8124h700.chp:Corel VENTURA

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Artikel von Klaus Schweitzer
Das Passiv-Solar-Haus von ehemals Wagner & Co
Ein Büro- und Kundenzentrum
setzt Zeichen auf dem Weg ins
Solarzeitalter
Zum ersten Mal in Europa wurde ein Bürogebäude nach
dem Passivhaus-Standard gebaut. Weniger als 10 % des
sonst üblichen Wärmebedarfs braucht dieses Gebäude
dank hocheffizienter Wärmedämmung und Energietechnik. Und trotzdem sind die Baukosten vergleichbar mit
normalen Bürohaus-Neubauten.
Bild 1 Lichtdurchflutete Innenräume durch Öffnung das Hauses zur Sonne hin schaffen eine
freundliche Beratungs- und Arbeitsatmosphäre.
Bild 2 Das Passivhaus von Westen aus gesehen mit dem alles
überragenden Saisonspeicher
von 85.000 Liter Volumen, der
die eingefangene Solarwärme
für den Winter bevorratet.
Das diesem Bericht zugrunde liegende Vorhaben wurde mit
Mitteln des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft,
Forschung und Technologie unter dem Förderzeichen
0335006D gefördert. Die Verantwortung für den Inhalt liegt
beim Autor.
Gedruckt auf Recyclingpapier aus 100 % Altpapier
Solarthermie/System Datei-Nr. 8124 H700 08/99
1
Prinzipien das Passivhauses
Das Konzept der Passivhäuser, das wesentlich am Institut
für Wohnen und Umwelt (IWU) in Darmstadt von Dr. Wolfgang Feist entwickelt worden ist, stellt die konsequente
Weiterentwicklung von Niedrigenergiehäusern dar – Weiterentwicklung bis an den entscheidenden Punkt, an dem
auf ein konventionelles System für die Raumheizung und
Wärmeverteilung verzichtet werden kann.
Der Wärmeschutz des Gebäudes wird weiter optimiert und
die Wärmeverluste so weit verringert, dass die passiven
Solargewinne und die ohnehin vorhandenen Wärmequellen wie Personen, Beleuchtung und Elektrogeräte ausreichen, den Wärmebedarf weit gehend zu decken.
Damit wird ein entscheidender Punkt für die Wirtschaftlichkeit erreicht: zwar müssen alle umschließenden Bauteile von besonderer wärmetechnischer Qualität sein, die
Investitionen in eine Heizungsanlage mit Heizkörpern und
Verteilungssystem werden jedoch drastisch reduziert. Der
Heizwämebedarf ist zwar nicht gleich Null, aber doch so
gering, dass er ohne ein konventionelles Versorgungssystem aufgebracht werden kann.
Nachdem in den letzten Jahren zahlreiche Wohnhäuser als
Passivhäuser errichtet wurden, wurde mit dem Verwaltungsgebäude der Firma Wagner & Co Solartechnik erstmals die Möglichkeiten des energiesparenden Bauens nach
dem Passivhaus-Konzept an einem Nicht-Wohngebäude
realisiert. Die Größe des Gebäudes und die betrieblichen
Gegebenheiten mit sehr unterschiedlichen Nutzungsbereichen stellten hierbei besondere Anforderungen bei der
Planung und Ausführung des Vorhabens.
Interne
Wärmegewinne
Solargewinn
Lüftung
6,7
18,3
9,9
32,2
Transmission
Heizwärmebedarf
10,7
Bild 3 Die Wärmeverluste durch Lüftung und Transmission werden
soweit reduziert, dass die nutzbaren Gewinne durch innere Wärmequellen und Solarstrahlung fast ausreichen. Im Passiv-Solar-Haus von
Wagner & Co müssen nur noch etwa 10,7 kWh/m²a aktiv eingebracht
werden.
kWh/m²a
250
200
150
100
50
Bild 4 Heizenergiebedarf pro m² und Jahr für
unterschiedliche Wärmedämmstandards.
Das Wagner-Passiv-Solar-Haus hat nur noch ca.
10 % des Wärmebedarfs, der nach der Wärmeschutzverordnung von 1995 vorgeschrieben ist.
2
0
Häuser im
Bestand
180 - 280
kWh/m²a
WärmeschutzNiedrigenergieverordnung 1995
häuser
< 100 kWh/m²a
30 - 70
kWh/m²a
Ein Passivhaus als Büro- und Kundenzentrum
Passivhäuser
< 15 kWh/m²a
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Nutzung des Gebäudes
In dem Gebäude sind zentrale Verwaltungsfunktionen der
Wagner & Co Solartechnik GmbH mit ca. 40 Arbeitsplätzen
in Großraum- und Einzelbüros untergebracht. Daneben
stehen im Erdgeschoss Ausstellungsflächen und eine Werkstatt sowie im 2. Obergeschoss Schulungsräume und ein
Speisesaal zur Verfügung. Es steht in einem Mischgebiet der
Gemeinde Cölbe nördlich von Marburg. Die umliegenden
Häuser sind ein- bis dreigeschossig, weitere Betriebsgebäude von Wagner & Co Solartechnik befinden sich auf dem
gleichen Betriebsgelände sowie in der unmittelbaren
Nachbarschaft.
Der Baukörper ist dreigeschossig mit einer Grundfläche
von 727 m² bei einer Bruttogeschossfläche von 2.180 m²
und ist nicht unterkellert. Durch die kompakte Bauweise
wird mit A/V = 0,36 ein geringes Oberflächen/Volumenverhältnis erreicht.
Der Baukörper bildet einen rechteckigen Grundriss, der auf
der westlichen Seite zu einem Rundbau erweitert wurde.
