OPERATIONSMANAGEMENT Supply Chain Management - Lagerhaltungsmanagement © ISU Universität Zürich Definition und Aufgaben Supply Chain Management – Definition Das Supply Chain Management umfasst die Planung und das Management aller Aktivitäten, welche sich auf die Anbahnung von Geschäftsbeziehungen, die Beschaffung, Umwandlung von Produktionsfaktoren, und die Logistik beziehen. Es umfasst auch die Zusammenarbeit mit Lieferanten, Zwischenhändlern, Drittanbietern von Dienstleistungen, und Kunden. Supply Chain Management integriert Angebots- und Nachfragemanagement innerhalb eines Unternehmens und zwischen verschiedenen Unternehmen SupplyChain Management – Aufgaben Das Supply Chain Management hat eine integrative Funktion und die Hauptaufgabe, die zentralen Funktionen und Geschäftsprozesse innerhalb eines Unternehmens und zwischen Unternehmen zu verbinden. Es umfasst das gesamte Logistikmanagement, Produktion, sowie die Prozesskoordination zwischen Produktion, Marketing, Vertrieb, Design, Finanzen und Informationstechnologie. ©Quelle: ISU Universität Zürich Council of Supply Chain Management Professionals (CSCMP) 2 Supply Chain: Wertschöpfungskette Güterfluss Lieferant Lager Produzent Lager Grosshandel Lager Kunden Einzelhandel Informationsfluss • Wie kann ein möglichst hoher Wert für die Kunden geschaffen werden? • Wie können die Elemente der Wertschöpfungskette effizient und kostenbewusst koordiniert werden? • Wie kann eine hohe Produkt- und Servicequalität kostenoptimal realisiert werden? © ISU Universität Zürich 3 Supply Chain Management und Lagerhaltungsmanagement Lagerhaltungsmanagement stellt einen wichtigen Bestandteil des Supply Chain Management dar → Hier: Fokus auf Lagerhaltungsmanagement In der fünften Vorlesung und der korrespondierenden Übung steht der übergreifende Charakter des Supply Chain Management im Fokus © ISU Universität Zürich 4 Beispiele (2009) • Vorräte: 4550 (Mio. $) • Umsätze: 31795 (Mio. $) • Aktiva: 34728 (Mio. $) • Vorräte: 2171 (Mio. $) • Umsätze: 24509 (Mio. $) • Aktiva: 13813 (Mio. $) • Vorräte: 2620 (Mio. €) • Umsätze: 37980 (Mio. €) • Aktiva: 24647 (Mio. €) % Anteile: • Gesamtvermögen 13.1% • Umsatz 14.3% % Anteile: • Gesamtvermögen 15.7% • Umsatz 8.9% % Anteile: • Gesamtvermögen 10.6% • Umsatz 6.8% © ISU Universität Zürich 5 BWL 3 - Übung 1 Theorie Lagerhaltungsmanagement © ISU Universität Zürich Gründe für Lagerhaltung • Ermöglichung schneller Reaktion auf Kundenanfragen • Höhere Autonomie gegenüber Lieferanten • Aufbau von Sicherheitsbeständen • Entkopplung aufeinanderfolgender Wertschöpfungs-/ Produktionsstufen • Rüstkosten (Batch-Produktion) • Absicherung gegen Qualitätsschwankungen © ISU Universität Zürich 7 Übersicht zu Lagerhaltungsmodellen Deterministische Nachfrage Stochastische Nachfrage Einperiodenmodelle Vertraglich definierte Absatzmenge in einer Periode; Bsp.: Zeitungsabonnement Unsichere Absatzmenge in einer Periode; Bsp.: Zeitungsverkauf im Handel Mehrperiodenmodelle Vertraglich definierte Absatzmenge über mehrere Perioden; Bsp.: Lieferantenvertrag Unsichere Absatzmenge über mehrere Perioden hinweg; Bsp.: Automobilvertrieb © ISU Universität Zürich 8 Modelle mit deterministischer Nachfrage • Optimale Entscheidung im Einperiodenmodell mit deterministischer Nachfrage wird direkt aus Nachfrage abgeleitet • Im Mehrperiodenmodell mit deterministischer Nachfrage ist der Entscheidungsprozess deutlich komplexer • Zur formalen Handhabbarkeit werden zunächst einige Annahmen eingeführt © ISU Universität Zürich 9 Annahmen zu Mehrperiodenmodellen • Kontinuierlicher Bedarfsverlauf (deterministisch) • Konstante Lieferzeiten (Zeitraum von Bestellung bis Lieferung = lead time) • Konstanter Produktpreis (zeit- und mengenunabhängig) • Unbegrenzte Lagerkapazität • Konstante Lagerkosten (zeit- und mengenunabhängig) • Keine Fehlmengen © ISU Universität Zürich 10 Grafische Darstellung von Mehrperiodenmodellen Lagerbestand Bestellmenge Kritischer Lagerbestand Zeit Lieferzeit (lead time) © ISU Universität Zürich 11 Bestimmung der optimalen Bestellmenge Bestellmengenverfahren: Ermittlung der optimalen Bestellmenge unter Berücksichtigung aller relevanter Kostenkomponenten Variablen: • Gesamtkosten K • Gesamtbedarf M • Preis pro Einheit p • Bestellmenge x • Bestellfixkosten a • Zins- und Lagerkosten (je Einheit) c © ISU Universität Zürich 12 Ermittlung der Gesamtkosten Gesamtkosten = Preis © ISU Universität Zürich * Menge + Bestellkosten + Lagerkosten 13 Vorgehen zur Ermittlung der optimalen Bestellmenge I 1. Ableitung der Gesamtkosten K nach der Bestellmenge x bilden 2. Nullsetzen 3. Nach x auflösen 1. 2. © ISU Universität Zürich 14 Vorgehen zur Ermittlung der optimalen Bestellmenge II 3. Optimale Bestellmenge steigt mit • steigendem Gesamtbedarf (M) • steigenden Bestellfixkosten (a) Optimale Bestellmenge sinkt mit • steigenden Zins- und Lagerhaltungskosten (c) © ISU Universität Zürich 15 Beispiel • Jährliche Nachfrage = 4‘000 Stück • Bestellfixe Kosten = 150 CHF • Zins- und Lagerkosten pro Einheit = 30 CHF © ISU Universität Zürich 16 Bestellpunktverfahren Bestellpunktverfahren: Anhand von Lieferzeit und durchschnittlicher Tagesnachfrage wird der Zeitpunkt bestimmt, an dem eine Bestellung aufgegeben werden muss. • Bestellpunkt R • Tagesnachfrage: T • Lieferzeit: L Ohne Sicherheitsbestand Mit Sicherheitsbestand © ISU Universität Zürich 17 Beispiel • Wie oben, ausserdem kein Sicherheitsbestand • Tagesnachfrage = 4‘000 dividiert durch 365 = 10,96 • Lieferzeit = 10 Tage Sobald der Lagerbestand auf 110 Einheiten absinkt, sollten 200 Einheiten nachbestellt werden. © ISU Universität Zürich 18 Schlussfolgerungen I Grössenvorteile • Grössenunabhängige Bestellkosten • Grössenabhängige Rabatte Grössennachteile • Zinsen auf gebundenes Kapital • Lagerkosten Wenige Bestellungen Grosse Bestellmengen Kleine Bestellmenge Viele Bestellungen © ISU Universität Zürich 19 Schlussfolgerungen II • Hohe Bestellfixkosten resultieren in grösseren Bestellmengen und damit grossen Lagerveränderungen • Niedrige Bestellfixkosten resultieren in kleineren Bestellmengen und einer „kontinuierlicheren“ Lagerhaltung Verringerung der Bestellfixkosten durch • Kürzere Transportwege (z.B. Lieferantenansiedlungen) • Geringere Transaktionskosten (z.B. automatisierte Bestellvorgänge) © ISU Universität Zürich 20 Modelle mit stochastischer Nachfrage • Hier: ausschliesslich Betrachtung des Einperiodenmodells • Beispiel Zeitungsverkäufer: • Ausgangslage: Eine Zeitung kann nur am aktuellen Tag verkauft werden Kein Wiederverkaufswert. • Frage: Wie viele Zeitungen soll nun ein Verkäufer einkaufen und somit anbieten? • Andere Fälle denkbar: Beispiele?! © ISU Universität Zürich 21 Stochastisches Einperiodenmodell • Falls die Nachfrage grösser ist als sein Angebot, entgeht dem Verkäufer ein Gewinn, da er mehr Zeitungen hätte absetzen können • Falls die Nachfrage kleiner ausfällt als der Verkäufer erwartet, dann bleibt er auf den Zeitungen sitzen und ihm entstehen Kosten vom (eigenen) Kauf der Zeitungen → Trade-off Deshalb marginale Betrachtung notwenig! (Vergleiche dazu nachfolgendes Beispiel) © ISU Universität Zürich 22 Stochastisches Einperiodenmodell Beispiel (1) Ausgangslage • Der Zeitungsverkäufer zahlt pro Zeitung 0.2$ • Verkauf an Kunden für 0.5$ pro Zeitung → Marginale Kosten (entgangener Gewinn) von 0.3$ pro Zeitung, falls zu wenige Zeitungen gekauft werden → Marginale Kosten von 0.2$ pro