6.1 Allgemeine St adt bildsat zung 6.1 Allgemeine Stadtbildsatzung für die Altstadt Bad Waldsee I. Begründung Die Altstadt von Bad Waldsee weist zahlreiche Kulturdenk male und in ihrer Gesa mtheit unverwechselbare, erhaltenswerte Züge und Eigenarten auf. Deshalb will man mit dieser Satzung das Ziel erreichen, das städtebaulich wertvolle Straßenbild der Innenstadt zu erhalten, soweit erforderlich zu verbessern, zu pflegen und im Falle des Abgangs einzelner Bauwerke die Wiederherstellung zu fördern. Das charakteristische Bild der Altstadt kann aber nur erhalten werden, wenn die zu diese m Teil der Stadt gehörenden Gebäude, Straßen und Plätze eine ihnen entsprechende Nutzung behalten oder wieder neu finden. Auch die Altstadt muss eine aktive Stadt bleiben, da sich ein alter Stadtkern mit Sicherheit nicht als Museum erhalten lässt. Charakteristisch für den historischen Bestand sind Straßen und platzraumbildende Reihenbebauungen, die überwiegend zu Baublöcken zusammengefasst sind. Die historischen Baukörper sind meist horizontal durch Sockelausbild ung der Erdgeschosszonen, Stockwerksauskragungen und Dachüberstände entsprechend der ursprünglichen Fachwerkbauweise auf massive m Unterbau und vertikal gemäß den kleinen alten Parzellen und mit unterschiedlichen Stockwerks- und Traufhöhen lebendig gegliedert. Überwiegend giebelständige, steile Satteldächer mit kleinen Dachaufbauten schließen nach oben ab. Fachwerk oder Putzbau mit kleinmaßstäblicher Gliederung und Füllung der Fassaden durch Reihen und strenge Achsanordnung von Einzelfenstern verleihen den GebäuSt and: Okt ober 1978 - 1- 6.1 Allgemeine St adt bildsat zung 6.1 den ein besonderes Gepräge. Dieser historische Bestand bildet die Umgebung für bauliche Einzelanlagen und verpflichtet in besondere m Maße zu einer Rücksichtnahme auf das Stadtbild. Hierzu genügt es jedoch nicht, bauliche Anlagen so zu gestalten, dass sie für sich betrachtet nicht verunstaltend wirken. Sie müssen vielmehr wegen der e mpfindlichen Umgebung so abgestimmt werden, dass sie das historische Ortsbild nicht beeinträchtigen. In den vergangenen Jahrzehnten wurde der Altstadt in vielen Fällen zu wenig Beachtung geschenkt. Einem weiteren Verfall im Interesse der Erhaltung der besonderen Züge und Eigenarten der Innenstadt gilt es vorzubeugen. Die allge meinen politischen Forderungen zur Aktivierung der Innenstädte bergen neben den positiven Aspekten erfahrungsge mäß die große Gefahr in sich, in erhaltenswerte historische Substanzen einzugreifen oder sie zu zerstören. Diese Allgemeine Stadtbildsatzung will deshalb einschlägige Mindestziele für die künftige Gestaltung und Erhaltung der Altstadt aufstellen. Sie fordert Bauherren, Planer und Baugenehmigungsbehörde zugleich auf, sich mit dem Selbstverständnis früherer Zeiten auseinander zu setzen. Bad Waldsee, den 27. Februar 1978 St and: Okt ober 1978 - 2- 6.1 Allgemeine St adt bildsat zung 6.1 Allgemeine Stadtbildsatzung für die Altstadt Bad Waldsee II. Text der Satzung vom 27.2.1978 Aufgrund von § 4 der Gemeindeordnung für Baden-Württe mberg in der Fassung vom 22.12.1975 (Ges.Bl. 1976 S. 1) sowie § 111 Abs. 1 Nr. 1-6 und Abs. 2 Nr. 1 und § 112 der Landesbauordnung in der Fassung vom 20.6.1972 (Ges.Bl. S. 352) erlässt der Gemeinderat am 27.2.1978 folgende Allge meine Stadtbildsatzung für die Stadt Bad Waldsee: §1 Geltungsbereich Der Geltungsbereich dieser Satzung umfasst die Altstadt mit folgender Begrenzung: Im Norden durch den Biberacher Torplatz - Schaftörlesweg, Pfaffenbach, im Westen durch den Bleicheweg bis zum Ravensburger Torplatz, im Süden durch den Ravensburger Torplatz - Stadtgraben bis Muschgaystraße, im Osten durch den Stadtsee. Diese Umgrenzung ist im Lageplan des Stadtbaua