47 Alternative Kostformen

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VI Praktische Ernährungsmedizin
47 Alternative Kostformen
Fehlernährung ist in der Bevölkerung weit verbreitet. Aus diesem Grund werden von verschiedensten Seiten immer wieder unterschiedliche
Empfehlungen für eine veränderte Ernährungsweise ausgesprochen. Obwohl die institutionelle
Ernährungsaufklärung und -beratung, in erster
Linie durch die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) mit ihren „10 Regeln für eine vollwertige Ernährung“ (s. Tab. 44.3), optimale und vor
allem wissenschaftlich fundierte Empfehlungen
anbietet, sind immer mehr Menschen auf der Suche nach anderen Ernährungsformen. Sogenannte alternative Kostformen haben Hochkonjunktur.
Dieses Phänomen sollte ernst genommen und genauer betrachtet werden.
Hintergründe und Bedeutung
Es gibt kaum eine Disziplin wie die Ernährungswissenschaft, in der sich so viele Pseudoexperten
mit Experten in der Öffentlichkeit darüber auseinandersetzen und streiten, was nun die richtige
„Lehre“ sei. Leider verkündigen nicht nur Bücher,
sondern auch Experten Widersprüchliches; Zeitschriften, Funk und Fernsehen und nicht zuletzt
die Werbung übertreffen sich gegenseitig mit
Ratschlägen und Empfehlungen. Viele Menschen
sind verunsichert und beklagen die zum Teil verwirrenden Behauptungen in den Aufklärungsbemühungen um eine gesunde Ernährung.
Bei vielen Anhängern von alternativen Kostformen dürfte zu dieser Verunsicherung noch ein
Mißtrauen gegenüber dem technischen Fortschritt hinzukommen, das auch die Schulmedizin
einschließt. Es fügen sich die Lebensmittelskandale der letzten Jahre an und die Angst vor „Chemie“ und Genmanipulation in unseren Lebensmitteln. Nicht zuletzt hat die zunehmende Umweltzerstörung dazu beigetragen, daß bei bestimmten Bevölkerungsgruppen der Wunsch
nach einer natürlicheren Ernährungs- und Lebensweise gewachsen ist und für ein ganzheitliches Verständnis von Ernährung und Gesundheit
plädiert wird.
Betrachtet man den Boom der auf dem Markt
befindlichen Ratgeber, scheinen extreme Ernäh-
rungskonzepte an Anhängerschaft zu gewinnen.
Aktuelles Beispiel ist die ungeheure Publizität des
Programms Fit for Life des amerikanischen Ehepaares Diamond. Titel wie „Unsere Nahrung – unser Schicksal“ oder der „Makrobiotische Weg“
sind eine Mischung aus Weltanschauung, Erfahrungswerten und Heilslehren, oft gepaart mit Geschäftssinn. Der Erfolg mag darin begründet sein,
daß neben Sicherheit auch Schönheit, Gesundheit
und Lebensfreude versprochen werden. Statt einen wissenschaftlich begründeten Wirksamkeitsnachweis zu liefern, berufen sich die Verfechter dieser Kostformen auf subjektive Erfahrungswerte und die Beschreibung positiver Einzelfälle.
Neben diesen ganzheitlich begründeten Kostformen, die meist auch mit einer bestimmten Lebensphilosophie oder Weltanschauung einhergehen, gibt es noch unzählige Schlankheitskuren,
sogenannte Blitz- und Crashdiäten, die zu den Außenseitern gezählt werden. „Abnehmen ohne zu
hungern“, „Sieben Pfund in einer Woche“ oder
„Schlemmen Sie sich für immer schlank“ lauten
die Versprechungen an die meist weibliche Zielgruppe, ohne Mühe schnell und dauerhaft
schlank zu werden.
Definition des Begriffs
Außenseiterdiäten
Es gibt keine einheitliche Definition des Begriffs
Außenseiterdiäten. Leitzmann beschreibt sie wie
folgt: „Unter der Bezeichnung Außenseiterdiäten
werden Kostformen mit sehr unterschiedlichem
Nährstoffgehalt zusammengefaßt, die aus verschiedenen Gründen, z. B. medizinischen (Entschlackung), kosmetischen (Gewichtsreduktion),
ökologischen (Schonung natürlicher Ressourcen),
empfohlen und verzehrt werden. Aus ernährungsphysiologischer Sicht sind diese Diäten sehr
unterschiedlich zu bewerten, da sie eine breite
Palette umfassen, die von soliden wissenschaftlichen über vertretbare, ungünstige, unsinnige bis
zu gefährlichen Begründungen reichen.“
Der Übergang zwischen Ernährungsformen, die
als alternative Kostformen diskutiert werden, und
den Außenseiterdiäten ist fließend.
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H. Strube
Merkmale alternativer Kostformen
und Außenseiterdiäten
Kennzeichnend für die meisten Kostformen ist,
daß deren Propagandisten – im Unterschied zur
institutionellen Ernährungsberatung – sehr geschickt eher eine Heilslehre oder eine bestimmte
Weltanschauung verbreiten, als ein sachlich begründetes, wissenschaftliches Ernährungsprogramm. Die in Aussicht gestellte Gewichtsreduktion ist dabei noch harmlos; unverantwortlich
wird es, wenn Außenseiterkonzepte, wie bei Bruker oder Hay, die Heilung bestimmter Leiden versprechen. Keine Ernährungsform kann das leisten, und gefährlich wird es, wenn Patienten und
Patientinnen dadurch möglicherweise eine notwendige medikamentöse Therapie vernachlässigen oder versäumen.
Vorurteilsfrei muß aber gesagt werden, daß gerade die in alternativen Kostformen favorisierten
lactovegetabilen Formen ernährungsphysiologisch günstiger sind als die viel zu fette und eiweißreiche deutsche Hausmannskost. Hinzu
kommt, daß viele ihrer Anhänger und Anhängerinnen auch einen gesunden Lebensstil pflegen,
d. h. sie verzichten auf Genußmittel wie Alkohol
und Nikotin.
Noch vor einigen Jahren wurde die undogmatische Vollwerternährung nach Leitzmann aufgrund ihres ganzheitlichen Ansatzes als Außenseiterkost eingestuft. Heute ist die Vollwerternährung nach Leitzmann als fortschrittliches, ganzheitliches Ernährungskonzept nicht nur wegen
der Berücksichtigung der Gesundheitsverträglichkeit, sondern auch wegen der Umwelt- und
Sozialverträglichkeit anerkannt.