Die Längsseiten sind süd- bzw. nordorientiert. Treppenhaus, Fahrstuhl und Sanitärräume bilden an der Nordfassade des Gebäudes über alle Geschosse eine räumliche
Einheit.
Der Solar-Saisonspeicher mit einem Volumen von 85 m³
und einer 50 cm dicken Wärmedämmung ist als gestalterisches Zentrum des Rundbaus sichtbar angeordnet und in
das architektonische Konzept einbezogen. Neben dem
Speicher sowie um ihn herum sind die Geschossdecken
vom Erdgeschoss bis zum Dachgeschoss durchbrochen.
Eine ca. 15 m² große, kreissegmentförmige Öffnung lässt
den Blick durch die gesamte Gebäudehöhe sowie auf den
Speicher zu. Sie ermöglicht darüber hinaus eine vertikale
Durchlüftung des Gebäudes und damit die sommerliche
Nachtauskühlung als freie Schwerkraftlüftung ohne mechanischen Antrieb.
Die bautechnischen Erfahrungen aus bisher realisierten
Passivhaus-Wohngebäuden waren beim Bau des Wagner
Passiv-Solarhauses auf ein größeres, mehrgeschossiges
Funktionsgebäude zu übertragen. Eine hochwärmegedämmte, wärmebrückenfreie und luftdichte Baukonstruktion war hier unter komplexeren Voraussetzungen zu errichten. Rationelle Herstellungsverfahren für Fassadenund Dachkonstruktion waren zu entwickeln, die sorgfältige
Ausführung der luftdichten Gebäudehülle auch in dieser
Größenordnung war zu gewährleisten.
Die unterschiedlichen Nutzungsbereiche stellten besondere Anforderungen bei der Planung von Bautechnik, Ausstattung und Haustechnik:
In Bereichen wie Büro, Werkstatt, Kantine, Seminarräumen
oder EDV-Zentrale bestehen unterschiedliche Anforderungen sowohl für die Raumtemperatur als auch für die
Lüftung, die sowohl bei der Anlageninstallation als auch
bei der Regeltechnik zu berücksichtigen waren.
Im Unterschied zu Wohngebäuden sind in einem Bürogebäude höhere Anforderungen an das sommerliche Raumklima zu erfüllen und größere innere Wärmelasten zu
berücksichtigen.
Eine ausreichende Beleuchtung der Büroarbeitsplätze ist
ebenso zu gewährleisten wie eine akzeptable Raumakustik
in den offenen Bürozonen bzw. Großraumbüros.
Für die Eingangstore zu den Bereichen Ausstellung/Kundenberatung sowie zur Werkstatt mussten spezielle Lösungen gefunden werden, die den wärmetechnischen Standard eines Passivhauses erfüllen.
Beim Einbau eines Personenaufzugs bzw. des Fahrstuhlschachts waren die brand- und lüftungstechnischen Vorschriften mit den Erfordernissen der luftdichten Gebäudehülle in Einklang zu bringen.
Für den Küchenbereich mussten energiesparende Alternativen gefunden werden, z.B. für Dunstabzugshaube, Kochgeräte, Kühlzelle. Die für gewerbliche Küchen geltenden
Hygienevorschriften waren bei der Lüftungsanlage einzubeziehen, die Küche lüftungstechnisch vom Speisesaaal zu
trennen etc.
Bild 5 Grundriss am Beispiel des Obergeschosses mit den Büroräumen
(Quelle: Designstudio Barthel)
Ein Passivhaus als Büro- und Kundenzentrum
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Hülle des Gebäudes
Boden, Wand und Decke
Der Dämmstandard der Gebäudehülle unterschreitet die
vorgeschriebenen Werte der geltenden Wärmeschutzverordnung von 1995 erheblich und orientiert sich mit k-Werten unter 0,15 W/m²K am Standard der Passivhäuser.
Das Gebäude ist als kompakter Baukörper mit einem günstigen Verhältnis von Außenoberfläche zum Volumen (A/V
0,36) errichtet. Eine Skelett-Konstruktion aus Stahlbeton
auf einer massiven Bodenplatte wird von einer dämmenden Hülle komplett umschlossen.
Fassade und Dachkonstruktion wurden aus vorgefertigten
Leichtbau-Elementen in Holztafelbauweise errichtet und
vollständig außerhalb der tragenden Bauteile montiert. In
der Fassade kam Mineralwolle (KI 40) mit einer Dämmstärke
bis zu 30 cm zum Einsatz, im Dachbereich bis zu 40 cm.
Unter der gesamten Bodenplatte wurde eine 24 cm dicke,
flächig tragende Dämmschicht aus Schaummaterial verlegt, die im Sockelbereich direkt an die Fassadendämmung
anschließt.
Holz-Leichtbau-Elemente
40 cm starke Wärmedämmung
Holz-Leichtbau-Elemente
30 cm starke Wärmedämmung
Dreifach-Wärmeschutzverglasung
mit Edelgas-Füllung (k-Wert 0,5 W/m²K)
PE-Folie als Winddichtung
Bodenplatte und Sockel
24 cm starke Schaumglas-Dämmung
Bild 6 Das tragende Skelett des Gebäudes wird rundum von einer
Wärmedämmhülle ohne Wärmebrücken umschlossen.
4
Ein Passivhaus als Büro- und Kundenzentrum
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Fenster – der passive Solargewinn
Die Fenster sind mit einer Dreifach-Wärmeschutzverglasung mit Edelgas-Füllung ausgestattet mit einem k-Wert von
0,5 W/m²K.
Die speziell isolierten Fensterrahmen (k-Wert 0,5 W/m²K)
bestehen aus ausgeschäumten Rahmenprofilen, die auch
die Randverluste an Rahmen und Glasverbund minimieren.
