GYNÄKOLOGIE CME Gametentransport, Befruchtung und frühe Embryonalentwicklung – neue Aspekte mittels Live Cell Imaging Der zeitgerechte Ablauf von Eizell- und Spermientransport, Befruchtung und früher Embryonalentwicklung ist essenziell für eine erfolgreiche Schwangerschaft. Zumeist ist dabei die Gebärmutter im Focus der Forschung - der Eileiter als Ort der Gameteninteraktion und der frühen embryo-maternalen Kommunikation fand bisher keine große Beachtung. Daher befasst sich der vorliegende Artikel mit den neuesten Erkenntnissen über Spermien und Eizelltransport, der Interaktion zwischen Eizelle und Eileiterepithel, dem Spermienreservoir im Eileiter, der Befruchtung und der frühen embryo-maternalen Kommunikation. der Eileiterepithelzellen und zum anderen durch die Kontraktion der glatten Muskulatur im Eileiter [1–3]. Bis heute ist die Bedeutung des ziliären Transports für die Fertilität nicht gänzlich geklärt. So können Frauen mit Kartagener Syndrom, deren Zilien immotil sind, fertil sein [5]. © Tatiana Shepeleva – Fotolia Der Eileiter ist das Organ, in dem die Eizelle nach der Ovulation mit Hilfe des Eileitertrichters aufgefangen und zum Ort der Befruchtung transportiert wird. Gleichzeitig werden im Eileiter die Spermien transportiert und bis zur Fertilisation vital gehalten. Auch die ersten vier Tage des embryonalen Lebens finden im Eileiter statt – der zeitgerechte und präzise Ablauf dieser ersten Tage ist dabei entscheidend für eine erfolgreiche Schwangerschaft [1, 2]. Obwohl 40–300 Millionen Spermien in die Vagina eingebracht werden, erreichen nur wenige tausend Spermien den Eileiter. Eine erfolgreiche Befruchtung findet nur dann statt, wenn die Eizelle und das Spermium zur richtigen Zeit zusammentreffen [3]. Nach der Befruchtung ist ein zeitgerechter Transport im Eileiter Voraussetzung dafür, dass sich der Embryo erfolgreich in der Gebärmutter einnisten kann [4]. Der Transport von Eizelle und Embryo im Eileiter erfolgt zum einen durch den Zilienschlag Der grundlegende Ablauf von Befruchtung und früher Embryonalentwicklung ist seit langem Gegenstand intensiver Forschung. Generell sind diese wichtigen Vorgänge in der Reproduktion bei allen Säugetieren ähnlich. Bisher sind jedoch kaum Studien verfügbar, die die Interaktion von Spermien, Eizellen und dem frühen Embryo mit dem maternalen Genitaltrakt untersuchen. Dafür gibt es im Wesentlichen zwei Gründe. Zum einen ist der in der Mesosalpinx eingebettete Eileiter in vivo im Abdomen nur unzureichend mit bildgebenden Verfahren darzustellen und zu untersuchen. Zum anderen sind die meisten experimentellen Studien bisher an Eileiterzellkulturen durchgeführt worden. Mit Hilfe dieser Kulturen wurden wertvolle Informationen über hormonelle Signaltransduktonswege und Genexpression gewonnen [6]. Jedoch verlieren Eileiterepithelzellen in Kultur spezifische wichtige Eigenschaften, z. B. die synthetische Aktivität sowie die funktionelle Integrität der hormonellen Rezeptoren und der Zilien [7]. Erst die Beobachtung der lebenden Zellen im Organverbund mit Hilfe eines digitalen videomikroskopischen Analysesystems ermöglicht es, gameto-maternale Interaktion, Befruchtung und frühe embryo-maternale Kommunikation unter nahen in vivo Bedingungen zu untersuchen - eine wichtige Vorraussetzung für neue diagnostische und therapeutische Konzepte in der Infertilitätsbehandlung. DZKF 6-2015 33 GYNÄKOLOGIE CME Abb. 1: Ausbildung des Spermienreservoirs im Eileiter (Live Cell Imaging, Modelltier Rind) Spermientransport