+ über Die NS-Täter Die Nürnberger Gesetze und Verordnungen Das Münchner Abkommen Das Novemberpogrom Das Warschauer Ghetto Das Protokoll der Wannsee-Konferenz Belzec, Sobibor, Treblinka Den Aufstand im Warschauer Ghetto Die Gerechten unter den Völkern Die DP-Lager Biografien von NS-Tätern Biografien von NS-Tätern Hermann GÖRING Joseph GOEBBELS Heinrich HIMMLER Adolf Eichmann Reinhard Heydrich Josef MENGELE (1893-1946) Reichsminister für Luftfahrt und Oberbefehlshaber der Luftwaffe Hermann Göring entstammt einer preußischen Beamtenfamilie. Nach der Kadettenanstalt in Karlsruhe besucht er die Hauptkadettenanstalt in Berlin-Lichterfelde. Während des Ersten Weltkriegs meldet er sich zur Fliegertruppe, wird Jagdflieger und schließlich Oberleutnant und Kommandeur eines Jagdgeschwaders. 1922 tritt er der NSDAP bei. Hitler beauftragt ihn mit der Leitung der Sturmabteilung (SA). 1928 wird er in den Reichstag gewählt. Nachdem die NSDAP als stärkste Fraktion aus den Wahlen von 1932 hervorging, wird Göring zum Reichstagspräsidenten gewählt und besetzt somit eines der führenden Staatsämter. Im Januar 1933 ernennt Hitler ihn zum Reichskommissar für das preußische Innenministerium. In dieser Funktion ist er nach dem Reichstagsbrand maßgeblich am Verbot und der Verfolgung der Kommunisten beteiligt, die er beschuldigt, das Feuer gelegt zu haben. Er gründet die Gestapo, errichtet die ersten Konzentrationslager und lässt der Polizei freie Hand bei der Verfolgung von Regime-Gegnern. Am 23. April 1945 verlangt Göring, gemäß eines Erlasses vom 29. Juni 1941, als Hitlers Nachfolger eingesetzt zu werden. Hitler veranlasst daraufhin nach Absprache mit seinem Privatsekretär Martin Bormann Görings Verhaftung. Vor dem Internationalen Militärgerichtshof in Nürnberg verteidigt Göring die Politik des NS-Regimes. Er wird zum Tode verurteilt, begeht jedoch kurz vor der Urteilsvollstreckung Selbstmord. (1897-1945) Reichsminister fürVolksaufklärung und Propaganda Joseph Goebbels promoviert 1921 in Germanistik. Kurz darauf wendet er sich den Ideen des Nationalsozialismus zu, wird Sekretär von Gregor Strasser und, im Jahre 1924, Redakteur der nationalsozialistischen Wochenzeitschrift „Völkische Freiheit“. Ende August 1926 ernennt Hitler ihn zum Gauleiter von Berlin. Am 20. Mai 1928 wird er einer der zwölf neugewählten NSDAP-Abgeordneten im Reichstag. Ende 1929 ernennt Hitler ihn zum Reichspropagandaleiter der Partei. Als Hitler im Januar 1933 Reichskanzler wird, richtet er das Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda ein, mit dessen Leitung er am 13. März 1933 Goebbels beauftragt. Dieser sieht die Propaganda als eine wichtige Waffe an. In kürzester Zeit erlangt er eine totale Kontrolle über alle Aspekte des intellektuellen und kulturellen Lebens: Presse, Verlage, Film, Theater und Rundfunk. Nach der Ermordung vom Raths 1938 in Paris organisiert Goebbels die „Reichspogromnacht“ und lässt Synagogen und jüdische Geschäfte plündern und in Brand setzen. 1941 setzt er sich für ein „judenfreies“ Berlin ein und ordnet das Tragen des „Judensterns“ an. Nach Hitlers Tod begeht auch er am 1. Mai 1945 mit seiner Frau und seinen sechs Kindern Selbstmord. Sein Tagebuch, das von der sowjetischen Armee gefunden wurde, stellt eine der wichtigsten Quellen über das NS-Regime dar. (1900-1945) Reichsinnenminister, Reichsführer-SS, Chef der Gestapo und der deutschen Polizei Heinrich Himmler kommt aus einer streng katholischen Familie. Im Ersten Weltkrieg wird er Offiziersanwärter, wird jedoch nicht an der Front eingesetzt. Ab 1919 studiert er in München Landwirtschaft. 1923 tritt er der NSDAP bei und beteiligt sich am fehlgeschlagenen Hitler-Putsch. 1925 arbeitet er mit Joseph Goebbels für Gregor Strasser und wird Mitglied der neugegründeten SS. Seit diesem Zeitpunkt bringt Himmler Hitler bis zu den letzten Kriegstagen eine uneingeschränkte Bewunderung, Ergebung und Treue entgegen. Am 6. Januar 1929 ernennt Hitler ihn zum Reichsführer der SS. Er baut die Organisation konsequent in den gefürchteten „Schwarzen Orden“ aus, mit eigener politischer Polizei, der Gestapo, eigenem Geheimdienst, der Leitung über die Konzentrationslager und seinen Kampftruppen, der Waffen-SS. Er ist seit 1936 Chef der deutschen Polizei und wird außerdem 1943 Reichsinnenminister. Er dehnt seine Terrorherrschaft nicht nur auf Deutschland, sondern auch auf das ganze besetzte Europa aus. In Polen organisiert er, unter anderem mit Hilfe mobiler Mordkommandos, die systematische Ermordung von Hunderttausenden Polen und Juden. Nach dem fehlgeschlagenen Attentat auf Hitler vom 20. Juli 1944 wird er Oberbefehlshaber des Ersatzheeres. Als Hitler erfährt, dass Himmler versucht, die Macht zu übernehmen und über die Kapitulation des Deutschen Reichs zu verhandeln, entlässt er ihn aus allen Ämtern. Himmler begeht am 23. Mai 1945 Selbstmord. (1906-1962) Leiter des Referats IV B 4 („Judenund Räumungsangelegenheiten“) des Reichssicherheitshauptamts (RSHA) Adolf Eichmann tritt im April 1932 der österreichischen NSDAP und der SS bei. 1935 wird er in den Sicherheitsdienst (SD) aufgenommen und arbeitet im „Referat Juden“. 1938 wird er als Leiter der „Zentralstelle für jüdische Auswanderung“, deren Aufgabe die Abschiebung der jüdischen Bevölkerung ist, nach Wien versetzt. 