Zeitung, falls zu viele Zeitungen gekauft werden © ISU Universität Zürich 23 Stochastisches Einperiodenmodell Beispiel (2) Vergleich zwischen den erwarteten Kosten und dem erwarteten Gewinn einer nächsten Einheit: C o= Kosten pro Einheit bei Nachfrageüberschätzung C u= Kosten pro Einheit bei Nachfrageunterschätzung px = Wahrscheinlichkeit, dass genau x Einheiten verkauft werden P= Wahrscheinlichkeit, dass bis zu Q Einheiten verkauft werden x= Tatsächliche Nachfrage Q= Bestellmenge, die zum Verkauf zur Verfügung bereitsteht © ISU Universität Zürich 24 Notwendige Annahmen 1. Annahme (bzgl. Mittelwert und Varianz): Der Zeitungsverkäufer hat über die vergangenen Monate beobachtet, dass er am Montag jeweils durchschnittlich 90 Zeitungen mit einer Standardabweichung von 10 Zeitungen verkaufen konnte. (Beispiel: Falls der Verkäufer jeweils 90 Zeitungen anbietet, dann wird er durchschnittlich jeden zweiten Montag zu wenige Zeitungen haben) 2. Annahme (bzgl. Verteilung): Die Wahrscheinlichkeitsverteilung des Zeitungsverkaufs ist normalverteilt. © ISU Universität Zürich 25 Stochastisches Einperiodenmodell Beispiel (3) Betrachtung der erwarteten Kosten der Mengenfehlplanung (EC) minQ Dies impliziert: Solange Zeitungen bestellen, bis die Wahrscheinlichkeit eines Verkaufs der gesamten Bestellung oder weniger gleich 0.6 ist. © ISU Universität Zürich 26 Stochastisches Einperiodenmodell Beispiel (4) • Die optimale Bestellmenge muss basierend auf den obigen Angaben so hoch sein, dass die Wahrscheinlichkeit, die gesamte Bestellung oder weniger zu verkaufen gleich 60% ist. • Aufgrund der Normalverteilungsannahme müssen wir, nach Standardisierung auf eine Standardnormalverteilung, den x-Wert finden, welcher eine Fläche von 0.6 definiert. • Daraus können wir schlussfolgern, dass der Zeitungsverkäufer 92.6, also gerundet 93 Zeitungen bestellen soll. © ISU Universität Zürich 27 Standardnormalverteilung (Auszug) ©Tabelle: ISU Universität Zürich Siehe z.B. Jacobs, Chase, Aquilano (2009): Operations & Supply Management. 28 BWL 3 - Übung 1 Aufgaben Lagerhaltungsmanagement © ISU Universität Zürich Aufgabe 1 Die Administration der UZH bestellt Papier zum Preis von CHF 10.pro Schachtel. Im Mittel werden pro Monat 300 Schachteln gebraucht. Es fallen pro Bestellung fixe Kosten von CHF 30.- an und das Papierlager verursacht pro Schachtel jährliche Kosten von 40% des Einstandswerts. Die Lieferfrist beträgt 3 Tage. (Hinweis: 1 Jahr = 365 Tage). Nehmen Sie an, der Papierlieferant offeriert einen Mengenrabatt von 1% falls mindestens 600 Schachteln bestellt werden. Berechnen Sie die optimale Bestellmenge, den optimalen Bestellpunkt und die dabei entstehenden (erwarteten) jährlichen Kosten für die UZH. Zeigen Sie ausserdem, wie sich die optimale Bestellmenge ändert, wenn sich die Lagerkosten verändern. © ISU Universität Zürich 30 Aufgabe 2/1 (Prüfungsaufgabe) Moritz Saubermann besitzt den Waschsalon „Waschtag“. Um die Wäsche seiner Kunden absolut sauber zu waschen, benötigt Moritz pro Monat 100 Kartons des Waschmittels „Edelweiss“. Der Lieferant des Waschmittels hat ihm soeben die neuen Lieferkonditionen mitgeteilt. Das Angebot des Lieferanten ist wie folgt: Der Preis eines Kartons des Waschmittels beträgt 10 CHF. Das Porto für den Versand, welches der Verkäufer Moritz in Rechnung stellt, beträgt 9 CHF pro Lieferung. Ab einer Bestellmenge von 32 Kartons gewährt der Lieferant einen Mengenrabatt von 5% auf den Preis. Allerdings steigt das Porto beim Versand von 32 oder mehr Kartons auf 16 CHF pro Lieferung. © ISU Universität Zürich 31 Aufgabe 2/2 Die fixen Zins- und Lagerhaltungskosten betragen 2 CHF/Karton im Monat. Die Gesamtkosten der Lagerhaltung lassen sich mit der