Allgemeine Stadtbildsatzung für die Altstadt Bad Waldsee I

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Allgemeine Stadtbildsatzung für die Altstadt Bad Waldsee
I.
Begründung
Die Altstadt von Bad Waldsee weist zahlreiche Kulturdenk male
und in ihrer Gesa mtheit unverwechselbare, erhaltenswerte Züge
und Eigenarten auf. Deshalb will man mit dieser Satzung das Ziel
erreichen, das städtebaulich wertvolle Straßenbild der Innenstadt
zu erhalten, soweit erforderlich zu verbessern, zu pflegen und im
Falle des Abgangs einzelner Bauwerke die Wiederherstellung zu
fördern.
Das charakteristische Bild der Altstadt kann aber nur erhalten
werden, wenn die zu diese m Teil der Stadt gehörenden Gebäude,
Straßen und Plätze eine ihnen entsprechende Nutzung behalten
oder wieder neu finden. Auch die Altstadt muss eine aktive Stadt
bleiben, da sich ein alter Stadtkern mit Sicherheit nicht als Museum erhalten lässt.
Charakteristisch für den historischen Bestand sind Straßen und
platzraumbildende Reihenbebauungen, die überwiegend zu Baublöcken zusammengefasst sind. Die historischen Baukörper sind
meist horizontal durch Sockelausbild ung der Erdgeschosszonen,
Stockwerksauskragungen und Dachüberstände entsprechend der
ursprünglichen Fachwerkbauweise auf massive m Unterbau und
vertikal gemäß den kleinen alten Parzellen und mit unterschiedlichen Stockwerks- und Traufhöhen lebendig gegliedert. Überwiegend giebelständige, steile Satteldächer mit kleinen Dachaufbauten schließen nach oben ab. Fachwerk oder Putzbau mit kleinmaßstäblicher Gliederung und Füllung der Fassaden durch Reihen und
strenge Achsanordnung von Einzelfenstern verleihen den GebäuSt and: Okt ober 1978
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den ein besonderes Gepräge.
Dieser historische Bestand bildet die Umgebung für bauliche Einzelanlagen und verpflichtet in besondere m Maße zu einer Rücksichtnahme auf das Stadtbild. Hierzu genügt es jedoch nicht, bauliche Anlagen so zu gestalten, dass sie für sich betrachtet nicht
verunstaltend wirken. Sie müssen vielmehr wegen der e mpfindlichen Umgebung so abgestimmt werden, dass sie das historische
Ortsbild nicht beeinträchtigen.
In den vergangenen Jahrzehnten wurde der Altstadt in vielen Fällen zu wenig Beachtung geschenkt. Einem weiteren Verfall im Interesse der Erhaltung der besonderen Züge und Eigenarten der Innenstadt gilt es vorzubeugen. Die allge meinen politischen Forderungen zur Aktivierung der Innenstädte bergen neben den positiven Aspekten erfahrungsge mäß die große Gefahr in sich, in erhaltenswerte historische Substanzen einzugreifen oder sie zu zerstören.
Diese Allgemeine Stadtbildsatzung will deshalb einschlägige
Mindestziele für die künftige Gestaltung und Erhaltung der Altstadt aufstellen. Sie fordert Bauherren, Planer und Baugenehmigungsbehörde zugleich auf, sich mit dem Selbstverständnis früherer Zeiten auseinander zu setzen.
Bad Waldsee, den 27. Februar 1978
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Allgemeine Stadtbildsatzung für die Altstadt Bad Waldsee
II. Text der Satzung vom 27.2.1978
Aufgrund von § 4 der Gemeindeordnung für Baden-Württe mberg
in der Fassung vom 22.12.1975 (Ges.Bl. 1976 S. 1) sowie § 111
Abs. 1 Nr. 1-6 und Abs. 2 Nr. 1 und § 112 der Landesbauordnung
in der Fassung vom 20.6.1972 (Ges.Bl. S. 352) erlässt der Gemeinderat am 27.2.1978 folgende Allge meine Stadtbildsatzung für
die Stadt Bad Waldsee:
§1
Geltungsbereich
Der Geltungsbereich dieser Satzung umfasst die Altstadt mit
folgender Begrenzung:
Im Norden durch den Biberacher Torplatz - Schaftörlesweg,
Pfaffenbach,
im Westen durch den Bleicheweg bis zum Ravensburger Torplatz,
im Süden durch den Ravensburger Torplatz - Stadtgraben bis
Muschgaystraße,
im Osten durch den Stadtsee.