1939 übt er die gleiche Funktion in Prag aus und wird nach der Gründung des Reichssicherheitshauptamts (RSHA) am 27. September 1939 Leiter der „Reichszentrale für jüdische Auswanderung“ in Berlin und, im Dezember 1939, Leiter des Referats IV B 4 („Juden- und Räumungsangelegenheiten“). Er hat Repräsentanten in allen Botschaften der besetzten Länder und kann so die Deportationen und Massenermordungen von Millionen Juden aus ganz Europa koordinieren. Am 20. Januar 1942 führt er Protokoll auf der Wannsee-Konferenz und konsolidiert seine Position als „Spezialist für Judenangelegenheiten“. Im Mai 1944 reist er nach Budapest, um die Deportation der 440.000 ungarischen Juden nach AuschwitzBirkenau persönlich zu organisieren. Nach Kriegsende taucht er erst in Deutschland unter und flüchtet 1950 mit gefälschten Papieren nach Italien und von dort nach Argentinien. Im Mai 1960 wird er vom israelischen Geheimdienst festgenommen. Er wird nach Jerusalem entführt, dort vor Gericht angeklagt und im Dezember 1961 zum Tode verurteilt. Das Todesurteil wird am 31. Mai 1962 vollstreckt. (1904-1942) Leiter des Reichssicherheitshauptamts (RSHA) Reinhard Heydrich tritt 1931 der NSDAP und der SS bei und wird in kürzester Zeit zum engsten Mitarbeiter Himmlers. Im Juli 1932 beauftragt ihn dieser mit der Gründung und kurz darauf der Leitung des Sicherheitsdiensts (SD) der SS, dessen Aufgabe die Überwachung politischer Gegner ist. Er steigt schnell innerhalb der SS-Hierarchie auf und wird im Januar 1936 Leiter der SIPO (Sicherheitspolizei), der auch die Gestapo untersteht. Im Oktober 1939 werden unter seiner Führung SD und SIPO im neuen Reichssicherheitshauptamt (RSHA) zusammengefasst. Im Juni 1941 organisiert er die von den „Einsatzgruppen“ verübten Massenerschießungen an der Ostfront. Am 20. Januar 1942 ruft er die Wannsee-Konferenz ein, um die Maßnahmen von Regierung und Parteistellen zu koordinieren und somit die „Endlösung der Judenfrage“ (eine Tarnbezeichnung für die systematische Ermordung der europäischen Juden) zu organisieren. Am 27. Mai 1942 wird in Prag von tschechoslowakischen Widerstandskämpfern ein Attentat auf ihn verübt, und am 4. Juni erliegt er seinen Verletzungen. (1911-1979) Leitender Arzt im Vernichtungslager AuschwitzBirkenau Josef Mengele, Arzt und promovierter Anthropologe, wird 1937 am Institut für Erbbiologie und Rassenhygiene in Frankfurt tätig und spezialisiert sich auf die Zwillingsforschung. Im gleichen Jahr wird er Mitglied der NSDAP, ein Jahr darauf der SS. Im Zweiten Weltkrieg meldet er sich zur Waffen-SS und dient als Bataillonsarzt in Frankreich und Polen, ab 1941 an der Ostfront. 1943 wird er Lagerarzt im Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau. Er übernimmt sowohl die „Selektion“ an der Rampe als auch die der Häftlinge im Lager, die er nach seinem Belieben zum Tod in der Gaskammer schicken kann. Er führt „wissenschaftliche Recherchen“ zu „rassischen Unterschieden“ und Behinderungen durch. Menschen mit körperlichen Abnormitäten werden auf seinen Befehl sofort nach Ankunft im Lager getötet. Mengele interessiert sich besonders für Menschenexperimente an Zwillingen, Kleinkindern und Kleinwüchsigen. Nach Kriegsende gelingt ihm die Flucht aus einem amerikanischen Internierungslager. 1949 flieht er über Italien nach Buenos Aires. Im November 1959 erhält er die paraguayische Staatsangehörigkeit. Trotz bundesdeutscher Haftbefehle bleibt er in Freiheit. 1985 setzt die israelische Regierung eine hohe Belohnung auf seine Ergreifung aus. Doch Mengele starb wahrscheinlich 1979 bei einem Schwimmunfall in Brasilien. Im Juli 1985 wird er exhumiert. Untersuchungen und eine DNA-Analyse bestätigen seine Identität nahezu zweifelsfrei. Die Nürnberger Gesetze und Verordnungen Die Nürnberger Gesetze und Verordnungen 16. September 1935 Die Nürnberger Gesetze definierten drei Arten von Bewohnern des Deutschen Reichs: „Arier“, „Juden“ und „Mischlinge“. Juden galten nicht mehr als Reichsbürger und ihre Rechte wurden extrem eingeschränkt: Sie durften z. B. nicht mehr im Lehrbetrieb, in der Landwirtschaft oder in den Medien tätig sein und durften kein nichtjüdisches Hauspersonal mehr beschäftigen. Eheschließungen zwischen Juden und „Ariern“ wurden verboten. Reichsgesetzblatt Teil I 1935 S. 1333–1334 Erste Verordnung zum Reichsbürgergesetz Vom 14. November 1935 Auf Grund des § 3 des Reichsbürgergesetzes vom 15. September 1935 (Reichsgesetzbl. I S. 1146) wird folgendes verordnet: §1 (1) Bis zum Erlaß weiterer Vorschriften über den Reichsbürgerbrief gelten vorläufig als Reichsbürger die Staatsangehörigen deutschen oder artverwandten Blutes, die beim Inkrafttreten des Reichsbürgergesetzes das Reichstagswahlrecht besessen haben, oder denen der Reichsminister des Innern im Einvernehmen mit dem Stellvertreter des Führers das vorläufige Reichsbürgerrecht verleiht. (2) Der Reichsminister des Innern kann im Einvernehmen mit dem Stellvertreter des Führers das vorläufige Reichsbürgerrecht entziehen. §2 (1) Die Vorschriften des § 1 gelten auch für die staatsangehörigen jüdischen Mischlinge. (2) Jüdischer Mischling ist, wer von einem oder zwei der Rasse nach volljüdischen Großelternteilen abstammt, sofern er nicht nach § 5 Abs. 2 als Jude gilt. Als volljüdisch gilt ein Großelternteil ohne weiteres, wenn er der jüdischen Religionsgemeinschaft angehört hat. §3 Nur der Reichsbürger kann als Träger der vollen politischen Rechte das Stimmrecht in politischen Angelegenheiten ausüben und ein öffentliches Amt bekleiden. Der Reichsminister des Innern oder die von ihm ermächtigte Stelle kann für die Übergangszeit Ausnahmen für die Zulassung zu öffentlichen Ämtern gestatten. Die Angelegenheiten der Religionsgesellschaften werden nicht berührt. §4 (1) Ein Jude kann nicht Reichsbürger sein. Ihm steht ein Stimmrecht in politischen Angelegenheiten nicht zu; er kann ein öffentliches Amt nicht bekleiden. (2) Jüdische Beamte treten mit Ablauf des 31. Dezember 1935 in den Ruhestand. Wenn diese Beamten im Weltkrieg an der Front für das