Antrag auf Entlassung von Colocynthidis fructus und deren Zubereitungen aus der Verschreibungspflicht ACA-pharma concept GmbH Bonn 30. Juni 2015 Vortragsgliederung • Traditionelle Verwendung von Citrullus colocynthis • Erfahrungen mit Arhama®-Tinktur N und weiteren koloquinthenhaltigen Fertigarzneimitteln (FAM) • Sicherheit von Koloquinthenfruchtauszug: kritische präklinische Endpunkte • Sicherheit von Koloquinthenfruchtauszug: klinische Datenlage • Bedeutung von Arhama®-Tinktur N für die Selbstmedikation/ Fazit 2 Verwendung von Citrullus colocynthis (Koloquinthe) Traditionell weltweit verwendete Arzneipflanze (zumeist als Fruchtextrakt) mit regional teilweise unterschiedlichen Indikationen (Hussain et al. 2014) • Tropen/Subtropen/Marokko: bei Diabetes (Huseini et al. 2009: 3 x 100 mg/d; HbA1c , NBZ ) • Mittelmeerraum (z. B. Tunesien): bei Harnwegsinfekten • Indien/Pakistan: bei gastrointestinalen Beschwerden, bakteriellen Infektionen, Diabetes Pflanzliche Arzneimittel in Deutschland mit Koloquinthenfruchtauszug seit 1914: • Arhama®-Tinktur N • Koloquinthen-Essenz (vormals Quitten-Essenz) 3 Arhama®-Tinktur N: Indikation und Dosierung Pflanzliches Flüssig-FAM zur oralen Einnahme mit Koloquinthenfruchtauszug und Salbeiblütendickextrakt als wirksame Bestandteile • zur Behandlung von unspezifischen Magen- und Darmbeschwerden mit Durchfällen • für Erwachsene und Kinder ab 12 Jahren • Dosierung: Einmaldosis von 7,5 mL; im Abstand von 48 h maximal 14 Tage lang (entsprechend max. 7 Einmaldosen) Tabelle 1 Gehalt an Koloquinthenfrüchten in Arhama®-Tinktur N (Einmaldosis bzw. max. Anwendungszeitraum) Koloquinthenfrüchte Einmaldosis (7,5 mL alle 2 Tage) Gesamtdosis über 14 Tage (52,5 mL) 73 - 95 mg 511 - 665 mg 4 Koloquinthenfruchtauszug-haltige FAM: Marktdaten Antrag auf Entlassung von Koloquinthenfrüchten bzw. deren Zubereitungen aus der Verschreibungspflicht Dosierung: 100 mg Koloquinthenfrüchte (1,67 mg/kg, in etwa max. TD von Arhama®-Tinktur N) Verfahren zur Registrierung von Arhama®-Tinktur N als traditionelles Arzneimittel nach §§ 39a ff. AMG Marktdaten TD Patientenjahre Arhama®- Tinktur N 1977-2013 1.036.607 2.838 Koloquinthen-Essenz 1951-2013 8.285.586 22.685 Koloquinthen-Essenz in der DDR apothekenpflichtig bis 1990 5 Anwendung der Kriterien der Verschreibungspflicht auf Koloquinthenfruchtauszug Eine Verschreibungspflicht ist gegeben, wenn • der bestimmungsgemäße Gebrauch ohne ärztliche Kontrolle, direkt oder indirekt, ein Risiko darstellen kann • eine missbräuchliche Verwendung nicht auszuschließen ist • Inhaltsstoffe der weiteren Abklärung bedürfen Kommission E (1990): negative Einschätzung der Verwendung von Colocynthidis fructus im Wesentlichen aufgrund gastrointestinaler Nebenwirkungen Bitte bedenken: Datenlage 1990 entsprach nicht dem heutigen Kenntnisstand Seit 1990 weitere 4 klinische und 21 präklinische Studien 6 Sicherheit von Koloquinthenfruchtauszug: kritische präklinische Endpunkte (I) Systemische Toxizität • akute Toxizität von Koloquinthenfrüchten (Ratte) Human Equivalent Dose (HED; mg/kg KG) Sicherheitsfaktor (SF) (HED/TD Arhama®-Tinktur N) weiblich 1158 733 männlich ca. 450 285 • Toxizität bei wiederholter Gabe (31 Tage; Ratte) NOAEL Koloq.