Schwerpunktthema: Die erste Erdwärmekorb-Anlage in Stuttgart Foto: Thorsten Eckert 6 Mark Fritz wollte möglichst unabhängig von Energieanbietern sein. Jetzt heizt der Familienvater sein Haus in Bad Cannstatt mit der ersten Erdwärmekorb-Anlage Stuttgarts 7 Die Kraft, die aus der Erde kommt Familie Fritz hat neun fast mannshohe Körbe in ihrem Garten verbuddelt. „Es sah aus wie ein Kartoffelacker“, erinnert sich Alexandra Fritz. Rollrasenbahnen verdecken jetzt, was unter der Grasnarbe schlummert: quasi die Heizung der Doppelhaushälfte in Bad Cannstatt. Es ist die erste Erdwärmekorb-Anlage in Stuttgart. Und der Beweis dafür, dass sich eine solche Anlage auch für Einfamilienhäuser lohnt. Von Tina Bauer 90 Prozent gespart Der Aufwand und die Investition haben sich gelohnt. „In einem halben Jahr haben wir 4500 Kilowattstunden verbraucht – vorher waren es 50.000 Kilowattstunden Gas im Jahr“, vergleicht Mark Fritz. „Wir sparen 90 Prozent.“ Er räumt ein, dass es ein milder Winter war und dass die Familie zudem das Haus isoliert und neue Fenster eingebaut hat, um Fördergelder zu bekommen. „Für mich war es wichtig zu zeigen: es geht.“ Keiner könne voraussehen, wie sehr Gas- und Ölpreise in den nächsten Jahren weiter explodieren. „Wir wollten uns unabhängig von Energieanbietern machen“, argumentiert Mark Fritz. „Die Investition in die Wärmekörbe ist quasi ein Energieeinkauf für die nächsten zehn Jahre.“ Rund 35.000 Euro kostet allein die Heizung. Der Fachmann weiß, dass sich immer mehr Menschen für alternative Heizsysteme interessieren. Beim Umweltministerium Baden-Württemberg sind bis Ende 2005 rund 1700 Anträge auf Förderung von Erdwärme gestellt worden. „Die Umsetzung scheitert jedoch meist am Geld.“ Familie Fritz kann sich ein Leben ohne Erdwärme-Heizung nicht mehr vorstellen. „Es ist eine ganz andere Wärme, ein anderes Heizen“, meint Alexandra Fritz. Vor allem beim Lüften musste sich die 37-Jährige umstellen. „Ständig gekippte Fenster wären heute ein Scheidungsgrund“, sagt sie und schaut lachend zu ihrem Mann. Nun ist Stoßlüften angesagt, „wegen der Wärmedämmung würde sich sonst schnell Schimmel bilden“. Der Sohnemann hat es gehört. Wie aufs Stichwort rennt der fünfjährige Jan zur Terrassentür und reißt sie auf. Fotos: privat (links)/Thorsten Eckert Die Kraft, die aus der Erde kommt, nutzt Familie Fritz, um ihr Haus zu heizen. Neuartige Erdwärmekörbe, die aussehen wie riesige, aus blauen Schläuchen geflochtene Obstkörbe, sind im Garten vergraben. Sie ziehen die im Erdreich gespeicherte Sonnenenergie über Leitungen ins Haus. Eiskalt sind die Metallrohre, die zur Pumpe im Keller führen. Eiskalt? „Die Anlage funktioniert wie ein Kühlschrank – nur umgekehrt“, erklärt Mark Fritz dem Besucher, der ihn mit großen Augen anschaut. „Die Pumpe presst die viele geringe Energie in wenig hohe Energie.“ Sie wandelt die Kälte, die die Körbe aus der oberflächennahen Erde ziehen, in Wärme um. Anders als bei Erdwärme-Sonden, für die rund 100 Meter tief ins Erdinnere gebohrt werden muss, reicht den Wärme-Körben die relativ geringe Temperatur der Erdoberfläche. Dass man auch so ein komplettes Haus heizen kann, will der Installateur- und Heizungsbaumeister Fritz beweisen. Ohnehin darf wegen der vielen Heilquellen in Bad Cannstatt nicht so tief gebohrt werden, wie es für Wärmesonden notwendig wäre. Die fünfköpfige Familie Fritz sitzt auf dem breiten Heizkörper vor dem Panoramafenster in ihrem Wohnzimmer. Mark Fritz liest seinen Kindern Jan, Kai und Lin vor. „Die Heizung ist unser zweites Sofa geworden.“ Der Blick schweift über die Terrasse in den Garten. Nur etwa einen Meter unter der Grasnarbe versteckt sind neun Körbe im Garten verbuddelt. Fotos erinnern noch an die riesigen Maulswurfshügel, die sich dort im vergangenen Sommer auftürmten. „Es sah aus wie ein Kartoffelacker“, sagt Alexandra Fritz. Etwa 2,50 Meter tief mussten die Löcher ausgehoben werden, um die 1,30 Meter hohen Körbe mit einem Durchmesser von 1,80 Metern oben und 90 Zentimeter unten in der Erde zu versenken. Nach drei, vier Tagen war der Spuk vorbei, Rollrasenbahnen drüber – und nichts lässt mehr den Schatz der Familie Fritz vermuten. Im vergangenen Sommer versenkte Familie Fritz neun Erdwärmekörbe im Garten (links). Inzwischen ist die Heizung zum zweiten Sofa der Familie geworden