Grundlagen der Vollwerternährung
(nach Leitzmann)
Vollwerternährung ist eine überwiegend lactovegetabile Ernährungsweise, bei der gering verarbeitete Lebensmittel bevorzugt werden. Die
hauptsächlich verwendeten Lebensmittel sind
Vollkornprodukte, Gemüse und Obst, Kartoffeln,
Hülsenfrüchte sowie Milch und Milchprodukte –
aber auch geringe Mengen an Fleisch, Fisch und
Eiern. Etwa die Hälfte der Nahrungsmenge besteht aus unerhitzter Frischkost. Die Zubereitung
erfolgt schonend mit wenig Fett aus frischen Lebensmitteln. Lebensmittel mit Zusatzstoffen sollen vermieden werden. Statt dessen sollte man
möglichst ausschließlich Erzeugnisse aus aner-
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kannt ökologischer Landwirtschaft verwenden
sowie Erzeugnisse aus regionaler Herkunft unter
Berücksichtigung der Jahreszeit.
Weiterhin werden unverpackte oder umweltschonende Lebensmittel bevorzugt. Außerdem
werden landwirtschaftliche Erzeugnisse vorgezogen, die unter sozialverträglichen Bedingungen
erzeugt, verarbeitet und vermarktet werden (u. a.
fairer Handel mit Entwicklungsländern). Mit der
Vollwerternährung sollen hohe Lebensqualität –
besonders Gesundheit – , Schonung der Umwelt
und soziale Gerechtigkeit weltweit gefördert
werden.
Sogar der Ernährungsbericht der Deutschen
Gesellschaft für Ernährung von 1992 bestätigt,
„daß Personen, die sich nach den Richtlinien der
Vollwerternährung ernähren, den Empfehlungen
und Regeln der DGE näher kommen als die Kontrollgruppe, die in ihrem Ernährungsverhalten
dem Durchschnitt der deutschen Bevölkerung
entspricht“.
Beweggründe und Zielgruppen
Welches sind die Gründe, die viele Menschen und
auch Patienten in der Arztpraxis dazu bewegen,
sich einer dieser Kostformen zuzuwenden?
Gesundheitliche Gründe
Wer an einer ernährungsabhängigen Gesundheitsstörung leidet, wie z. B. Arteriosklerose,
Gicht, Fettstoffwechselstörungen und Diabetes
mellitus, oder von Krebs und Rheuma betroffen
ist, macht sich eher Gedanken über eine Änderung der Ernährung als gesunde Menschen.
Ökologische Gründe
Als Konsequenz aus der Umweltzerstörung bevorzugt eine andere Gruppe eindeutig Lebensmittel aus dem ökologischen Anbau. Diese Menschen betrachten auch die Welternährungspolitik
kritisch und verzichten weitgehend auf den Konsum von Fleisch oder schränken den Verzehr ein,
weil sie einen hohen Fleischkonsum im Zusammenhang mit dem Welthungerproblem sehen.
Geistig-weltanschauliche Gründe
Hierzu gehören beispielsweise Anthroposophen,
die unter anderem durch eine gezielte Lebensmittelauswahl eine optimale Bewußtseinsentwick-
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47 Alternative Kostformen
VI Praktische Ernährungsmedizin
lung erreichen wollen und ein bewußteres Leben
im Einklang mit der Natur anstreben.
Kosmetische Gründe
Als Schönheitsideal unserer Tage gilt: Schlank ist
schön und man – besonders Frau – muß dünn und
dynamisch sein, um erfolgreich zu sein und geliebt zu werden. Dieses fragwürdige Bild wird uns
täglich in den Medien vorgegaukelt. Einseitige
Schlankheitskuren sowie obskure Blitz- und
Crashdiäten haben besonders bei jungen Frauen
zu einem problematischen Eßverhalten und Eßstörungen geführt.
Bewertungskriterien
Als Grundlage für die ernährungsphysiologische
Bewertung der Kostformen werden die DGEEmpfehlungen für eine vollwertige Ernährung
nach folgenden Kriterien verwendet:
앫 Deckung des Bedarfs an essentiellen Nährstoffen
앫 Berücksichtigung und Deckung des Energiebedarfs
앫 Eignung als Dauerkost für gesunde Erwachsene
Viele weltanschaulich-philosophische oder ganzheitliche Aspekte, z. B. das Streben, Körper, Geist,
Seele und Kosmos in Harmonie zu bringen, entziehen sich einer wissenschaftlichen Bewertung.
Zur Differenzierung müssen weitere Fragestellungen berücksichtigt werden, denn sonst ist es
schwer möglich, diese Kostenformen pauschal
mit dem Etikett „empfehlenswert“ oder „nicht
empfehlenswert“ zu versehen:
앫 Wird eine Diät als Dauerkost propagiert, z. B. als
Teil einer Lebensweise, oder nur kurzfristig zur
Gewichtsreduktion?
앫 Wird eine Kostform von gesunden Erwachsenen durchgeführt, ist die Gefahr, daß gesundheitliche Risiken, Mangelerscheinungen oder
gar Nebenwirkungen auftreten, viel geringer
als bei Risikogruppen wie alten Menschen, Kindern, Kranken, Schwangeren oder Stillenden.
앫 Viele Thesen lassen sich nicht mit naturwissenschaftlich orientierten Maßstäben bewerten,
was aber positive Einflüsse auf den Gesundheitszustand der Patienten keinesfalls ausschließt (nach dem Motto: Wer heilt hat recht).
Einteilung
Im folgenden sollen die gängigsten Kostformen
dargestellt werden. Sie lassen sich in vier Gruppen einteilen und werden im Anschluß tabellarisch aufgeführt und bewertet (s. S. 626 ff).
Gruppe I: Diäten auf vegetabiler
oder ovo-lacto-vegetabiler Basis
Sie sind zum Teil als Dauerkost konzipiert und haben, läßt man Ideologie, Philosophie und Weltanschauung beiseite, viele positive Ansätze. Die
meisten bieten eine vollwertige Ernährung, obwohl sie nicht immer mit den Aussagen der Ernährungswissenschaft übereinstimmen. Sie sind
fleischarm oder fleischlos und enthalten wenig
tierische Fette, Cholesterin und Purine. Darüber
hinaus sind sie vitamin- und ballaststoffreich und
enthalten gesundheitsfördernde bioaktive Substanzen.
Gruppe II: Trennkost-Diäten
Hierzu gehören die Haysche Trennkost und das
Programm Fit for Life aus den USA. Letztere Kostform ist auch bei uns zu einer wahren Massenbewegung geworden, deshalb lohnt sich eine genauere Betrachtung. Sicher ist ein hoher Anteil
pflanzlicher Lebensmittel bei diesen Trennkosten
zu begrüßen, doch sind viele Thesen irreführend,
ja regelrecht unsinnig. Bestes Beispiel, um Trennkost-Theorie zu widerlegen, nach der der Körper
Eiweiß und Kohlenhydrate nicht zusammen verdauen kann, ist unsere erste Nahrung, die Muttermilch: Sie enthält Eiweiß und Kohlenhydrate in
fast gleicher Konzentration.