mtes Bad Waldsee dargestellt. Diese Anlage ist Bestandteil der Satzung. §2 Gebäudestellung Die Gebäude müssen entsprechend den historischen Straßenfluchten, in der Regel ohne seitliche Grenzabstände, errichtet werden. Lebendige straßen- und platzraumbildende Baufluchten sind bei Neubebauung zu erhalten, soweit die Rücksicht auf den in der U mgebung vorhandenen Baubestand dies erfordert. Ausnahmen sollen zugelassen werden, wenn sie aus de m historischen Baubestand abzuleiten sind. §3 Dachgestaltung (1) Dächer sind als Steildächer auszubilden. Dachform, St and: Okt ober 1978 - 3- 6.1 Allgemeine St adt bildsat zung 6.1 Dachneigung, Ausbildung der Dachtraufe und Gestaltung von Dachaufbauten sind dem historischen Bestand der U mgebung entsprechend (in der Regel giebelständiges Satteldach mit mittigem First) auszuführen. (2) Dachaufbauten und Dacheinschnitte sind nur an Steildächern bis zu folgenden Gesa mtlängen zulässig: Bei Satteldächern: an Straßenseiten höchstens 1/3, an der der Straße abgewandten Seite höchstens 1/2 der dazugehörigen Gebäudelänge; bei Walmdächern: an den Längsseiten höchstens 1/3, an Schmalseiten höchstens 1/5 der dazugehörigen Gebäudelänge. Durch die Anordnung der Dachaufbauten und Dacheinschnitte dürfen Traufen, Firste und Dachflächen nicht aufgelöst werden. (3) Zur Dachdeckung ist Ziegelmaterial, möglichst naturfarben, zu verwenden (z.B. Biberschwänze, Mönch- und Nonnenziegel, Mönch- und Nonnenpfannen). (4) Ausnahmen von § 3 (1) - (3), insbesondere für liegende Dachflächenfenster, können nur zugelassen werden, wo das Dach im historischen Straßenbild nicht wesentlich in Erscheinung tritt und die Geschlossenheit der Dachlandschaft nicht wesentlich beeinträchtigt wird. (5) Auf jede m Gebäude ist grundsätzlich nur eine Antenne zulässig. Ge meinschaftsantennen sind anzustreben. §4 Gebäudetiefe In Baublöcken mit zur Straße gerichteten Dachtraufen oder Giebeln ist bei Um- und Neubauten die Gebäudeform und größe an benachbarten Gebäuden auszurichten. Die historische Entwicklung ist zu beachten. §5 Baukörpergliederung (1) Bei Neubauten oder bei der Umgestaltung von Altbauten sollen die Baukörper zur Straße hin vertikal und horizontal entsprechend dem historischen Baubestand gegliedert werden. Mehrere Einzelbaukörper dürfen gestalterisch weder in St and: Okt ober 1978 - 4- 6.1 Allgemeine St adt bildsat zung 6.1 der Fassade noch im Dach zusa mmengezogen werden. (2) Die unterschiedlichen Traufhöhen und Stockwerkshöhen der Gebäude in einer Straßenfront sind beizubehalten, soweit die Rücksicht auf den in der Umgebung vorhandenen Baubestand dies erfordert. Bei traufständigen Satteldächern soll die Traufhöhe der Innenhofseite die Traufhöhe der Straßenseite nicht überschreiten. (3) Vorhandene charakteristische Stockwerksauskragungen und Dachüberstände sind zu erhalten und bei Neubau wieder herzustellen. §6 Architektonische Gestaltung der Gebäude (1) Erdgeschoss: 1. Der Sockelcharakter des Erdgeschosses soll erhalten bzw. wiederhergestellt werden. 2. Schaufensterfronten müssen sich dem Gebäude selbst anpassen und in eine m der Umgebung angepassten Maßstab durch Pfeiler unterteilt werden. 3. Markisen und andere Sonnenschutzeinrichtungen müssen sich dem Charakter des Gebäudes anpassen und dürfen in der Regel nur im Pfeilerzwischenraum angebracht werden. Sie dürfen nicht als Werbeträger verwendet werden. Korbmarkisen können ausnahmsweise zugelassen werden. (2) Obergeschosse: 1. In Obergeschossen sind nur Einzelfenster zulässig. Dabei ist entsprechend der historischen Bauweise eine kleinmaßstäbliche Fassadengliederung durch Reihung der Fenster in Form stehender Rechtecke einzuhalten. Das Verhältnis der Einzelfensteröffnungen zur Wandfläche ist bei