Praktikum Medizinische Mikrobiologie

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Praktikum Medizinische Mikrobiologie
Abteilung für Medizinische Mikrobiologie
der Ruhr-Universität Bochum
Wintersemester 2006/2007
Inhaltsverzeichnis
1
Allgemeine Mikrobiologie
1.1
1.2
1.3
1.4
1.5
1.6
2
Die normale bakterielle Flora des Menschen . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.1.1 Hautflora . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.1.2 Die Mikroflora des Respirationstraktes . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.1.3 Die Mikroflora des Intestinaltraktes . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Desinfektion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Mikroskopischer Nachweis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.3.1 Methylenblau-Färbung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.3.2 Gram-Färbung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.3.3 Ziehl-Neelsen-Färbung zum Nachweis von Mykobakterien . . . . .
1.3.4 Spezialfärbungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Kultureller Nachweis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.4.1 Der mikrobiologische Probenansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Differenzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.5.1 Einfache Differenzierungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.5.2 Biochemische Untersuchung der Stoffwechselleistungen von Bakterien
1.5.3 Lysotypische Differenzierung (Phagentest) . . . . . . . . . . . . . . .
1.5.4 Immunologische Differenzierung/Immunologischer Nachweis . . .
1.5.5 Molekularbiologische Differenzierung/Nachweis . . . . . . . . . . .
1.5.6 Nachweis von Pathogenitätsfaktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Resistenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.6.1 Methoden der Resistenzbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.6.2 Bewertung der Resistenzbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.6.3 Resistenzmechanismen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.6.4 Schwer zu erkennende Resistenzmechanismen . . . . . . . . . . . . .
5
5
5
5
6
6
7
7
7
8
8
8
9
9
9
11
12
12
12
13
13
13
14
14
16
Diagnostik einiger Infektionskrankheiten
21
2.1
21
21
21
2.2
2.3
Infektionen des Respirationstraktes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.1.1 Pharyngitis/Tonsillitis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.1.2 Pneumonie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.1.3 Mikrobiologische Untersuchungsmethoden bei Erregern respiratorischer Infektionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Infektionen des Gastrointestinaltraktes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.2.1 Entzündliche Darmerkrankungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.2.2 Gastritis, Ulcus duodeni und Ulcus ventriculi . . . . . . . . . . . . .
2.2.3 Untersuchung von Stuhl auf Salmonellen . . . . . . . . . . . . . . . .
2.2.4 Serologische Differenzierung von Salmonellen . . . . . . . . . . . . .
2.2.5 Rationelles Vorgehen bei Diarrhoe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Infektionen des Urogenitaltrakts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.3.1 Harnwegsinfektionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
22
23
23
24
24
25
26
28
28
3
Inhaltsverzeichnis
2.4
2.5
3
4
2.3.2 Sexuell übertragbare Krankheiten . . . . . . . . . . . . .
2.3.3 Keimzahlbestimmung und Hemmstoffnachweis im Urin
Sepsis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Meningitis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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29
29
29
Serologische Nachweismethoden
31
3.1
3.2
31
32
Allgemeine Prinzipien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Luesserologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1 Allgemeine Mikrobiologie
1.1 Die normale bakterielle Flora des Menschen
1.1.1 Hautflora
Die normale Haut des Menschen (Gewicht 5,5 kg, Oberfläche 1,75 m2 ) verhält sich einer
bakteriellen Besiedlung gegenüber relativ unwirtlich. Dies ist bedingt durch einen sauren
pH (pH 5,5), durch ein qualitativ und quantitativ schlechtes Angebot an Nährstoffsubstraten und durch den relativ niedrigen Feuchtigkeitsgehalt der Epidermis.
Diese Bedingungen reichen jedoch aus für das Wachstum einer überwiegend grampositiven bakteriellen Flora, die aus apathogenen Vertretern der Familie der Micrococcaceen
und Corynebakterien besteht. Es finden sich Sarcinen, Mikrokokken und koagulasenegative, apathogene Staphylokokken. Auch die anaerob wachsenden Propionibacterium acnes
kommen vor. Diese Hautflora (Dichte 102 -107 Keime/cm2 ) ist in den Gängen der Talgdrüsen, den Öffnungen der Haarfollikel und in den oberflächlichen Schichten des Stratum
corneum lokalisiert.
20 % der Hautflora ist so tief in den Gängen von Haarfollikeln und Talgdrüsen verborgen, dass sie durch die üblichen Desinfektionsmethoden nicht erreicht werden kann. Aus
diesem Reservoir erfolgt nach Desinfektion in kurzer Zeit die erneute Besiedlung der Haut
mit ihrer Mikroflora. Aus diesen Gründen und aus den besonderen anatomischen Bedingungen der Hände ist zu verstehen, dass eine völlige Sterilisation dieser Regionen nicht
möglich ist (siehe Abschnitt 1.2 auf der nächsten Seite).
Die grampositive Hautflora wird sowohl qualitativ als auch quantitativ konstant gehalten. Dieses Gleichgewicht wird erreicht, indem die Keime der Standortflora sich gegenseitig günstig im Wachstum beeinflussen (Satellismus) oder das Wachstum durch Bakteriocine hemmen. Ergebnis dieses Gleichgewichtes ist, dass es ortsfremden Mikroorganismen
erschwert wird, die Haut dauerhaft zu besiedeln.
1.1.2 Die Mikroflora des Respirationstraktes
Der Respirationstrakt setzt sich aus 3 Teilen zusammen:
• Nase und Nasenrachenraum (Nasopharynx)
• Oropharynx und Tonsillen
• Larynx, Trachea und Bronchien
Trachea, Bronchien und Alveolen werden auch als unterer oder tiefer im Gegensatz zum
oberen Respirationstrakt bezeichnet. Die einzelnen Anteile des oberen Respirationstraktes
beherbergen eine apathogene Standortflora, können aber auch von fakultativ pathogenen
Keimen besiedelt werden. In der Nase finden sich normalerweise Corynebakterien und
Staphylococcus epidermidis. Aus den vorderen Anteilen der Nase, den Nares, wird bei 10 -
5
1 Allgemeine Mikrobiologie
30 % der Bevölkerung der eigentlich pathogene Staphylococcus aureus isoliert. Die Nasennebenhöhlen sind normalerweise keimfrei. Im Nasenrachenraum und Oropharynx finden
sich als Standortflora Corynebakterien, Streptokokken und Neisserien, außerdem anaerobe Keime aus der Mundflora, wie Actinomyces, Treponema und Fusobakterien. Neben
diesen apathogenen Keimen werden auch bei Gesunden pathogene Keime aus dem Oround Nasopharynx wie folgt isoliert:
5-8%
5-20%
20-40%
bis zu 60%
Streptokokken der Gruppe A
Neisseria meningitidis
Pneumokokken
Haemophilus influenzae
Diese Keime können vorübergehend im Nasenrachenraum siedeln. Sie erlangen nur unter besonderen Bedingungen für den Wirt eine pathogene Bedeutung, spielen jedoch in
epidemiologischer Hinsicht eine wichtige Rolle. Trachea, Bronchien und Lunge sind normalerweise keimfrei. In den Respirationstrakt eindringende Keime werden festgehalten
und durch das Flimmerepithel der Nase und Trachea als schleimiges Exkret beseitigt (ausgehustet).
1.1.3 Die Mikroflora des Intestinaltraktes
Der Magen ist normalerweise keimfrei, bedingt durch die sezernierte Salzsäure. Die mit
der Nahrung eingeschleusten Keime werden im Magen zum größten Teil abgetötet. Aus
den gleichen Gründen ist auch das Duodenum keimfrei. Keime, die der Salzsäure widerstanden haben, werden durch die rasche Darmperistaltik mit der Nahrung so schnell weiterbefördert, dass sie nicht adhärieren und sich vermehren können. Im oberen und unteren Jejunum ist die Keimzahl deutlich erhöht und ähnelt in ihrer Zusammensetzung der
Dickdarm- und Faecesflora. Im Dickdarm und Faeces finden sich durchschnittlich 109 1012 Keime/g Stuhl. Davon sind 99 % Anaerobier, hauptsächlich Bifidobakterien und Bacteroides species, Lactobazillen, Clostridien und Fusobakterien. Die Enterobakteriaceen machen nur einen geringen Anteil der Stuhlflora aus (106 Keime/g Faeces). Unter ihnen ist
der bedeutendste Vertreter Escherichia coli.
1.2 Desinfektion
Als Desinfektion bezeichnet man die Abtötung pathogener Mikroorganismen. Der Erfolg
der Desinfektion hängt vor allem von der Einwirkungszeit des Desinfektionsmittels, der
Einwirkungstemperatur sowie den Milieubedingungen ab.
Die wichtigsten chemischen Substanzklassen zum Desinfizieren sind Phenole, Alkohole, Aldehyde, Halogene, Tenside und quartäre Ammoniumbasen. Daneben werden noch
Säuren, Basen und Oxidantien verwendet, in seltenen Fällen auch Schwermetallsalze. Die
Auswahl der Substanzklassen richtet sich nach der Beschaffenheit des zu desinfizierenden
Materials.
Desinfektionsmittel wirken meistens nicht gegen Bakteriensporen und haben nur eine
eingeschränkte Wirkung gegenüber Viren.
6
1.3 Mikroskopischer Nachweis
1.3 Mikroskopischer Nachweis
Ein Bestandteil der Keimdifferenzierung im mikrobiologischen Labor ist die mikroskopische Untersuchung.
Zur besseren Darstellung werden gefärbte Präparate hergestellt, die vorher fixiert wurden (z.B. durch Hitze). Wir unterscheiden einfache und komplexe Färbungen. Ein Beispiel
einer einfachen Färbung ist die Methylenblau-Färbung.
