Fenster zur Region - Regionshaus Hannover

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REGIONSHAUS HANNOVER:
FENSTER ZUR REGION
Fotos: Andreas Braun/Bilfinger Berger
Das neue Regionshaus Hannover entstand als Public Private Partnership Projekt
(PPP). Als Planungsvorgabe wurden, neben dem Zwang kostengünstig zu bauen,
auch Grenzwerte für den Jahres-Primärenergieverbrauch festgesetzt.
Lageplan
I ENERGIEDESIGN SEITE 40
Innenhof
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Die Region Hannover hat im Stadtzentrum der Landeshauptstadt ein
neues Bürogebäude für 300 Mitarbeiter der öffentlichen Verwaltung
errichtet. Im Rahmen eines Public Private Partnerships wurde das
Gebäude an der Hildesheimerstraße 20 in den Jahren 2005–2007
errichtet und im Frühjahr dieses Jahres fertig gestellt. Als Vorgabe für
das Gebäude wurden neben einem engen finanziellen Rahmen auch
Grenzwerte für den Jahres-Primärenergiebedarf festgesetzt, die die
Anforderungen des Programms Energieoptimiertes Bauen des Bundeswirtschaftsministeriums erfüllen.
Das Grundstück liegt zentral in einem baulichen Umfeld geprägt durch
die turmartige Stadtbibliothek – einem Baudenkmal des Expressionismus – und Gebäuden der 1950er-Jahre. Der Neubau ergänzt den
Gebäudebestand an der Hildesheimer Straße um einen sechsgeschossigen Winkel mit Zellenbüros und einen eingeschossigen Kubus mit
dem Saal der Regionsversammlung. Dieser scheint im Erdgeschoss
durch den Winkel gesteckt und reicht bis unmittelbar an den öffentlichen Fußweg. So entsteht aus Alt und Neu und der unterschiedlichen
Höhen- und Tiefenstaffelung der einzelnen Bauteile ein harmonischer
Vierklang.
Die Materialien und die Farbgebung lehnen sich an den Bestand an.
Die Grundfarbe der klar gegliederten Fassade bildet der portugiesische
Kalkstein „Mocca Creme” im wilden Verband mit geschlossenen
Fugen. Dieser kontrastiert mit Brüstungseinsätzen aus anthrazitfarbenem Granit, welche die Fassadenöffnungen optisch vergrößern. Der
exponierte Baukörper des Saals mit einer Verkleidung aus großformatigen, vorpatinierten Kupferpaneelen, welche sich im Innern fortsetzt,
entspricht in Farbigkeit, Material und Lage seiner Bedeutung als Sitz
der Regionsversammlung. Mit großer Transparenz der Fassade entsteht das „Fenster zur Region”; dem Betrachter eröffnet sich dabei der
Blick von der Straße durch das ganze Gebäude bis in den Innenhof.
Der Erweiterungsbau greift in seiner Grundrisskonfiguration das vorhandene Prinzip der Hofbildung auf und erzeugt mit bestehenden Bauteilen einen weiteren Innenhof.
Die Vorflächen an der Hildesheimer Straße inszenieren einen fließenden
Übergang vom öffentlichen zum halböffentlichen Raum mittels kulissenartiger Schichtungen verschiedener Oberflächen, Heckenstreifen
und Stauden. Im Innenhof dominiert die ruhige Form einer geneigten
grünen Ebene, die von einer geschnittenen Hecke gerahmt wird. Hier
konnte eine mächtige Platane erhalten werden und steht nun im Kontrast zu filigranen Robinien mit hellem Blattwerk. Aus Kostengründen
wurde auf eine Unterkellerung und eine Tiefgarage verzichtet. Trotzdem
sind die Vorflächen und der Innenhof frei von Parkplätzen. Der ruhende
Verkehr mit über 140 Stellplätzen konnte im rückwärtigen Bereich des
Grundstücks gebündelt werden.