Deutsche Reich oder für seine Verbündeten gekämpft haben, erhalten sie bis zur Erreichung der Altersgrenze als Ruhegehalt die vollen zuletzt bezogenen ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge; sie steigen jedoch nicht in Dienstaltersstufen auf. Nach Erreichung der Altersgrenze wird ihr Ruhegehalt nach den letzten ruhegehaltsfähigen Dienstbezügen neu berechnet. (3) Die Angelegenheiten der Religionsgesellschaften werden nicht berührt. [1334] (4) Das Dienstverhältnis der Lehrer an öffentlichen jüdischen Schulen bleibt bis zur Neuregelung des jüdischen Schulwesens unberührt. §5 (1) Jude ist, wer von mindestens drei der Rasse nach volljüdischen Großeltern abstammt. § 2 Abs. 2 Satz 2 findet Anwendung. (2) Als Jude gilt auch der von zwei volljüdischen Großeltern abstammende staatsangehörige jüdische Mischling, a) der beim Erlaß des Gesetzes der jüdischen Religionsgemeinschaft angehört hat oder danach in sie aufgenommen wird, b) der beim Erlaß des Gesetzes mit einem Juden verheiratet war oder sich danach mit einem solchen verheiratet, c) der aus einer Ehe mit einem Juden im Sinne des Absatzes 1 stammt, die nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre vom 15. September 1935 (Reichsgesetzbl. I S. 1146) geschlossen ist, d) der aus dem außerehelichen Verkehr mit einem Juden im Sinne des Absatzes 1 stammt und nach dem 31. Juli 1936 außerehelich geboren wird. §6 (1) Soweit in Reichsgesetzen oder in Anordnungen der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei und ihrer Gliederungen Anforderungen an die Reinheit des Blutes gestellt werden, die über § 5 hinausgehen, bleiben sie unberührt. (2) Sonstige Anforderungen an die Reinheit des Blutes, die über § 5 hinausgehen, dürfen nur mit Zustimmung des Reichsministers des Innern und des Stellvertreters des Führers gestellt werden. Soweit Anforderungen dieser Art bereits bestehen, fallen sie am 1. Januar 1936 weg, wenn sie nicht von dem Reichsminister des Innern im Einvernehmen mit dem Stellvertreter des Führers zugelassen werden. Der Antrag auf Zulassung ist bei dem Reichsminister des Innern zu stellen. §7 Der Führer und Reichskanzler kann Befreiungen von den Vorschriften der Ausführungsverordnungen erteilen. [Ausgefertigt] Berlin, den 14. November 1935. Der Führer und Reichskanzler Adolf Hitler Der Reichsminister des Innern Frick Der Stellvertreter des Führers R. Heß Reichsminister ohne Geschäftsbereich Reichsgesetzblatt Teil I 1935 S. 1334–1336 Erste Verordnung zur Ausführung des Gesetzes zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre Vom 14. November 1935 §1 (1) Staatsangehörige sind die deutschen Staatsangehörigen im Sinne des Reichsbürgergesetzes. (2) Wer jüdischer Mischling ist, bestimmt § 2 Abs. 2 der Ersten Verordnung vom 14. November 1935 zum Reichsbürgergesetz (Reichsgesetzbl. I S. 1333). (3) Wer Jude ist, bestimmt § 5 der gleichen Verordnung. §2 Zu den nach § 1 des Gesetzes verbotenen Eheschließungen gehören auch die Eheschließungen zwischen Juden und staatsangehörigen jüdischen Mischlingen, die nur einen volljüdischen Großelternteil haben. §3 [1335] (1) Staatsangehörige jüdische Mischlinge mit zwei volljüdischen Großeltern bedürfen zur Eheschließung mit Staatsangehörigen deutschen oder artverwandten Blutes oder mit staatsangehörigen jüdischen Mischlingen, die nur einen volljüdischen Großelternteil haben, der Genehmigung des Reichsministers des Innern und des Stellvertreters des Führers oder der von ihnen bestimmten Stelle. (2) Bei der Entscheidung sind insbesondere zu berücksichtigen die körperlichen, seelischen und charakterlichen Eigenschaften des Antragstellers, die Dauer der Ansässigkeit seiner Familie in Deutschland, seine oder seines Vaters Teilnahme am Weltkrieg und seine sonstige Familiengeschichte. (3) Der Antrag auf Genehmigung ist bei der höheren Verwaltungsbehörde zu stellen, in deren Bezirk der Antragsteller seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat. (4) Das Verfahren regelt der Reichsminister des Innern im Einvernehmen mit dem Stellvertreter des Führers. §4 Eine Ehe soll nicht geschlossen werden zwischen staatsangehörigen jüdischen Mischlingen, die nur einen volljüdischen Großelternteil haben. §5 Die Ehehindernisse wegen jüdischen Bluteinschlages sind durch § 1 des Gesetzes und durch §§ 2 bis 4 dieser Verordnung erschöpfend geregelt. §6 Eine Ehe soll ferner nicht geschlossen werden, wenn aus ihr eine die Reinerhaltung des deutschen Blutes gefährdende Nachkommenschaft zu erwarten ist. §7 Vor der Eheschließung hat jeder Verlobte durch das Ehetauglichkeitszeugnis (§ 2 des Ehegesundheitsgesetzes vom 18. Oktober 1935 – Reichsgesetzbl. I S. 1246) nachzuweisen, daß kein Ehehindernis im Sinne des § 6 dieser Verordnung vorliegt. Wird das Ehetauglichkeitszeugnis versagt, so ist nur die Dienstaufsichtsbeschwerde zulässig. §8 (1) Die Nichtigkeit einer entgegen dem § 1 des Gesetzes oder dem § 2 dieser Verordnung geschlossenen Ehe kann nur im Wege der Nichtigkeitsklage geltend gemacht werden. (2) Für Ehen, die entgegen den §§ 3, 4 und 6 geschlossen worden sind, treten die Folgen des § 1 und des § 5 Abs. 1 des Gesetzes nicht ein. §9 Besitzt einer der Verlobten eine fremde Staatsangehörigkeit, so ist vor einer Versagung des Aufgebotes wegen eines der im § 1 des Gesetzes oder in den §§ 2 bis 4 dieser Verordnung genannten Ehehindernisse sowie vor einer Versagung des Ehetauglichkeitszeugnisses in Fällen des § 6 die Entscheidung des Reichsministers des Innern einzuholen. § 10 Eine Ehe, die vor einer deutschen Konsularbehörde geschlossen ist, gilt als im Inlande geschlossen. § 11 Außerehelicher Verkehr im Sinne des § 2 des Gesetzes ist nur der