Bei komplexen Färbungen werden die verschiedenen Färbeeigenschaften der Keime zur
Differenzierung herangezogen.
Im Kurs werden behandelt: die Gram-Färbung zur Differenzierung von gram-positiven
und gram-negativen Keimen, und die Ziehl-Neelsen-Färbung zur Darstellung säurefester
Keime.
Für die diagnostische Einordnung wird die Morphologie der Keime und ihr Verhalten bei
der Färbung herangezogen. Drei morphologische Bakteriengrundformen können unterschieden werden:
Kokken:
Stäbchen:
Gramverhalten, Lagerung (Haufen-, Ketten-,
Diplokokken)
Gramverhalten, Morphologie (große, kleine, zarte,
plumpe)
färberische Darstellbarkeit, Windungen
Schraubenförmige
Bakterien:
Für spezifische Fragestellungen können weitere Strukturen (wie Kapseln, Geißeln, Sporen) spezifisch dargestellt werden. Diese Methoden werden im Kurs nicht durchgeführt.
1.3.1 Methylenblau-Färbung
Zur Färbung von Bakterien und Pilzen. Gut geeignet zur Darstellung der Zellform. Die
Keime erscheinen blau.
1.3.2 Gram-Färbung
Die Gram-Färbung stellt ein wichtiges Differenzierungsverfahren dar, mit dessen Hilfe die
Bakterien in zwei Gruppen unterteilt werden können, die sich in ihrer Zellwandstruktur
unterscheiden.
Der Mureinsack der grampositiven Keime ist vielschichtig. Diese Keime halten den Anilinfarbstoff-Jod-Komplex so fest, dass er mit Ethanol nicht ausgewaschen werden kann. Sie
erscheinen violett. Der Mureinsack der gramnegativen Bakterien ist dagegen einschichtig.
Daher kann der Farbstoff unter Ethanoleinwirkung nach außen diffundieren. Zur besseren
Differenzierung wird mit einem roten Farbstoff gegengefärbt, die gramnegativen Keime
erscheinen daher rot.
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1 Allgemeine Mikrobiologie
1.3.3 Ziehl-Neelsen-Färbung zum Nachweis von Mykobakterien
Die Ziehl-Neelsen-Färbung dient zur Darstellung von säurefesten Stäbchen (Mykobakterien) in Patientenmaterialien. Säurefeste Bakterien verankern Karbol-Fuchsin so fest, dass
der Farbstoff auch unter HCl-Alkohol-Wirkung nicht mehr abgegeben wird. Sie erscheinen
rot, nicht-säurefeste Bakterien, Granulozyten und Epithelzellen erscheinen blau gefärbt
(siehe auch 2.1.3 auf Seite 23).
1.3.4 Spezialfärbungen
Beispiele sind:
• Neisser-Färbung zur Färbung der Polkörperchen von C. diphtheriae
• Ziehl-Neelsen-Färbung zum Nachweis säurefester Stäbchen (Mycobakterien)
• Tuschefärbung zur Darstellung von Kapseln
• Sporenfärbung zur Darstellung von sporenbildenden Bakterien
1.4 Kultureller Nachweis
Untersuchungsmaterial wird im mikrobiologischen Labor auf feste Nährböden ausgestrichen. Häufig wird gleichzeitig ein Teil der Materialprobe in ein flüssiges Nährmedium
gegeben, um die Anreicherung zahlenmäßig schwach vertretener Keimarten zu erreichen.
Nach Bebrüten des flüssigen Nährmediums wird dieses wiederum auf feste Nährböden
ausgestrichen. Das Ausstreichen bewirkt die Ausdünnung des Materials auf der Nährbodenoberfläche, so dass koloniebildende Einheiten (einzelne Bakterien, Diplo- bzw. Kettenkokken) so weit auseinander liegen, dass einzelne, aus einer Keimart bestehende Kolonien
wachsen (sog. 3-Ösen-Ausstrich). Diese Einzelkolonien dienen als Ausgangsmaterial für
die weitere Verarbeitung.
Die erfolgreiche Vermehrung von Bakterien auf künstlichen Nährböden hängt von folgenden Voraussetzungen ab:
• Quelle für Kohlenstoff und Stickstoff
• optimales Angebot von anorganischen Elementen und anderen wachstumsfördernden Substanzen
• geeigneter pH-Wert, Osmolarität
• geeignete Sauerstoffkonzentration
• geeignete Temperatur
• Verfügbarkeit energiereicher Verbindungen
Da alle pathogenen Bakterien heterotroph sind (sie können im Gegensatz zu den autotrophen Keimen organisches Material nicht aus anorganischen Verbindungen aufbauen),
werden die geeigneten Nahrungsbestandteile üblicherweise in Form von Proteinextrakten
angeboten. Pflanzliche und tierische Peptone (verdaute Proteine = Polypeptide) können
8
1.5 Differenzierung
auch zugesetzt werden, um eine besser zugängliche Kohlenstoff- und Stickstoffquelle zu
liefern. Die käuflichen Medien tragen diesen Bedürfnissen der Bakterien Rechnung.
Man teilt herkömmlicherweise die Nährböden für Bakterien in 4 Typen ein:
Grundnährböden:
Grundnährböden sind für die Anzüchtung vieler Bakterien geeignet.
Selektiv-Nährböden sind geeignet für die gezielte isolierte Anzüchtung bestimmter Keimarten aus Materialien, die eine gemischte bakterielle Flora enthalten
(z. B. Nährboden zur Selektion pathogener Keime aus der Stuhlflora).
Selektiv-Nährböden:
Differential-Nährböden dienen der Bestimmung von biochemischen Merkmalseigenschaften von Bakterien (siehe Versuch „Bunte Reihe“).
Differential-Nährböden:
Spezialnährböden dienen der Anzüchtung von Organismen mit ungewöhnlichen Wachstumsanforderungen (z. B. zur Anzucht von Haemophilus spp., Meningokokken, Legionellen, Mykobakterien etc.).
Spezialnährböden
1.4.1 Der mikrobiologische Probenansatz
Ausgangsmaterial für eine exakte bakteriologische Keimdifferenzierung ist die Reinkultur.
Da im medizinischen Untersuchungsgut meistens eine bakterielle Mischflora vorhanden
ist, müssen die Bakterien zunächst isoliert und (wenn nötig) angereichert werden, indem
man feste Nährböden so beimpft, dass Einzelkolonien von Bakterien entstehen, die sich
dann morphologisch, biochemisch und serologisch differenzieren lassen. Dazu werden
morphologisch unterschiedliche Kolonien mit der Impfnadel durch Antippen einer Kolonie abgeimpft, auf entsprechende Agarplatten ausgestrichen und inkubiert. Nach der Inkubation sucht man einzeln stehende morphologisch unterschiedliche Kolonien, die man
abimpft und erneut auf eine Agarplatte gibt, um eine Reinkultur zu erhalten.
1.5 Differenzierung
1.5.1 Einfache Differenzierungsverfahren
Nachweis von Katalase
Das Enzym Katalase ist für die Entgiftung toxischer Sauerstoffverbindungen von Bedeutung. Es katalysiert die Spaltung von Wasserstoffperoxid in Wasser und Sauerstoff (2H2 O2
→ 2H2 O + O2 ).
Der Nachweis der Bildung dieses Enzyms ist einfach und spielt bei der Differenzierung
von Mikroorganismen im mikrobiologischen Labor eine große Rolle. Die Katalasereaktion
eignet sich besonders dazu, Staphylokokken (Katalase-positiv) von Streptokokken und
Enterokokken (Katalase-negativ) zu unterscheiden.
9
1 Allgemeine Mikrobiologie
Material von der zu untersuchenden Kolonie wird auf einen Objektträger aufgebracht,
nach Zugabe von einem Tropfen H2 O2 erkennt man eine positive Katalasereaktion am
Aufsteigen von Gasbläschen.
Nachweis des Clumpingfaktors bei Staphylokokken
Von wesentlicher diagnostischer Bedeutung ist die Unterscheidung von Staphylococcus aureus (koagulasepositiv) von den übrigen, koagulasenegativen Staphylokokken (KNS). Staphylococcus aureus ist ein häufig pathogener Keim, während KNS je nach Spezies seltener
an pathogenen Prozessen beteiligt sind. Von den über 20 bekannten KNS ist insbesondere
Staphylococcus epidermidis als fakultativ pathogener Keim anzusehen.
Staphylococcus epidermidis besiedelt häufig Venenkatheter oder implantiertes Kunststoffmaterial und führt so zu lokaler Entzündung und/oder zu septischen Erscheinungen. Die
Fähigkeit, sich mit einer Schleimkapsel zu umgeben, macht ihn für Antibiotika weitgehend
unangreifbar. Aus anderen Krankheitsprozessen oder aus anderen Materialien wird er nur
selten isoliert.
Staphylococcus saprophyticus ist ein Erreger von Harnwegsinfektionen junger Frauen. Alle übrigen KNS haben nur selten humanpathogene Bedeutung. Die Differenzierung der
KNS erfolgt anhand biochemischer Merkmale bzw. Resistenzverhalten gegen bestimmte
Antibiotika.
Plasma-Koagulasetest (Referenzverfahren) zur Differenzierung von S. aureus von KNS:
Nachweis der freien Koagulase im Röhrchentest mit einem Zeitbedarf von mehreren Stunden. Für Staphylococcus aureus ist die Bildung von Plasmakoagulase charakteristisch. Es
handelt sich um ein sezerniertes Enzym, das analog zum Thrombin die Umwandlung von
Fibrinogen zu Fibrin bewirkt.