Gruppe III: Energiereduzierte Diäten
mit zum Teil extremen Nährstoffrelationen
Diese Diäten haben als gemeinsames Ziel die Gewichtsreduktion. Wegen ihrer einseitigen Zusammensetzung sind sie nur kurzfristig zu akzeptieren. Da es Schlankheitskuren, Blitz- und Crashdiäten wie Sand am Meer gibt, kann hier nur eine
kleine Auswahl dargestellt werden, ohne Anspruch auf Vollständigkeit.
Zu den Diäten der Gruppe III zählen z. B. kohlenhydratreiche Diäten. Sie sind unbedenklich,
wenn sie nur ein oder zwei Wochen durchgeführt
werden. Von den protein- und fettreichen
Schlankheitskuren ist abzuraten, da die meist
übergewichtigen Patienten ohnehin eher mit
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Fettstoffwechselstörungen, Hyperurikämie oder
anderen kardiovaskulären Risikofaktoren belastet
sind.
ben Kohlenhydraten noch zusätzlich Vitamine
und Mineralstoffe enthalten. Die Energiezufuhr
liegt zwischen 400 kcal und 600 kcal.
Gruppe IV: Formeldiäten, sonstige Diäten
und Fasten
Heil- und Saftfasten (Buchinger-Fasten): Nach
Buchinger ist Fasten weit mehr als eine Nulldiät.
Leider gibt es viele Mißverständnisse im Zusammenhang mit dem Begriff des Fastens, das meist
nur unter dem Aspekt der Gewichtsreduktion gesehen wird. Dabei handelt es sich um ein therapeutisches und ideelles Gesamtkonzept mit fest
umrissenem Beginn, Ablauf und Ende.
Fastenkuren sollten grundsätzlich am besten
unter Anleitung und nur nach Rücksprache mit
dem Arzt erfolgen, um jegliches gesundheitliches
Risiko auszuschließen. Beim Saftfasten gibt es
300 kcal in Form von Gemüse- und Fruchtsäften
sowie Gemüsebrühen, Kräutertees mit Honig und
etwa zwei Liter Wasser.
Der Fastenarzt Lützner zum Fasten: „Die Erlebnisdichte der Selbsterfahrung Fasten bietet dem
Kranken, dem Übergewichtigen, aber auch dem
Gesunden wertvolle Ansatzpunkte für eine Veränderung des Lebensstils ..., daß Fasten der didaktisch beste Auftakt zu einer Ernährungsumstellung sein kann und nie isoliert von der Ernährung
gesehen werden kann.“
Nur mit Fasten allein, ohne Umstellung der Eßund Lebensgewohnheiten, wird ein Übergewichtiger nicht schlank. Richtiges Fasten unter Anleitung (wie das Buchinger-Fasten) kann helfen, essen zu lernen, und hat als Bestandteil der klassischen Diätetik und der Naturheilkunde seine Berechtigung.
Zu dem unübersehbaren Angebot an fragwürdigen Schlankheitskuren gehört auch die Gruppe
der sogenannten Formel- oder Formuladiäten.
Verkauft werden sie in Apotheken, Drogerien
oder, wie die populäre Cambridge-Diät und das
Herbalife-Programm, im Direktvertrieb.
Hier werden pulverisierte Nährstoffkonzentrate empfohlen, die nach den Richtlinien der Diätverordnung hergestellt sind. Der Nährstoffbedarf
pro Tag, inklusive Vitamine und Mineralstoffe, ist
genau ausgerechnet. Wer sich danach richtet und
nichts zusätzlich ißt, nimmt bei einer Tagesration
von etwa 800 kcal ab. Mangelerscheinungen sind
nicht zu befürchten.
Formuladiäten, ebenso wie alle anderen
Crashdiäten sind nicht dazu geeignet, langfristig
das Gewicht zu reduzieren, da sich die Einstellung
im Umgang mit Lebensmitteln nicht ändert. Bei
Vorliegen einer medizinischen Indikation kann
der zeitlich begrenzte Einsatz einer Formeldiät in
Absprache mit dem Arzt sinnvoll sein.
Schroth-Kur: Ebenfalls kritisch zu bewerten und
nur unter ärztlicher Aufsicht in einer Kurklinik
durchzuführen. Bei der Schroth-Kur wechseln
sich Trocken- und Trinktage ab. An den Trockentagen werden Dörrobst und altbackene Semmeln,
an den Trinktagen Tee, Suppe und größere Mengen an Wein verabreicht. Diese Kur wird in speziellen Sanatorien mehr zum Zwecke der sogenannten Entschlackung als zur Gewichtsreduktion durchgeführt. Wegen des hohen Alkoholanteils und der insgesamt zu geringen Flüssigkeitszufuhr ist die Schroth-Kur nicht zu empfehlen.
Die Empfehlung für Reduktionsdiäten lautet,
mehr als zwei Liter Wasser täglich zu trinken. Der
Lerneffekt für eine gesunde Ernährungsweise bei
der Schroth-Kur ist fraglich, obwohl die Kurgäste
eine Anleitung für die Folgezeit erhalten.
Modifiziertes Fasten: Für stark Übergewichtige
kann das modifizierte, proteinsubstituierte Fasten unter ärztlicher Kontrolle, auch stationär,
sinnvoll sein. Um Eiweißverluste des Körpers auszugleichen und dem Gehirn ein Minimum an Glucose zur Verfügung zu stellen, werden industriell
hergestellte Eiweißpräparate zugeführt, die ne-
Anti-Krebs-Diäten: In der Laienpresse werden
immer wieder Diäten gegen Krebs vorgestellt. Das
Deutsche Krebsforschungszentrum dazu: „Viele
an Krebs erkrankte Patienten suchen nach eigenen Möglichkeiten zur Bekämpfung ihrer Krankheit. Hierbei stoßen sie auf zahlreiche, schon seit
Jahrzehnten existente Diäten und Ernährungsrichtlinien, die einen Heilerfolg bei Krebserkrankung versprechen. Die Widersprüchlichkeit der
Ratschläge trägt zusätzlich zur Verunsicherung
der Patienten bei. Für keinen Diätvorschlag konnte bislang der Beweis erbracht werden, daß er zu
einer teilweisen oder vollständigen Rückbildung
einer Krebserkrankung führen kann. Im Gegenteil, für manche Diätvorschläge wurde sogar
nachgewiesen, daß sie auf das Krankheitsgeschehen einen schädlichen Einfluß haben oder aber
mit lebensgefährlichen Nebenwirkungen verbunden sind.“
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47 Alternative Kostformen
VI Praktische Ernährungsmedizin
Fundierte Beratung ist notwendig
Zusammenfassend bleibt festzustellen, daß bei
einem Großteil Licht und Schatten eng beieinander liegen. Es gibt unter den Ernährungskonzepten eine Reihe akzeptable und empfehlenswerte
Kostformen. Dazu gehören besonders diejenigen,
die sich an der ovo-lacto-vegetabilen Kost orientieren. Läßt man Ideologie und Philosophie beiseite, stimmen sie mit den Empfehlungen der Ernährungswissenschaft am weitesten überein und
bieten viele Vorteile für die Gesundheit.