Geschlechtsverkehr. Strafbar nach § 5 Abs. 2 des Gesetzes ist auch der außereheliche Verkehr zwischen Juden und staatsangehörigen jüdischen Mischlingen, die nur einen volljüdischen Großelternteil haben. § 12 (1) Ein Haushalt ist jüdisch (§ 3 des Gesetzes), wenn ein jüdischer Mann Haushaltungsvorstand ist oder der Hausgemeinschaft angehört. (2) Im Haushalt beschäftigt ist, wer im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses in die Hausgemeinschaft aufgenommen ist, oder wer mit alltäglichen Haushaltsarbeiten oder anderen alltäglichen, mit dem Haushalt in Verbindung stehenden Arbeiten beschäftigt ist. [1336] (3) Weibliche Staatsangehörige deutschen oder artverwandten Blutes, die beim Erlaß des Gesetzes in einem jüdischen Haushalt beschäftigt waren, können in diesem Haushalt in ihrem bisherigen Arbeitsverhältnis bleiben, wenn sie bis zum 31. Dezember 1935 das 35. Lebensjahr vollendet haben. (4) Fremde Staatsangehörige, die weder ihren Wohnsitz noch ihren dauernden Aufenthalt im Inlande haben, fallen nicht unter diese Vorschrift. § 13 Wer dem Verbot des § 3 des Gesetzes in Verbindung mit § 12 dieser Verordnung zuwiderhandelt, ist nach § 5 Abs. 3 des Gesetzes strafbar, auch wenn er nicht Jude ist. § 14 Für Verbrechen gegen § 5 Abs. 1 und 2 des Gesetzes ist im ersten Rechtszuge die große Strafkammer zuständig. § 15 Soweit die Vorschriften des Gesetzes und seiner Ausführungsverordnungen sich auf deutsche Staatsangehörige beziehen, sind sie auch auf Staatenlose anzuwenden, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inlande haben. Staatenlose, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Auslande haben, fallen nur dann unter diese Vorschriften, wenn sie früher die deutsche Staatsangehörigkeit besessen haben. § 16 (1) Der Führer und Reichskanzler kann Befreiungen von den Vorschriften des Gesetzes und der Ausführungsverordnungen erteilen. (2) Die Strafverfolgung eines fremden Staatsangehörigen bedarf der Zustimmung der Reichsminister der Justiz und des Innern. § 17 Die Verordnung tritt an dem auf die Verkündung folgenden Tage in Kraft. Den Zeitpunkt des Inkrafttretens des § 7 bestimmt der Reichsminister des Innern; bis zu diesem Zeitpunkt ist ein Ehetauglichkeitszeugnis nur in Zweifelsfällen vorzulegen. [Ausgefertigt] Berlin, den 14. November 1935. Der Führer und Reichskanzler Adolf Hitler Der Reichsminister des Innern Frick Der Stellvertreter des Führers R. Heß Reichsminister ohne Geschäftsbereich Der Reichsminister der Justiz Dr. Gürtner Das Münchner Abkommen Das Münchner Abkommen, das in der Nacht vom 29. zum 30. September 1938 unterzeichnet wurde, legte die Abtretung des Sudetengebiets von der Tschechoslowakei an das Deutsche Reich fest, und leitete damit die Zerschlagung der Tschechoslowakei ein. Die britischen und französischen Premierminister wurden danach in ihren Heimatländern triumphal empfangen. Doch Winston Churchill nannte das Abkommen eine „vollkommene, ungemilderte Niederlage“. A bkommen zwischen Deutschland, dem Vereinigten Königreich, Frankreich und Italien, getroffen in München, am 29. September 1938 Deutschland, das Vereinigte Königreich, Frankreich und Italien sind unter Berücksichtigung des Abkommens, das hinsichtlich der Abtretung des sudetendeutschen Gebiets bereits grundsätzlich erzielt wurde, über folgende Bedingungen und Modalitäten dieser Abtretung und über die danach zu ergreifenden Maßnahmen übereingekommen und erklären sich durch dieses Abkommen einzeln verantwortlich für die zur Sicherung seiner Erfüllung notwendigen Schritte. 1.) Die Räumung beginnt am 1. Oktober. 2.) Das Vereinigte Königreich, Frankreich und Italien vereinbaren, daß die Räumung des Gebiets bis zum 10. Oktober vollzogen wird, und zwar ohne Zerstörung irgendwelcher bestehender Einrichtungen, und daß die Tschechoslowakische Regierung die Verantwortung dafür trägt, daß die Räumung ohne Beschädigung der bezeichneten Einrichtungen durchgeführt wird. 3.) Die Modalitäten der Räumung werden im Einzelnen durch einen internationalen Ausschuß, der sich aus Vertretern Deutschlands, des Vereinigten Königreichs, Frankreichs, Italiens und der Tschechoslowakei zusammensetzt. 4.) Die etappenweise Besetzung des vorwiegend deutschen Gebietes durch deutsche Truppen beginnt am 1. Oktober. Die vier auf der anliegenden Karte bezeichneten Gebietsabschnitte werden in folgender Reihenfolge durch deutsche Truppen besetzt: Der mit I bezeichnete Gebietsabschnitt am 1. und 2. Oktober, der mit II bezeichnete Gebietsabschnitt am 2. und 3. Oktober, der mit III bezeichnete Gebietsabschnitt am 3., 4. und 5. Oktober, der mit IV bezeichnete Gebietsabschnitt am 6. und 7. Oktober. Das restliche Gebiet vorwiegend deutschen Charakters wird unverzüglich von dem oben erwähnten internationalen Ausschuß festgestellt und bis zum 10. Oktober durch deutsche Truppen besetzt werden. 5.) Der in Paragraph 3 erwähnte internationale Ausschuß wird die Gebiete bestimmen, in denen eine Volksabstimmung stattfinden soll. Diese Gebiete werden bis zum Abschluß der Volksabstimmung durch internationale Formationen bestimmt werden. Der gleiche Ausschuß wird die Modalitäten festlegen, unter denen die Volksabstimmung durchgeführt werden soll, wobei die Modalitäten der Saarabstimmung als Grundlage zu Gedenkpostkarte zum Münchner Abkommen, unterzeichnet von Arthur Neville Chamberlain, Edouard Daladier, Benito Mussolini und Adolf Hitler. © Mémorial de la Shoah/CDJC. betrachten sind. Der Ausschuß wird ebenfalls den Tag festsetzen, an dem die Volksabstimmung stattfindet; dieser Tag darf jedoch nicht später als Ende November liegen. 