Oktober 08 Diagnostic Update Feline infektiöse peritonitis (FIP) Das feline Coronavirus (FCoV) gehört zur Familie der Coronaviridae. Das nicht mutierte FCoV wird fäkal-oral übertragen, befällt die intestinalen Epithelzellen und verursacht i. d. R. keine Symptome oder nur leichten, in seltenen Fällen auch schweren Durchfall. Durch eine Mutation im Tier können Coronaviren (FCoV) eine FIP auslösen; tatsächlich erkranken aber nur ca. 10 % der infizierten Katzen. Das FCoV muss mutieren, um eine vermehrte Replikation in den Makrophagen zu ermöglichen. Wenn ein Tier die mit dem mutierten FCoV befallen Makrophagen nicht frühzeitig eliminieren kann, kommt es zur Erkrankung. Tiere unter zwei Jahren erkranken häufiger, aber auch bei älteren Katzen kann es zur FIP-Infektion kommen. Nach Ausbruch der FIP hat das Alter keinen Einfluss auf das Fortschreiten der Krankheit. Kater sind öfter betroffen als Katzen. Pathogenese Die Pathogenese der FIP-Infektion ist noch nicht vollständig geklärt. Übertragung und Ausscheidung des FCoV Außerhalb des Wirtes kann das FCoV unter idealen Bedingungen ca. sieben Wochen überleben. FCoV wird kontinuierlich oder intermittierend mit dem Kot und in einem sehr frühen Infektionsstadium (wenige Tage post infectionem) mit dem Speichel, möglicherweise mit Sekreten des Respirationstraktes sowie Urin infizierter Katzen ausgeschieden. Die Virusmenge im Kot korreliert mit der Höhe der Antikörper im Blut. Die Aufnahme erfolgt oral oder eventuell durch Inhalation. Im Anschluss kommt es zur Virusreplikation in den Tonsillen, dem Darm und den Lymphknoten. Zeigt das infizierte Tier eine starke zellvermittelte Immunantwort, so kann die Infektion in diesem Stadium erfolgreich bekämpft werden. Diese Katzen sind klinisch gesunde FCoV Träger, die entweder nach ca. zwei Jahren das Virus eliminieren oder z. B. durch eine Immunsuppression (Glukokortikoidgabe, Krankheit, Stress, gleichzeitige FeLV- oder FIV-Infektion) klinisch erkranken, wenn das Virus mutiert ist. Entstehung des mutierten felinen Coronavirus Das mutierte Virus entsteht durch eine Spontanmutation im offenen Leserahmen (open reading frame, ORF) 7b des FCoV. Auch eine Deletion im 7a ORF ist möglich. Bei immunschwachen Katzen kann sich das Virus im Darm gut vermehren, so dass bei diesen Tieren die Wahrscheinlichkeit einer Mutation besonders hoch ist. Das mutierte und das nicht-mutierte Virus in derselben Katze sind zu 99,5 % homolog. Erst durch die Mutation kann sich das Virus in großen Mengen in Makrophagen replizieren. Die mutierte Form wird nicht mit Se- oder Exkreten ausgeschieden, so dass eine Übertragung als sehr unwahrscheinlich gilt. Die humorale Immunität durch IgA scheint bei der initialen Infektionsabwehr durch die Epithelzellen wichtig zu sein. Katzen mit einer schwachen zellulären Abwehr entwickeln Antikörper, die nicht immer protektiv sind. Im Rahmen der Impfstoffentwicklung (experimentell infizierte Katzen) wurde festgestellt, dass unter Umständen die Antikörper die Virusaufnahme in die Makrophagen erleichtern (Antikörperabhängige Verstärkung = Antibody-dependent enhancement) und somit den Krankheitsverlauf beschleunigen. Natürlich infizierte seropositive Katzen zeigten diesen Effekt aber nicht, sondern viele dieser Katzen schienen immun zu sein. Antigen-Antikörperkomplexe sind für die charakteristische granulomatöse Entzündung mit Thorax- und / oder Abdominalergüssen verantwortlich. Die Antigen-Antikörperkomplexe aktivieren Komplement, welches zur Chemotaxis und Akkumulation neutrophiler Granulozyten führt. Makrophagen werden durch die Komplexe zur Sekretion von Tumornekrosefaktor-α (TNF-α), Plättchenaktivierendem Faktor, Stickoxiden und Sauerstoffradikalen stimuliert. Interleukin-1 und TNF-α erhöhen die Gefäßpermeabilität und ermöglichen damit neutrophilen Granulozyten sowie Fibrinogen aus den Gefäßen auszutreten. Durch die erhöhte Gefäßpermeabilität entstehen stark eiweißhaltige