vorkommen.
Langerhans DC und interdigitierende DC sind die potentesten Antigenpräsentierenden Zellen.
¾ Follikuläre DC
B-Zellregion im LK
CR1
¾ Langerhans DC
Epidermis
MHC II
CR1
FcγR
¾ Interdigitierende DC
T-Zellregion im LK
MHC II
Interstitielle CD
Myeloide DC
Lymphoide DC
Organe des Immunsystems
1. Primäre und sekundäre lymphatische Organe
Primäre (generative) und sekundäre (periphere) lymphatische Organe sorgen für
die Ausbildung der Immunzellen und die Organisation der Immunantwort
gegenüber Antigen, das
(1) enteral z.B. über die Nahrung
(2) dermal über die Haut
(3) hämatogen oder lymphogen
aufgenommen und transportiert werden kann.
2. Übersicht zum lymphatischen Gewebe
Lymphatisches Gewebe besteht aus Lymphozyten, Epithel- und Stromazellen.
Lymphatische Organe sind streng organisiert (Thymus, Lymphknoten, Milz); in
lymphatischem Gewebe (z.B. in den Schleimhäute) finden sich hingegen nur
wenige organisierte Ansammlungen von Lymphozyten. Sie sind über das
gesamte Gewebe verteilt.
In den primären (zentralen) lymphatischen Organen werden Lymphozyten aus
Stammzellen (Lymphopoese) gebildet und differenzieren zu immunkompetenten
Zellen. Danach verlassen sie das Organ und wandern in die Peripherie.
¾ Thymus Æ T-Zellen
¾ Knochenmark (Vögel: Bursa Fabricii) Æ B-Zellen
¾ Fetale Leber (nur während der fetalen Entwicklungsphase)
In den sekundären lymphatischen Organen in der Peripherie finden spezielle
Zellkontakte statt, als Grundlage für antigen-abhängigen Immunantworten und
die Differenzierung der Lymphozyten zu Effektorzellen.
¾ Milz
¾ Lymphknoten
¾ BALT bronchial-associated lympoid tissue
¾ GALT gut-associated lympoid tissue
¾ MALT mucosal-associated lymphoid tissue z.B. Peyer-Plaque
¾ vermutlich auch im Knochenmark
Emmrich, 2007
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3. Zellreifung und Zellwanderung
¾ Im Knochenmark gebildete Stammzellen wandern hämatogen zum Thymus
und verlassen diesen als reife, immunkompetente T-Zellen. Reife,
immunkompetente B-Zellen wandern aus dem Knochenmark hämatogen aus
und verteilen sich im Körper.
¾ High Endothelial Venules (HEV) HEVs bilden die periphere Verbindungszone
zwischen Gefäßsystem und Gewebe bei der Lymphozytenrezirkulation in den
postkapillären Venolen der Lymphknoten (nicht in der Milz).
¾ Die Lymphbahnen sammeln afferent Lymphozyten aus dem Gewebe und
führen sie über den Ductus thoracicus in die linke A. subclavia und über den
Ductus lymphaticus dexter in die rechte A. subclavia.
4. Lymphknoten
¾ Antigen erreicht hämatogen oder lymphogen den Lymphknoten. Im Cortex
entwickeln sich aus Primärfollikeln (Ansammlung ruhender B-Lymphozyten)
nach Antigenstimulation die Sekundärfollikel (sogenannte Keimzentren) mit
aktivierten B-Zellen.
¾ Zwischen den Follikeln und im Paracortex überwiegen T-Zellen, denen dort
Antigen präsentiert wird. In der Medulla bilden sich Markstränge aus
Lymphoblasten und Plasmazellen.
5. Mucosa-assoziiertes lymphatisches Gewebe (MALT)
¾ Die
Schleimhäute
des
Gastrointestinal-,
Respirations-,
und
Urogenitalsystems bedecken zusammen eine Fläche von ca. 400 qm. Sie
können Eintrittspforten für mannigfache Erreger sein und werden durch
das MALT (mucosal-associated lymphoid tissue) geschützt.
Häufige Bezeichnungen
1. Abkürzungen für wichtige Moleküle
Immunglobuline
Ig
Interleukine
IL
Interferone
IFN
Rezeptoren
R
z.B.: FcγR = Rezeptor für konstantes (c) Fragment der γ–Kette von IgG
2. Cluster of Differentiation (CD)
¾ Die CD-Nomenklatur fasst Gruppen monoklonaler Antikörper zusammen,
die das gleiche Zelloberflächenmolekül erkennen. Dieses bezeichnet man
mit CD und einer fortlaufenden Zahl.
¾ Die Verfahrensweise des „clustering“ erlaubt es, durch vergleichende
Statistik Moleküle zu erkennen, ehe sie mit molekularbiologischen
Methoden eindeutig nachgewiesen werden.
Emmrich, 2007
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