Dank dieser Fensterkonstruktion ist der Eintrag von Solarwärme auch während der kalten Jahreszeit größer als die
Wärmeverluste und sie ermöglichen somit passive Solargewinne auch im Winter.
S
N
21. Juni
21. Dez.
Dichtheit der Hülle
Eine sorgfältig verlegte Folienschicht aus PE-Material umschließt das gesamte Gebäude und schaltet unkontrollierte
Lüftungsverluste aus. Die Luftdichtheit des Gebäudes wurde in einem Drucktest (Blower-door-Test) überprüft. Dabei
wurde der sehr gute Luftdichigkeitswert n50 = 0,4 erreicht
(Luftwechselrate bei 50 Pa Differenzdruck).
Die notwendige Frischluft wird dem Gebäude über ein
Lüftungssystem zugeführt. Es sorgt durch kontrollierte Luftzufuhr mit einem definierten Luftstrom für den hygienisch
notwendigen Luftwechsel.
Bild 8 Passive Solarnutzung durch große Fensterflächen nach Süden.
Baumaterialien
Bei der Auswahl der Baumaterialien wurden ökologische
Bewertungskriterien mit einbezogen.
Bei der Fassadenkonstruktion kam der Werkstoff Holz sowohl in Form der äußeren Bretterverkleidung als auch der
Holzwerkstoffplatten (OSB-Platten) zum Einsatz. Beim Innenausbau wurden lösemittelfreie Wandfarben sowie ein
Wandputz aus natürlicher Baumwolle mit schalldämpfenden Eigenschaften verwendet, als Fußbodenbelag wurde
Linoleum verlegt.
Für die gesamte Elektroinstallation, Computeranlage und
Telefonsystem wurden PVC-freie Kabel verwendet.
Bild 9 Fenster mit Dreifach-Wärmeschutzverglasung und Edelgas-füllung mit einem k-Wert von 0,5 W/m²K. Auch die Fensterrahmen haben
einen k-Wert von 0,5 W/m²K. Sie bestehen aus ausgeschäumten
Rahmenprofilen mit PU-Kern (CO2-geschäumt).
Einfluß der Südfenstergröße im Passivhaus
Jahresheizwärmebedarf [kWh/a]
6000
2-ISO
3-ISO
2-WS
3-WSK
5000
4000
3000
2000
1000
0
0
10
20
30
40
Summe reine Südglasfläche [m²]
Bild 7 Auswahl der Baumaterialien unter ökologischen Gesichtspunkten. Hier Linoleum als Bodenbelag und ein Wandputz aus natürlicher Baumwolle mit schalldämpfenden Eigenschaften
Ein Passivhaus als Büro- und Kundenzentrum
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Bild 10 Positive Wärmebilanz durch Super-Fenster:
Bei Fenstern mit Dreifach-Wärmeschutzverglasung (untere Kurve)
sinkt der Jehresheizwärmebedarf, wenn größere Süd-Fensterflächen
eingesetzt werden. (Werte am Beispiel Passivhaus Kranichstein).
5
Technik des Gebäudes
Kollektoranlage
65 m²
Saisonspeicher
ZuluftErwärmung
85 m³
WWSpeicher
WRG
BHKW
Erdreichwärmetauscher
Bild 11 Energietechnik mit dem Zusammenspiel der einzelnen Bauteile
Aktive Solarenergienutzung
Der noch vorhandene Heizenergiebedarf von ca. 10
kWh/m²a wird zum größten Teil durch Solarenergie bereitgestellt. Die im Sommerhalbjahr anfallende Sonnenenergie
wird über eine saisonale Speicherung für die Winterzeit
nutzbar gemacht.
Eine thermische Solaranlage mit einer Kollektorfläche von
ca. 65 m² erwärmt während der Sommermonate einen
zentral im Gebäude angeordneten Wasserspeicher mit einem Volumen von ca. 85 m³. Da hier zum Ende der
Sommerperiode Temperaturen von 90 – 95 °C erreicht
werden, wurde der stehende Edelstahlbehälter mit einer
50 cm dicken Isolierschicht aus druckfesten MineralwolleMatten isoliert.
Der Speicher ist auf drei Ebenenen angeschlossen, um eine
schichtenweise Beladung und Entladung mit optimaler
Regelstrategie zu ermöglichen.
Bei der Solaranlage wurden vorgefertigte großflächige
Dach-Kollektor-Elemente (solar-roof) verwendet, die eine
rationelle und kostengünstige Herstellung von großen Kollektorfeldern erlauben und im low-flow-System hydraulisch verschaltet wurden.
Kraft-Wärme-Kopplung
Der Restbedarf an Heizenergie, der nicht durch passive
oder aktive Nutzung der Solarenergie gewonnen werden
kann, wird mit der Produktion der im Bürogebäude erforderlichen elektrischen Energie gekoppelt. Eine Heiz-KraftAnlage (Klein-BHKW) mit 12 kW thermischer und 5 kW
elektrischer Leistung liefert Heizenergie an den Speicher
oder direkt an die Heizregister; gleichzeitig deckt sie den
Grundbedarf an Strom für Bürogeräte, Beleuchtung und
Haustechnik im Gebäude.
6
Ein Passivhaus als Büro- und Kundenzentrum
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Bild 12 Ein 85 m³ großer Edelstahltank dient als Saisonspeicher mit
einer 50 cm starken Wärmedämmung. Er bevorratet die Solarwärme
des Sommers für den Heizbedarf im Winter.
Bild 13 Hier werden die bis zu 16 m² großen Solar-Roof Fertigdachkollektoren montiert. Variabel in Format und Größe können mit ihnen
bis zu 92 % der Dachfläche als aktive Kollektorfläche genutzt werden.