Ergüsse, welche charakteristisch für die exsudative Form der FIP sind. Weiterhin kommt es zur Vaskulitis und Organschädigung durch die Ablagerung von Fibrin, die zum typischen granulomatösen Erscheinungsbild der betroffenen Organe und Gewebe führt. Die exsudative FIP ist die akute Erkrankungsform und tritt oft vier bis acht Wochen p.i. oder nach einem stressauslösenden Moment auf. Sie kann aber auch im Endstadium einer chronischen (trockenen) FIP auftreten. Die trockene FIP entsteht meist erst Wochen bis Monate p.i. Katzen mit der exsudativen Form der FIP haben i. d. R. hohe Antikörperlevel, die zu einer Zerstörung vieler Blutgefäße und zur Formation von Pyogranulomen führt. Die trockene Form ist möglicherweise Folge einer z. T. erfolgreichen zellulären Immunantwort. Entsprechend treten weniger (häufig aber große) Pyogranulome auf. Je nach befallenem Organ kommt es zur unterschiedlichen klinischen Symptomatik. Katzen mit FIP sind häufig lymphopenisch. Vor allem die Zahl der CD4+ Lymphozyten (syn. T-Helferzellen) im Gewebe vermindert sich während der Entwicklung FIP-typischer Läsionen. Klinik Man unterscheidet die FIP mit Erguss (exsudative Form) und die FIP ohne Erguss (trockene Form). Über die Hälfte der Tiere, die an FIP erkranken, sind unter 2 Jahre alt, prinzipiell können aber alle Altersstufen erkranken. Katzen aus Mehrkatzenhaushalten und Wohnungskatzen erkran- ken häufiger. Rassekatzen scheinen öfter betroffen zu sein, werden aber auch häufiger als Wohnungskatzen und in Mehrkatzenhaushalten gehalten. Vorberichtlich sind Katzen mit FIP innerhalb der letzten Monate oft Stress ausgesetzt gewesen. Die exsudative Form entwickelt sich i. d. R. schneller (häufig innerhalb von 4 – 6 Wochen p.i.) als die trockene Form und tritt etwa viermal so häufig auf. Katzen mit der exsudativen Form der FIP haben einen Aszites und/ oder einen Thoraxerguss. Seltener sind Ergüsse in Scrotum oder Perikard. Das Allgemeinbefinden kann ungestört bis stark beeinträchtigt sein. Typische Symptome einer FIP sind: • Umfangsvergrößertes Abdomen (bei Erguss) • Leichtes Fieber (39°C – 39,5°C) • Gewichtsverlust • Dyspnoe/Tachypnoe (bei Thoraxbeteiligung) • Vergrößerung des Scrotums (bei Erguss) • Gedämpfte Herztöne (bei Thorax- oder Perikarderguss) • Blasse/ikterische Schleimhäute • Mattigkeit • Evtl.: Vergrößerte abdominale Lymphknoten, unregelmäßig geformte Nieren, knotige Veränderungen der Abdominalorgane (Differentialdiagnose: Neoplasie) • Augensymptome Uveitis anterior oder Panuveitis mit pyogranulomatöser Chorioretinitis, perivaskulärer Entzündung, exsudativer Ablatio retinae und Entzündung des N. opticus, Hy- phäma, retinale Hämorrhagien, Corneaödem, keratitische Präzipitate (Hypopyon: neutrophile Granulozyten, Lymphozten, Zelldebris), entzündliche Niederschläge auf dem Hornhautendothel, Hornhautendotheldegenerationen, Hornhautgeschwür, Katarakt, Glaskörpertrübungen, Retinitis, Netzhautblutungen, Phtisis bulbi. Typischerweise sind bei der FIP die retinalen Gefäße mitbetroffen. • Neurologische Symptome Ataxie, Nystagmus, Krämpfe etc. Symptomatik je nach betroffenem Nervengebiet Einige Tiere entwickeln im Endstadium einer trockenen FIP die exsudative Form. Diagnose Die eindeutige Diagnose FIP ist am lebenden Tier schwer zu stellen. Hinweise geben typische labordiagnostische Veränderungen in Zusammenhang mit entsprechender Klinik sowie der Antikörper- bzw. Antigennachweis und die Punktatuntersuchung. Blutuntersuchung Die hämatologischen und klinisch-chemischen Veränderungen sind sehr variabel und nicht pathognomonisch. Typische Veränderungen sind: • Normozytäre, normochrome, nichtregenerative Anämie • Leukozytose mit Neutrophilie, z. T. Linksverschiebung, häufig Lymphopenie oder normale Leukozytenzahl bis mäßige Leukopenie • Hyperproteinämie mit Hyperglobulinämie • Dementsprechend erniedrigter Albumin/Globulin-Quotient • Fibrinogenerhöhung (Ausdruck der Entzündung) Je nach