folgenden Formel berechnen: Zeigen Sie das optimale Bestellverhalten von Moritz. © ISU Universität Zürich 32 Aufgabe 3/1 (Prüfungsaufgabe) Herr Zwick des Velo-Clubs St.Luzi benötigt für seinen Verein jährlich 400 Fahrradschläuche. Der spanische Pneuhersteller „Pneu-Olé“ offeriert Herrn Zwick den Spezial-Schlauch für CHF 100. Die Versandkosten betragen CHF 10 pro Bestellung. Herr Zwick weiss aus jahrelanger Erfahrung, dass er pro Franken Einkaufswert 20 Rappen für Zinsen- und Lagerkosten ausgibt. Da Herr Zwick ein guter Kunde ist, würde „Pneu-Olé“ nur CHF 90 pro Schlauch verlangen, wenn die Bestellung mindestens 40 Schläuche umfasst. Zudem würde „Pneu-Olé“ 10% der Versandkosten übernehmen. Bei einer Bestellung von mindestens 40 Schläuchen wäre „Pneu-Olé“ zudem in der Lage, die Pneus innerhalb von 5 Tagen (anstelle von 10 Tagen) zu liefern. © ISU Universität Zürich 33 Aufgabe 3/2 Die Velofahrer trainieren jährlich während 100 Tagen. Herr Zwick möchte zudem für Besuche des Freiburger Velo-Clubs gerüstet sein und hat immer einen Sicherheitsbestand von 10 Schläuchen auf Lager. a) Berechnen Sie die optimale Bestellmenge. b) Bei welchem Lagerbestand muss Herr Zwick die Bestellung spätestens auslösen? © ISU Universität Zürich 34 Aufgabe 4 (Prüfungsaufgabe) Der Milchmann Moritz bestellt täglich frische Milch direkt bei dem Bauern Andreas. Die tägliche Nachfrage nach Milch ist normalverteilt mit Erwartungswert 100 Liter und einer Standardabweichung von 20 Liter. Der Milchmann bezahlt pro Liter Milch 0.70 Franken und verkauft einen Liter für 1.00 Franken. Falls der Milchmann am Ende des Tages noch Milch übrig hat, kann er diese seinen Kunden nicht einfach am nächsten Tag nochmals anbieten, da die Milch nicht lange haltbar ist. Der Bauer hat aber die Möglichkeit, ältere Milch an seine Hunde zu verfüttern. Deshalb verkauft der Milchmann übrig gebliebene Milch dem Bauern zu einem Preis von 0.60 Franken pro Liter zurück. Wie viel Liter Milch sollte der Milchmann jeden Tag beim Bauern kaufen, wenn er seinen erwarteten Gewinn maximieren möchte? © ISU Universität Zürich 35 Aufgabe 5 (Prüfungsaufgabe) Ein Händler bestellt ein Gut bei einem Lieferanten und es fallen pro Bestellung fixe Kosten in Höhe von 100 CHF an. Der Stückpreis des Gutes beträgt 20 CHF. Das Lager des Händlers verursacht für jedes Stück des Gutes jährliche Kosten von 2 CHF. Der Händler verfolgt das Ziel, die Gesamtkosten zu minimieren, die sich durch die Funktion abbilden lassen. Es wird fest mit einer jährlichen Nachfrage von 400 Stück des Gutes gerechnet, die kontinuierlich anfällt. 1. Berechnen Sie die optimale Bestellmenge x. 2. Wie verändert sich die optimale Bestellmenge, wenn a) die Banken nach Überwindung der Finanzkrise ihre Zinsen erhöhen und b) der Lieferant einen Mengenrabatt gewährt? Begründen Sie Ihre Aussagen kurz. © ISU Universität Zürich 36 Aufgabe 6 (Prüfungsaufgabe) Eine Skihütte plant die wöchentlichen Gemüsebestellungen für die kommende Saison. Der Gemüsebedarf ist stochastisch. Aufgrund der bisherigen Erfahrungen kann davon ausgegangen werden, dass der wöchentliche Bedarf normalverteilt ist mit Mittelwert 325 kg und Standardabweichung 85 kg. 1. Wie viel Kilogramm soll der Skihüttenwirt pro Woche bestellen, wenn ihm pro zu wenig bestelltem Kilogramm Gemüse genauso viel Gewinn entgeht, wie er aufgrund der Verderblichkeit des Gemüses pro zu viel bestelltem Kilogramm an Kosten hat? 2. Wie verändert sich tendenziell die unter 1. ermittelte optimale Bestellmenge, wenn a) die Standardabweichung des Gemüsebedarfs 125 anstatt 85 kg beträgt und b) das zu viel bestellte Gemüse zu Suppe weiterverarbeitet werden kann? Begründen Sie Ihre Aussagen kurz. © ISU Universität Zürich 37