Diese Umgrenzung ist im Lageplan des Stadtbaua mtes Bad
Waldsee dargestellt. Diese Anlage ist Bestandteil der Satzung.
§2
Gebäudestellung
Die Gebäude müssen entsprechend den historischen Straßenfluchten, in der Regel ohne seitliche Grenzabstände, errichtet werden. Lebendige straßen- und platzraumbildende Baufluchten sind bei Neubebauung zu erhalten, soweit die Rücksicht auf den in der U mgebung vorhandenen Baubestand dies
erfordert. Ausnahmen sollen zugelassen werden, wenn sie
aus de m historischen Baubestand abzuleiten sind.
§3
Dachgestaltung
(1) Dächer sind als Steildächer auszubilden. Dachform,
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Dachneigung, Ausbildung der Dachtraufe und Gestaltung
von Dachaufbauten sind dem historischen Bestand der U mgebung entsprechend (in der Regel giebelständiges Satteldach mit mittigem First) auszuführen.
(2) Dachaufbauten und Dacheinschnitte sind nur an Steildächern bis zu folgenden Gesa mtlängen zulässig: Bei Satteldächern: an Straßenseiten höchstens 1/3, an der der Straße abgewandten Seite höchstens 1/2 der dazugehörigen Gebäudelänge; bei Walmdächern: an den Längsseiten höchstens 1/3,
an Schmalseiten höchstens 1/5 der dazugehörigen Gebäudelänge. Durch die Anordnung der Dachaufbauten und Dacheinschnitte dürfen Traufen, Firste und Dachflächen nicht
aufgelöst werden.
(3) Zur Dachdeckung ist Ziegelmaterial, möglichst naturfarben, zu verwenden (z.B. Biberschwänze, Mönch- und Nonnenziegel, Mönch- und Nonnenpfannen).
(4) Ausnahmen von § 3 (1) - (3), insbesondere für liegende
Dachflächenfenster, können nur zugelassen werden, wo das
Dach im historischen Straßenbild nicht wesentlich in Erscheinung tritt und die Geschlossenheit der Dachlandschaft
nicht wesentlich beeinträchtigt wird.
(5) Auf jede m Gebäude ist grundsätzlich nur eine Antenne
zulässig. Ge meinschaftsantennen sind anzustreben.
§4
Gebäudetiefe
In Baublöcken mit zur Straße gerichteten Dachtraufen oder
Giebeln ist bei Um- und Neubauten die Gebäudeform und größe an benachbarten Gebäuden auszurichten. Die historische Entwicklung ist zu beachten.
§5
Baukörpergliederung
(1) Bei Neubauten oder bei der Umgestaltung von Altbauten
sollen die Baukörper zur Straße hin vertikal und horizontal
entsprechend dem historischen Baubestand gegliedert werden. Mehrere Einzelbaukörper dürfen gestalterisch weder in
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der Fassade noch im Dach zusa mmengezogen werden.
(2) Die unterschiedlichen Traufhöhen und Stockwerkshöhen
der Gebäude in einer Straßenfront sind beizubehalten, soweit
die Rücksicht auf den in der Umgebung vorhandenen Baubestand dies erfordert. Bei traufständigen Satteldächern soll
die Traufhöhe der Innenhofseite die Traufhöhe der Straßenseite nicht überschreiten.
(3) Vorhandene charakteristische Stockwerksauskragungen
und Dachüberstände sind zu erhalten und bei Neubau wieder
herzustellen.
§6
Architektonische Gestaltung der Gebäude
(1) Erdgeschoss:
1. Der Sockelcharakter des Erdgeschosses soll erhalten bzw.
wiederhergestellt werden.
2. Schaufensterfronten müssen sich dem Gebäude selbst anpassen und in eine m der Umgebung angepassten Maßstab
durch Pfeiler unterteilt werden.
3. Markisen und andere Sonnenschutzeinrichtungen müssen
sich dem Charakter des Gebäudes anpassen und dürfen in
der Regel nur im Pfeilerzwischenraum angebracht werden.
Sie dürfen nicht als Werbeträger verwendet werden. Korbmarkisen können ausnahmsweise zugelassen werden.