Von der Saalwand begleitet betritt der Besucher das Foyer, den zentralen Dreh- und Angelpunkt aller Funktionen im großzügigen Zwischenraum von Saalbau und Büroriegel. Von hier aus gelangt man zur Rechten, am geschwungenen Empfangstresen entlang, über das zentrale
Treppenhaus im Schnittpunkt der Gebäudeflügel zu den Fachbereichen
in den Obergeschossen. Oder man erreicht zur Linken den unmittelbar
angrenzenden Saalbau, der dreifach teilbar Platz für bis zu 540 Personen bietet. Ob Bezug zur Öffentlichkeit, inszenierter Blick zum Haupteingang oder introvertierte Ausrichtung auf den ruhigen Innenhof: die
Anordnung und Teilbarkeit des Saals ermöglicht einen maximalen
Tageslichtbezug bei gleichzeitiger Ausbildung unterschiedlicher Charaktere der Teilsäle.
In den Obergeschossen finden 191 Zellenbüros für jeweils zwei Mitarbeiter Platz, welche energieeffizient und mit hohem Nutzerkomfort
ausgestattet sind. Dazu gehören ein in den Fensterzwischenraum integrierter Sonnen- und Blendschutz mit Tageslichtlenkung, schallabsorbierende Deckenfelder, die präsenz- und helligkeitsgesteuerte Beleuchtung mit Direkt- und Indirektanteil, eine Stromlosschaltung der
Steckdosen sowie eine Betonkernaktivierung zur Raumkühlung. Im
Zusammenspiel aller Maßnahmen erreicht das Gebäude eine Unterschreitung der gesetzlichen Anforderungen an die Energieeffizienz von
rund 50%.
Christian Rathmann, Architekten Bünemann & Collegen
Bauherr
Region Hannover
Architekten
Bünemann + Collegen
GmbH, Hannover
Bauausführung
Generalunternehmer
Bilfinger Berger AG
Zweigniederlassung
Hochbau Hannover
Beratung Energie für
die Region Hannover
energydesign
braunschweig GmbH
Dipl.-Ing. Architekt
Stefan Plesser
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Eingangsbereich und Saal
Energiekonzept Sommer/Winter
ENERGIEOPTIMIERTES BAUEN IN
PUBLIC PRIVATE PARTNERSHIP (PPP)
Mit dem Neuen Regionshaus Hannover wurde in
Deutschland zum ersten Mal der Standard „Energieoptimiertes Bauen” des Bundesministeriums für Wirtschaft
und Technologie – kurz EnOB-Standard –- in einem
PPP-Verfahren umgesetzt. Ziel war ein Primärenergiebedarf von weniger als 100 kWhPE/(m²NGFa) und gleichzeitig geringere Kosten als bei einer konventionellen
Erstellung.
Die Kombination aus hohen ökologischen Ansprüchen
und engen finanziellen Rahmenbedingungen ist außergewöhnlich. Um dieses Ziel zu erreichen, hat energydesign braunschweig als Berater der Region Hannover
eine sogenannte Funktionale Leistungsbeschreibung
entwickelt, die neben allen anderen Anforderungen auch
die energetischen Ziele definierte. Von besonderer
Bedeutung war die Berücksichtigung der Wirtschaftlichkeit aller Maßnahmen, um ein erfolgreiches Wettbewerbsverfahren sicherzustellen.
Während Wettbewerb, Planung, Errichtung und Inbetriebnahme wurde durch eine kontinuierliche Qualitätssicherung gewährleistet, dass die Zielwerte in der Praxis
tatsächlich erreicht werden. Es entstand ein Gebäude,
das ohne Mehrkosten gegenüber konventionellen
Gebäuden rund 50 Prozent weniger Energie benötigt.
ENERGIEDESIGN
Um die energetischen Zielsetzungen des EnOB-Standards und den Wunsch des Bauherrn nach einem
„einfachen” Gebäude zu erfüllen, haben die Planer eine
hochwertige Gebäudehülle und ein schlankes Technikkonzept entwickelt. Wesentliche Aspekte des Konzepts
sind:
Gebäudehülle:
- Hoch wärmegedämmte Fassaden
- Fensteranteil rund 30 %
- Wärmeschutzverglasung und hochwertige Holzrahmen
(UW = 1,2 W/(m²K))
- Luftdichte Fassade (n50 = 0,4 1/h)
- Fensterintegrierter Sonnen- und Blendschutz
Energieversorgung
- Anschluss an die bestehende Fernwärmeversorgung
- Kälteversorgung über 12 Erdsonden á 70 m Tiefe
(Kältemaschine nur als Redundanz)
- Netzstrom
- Hocheffiziente Pumpen für die Warm- und Kaltwasser
verteilung im Gebäude
Büros
- Individuell regelbare Heizung
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ENERGIEDESIGN I 41
IGS zum EnergieDesign des
Regionshauses in Hannover
Bürokonzept
- Deckenintegrierte Kühlung (Betonkernaktivierung)
- Tageslichtlenkung
- Direkt/Indirekt wirkende Rasterspiegelleuchten mit
Bewegungs- und Helligkeitssensoren
- Akustikpaneele an den Decken.
