verbundenen Hemmung der intrazellulären Mobilisation von Ca2+ und der Aktivität der Proteinkinase C zu tun hat (Sheu 2000) Ebenfalls induziert LTA eine Isoform der NO-Synthetase (iNOS) in glatten Muskelzellen und Makrophagen, die große Mengen an NO produzieren und somit zu einer Vasodilatation führen. Dieser Prozeß findet wahrscheinlich auch beim septischen Patienten statt (Hattor 1997) Die Aktivierung dieses Monozyten-Makrophagen-Systems scheint im Sinne der „mutiple-hit“ Theorie des Multiorganversagens eine Facette einer generalisierten Störung der Zell-Zellkommunikation Signaltransduktion und und Streßgenexpression subzellulärer zu sein. Funktionen wie Veränderungen der Signaltransduktion wie der Genexpression können die Reaktion auf nachfolgende Streßereignisse positiv wie negativ beeinflussen. In Anlehnung an die in früheren Untersuchungen (Kleinschmidt 1998, Grundmann 2000) gemachten Beobachtung, dass es nach Ende der extrakorporalen Zirkulation zu einer Suppression der endotoxinstimulierten Zytokinantwort mononukleärer Zellen kommt, wurde in der vorliegenden Untersuchung Spezifität und mögliche Mechanismen dieser eingeschränkten Zytokinsynthese untersucht. Berücksichtigt wurde dabei, dass im Rahmen nosokomialer Infektionen nach aortokoronaren Bypassoperationen neben Infektionen durch gramnegative Bakterien auch Infektionen durch grampositive Bakterien eine wichtige Rolle spielen (Ford 1991). 25 Die auslösenden Mechanismen durch grampositive Bakterien bei der Aktivierung mononukleärer Zellen Mechanismen beinhalten Oberflächenstrukturen waren die lange Zeit weitgehend Aktivierung Peptidoglykane (PGN) ungeklärt. Mögliche von Monozyten durch und Lipoteichonsäure die (LTA) (Greenberg 1996) Grampositive Bakterien, als deren Vertreter in der eigenen Untersuchung Staphylococcus aureus verwendet wurde, weisen kein Endotoxin wie LPS auf. In deren Zellwand kommen aber Peptidoglykane (PGN) und Lipoteichonsäure (LTA) vor, die direkt auf Monozyten einwirken und eine Zytokinsynthese induzieren können. Während nachgewiesen ist, dass Peptidoglykan an den mCD14-Rezeptor der Monozyten bindet, wodurch eine Verknüpfung zur LPS induzierten Signaltransduktion besteht, war der Mechanismus über den die Lipoteichonsäure die Zytokinsynthese induziert lange unbekannt (deKlimpe 1995, Weidmann 1994, Heumann 1994). Seit der Entdeckung des TLR-2 konnte in mehreren Untersuchungen gezeigt werden, dass dieser Rezeptor durch LTA und Peptidoglykane aktiviert werden kann. Somit scheint die Signaltransduktion der Monozyten nach Aktivierung durch PGN oder LTA ganz wesentlich von der Expression des TLR-2 abhängig zu sein (Dziarski 2005). Es konnte gezeigt werden, dass sowohl LPS, als auch LTA (Cleveland 1996, Hattor 1997) und PGN (Dziarski 1998, Weidemann 1997) an das Membranprotein CD14 binden und eine Aktivierung des Transkriptionsfaktors NFB in Makrophagen induzieren. Weil mononukleäre anti CD14 Antikörper auch die Aktivität von CD14 positiven Monozyten, die durch PGN und LTA aktiviert worden waren, hemmen konnten, scheint der CD14 Rezeptor in der Signaltransduktion für PGN als auch für LTA eine Rolle zu spielen. Aber nicht nur über den CD14 Rezeptor scheint LTA in der Lage zu sein Zellen zu aktivieren. In einer Untersuchung an humanen Thrombozyten zeigen die Ergebnisse, dass eine Hemmung der Thrombozytenaggregation