6.) Die endgültige Festlegung der Grenzen wird durch den internationalen Ausschuß vorgenommen werden. Dieser Ausschuß ist berechtigt, den vier Mächten Deutschland, dem Vereinigten Königreich, Frankreich und Italien in bestimmten Ausnahmefällen geringfügige Abweichungen von der streng ethnographischen Bestimmung der ohne Volksabstimmung zu übertragenden Zonen zu empfehlen. 7.) Es wird ein Optionsrecht für den Übertritt in die abgetretenen Gebiete und für den Austritt aus ihnen vorgesehen. Die Option muß innerhalb von sechs Monaten vom Zeitpunkt des Abschlusses dieses Abkommens an ausgeübt werden. Ein deutschtschechoslowakischer Ausschuß wird die Einzelheiten der Option bestimmen, Verfahren zur Erleichterung des Austausches der Bevölkerung erwägen und grundsätzliche Fragen klären, die sich aus diesem Austausch ergeben. 8.) Die Tschechoslowakische Regierung wird innerhalb einer Frist von vier Wochen vom Tage des Abschlusses dieses Abkommens an alle Sudetendeutschen aus ihren militärischen und polizeilichen Verbänden entlassen, die diese Entlassung wünschen. Innerhalb derselben Frist wird die Tschechoslowakische Regierung sudentendeutsche Gefangene entlassen, die wegen politischer Delikte Freiheitsstrafen verbüßen. München, am 29. September 1938 Adolf Hitler, Neville Chamberlain, Benito Mussolini, Edouard Daladier Zusätze zum Münchner Abkommen Zusatz zu dem Abkommen Zusätzliche Erklärung Zusätzliche Erklärung Zusatzerklärung München, den 29. September 1938 München, den 29. September 1938 München, den 29. September 1938 München, den 29. September 1938 Seiner Majestät Regierung im Vereinigten Königreich und die französische Regierung haben sich dem vorstehenden Abkommen angeschlossen auf der Grundlage, daß sie zu dem Angebot stehen, welches im Paragraph 6 der englisch-französischen Vorschläge vom 19. September enthalten ist, betreffend eine internationale Garantie der neuen Grenzen des tschechoslowakischen Staates gegen einen unprovozierten Angriff. Sobald die Frage der polnischen und ungarischen Minderheiten in der Tschechoslowakei geregelt ist, werden Deutschland und Italien ihrerseits der Tschechoslowakei eine Garantie geben. Die vier anwesenden Regierungschefs sind darüber einig, daß der in dem heutigen Abkommen vorgesehene Ausschuß sich aus dem Staatssekretär des Auswärtigen Amtes, den in Berlin beglaubigten Botschaftern Englands, Frankreichs und Italiens und einem von der tschechoslowakischen Regierung zu ernennenden Mitglied zusammensetzt. Die Regierungschefs der vier Mächte erklären, daß das Problem der polnischen und ungarischen Minderheiten in der Tschechoslowakei, sofern es nicht innerhalb von 3 Monaten durch eine Vereinbarung unter den betreffenden Regierungen geregelt wird, den Gegenstand einer weiteren Zusammenkunft der hier anwesenden Regierungschefs der vier Mächte bilden wird. Alle Fragen, die sich aus der Gebietsübergabe ergeben, gelten als zur Zuständigkeit des internationalen Ausschusses gehörig. Titelseite der Volks-Zeitung vom 11. November 1938, einen Tag nach dem Novemberprogrom Titelseite der New York Times vom 11. November 1938, einen Tag nach dem Novemberprogrom Das Warschauer Ghetto Das erste Ghetto, das am 8. Oktober 1939 im deutsch verwalteten sogenannten Generalgouvernement gebildet wurde, war das Ghetto von Piotrkow. Es folgten die Ghettos von Lodz (April 1940), Warschau (Oktober 1940) Krakau (März 1941) und Lublin (April 1941). DAS WARSCHAUER GHETTO A und ein Jude 184 (15% des Existenzminimums). Viele irrten im überfüllten Ghetto umher, um sich etwas Essen zu besorgen. Die Leichen der Hungertoten lagen in den Straßen. 43.000 Personen (10% der Gesamtbevölkerung) starben alleine im Jahr 1941. Im Frühjahr 1941 brach eine Typhusepidemie aus, die ihren Höhepunkt im folgenden Herbst erreichte. Die Zahl der Kranken schwankte zwischen 50.000 und 100.000. Der im Januar 1940 gegründete Gesundheitsdienst des Judenrats richtete sechs Krankenstationen und zwei Krankenhäuser ein, die in Wahrheit Sterbeanstalten waren: Es gab nur wenige Medikamente und die unzureichenden Rationen führten zu Hungerödemen. Zwei bis drei Patienten mussten sich ein Bett teilen. Die Vorsorgemaßnahmen waren aufgrund der mangelnden Hygiene und der Unterernährung völlig unwirksam. Anfang 1942 wurde im Ghetto eine Geburt für 45 Todesfälle verzeichnet. Der Hunger war auch ein wichtiger Aspekt bei den Deportationen im Sommer 1942. Die Besatzungsmacht hörte gänzlich auf, die Ghettobevölkerung zu versorgen. Völlig entkräftet war diese dann zu schwach für den geringsten Widerstand. ls die deutsche Wehrmacht Warschau Anfang September 1939 besetzte, lebten ungefähr 400.000 Juden in der Stadt. Im Mai 1940 erklärte der Militärbefehlshaber ein jüdisches Altstadtviertel zum „Seuchensperrgebiet“ und am 2. Oktober 1940 befahl der Gouverneur des Distrikts Warschau, Ludwig Fischer, die Umsiedlung aller Juden. Die jüdische Bevölkerung musste in ein festgelegtes Gebiet ziehen, das sie nicht verlassen durfte. Zwischen dem 12. Oktober und dem 30. November 1940 müssen 113.000 nichtjüdische und 138.000 jüdische Bürger in einem Klima der Panik „umziehen“. Am 16. November 1940 wurde das Ghetto abgeriegelt und zum Teil mit einer 3-Meter-hohen Mauer, die obendrein durch Stacheldraht und Glasscherben gesichert war, umgeben. In diesem Gebiet mit einer ungefähren Fläche von 300 ha waren 128.000 Bewohner pro km² zusammengepfercht (gegen ungefähr 14.000 im nichtjüdischen Teil der Stadt). Zwischen Januar und Juni 1941 stieg die Bevölkerung des Ghettos von 381.000 auf 439.000 Menschen an. Im Mai 1942 waren es noch 400.000. Das Leben im Ghetto Am 3. Oktober 1939 beauftragte die Besatzungsmacht den neuen Vorsitzenden der jüdischen Gemeinde, Adam