Wegen des geringen Zeitbedarfs wird im
Routinelabor und auch im Praktikum der CF-Test durchgeführt. Dieser Test weist den Fibrinogen-Rezeptor auf der Oberfläche von S. aureus nach. Ein positives Ergebnis im CFTest korreliert eng mit dem Vorhandensein von Plasmakoagulase. Bringt man Staphylococcus aureus und Plasma zusammen, kommt es zur Verklumpung (Agglutination) der Bakterien.
Clumpingfaktor-Test (CF; Routinemethode):
Differenzierungsschema für grampositive Kokken
Nachweis von Oxidase:
Die Cytochromoxidase ist ein in der Natur sehr verbreitetes Enzym der Eisenporphyringruppe. Es oxidiert das reduzierte Cytochrom c und geht dabei selbst in die reduzierte
und inaktive Form über. Durch Übertragung der Elektronen auf molekularen Sauerstoff
kehrt die reduzierte Cytochromoxidase wieder in die oxidierte und aktive Form zurück.
In Anwesenheit molekularen Sauerstoffs kann das Cytochrom-oxidase/Cytochrom c-System einer ganzen Reihe von organischen Substanzen Elektronen entziehen, unter anderem dem so genannten Nadi-Reagenz (N,N-Dimethyl-1,4-Phenylendi-ammoniumchlorid;
Naphthol-(1)), welches dabei das Kondensationsmolekül Indolphenolblau bildet. Diese
Reaktion wird zur Klassifizierung und Identifizierung von Bakterien verwendet. Zum
10
1.5 Differenzierung
Nachweis wird Bakterienmaterial der zu testenden Einzelkolonie auf einen mit Nadi-Reagenz getränkten Filterpapierstreifen gerieben. Im positiven Fall entsteht nach kurzer Zeit
eine Blaufärbung an der Auftragsstelle.
1.5.2 Biochemische Untersuchung der Stoffwechselleistungen von
Bakterien
Verglichen mit dem Merkmalsreichtum der höheren Organismen ist die Zahl morphologischer Merkmale der Bakterien und Pilze sehr gering. Mit ausschließlich morphologischen
Kriterien, nämlich der Form (Kugel-, Stäbchen- oder Schraubenform), oder dem Verhalten
in der Gramfärbung ist nur eine grobe Klassifikation möglich. Bei Verdacht auf Salmonellose z. B. ist aus dem mikroskopischen Bild allein eine Diagnose unmöglich, da auch viele
Keime der Darmflora gram-negative Stäbchen sind. Deshalb müssen die biochemischen
Stoffwechselleistungen der Keime für ihre Differenzierung und systematische Einordnung
herangezogen werden.
Die Tests zur Prüfung biochemischer Leistungen der Bakterien lassen sich grob wie folgt
einteilen:
• Nachweis der Fähigkeit, bestimmte Substrate als Kohlenstoffquelle zu nutzen
• Nachweis bestimmter Enzyme durch Stoffwechselprodukte
In der Routinediagnostik werden im allgemeinen einfache Tests angewandt, deren Reaktionsausfall durch Farbindikatoren angezeigt wird. Im mikrobiologischen Labor spricht
man deshalb von der so genannten „Bunten Reihe“.
Bunte Reihe zur biochemischen Differenzierung von Enterobacteriaceen und
Pseudomonas spp
Folgende Testsubstrate werden in der Regel zur Differenzierung verwendet:
• SIM ist ein Nährboden zum Nachweis von Indol- und Schwefelwasserstoffbildung.
Beim Abbau von Tryptophan wird Indol gebildet, durch Zugabe von Kovacs’ Indolreagenz, das Paradimethylaminobenzaldehyd (Ehrlich’s Aldehyd-Reagenz) enthält,
entsteht ein rotes Kondensationsprodukt. Durch Reduktion von Thiosulfat entsteht
Schwefelwasserstoff (H2 S), der mit einem Eisen (III)-Komplex als schwarzes Eisensulfid (FeS) ausfällt.
• Harnstoff-Nährboden zum Nachweis der Urease-Bildung. Spalten die Bakterien
Harnstoff, führt dies zu einer Alkalisierung des Nährbodens, die angezeigt wird
durch den Farbumschlag des Indikators Phenolrot von hellrot in rot-violett.
• Die Säurebildung aus den Zuckern Laktose und
• Saccharose wird durch den Farbumschlag des Indikators Phenolrot von rot nach gelb
angezeigt.
• Citrat ist der einzige Kohlenstofflieferant. Der Citratverbrauch bewirkt einen pHAnstieg und einen Umschlag des Indikators Bromthymolblau von grün nach blau.
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1 Allgemeine Mikrobiologie
• Eine geringe Peptonkonzentration und relativ hohe Kohlenhydratkonzentrationen
gestatten es, den OF-Nährboden zum Nachweis von Säuren zu verwenden, die entweder durch die oxidative oder fermentative Verwertung von Glukose entstanden
sind. Der Abbau von Glukose führt zur Säurebildung und einem nachfolgenden pHAbfall. Der Bromthymolblau-Indikator schlägt dementsprechend von grün in gelb
um. Die oxidative Verwertung von Glukose erkennt man an einer Gelbfärbung nur
im oberen Teil des Mediums, bei der fermentativen Verwertung von Glukose färbt
sich das gesamte Medium gelb.
Differenzierung von koagulase-negativen Staphylokokken (TMA-Platte)
Ein Nährboden, der die Zucker Trehalose und Mannitol sowie Bromkresolpurpur enthält.
Die Säurebildung durch die Verwertung einer oder beider Zucker wird durch einen Farbumschlag von violett nach gelb angezeigt. Zum Nachweis wird der zu testende Keim
strichförmig auf die TMA-Agarplatte aufgeimpft und über Nacht bei 37◦ C bebrütet. Werden Trehalose und/oder Mannitol gespalten, sind die Kolonien gelb gefärbt.
1.5.3 Lysotypische Differenzierung (Phagentest)
Bakteriophagen sind Viren, die ausschließlich Bakterien als Wirtszellen befallen und sich
in diesen vermehren. Der Wirtsbereich eines Phagen ist sehr beschränkt, da auf Grund
spezifischer Rezeptoren auf der Bakterienoberfläche jeder Phage nur bestimmte Bakterienspezies infizieren kann. Diese Phagenrezeptoren sind sogar innerhalb einer serologischen
Gruppe einer Bakterienspezies unterschiedlicher Natur. Mit Hilfe der Bakteriophagen lassen sich die Serotypen der Bakterienspezies in weitere Untertypen unterteilen (Phagentypisierung, Lysotypie). Nach Infektion der Bakterienzellen mit einem Phagen findet innerhalb der Bakterien eine Synthese neuer Phagen statt und die Wirtszelle wird anschließend
lysiert. Es entsteht dadurch im Bakterienrasen ein makroskopisch sichtbares Loch, ein so
genannter Plaque.
1.5.4 Immunologische Differenzierung/Immunologischer Nachweis
Differenzierung oder Nachweis von Erregern durch Antikörper gegen bestimmte bakterielle Antigene, z. B.
• serologische Differenzierung von Salmonellen durch Agglutination mit Antiseren gegen die O- bzw. H-Antigene
• Nachweis von Legionellen-Antigen im Urin
• Differenzierung von Streptokokken durch Nachweis der Lancefield-Antigene durch
Agglutination mit an Latex-gekoppelten Antikörpern.
1.5.5 Molekularbiologische Differenzierung/Nachweis
Nachweis von Erregern durch Inkubation mit DNA-Sonden, z. B.
• Differenzierung von Mykobakterien
12
1.6 Resistenz
• Nachweis von Gonokokken und Chlamydien
• Polymerasekettenreaktion (PCR) von Bakterien oder Viren (z. B. Borrelien, Mykobakterien, Mykoplasmen)
1.5.6 Nachweis von Pathogenitätsfaktoren
Als Pathogenitätsfaktoren bezeichnet man die Eigenschaften eines Erregers, die es ihm
ermöglichen, eine Infektion hervorzurufen. Dazu gehört die Fähigkeit, sich an Wirtszellen
anzuheften (Adhärenz), sich dort zu vermehren (Kolonisation) und in den Wirtsorganismus einzudringen (Invasion).
Zu den wichtigsten Pathogenitätsfaktoren gehören
• Toxine (z. B. Enterotoxine, Exotoxine, Cytotoxine)
• Adhäsine (z. B. Fimbrien)
• Kapseln
• Resistenz gegen intrazelluläre Abtötung
• Enzyme/Proteine (z. B. Hyaluronidasen, Koagulase, Kollagenase, Protein A, IgAProtease)
• Fähigkeit zur Antigenvariation (z. B. Veränderung der Aminosäuresequenz der Fimbrien oder äußeren Membranproteine bei Gonokokken)
1.6 Resistenz
1.6.1 Methoden der Resistenzbestimmung
Die Resistenzbestimmung dient zur Feststellung, bei welcher Konzentration ein Antibiotikum das Wachstum eines bestimmten Krankheitserregers hemmt. Damit wird festgestellt,
welches Antibiotikum mit wahrscheinlichem Erfolg zur Behandlung eingesetzt werden
kann. Es gibt dazu folgende Methoden:
• Reihenverdünnungstest
• Agar-Diffusions-Test
• Agar-Dilutionstest (z.B. Oxacillin-Screening-Agar)
• E-Test
• molekularbiologischer Nachweis von Resistenzgenen
13
1 Allgemeine Mikrobiologie
Beim Reihenverdünnungstest wird eine geometrische Verdünnungsreihe des Antibiotikums hergestellt. In die einzelnen Röhrchen der Verdünnungsreihe werden gleiche Mengen der zu prüfenden Bakteriensuspension gegeben. Nach einer bestimmten Bebrütungsdauer wird festgestellt, bei welcher minimalen Antibiotikum-Konzentration kein makroskopisch sichtbares Bakterienwachstum mehr stattgefunden hat (Minimale-Hemm-Konzentration: MHK).