Daneben gibt es Außenseiter, die völlig unsinnige, ja sogar falsche Aussagen machen und kurios
anmuten (z. B. Fit for Life). Als gefährlich sind Heilungsversprechen anzusehen, wie sie z. B. von
Schnitzer oder Bruker gegeben werden. Sie sind
wissenschaftlich nicht bewiesen und unrealistisch, trotz des unbestritten hohen Stellenwerts
einer vollwertigen und gesunden Ernährungsweise. Harmloser muten die Versprechungen der
Schlankheitsdiäten oder Wunderkuren an, doch
aufgrund des ausbleibenden Erfolges kann ihr Effekt gesundheitlich bedenklich sein: gestörtes
Eßverhalten oder eine Gewichtszunahme.
Eine dauerhafte Gewichtsreduktion läßt sich
nur mit einer Umstellung der Ernährungs- und
der Lebensweise erreichen. Das Phänomen alternative Kostformen zeigt, daß eine interdiziplinäre
Zusammenarbeit von Arzt, Diätassistentin oder
Ernährungsfachkraft in Diätetik und Ernährungsmedizin notwendig ist, um Patienten fundiert zu
beraten. Der große Zulauf zu alternativen Kostformen macht auch ein Dilemma der „etablierten“
Ernährungswissenschaft und Schulmedizin und
die damit verbundene Herausforderung deutlich:
Eine rein rationale Informationsvermittlung – ohne Empathie – ist in der Beratung wenig erfolgreich.
Wichtige Kostformen im Überblick
Als Beispiele für alternative Kostformen werden
auf den folgenden Seiten 18 Diäten dargestellt,
eingeteilt in drei Gruppen. Sie sind nach einem
einheitlichen Schema gegliedert und nach bestem Wissen und Gewissen bewertet. Auf die Diäten der Gruppe IV (Formeldiäten, sonstige Diäten
und Fasten) wurde auf dieses Bewertungsschema
nicht angewendet, sie sind auf S. 625 beschrieben.
Gruppe I: Diäten auf vegetabiler
oder ovo-lacto-vegetabiler Basis
Bircher-Benner-Kost
Dr. Max Bircher-Benner, Schweiz
Ziele, Inhalte und Philosophie:
앫 Mobilisierung der Selbstheilungskräfte
앫 Heilnahrung
앫 Anregung der Darmfunktion
앫 Pflanzliche Frischkost als Träger hohen
Sonnenenergiegehalts
앫 Nur drei Mahlzeiten täglich
앫 Die Kost ist am Minimum orientiert
Lebensmittelauswahl:
앫 Lacto-vegetabile Kost, mindestens 50% als
Rohkost; Müslis
앫 Frisches Obst, Gemüse, Salate, Rohkost
앫 Schonend erhitztes Vollgetreide und Gemüse
앫 Lebensmittel aus anerkannt ökologischem
Anbau
Ernährungswissenschaftliche Bewertung:
앫 Vollwertige Ernährung: Für Erwachsene möglich. Durch den Verzicht auf Fleisch- und
Wurstwaren werden weniger tierische Fette,
Cholesterin und Purine aufgenommen; Vorteil
bei Gicht, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und
Fettstoffwechselstörungen.
앫 Dauerkost: Wie alle lacto-vegetabilen Kostformen bei sorgfältiger Zusammenstellung als
Dauerkost geeignet.
앫 Risiken: Wie bei allen lacto-vegetabilen Kostformen kann es zu Engpässen in der Jod- und
Eisenversorgung kommen.
앫 Risikogruppen: Schwangere, Stillende und
Kleinkinder haben einen erhöhten Nährstoffbedarf, deshalb ist die Kost problematisch.
앫 Hinweis: Verbesserung der Eisenverfügbarkeit
durch gleichzeitigen Verzehr Vitamin-C-reicher Lebensmittel (Kartoffeln, Paprika, Kohl).
Einsatz von Jodsalz, da kein Fisch gegessen wird.
Evers-Diät
Landarzt Josef Evers
Ziele, Inhalte und Philosophie:
앫 Gesunderhaltung
앫 Ursprünglich für Patienten mit Multipler
Sklerose gedacht
앫 Früher: Lebensmittel in möglichst natürlichem
Zustand, auch rohe Eier, Milch, Hackfleisch
앫 Begründung: „Denaturierung“ der Lebensmittel (industrielle Verarbeitung) ist das Grundübel des Industriezeitalters
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Lebensmittelauswahl:
앫 Heute gemäßigte ovo-lacto-vegetabile Kost
앫 Viel gekeimtes Getreide (hoher Anteil an
mehrfach ungesättigten Fettsäuren!)
앫 Möglichst naturbelassene Lebensmittel
앫 Mehrere Diätstufen: Zum Beispiel für Kranke
keine Kartoffeln, sondern nur Rohkost, für Genesende mageres Fleisch, frischer Fisch, Rohschinken und Tartar.
Ernährungswissenschaftliche Bewertung:
앫 Vollwertige Ernährung: Ausreichende Nährstoffzufuhr für Erwachsene kann möglich sein.
Hoher Anteil an pflanzlichen Lebensmitteln ist
positiv. Kartoffelverbot ist nicht nachvollziehbar, da Kartoffeln kalorienarm, ballaststoff- und
vitaminreich sind.
앫 Dauerkost: Besserung oder Heilung bei
Multiple-Sklerose-Kranken wurde nie belegt;
heute gilt die Kost als überholt. Bei sorgfältiger Lebensmittelauswahl als Dauerkost möglich.
앫 Risiken: Tartar ist bakteriologisch bedenklich.
Für Risikogruppen keine optimale Ernährung.
앫 Hinweise: Es ist vorstellbar, daß sich die heutige, gemäßigtere ovo-lacto-vegetabile Kost positiv auf das Allgemeinbefinden der Patienten
auswirken kann.