Czerniakow, einen Judenrat zu bilden. Eine jüdische Polizei, offiziell Jüdischer Ordnungsdienst genannt, wurde im September 1940 von den deutschen Stellen eingesetzt. Judenrat und Ordnungsdienst zogen die Wut und die Frustration der jüdischen Bevölkerung, die keinen direkten Kontakt zur Besatzungsmacht hatte, auf sich. Von Anfang an übte die deutsche Besatzung eine Politik des Terrors aus, um jeden Widerstandsversuch im Keim zu ersticken. So mussten die Ghettobewohner Zwangsarbeiter bei ihrer Rückkehr aus Arbeitslagern, Frühling 1941. © Mémorial de la Shoah/CDJC/ Sammlung Jüdisches Historisches Institut Warschau. Jüdische Männer errichten die Mauer um das Warschauer Ghetto, November 1940. © Mémorial de la Shoah/CDJC/ Sammlung Jüdisches Historisches Institut Warschau. sich „Gymnastikübungen“ auf der Straße unterziehen, sich Ziegelsteine an jedem Arm befestigen lassen, sich die Hände im Abwasserkanal waschen und mit bloßen Händen Latrinen reinigen. In den Unterkünften lebten oft 20 bis 25 Personen auf 25m². Vom Hunger ausgezehrt, waren viele der im Ghetto eingesperrten Menschen bettlägerig und blieben notgedrungen in den eiskalten Wohnungen. Die Zahl der Selbstmorde stieg beständig. Zwangsarbeit und die Betriebe im Ghetto Im Januar 1940 wurden alle jüdischen Männer zwischen 13 und 59 Jahren gezwungen, sich zur Zwangsarbeit zu melden. 121.265 Personen wurden innerhalb weniger Wochen registriert. Sie mussten entweder außerhalb des Ghettos in Arbeitslagern der sumpfigen Gegend um Lublin arbeiten oder wurden im Ghetto in Betrieben eingesetzt, die deutsche Firmen auf Vorschlag der Besatzungsmacht dort einrichteten, um von den Zwangsarbeitern, die kaum vergütet wurden, zu profitieren. So florierten dort etwa die Firma Többens, die Anfang 1943 fast 15.000 Arbeiter zwangsbeschäftigte, die Firma Schultz und diverse andere Betriebe, z. B. Bürstenbindereien. Hungersnot und Sterblichkeit im Ghetto Der Hunger bestimmte das Leben im Ghetto. Die Verpflegung wurde von den deutschen Autoritäten nach und nach reduziert, um so jeden Widerstand zu brechen. Die täglichen Hungersqualen betrafen mehr als die Hälfte der Bevölkerung, der so jede Kraft zur Gegenwehr genommen wurde und die sich in größter körperlicher und psychologischer Not befand. Im Jahre 1941 nahm laut polnischen Quellen ein in Warschau lebender Deutscher täglich 2613 Kalorien zu sich, ein Pole 699 Gegenseitiger Beistand Heimlich entwickelte sich in Hauskomitees, Frauen- und Leichnam auf einem Bürgersteig. © Mémorial de la Shoah/CDJC. Jugendgruppen oder Hilfsorganisationen für Waisen und Flüchtlinge ein ziviler und defensiver Widerstand. Die vor dem Krieg von der kehillah (der jüdischen Gemeinde) organisierte Sozialhilfe wurde nun von der JSS, der Jüdischen Sozialen Selbsthilfe, übernommen. Sie wurde aus dem Ausland finanziert und konzentrierte sich auf die Einrichtung von Suppenküchen, die im Frühjahr 1941 von 65% der Bevölkerung in Anspruch genommen wurden. Auch Nahrungspakete trugen etwas zur Linderung der Hungersnot bei, zumindest bis zum 22. Juni 1941. Nach diesem Datum konfiszierten die deutschen Stellen systematisch unter verschiedenen Vorwänden alle Pakete. Kulturelles Leben Das intensive kulturelle Leben im Ghetto, ob offen oder versteckt ausgeübt, stellte eine wichtige Form des Widerstands gegen die Unterdrückung dar. Bestes Beispiel für das heimliche politische Leben ist die Untergrundpresse, die ab Anfang 1940 erschien. Im Frühjahr 1942 gab es 47 verschiedene Titel. Jedes Blatt, das mühselig und oft nachts in den Suppenküchen gedruckt wurde, wurde von mindestens 20 Personen gelesen. DAS WARSCHAUER GHETTO DIE MASSENDEPORTATIONEN, 22. Juli 1942 – 21. September 1942 A m 22. Juli 1942 begannen die Massendeportationen aus dem Warschauer Ghetto. Mehr als 280.000 Juden wurden in das ungefähr 100 km nordöstlich von Warschau gelegene Vernichtungslager Treblinka transportiert und dort in den Gaskammern ermordet. Diese Deportationen fanden im Rahmen der „Aktion Reinhardt“ statt, für die Anfang 1942 die Vernichtungslager Belzec, Sobibor und Treblinka errichtet wurden. Am Morgen des 22. Juli 1942 informierte der SS-Sturmbannführer Hermann Höfle, zuständig für die Deportationen im Generalgouvernement, Adam Czerniakow, den Vorsitzenden des Judenrats, über die „Umsiedlung nach dem Osten“ eines Großteils der Ghettobevölkerung. Er forderte den Abtransport von 6000 Menschen noch am gleichen Tag um 16 Uhr und von mindestens genauso vielen an den folgenden Tagen. Am Tag darauf wählte Czerniakow den Freitod. Vom 22. bis 30. Juli 1942 beaufsichtigte die SS Verhaftungen und Deportationen, überließ die Ausführung jedoch der jüdischen Ordnungspolizei. Bei Sonnenaufgang wurden alle Straßen abgesperrt, Häuser umstellt, jede Wohnung mithilfe von 2000 Polizeihunden bis in den letzten Winkel durchsucht. Zu den ersten Deportierten gehörten die Waisenkinder des Ghettos. Das TerrorRegime war allgegenwärtig. Vom 6. bis 10. September musste sich fast die gesamte restliche Bevölkerung zu einer „Selektion“ in einem festgelegten Bezirk des Ghettos einfinden und wurde von dort gruppenweise zum Umschlagplatz geführt, wo sie in die Deportationszüge nach Treblinka getrieben wurden. Am 21. September, an Jom Kippur, wurden schließlich auch die jüdischen Polizisten und ihre Familien deportiert. Laut verschiedenen Schätzungen wurden 265.000 bis 310.000 Juden in Treblinka innerhalb von 8 Wochen vergast. Nach den Deportationen verblieben offiziell noch 36.000 Bewohner im Ghetto, darunter die Mitglieder des Judenrats und die Arbeiter der Betriebe Többens und Schultz und der Bürstenfabrik. 