150 % Energieeinsatz
Strom- und Wärmeerzeugung getrennt
100 % Energieeinsatz
1/3
Energieersparnis
mit
Kraft-Wärme-Kopplung
Strom- und Wärmeerzeugung gekoppelt
Bild 14 Eine Heizung, die gleichzeitig Strom liefert, bringt nicht nur direkten Nutzen im eigenen Gebäude. Auch energiewirtsc haftlich gesehen
werden so die vorhandenen Resourcen wesentlich effektiver genutzt.
Bild 15 Heiz-Kraft-Anlage mit dem
Herzstück, einem 1-Zylinder-ViertaktMotor. Diese kompakte Kraft-WärmeKopplung hat eine Heizleistung von 12
kW und eine elektrische Leistungvon 5
kW (Quelle: SenerTec GmbH).
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Lüftung und Wärmerückgewinnung
Durch die Beschränkung auf die hygienisch notwendige
Luftwechselrate konnte die Installation der Lüftungsanlage
sehr sparsam ausgeführt werden. Die Anlage ist ausgelegt
auf maximal 1-fachen Luftwechsel und wird die meiste Zeit
sogar mit 0,3 – 0,5-fachem Luftwechsel auskommen. Zuund Abluft sind ausbalanciert ohne Umluftanteile. Die
Zuluft wird jeweils im Bereich der Außenwände eingebracht, die Abluft in zentralen Bereichen wie Technikräumen oder Sanitärzonen abgeführt. Auch diese gerichtete
Durchströmung spart Lüftungsrohre und Auslässe und ermöglichst so insgesamt eine sparsame Installation in der
Lüftungstechnik.
Der Abluft wird durch ein hocheffizientes Wärmerückgewinnungssystem der größte Teil der Energie entzogen. Ein
Luft-Wärmetauscher, bestehend aus vier in Reihe geschalteten Kreuzstromwärmetauschern, entnimmt ihr ca. 80 %
der Wärmeenergie und überträgt sie auf die Zuluft.
Erdreichwärmetauscher
Zusätzlich wird die Außenluft durch einen Erdwärmetauscher vorkonditioniert.
Vier ca. 35 m lange Betonrohre mit einem Durchmesser
von 50 cm sind in einer Tiefe von 150 cm im Erdreich
registerförmig verlegt. Sie liegen je zur Hälfte unter der
Bodenplatte bzw. außerhalb des Gebäudes. Beim Durchströmen wird die Luft im Winter vorgewärmt und im Sommer vorgekühlt.
Erwärmung der Zuluft
Der geringe Heizbedarf, der im Passivhaus noch vorhanden ist, kann durch eine Temperaturanhebung der Zuluft
eingebracht werden.
In den Zuluftkanälen wurden Nachheizregister eingebaut,
die je nach Gebäudezone unterschiedlich geregelt werden
können. Bei Vorlauftemperaturen von ledglich etwa 3550°C liegt auch die Luftaustrittstemperatur nicht über 3035° C. Es wird lediglich die hygienisch notwendige Zuluftmenge erwärmt – ohne Erhöhung des Volumenstroms,
zusätzliche Kanäle, Umluftanteile o.ä..
Bild 16 Dieser Erdreichwärmetauscher aus Betonrohren dient zur
Vorerwärmung der Frischluft.
Zuluft
Abluft
Bild 17 Die vorerwärmte Frischluft wird im Haus verteilt. Der Abluft wird über einen Wärmetauscher 80 % der mitgeführten Wärm eenergie
entzogen.
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Klimatisierung im Sommer
Auf eine Klimaanlage mit aktiver Kühlung wurde verzichtet. Sie wäre nur mit hohem Energieverbrauch, großen
Luftwechselraten und entsprechend aufwendigen Installationen zu realisieren gewesen.
Die Fenster der Ost-, Süd- und Westfassaden wurden mit
Jalousien als temporärem Sonnenschutz ausgerüstet, der
automatisch gesteuert wird und den solaren Strahlungseintrag im Sommer reduziert.
Auch die Vorkühlung der Außenluft durch den ErdreichWärmetauscher trägt zur sommerlichen Kühlung des Gebäudes bei.
Nachtauskühlung
Zusätzlich wird eine ausreichende Klimatisierung im Sommer durch die nächtliche Auskühlung des Gebäudes mittels Schwerkraftlüftung gewährleistet.
Bei Bedarf werden nachts die Oberlichter sowie Abluftöffnungen im Dachbereich automatisch geöffnet. Da die
Geschossdecken im zentralen Gebäudebereich rund um
den Saisonspeicher durchbrochen sind, kann die warme
Luft durch thermischen Auftrieb nach oben strömen und
durch die Abluftöffnungen nach draußen. Kühlere Außenluft wird durch die geöffneten Oberlichter nachgeführt und
strömt durch das Gebäude. Die unverkleideten Decken
und sonstigen Gebäudemassen werden durch die kühle
Nachtluft abgekühlt und dienen als thermische Puffer für
die Raumtemperatur. Ein Aufschaukeln der Innentemperaturen während längerer Hitzeperioden wird so abgedämpft
und in einem akzeptablen Rahmen gehalten.
Bild 18 Automatisch gesteuerte Jalousien an den Fenstern reduzieren
den solaren Energieeintrag im Sommer.
Elektrische Geräte
Bei der Installation von elektrischen Anlagen wurden möglichst stromsparende Geräte ausgewählt, z.B.