Waerland-Kost
Are Waerland, Schweden
Ziele, Inhalte und Philosophie:
앫 Darmreinigung steht an erster Stelle
앫 Stoffwechselumstellung und Ausgleich des
Säuren-Basen-Haushaltes
앫 These: Im Dickdarm stehen sich nützliche
Gärungsbazillen (aus Milch und Pflanzen)
und schädliche Fäulnisbazillen gegenüber
(aus Fleisch, Eiern, Fisch)
앫 Genaues Reglement für Tageseinteilung, Schlaf,
Körperbewegung
Lebensmittelauswahl:
앫 Knappe lacto-vegetabile Kost
앫 Im Wechsel Rohkost und Getreidemahlzeiten
앫 Basische Lebensmittel (Milch, Obst, Gemüse)
앫 Waerland-Kruska (Vollkornbrei)
앫 Kartoffeln
앫 Besonderheiten: morgens 1/2 l warme KartoffelGemüse-Brühe (Exzelsior), anschließend warme Bauchlage im Bett
Ernährungswissenschaftliche Bewertung:
앫 Vollwertige Ernährung: Bei sorgfältiger Zusammenstellung für Erwachsene möglich. Diese
앫
앫
앫
앫
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knappe lacto-vegetabile Kost kann kurzfristig
für eine Gewichtsreduktion geeignet sein.
Dauerkost: Bedingt geeignet, wenn auf eine
ausreichende Nährstoff- und Energiezufuhr geachtet wird.
Risiken: Eisen- und Jodversorgung (s. BircherBenner-Kost). Calciumzufuhr kritisch, da wenig
Milchprodukte empfohlen werden.
Risikogruppen: Keine optimale Kost für Kinder,
Schwangere und andere Risikogruppen.
Hinweise: Fleisch, Eier, Fisch grundsätzlich als
pathogen einzustufen, ist nicht haltbar. Reichlich Ideologie, viele Thesen entziehen sich daher einer Bewertung nach wissenschaftlichen
Kriterien.
Anthroposophische Kost
Rudolf Steiner, Schweiz
Ziele, Inhalte und Philosophie:
앫 Bewußtseinsentwicklung
앫 Leben im Einklang mit der Natur
앫 Ernährung als Teil der ganzheitlichen Lehre
앫 Lebensmittelqualität nach Gehalt an „Bildekräften“, auch sog. „Äthern“, bewertet, d. h.
nach dem „geistigen Gehalt“
Lebensmittelauswahl:
앫 Überwiegend ovo-lacto-vegetabile Kost, geringer Fleischanteil
앫 Von Demeter-Betrieben aus biologisch-dynamischer Landwirtschaft
앫 Hoher Anteil an Getreide (Kieselsäure)
앫 Besonderheiten: möglichst keine Nachtschattengewächse wie Kartoffeln (Grund: Instinktverlust und Materialismus), keine „lebensfeindliche“ Zubereitung wie Dampfdruck und
tiefgefrieren
Ernährungswissenschaftliche Bewertung:
앫 Vollwertige Ernährung: Ja, da eine ausreichende
Nährstoffzufuhr gegeben ist.
앫 Dauerkost: Geeignet und empfehlenswert. Wie
bei allen ovo-lacto-vegetabilen Kostformen ist
der geringere Fleischkonsum und der hohe Ballaststoffanteil positiv zu bewerten.
앫 Risiken: Kann zu Defiziten in der Eisen- und Vitamin-B12-Zufuhr führen, wenn auf Fleisch ganz
verzichtet wird.
앫 Hinweise: Die zum Teil für Nicht-Anthroposophen mystischen Vorstellungen entziehen sich
einer Beurteilung durch die Naturwissenschaft.
Beispiel: Die Abwertung der Kartoffel ist nicht
gerechtfertigt.
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47 Alternative Kostformen
VI Praktische Ernährungsmedizin
Vitalstoffreiche Vollwertkost nach Bruker
Dr. med. M. O. Bruker, Lahnstein
Makrobiotische Kost nach M. Kushi
Begründer: G. Ohsawa, Japan
Ziele, Inhalte und Philosophie:
앫 „Unsere Nahrung – unser Schicksal“; Titel der
Bruker-Schrift ist gleichzeitig Programm
앫 Prävention und Heilung von Zivilisationskrankheiten
앫 Stärkung der Abwehrkräfte
앫 Ablehnung aller industriell verarbeiteten
Lebensmittel: Auszugsmehle, Fabrikzucker,
Fabrikfette
앫 Unterschieden wird zwischen „lebendiger“
(frisches Getreide) und „toter“ (industrieller)
Nahrung
Lebensmittelauswahl:
앫 Überwiegend ovo-lacto-vegetabile Kost, kaum
Fleisch
앫 Täglich drei Eßlöffel Frischkornbrei
앫 Naturbelassene „Lebensmittel“, möglichst wenig verarbeitet und erhitzt, aus ökologischem
Landbau
앫 Getreide, Obst, Gemüse, kaltgeschlagene Öle,
Butter
앫 Besonderheiten: keine Begrenzung der Kalorienzufuhr
Ernährungswissenschaftliche Bewertung:
앫 Vollwertige Ernährung: Ist möglich, jedoch ist
das Heilungsversprechen äußerst fragwürdig.
앫 Dauerkost: Auch hier sind die Vorzüge einer
ovo-lacto-vegetabilen Kost hervorzuheben:
wenig Fleisch, Cholesterin und Purin. Dafür
mehr Ballaststoffe und Vitamine, da Zucker und
Auszugsmehr gemieden werden. Als Dauerkost
für Erwachsene geeignet.
앫 Risiken: Zahlreiche Aussagen und Empfehlungen sind nicht vertretbar, sogar gefährlich.
앫 Risikogruppen: Säuglinge, Kleinkinder. Empfehlung: Frischkornmilch für Säuglinge, die nicht
gestillt werden, oder Frischkornbrei für Kinder
ist gesundheitlich bedenklich. Grund: Getreide
vor dem 6. Lebensmonat fördert Zöliakie (Unverträglichkeit von Weizeneiweiß; S. 349 f).
앫 Hinweise: Irreführende, falsche Behauptungen,
wie „Arteriosklerose ist kein Fettproblem“,
„Der Cholesteringehalt der Nahrung ist belanglos“ oder „Weißmehl tötet Ratten“ sind nur einige Beispiel aus Brukers Lehre, die jeglicher
wissenschaftlicher Grundlage entbehren. Damit macht er sich zum Außenseiter. Seine Vollwertkost ist vielleicht gerade deshalb populär.