und Bildung des Spermienreservoirs Obwohl 40–300 Millionen Spermien in die Vagina eingebracht werden, erreichen weniger als 100 Spermien den Ort der Befruchtung [1, 2]. Im weiblichen Genitaltrakt gibt es zwei wichtige anatomische Barrieren: Die erste und grösste Barriere ist die Cervix, an der ca. 70 % der Spermien ausselektiert werden [8, 9]. Die weniger motilen Spermien bleiben im Schleim oder in den hohen Falten der Cervix haften und stehen nicht mehr für eine Befruchtung zur Verfügung. Die zweite anatomische Barriere ist der Übergang des Uterus in den Eileiter, da dieser stark gewunden verläuft und ein sehr kleines Lumen besitzt [9]. Der Transport der Spermien erfolgt primär über die Kontraktion der glatten Muskulatur des weiblichen Genitaltrakts, die um den Zeitpunkt der Ovulation deutlich erhöht ist. Die Eigenmotilität spielt für das Vorwärtskommen der Spermien nur eine untergeordnete Rolle, da sie nicht ausreicht, um die Spermien gegen den starken, durch den Zilienschlag erzeugten Flüssigkeitsstrom anschwimmen zu lassen. Die Eigenmotilität ist jedoch für den Weitertransport der Spermien wichtig, da sie die Spermien befähigt, aus dem durch den Zilienschlag bewirkten Flüssigkeitswirbel in die Mitte des Lumens des weiblichen Genitaltrakts zu gelangen [10]. Sobald die Spermien den Eileiter erreichen, binden sie mit ihrem Kopf an die Zilien des Eileiterepithels, sie bilden ein Spermienreservoir (E Abb. 1). Dies ermöglicht den Spermien, über 3–4 Tage (Mensch, Rind, Pferd), Wochen (Vögel), Monate (Fledermäuse) oder sogar Jahre (Reptilien) vital und befruchtungsfähig zu bleiben. Mit Hilfe der Videomikroskopie konnten wir zeigen, dass die Spermien im Reservoir motil bleiben und aktive Schwanzbewegungen stattfinden [10]. Die Ausbildung eines Spermienreservoirs ist bei vielen Säugetieren (Maus, Rind, Pferd, Schwein, Schaf) dokumentiert [11, 12, 13, 34 DZKF 6-2015 14]. Beim Menschen gibt es noch keinen Nachweis. Allerdings ist belegt, dass Geschlechtsverkehr 3–4 Tage vor dem Eisprung zu einer Schwangerschaft führen kann, so dass von der Existenz eines Spermienreservoirs ausgegangen wird. Die Moleküle, die nach der Bindung der Spermien im Eileiter vom Epithel sezerniert werden und die Spermien über Tage vital und befruchtungsfähig halten, sind bisher unbekannt. Bei der Ausbildung des Spermienreservoirs binden spezies-spezifische Lektine am Spermienkopf an spezifische Kohlenhydrate an den Zilien [15, 16, 17]. Dabei binden die Spermien unter in vitro - Bedingungen sowohl in der Ampulla als auch im Isthmus. Diese Bindung erfolgt unabhängig vom Zyklusstand [10]. Physiologischerweise ist der überwiegende Anteil der Spermien im Isthmus gebunden, da die Spermien als erstes in diesen Teil des Eileiters gelangen. Wie wir mit Hilfe des Live Cell Imaging zeigen konnten, binden nur vitale Spermien an das Eileiterepithel. Daher ist auch die Zahl der gebundenen Spermien bei Nativsperma deutlich höher als in Tiefgefriersperma. Nach einem Swim-up kann die Zahl der gebundenen Spermien deutlich erhöht werden. Jedoch sind deutliche individuelle Unterschiede in der Bindungsfähigkeit der Spermien zu beobachten, die mit der Fertilität korreliert sind [10]. Transport der Eizelle und Interaktion zwischen COC und Eileiter Nach dem Eisprung wird der Cumulus-Oozyt-Complex (COC) vom Eileitertrichter, dem Infundibulum, aufgefangen. Dort heften sich die Cumuluszellen an die Zilien des Infundibulums und werden dann durch Zilienschlag in die craniale Eileiteröffnung