● Energiesparlampen
● Leuchtstoffröhren mit dimmbaren elektronischen Vorschaltgeräten
● Lüftungsgeräte mit geringem Stromverbrauch; Regelung
über Frequenzumrichter
● Stromsparende Kühleinrichtung für den Küchenbereich;
bei den Kochgeräten wurden gasbetriebene statt strombetriebene Geräte eingesetzt (Kochherd, Konvektomat)
● Die Beleuchtung der Büroarbeitsplätze wird durch ein
tageslichtgeführtes Dimmsystem stromsparend geregelt,
um zu verhindern, dass Lampen tagsüber unnötigerweise eingeschaltet bleiben.
Bild 19 Im Sommer wird das Gebäude über automatisch gesteuerte
Oberlichter nachts kühl gehalten.
Bild 20 Energiesparende Leuchtstoffröhren mit dimmbaren elektronischen Vorschaltgeräten
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Regenwassernutzung
Für die Toilettenspülung wird das vom Dach aufgefangene
Regenwasser genutzt. Das Regenwasser wird über zwei
Wirbelfeinfilter in einen Betonerdtank mit einem Volumen
von 11,5 m³ geleitet. Eine Doppelpumpenanlage versorgt
die Toiletten auf den drei Stockwerken des Gebäudes. Bei
Regenwassermangel wird automatisch Trinkwasser über
einen Freien Auslauf in den Regenwassertank nachgespeist. Etwa 200 m³ Trinkwasser können so jährlich eingespart werden.
Regenwasserzulauf
Trinkwasserzulauf
Regenwasserentnahme
Bild 21 Regenwasseranlage im Schema
Bild 22 Doppelpumpenanlage mit Wechselbetrieb für die sichere
Versorgung der Toiletten mit Regenwasser
10
Bild 23 Betonerdtank
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Messtechnik
DDC-Steuerung und Messungen
Speicher
In einem umfangreichen Mess- und Auswertungsprogramm werden alle wesentlichen Daten erfasst. Raumtemperatur, Luftqualität und Wetterdaten werden ebenso aufgezeichnet wie die Temperaturverläufe in der Solaranlage,
dem Saisonspeicher, den Wärmetauschern oder der Stromverbrauch.
Die Datenerfassung und zentrale Auswertung erfolgt über
ein Datenbussystem, das mit der DDC-Anlage zur Steuerung der Haustechnik gekoppelt ist. Hier werden zentral
die Lüftungsanlage, die Solaranlage, die zonenweise Heizungsregelung und die Heiz-Kraft-Anlage ebenso gesteuert
wie die Sonnenschutz-Jalousien, die Raumbeleuchtung
und die nächtlichen Lüftungsöffnungen für die Schwerkraftkühlung.
Physiker der Universität Marburg führen die Messungen
durch, zeichnen die Daten auf und nehmen zusammen mit
dem Passivhaus-Institut in Darmstadt die wissenschaftliche
Auswertung vor.
In der Bauphase wurden neben den Messstellen für die
Regelung von Heizung, Lüftung, Beleuchtungssteuerung,
Sonnenschutz-Jalousien usf. auch ca. 240 Messstellen für
die Durchführung der wissenschaftlichen Begleitung installiert. Sie werden zentral von der DDC-Anlage verwaltet.
Es werden insgesamt 25 DDC-Stationen durch 2 verschiedene Bussysteme miteinander verbunden (mikroprozessorgesteuerte, programmierbare Stationen zum Messen, Steuern und Regeln). Über mehrere Schnittstellen kann – auch
aktiv – in das System eingegriffen werden.
Mit dieser Anlage können die Anforderungen des Betriebs
(Steuerung der Heiz-Lüftungs-Anlage, Jalousie- und Beleuchtungssteuerung, Schließsystem, Bilanzieren von Laufzeiten und Kontrollmechanismen über die Funktion einzelner Messstellen und Regler) ebenso abgedeckt werden wie
die Anforderungen der Messung (Protokollieren der Daten
in hoher Zeitauflösung, Eingriffe in die Regelstrategie, Berechnung von verknüpften Größen). Auch Langzeitüberwachungen oder komplizierte Steuer- und Regelalgorithmen zur Betriebsführung sind implementierbar.
Für eine möglichst genaue Beschreibung der Speicherzustände wurden Tauchfühler mit einer Länge von 150 cm
eingesetzt, sodass in verschiedenen Höhen insgesamt 13
Temperaturen in der Speichermitte gemessen werden können. Sechs Fühler sind darüber hinaus mit 2 zusätzlichen
Messstellen in radialen Abständen von 50 cm und 100 cm
versehen.
Für einen Vergleich der aufwendigen Temperaturmessung
im Speicherinneren mit der vergleichsweise einfachen
Messung auf der Außenseite der Speicherhülle wurde ein
Register aus insgesamt 29 flachen Anlegefühlern auf den
Speicher aufgeklebt.
Um Kosten zu reduzieren, wird ein Pt100-Multiplexer
eingesetzt. Über einen einzigen DDC-Eingang können dadurch alle 55 Speicherfühler einmal in der Minute abgefragt werden.
Erdwärmetauscher
Für Temperaturmessungen am Erdreichwärmeübertrager
kommt ebenfalls ein Pt100-Multiplexer für insgesamt 60
Fühler zum Einsatz. Die Messstellen lassen sich in drei
Bereiche einteilen: Temperaturmessung im Rohr (6 Fühler),
Messungen unter der Bodenplatte in Tiefe der Rohre (14
Fühler) und Vermessung des Erdreichs in verschiedenen
Tiefen (40 Fühler). Darüber hinaus wird der Feuchtegehalt
der Fortluft hinter der Wärmerückgewinnung, sowie der
Frischluft vor und nach dem Erdreichwärmeübertrager gemessen.