durch LTA auf eine Erhöhung des intrazellulären c-AMP-, jedoch nicht des c-GMP-Spiegels und einer damit 24 LPS LBP MD-2 CD 14 TLR4 MAKROPHAGE Proteinkinasen NFB (p50 und p65 Untereinheiten) p50 Transkription DNA p65 IB Phosphorilierung von IB mRNA Translation IB Protein P Posttranslationale Regulation Degradierung von IB TNF- TNF- Abbildung 2: Intrazelluläre Signaltransduktion über NFB am Beispiel der LPS induzierten TNF- Synthese. LPS = Lipopolysaccharid, LBP = Lipopolysaccharid-bindendes Protein, TNF- = Tumornekrosefaktor alpha, NFB = nukleärer Transkriptionsfaktor B, IB = immunreaktives Protein B, TLR4 = Toll-like Rezeptor 4 (Modifiziert nach Boyle 1997) Nicht nur gramnegative Bakterien spielen bei nosokomialen Infektionen nach aortokoronaren Bypassoperationen eine wichtige Rolle, sondern auch grampositive. Grampositive Bakterien können ebenso wie gramnegative Bakterien mononukleäre Zellen zur Zytokinsynthese stimulieren (Heumann 1994) und schlimmstenfalls eine Sepsis induzieren, die mit einer höheren Letalitätsrate behaftet ist, als eine gramnegative Sepsis (Bone 1994). In den 70iger Jahren noch relativ selten, hat die Zahl der durch grampositive Bakterien ausgelösten Sepsisfälle in den letzten 15 Jahren deutlich zugenommen. Etwa die Hälfte aller derzeitigen Sepsisfälle werden durch grampositive Erreger ausgelöst und die Zahl wird in den nächsten Jahren vermutlich noch ansteigen (Bone 1991). 23 eingeht. Dies führt zu einer erleichterten Abgabe von LPS an den eigentlichen biologisch aktiven Rezeptorkomplex aus TLR4 und MD-2. In diesem Zusammenhang besteht die Hauptbedeutung des CD14Rezeptors lediglich darin, LPS an den eigentlichen Rezeptorkomplex betsehend aus TLR4 und MD-2 zu übertragen (Palsson-McDermott 2004). Das Glykoprotein MD-2 fungiert hierbei als ein extrazelluläres Adapterprotein und hilft bei der Verbindung zwischen LPS und TLR-4, wodurch die intrazelluläre Signaltransduktionskaskade in Gang gebracht wird (Visintin 2003). Ein möglicher Ablauf der Signaltransduktionskaskade ist in Abbildung 2 dargestellt. Hierbei führt die Interaktion des LPS-LBP-Komplexes mit dem Rezeptorkomplex bestehend aus CD14, TLR 4 und MD-2 über eine Aktivierung der Proteinkinase C zu einer Aktivierung von Transkriptionsfaktoren (z.B. nukleärer Faktor B) gefolgt von einer etwa 3fachen Zunahme der Transkription des TNF--Gens (Jongeneel 1992). Nach dieser moderaten Zunahme der Transkription folgt bei einer Stimulation mit LPS eine etwa 100fachen Zunahme der mRNA-Konzentration und einer erneut um den Faktor 100 höheren Sekretionsleistung des Makrophagen für TNF-. Mithin erfolgt auch auf posttranskriptionalem Niveau durch Stabilisierung der mRNA und Erhöhung der translationalen Effektivität eine Regulation der TNF--Genexpression. Darüber hinaus ist auch auf posttranslationalem Niveau (Modifikation des Propeptids und Trimerisation bzw. Synthese einer membrangebundenen Form) eine Modifikation des Moleküls und der Syntheseleistung zu beobachten. 