Neu- und Umbauten a m historischen Vorbild auszurichten. Die horizontale Zusa mmenfassung von Einzelfenstern durch Fensterläden ist zu erhalten, bei Neubauten und baulichen Änderungen wieder herzustellen oder durch Putzornamente, Fassadenmalerei oder andere geeignete Mittel zu ersetzen. Fensterumrahmungen sollen in Holz-, St and: Okt ober 1978 - 5- 6.1 Allgemeine St adt bildsat zung 6.1 Stein- oder Putzfaschen hergestellt werden. Glasflächen sollten durch Sprossen so unterteilt werden, dass liegende oder quadratische Teilflächen entstehen. Die Sprossen sind in der Regel in Holz, ausnahmsweise in Blei, auszuführen. Fensterläden sind zu erhalten und wieder anzubringen. 2. Bei Gebäuden, deren Erdgeschosse Sockelcharakter besitzen, dürfen die Brüstung des ersten Obergeschosses und das darunter liegende Geschossgesims gestalterisch nicht in die Erdgeschosszone einbezogen werden. (3) Auskragende Dachgesimse sind der historischen Detailausbildung entsprechend zu erhalten oder wieder herzustellen. Es sind in der Regel Hängerinnen auszubilden. (4) Gebäuderückseiten sollen von Innenhofbebauungen freigehalten werden. Ausnahmsweise zugelassene Anbauten können mit Flachdach ausgebildet werden. Die Oberfläche des Flachdaches soll bekiest, bepflanzt oder mit Platten belegt werden. (5) Historische bauliche Einzelheiten wie Türen und Tore, besondere Fensterformen, Gewände, Bogenfriese, Gesimse, Konsolen, Erker, Putzgliederungen, schmiedeeiserne Ausleger u.a. sind zu erhalten, bei Baumaß nahmen zu bergen und wieder anzubringen oder neu herzustellen. §7 Fassadenbaustoffe und -farben (1) Obergeschosse sind zu verputzen. Historisches Sichtfachwerk ist zu erhalten und bei Umbau- oder Renovierungs maß nahmen freizulegen. Neues Holzfachwerk kann im Einzelfall zugelassen werden, soweit es mit dem in der Umgebung vorhandenen Baubestand vereinbar ist. Fensterläden, Naturstein- und Stuckgliederungen sowie Fassadenmalereien sind zu erhalten oder wieder herzustellen. (2) An Erdgeschossen sind zulässig: Verputz, Verkleidung mit in der Oberfläche rauhen, heimische m Naturstein, diesem entsprechendem anderem Steinmaterial oder ge- St and: Okt ober 1978 - 6- 6.1 Allgemeine St adt bildsat zung 6.1 schlämmtes Mauerwerk. (3) Außenfarben der Fassaden oder der dazugehörigen Teile (Markisen, Fenster, Schaufenster) dürfen den Altstadtcharakter nicht beeinträchtigen. §8 Verfahrensvorschriften (1) Alle Veränderungen der äußeren Gestaltung und des Erscheinungsbildes baulicher Anlagen sowie die Errichtung von Stütz mauern, Einfriedigungen, Aufschüttungen und Abgrabungen bedürfen der Baugenehmigung. (2) Befreiung von den vorgenannten Vorschriften ist dann möglich, wenn das Einhalten der Einzelvorschriften eine besondere Härte darstellen würde und wenn trotzdem eine Gestaltung, die Sinn der Satzung entspricht, erreicht werden kann. §9 Ordnungswidrigkeiten Bei Zuwiderhandlungen gegen diese Satzung gelten die Vorschriften des § 112 LBO. § 10 Bestandteil der Satzung Bestandteile dieser Satzung sind a) die textliche Festsetzung (Satzung) b) der Lageplan § 11 Werbeanlagen und Automaten Für die Zulässigkeit von Werbeanlagen und Auto maten gilt die Satzung über Werbeanlagen und Auto maten in der jeweils geltenden Fassung. § 12 Inkrafttreten Diese Satzung tritt mit der öffentlichen Bekanntmachung ihrer Genehmigung in Kraft. Diese Satzung wurde mit Erlass des Landratsamts Ravensburg St and: Okt ober 1978 - 7- 6.1 Allgemeine St adt bildsat zung 6.1 vom 29. Septe mber 1978 - Nr. 4-405-365.39 - M/Mä - genehmigt. Die Genehmigung wurde in der Schwäbischen Zeitung, Ausgabe Bad Waldsee, vo m 18. Oktober 1978 amtlich bekanntge macht. Die Satzung tritt da mit am 18. Oktober 1978 in Kraft. St and: Okt ober 1978 - 8-