DDC - Anlage
Messtechnik
Erdreichwärmetauscher
Stromverbrauch
Verbrauchsprofile
Speicher
Haustechnik
Beleuchtungssteuerung
Sonnenschutz
Lüftungsanlage
Nachtauskühlung
Solaranlage
Heizkreisregelung
Wetterdaten
Raumtemperaturen
Lufttemperaturen
Bild 24 Messdaten sowohl für die wissenschaftliche Auswertung als
auch für die Regelung der verschiedenen Haustechnikanlagen werden
über ein zentrales Datenbussystem erfaßt.
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Energiebilanz
Im Wagner-Passiv-Solar-Haus wurde ein konsequentes
Energiekonzept realisiert, das sowohl den Heizenergiebedarf als auch den Bedarf an elektrischer Energie einbezieht.
Es wurde nicht nur der Heizenergiebedarf durch konsequente Wärmedämmung und Wärmerückgewinnung drastisch reduziert, sondern auch der Bedarf an elektrischer
Energie für die eingesetzte Haustechnik sowie die Beleuchtung minimiert. Im Gesamtkonzept des solaroptimierten
Bauens geht auch der Bedarf an elektrischer Energie für die
Haustechnik in die Bilanz ein.
Wärmebedarf
Der berechnete Heizwärmebedarf des Gebäudes beträgt
QH = 10,7 kWh/m²a bezogen auf die Nettogeschossfläche
(bzw. 8,8 kWh/m²a Bruttogeschossfläche) berechnet nach
dem „Nachweisverfahren für den PASSIVHAUS-Standard“,
basierend auf dem „Leitfaden Energiebewusste Gebäudeplanung“.
Zusätzlich zur Reduzierung des Wärmebedarfs durch passive Maßnahmen wie Erhöhung des Dämmstandards, Minimierung der Lüftungswärmeverluste, Wärmerückgewinnung und Nutzung der passiven Solargewinne wird im
Passiv-Solar-Haus von Wagner & Co der verbleibende
Rest-Heizbedarf zum großen Teil durch eine aktive Solarnutzung gedeckt.
Solarenergie-Ertrag
Die beschriebene Solaranlage mit Kollektorfeld und Saisonspeicher wird mehr als die Hälfte des aktiven Jahresheizbedarfs von 10 kWh/m²a decken.
Die Aussagen über den Beitrag der Solarenergie aus der
Kollektoranlage und dem Saisonspeicher beruhen auf Abschätzungen und der Berechnung mit vorliegenden Standard-Simulationsprogrammen. Für das spezielle Verhalten
von Saisonspeichern und insbesondere die Berechnung
von Großspeichern liegen derzeit jedoch noch keine ausreichend validierten Rechenmodelle vor.
Es wird eine der wesentlichen Aufgaben des Mess- und
Auswertungsprojekts sein, den Speicher exakt zu vermessen, Regelstrategien für die schichtenweise Be- und Entladung auszuarbeiten und Rechenmodelle zu entwickeln,
mit denen solche Speicheranlagen in Zukunft abgebildet
werden können.
Temperaturverlauf im Saisonspeicher
°C
100
90
80
70
60
50
40
30
20
Speicher oben
Speicher unten
10
0
Bild 25 Speichertemperatur im Jahresverlauf (Simulationsprogramm T-SOL)
Deckung Heizwärmebedarf
kWh
4.000
Kollektorertrag
Systemertrag
3.500
Heizung
Summe Solarsystemertrag: 11.360 kWh
Summe Heizbedarf (BHKW): 9.650 kWh
3.000
2.500
2.000
1.500
1.000
500
0
Januar
Februar
März
April
Mai
Juni
Juli
August
Sept.
Okt.
Nov.
Dez.
Bild 26 Solarer Deckungsanteil des Heizwärmebedarfs (Simulationsprogramm T-SOL)
12
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Bild 27 Berechnung des Heizwärmebedarfs nach dem „Leitfaden energiebewußte Gebäudeplanung“ (Hessisches Umweltministerium, 199 5)
Dieses Nachweisverfahren berücksichtigt neben Transmissions- und Lüftungs-Verlusten auch das Solarangebot und die internen Wärmequellen
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Wärmeertrag durch fossilen Energieeinsatz
Nicht durch passive Maßnahmen und aktive Solarnutzung
gedeckt ist lediglich noch ein Heiwärmebedarf von ca. 5
kWh/m²a, der durch fossile Energie aufgebracht werden
muss.
Dieser Energieanteil wird von einem erdgasbetriebenen
Blockheizkraftwerk mit einer thermischen Leistung von
12,5 kW geliefert, das den Solar-Saisonspeicher als Pufferspeicher nutzt.
Gleichzeitig liefert dieses BHKW auch ca. 5,5 kW elektrische Energie, die im Gebäude für Elektrogeräte im Hausnetz genutzt wird.
Da der neben dem Passiv-Solarhaus stehende Altbau in die
Wärmeversorgung mit einbezogen wurde, ergibt sich eine
voraussichtliche Laufzeit des Blockheizkraftwerks von ca.
3.500 – 4.000 Betriebsstunden.
Es kann daher mit ca. 17.000 – 20.000 kWh einen erheblichen Beitrag zum Stromverbrauch in dem Büro- und
Kundenzentrum leisten.
Da das Klein-BHKW mit einem vergleichbaren Wirkungsgrad arbeitet wie große Kraftwerke der Energieversorgungsunternehmen, würde die gleiche Menge an Primärenergie
daher – an anderer Stelle – auch dann aufgewendet, wenn
der Strom aus dem Netz bezogen würde.
In gesamtwirtschaftlicher Betrachtungsweise ist daher der
für die Raumheizung des Gebäudes aufzubringende fossile
Energieanteil gleich null.