Ziele, Inhalte und Philosophie:
앫 Teil einer Weltanschauung (Zen-Buddhismus)
앫 Maximum an Gesundheit, Lebenskraft, geistiger und körperlicher Aktivität durch pflanzliche Kost (höchste Stufe nur Getreide)
앫 Prinzip von Yin und Yang, d. h. Gegensätze von
passiv und aktiv, Nacht und Tag, weiblich und
männlich werden nach Ohsawa auf Lebensmittel übertragen.
앫 Kushi modernisierte den Speiseplan für westliche Eßgewohnheiten, viel Absurdes aus der Urlehre entfällt.
Lebensmittelauswahl:
앫 Überwiegend vegetabile Kost
앫 50 – 60% Vollgetreide, frisches Gemüse,
Hülsenfrüchte, Sojaprodukte, Tofu, Algen
앫 1 – 2mal wöchentlich magerer Fisch
앫 Besonderheiten: Zubereitung ist eine „Wissenschaft für sich“; Lebensmittel nur aus der gleichen Klimazone; keine Milchprodukte, kein
Fleisch, kein Tee, keine Genußgifte
Ernährungswissenschaftliche Bewertung:
앫 Vollwertige Ernährung: Die ursprüngliche Kost
nach Ohsawa ist strikt abzulehnen. Sie ist in den
USA verboten, es gab Todesfälle.
앫 Dauerkost: In der gemäßigten Form kann nur
bei sorgfältiger Lebensmittelauswahl eine vollwertige Kost für gesunde Erwachsene eingeschränkt möglich sein.
앫 Risikogruppen: Für Kinder, gerade für Kleinkinder, zu einseitige und zu energiearme Kost, da
Milchprodukte abgelehnt werden. Kinder, Stillende und Schwangere können einen Mangel
an Calcium, Eisen, Vitamin B12 und D bekommen, deshalb für diese Risikogruppen problematisch und nicht zu empfehlen.
앫 Hinweise: Bei unserer Überernährung ist die
Mäßigkeit dieser Kost positiv zu benennen.
Wer sich gelegentlich danach richtet, schadet
sich nicht. Auf Dauer ist eine streng durchgeführte Makrobiotik gesundheitlich bedenklich
und nicht empfehlenswert.
Schnitzer-Intensivkost
Zahnarzt Dr. Schnitzer
Ziele, Inhalte und Philosophie:
앫 Intensivkost als Heilmittel (z. B. für Rheuma
und Diabetes)
앫 Prävention und Therapie der Zivilisationskrankheiten
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47 Alternative Kostformen
Schnitzer-Normalkost
Zahnarzt Dr. Schnitzer
Ziele, Inhalte und Philosophie:
앫 Krankheitsprävention
앫 Gesundheitsversprechungen (s. SchnitzerIntensivkost)
앫 Keine Genußmittel
Lebensmittelauswahl:
앫 Vorwiegend vegetabile Kost
앫 Ca. 2200 kcal täglich auf Grundlage der Intensivkost, erweitert durch Vollkornbrot; geringer
Anteil an Milchprodukten und Eiern; Kartoffeln, Vollreis
앫 Lebensmittel aus ökologischem Anbau
Ernährungswissenschaftliche Bewertung:
앫 Vollwertige Ernährung: Kann für gesunde Erwachsene mit der Normalkost möglich sein.
앫 Dauerkost: Für gesunde Erwachsene bei sorgfältiger Lebensmittelauswahl und Kenntnis der
Kombinationsmöglichkeiten von pflanzlichen
und tierischen Lebensmitteln möglich (Ergänzungswerte für Eiweiß).
앫 Risikogruppen: Für Kinder, Schwangere und andere Gruppen ist der knappe Milchanteil problematisch. Keine optimale Kost.
앫 Risiken: Defizite können in der Eisen- und Jodzufuhr, bei Calcium und Vitamin B12 auftreten.
Gruppe II: Trennkost-Diäten
Haysche Trennkost
Dr. Hay, USA, und Dr. Walb, Deutschland
Ziele, Inhalte und Philosophie:
앫 Wohlbefinden, Heilung vieler Krankheiten
앫 Vermeidung
von
gesundheitsschädlicher
„Übersäuerung“ im Organismus als Krankheitsursache
앫 Trennung von Eiweiß und Kohlenhydraten
앫 Begründung: Hays „Chemische Verdauungsgesetze“, wonach Eiweiß und Kohlenhydrate
nicht gleichzeitig „verwertet“ werden können.
Lebensmittelauswahl:
앫 80% der Kost aus „Basenbildnern“ wie Obst, Gemüse, Salat, Milch, Butter, Joghurt
앫 20% aus „Säurebildnern“ wie Fleisch, Käse,
Fisch, Quark, Eier, Getreideprodukte
앫 „Neutral“ sind Nüsse, zahlreiche Gemüse und
Gewürze
Ernährungswissenschaftliche Bewertung:
앫 Vollwertige Ernährung: In der konsequenten Befolgung der Hayschen Lehre ist auf Dauer eine
vollwertige Ernährung nur mit Einschränkungen möglich
앫 Dauerkost: Nach den Rezepturen von Walb
kann eine Dauerernährung eingeschränkt möglich sein. Trotz aller Kritik am Trennungsprinzip handelt es sich, objektiv gesehen, um eine
ballaststoffreiche, fett- und fleischarme Mischkost mit reichlich frischem Gemüse und Obst.
앫 Risiken: Das Trennprinzip verhindert die optimale Ergänzung von pflanzlichen und tierischen Lebensmitteln: Beispielsweise enthalten
Getreide und Kartoffeln gerade in Kombination
mit Milch oder Eiern ein biologisch hochwertiges Eiweiß. Wissenschaftlich unbewiesen und
unverantwortlich ist der Anspruch auf Heilung
von Krankheiten, einschließlich Diabetes und
Krebs.
앫 Hinweise: Hays Theorie ist seit langem eindeutig von der Ernährungswissenschaft widerlegt.
Bestes Beispiel ist unsere erste Nahrung, die
Muttermilch. Sie enthält Eiweiß und Kohlenhydrate in fast gleicher Konzentration.
Fit for Life
H. und M. Diamond, USA
Ziele, Inhalte und Philosophie:
앫 Schlankheit und Schönheit, neue Perspektiven
für ein energiegeladenes Leben („Fit fürs
Leben“)
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앫 Viele Versprechungen: Lebensfreude; gesunde,
fröhliche Kinder; Glück, Zufriedenheit, Schönheit, Sympathie
앫 These: „Der Mensch ist ein Pflanzenfresser“
Lebensmittelauswahl:
앫 Intensivkost: Ca. 1500 kcal täglich
앫 Ausschließlich vegetarische Rohkost als
Urnahrung: morgens Naturmüsli mit Pulvin
(Mineralstoffpräparat)
앫 Besonderheiten: Kein Brot, keine Kartoffeln,
keine tierischen Lebensmittel
Ernährungswissenschaftliche Bewertung:
앫 Vollwertige Ernährung: Die Intensivkost ist zu
energiearm und einseitig. Nicht vollwertig, da
sie zu wenig Eiweiß, Calcium, Eisen, Jod und
Vitamin B12 enthält
앫 Dauerkost: Nicht als Dauerernährung geeignet.