22 insbesondere die T-Lymphozyten und die Immunglobulin-produzierenden BLymphozyten aktivieren. Daneben stellen sie den Hauptbildungsort der Zytokine und tragen entscheidend zur Zell-Zellkommunikation innerhalb der immunkompetenten Zellen bei. Sie bilden somit des wichtigste Bindeglied zwischen dem spezifischen und unspezifischen Immunsystem. Die Monozyten entstammen den myeloischen Stammzellen des Knochenmarks als den gemeinsamen Vorläuferzellen für Granulozyten und Makrophagen und gelangen zunächst als Monozyten in die Blutbahn, bis sie sich nach wenigen Tagen als ortsständige Makrophagen gewebetypisch ausdifferenzieren. Die Gesamtheit der Monozyten/Makrophagen bildet das „mononukleäre phagozytierende System“ (MPS; ältere Bezeichnung: „retikuloendotheliales System“). Monozyten können durch bakterielle Toxine über Oberflächenrezeptoren aktiviert werden. Der am besten charakterisierte Rezeptor ist CD14 (CD= „cluster of differentiation“; international einheitliche Nomenklatur für Zelloberflächenmarker), der eine wesentliche Rolle in der Endotoxin-vermittelten Zytokinantwort spielt. Endotoxine oder Lipopolysaccharide (LPS) werden aus der Zellwand gramnegativer Bakterien nach Lyse durch immunkompetente Zellen oder bakterizide Antibiotika freigesetzt und können nach Bindung an ein LPS-bindendes Protein (LBP) als LPSLBP-Komplex über den Oberflächenrezeptor CD14 zirkulierende Monozyten und gewebsständige Makrophagen aktivieren und sie so z.B. zur Synthese von TNF- anregen (Wright 1990). In den letzten Jahren hat sich gezeigt, dass CD14 nicht das einzige Oberflächenmolekül in dieser Signaltransduktionskaskade ist. Ein Durchbruch war die Entdeckung des Toll-like Rezeptors 4 (TLR4). Hierbei sind große Fortschritte in der Identifikation und dem Verständnis der Interaktion der verschiedenen Moleküle CD14 (Wright 1990), Toll-like Rezeptor 4 (Medzhitov 1997) und MD-2 (Shimazu 1999) gemacht worden. Nach heutigem Wissenstand ist das erste Protein welches für die Erkennung von LPS verantwortlich ist das LPS-bindende Protein (LBP) (Schumann 1990). LBP ,ein Akutphaseprotein welches in der Leber produziert wird, zirkuliert im Blutstrom und geht einen Komplex mit LPS ein. Die Rolle von LBP besteht in einer Andockhilfe für LPS an den CD14-Repetor, indem es einen weiteren Komplex mit diesem Rezeptor 21 (Livingston 1995) reagieren wird. Diese Theorie besagt, daß der Organismus, der bereits mit einer Aktivierung des Immunsystems und einer erheblichen Zytokinfreisetzung auf ein Streßereignis bakterieller oder abakterieller Art reagiert hat, nicht in der Lage ist, auf eine zweite Noxe, die der ersten direkt folgt adäquat zu reagieren. In dieser Arbeit stellt das erste Streßereignis die Herzoperation unter Anwendung der EKZ dar, die zweite Noxe ist die in vitro Stimulation der Patientenmonozyten mit dem Endotoxin Lipopolysaccharid (LPS) gramnegativer Bakterien und SAC-I, einem von Staphylococcus aureus gewonnenem Zellwandprotein. In einer Studie (Kleinschmidt 1998), die sich erstmals u.a. mit dieser Problematik beschäftigte und bei der in einem ex-vivo-Modell die endotoxinstimulierte Zytokinantwort nach EKZ untersucht eingeschränkte Zytokinsynthese der wurde, fand mononukleären sich perioperativ eine Zellen. Eine weitere Untersuchung (Grundmann 2000) beschäftigt sich mit der Bedeutung humoraler Faktoren auf die Vermittlung der beobachteten Hemmung der endotoxinstimulierten Zytokinfreisetzung nach EKZ. Auch hier wurde gezeigt, dass es nach EKZ, trotz Endotoxinstimulation, zu einer Einschränkung der Zytokinsynthese des Monozyten kommt, welche jedoch schon 24 Stunden nach Ende der EKZ rückläufig war. Ähnliche Phänomene wurden auch bei Patienten