transportiert [18, 19]. Sobald der COC die Ampulla, den Ort der Befruchtung, im Eileiter erreicht, heftet er sich fest an das Eileiterepithel an (E Abb. 2). Diese Verbindung kann nur durch Zerstörung der Cumuluszellen getrennt werden [10]. Die Interaktion zwischen COC und Eileiterepithel zu diesem Zeitpunkt ist entscheidend dafür, dass eine Signaltransduktionskaskade in Gang gesetzt wird, die zur Sekretion von Molekülen führt, die die Spermien zur Eizelle leiten. Auch unreife COCs binden an das Eileiterepithel – dies weist darauf hin, dass die Bindung zwischen COC und Eileiter unabhängig vom Reifungsstadium erfolgt. Ist ein COC degneriert, bindet er nicht, sondern flotiert im Lumen [10]. Dies weist darauf hin, dass der Eileiter die Eizellen selektiert. Wichtig ist dabei, dass der Eileiter deutlich sensitiver die Qualität der Eizellen zu detektieren vermag als das mikroskopische Grading der Eizellen im Labor. Sind die Eizellen denudiert, d. h. die umgebenden Cumuluszellen sind entfernt worden, findet keine Interaktion zwischen Eizelle und Eileiterepithel statt [10]. Die Eizelle flotiert im Lumen des Eileiters und wird rasch phagozytiert. Dies zeigt, dass die Cumuluszellen und die von diesen Zellen produzierte Matrix entscheidend dafür sind, dass eine Kommunikation und Interaktion zwischen Eizelle und Eileiterepithel stattfinden kann. Videos, die diese Vorgänge dokumentieren, sind GYNÄKOLOGIE CME im Internet unter http://www.biolreprod.org/content/81/2/267/suppl/DC1 verfügbar. Die Befruchtung Sobald sich eine vitale Eizelle im Eileiter befindet, lösen sich die Spermien aus dem Spermienreservoir und wandern zielgerichtet zur Eizelle. Die Loslösung der Spermien vom Eileiterepithel erfolgt durch Hyperaktivierung, d. h. eine erhöhte Amplitude und ein asymmetrisches Schlagmuster des Spermienschwanzes [20]. Zudem wird durch die Kapazitation die Bindungsaffinität des Spermienkopfes an die Zilien reduziert [20]. Die Spermien, die das Reservoir verlassen, bewegen sich zunächst in die Mitte des Eileiterlumens. Obwohl die durch den Zilienschlag verursachte und der Spermienwanderung entgegengesetzte Strömung in der Mitte des Eileiterlumens stark ist, scheint das Vorwärtskommen dort leichter zu sein - insbesondere, weil in der Nähe des Eileiterpithels vermehrt visköses Eileitersekret und/oder starke Verwirbelungen durch die Zilien auftreten [10]. Sobald die Spermien das Eileiterlumen erreicht haben, erfolgt der Vorwärtstransport durch die Kontraktionen der glatten Muskulatur des weiblichen Genitaltrakts [1, 10]. Dabei können die Spermien lokal im Eileiter ihre eigene Transportgeschwindigkeit erhöhen, indem sie die Prostaglandinsynthese und damit die Kontraktionen im Eileiter steigern [21]. Die Spermien finden ihren Weg zur Eizelle durch Chemotaxis. Eine gezielte Wanderung der Spermien zur Eizelle findet nur im Eileiter statt. Dagegen ist während der in vitro Fertilisation in der Petrischale keine gerichtete Bewegung der Spermien in Richtung Eizelle zu beobachten. Die Eizelle selbst vermag also keine Moleküle zu produzieren, die die Spermien leiten. Erst nach der Anheftung des COCs am Eileiterepithel wird eine Signalkaskade initiiert, so dass Moleküle sezerniert werden, die die Spermien den Weg zur Eizelle finden lassen [10]. Dies wird durch die Beobachtung gestützt, dass sich immer im Eileiter auf der Seite, wo die Ovulation stattgefunden hat (ipsilateral), deutlich mehr Spermien befinden als auf der anderen Seite (contralateral) [22]. Aktuelle