앫 Risikogruppen: Nicht für Kinder, Schwangere
und Stillende geeignet.
앫 Hinweise: Der Anspruch auf Heilung von Krankheiten, z. B. Typ-1-Diabetes, ist nicht haltbar.
Durch den hohen Ballaststoffanteil ist die Kost
für eine kurzfristige Anwendung als Mittel gegen Darmträgheit geeignet.
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VI Praktische Ernährungsmedizin
앫 Grundlage: Haysche Trennkost
앫 Theorie der natürlichen Körperzyklen der
Verdauung: Nahrungsaufnahme (Essen und
Aufschließen) 12 – 20 Uhr; Nahrungsausnutzung 20 – 4 Uhr; Ausscheidung 4 – 12 Uhr
앫 Eßgewohnheiten müssen an Körperzyklen
angepaßt werden.
앫 Ausscheidungsphase nicht stören, damit
überflüssige Abfallstoffe (Schlacken) entfernt
werden.
Lebensmittelauswahl:
앫 Vorwiegend wasserhaltige Lebensmittel
앫 70% aus Obst, Gemüse, Salat (da der menschliche Körper und auch unser Planet zu 70% aus
Wasser bestehen)
앫 30% konzentrierte Lebensmittel wie Brot,
Getreide, Fleisch, Fisch
앫 Einschränkung des Milchkonsums
앫 Durstlöscher: destilliertes Wasser
앫 Speiseplan: Vormittags nur Obst, auf der täglichen „Energieleiter“ folgen Salate und Gemüse, Eiweißmahlzeit abends.
앫 Nach dem Trennkostprinzip müssen kohlenhydratreiche und eiweißreiche Lebensmittel stets
getrennt gegessen werden.
Ernährungswissenschaftliche Bewertung:
앫 Vollwertige Ernährung: Fit for life ist für eine
vollwertige Ernährung nicht empfehlenswert.
Zu Recht warnt die DGE vor dieser Anleitung
zur „lebenslangen Fehlernährung“.
앫 Dauerkost: Nein, strikt abzulehnen.
앫 Risiken: Die pseudowissenschaftlichen Aussagen sind irreführend, absurd und schlichtweg
falsch, zum Beispiel, der Normalesser erzeuge
mit seiner Kost in seinem Körper giftige Säuren,
Gärungs- und Fäulnisprodukte sowie Schlakken. Es koste viel Energie und sogar die Gesundheit, sie zu beseitigen.
Richtig ist, daß weder die These der Übersäuerung noch die Behauptung, durch die übliche
Kost entstünden zu viele Schlacken, zutrifft.
Aus ernährungsmedizinischer Sicht gibt es keine Schlackenbildung. Stoffwechselprodukte
werden kontinuierlich verwertet oder ausgeschieden.
Auch weitere Behauptungen sind falsch, wie
Milch sei nur etwas für Kälber und verklebe die
Darmwände und die Schleimhäute.
Milchprodukte sind unsere besten Calciumlieferanten. Sie können sehr wohl vom Menschen
verwertet werden.
Eine absurde Empfehlung lautet, man solle destilliertes Wasser trinken, da es keine anorganischen verschlackenden Mineralstoffe enthalte.
Mineralstoffe aus Mineralwässern werden resorbiert und verwertet. Sie führen keinesfalls
zu Ablagerungen in den Arterien.
Gruppe III/1: Energiereduzierte,
eiweiß- und fettreiche Diäten
Dr. Atkins Diät
Merkmale und Prinzipien:
앫 „Nach Herzenslust“ drauflosessen
앫 Einschränkung der Kohlenhydratzufuhr
앫 Keine Energiebegrenzung, kein Kalorienzählen
Lebensmittelauswahl:
앫 Fleisch, auch fettes Fleisch, Eier, Fisch, Speck,
fetter Käse im Mittelpunkt
앫 Keine Kartoffeln, Nudeln, Reis, Vollkornprodukte, Obst und Hülsenfrüchte
Ernährungswissenschaftliche Bewertung:
앫 Vollwertige Ernährung: Nein
앫 Rigoros abzulehnen. Besonders für Patienten
mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Gicht
gefährlich und gesundheitsschädlich.
Mayo-Diät
Merkmale und Prinzipien
앫 Eiweißreich, fettarm (1000 – 1500 kcal)
Lebensmittelauswahl:
앫 Etwa drei Eier täglich, Fleisch, Obst, Gemüse
Ernährungswissenschaftliche Bewertung:
앫 Vollwertige Ernährung: Nein.
앫 Sehr hohe Cholesterinzufuhr, einseitige Mangeldiät, selbst als Kurzdiät abzulehnen.
앫 Hinweis: Der Name hat nichts mit der berühmten Mayo-Klinik in den USA zu tun.
Dr. Lutz-Diät
Merkmale und Prinzipien:
앫 „Leben ohne Brot“ (bis zu 1200 kcal täglich)
앫 Fleischreiche, extrem kohlenhydratarme Kost
Lebensmittelauswahl:
앫 Abgesehen von Knäckebrot ist Brot verboten.
앫 Reichhaltiger Speisezettel, in dessen Mittelpunkt Fleisch steht.
앫 Verzehr von Obst, Gemüse und Getreideprodukten ist stark eingeschränkt.
Ernährungswissenschaftliche Bewertung:
앫 Vollwertige Ernährung: Nein, keine empfehlenswerte Ernährungsform.
앫 Widerspricht den aktuellen Erkenntnissen der
Ernährungsmedizin, die ein Mehr an komple-
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630
xen Kohlenhydraten propagiert und den
Fleisch- und Fettkonsum einschränkt.
앫 Unter präventivmedizinischen Aspekten ist der
Mangel an Ballaststoffen bedenklich, besonders im Hinblick auf die Entwicklung von Dickdarmkrebs.
앫 Besonders gefährlich für Patienten mit Gicht
und Fettstoffwechselstörungen. Wegen extrem
hoher Zufuhr von tierischem Eiweiß, gesättigten Fettsäuren und Cholesterin besteht die Gefahr von Gichtanfällen.
Fettdiät nach Dr. Felix
Merkmale, Prinzipien und Lebensmittelauswahl:
앫 Ähnlich wie die Atkins-Diät
Ernährungswissenschaftliche Bewertung:
앫 Siehe Atkins-Diät und Dr. Lutz-Diät
앫 Vollwertige Ernährung: Nein.