mit Sepsis (Ertel 1995) oder nach schweren Verletzungen gefunden (Keel 1996). In einer von Ziegenfuß 1999 publizierten Studie wurden diese Beobachtungen auch bei Patienten gemacht, die sich einer Bauchaortenoperation unterzogen. Bei dieser Untersuchung war eine hohe Korellation zwischen dem Ausmaß der Hemmung der Syntheseleistungen von TNF- und eines ungünstigen klinischen Verlaufes („outcome“) des Patienten zu verzeichnen. Je ausgeprägter die Suppression der Monozyten ausfiel und je länger sie anhielt, desto schlechter war die Prognose des Patienten. Die Monozyten nehmen im Rahmen der Immunantwort eine zentrale Stellung ein. Für das unspezifische, angeborene zelluläre Immunsystem haben sie größte Bedeutung, da sie als „professionelle“ Makrophagen körperfremde Mikroorganismen, virusbefallene Zellen oder Tumorzellen vernichten können. Auf der anderen Seite können sie durch Antigenpräsentation die zentralen Zellen des adaptiven, spezifischen Immunsystems, 20 Extrakorporale Zirkulation Kontaktaktivierung an Fremdoberflächen Nicht pulsatiler Blutfluß Ischämie/Reperfusion Endotoxineinschwemmung Lokale proinflammatorische Immunreaktion Überwiegen der proinflammatorischen Mediatoren Lokale antiinflammatorische Immunreaktion Immunreaktion des Organismus Gleichgewicht pro- und antiinflammatorischer Mediatoren Überwiegen antiinflammatorischer Mediatoren Homöostase SIRS CARS MARS Abbildung 1: Schematische Darstellung der Reaktionsmöglichkeiten des Organismus auf pround antiinflamatorische Mediatoren. SIRS = systemic inflammatory response syndrome, CARS = compensatory antiinflammatory response syndrome, MARS = mixed antagonistic response syndrome (modifiziert nach Bone 1996). Die bisher vorliegenden Untersuchungen zur spontanen Zytokinfreisetzung bei Herzoperationen unter Anwendung der EKZ erlauben jedoch keinen Rückschluß darauf, wie der Organismus auf eine zweite in engem zeitlichen Zusammenhang zur EKZ stehende Herausforderung des Immunsystems (z.B. Infektion durch gramnegative Bakterien) im Sinne der „multiple-hit“ Theorie des Multiorganversagens 19 Tabelle 1: Wirkungen und Syntheseorte der wichtigsten Zytokine Syntheseort Wirkung Tumornekrosefaktor- (TNF-) Monozyten Makrophagen B-Lymphozyten, T-Lymphozyten, NK Zellen, Neutrophile Granulozyten, Mastzellen, Endothelzellen, Keratinozyten Astrozyten, Mikrogliazellen, glatte Muskelzellen, Fibroblasten Fieber, HZV, SVR, Tachykardie, Induktion von Adhäsionsmolekülen, Lymphozytopenie, Monozytopenie, Aktivierung und Erhöhung der zirkulierenden Zahl neutrophiler Granulozyten, Gerinnungsaktivierung, Schlafinduktion, Induktion der Akut-Phase-Reaktion, Induktion der endokrinen Stressantwort (CRH), Glykogenolyse, Hemmung der Lipoproteinlipase, Apoptose, Induktion der distalen „Zytokinkaskade“ Interleukin-1 (IL-1) Monozyten Makrophagen B-Lymphozyten, T-Lymphozyten, NK Zellen, Neutrophile Granulozyten, Endothelzellen, Keratinozyten, Astrozyten, Mikrogliazellen, glatte Muskelzellen, Fibroblasten Fieber, Granulozytose, Leukopenie, Thrombozytopenie Induktion der Akut-Phase-Reaktion, CSF-Induktion, Gerinnungsaktivierung, Schlafinduktion, Induktion von Adhäsionsmolekülen Induktion der distalen „Zytokinkaskade“ IL-6 Monozyten, Makrophagen, B-Lymphozyten, T-Lymphozyten, Hepatozyten, Endothelzellen, Keratinozyten, Fibroblasten Induktion der Akut-Phase-Reaktio