Im Agar-Diffusionstest wird der zu prüfende Keim auf einen geeigneten Nährboden aufgebracht und danach Filterblättchen, die mit dem zu testenden Antibiotikum beschickt
sind, aufgelegt. Aus dem Filterpapier diffundiert das Antibiotikum in den Agar und verhindert das Wachstum der Keime. Dadurch entsteht ein so genannter Hemmhof. Bei einer
bestimmten Beladung des Testblättchens mit einem Antibiotikum ist die Größe des Hemmhofes abhängig von der Empfindlichkeit des Keimes und von den Diffusionseigenschaften
des Antibiotikums. Stellt man nun eine Korrelation der im Reihenverdünnungstest ermittelten MHK mit der Hemmhofgröße durch die Aufstellung einer Regressionsgeraden her,
so ist eine quantitative Auswertung des Agar-Diffusionstestes möglich. Dazu werden die
Durchmesser der Hemmhöfe ausgemessen und in Beziehung zur entsprechenden MHK
gesetzt.
1.6.2 Bewertung der Resistenzbestimmung
Aufgrund von Daten über die in vivo erreichbare Konzentration eines Antibiotikums kann
man ableiten, bis zu welcher MHK noch mit einem Therapieerfolg zu rechnen ist. Dadurch
ist es möglich, Grenzwerte für die einzelnen Antibiotika festzulegen, innerhalb derer ein
Keim als „resistent“ oder „sensibel“ angesehen werden kann.
In Abbildung 1.1 auf der nächsten Seite ist für ein bestimmtes Antibiotikum die Beziehung zwischen Hemmhofdurchmesser im Agardiffusionstest und der entsprechenden
MHK im Reihenverdünnungstest dargestellt. Jeder Punkt auf der Regressionsgeraden repräsentiert einen Wert, der für einen anderen Testkeim gefunden wurde.
Für jedes Antibiotikum muss eine eigene Regressionsgerade erstellt werden.
Die Angaben in dieser Abbildung beziehen sich auf ein hypothetisches Antibiotikum, das
nicht in höherer Dosierung gegeben werden kann als in der Dosierung, die zu einem Serumspiegel von 8 mg/l führt (dieser Wert ist natürlich für jedes Antibiotikum verschieden). Ausgehend von den gerade noch erreichbaren bzw. leicht erreichbaren Dosierungen
(mg/l) kann dann über die Regressionsgerade bestimmt werden, bei welcher Hemmhofgröße ein Keim als resistent, intermediär bzw. empfindlich zu gelten hat.
1.6.3 Resistenzmechanismen
Bakterien können sich durch verschiedene Mechanismen vor der Wirkung von Antibiotika
schützen:
• durch Verringerung der intrazellulären Konzentration: Es wird entweder in der äußeren oder in der inneren Membran der Transport eines Antibiotikums blockiert. Dabei spielt die Ladung des Antibiotikum-Moleküls eine entscheidende Rolle. Alternativ kann ein Antibiotikum auch von einem Transporter exportiert werden.
14
1.6 Resistenz
Abbildung 1.1: Beziehung zwischen therapeutischer Dosierung und in-vitro-Wirksamkeitsprü-
fung antibakterieller Chemotherapeutika
(E = empfindlich; (E) = intermediär; R = resistent)
15
1 Allgemeine Mikrobiologie
• durch die Bildung von Antibiotika-inaktivierenden Enzymen: Viele Bakterien sind
in der Lage, Enzyme zu produzieren, durch die Antibiotika inaktiviert werden (z.B.
β-Lactamasen, Aminoglykosid-modifizierende Enzyme). Dieser Resistenzmechanismus wird am häufigsten beobachtet.
• durch eine Veränderung der Targetaffinität: Alle Antibiotika haben einen Angriffspunkt (Target) im Bakterium (z.B. Penicillinbindeproteine, Ribosom, Gyrase etc.).
Durch eine Veränderung im Aufbau dieser Strukturen (z.B. Aminosäureaustausch
in der Gyrase, Methylierung eines Nukleotids in der rRNS) kann sich die Affinität
des Antibiotikums zum Target verändern und damit das Antibiotikum unwirksam
werden.
• durch eine Veränderung des Stoffwechselweges: Dieser Resistenzmechanismus ist
vor allem bei der Sulfonamidresistenz von Bedeutung.
Diese Resistenzmechanismen sind entweder chromosomal- oder plasmid-kodiert. Bei
chromosomal-kodierten Resistenzen handelt es sich um eine permanente, konstitutive Resistenz, bei der plasmid-kodierten Resistenz handelt es sich um eine erworbene, übertragene Eigenschaft. Man unterscheidet drei Formen der Resistenz:
• die natürliche Resistenz: Diese ist eine für eine Bakterienspezies typische Eigenschaft, die dazu führt, dass ein bestimmtes Antibiotikum von vorneherein unwirksam ist (z. B. weil das Target fehlt).
• durch Mutation entstandene, chromosomal fixierte Resistenz: Resistente Mutanten treten mit einer Häufigkeit von 10−6 - 10−12 auf, d.h. bei der Vermehrung von
Bakterien ist in dieser Größenordnung mit der Entstehung einer resistenten Mutante
zu rechnen. Diese Mutanten können durch entsprechende Antibiotikagabe selektiert
werden.
• die plasmid- oder transposon-kodierte (infektiöse) Resistenz: Diese Resistenz ist
die häufigste Form und führt meist zur Bildung Antibiotika-abbauender oder -modifizierender Enzyme. Da mit einem Plasmid oder Transposon gleichzeitig die Resistenz gegenüber mehreren Antibiotika (Multiresistenz) übertragen werden kann,
führt diese Art der Resistenzentstehung zur raschen Ausbreitung von Resistenzen.
1.6.4 Schwer zu erkennende Resistenzmechanismen
Induzierbare MLSBB -Resistenz
Makrolide (z.B. Erythromycin), Lincosamide (z.B. Clindamycin) und Streptogramin B greifen an der 50S Untereinheit des bakteriellen Ribosoms an, wo sie Peptidyltransfer und
Translokation inhibieren. Resistenz gegenüber allen drei Antibiotika wird durch eine Methylierung der 23S rRNS (am Adenin 2058) bewirkt. Diese Veränderung hat zur Folge, dass
keines der genannten Antibiotika mehr an das Ribosom binden kann. Die Resistenz ist normalerweise induzierbar, d.h. die Methylase wird nur exprimiert, wenn Antibiotikum vorhanden ist. Wie kann eine Substanz, die die Proteinsynthese inhibiert, die Expression eines
Proteins induzieren? Vor dem Methylasegen befindet sich ein DNS-Bereich, welcher für
ein 19-Aminosäuren-langes Peptid kodiert (siehe Abbildung 1.2 auf der nächsten Seite).
16
1.6 Resistenz
Die Sequenzen dieses Leaderpeptides und die Sequenzen im Startbereich für das Methylasegen bilden normalerweise zwei so genannte Stem-Loop-Strukturen aus, die bewirken,
dass die Ribosomenbindungsstelle für die Methylase (SD2 in der Abbildung 1.2) nicht zugänglich ist, das Gen also nicht abgelesen werden kann.
Abbildung 1.2: Konformationsänderung der mRNS des Methylasegens bei MLSB -Resistenz
(Leicht verändert aus: Leclercq et al., AAC 35, 7, 1267-72, 1991, mit freundlicher
Genehmigung)
Ohne Antibiotikum verbleibt die Sekundärstruktur wie in Konformation 1 dargestellt,
d.h. die Ablesung des Leaderpeptides (1) wird an der Stem-Loop-Struktur gestoppt und
der Ribosom-mRNS-Komplex löst sich. Die Ribosomenbindestelle für Methylase verbleibt
unzugänglich. Bindet ein Antibiotikum (Erythromycin) an das Ribosom, wird der Ribosom-mRNS-Komplex an der 1. Stem-Loop-Struktur stabilisiert, wodurch sich die Paarung
1:2 löst, was auch zu einer Instabilität der Paarung 3:4 führt, so dass sich statt dessen eine Assoziation zwischen den Bereichen 2 und 3 ausbildet. Hierdurch wird die Ribosomen-Bindungsstelle SD2 freigelegt und das Methylasegen ablesbar gemacht, so dass eine
Methylierung der 23S rRNS erfolgt und das Bakterium gegen alle drei Antibiotikaklassen
resistent wird. Die Induktion erfolgt am besten durch 14-gliedrige Makrolide (z.B. Erythromycin), die Methylase bewirkt aber Resistenz gegenüber allen Makroliden, Lincosamiden
(z.B. Clindamycin) und Streptogramin-B-Antibiotika. In vitro erscheint bei solchen Stämmen Erythromycin resistent während sich z.B. bei Clindamycin Hemmhöfe zeigen.
17
1 Allgemeine Mikrobiologie
Es kann leicht zu Mutationen in den Bereichen 1 oder 2 kommen, die zu konstitutiver
Ausbildung der Konformation 2 führen, also zu konstitutiver Methylaseproduktion. Diese
Mutanten sind gegen alle genannten Medikamente resistent. Da sich die Mutation während einer Therapie mit einem nicht induzierenden Antibiotikum ausbilden kann, sollte
auf die Verwendung von Clindamycin oder Streptogramin B bei Stämmen verzichtet werden, die das MLSB - Gen besitzen.