앫 Generell abzulehnen.
Gruppe III/2: Energiereduzierte,
kohlenhydratreiche Diäten
Dr. Haas Top-Diät
Merkmale und Prinzipien:
앫 „Eat to win“ (Iß, um zu siegen)
앫 Diät für Erfolgreiche und Sieger, v. a. im Sport
앫 Kohlenhydrat- und ballaststoffreiche Kost mit
geringem Fettanteil, ca. 1000 kcal täglich
Lebensmittelauswahl:
앫 Reichlich Vollkorn- und Getreideprodukte, Gemüse, Kartoffeln, Obst, magere Milchprodukte;
wenig Fleisch, Fisch, Eier
Ernährungswissenschaftliche Bewertung:
앫 Vollwertige Ernährung: Für eine Gewichtsreduktion durchaus empfehlenswert, da die
Nährstoffzusammensetzung und Lebensmittelauswahl vernünftig sind.
앫 Risiken: Bei längere Anwendung Gefahr von Defiziten bei Eisen, Vitamin B12, Jod und Calcium,
da zu wenig Milchprodukte, Fisch und Fleisch
empfohlen wird.
앫 Hinweise: Fragwürdig ist die Empfehlung, Aminosäuren, Vitamine und Mineralstoffe zusätzlich in Form von Kapseln einzunehmen.
F-Plan-Diät
Merkmale und Prinzipien:
앫 F steht für fiber (Ballaststoffe)
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앫 Besonders ballaststoffreiche Diät mit täglich
1000 – 1500 kcal
Lebensmittelauswahl:
앫 Müsli mit Weizenkleie, Roggen und Weizen;
reichlich Getreideprodukte, Obst und Gemüse;
täglich Butter- oder Magermilch; wenig Fisch,
Fleisch und Eier.
Ernährungswissenschaftliche Bewertung:
앫 Vollwertige Ernährung: Empfehlenswerte Lebensmittel und ideale Nährstoffrelation, deshalb für eine Reduktionsdiät im Alltag gut geeignet.
앫 Dauerkost: Mit der 1500 kcal-Variante kann die
angestrebte Gewichtsreduktion auch für längere Zeit geplant werden.
앫 Hinweise: Durch die komplexen Kohlenhydrate
wird ein guter Sättigungseffekt erzielt. Anfangs
kann die Umstellung der Ernährung zu Blähungen und Unverträglichkeiten führen.
Kartoffel-Diät (Reis-Diät)
Merkmale und Prinzipien:
앫 Im Mittelpunkt stehen Kartoffeln; Energiezufuhr pro Tag 1000 – 1200 kcal
앫 Außer zum Frühstück abwechslungsreiche Kartoffelmahlzeiten, fettarme Zubereitung
Lebensmittelauswahl:
앫 Auch Gemüse, Obst, magere Milchprodukte;
wenig Fleisch und Fisch
Ernährungswissenschaftliche Bewertung:
앫 Vollwertige Ernährung: Zur Gewichtsreduktion
unbedenklich und empfehlenswert. Relativ rasche Gewichtsabnahme (Wasserverlust durch
hohen Kalium- und niedrigen Natriumanteil
bei der Reis-Diät). Preiswert und einfach in der
Zubereitung, gute Akzeptanz und hoher Sättigungseffekt, daher alltagstauglich.
앫 Dauerkost: Mit 1000 – 1200 kcal läßt sich auch
hier eine vollwertige Ernährung nicht über einen längeren Zeitraum gewährleisten, jedoch
können veränderte Ernährungsgewohnheiten
eingeübt werden.
앫 Hinweise: Kartoffeln sind von Haus aus nährstoffreich und kalorienarm, sie sind ideal für eine vollwertige Ernährung. Sie sollten unbedingt verstärkt empfohlen werden, besonders
für Patienten mit kardiovaskulären Risikofaktoren und Gewichtsproblemen.
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47 Alternative Kostformen
VI Praktische Ernährungsmedizin
Literatur
AID (Auswertungs- und Informationsdienst für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten): Alternative Wege
bewußter Ernährung, Bonn 1992
Bircher, R.: Bircher-Benner – Leben und Lebenswerk.
Bircher-Benner, Bad Homburg 1959
Bruker, M. O.: Unsere Nahrung – unser Schicksal. emu,
Lahnstein 1992
Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE): Ernährungsbericht 1984. Frankfurt 1984
Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE): Ernährungsbericht 1992. Frankfurt 1992
Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE): Infothek:
Alternative Ernährungsformen. Frankfurt 1987
Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE): Empfehlungen für die Nährstoffzufuhr. Umschau, Frankfurt 1991
Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE): Info-Dienst
Januar/Februar 1993: Stellungnahme der DGE zu Herbalife-Produkten zur Gewichtskontrolle. Frankfurt
1993
Diamond, H., M. Diamond: Fit for Life/Fit fürs Leben.
Goldmann, München 1992
Elfmadfa, I., P. Schwalbe: Außenseiterdiäten und ihre Risiken. In: Erbersdobler, H., G. Wolfram: Echte und vermeintliche Risiken der Ernährung. Wissenschaftliche
Verlagsgesellschaft, Stuttgart 1993
Evers, J.: Warum Evers-Diät? Die Ernährung des Gesunden und Kranken. Haug, Heidelberg 1989
Kasper, H.: Ernährungsmedizin und Diätetik. Urban &
Schwarzenberg, München 1991
Kushi, M.: Der Makrobiotische Weg. Goldmann, München 1990
Leitzmann, C., K. Koerber, J. Männle: Vollwerternährung.
8. Auflage. Haug, Heidelberg 1996
Leitzmann, C., P. Michel: Alternative Kostformen aus ernährungsphysiologischer Sicht. Akt. Ernähr. Med. 18
(1993) 2 – 13
Leitzmann, C.: Außenseiterdiäten. In: Götz, M.-L., U. Rabast: Diättherapie. Thieme, Stuttgart 1987
Lützner, H.: Wie neugeboren durch Fasten. Gräfe und
Unzer, München 1990
Oberritter, H.: Fit for Life: Eine Anleitung zur lebenslangen Fehlernährung. Info-Dienst der Deutschen Gesellschaft für Ernährung Okt. (1991) 1 – 4
Stiftung Warentest (Hrsg.): Test Spezial Ernährung. Richtig essen – besser leben. Gesunde Lektüre, Berlin 1993
Stamatiadis, Smidt, H., A. Sellschopp: Thema Krebs. Fragen und Antworten. Springer, Berlin 1993
Walb, L., T. Heintze, M. Heintze: Original Haysche Trennkost. Haug, Heidelberg 1991
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