Das Gebäude verfügt über eine zentrale Leittechnik, die
Heizung, Lüftung und Kühlung steuert. Darüber hinaus
werden die Nutzer durch ein gezieltes Informationskonzept mit den Funktionen des Gebäudes vertraut gemacht und auf die Möglichkeiten hingewiesen, Energieeffizienz und Komfort selbst zu beeinflussen. Außerdem
wird ein intranet-basiertes Service-Portal für die Nutzer
eingerichtet, über das alle Wünsche und Beschwerden
der Nutzer zentral erfasst werden können.
Fakten zum Neuen Regionshaus:
Massive Stahl-Beton-Konstruktion
Erdgeschoss + 5 Obergeschosse nicht unterkellert
Arbeitsplätze: 300
Bruttogrundfläche: 8.441 m²
Nettogrundfläche: 7.222 m²
Hauptnutzfläche: 3.599 m²
Bruttorauminhalt: 28.911 m³
Kompaktheit (A/V-Verhältnis): 0,30 1/m
Luftdichtheit (n50-Wert): 0,4 1/h
Energiekennwerte bezogen auf NGF:
Jahres-Primärenergiebedarf: 93,0 kWh/(m²a)
Jahres-Heizwärmebedarf: 46,0 kWh/(m²a)
FORSCHUNGSPROJEKT
Um zu überprüfen, ob diese Ziele in der Betriebspraxis
tatsächlich erreicht werden, führt das IGS - Institut für
Gebäude- und Solartechnik an der TU Braunschweig
ein Forschungsprojekt zum Neuen Regionshaus im
Rahmen des oben genannten Programms EnOB - Energieoptimiertes Bauen durch. In den ersten zwei Betriebsjahren werden die Energieverbräuche und zahlreiche Systemparameter der Heizung, Kühlung, Lüftung
und Beleuchtung, ausgewertet und der Betrieb optimiert. Außerdem werden Komfortmessungen sowie
Nutzerbefragungen durchgeführt, um zu analysieren,
wie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter das Gebäude
annehmen.
Das Forschungsprojekt zum Neuen Regionshaus Hannover wird durch das Bundesministerium für Wirtschaft
und Technologie unter dem Förderkennzeichen
0335007X sowie durch proKlima - Der enercity-Fonds
gefördert.
Das IGS bearbeitet das Demonstrationsprojekt im Forschungsschwerpunkt Energieoptimiertes Bauen des
Bundeswirtschaftsministeriums.
Stefan Plesser
Partner im
Forschungsprojekt
Bundesministerium für
Wirtschaft und Technologie, Scharnhorsterstr.
34-37, 10115 Berlin
proKlima
Glockseestr. 33
30160 Hannover
CommerzLeasing und
Immobilien AG
Mercedesstr. 6
40470 Düsseldorf
IGS - Institut für
Gebäude- und Solartechnik
Universitätsprofessor
Dr.-Ing. M. Norbert
Fisch
Projektleiter:
Dipl.-Ing. Architekt
Stefan Plesser
Mühlenpfordtstraße 23
38106 Braunschweig
Universitätsprofessor
Dr. Volker Linneweber
Präsident der Universität des Saarlandes
Campus Saarbrücken
Gebäude A2 3
66123 Saarbrücken
VBD - VBD
Beratungsgesellschaft
für Behörden
Thomas Schubert
Invalidenstraße 34
10115 Berlin
Infos zum Neuen Regionshaus Hannover finden Sie auch unter:
www.igs.bau.tu-bs.de
www.energydesignbs.de
www.enob.info
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