Induzierbare AmpC- β-Laktamase
Bei einigen gramnegativen Bakterienspezies ist die β-Laktamasebildung chromosomal kodiert. Bei diesen Stämmen (z. B. Enterobacter cloacae) kann es unter dem Einfluss von β-Laktamen zu einer Induktion der β-Laktamasebildung kommen. Bei der Induktion handelt es
sich um einen reversiblen Vorgang, der mit dem Abbau oder der Elimination des β-Laktam-Antibiotikums beendet ist. Die Induktion funktioniert auf genetischer Ebene durch
Inaktivierung eines Repressorproteins (siehe Abbildung 1.3).
Abbildung 1.3: Mechanismus der Induktion der β-Laktamasen
Bei Zellwandabbau entstehende Fragmente (GlcaMurTp) werden zum Recycling
in die Zelle transportiert. Das entstehende aMurTp induziert über AmpR die Bildung der β-Laktamase AmpC. Die Konzentration von aMurTp wird durch AmpD
gesenkt, wodurch weniger AmpC gebildet wird. Bei einer Mutation in AmpD kann
die Konzentration an MurTp nicht mehr kontrolliert werden und eine dauerhafte
Expression von AmpC resultiert
18
1.6 Resistenz
Bei Stämmen, bei denen eine Induktion beobachtet wird, können jedoch auch Mutanten
entstehen, bei denen aufgrund verschiedener Mutationen, meist in ampD die β-Laktamaseproduktion nicht mehr abgeschaltet werden kann. Diese Mutanten werden als „overproducer“ bezeichnet. Sie produzieren ständig große Mengen des Enzyms, unabhängig von
der Anwesenheit und der Art des β-Laktam-Antibiotikums. Die große Enzymmenge führt
dazu, dass diese Keime auch gegenüber so genannten „β-Laktamase-stabilen“ β-Laktamen
resistent sind. Sie können deshalb auf Medien, die Ureidopenicilline oder Cephalosporine
der 3. Generation enthalten, mit einer Frequenz von 10−4 - 10−7 selektioniert werden. Diese
Mutanten sind hoch resistente, schwer zu behandelnde Keime und spielen hauptsächlich
bei nosokomialen Infektionen eine Rolle.
Resistenztransfer
Bakterien enthalten oft zyklische DNA-Moleküle (Plasmide), die autonom repliziert werden. Plasmide tragen genetische Marker und bestimmen daher den Genotyp von Bakterien mit. Die meisten Plasmide sind übertragbar, d.h. sie sind in der Lage, bei Bakterien die
Ausbildung eines Konjugationsapparates für ihren eigenen Transfer zu veranlassen und
dem Empfänger der Plasmide neue genetische Eigenschaften zu verleihen.
1959 wurden in Japan Plasmide entdeckt, die genetische Information für eine Resistenz
gegen mehrere Antibiotika tragen. Solche Plasmide heißen R-Faktoren (R für Resistenz).
Sie lassen sich auf eine Reihe von Enterobacteriaceen durch Konjugation übertragen, und
zwar nicht nur von pathogenen Arten auf pathogene, sondern auch von pathogenen Arten
auf nichtpathogene und umgekehrt. Die R-Faktoren können für das spontane Auftreten
von Antibiotika-Resistenzen bei Enterobacteriaceen verantwortlich sein. So wurden z.B.
1965 in Japan R-Faktoren bei 50% aller Enterobacteriaceen in Stuhlproben von Patienten
gefunden.
Nachweis der β-Laktamasebildung bei Haemophilus influenzae, Moraxella catarrhalis
und Neisseria gonorrhoeae
Etwa 10 % der Stämme von Haemophilus influenzae bilden eine β-Laktamase (TEM-1), die
Resistenz gegen Ampicillin und Amoxicillin verleiht. Die Bildung der β-Laktamase kann
häufig nicht durch eine normale Resistenzbestimmung sondern nur durch den NitrocefinTest nachgewiesen werden.
Nitrocefin ist ein „chromogenes Cephalosporin“, das sich nach Spaltung des β-Laktamrings durch eine β-Laktamase von gelb nach rot verfärbt.
Nachweis einer Gentamicin High-level-Resistenz
Enterokokken sind nicht nur Verursacher von Harnwegsinfektionen, sondern auch von
Endokarditiden. Die Therapieempfehlungen für eine Endokarditis sehen eine Kombination aus einem Zellwand-aktiven Antibiotikum und einem Aminoglykosid vor. Alle Enterokokken sind gegenüber niedrigen Gentamicin-Konzentrationen resistent. Eine Monotherapie ist daher nicht sinnvoll. Für die Kombinationstherapie kann Gentamicin jedoch
verwendet werden, sofern keine High-Level-Resistenz (MHK > 500 mg/l) vorliegt. Diese
wird durch ein bifunktionales, aminoglykosidmodifiziertes Enzym verursacht. In diesem
Fall wirkt die Kombination von Aminoglykosiden und β-Laktam-Antibiotika nicht mehr
synergistisch, so dass die Heilung einer Endokarditis deutlich verzögert und erschwert
19
1 Allgemeine Mikrobiologie
wird. Daher ist es unbedingt notwendig, eine Gentamicin-High-Level-Resistenz bei Nachweis von Enterokokken in der Blutkultur oder an Herzklappen zu identifizieren.
Oxacillin-Screening-Test
S. aureus-Stämme, die Methicillin und Oxacillin resistent sind, werden kurz MRSA (Methicillin-resistente S. aureus) genannt. Der dafür ursächliche Resistenzmechanismus ist die
Produktion eines zusätzlichen Penicillin-Binde-Proteins (PBP2a), welches vom mecA-Gen
kodiert wird. Da dieses Gen manchmal homogen, manchmal aber auch heterogen exprimiert werden kann, lässt sich dieser Resistenzmechanismus nicht zuverlässig mit dem
Agar-Diffusionstest nachweisen. Daher müssen andere Methoden zum Nachweis dieser
Resistenz verwendet werden. Die gebräuchlichste darunter ist der Oxacillin-Screen-Agar,
bei dem durch ein erhöhtes Inokulum und veränderte Bedingungen (erhöhte Salzkonzentration und erniedrigte Inkubationstemperatur) die Oxacillin-Resistenz besser detektiert
wird.
20
2 Diagnostik einiger
Infektionskrankheiten
2.1 Infektionen des Respirationstraktes
2.1.1 Pharyngitis/Tonsillitis
Erreger:
z. B. Streptococcus pyogenes, Corynebacterium diphtheriae
Material:
Abstrich
Nachweis:
kulturell durch Anzucht der Erreger
2.1.2 Pneumonie
Erreger der ambulant erworbenen Pneumonie:
• Streptococcus pneumoniae
• Haemophilus influenzae
• Staphylococcus aureus
• Mycoplasma pneumoniae
• Chlamydia pneumoniae
• Legionella pneumophila
• Pneumocystis jiroveci (bei HIV-Patienten)
Erreger der nosokomial erworbenen Pneumonie:
• Pseudomonas aeruginosa
• Enterobacteriaceae
• Staphylococcus aureus (auch MRSA)
• Legionella pneumophila
• Aspergillus spp. (bei hämatologischen Patienten)
21
2 Diagnostik einiger Infektionskrankheiten
Material:
• Sputum (wichtig ist die korrekte Probenentnahme, Sputum muss Granulocyten enthalten, wenig Epithelzellen)
• Bronchial-/Trachealsekret
• Bronchiallavage (BAL; z. B. für den Nachweis von Pneumocystis carinii oder Legionella
pneumophila)
• tiefer Nasopharynxabstrich zum Nachweis von Bordetella pertussis
• Blutkultur
• Urin (Legionellen-Antigennachweis)
Bei Sputum ist der Nachweis von Plattenepithelzellen ein
Hinweis auf Verunreinigung durch Mundflora; bei granulozytenreichem Material ist u. U.
schon aus dem Präparat ein Hinweis auf den Erreger möglich (z.B. S. pneumoniae).
Mikroskopischer Nachweis:
Durch Anzucht des Erregers, beim Sputum semiquantitative Beurteilung des Bakterienwachstums zur Abtrennung von Kontamination, bei BAL speziesspezifischer quantitativer Ansatz.
Kultureller Nachweis:
Spezialfälle:
• Spezialnährböden für Bordetellen, Mycoplasmen, Legionellen
• Mykobakterien: nach Vorbehandlung des Probenmaterials Versuch des mikroskopischen Nachweises durch Spezialfärbung und Anzucht auf Spezialnährboden (6 Wochen) bzw. im „Bactec“ oder „BacTAlert“-Verfahren (2 - 3 Wochen)
• Chlamydia spp.: Nachweis durch PCR
• Pneumocystis jiroveci: IFT, Spezialfärbung
• Legionella pneumophila: Antigennachweis aus dem Urin
2.1.3 Mikrobiologische Untersuchungsmethoden bei Erregern
respiratorischer Infektionen
Optochintest zum Nachweis von Streptococcus pneumoniae
S. pneumoniae ist einer der wichtigsten Pneumonie- und Meningitiserreger. Kolonien von
S. pneumoniae zeigen auf Blutagar eine Vergrünung und gelegentlich eine zentrale Eindellung, die auf Autolyse der Bakterien in der Kolonie zurückgeführt werden kann.
Um in der mikrobiologischen Diagnostik von Untersuchungsmaterial aus dem Respirationstrakt S. pneumoniae von anderen vergrünenden Streptokokken zu unterscheiden, wird
der Optochin-Test eingesetzt. S. pneumoniae ist empfindlich gegen Optochin (Ethylhydrocuprein), während andere vergrünende Streptokokken resistent gegen diese Substanz sind.