Elektrischer Energiebedarf
Für den Stromverbrauch im Gebäude wurden in der Planungsphase Abschätzungen vorgenommen und während
der ersten Nutzungszeit Kurzzeitmessungen durchgeführt,
die entsprechend hochgerechnet wurden. Auf dieser
Grundlage wird von folgenden Annahmen ausgegangen
(bezogen auf die Netto-Geschossfläche von 1.948 m²) :
Der Gesamtbedarf an elektrischer Energie für Beleuchtung
und Haustechnik ohne spezifische Nutzungsgeräte wie
EDV, Bürogeräte etc. beträgt voraussichtlich ca. 22
kWh/m2a.
Zusätzlich ist ein Stromverbrauch für Bürogeräte, EDVZentrale, PCs etc. zu erwarten in der Größenordnung von
30 – 40.000 kWh/a. bzw. 15 – 20 kWh/m²a
Die in der Planung getroffenen Annahmen beruhen auf
plausiblen, aber teilweise eher großzügigen Abschätzungen. Insbesondere die Entwicklung der Büroarbeitsplätze
und ihrer Ausstattung ist nur schwer vorauszuberechnen.
Es wird in der Praxis darauf ankommen, durch geeignete
Regelstrategien insbesondere bei der Steuerung der Lüftungsanlage und der dimmbaren Beleuchtungsanlage möglichst stromsparende Wege zu finden und die angesetzten
Werte nach Möglichkeit noch zu unterschreiten.
Gesamtenergie-Bilanz
Der jährliche Gesamtbedarf an nicht regenerativen Energien für den Betrieb des Gebäudes ohne Bürogeräte beträgt
demnach voraussichtlich:
Heizenergiebedarf: ca. 5 kWh/m²a
Gesamtenergiebedarf
(Heizenergie+Elektrische Energie) 27 kWh/m²a
CO2-bewerteter Energiebedarf
(Heizenergie + Elektrische Energie x 2,8) 67 kWh/m²a
Gleichzeitig wird voraussichtlich das Klein-BHKW bei der
Produktion der Heizenergie einen Beitrag zur elektrischen
Energie in der Größenordnung von ca. 20.000 kWh/a
leisten.
(Dieser Energieanteil ist allerdings korrekterweise nicht
komplett in die Energiebilanz des Passiv-Solarhauses einzurechnen, da er teilweise mit der Wärmeabgabe an den
nebenstehenden Altbau kombiniert ist.)
Wärmebedarf
Wärmeangebot
Innere Wärme
18,3
Passiv Solar
9,9
Aktiv Solar
5,7
HKA
5,0
Lüftungsverluste
6,7
Transmissionsverluste
32,2
in kWh/m2a
Bild 28 Voraussichtliche Wärmebilanz: der Bedarf an nicht regenerativer Energie liegt bei ca. 5 kWh/m2a
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Ein Passivhaus als Büro- und Kundenzentrum
8124 H700 08/99
Wissenschaftliche Begleitung
Im Rahmen einer integralen Planung durch das Planungsteam floss die wissenschaftliche Beratung bereits in der
Entwurfs- und Ausführungsplanung, der Entwicklung des
Energiekonzepts, der Konzeption der haustechnischen Anlagen und der Bauausführung mit ein.
Die Erfassung von Messdaten und die wissenschaftliche
Auswertung werden von den Physikern der Universität
Marburg in Zusammenarbeit mit dem Passivhaus-Institut
Darmstadt durchgeführt. Das erarbeitete Messkonzept
wurde ebenfalls bereits in der Bauausführung mit einbezogen und die entsprechenden Messfühler, Datenleitungen
etc. in die Haustechnik mit eingeplant und eingebaut.
Vom Fachbereich Physik der Universität Marburg und dem
Passivhaus-Institut in Darmstadt wird ein begleitendes Forschungsvorhaben zur messtechnischen Erfassung und Auswertung des Gebäudes in den ersten vier Jahren nach
Fertigstellung durchgeführt und im Rahmen des Programms
„Solar optimiertes Bauen“ vom BMBF gefördert. Das Forschungsvorhaben gliedert sich in drei Themenschwerpunkte:
● Untersuchungen zum Gebäude:
Behaglichkeitsbewertungen, bauphysikalische Überprüfungen des Gebäudes als Ganzes sowie einzelner
Baudetails bezüglich Funktion und Verbesserungsmöglichkeiten, Gebäudeenergiebilanz.
● Vermessung und Modellierung des Erdreich-Wärmeübertragersystems:
Überprüfung vorhandener und Entwicklung erweiterter
Erdreich-Wärmeübertrager-Modelle (in Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme, Freiburg, und dem Institut für Energietechnik der
Technischen Universität Berlin).
● Heiz-Lüftungs-Anlage:
Untersuchung, Optimierung und ggf. Anpassung der
Auslegung und Betriebsführung der installierten Komponenten des solar unterstützten Heizsystems. Übertragung der Ergebnisse auf Systemplanungen für typische
Mehrfamilienhäuser und Entwicklung geeigneter
Planungshilfsmittel.
Erste Erfahrungen
Das Wagner-Passiv-Solargebäude wurde im September
1998 fertiggestellt . Seitdem werden die ca. 40 Büroarbeitsplätze von Wagner-Mitarbeitern genutzt, Seminare werden
veranstaltet und zahlreiche Besucher kommen ins Haus.
Das Raumklima wird dank der Lüftungsanlage allgemein
als gut empfunden, die Luftfeuchtigkeit liegt auch im Winter durchweg im günstigen Bereich.