Hämatopoese, Differenzierung von B-Lymphozyten, Regulation der B- und T-Lymphozytenfunktion, Synergistische Wirkung mit TNF-, IL-1, Freisetzung von sTNFr und IL-1ra, Hemmung der TNF- Genexpression Lösliche TNF Rezeptoren (sTNFr) „Abstreifen“ von Oberflächenrezeptoren Kompetitiver Inhibitor, TNF- Antagonismus, ubiquitär unter physiologischen Bedingungen nachweisbar IL-1ra Monozyten, Makrophagen, B-Lymphozyten, T-Lymphozyten, NK Zellen, Neutrophile Granulozyten, Endothelzellen, Keratinozyten, Mikrogliazellen, Astrozyten, glatte Muskelzellen, Fibroblasten Kompetitiver Inhibitor, IL-1 Antagonismus IL-10 Monozyten, Makrophagen, B-Lymphozyten, T-Lymphozyten, Keratinozyten HLA-DR Expression, TNF-, IL-1, IL-8, PGE2 , verminderte Aktivierung von neutrophilen Granulozyten, Aktivierung des Wachstums und der Differenzierung von B-Lymphozyten 18 Synovialzellen und die Freisetzung von Leukotrien B4 von LPS-stimulierten Monozyten. Interleukin-10 (IL-10), ein Polypeptid mit einem Molekulargewicht von 18 kDa, blockiert die Synthese proinflammatorischer Zytokine und darüber hinaus verschiedene andere akzessorische Funktionen von Makrophagen (Bogdan 1991, de Waal-Malefyt 1991). IL-10 wirkt somit als Suppressor der Effektorfunktionen von Makrophagen, T-Zellen und natürlichen Killerzellen. Da die Produktion von IL-1ra (Inteleukin-1-Rezeptor-Antagonist), ebenfalls ein antiinflammatorisches Zytokin, stimuliert wird (Casatella 1994), übt IL-10 mit IL-1ra zusammen eine starke antiinflammatorische Wirkung aus. Syntheseort und Wirkung der einzelnen Zytokine sind in der Tabelle 1 (Seite 20 ) zusammenfassend dargestellt. Obwohl eine exzessive Ausschüttung von proinflammatorisch wirksamen Zytokinen möglicherweise zu einer postoperativen Beeinträchtigung von Organfunktionen führt, ist Ihre Freisetzung von eminenter Bedeutung im Rahmen der Infektionsabwehr oder der Wundheilung bei chirurgischen Patienten. Offensichtlich von ebenso großer Bedeutung ist jedoch auch eine adäquate kompensatorische Freisetzung antiinflammatorisch wirksamer Zytokine, da ein Gleichgewicht von pro- und antiinflammatorisch wirksamen Zytokinen zur Gewährleistung normaler Organfunktionen notwendig ist. Kommt es im Rahmen der physiologischen Gegenregulation auf eine inflammatorische Noxe zu einer überschießenden Bildung antiinflammatorischer Mediatoren, resultiert daraus möglicherweise eine relative Immunparalyse und eine erhöhte Infektanfälligkeit des Organismus. Durch dieses von Bone 1996 als „compensatory anti-inflammatory response syndrome“ (CARS) bezeichnete Krankheitsbild kann somit der Patient ebenso gefährdet werden wie durch das „systemic inflammatory response syndrom“ (SIRS). In welcher Weise der Organismus auf die angreifenden Noxen reagiert und ob ein Gleichgewicht zwischen pro- und antiinflammatorisch wirksamen Mediatoren erreicht wird ist von zentraler Bedeutung für die Heilungschancen des Patienten. (Bone 1997). 