Die Empfindlichkeit gegen Optochin wird durch einen Agardiffusionstest mit einem
Optochin-Testblättchen (OP 10 µg) geprüft. Ein Hemmhof mit einem Durchmesser >13
mm spricht für S.pneumoniae.
22
2.2 Infektionen des Gastrointestinaltraktes
Nachweis von Penicillinresistenz bei Streptococcus pneumoniae
Seit der ersten Beschreibung penicillinresistenter Stämme von S. pneumoniae im Jahr 1967
haben sich penicillinresistente Pneumokokkenstämme weltweit ausgebreitet. Die Resistenz beruht auf der Bildung modifizierter Penicillin-Bindeproteine (PBP2X, PBP2B) mit
reduzierter Affinität zu Penicillin.
Zum Nachweis von Penicillin-Resistenz bei Pneumokokken wird ein Oxacillin-Testblättchen (Ox 10 µg) eingesetzt. Ein Hemmhof mit einem Durchmesser <20 mm spricht für eine
reduzierte Empfindlichkeit gegen Penicillin und Oxacillin. Die Bestätigung der Resistenz
erfolgt dann durch Bestimmung der minimalen Hemmkonzentration gegen Penicillin mittels Agardilutionstest oder E-Test.
Nachweis von Haemophilus influenzae
Haemophilus influenzae, ein wichtiger Erreger von Atemwegsinfektionen und Meningitis,
benötigt zum Wachstum Hämin („Faktor X“) und NAD („Faktor V“). Da beide Faktoren
in Erythrozyten enthalten sind, werden Haemophilus spp. zu den hämophilen Bakterien
gezählt. Haemophilus influenzae wächst auf bluthaltigen Agarplatten, wenn die Erythrozyten lysiert sind. Eine Lyse der Erythrozyten im Agar kann durch kurzzeitiges Erhitzen des
Agars auf 80◦ C erreicht werden (Kochblutagar, Schokoladenagar).
Auf Blutagarplatten kann die Lyse der Erythrocyten auch durch Beimpfen mit einem
hämolysierenden Bakterium (meist Staphylococcus aureus) erreicht werden. Haemophilus influenzae kann im Bereich der Hämolysezone um den Impfstrich von S. aureus wachsen
(Ammenphänomen), während außerhalb der Hämolysezone kein oder nur sehr schwaches Wachstum zu sehen ist.
Nachweis von Mykobakterien
Die Ziehl-Neelsen-Färbung dient zur Darstellung von säurefesten Stäbchen (Mykobakterien) in Patientenmaterialien. Säurefeste Bakterien verankern bei Färbung mit erhitztem
Karbol-Fuchsin diesen Farbstoff so fest, dass er auch bei Entfärben mit HCl-Alkohol nicht
mehr abgegeben wird. Nach einer Gegenfärbung mit Methylenblau erscheinen sie deshalb
rot, nicht-säurefeste Bakterien, Granulozyten und Epithelzellen erscheinen blau gefärbt.
Der kulturelle Nachweis gelingt auf Spezialnährböden oder in halbautomatischen Systemen, bei denen die Proben in Flüssigmedien eingebracht werden. Das Wachstum wird in
diesen Geräten durch die CO2 -Produktion der Bakterien delektiert. Wegen der langen Generationszeit von Mykobakterien dauert es mitunter Wochen, bis eine positive Reaktion
nachweisbar ist.
2.2 Infektionen des Gastrointestinaltraktes
2.2.1 Entzündliche Darmerkrankungen
Salmonellen, Shigellen, obligat pathogene E. coli, Yersinien, Campylobacter spp.,
Aeromonaden, Vibrio cholerae, Clostridium difficile, Giardia lamblia, Entamoeba histolytica
Erreger:
Material:
Stuhl (bei Verdacht auf septische Enteritis auch Blutkultur)
23
2 Diagnostik einiger Infektionskrankheiten
Nachweis:
• mikroskopisch:
nach Anreicherung und Färbung bei Protozoen
• kulturell:
durch Anzucht des Erregers aus dem Stuhl, die Differenzierung der Erreger erfolgt
– biochemisch („Bunte Reihe“)
– serotypisch (bei Salmonellen, Yersinien, E. coli)
– lysotypisch
• Toxinnachweis:
z. B. bei Clostridium difficile (ELISA)
2.2.2 Gastritis, Ulcus duodeni und Ulcus ventriculi
Erreger:
Helicobacter pylori
Material:
Magenbiopsien
Nachweis:
• Urease-Schnelltest (Umschlag des Farbindikators Bromthymolblau von blau-grau
nach grün bei Freisetzung von NH3 und CO2 aus Harnstoff durch das Enzym Urease)
• kulturell durch Erregeranzucht auf antibiotikahaltigem Spezialnährboden
• histologisch
• serologisch
•
13 C-Harnstoff-Atemtest
2.2.3 Untersuchung von Stuhl auf Salmonellen
Die Keime der normalen Stuhlflora werfen erhebliche Probleme für die Isolierung eines
pathogenen Keimes wie z.B. Salmonella oder Shigella auf, dessen Keimdichte nur einen geringen Prozentsatz der gesamten Stuhlflora ausmacht. Es war deshalb notwendig, nach
Anzüchtungsbedingungen zu suchen, die das Wachstum der normalen Stuhlflora unterdrücken, das Wachstum der pathogenen Keime jedoch nicht beeinträchtigen, sondern eher
noch fördern. Gleichzeitig soll dem Untersucher aber schon eine Verdachtsdiagnose ermöglicht werden, ob die gewachsenen Keime pathogen sind oder zur normalen Stuhlflora
gehören.
Dazu sind zahlreiche Selektiv- und Indikatornährböden entwickelt worden. Dabei stellt
das Unvermögen der Salmonellen und Shigellen, Laktose zu spalten, ein wichtiges diagnostisches Kriterium gegenüber den laktosespaltenden E. coli-Keimen dar. Die Laktosespaltung wird durch Indikatorumschlag kenntlich gemacht. Als flüssiges Anreicherungsmedium hat sich die Selenitbouillon und als feste Selektivnährböden der McConkey- und
24
2.2 Infektionen des Gastrointestinaltraktes
der Xylose-Lysin-Desoxycholat-(XLD)-Agar gut bewährt. Die Selenitbouillon hemmt das
Wachstum der Begleitflora und fördert das Wachstum der pathogenen Darmbakterien, insbesondere der Salmonellen. Beim XLD-Agar wird der Abbau von Xylose, Lactose und Saccharose durch Umschlag des Indikators Phenolrot von rot nach gelb angezeigt. Thiosulfat
und Eisen-(III)-Salz zeigen Schwefelwasserstoffbildung an durch Ausfällung schwarzen
Eisensulfids in den Kolonien. Der Abbau von Lysin ist erkennbar an der purpurroten Farbe um die Kolonie infolge Erhöhung des pH-Wertes. Die Hemmwirkung des Nährbodens
auf die gramnegative Begleitflora ist schwach, das Wachstum grampositiver Keime wird
durch die Gallensalze gehemmt.
Bei Anzüchtung auf XLD-Agar wachsen Salmonellen und Shigellen in transparenten
Kolonien, da diese pathogenen Keime weder Xylose, Laktose noch Saccharose spalten. E.
coli, Klebsiella pneumoniae und andere apathogene Darmbakterien, die diese Zucker spalten
können, wachsen als gelbe Kolonien. Salmonella-Kolonien sind häufig an dem zentralen,
tiefschwarzen Punkt zu erkennen, der die Eisensulfidbildung anzeigt. Keime der ProteusGruppe, die auch Eisensulfid bilden können, wachsen in schwarzen etwas größeren, milchig-trüben Kolonien.
Salmonella-verdächtige Bakterienkolonien können mit drei verschiedenen Verfahren als
Salmonellen diagnostiziert werden:
• Serologische Typisierung (siehe auch Versuch „Agglutination“)
• Zugehörigkeit zum Genus Salmonella aufgrund der biochemischen Leistungen (siehe auch Versuch „Bunte Reihe“)
• Erkennung als Genus Salmonella durch Bakteriophagen
2.2.4 Serologische Differenzierung von Salmonellen
Unter einer Agglutination versteht man die Zusammenballung größerer antigener Partikel (z.B. Erythrozyten oder Bakterienzellen) durch eine Antigen-Antikörper-Reaktion.
Spezifische Antikörper reagieren dabei mit Antigenen, die auf der Oberfläche der Partikel
liegen. Bei Bakterien können diese Antigene sowohl auf der Zellwand (Körper- oder OAntigene) oder, wenn die Bakterien begeißelt sind, auf den Bakteriengeißeln liegen (Geißeloder H-Antigene). Die O-Antigene sind Lipopolysaccharide der Bakterienzellwand. Durch
die Bindung von Antikörpern entstehen körnige, beständige Agglutinate. Die H-Antigene
sind Proteine der Bakteriengeißeln. Durch die Antigen-Antikörperreaktion entstehen flockige, wenig beständige Agglutinate. Da die Determinanten der O- und H-Antigene verschiedener Bakterienspezies unterschiedlich zusammengesetzt sind, kann man durch die
Agglutination mit spezifischen Antikörpern gegen O- und H-Antigene eine Zuordnung
zu taxonomischen Gruppen vornehmen = Serotypie. (vgl. hierzu die Versuche zur Typisierung von Bakterienspezies durch Bakteriophagen = Lysotypie und die Differenzierung
aufgrund der biochemischen Leistungen). So hat z.B. bei den Salmonellen jeder Serotyp
bestimmte O- und H-Antigene, gegen die sich spezifische Antiseren gewinnen lassen, d.h.
mit diesen Antiseren lässt sich für jeden Serotyp eine Antigenformel ermitteln. Aufgrund
dieser Antigenformel ist ein Ordnungsprinzip für alle bisher bekannten Salmonella-Spezies
geschaffen worden: das Kauffmann-White-Schema. In diesem Schema legt die Antigenformel der O-Antigene die Zugehörigkeit zu einer Gruppe fest, z.B. alle Salmonellen mit den
O-Antigenen 6,7 gehören zur Gruppe C1. Innerhalb dieser Gruppen erfolgt die weitere
Einteilung anhand der H-Antigenformel.