Studien zeigen dabei, dass Progesteron, das in den Cumuluszellen synthetisiert wird, als Lockstoff für die Spermien wirkt. Gleichzeitig fördert Progesteron die Hyperaktivierung der Spermien und damit ihre Wanderung und das Eindringen in den Cumulus-Oozyt-Complex [23]. Progesteron aktiviert dabei die CatSper Kanäle- spermienspezifische Ca2+-Ionenkanäle, die für die Bewegung des Spermienschwanzes und damit für die erfolgreiche Fertilisation essenziell sind [24]. Spermien, die den COC erreichen, müssen zuerst durch die Matrix der Cumuluszellen wandern. Sobald das Spermium mit der Zona pellucida der Eizelle in Kontakt kommt, kommt es zur Akrosomreaktion. Dabei verschmilzt die Zellmembran des Spermienkopfes mit der Akrosommembran und es werden Enzyme ,v. a. Akrosin, frei gesetzt [1, 2]. Diese ermöglichen dem Spermium, die Zona pellucida zu durchdringen und in den Perivitellinraum zwischen Zona pellucida und Eizellmembran Abb. 2: Anheften der Eizelle an das Eileiterepithel nach der Ovulation (Live Cell Imaging, Modelltier Rind) zu gelangen. Das Spermium lagert sich tangential an die Eizelle an und verliert den Schwanz. Es kommt zur Verschmelzung von Eizell- und Spermienmembran und in der Folge zur Verschmelzung des männlichen und weiblichen Vorkerns. Die Zygote ist entstanden. Sie löst sich vom Eileiterepithel und setzt ihre Wanderung im Eileiter in Richtung Uterus fort [1, 2]. Transport des Embryos und erste Kommunikation Der Transport des Embryos im Eileiter erfolgt durch a) Zilienschlag der Eileiterepithelzellen, b) Kontraktion der glatten Muskulatur des Eileiters und c) durch den Flüssigkeitsstrom im weiblichen Genitaltrakt [1, 2]. Mit Hilfe von quantitativen Analysen mit Hilfe von kleinen Polystyrenkügelchen (Dynabeads) im digitalen Videomikroskop konnten wir zeigen, dass die Transoprtmechanismen in den verschiedenen Abschnitten des Eileiters, insbesondere in Ampulla und Isthmus, grundsätzlich verschieden sind. So erfolgt der Transport in der Ampulla in der Tiefe zwischen den Falten. Viele Dynabeads sammeln sich und bleiben in Nischen liegen [10, 25]. In ähnlicher Weise gelangt auch die Eizelle nach der Ovulation in die Tiefe zwischen den Falten und attachiert dort. Für den COC ist dies der erste Kontakt mit dem Eileiterepithel – und dort findet auch die erste gameto-maternale Kommunikation statt. Im Isthmus werden die Partikel dagegen rasch auf die lumennahen Grate der Falten geleitet. Sobald sich einzelne Partikel zwischen den Falten sammeln, werden sie rasch durch Zilienschlag in den Partikelstrom zurückgeleitet. So übt der Isthmus vorwiegend Transportfunktion aus, während in der Ampulla die Interaktion zwischen Eizelle, Cumuluszellen und maternalem Genitaltrakt stattfindet. In ähnlicher Weise findet auch die Interaktion zwischen Embryo und maternalem Genitaltrakt statt (E Abb. 3). Videos, die diese Vorgänge demonstrieren, sind im Internet unter http://www.biolreprod.org/content/81/2/267/suppl/DC1zu finden. Vor der Befruchtung ist die Partikeltransportgeschwindigkeit in ipsilateralem (Seite der Ovulation) und kontralaDZKF 6-2015 35 GYNÄKOLOGIE CME erkennen kann [1]. Um die komplexe Interaktion zwischen Embryo und Mutter, die bereits am zweiten Tag nach der Befruchtung beginnt, exakt aufzuklären, sind systematische Untersuchungen notwendig. Da in vitro produzierte Embryonen sich in Genexpression, Proteinsynthese und Stoffwechsel deutlich von in vivo Embryonen unterscheiden, sind in vivo Studien am Tiermodell essenziell, um die im