-Früchte 178,75 mg/kg KG HED-NOAEL = 28 mg/kg KG SF von 18,2 vs. TD Arhama®-Tinktur N • Fazit negativ: fehlende zweite Tierspezies positiv: jahrzehntelange Anwendung beim Menschen ohne Hinweis auf UAW; präkl. Studiendauer für Anwendungsdauer von max. 14 d ausreichend (EMA/CPMP/ICH/286/1995) 7 Sicherheit von Koloquinthenfruchtauszug: kritische präklinische Endpunkte (II) Genotoxizität: Ames-Tests mit Arhama®-Tinktur N/Trockenextrakt: negativ bis 5000 µg/Platte (GL-konform) Sensitivität ausreichend? Mutagen ≥ 5% (w/w; ≥ 250 μg/Platte) wird im Ames-Test erkannt (Kenyon et al. 2007) EMEA/HMPC/107079/2007 Kanzerogenität: eigenständige Studien zur Kanzerogenität fehlen, aber - Ames-Test mit hoher Prädiktivität für Kanzerogene negativ - Relevanz von ev. im Ames-Test nicht erfassten schwellenwertabhängigen genotoxischen Mechanismen unwahrscheinlich - bei langjähriger Anwendungserfahrung pflanzlicher Arzneimittel keine Kanzerogenitätsstudie erforderlich (EMEA/HMPC/32116/2005) 8 Sicherheit von Koloquinthenfruchtauszug: kritische präklinische Endpunkte (III) Reproduktionstoxizität kritische Befunde: • transient reduzierte Fertilität bei männlichen Ratten (20-60 dStudie) (Chaturvedi 2003) • reduzierte Fertilität bei weiblichen Ratten (3-Monats-Studie) (Qazan 2007) • reduzierte Fertilität bei weiblichen Mäusen (3-Monats-Studie) (Deghani et al. 2008) • HED-Dosierungen ca. 50-200fach > TD Arhama®-Tinktur N Fazit: berechnete Sicherheitsfaktoren lassen bei Verwendung von Arhama®-Tinktur N keine reproduktionstoxischen Effekte erwarten Dennoch, vorsorglich: Kontraindikation Frauen im gebärfähigen Alter, die nicht verhüten, Schwangerschaft und Stillzeit 9 Sicherheit von Koloquinthenfruchtauszug: klinische Studien und AWBs Zahl der Studien/AWBs Zahl der Verumanwender TDmax (mg/kg KG) 4 506 (Wolf 2014: 234) 1,27 –7,92 1,58 (n=234) 2,38 (n=185) Behandlungsdauer UAW max. 14 d Benommenheit (2x); Brechreiz (1x; AM assoz.) Arhama®-Tinktur N: Vogt 1999, Wolf 2014; Koloquinthen-Essenz: Heusinger 2003; Quitten-Essenz: Salama 1999 Wolf 2014: statistische Analyse der UE UE bei 21 Patienten (9%; n=234) Verumgruppe; 22 Patienten (9.3%; n=236) Placebogruppe. Power: 2.6%, d.h. kein statistischer Hinweis auf Unterschiede Gastrointestinale Toxizität kein Hinweis auf relevante Cytotoxizität von Arhama®-Tinktur N in Zellkulturversuchen: MTT-, LDH Leakage-Assay (Gebhardt 2003); L-929-Maus-Fibroblasten (Vaeth 2003) 10 Selbstmedikation bei gastrointestinalen Beschwerden mit Diarrhoe Therapieoption Wirkweise Besonderheit/UAW Loperamid µ-Opioidrezeptoragonist; reduziert Darmpassage verzögerte Keimausscheidung bei infektiöser Diarrhoe; AM-Interaktionen Medizinische Kohle Bindung von Erregern und Wasser Dosierung oftmals nicht ausreichend; Beeinträchtigung anderer Arzneistoffe Wiederherstellung der Darmflora prinzipiell gut verträglich, auch für Kleinkinder geeignet; Blähungen, Überempfindlichkeitsreaktionen motilitätshemmend und krampflösend Übelkeit und Erbrechen; bei Überdosierung Symptome einer Digitalisvergiftung Probiotika (Laktobazillus oder Saccharomyces boulardii) Uzarawurzel 11 Möglicher Nutzen von Arhama®-Tinktur N in der Selbstmedikation Koloquinthenfruchtauszug (diskutierte Wirkmechanismen) • initial laxierender Effekt fördert die Ausscheidung mikrobieller Erreger (Occludin-1 am apikalen Darmepithel) • antimikrobielle Wirkung (Defensin HBD3/D4-Induktion) • Hemmung pro-inflammatorischer Zytokine TNF-α, IL6 und COX2 Salbeiblütendickextrakt • adstringierend • antiinflammatorisch Beide Wirkstoffe regen lokale Abwehrmechanismen der Darmschleimhaut ohne Schädigung der Darmflora an 12 Möglicher Nutzen von Arhama®-Tinktur N in der Selbstmedikation Antrag auf Entlassung aus der Verschreibungspflicht für Colocynthidis fructus und deren Zubereitungen bis zu einer Tagesdosis von 100 mg für kurzzeitige Anwendung (max. 14 Tage, entsprechend max. 7 Einmaldosen) Langjährige Anwendung ● günstiges Risikoprofil ● gute Verträglichkeit machen Arhama®-Tinktur N zu einer Alternative in der Selbstmedikation von (infektiösen) Durchfallerkrankungen auf Basis pflanzlicher Wirkstoffe 13