25
2 Diagnostik einiger Infektionskrankheiten
H-Phasen-Variation: Die meisten Salmonella-Spezies können zwei antigenetisch verschiedene Geißelformen (so genannte H-Phasen) ausbilden. Im allgemeinen wird aufgrund der
genetischen Regulation immer nur eine Geißelform oder H-Phase ausgeprägt. Welche der
beiden möglichen Geißelformen phänotypisch ausgeprägt ist, unterliegt der so genannten
H-Phasen-Variation. Da verschiedene Salmonella-Spezies einer Gruppe häufig nur durch
ihre Geißelantigene unterschieden werden können (S. Paratyphi B/S. Typhimurium), ist es
stets notwendig, die Antigene beider H-Phasen serologisch zu bestimmen. Dazu wird die
Ausprägung der vorhandenen H-Phase mit Hilfe der so genannten Schwärmplatte (Antikörper gegen diese Phase im Agar) unterdrückt. Durch die Ausbildung der zweiten HPhase bleiben die Bakterien beweglich und können vom Rand der Schwärmzone isoliert
werden.
2.2.5 Rationelles Vorgehen bei Diarrhoe
Aufnahme wegen Diarrhoe (Erwachsener ohne Immunsuppression)
Ohne Auslandsaufenthalt:
• Salmonellen, Shigellen
• Yersinien
• Campylobacter
• Aeromonas (bei blutigen Stühlen)
• EHEC (bei blutigen Stühlen)
• Clostridium difficile (nach Antibiotikatherapie in den letzten 6 Wochen)
• Noroviren
Nach Auslandsaufenthalt zusätzlich:
• Giardia lamblia
• Entamoeba histolytica
• Wurmeier (bei entsprechender Anamnese)
• Vibrio cholerae (ausschließlich nach möglicher Exposition und vorheriger Rücksprache)
Aufnahme wegen Diarrhoe (Erwachsene mit Immunsuppression)
• Salmonellen, Shigellen
• Yersinia
• Campylobacter
• Aeromonas
26
2.2 Infektionen des Gastrointestinaltraktes
• EHEC
• EPEC
• EaggEC (HIV-Patienten)
• Kryptosporidien (HIV-Patienten)
• Microsporidien (HIV-Patienten)
• Giardia lamblia
• Amoeben (nach möglicher Exposition)
• Wurmeier (nach möglicher Exposition)
Es können weitere Erreger in Betracht kommen.
Aufnahme wegen Diarrhoe (Kinder ohne Immunsuppression)
Ohne Auslandsaufenthalt:
• Salmonellen, Shigellen
• Yersinia
• Campylobacter
• Aeromonas
• EHEC
• Rotaviren
Mit Auslandsaufenthalt zusätzlich:
• Giardia lamblia
• Entamoeba histolytica
• Wurmeier (bei entsprechender Anamnese)
• Vibrio cholerae (ausschließlich nach möglicher Exposition und vorheriger Rücksprache)
Aufnahme wegen Diarrhoe (Kinder mit Immunsuppression)
Wie unter Erwachsene mit Immunsuppression plus Rotaviren.
27
2 Diagnostik einiger Infektionskrankheiten
Diarrhoe nach Krankenhausaufnahme (> 3-4 Tage nach Aufnahme)
Wichtigste Ursache ist zunächst
Clostridium difficile
weswegen versucht werden sollte, das Toxin nachzuweisen. Bei Kindern kommen auch
Rotaviren in Betracht. Nur wenn es sich um Ausbrüche in einem abgeschlossenen Bereich
handelt und von einer im Krankenhaus verbreiteten Infektion auszugehen ist, wird wie
bei Diarrhoe als Aufnahmegrund vorgegangen.
2.3 Infektionen des Urogenitaltrakts
2.3.1 Harnwegsinfektionen
Enterobacteriaceae (z. B. E. coli, Proteus spp., Enterokokken, Staphylococcus saprophyticus, Pseudomonas spp.)
Erreger:
Mittelstrahlurin, Katheterurin oder Blasenpunktat
wichtig: zur Bestimmung der Keimzahl Ausstrich innerhalb von vier Stunden,
alternativ: Kühlung der Probe oder Anlegen eines Uricults
Material:
kulturell mit einer Keimzahlbestimmung, da die meisten Erreger von Harnwegsinfektionen auch am äußeren Genitale vorkommen, wird zur Unterscheidung von
Infektion oder Kontamination eine Keimzahlbestimmung durchgeführt, ein Hemmstofftest zum Nachweis einer den Keimnachweis störenden antibakteriellen Aktivität wird in
der Regel mit angelegt
Nachweis:
2.3.2 Sexuell übertragbare Krankheiten
Neisseria gonorrhoeae, Chlamydia trachomatis, Mycoplasma spp., Ureaplasma spp.,
Haemophilus ducreyi, Treponema pallidum, Trichomonas vaginalis
Erreger:
Material:
Abstrich
Nachweis:
• N. gonorrhoeae: mikroskopisch und Anzucht auf Spezialnährboden (eiliger Probentransport)
• Mycoplasmen/Ureaplasmen: Transportmedium notwendig; Kultur in Spezialnährmedien
• Chlamydia trachomatis: Nachweis durch Gensonde oder PCR (Spezialabstrichröhrchen verwenden)
• Trichomonas vaginalis: nur mikroskopischer Nachweis direkt nach Probenabnahme
möglich; kein Transport
28
2.4 Sepsis
• Treponema pallidum: kultureller Nachweis nicht möglich, eine Infektion ist nur serologisch nachweisbar
2.3.3 Keimzahlbestimmung und Hemmstoffnachweis im Urin
Für die Beurteilung von Harnwegsinfekten reicht eine qualitative Urinuntersuchung im
allgemeinen nicht aus. Da die meisten Erreger von Harnwegsinfektionen auch am äußeren
Genitale vorkommen, ist eine Unterscheidung von Kontaminanten und Infektionserregern
aufgrund einer quantitativen Bestimmung vorzunehmen.
Als Untersuchungsmaterial kommen Mittelstrahlurin, Katheterurin und Blasenpunktat
infrage. Beim Mittelstrahlurin gilt das Vorliegen einer Infektion als gesichert, wenn mehr
als 105 Keime/ml nachgewiesen werden. Bei einer Keimzahl von 104 bis 105 Keime/ml ist
eine Infektion fraglich; weniger als 104 Keime/ml können als Kontamination angesehen
werden. Dies sind jedoch nur Richtwerte, die u. U. entsprechend dem Stand der Erkrankung (frische oder chronische Infektion) abgewandelt werden müssen. Bei Blasenpunktaten ist jeder Keim als Indiz für eine Harnwegsinfektion anzusehen.
Bei Urinen, Punktaten und Sekreten wird im mikrobiologischen Labor ein Hemmstofftest durchgeführt, mit dem ermittelt wird, ob der Patient bereits mit einem Antibiotikum
behandelt wird. Das Vorhandensein eines Antibiotikums in der Probe wird nachgewiesen
durch Auftragen des Probenmaterials auf eine mit einem sensiblen Keim beimpfte Agarplatte (es entsteht ggf. ein Hemmhof; die Hemmhofgröße ist abhängig von der Konzentration des Antibiotikums in der Probe).
2.4 Sepsis
z. B. E. coli, Staphylococcus aureus, Streptokokken, Enterokokken, Enterobacteriaceae, Staphylococcus epidermidis, Pseudomonas spp., Pneumokokken, Haemophilus influenzae,
Meningokokken
Erreger:
Blutkultur: Blut in der Frühphase der Erkrankung (vor Beginn einer antibiotischen Therapie) abnehmen und in je eine aerobe und anaerobe vorgewärmte Flasche überführen; Flaschen bis zum Transport bei Zimmertemperatur lagern (eine Vorbebrütung vor
dem Probentransport ist nicht anzuraten). Die Wahrscheinlichkeit, den Erreger in der Blutkultur nachzuweisen, hängt vom kultivierten Blutvolumen ab. Sie steigt bis 40 ml Blut an.
Material:
Nachweis:
kultureller Nachweis des Erregers
2.5 Meningitis
je nach Lebensalter Streptococcus pneumoniae, Neisseria meningitidis, Haemophilus
influenzae, E. coli, Streptococcus agalactiae, Staphylococcus aureus, Enterobacteriaceae, Listeria
monocytogenes
Erreger:
Material: Liquor; direkt nach Probenabnahme an das mikrobiologische Labor weiterleiten (u. U. Transportmedium anlegen)
29
2 Diagnostik einiger Infektionskrankheiten
Nachweis:
• mikroskopisch
• direkter Antigen-Nachweis aus dem Liquor: möglich bei Streptococcus pneumoniae,
Haemophilus influenzae, Neisseria meningitidis Gruppe A, Neisseria meningitidis Gruppe
C und Neisseria meningitidis Gruppe B/E. coli K1 (kreuzreagierendes Kapselantigen)
• kulturell: durch Anzucht des Erregers (zusätzlich Hemmstofftest)
30
3 Serologische Nachweismethoden
3.1 Allgemeine Prinzipien
Als Serologie bezeichnet man den Nachweis von spezifischen Antikörpern im Patientenserum mit homologen Antigenen. In schrittweisen, meist geometrischen Verdünnungen
wird das Serum mit dem Antigen inkubiert. Die höchste Verdünnungsstufe, in der noch
eine Antigen-Antikörper-Reaktion nachgewiesen werden kann, bezeichnet man als Titer.