20.000 bis 25.000 Menschen lebten in verschiedensten Verstecken im Untergrund. Eine unterirdische Stadt entstand, die im April 1943 zum Massengrab werden sollte. DAS WARSCHAUER GHETTO Die Zerstörung des Ghettos Lediglich 80 Widerstandskämpfer überlebten den Aufstand des Warschauer Ghettos. Einige von ihnen kamen im Sommer 1944 während des Warschauer Aufstands ums Leben. Das Warschauer Ghetto symbolisiert die Ausgrenzung einer Personengruppe aus der menschlichen Gemeinschaft vor ihrer Massenermordung. Die Maß- und Schrankenlosigkeit des modernen Zeitalters wurde darin zum ersten Mal in massivstem Ausmaß umgesetzt, besonders durch den Massenmord der Kinder – erstes und untrügliches Kennzeichen eines Genozids. Die Zerstörung des Warschauer Ghettos steht exemplarisch für den systematischen Massenmord an den Juden Europas. . Auf dem Umschlagplatz zusammengetriebene Menschen, Juli-August 1942. © Mémorial de la Shoah/CDJC/Jüdisches Historisches Institut Warschau. Abtransport in Güterzügen, Juli-August 1942. © Mémorial de la Shoah/CDJC/Jüdisches Historisches Institut Warschau. Das Untergrundarchiv des Warschauer Ghettos Schon während der ersten Wochen der deutschen Besatzung in Polen begann Emanuel Ringelblum – Historiker, vor dem Krieg polnischer Vertreter des American Jewish Joint Distribution Committe (Joint) und Sekretär der Kommission für die Koordination der jüdischen Sozialhilfeorganisationen Warschaus – wichtige Dokumente zu sammeln. Am 22. November 1940 gründete er mit ungefähr 12 Mitarbeitern eine Gruppe mit dem jiddischen Namen „Oyneg Shabbes“ (Freude des Sabbats), deren Ziel es war, die Geschichte der polnischen Juden während des Kriegs zu dokumentieren. Die geheime Arbeit der Gruppe bestand darin, umfassende Informationen über die Situation in Warschau und in anderen polnischen Ghettos zu sammeln. Es wurden etwa Befragungen durchgeführt, um die Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation, die Auswirkungen des Hungers oder die Ausbreitung des Typhus zu dokumentieren. Listen von Deportierten und Zwangsarbeitern wurden Öffnung des ersten Teils des Ringelblum-Archivs am 18. September 1946. © Jüdisches Historisches Institut Warschau. Aufnahme des in Ruinen liegenden Ghettos. © Mémorial de la Shoah/ CDJC/Stroop-Fonds. Entdeckung des ersten Teils des Ringelblum-Archivs in 10 Metallkisten im Keller der Nowolipki-Straße 68 in Warschau am 18. September 1946 auf Anweisungen von Hersz Wasser, einem der wenigen Überlebenden der Oyneg Shabbes-Gruppe. © Jüdisches Historisches Institut Warschau. erstellt und Augenzeugenberichte aus verschiedenen polnischen Ghettos zusammengetragen. Oyneg Shabbes archivierte nicht nur die Untergrundpresse, sondern auch literarische Texte und Kunstwerke als Zeugnisse des intensiven intellektuellen und kulturellen Lebens im Ghetto. Am 3. August 1942 wurden die in 10 Metallkisten versteckten Dokumente im Keller des Gebäudes der Nowolipki-Straße 68 eingemauert. Ende Februar 1943 wurde ein zweiter Teil des Archivs in zwei Milchkannen verborgen und im Keller des gleichen Gebäudes versteckt. Der dritte und letzte Teil des Archivs wurde unmittelbar vor dem Aufstand am 19. April 1943 unter einem Gebäude der Swietojerska-Straße 34 vergraben. Nur zwei der drei Archivteile konnten nach dem Krieg unter den Ruinen des Ghettos geborgen werden. Die gesamte Sammlung wird heute im Jüdischen Historischen Institut in Warschau (Zydowski Instytut Historycyny) aufbewahrt. 1999 wurde das Ringelblum-Archiv von der UNESCO als „dokumentarisches Erbe der Menschheit“ in das Programm „Memory of the World“ aufgenommen. DAS PROTOKOLL DER WANNSEE-KONFERENZ [Geheime Reichssache] 30 Ausfertigungen, 16. Ausfertigung I. An der am 20.1.1942 in Berlin, Am Großen Wannsee Nr. 56/58, stattgefundenen Besprechung über die Endlösung der Judenfrage nahmen teil: Gauleiter Dr. Meyer und Reichsamtsleiter Dr. Leibbrandt, Reichsministerium für die besetzten Ostgebiete Staatssekretär Dr. Stuckart, Reichsministerium des Innern Staatssekretär Neumann, Beauftragter für den Vierjahresplan Staatssekretär Dr. Freisler, Reichsjustizministerium Staatssekretär Dr. Bühler, Amt des Generalgouverneurs Unterstaatssekretär Luther, Auswärtiges Amt SS-Oberführer Klopfer, Partei-Kanzlei Ministerialdirektor Kritzinger, Reichskanzlei SS-Gruppenführer Hofmann, Rasse- und Siedlungshauptamt SS- Gruppenführer Müller / SS-Obersturmbannführer Eichmann, Reichssicherheitshauptamt SS-Oberführer Dr. Schöngarth, Sicherheitspolizei und SD Befehlshaber der Sicherheitspolizei und des SD im Generalgouvernement SS-Sturmbannführer Dr. Lange , Sicherheitspolizei und SD Kommandeur der Sicherheitspolizei und des SD für den Generalbezirk Lettland, als Vertreter des Befehlshabers der Sicherheitspolizei und des SD für das Reichskommissariat Ostland. II. Chef der Sicherheitspolizei und des SD, SS-Obergruppenführer Heydrich, teilte eingangs seine Bestellung zum Beauftragten für die Vorbereitung der Endlösung der europäischen Judenfrage durch den Reichsmarschall mit und wies darauf hin, daß zu dieser Besprechung geladen wurde, um Klarheit in grundsätzlichen Fragen zu schaffen. Der Wunsch des Reichsmarschalls, ihm einen Entwurf über die organisatorischen, sachlichen und materiellen Belange im Hinblick auf die Endlösung der europäischen Judenfrage zu übersenden, erfordert die vorherige gemeinsame Behandlung aller an diesen Fragen unmittelbar beteiligten Zentralinstanzen im Hinblick auf die Parallelisierung der Linienführung. Die Federführung bei der Bearbeitung der Endlösung der Judenfrage liege ohne Rücksicht auf geographische Grenzen zentral beim Reichsführer-SS und Chef der Deutschen Polizei (Chef der Sicherheitspolizei und des SD). Der Chef