embryo-maternalen Dialog involvierten Signaltransduktionswege aufzuklären und damit neue Optionen in der Therapie der Infertilität zu schaffen. Abb. 3: 4-Zellembryo im Eileiter (Live Cell Imaging, Modelltier Maus) teralem Eileiter gleich. Nach der Befruchtung ist die Transportgeschwindigkeit im ipsilateralen Eileiter, wo sich der Embryo befindet, signifikant geringer. Dies bedeutet, dass der Embryo lokal seine eigene Transportgeschwindigkeit herunterregulieren kann – damit schafft er die Voraussetzung für die erste embryo-maternale Kommunikation. Sobald der Embryo in den Uterus gewandert ist, wird die durch den Zilienschlag bedingte Transportgeschwindigkeit im Eileiter wieder heraufreguliert [1, 10]. Neben dem Zilienschlag trägt die Kontraktion der glatten Muskulatur im Eileiter entscheidend zum Transport des Embryos bei. Aufgrund der Tatsache, dass Frauen mit dem Kartagener-Syndrom, die immotile Zilien besitzen, schwanger werden können [5], kann davon ausgegangen werden, dass allein durch die Muskelkontraktion ein erfolgreicher Embryonentransport sicher gestellt werden kann. Die Eileiterflüssigkeit wird durch die Sekretion der Eileiterepithelzellen produziert. Die Zusammensetzung, die Menge und die Strömungseigenschaften dieser Flüssigkeit ändern sich in Abhängigkeit vom Zyklusstand. Der Flüssigkeitsstrom wird zum einen durch die Muskelkontraktion, zum anderen durch den Zilienschlag erzeugt. Unsere Beobachtungen zeigen, dass der Embryo im Flüssigkeitsstrom transportiert wird und keinen direkten Kontakt mit den Zilien hat [10]. Voraussetzung für eine erfolgreiche Schwangerschaft ist eine funktionsfähige embryo-maternale Kommunikation. Diese findet bereits im Eileiter statt und nicht – wie lange angenommen – erst im Uterus nach der Implantation. Bisher ist beim Menschen kein einziges Molekül bekannt, das die embryo-maternale Kommunikation vermittelt. Nach eigenem Beobachten werden bis zu 60 % aller Schwangerschaften bei Infertilitätspatienten, die bereits mehrere Stimulationszyklen durchlaufen haben, schon vor der Implantation beendet. Die Gründe dafür sind entweder, dass der Embryo der Mutter die vitalen Signale nicht übermitteln kann oder aber, dass die Mutter diese Signale nicht 36 DZKF 6-2015 Das Rind ist ein sehr gutes Modell für den Menschen, da es eine ähnliche Zyklusdauer, dieselbe Schwangerschaftsdauer, einen ähnlichen Metabolismus in Eizelle und Embryo und ähnliches genetisches Imprinting besitzt- ganz im Gegensatz zur Maus, die sich in all diesen Punkten wesentlich unterscheidet. Am Modell des Rindes konnten wir zeigen, dass der Embryo bereits am 2. Tag nach der Befruchtung mit der Mutter kommuniziert und deutliche lokale Effekte auf den maternalen Geschlechtstrakt ausübt [1, 10]. So vermag der frühe Embryo bereits am Tag 2 die Vaskularisation des Eileiters lokal zu beeinflussen. Während die A. tubae uterinae im kontralateralen Eileiter (kein Embryo) parallel zum Eileiter verläuft, ist sie im ipsilateralen Eileiter vor allem an dem Ort, wo sich der Embryo aufhält, stark gewunden. Die Wand des ipsilateralen Eileiters ist im Vergleich zum kontralateralen Eileiter dicker, ödematisiert und erscheint durchsichtig. Der Embryo verändert nicht nur die Peripherie des Eileiters – er bewirkt auch deutliche Änderungen an der inneren Oberfläche des Ovidukts. So induziert der Embryo während seiner Wanderung die Umwandlung von zilientragenden in sekretorische Eileiterepithelzellen [10] – damit sichert er sich eine optimale Umgebung und stellt