Erst ein Ansteigen des Titers (oder ein Abfallen hoher Titer) bei einer Folgeuntersuchung
nach zwei bis vier Wochen spricht für das Vorliegen einer Infektion. Einen gleichbleibenden oder leicht abfallenden Titerverlauf findet man bei einer länger zurückliegenden Infektion oder einer Schutzimpfung.
Unter einer Agglutination versteht man den Nachweis von Antikörpern
durch Inkubation des Serums mit ganzen Bakterien oder Antigenen, die an Latexpartikel
oder Erythrozyten gekoppelt sind.
Beispiel: Widal-Reaktion, TPHA, Nachweis des Rheumafaktors
Agglutination:
Man inkubiert das Patientenserum mit Antigenen, die auf einen Objektträger fixiert sind. Die Antikörperbindung wird durch einen zweiten Inkubationsschritt mit einem Fluoreszenz-markiertem Anti-Human-Globulin nachgewiesen.
Beispiel: FTA-Abs, Toxoplasmose-IFT, Nachweis von Auto-Antikörpern
Immunfluoreszenz:
Das Prinzip dieser Methode besteht darin, dass Antikörper aus dem Serum an Antigene binden, die an Mikrotiterplatten gekoppelt sind. Diese Bindung wird mit einem Enzym-markierten Anti-Human-Globulin nachgewiesen. Nach Zugabe einer Substratlösung kommt es im positivem Fall zu einem Farbumschlag, der proportional zur Menge der gebundenen Antikörper ist.
Beispiel: Nachweis von Antikörpern gegen Borrelien, Helicobacter u. a.
ELISA (Enzyme-linked immunosorbent assay):
Der Western Blot, auch als Immunoblot bezeichnet, ist eine in mehreren
Schritten ablaufende Immunreaktion zum Nachweis von Antikörpern in Körperflüssigkeiten. Im ersten Schritt wird ein Proteingemisch (z. B. Borrelien-Lysat) elektrophoretisch
aufgetrennt. Im zweiten Schritt werden die aufgetrennten Proteine auf eine Trägerfolie
(z. B. Nitrozellulose) übertragen. Diese Trägerfolie wird in einem dritten Schritt mit Patientenserum entwickelt. Durch Hinzufügen von Enzym-konjugierten Zweitantikörpern
und einer Substratlösung können in einer Farbreaktion Proteinbanden sichtbar gemacht
werden. Der Western Blot findet in der Mikrobiologie z. B. Anwendung zum Nachweis
von spezifischen Antikörpern gegen Borrelienproteine oder äußeren Membranproteinen
von Yersinien.
Western Blot:
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3 Serologische Nachweismethoden
Komplement ist ein System von Proteinen, das
durch Antigen-Antikörper-Komplexe aktiviert und bei dieser Aktivierung „verbraucht“
wird. Sensibilisierte Erythrozyten, d. h. mit Anti-Erythrozyten-Antikörpern (Ambozeptor)
beladene Erythrozyten, werden durch Inkubation mit Komplement lysiert.
Bei der KBR wird das Patientenserum mit einem Antigen unter Zugabe einer standardisierten Komplementmenge inkubiert. Enthält das Patientenserum homologe Antikörper gegen dieses Antigen, entstehen Antigen-Antikörper-Komplexe. Dabei wird das Komplement verbraucht. In einem zweiten Schritt werden zu diesem Testsystem sensibilisierte Erythrozyten zugefügt. Wurde im Testsystem durch Bildung von Antigen-AntikörperKomplexen Komplement verbraucht, können die Erythrozyten nicht lysiert werden, d. h.
die Suspension bleibt trüb. Enthält das Patientenserum keine homologen Antikörper, wird
im Testsystem kein Komplement verbraucht. Das Komplement steht somit noch für die
Lyse der Erythrozyten zur Verfügung, d. h. die Suspension wird klar.
In einem Vorversuch wird die kleinste Komplementverdünnung ermittelt, die gerade
noch ausreicht, die sensibilisierten Erythrozyten zu lysieren (eine hämolytische Einheit).
Im eigentlichen Testansatz wählt man eine Komplementverdünnung, die zwei hämolytischen Einheiten entspricht. Vor Durchführung der KBR wird das Patientenserum auf 56◦ C
erhitzt (inaktiviert) und damit das im Serum vorhandene Komplement zerstört.
Das Verfahren der KBR wird zum Nachweis von Antikörpern gegen eine Vielzahl von
bakteriellen und viralen Antigenen eingesetzt.
Komplementbindungsreaktion (KBR):
3.2 Luesserologie
Da der Erregernachweis bei einer Syphilis kulturell nicht möglich ist, werden zur Diagnose der Erkrankung hauptsächlich serologische Untersuchungsmethoden eingesetzt. Empfindlichkeit und Spezifität der verschiedenen Testsysteme werden bestimmt durch die Art
der benutzten Antigene. Das Vorgehen bei der Luesdiagnostik ist in Abbildung 3.1 auf der
nächsten Seite dargestellt.
Unspezifische Nachweismethoden:
Durch Gewebszerfall bei Entzündung wird im Körper Cardiolipin freigesetzt, ein Phospholipid, das reichlich in den Mitochondrien vorkommt und als Auto-Antigen die Antikörperbildung stimuliert. Der Nachweis dieser Antikörper (Reagine) durch das Antigen
Cardiolipin wird im Cardiolipin-Mikroflockungstest und in der Komplementbindungsreaktion durchgeführt. Der positive Ausfall dieser Reaktionen kann nicht als ausreichender Beweis für eine Syphilis-Infektion angesehen werden, da diese Antikörper auch bei
Lebererkrankungen, Tumoren und Autoimmunerkrankungen nachgewiesen werden können. Die Verdachtsdiagnose Syphilis muss stets durch den Nachweis von Treponema pallidum-spezifischen Antikörpern erhärtet werden. Man verwendet diese unspezifische Nachweismethode hauptsächlich zur Therapiekontrolle.
Zur Klärung, inwieweit eine bekannte Syphilis ausreichend behandelt worden ist bzw.
ob eine erneute Infektion stattgefunden hat, ist der Cardiolipintest nicht ausreichend. In
diesem Fall sollte unbedingt der Nachweis T. pallidum-spezifischer IgM-Antikörper angestrebt werden. Im Falle eines positiven IgM-Befundes liegt evtl. eine nicht effiziente Therapie vor.
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3.2 Luesserologie
Abbildung 3.1: Syphilisdiagnostik
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3 Serologische Nachweismethoden
Spezifische Nachweismethoden
Dabei wird Treponema pallidum als Antigen eingesetzt.
Zu dieser Nachweismethode gehören der Treponema pallidum-Haemagglutinationstest
und der Fluoreszenz-Treponema-Antikörper-Absorptionstest. Besonders spezifisch werden
diese Methoden durch die vorherige Inkubation des Patientenserums mit apathogenen
Treponemen zur Absorption von Antikörpern gegen das bei pathogenen und apathogenen Treponemen vorkommende Gruppenantigen.
Der FTA-Abs-Test
ist eine empfindliche und spezifische Methode, um im Serum Antikörper gegen T. pallidum,
den Erreger der Syphilis, nachzuweisen. Empfindlich deswegen, weil mit der Fluoreszenzmethode schon geringe Antikörpermengen nachweisbar sind.
Der FTA-Abs-Test ist spezifisch für den Nachweis von Antikörpern gegen T. pallidum,
weil durch eine vorherige Inkubation des Serums mit dem Sorbent (Ultraschall-fragmentierte apathogene Treponemen) Antikörper gegen das gemeinsame Gruppenantigen aller
Treponemen, auch der apathogenen, eliminiert werden. Nach der Inkubation mit dem Sorbent sind im Fluoreszenztest nur noch Antikörper gegen die spezifischen Antigene von T.
pallidum nachweisbar.
Fluoreszenz-Treponema-Antikörper-Absorption-Test (FTA-Abs-Test)
Nachweis von spezifischen
Antikörpern gegen Treponema pallidum im Serum durch Inkubation mit sensibilisierten
Hammelerythrozyten im Mikrotiterverfahren:
Das Patientenserum wird verdünnt und vorinkubiert in Absorptionsmedium, einem
Phosphatpuffer, der ultraschallbehandelte Treponemen (Reiter-Stamm) enthält. Diese Vorinkubation dient zur Absorption von Antikörpern gegen das gemeinsame Gruppenantigen aller Treponemen. Anschließend werden die Serumverdünnungen in einer Mikrotiterplatte mit Erythrozyten inkubiert, die ultraschallfraktionierte Zellkomponenten von
Treponema pallidum tragen. Bei Vorhandensein von Antikörpern gegen Treponema pallidum
agglutinieren die Erythrozyten, es bildet sich im Reaktionsgefäß eine glatte Zellmatte, die
den gesamten Boden bedeckt. Bei negativem Ausfall sedimentieren die Erythrozyten in
der Mitte der Vertiefung („Knopfbildung“).
Zur Kontrolle wird das Patientenserum auch mit nicht sensibilisierten Erythrozyten
inkubiert, um unspezifische Haemagglutination, z.B. durch heterophile Antikörper gegen
Hammelerythrozyten, auszuschließen.
Treponema pallidum-Haemagglutinationstest (TPHA-Test)
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