17 Antigene oder Bakterien produziert wird, ist ein proinflammatorisch wirkendes Zytokin mit ähnlichen Eigenschaften wie TNF-. Für IL-1 werden zwei Formen beschrieben (IL-1 und IL-1), die von unterschiedlichen Genen kodiert werden, aber an den gleichen Rezeptor binden und die gleiche biologische Aktivität aufweisen. Der größte Anteil von IL-1 verbleibt aber als Vorläufermolekül im Zytosol der Zelle, so daß für die systemische Aktivität der -Form die größte Bedeutung zukommt. Wesentliche biologische Wirkungen umfassen u.a. die Aktivierung von TLymphozyten, Monozyten und Makrophagen sowie die Steigerung der zytolytischen Aktivität von natürlichen Killerzellen. Über die Induktion von IL-6 induziert IL-1 außerdem in der Leber die Bildung von Akut-Phase-Proteinen. Interleukin-6 (IL-6), ein 26 kDa Protein, wird von verschiedenen Zellen wie Monozyten, Makrophagen, Endothelzellen und Fibroblasten nach Stimulation durch TNF- und IL-1 gebildet. In der Leber induziert IL-6 als physiologischer Mediator die Bildung zahlreicher Proteine der Akut-Phase-Reaktion wie Fibrinogen, 2Makroglobulin und 1-Antichymotrypsin. Ferner ist IL-6 ein Wachstumsfaktor für aktivierte B-Zellen in der terminalen Differenzierungsphase und fördert zusammen mit anderen Zytokinen das Wachstum hämatopoetischer Stammzellen. Ähnlich wie TNF und IL-1ß verfügt IL-6 über pyrogene Wirkungen. Über die Stimulation der ACTHSynthese und damit indirekt der Glucocorticoidsynthese wird die eigene Produktion im Sinne einer negativen Feedback-Regulation gehemmt. Das Ausmaß der IL-6 Freisetzung eignet sich als Marker für die Schwere der Erkrankung und korreliert beim septischen Schock mit der Prognose der Patienten. Neben proinflammatorischen Effekten scheint IL-6 aber auch antiinflammatorische Wirkungen vermitteln zu können, sowohl durch eine direkte Hemmung, als auch durch Induktion natürlicher Antagonisten von TNF- (Schindler 1990, Tilg 1994, Tilg 1997, Xing 1998). Da die Synthese von IL-6 noch vor der Synthese von IL-1ra und IL-10 aktiviert wird, könnte IL-6 so an einer Eindämmung der proinflammatorischen Reaktion beteiligt sein. Der Interleukin-1-Rezeptor-Antagonist (IL-1ra), ein 17,5 kDa Protein, wird von den gleichen Zellen gebildet, die auch IL-1 exprimieren und hemmt als antiinflammatorisches Zytokin die Freisetzung des proinflammatorischen IL-1. Außerdem hemmt dieser Rezeptorantagonist die Prostaglandin E2 Synthese in 16 spezifische Zytokinrezeptoren vermittelt wird. Dabei können Zytokine neben autound parakrinen Effekten auch endokrine Wirkungen hervorrufen Diese Zytokine kann man grob in proinflammatorische, die eine Entzündungsreaktion in Gang setzen können, oder diese verstärken und in antiinflammatorische Zytokine, die einer Entzündung entgegenwirken, unterteilen. Zu den proinflammatorischen Zytokinen werden der Tumornekrosefaktor alpha (TNF-), Interleukin-1 (IL-1) und Interleukin-6 (IL-6) gezählt, zu den antiinflammatorischen Zytokinen gehören Interleukin-1-Rezeptor-Antagonist (IL-1ra) und Interleukin-10 (IL-10). Der Tumornekrosefaktor-alpha (TNF-) ist ein nicht-glykolisiertes Membranprotein, bestehend aus einer Sequenz von 157 Aminosäuren und einem Molekulargewicht von 17 kDa. Erst durch Trimerisierung entsteht das biologisch aktive TNF--Molekül, das als einer der wichtigsten Mediatoren der generalisierten Entzündungsreaktion bei Herzoperationen unter Anwendung der EKZ angesehen wird. Untermauert wird dies durch die Beobachtung, daß bei aortokoronaren Revaskularisationen sich TNF- nur im Blut derjenigen Patienten nachweisen ließ, die unter Anwendung der extrakorporalen Zirkulation operiert wurden, während bei Patienten, bei denen dieser Eingriff ohne kardiopulmonalen Bypass erfolgte, der Nachweis einer TNF- Freisetzung