Obwohl der Solar-Saisonspeicher im ersten Winter noch
nicht voll genutzt werden konnte, weil die Solaranlage erst
im Lauf des vorangegangenen Sommers in Betrieb gegangen war, stand ausreichend Heizenergie zur Verfügung. Die
vorhandene Menge an Solarwärme und die Heizleistung
der Heiz-Kraft-Anlage mit 12 kW reichten aus, um das
Gebäude auch im ersten Winter mit Wärme zu versorgen.
Auch die sommerlichen Temperaturen im Gebäude blieben dank Erdreichwärmetauscher, Jalousien und Nachtlüftung in angenehmen Bereichen. Trotz langer Hitzeperioden
im Sommer 1999 mit Außentemperaturen bis zu 32°C
ereichten die Innentemperaturen nur kurzzeitig Werte von
ca. 27°C, meist blieben sie darunter.
Nachdem anfängliche bauübliche Probleme an Haustechnik, DDC-Regelung und Messdatenerfassung überwunden
sind, werden in den nächsten Jahren detaillierte Verbrauchsdaten vorliegen, die auch Aussagen über den langfristigen Verlauf von Temperaturverhalten, Raumluftqualität und Energiebedarf erlauben.
Strombedarf
Stromangebot
Netzbezug
26,7
HKA
10,3
Haustechnik
11,3
Beleuchtung
10,3
EDV
15,4
in kWh/m2a
Bild 29 Voraussichtliche Strombilanz, einschließlich der nutzungsspezifischen Geräte wie EDV, Bürogeräte etc.
Ein Passivhaus als Büro- und Kundenzentrum
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Technische Daten
Merkmal
Beschreibung
Projekt
Dreigeschossiges Gebäude als Büro- und Kundenzentrum, 40 Büroarbeitsplätze,
Ausstellung/Kundenberatung, Seminar- und Konferenzräume, Werkstatt/Lagerbereich,
Speisesaal und Küche
Grundfläche
727 m²
Brutto-Geschossfläche
2.180 m²
Netto-Geschossfläche
1.948 m²
Nutzfläche
1.816 m²
Brutto-Volumen
8.533 m³
Verhältnis A/V
0,36
k-Wert Boden
0,12 W/m2K
k-Wert Wand
< 0,14 W/m²K
k-Wert Dach
0,11 W/m²K
Fenster Glas
Dreischeiben-Wärmeschutz-Verglasung mit Edelgasfüllung, k-Wert 0,5 W/m²K
Fenster Rahmen
Profile Alu-Holzkonstruktion, PU-geschäumt, k-Wert 0,5 W/m²K
Fenster k-Wert
0,8 W/m²K
Heizwärmebedarf
ca. 10 kWh/m²a (berechnet nach PHPP)
Max. Heizlast
20 kW
Strombedarf
ca. 22 kWh/m²a für Haustechnik und Beleuchtung (ohne Bürogeräte und EDV)
Heiz-Kraft-Anlage
SACHS Heiz-Kraft-Anlage, 1-Zylinder 4-Takt-Motor, 580 cm³ Hubraum, Asynchronmotor,
wassergekühlt, Brennstoff Erdgas, Leistung 12,5 kW thermisch, 5,5 kW elektrisch
Solaranlage
Solar-Roof Fertigdachkollektor, Sonnenkollektor und Dach in einem Bauteil, 7 Solar-Roof
FDK Elemente, Hydraulische Verschaltung LowFlow, Flachkollektor, Aperturfläche 65,5 m²,
Dachneigung 28 Grad, Ausrichtung Süd 10°
Saisonspeicher
85 m³ Volumen, Edelstahl-Standspeicher, Höhe 13,8 m, Durchmesser 2,9 m, 50 cm
Mineralwolle-Dämmung aus druckfesten Lamellenmatten, Drei-Schichten Be- und Entladung,
Wärmetauscher extern
Lüftungsanlage
Luftwechselrate 0,3 bis 1-fach, Abluft-Wärmetauscher, Rückwärmezahl ca. 80 %, Vierfach
Kreuzstrom-Wärmetauscher in Reihenschaltung, Bypass für Sommerbetrieb, stufenlos regelbar
Erdreich-Wärmetauscher
Betonrohre DN 500, Rohrregister 4x35 m, Tiefe 1,5 m, Abstand 0,2 m, Gefälle 0,5 %, je zur
Hälfte unter Bodenplatte und im freien Gelände, Volumenstrom 2.000-6.000 m³/h,
spezifischer Volumenstrom 14-28 m³/h*m², Luftgeschwindigkeit 1-2 m/s, Luftfilterung am Einund Austritt
Regenwasseranlage
Beton-Erdtank mit 11,5 m³ Volumen, Filterung über 2 Wirbelfeinfilter, Doppelpumpenanlage
mit Druckpumpen für 13 WC-Spülkästen
Planungsteam
Architekt
Dipl.Ing. Christian Stamm, BDB AKD, Dannenröderstraße 12, 35260
Stadtallendorf
Innenarchitekt
Design Studio Horst Barthel, Marburger Ring 34A, 35274 Großseelheim
Bauphysik, wissenschaftl. Begleitung
Passivhaus-Institut, Dr. Wolfgang Feist, Rheinstr. 44/46, 64283 Darmstadt
Messung und wissenschaftl. Auswertung
Universität Marburg, Fachbereich Physik, Prof.Dr. Ackermann, Dr. Klaus Vajen,
Dipl.Phys. R. Wagner
Lüftungstechnik u. Elektroplanung
IGH GmbH, Ingenieurgesellschaft Haustechnik, Ketzerbach 25-28, 35037 Marburg
Sanitär, Heizung und Solartechnik
Wagner & Co Solartechnik GmbH, Dipl.Ing. Ulrich Rustige, Zimmermannstr. 12, 35091 Cölbe
Irrtum und Änderungen vorbehalten.  Wagner & Co, 1999
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