seine Ernährung sicher. Diese Effekte treten innerhalb von 48 Stunden nach der Befruchtung auf – ein Hinweis darauf, wie schnell der Embryo durch lokale Signale den mütterlichen Organismus zu beeinflussen vermag. Klinische Bedeutung Die neuen, unter nahen in vivo - Bedingungen gewonnenen Erkenntnisse zeigen eine Reihe von neuen Wegen auf, um die Diagnostik und Therapie von infertilen Patienten zu optimieren. So sollte bei infertilen Patienten vermehrt die Priorität darauf ausgerichtet sein, die Bedingungen im Eileiter zu verbessern. Wie wichtig dies ist, zeigt sich bereits in der Tatsache, dass allein nach einem diagnostischen Einsatz von Methylenblau in einer Reihe von Fällen eine erfolgreiche Schwangerschaft zu erreichen ist. In dem Wissen, dass a) die erste embryo-maternale Kommunikation im Eileiter stattfindet, b) mehr als 60 % der idiopathischen Infertilitäten auf Störungen im Eileiter zurückzuführen sind (eigene Beobachtungen), und c) Veränderungen im Eileiter in der Regel nur mikroskopisch zu erkennen sind (eigene Beobachtungen), muss die Diagnostik und Therapie des Eileiters mehr Beachtung finden. Gleichzeitig muss sich jeder Kliniker bewusst sein, dass GYNÄKOLOGIE CME der weibliche Genitaltrakt ein kommunizierendes System ist und die Therapie nur eines Teils dieses Organsystems (z. B. die Entfernung eines Eileiters) lediglich beschränkt erfolgreich sein kann. Gleichzeitig muss die Diagnostik in Eileiter und Uterus mit neuen bildgebenden Verfahren optimiert werden. Zu diesem Zweck haben wir die probenbasierte Laser-Endomikroskopie (pCLE) im weiblichen Geschlechtstrakt experimentell etabliert. Diese Methode findet bereits klinische Anwendung in der Gastroenterologie und in der Pulmonologie und ermöglicht mittels einer in den Arbeitskanal des Endoskops eingeführten Lasersonde eine Darstellung des Organs intra vitam, auf zellulärer Ebene und in real-time. Diese Methode eröffnet ganz neue Einblicke in die Erkrankungen des Eileiters und die daraus resultierenden Veränderungen im Gametentransport und in der embryo-maternalen Kommunikation. Auf diese Weise können nicht nur in der Diagnostik, sondern auch in der Therapie der Infertilität neue individualspezifische Konzepte entwickelt werden. Gleichzeitig muss jedem Infertilitätspatienten bei der Beratung klar vermittelt werden, dass jegliche Störung des Allgemeinbefindens, falsche Ernährung, Stress, Rauchen und die Einnahme von Medikamenten und Hormonen die Fertilität beeinflussen. Es empfiehlt sich, die Beratung mit Bildern und Filmen aus der aktuellen Forschung visuell zu unterstützen und den Patienten damit nachhaltig zu informieren. Schlussfolgerung Innovative bildgebende Verfahren und Live Cell Imaging tragen entscheidend dazu bei, das Verständnis von Spermien- und Eizelltransport, Befruchtung und früher Embryonalentwicklung zu verbessern und neue Erkenntnisse über gameto-maternale Interaktion und frühe embryo-maternale Interaktion zu gewinnen. Zudem kann der Einfluss von Medikamenten, Hormonen und Umwelttoxinen intra vitam und in real-time dokumentiert werden. Dies ermöglicht die Entwicklung neuer patientenspezifischer therapeutischer Konzepte zur Therapie der Infertilität. established clonal oviductal cell lines and differential hormonal regulation of gene expression. In Vitro Cell Dev Biol Anim 2003; 39: 146–156. 7. Bongso A, Chye NS, Sathananthan H, Lian NP, Rauff M, Ratnam SS. Establishment of human ampullary cell cultures. 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