nicht erbracht werden konnte (Brasil 1998). Auch andere Entzündungsparameter wie Leukozytenelastase und C3a waren in einer EKZ-Gruppe deutlich höher als in einer nicht EKZ-Gruppe (Gu 1998). Die Wirkung von TNF- kommt über spezifische TNF--Rezeptoren zustande, die auf fast allen Körperzellen exprimiert sind und nach Abspaltung in Form löslicher TNF--Rezeptoren (TNFsr-1 und –2) als kompetitive Inhibitoren und damit als antiinflammatorische Mediatoren wirken können. Während viele Zelltypen nicht zur Synthese von TNF- befähigt sind, erlauben die ubiquitär vorkommenden Makrophagen die Synthese von TNF- in nahezu allen Organen, wobei nach aktuellem Kenntnisstand auch das Herz als Bildungsstätte in Betracht kommt (Wan 1996, Meldrum 1998). TNF- ist ein endogenes Pyrogen und induziert auf vaskulären Endothelzellen die Expression von Adhäsionsmolekülen. Neben einer Aktivierung von Granulozyten und Monozyten fördert TNF- direkt die Synthese von IL-1. Interleukin-1 (IL-1), ein Polypeptid mit einem Molekulargewicht von 17,5 kDa, das von vielen verschiedenen Zellen nach Stimulation durch Zytokine, Mitogene, 15 Verlaufsformen klinisch keine Unterscheidung zwischen primär septischem und abakteriellem MODS möglich ist und selbst ohne den Nachweis eines lokalisierten Sepsisherds häufig positive Blutkulturen und/oder eine Endotoxinämie gefunden werden. Als Erklärungsmodell hierfür wird u.a. eine bakterielle Translokation, also eine Einschwemmung von Bakterien und deren Toxinen aus dem Darmlumen als Folge einer intestinalen Permeabilitätsstörung beim Intensivpatienten angenommen. In den meisten Fällen verläuft eine generalisierte Entzündungsreaktion (SIRS) nach Herzoperationen blande, schlimmstenfalls führt sie jedoch über ein Multiorgandysfunktionsyndrom (MODS) zum Tod des Patienten. Ursächlich beteiligt an der Auslösung dieser Entzündungsreaktion (SIRS) sind bei Herzoperationen neben der operationsbedingten Gewebetraumatisierung u. a. auch die Kontaktaktivierung des Blutes an den Fremdoberflächen bei der extrakorporalen Zirkulation durch die Herz-Lungenmaschine (EKZ) (Kirklin 1983), eine Endotoxineinschwemmung aus dem Gastrointestinaltrakt (Kharazmi 1989) sowie das Ischämie/Reperfusionsereignis am Herzen selbst (Sawa 1996). Dadurch kommt es zu einem komplexen Zusammenspiel zellulärer und humoraler Faktoren (Kirklin 1991, Chenoweth 1981). Unter den verschiedenen humoralen Mediatoren, die in die Regulation dieser Entzündungsreaktion eingebunden sind und nach ihrer Freisetzung sowohl mit zirkulierenden Zellen des Blutes als auch mit Gefäßendothelzellen interagieren, spielen neben freien Sauerstoffradikalen, Komplementfaktoren und Metaboliten des Arachidonsäurestoffwechsels die Zytokine eine entscheidende Rolle. Zytokine sind von verschiedenen Zellen (u.a. Monozyten, Makrophagen, Endothelund Organparenchymzellen), freigesetzte Peptidmediatoren, die zusammen mit anderen Signalmolekülen eine wichtige Rolle bei der Regulation zellulärer und humoraler Immunreaktionen spielen, indem sie einen wesentlichen Beitrag im Rahmen der Zell-Zellkommunikation leisten. Die Regulation der zeitlich und räumlich begrenzten Zytokinsynthese und –ausschüttung erfolgt dabei auf der Ebene der Proteinsynthese. Aus der Stimulation der Proteinsynthese und ihrer verschiedenen Verstärkungsmechanismen resultiert ein steiler