(2) Obergeschosse:
1. In Obergeschossen sind nur Einzelfenster zulässig. Dabei
ist entsprechend der historischen Bauweise eine kleinmaßstäbliche Fassadengliederung durch Reihung der
Fenster in Form stehender Rechtecke einzuhalten. Das
Verhältnis der Einzelfensteröffnungen zur Wandfläche ist
bei Neu- und Umbauten a m historischen Vorbild auszurichten. Die horizontale Zusa mmenfassung von Einzelfenstern durch Fensterläden ist zu erhalten, bei Neubauten
und baulichen Änderungen wieder herzustellen oder durch
Putzornamente, Fassadenmalerei oder andere geeignete
Mittel zu ersetzen. Fensterumrahmungen sollen in Holz-,
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Stein- oder Putzfaschen hergestellt werden.
Glasflächen sollten durch Sprossen so unterteilt werden,
dass liegende oder quadratische Teilflächen entstehen.
Die Sprossen sind in der Regel in Holz, ausnahmsweise in
Blei, auszuführen.
Fensterläden sind zu erhalten und wieder anzubringen.
2. Bei Gebäuden, deren Erdgeschosse Sockelcharakter besitzen, dürfen die Brüstung des ersten Obergeschosses und
das darunter liegende Geschossgesims gestalterisch nicht
in die Erdgeschosszone einbezogen werden.
(3) Auskragende Dachgesimse sind der historischen Detailausbildung entsprechend zu erhalten oder wieder herzustellen. Es sind in der Regel Hängerinnen auszubilden.
(4) Gebäuderückseiten sollen von Innenhofbebauungen freigehalten werden. Ausnahmsweise zugelassene Anbauten
können mit Flachdach ausgebildet werden. Die Oberfläche
des Flachdaches soll bekiest, bepflanzt oder mit
Platten belegt werden.
(5) Historische bauliche Einzelheiten wie Türen und Tore,
besondere Fensterformen, Gewände, Bogenfriese, Gesimse,
Konsolen, Erker, Putzgliederungen, schmiedeeiserne Ausleger u.a. sind zu erhalten, bei Baumaß nahmen zu bergen und
wieder anzubringen oder neu herzustellen.
§7
Fassadenbaustoffe und -farben
(1) Obergeschosse sind zu verputzen. Historisches Sichtfachwerk ist zu erhalten und bei Umbau- oder Renovierungs maß nahmen freizulegen. Neues Holzfachwerk kann im
Einzelfall zugelassen werden, soweit es mit dem in der Umgebung vorhandenen Baubestand vereinbar ist. Fensterläden,
Naturstein- und Stuckgliederungen sowie Fassadenmalereien
sind zu erhalten oder wieder herzustellen.
(2) An Erdgeschossen sind zulässig: Verputz, Verkleidung
mit in der Oberfläche rauhen, heimische m Naturstein, diesem entsprechendem anderem Steinmaterial oder ge-
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schlämmtes Mauerwerk.
(3) Außenfarben der Fassaden oder der dazugehörigen Teile
(Markisen, Fenster, Schaufenster) dürfen den Altstadtcharakter nicht beeinträchtigen.
§8
Verfahrensvorschriften
(1) Alle Veränderungen der äußeren Gestaltung und des Erscheinungsbildes baulicher Anlagen sowie die Errichtung
von Stütz mauern, Einfriedigungen, Aufschüttungen und Abgrabungen bedürfen der Baugenehmigung.
(2) Befreiung von den vorgenannten Vorschriften ist dann
möglich, wenn das Einhalten der Einzelvorschriften eine besondere Härte darstellen würde und wenn trotzdem eine Gestaltung, die Sinn der Satzung entspricht, erreicht werden
kann.
§9
Ordnungswidrigkeiten
Bei Zuwiderhandlungen gegen diese Satzung gelten die Vorschriften des § 112 LBO.
§ 10 Bestandteil der Satzung
Bestandteile dieser Satzung sind
a) die textliche Festsetzung (Satzung)
b) der Lageplan
§ 11 Werbeanlagen und Automaten
Für die Zulässigkeit von Werbeanlagen und Auto maten gilt
die Satzung über Werbeanlagen und Auto maten in der jeweils geltenden Fassung.
§ 12 Inkrafttreten
Diese Satzung tritt mit der öffentlichen Bekanntmachung ihrer Genehmigung in Kraft.
Diese Satzung wurde mit Erlass des Landratsamts Ravensburg
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vom 29. Septe mber 1978 - Nr. 4-405-365.39 - M/Mä - genehmigt.
Die Genehmigung wurde in der Schwäbischen Zeitung, Ausgabe
Bad Waldsee, vo m 18. Oktober 1978 amtlich bekanntge macht.
Die Satzung tritt da mit am 18. Oktober 1978 in Kraft.
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