Organbeteiligung können weitere Veränderungen z. B. in der klinischen Chemie auftreten. Häufig sind: • Hyperbilirubinämie, Erhöhung der ALT • Azotämie (bei Glomerulonephritis) • Proteinurie Diese Veränderungen können auch bei anderen Erkrankungen auftreten. Untersuchung der Ergussflüssigkeit Makroskopisch: klare, gelbe, fadenziehende Flüssigkeit. Hoher Fibringehalt und entsprechend hohe Proteinkonzentration (> 3,5 g/dl). Spezifisches Gewicht: 1017 – 1047 Rivaltaprobe: positiv Zytologie: Exsudat, <25.000 Leukozyten/μl, neutrophile Granulozyten, Makrophagen, Lymphozyten Serologie Coronavirus Antikörpertiter Der Antikörpertiter sagt aus, ob die Katze Kontakt mit Coronaviren hatte. Eine Unterscheidung zwischen mutiertem und nicht mutiertem FCoV ist nicht möglich. Katzen mit FIP im Endstadium können niedrige oder negative Coronavirustiter haben, weil die Antikörper an Antigen gebunden sind. Katzenwelpen können während der ersten Lebenswochen maternale Antikörper aufweisen. Diese Titer fallen bis zur 6./7. Lebenswoche ab und können bis zur 12. bis 16. Lebenswoche negativ sein, bis die Katzen eigene Antikörper ausbilden. Dementsprechend kann bei Katzen zwischen der 6. und 12. Lebenswoche durch einen negativen Coronavirustiter eine Coronavirusinfektion nicht ausgeschlossen werden. PCR Eine Unterscheidung zwischen mutiertem und nicht mutiertem FCoV, das im Körper unter Umständen mutieren kann, ist derzeit mit Hilfe der PCR noch nicht möglich. Der Nachweis von Felinem Coronavirus (FCoV) in Punktat oder Liquor spricht für das Vorliegen einer FIP, kann aber auf Grund einer erhöhten Permeabilität auch bei nicht FIP infizierten Katzen vorkommen. Der qualitative Nachweis von FCoV im Kot beweist lediglich die Infektion mit FCoV und gibt keinen Hinweis auf eine FIP-Erkrankung. Er dient der Identifizierung von Virusausscheidern, wobei der Test bei einem negativen Ergebnis wiederholt werden sollte, da die Virusausscheidung intermittierend sein kann. Die Quantifizierung der Virusausscheidung im Kot mittels PCR könnte in Zukunft ein wertvolles Diagnostikum für die Identifizierung von “starken” Ausscheidern in einer Katzenpopulation sein, die eine Gefahr für andere Tiere darstellen. Da die Infektion von Monozyten und Makrophagen für die Entstehung der FIP von Bedeutung ist, gilt der Coronavirus-Nachweis in der Monozyten-Makrophagenfraktion des EDTA-Blutes (Buffy-Coat) als sehr spezifisch für eine FIPInfektion. Die quantitative PCR wäre auch in Liquor, Punktat oder Blut ein hilfreiches Diagnostikum. Antigennachweis mittels Immunfluoreszenz in Makrophagen Der Antigennachweis mittels Immunfluoreszenz ist weniger sensitiv als die PCR, so dass erst ab einer höheren Antigenmenge ein positives Resultat festgestellt wird. Dies ist im Hinblick auf die Diagnose einer FIP-Infektion von Vorteil, da die Antigenmenge bei nicht mutierten FCoV in Punktat oder Liquor i. d. R. niedrig ist. Entsprechend bedeutet ein positiver Antigennachweis mittels Immunfluoreszenz in den Makrophagen, dass eine FIP-Infektion wahrscheinlich ist. Histopathologie Biopsien betroffener Organe und Gewebe, gegebenenfalls mit Immunhistochemie, sind die sicherste Nachweismethode der FIP. Diagnostic Update Untersuchungsmöglichkeiten bei IDEXX IDEXX Vet•Med•Labor IDEXX VetLab® System Coronavirus (FCoV, FECV) (RNA) - PCR VetTest® Trockenchemie-Analysegerät Coronavirus (FCoV) (AK) - IFT LaserCyte® Hämatologie-Analysegerät FIP Screening FIP-/Coronavirus-Titer, ALT (GPT), Bilirubin, Serumeiweißelektrophorese, Großes Blutbild Histologische/Zytologische Untersuchungen Punktatprofil 1 Zytologie, Gesamteiweiß. spez. Gewicht Punktatprofil 2 Zytologie, Gesamteiweiß. spez. Gewicht, Bakteriologie (aerob + anaerob) Maja Hirsch Dr. med. vet., FTA Klein- und Heimtiere Vet Med Labor GmbH Division of IDEXX Laboratories Mörikestraße 28/3 D–71636 Ludwigsburg Tel: +49 – (0)1802 – 83 86 33 Fax: +49 – (0) 7141 – 648 35 55 www.idexx.de D-242-0708