Konzentrationsanstieg der Zytokine (Bauer 1996), wobei die Wirkung der freigesetzten Zytokine auf die Zellen über 14 Kriterien des SIRS Körpertemperatur > 38°C Körpertemperatur < 36°C Herzfrequenz > 90/min Atemfrequenz > 20/min paCO2 < 32 mm Hg Leukozytose > 12000/mm³ Leukozytopenie < 4000/mm³ mehr als 10% unreife Granulozyten Die schwere Sepsis („severe sepsis“) ist zu dem noch gekennzeichnet durch das Auftreten einer Organdysfunktion bei bestehender Sepsis. Im Rahmen einer Sepsis beschreibt der Begriff „septischer Schock“ das Vorliegen einer sepsisassoziierten Kreislaufinsuffizienz trotz adäquater Volumensubstitution. Diagnostische Kriterien sind ein systolischer Blutdruck < 90 mm Hg bzw. ein Abfall um mehr als 40 mm Hg vom Ausgangswert typischerweise bei erniedrigtem systemischem Gefäßwiderstand. Während im Frühstadium der Sepsis akute, prinzipiell reversible Störungen der Organfunktion als Folge der Störung der Herz-Kreislauffunktion das klinische Bild dominieren („Organ im Schock“), bestimmen im Spätstadium das etablierte Organversagen, typischerweise unter dem Bild der Mehrorganinsuffizienz, Verlauf und Prognose. Das Auftreten von Organdysfunktionen beim Akutkranken mit der Notwendigkeit einer (intensiv-) medizinischen Intervention zur Aufrechterhaltung der Homöostase wird entsprechend den Richtlinien der ACCP/SCCM als „Multiple Organ Dysfunktion Syndrome (MODS)“ bezeichnet. Vergleichbar dem infektiösen SIRS können auch primär abakterielle schwere Insulte, z.B. ein Polytrauma, zu einer systemischen Entzündung und konsekutivem MODS führen. Es handelt sich hierbei jedoch mehrheitlich um die Ausschlußdiagnostik einer Sepsis, da bei der Schwere dieser 13 2. Einleitung Die Mortalitätsrate nach Herzoperationen hat in den letzten Jahren durch Verbesserung der operativen Technik, des perioperativen Monitorings und der postoperativen Intensivtherapie stetig abgenommen (Hannan 1994). Trotzdem besteht besonders bei Eingriffen unter Anwendung der extrakorporalen Zirkulation (EKZ) auch weiterhin im besonderen Maße die Gefahr des Auftretens postoperativer Funktionsstörungen einzelner Organe oder Organsysteme (Westaby 1987). Dies äußert sich neben einer Einschränkung der Herzfunktion, wie Rhythmusstörungen oder Beeinträchtigung der Auswurfleistung, auch mit Störungen im Bereich der Nieren (Abel 1976), des Gastrointestinaltraktes (Christenson 1994), der Lunge (Hachenberg 1995) oder des Gehirns (Harris 1993, Roach 1996). Nach heutiger Ansicht scheinen viele dieser postoperativen Organfunktionsstörungen auf eine generalisierte und überschießende Aktivierung des Immunsystems durch das operative Trauma zurückzuführen zu sein. Nicht nur ein Trauma oder Operationen, sondern auch septische Infektionen können zu einem Versagen mehrerer Organe führen, was letztendlich in einem Multiorganversagen enden kann. Eine septische Infektion oder „Sepsis“ ist in Anlehnung an die Richtlinien des „American College of Chest Physicians (ACCP)/ Society of Critical Care Medicine (SCCM) Consensus Conference Committees“ ein Symptomkomplex aus systemischer Entzündungsreaktion bei gleichzeitigem Vorliegen eines lokalen Entzündungsherds. Dabei ergibt sich die Diagnose der systemischen Entzündungsreaktion oder „systemic inflammatory response syndrome (SIRS)“ aus dem Vorliegen von mindestens zwei der folgenden Kriterien: 12