der Sicherheitspolizei und des SD gab sodann einen kurzen Rückblick über den bisher geführten Kampf gegen diesen Gegner. Die wesentlichsten Momente bilden a) die Zurückdrängung der Juden aus den einzelnen Lebensgebieten des deutschen Volkes, b) die Zurückdrängung der Juden aus dem Lebensraum des deutschen Volkes. Im Vollzug dieser Bestrebungen wurde als einzige vorläufige Lösungsmöglichkeit die Beschleunigung der Auswanderung der Juden aus dem Reichsgebiet verstärkt und planmäßig in Angriff genommen. Auf Anordnung des Reichsmarschalls wurde im Januar 1939 eine Reichszentrale für jüdische Auswanderung errichtet, mit deren Leitung der Chef der Sicherheitspolizei und des SD betraut wurde. Sie hatte insbesondere die Aufgabe a) alle Maßnahmen zur Vorbereitung einer verstärkten Auswanderung der Juden zu treffen, b) den Auswanderungsstrom zu lenken, c) die Durchführung der Auswanderung im Einzelfall zu beschleunigen. Das Aufgabenziel war, auf legale Weise den deutschen Lebensraum von Juden zu säubern. Über die Nachteile, die eine solche Auswanderungsforcierung mit sich brachte, waren sich alle Stellen im Klaren. Sie mußten jedoch angesichts des Fehlens anderer Lösungsmöglichkeiten vorerst in Kauf genommen werden. Die Auswanderungsarbeiten waren in der Folgezeit nicht nur ein deutsches Problem, sondern auch ein Problem, mit dem sich die Behörden der Ziel- bzw. Einwandererländer zu befassen hatten. Die finanziellen Schwierigkeiten, wie Erhöhung der Vorzeige- und Landungsgelder seitens der verschiedenen ausländischen Regierungen, fehlende Schiffsplätze, laufend verschärfte Einwanderungsbeschränkungen oder -sperren, erschwerten die Auswanderungsbestrebungen außerordentlich. Trotz dieser Schwierigkeiten wurden seit der Machtübernahme bis zum Stichtag 31.10.1941 insgesamt rund 537.000 Juden zur Auswanderung gebracht. Davon vom 30.1.1933 aus dem Altreich rd. 360.000 vom 15.3.1938 aus der Ostmark rd. 147.000 vom 15.3.1939 aus dem Protektorat Böhmen und Mähren rd. 30.000. Die Finanzierung der Auswanderung erfolgte durch die Juden bzw. jüdisch-politischen Organisationen selbst. Um den Verbleib der verproletarisierten Juden zu vermeiden, wurde nach dem Grundsatz verfahren, daß die vermögenden Juden Das Protokoll der Wannsee-Konferenz die Abwanderung der vermögenslosen Juden zu finanzieren haben; hier wurde, je nach Vermögen gestaffelt, eine entsprechende Umlage bzw. Auswandererabgabe vorgeschrieben, die zur Bestreitung der finanziellen Obliegenheiten im Zuge der Abwanderung vermögensloser Juden verwandt wurde. Neben dem Reichsmark-Aufkommen sind Devisen für Vorzeige- und Landungsgelder erforderlich gewesen. Um den deutschen Devisenschatz zu schonen, wurden die jüdischen Finanzinstitutionen des Auslandes durch die jüdischen Organisationen des Inlandes verhalten, für die Beitreibung entsprechender Devisenaufkommen Sorge zu tragen. Hier wurden durch diese ausländischen Juden im Schenkungswege bis zum 30.10.1941 insgesamt rund 9.500.000 Dollar zur Verfügung gestellt. Inzwischen hat der Reichsführer-SS und Chef der Deutschen Polizei im Hinblick auf die Gefahren einer Auswanderung im Kriege und im Hinblick auf die Möglichkeiten des Ostens die Auswanderung von Juden verboten. III. Anstelle der Auswanderung ist nunmehr als weitere Lösungsmöglichkeit nach entsprechender vorheriger Genehmigung durch den Führer die Evakuierung der Juden nach dem Osten getreten. Diese Aktionen sind jedoch lediglich als Ausweichmöglichkeiten anzusprechen, doch werden hier bereits jene praktischen Erfahrungen gesammelt, die im Hinblick auf die kommende Endlösung der Judenfrage von wichtiger Bedeutung sind. Im Zuge dieser Endlösung der europäischen Judenfrage kommen rund 11 Millionen Juden in Betracht, die sich wie folgt auf die einzelnen Länder verteilen: Land / Anzahl Altreich 131.800 Bulgarien 48.000 Ostmark 43.700 England 330.000 Ostgebiete 420.000 Finnland 2.300 Generalgouvernement 2.284.000 Irland 4.000 Bialystok 400.000 Italien einschl. Sardinien 58.000 Protektorat Böhmen und Mähren 74.200 Albanien 200 Estland - judenfrei Kroatien 40.000 Lettland 3.500 Portugal 3.000 Litauen 34.000 Rumänien einschl. Bessarabien 342.000 Belgien 43.000 Schweden 8.000 Dänemark 5.600 Schweiz 18.000 Serbien 10.000 Frankreich Besetztes Gebiet 165.000 Unbesetztes Gebiet 700.000 Slowakei 88.000 Spanien 6.000 Griechenland 69.600 Türkei (europ. Teil) 55.500 Niederlande 160.800 Ungarn 742.000 Norwegen 1.300 UdSSR 5.000.000 dont Ukraine 2.994.684 Weißrußland ausschl. Bialystok 446.684 . . . . Zusammen: über 11.000.000 Bei den angegebenen Judenzahlen der verschiedenen ausländischen Staaten handelt es sich jedoch nur um Glaubensjuden, da die Begriffsbestimmungen der Juden nach rassischen Grundsätzen teilweise dort noch fehlen. Die Behandlung des Problems in den einzelnen Ländern wird im Hinblick auf die allgemeine Haltung und Auffassung auf gewisse Schwierigkeiten stoßen, besonders in Ungarn und Rumänien. So kann sich z.B. heute noch in Rumänien der Jude gegen Geld entsprechende Dokumente, die ihm eine fremde Staatsangehörigkeit amtlich bescheinigen, beschaffen. Der Einfluß der Juden auf alle Gebiete in der UdSSR ist bekannt. Im europäischen Gebiet leben etwa 5 Millionen, im asiatischen Raum knapp 1/4 Million Juden. Die berufsständische Aufgliederung der im europäischen Gebiet der UdSSR ansässigen Juden war etwa folgende: In der Landwirtschaft 9,1 % als städtische Arbeiter 14,8 % im Handel 20,0 % als Staatsarbeiter angestellt 23,4 % in den privaten Berufen -Heilkunde, Presse, Theater, usw. 32,7 %. Unter entsprechender Leitung sollen nun im Zuge der Endlösung die Juden in geeigneter Weise im Osten zum Arbeitseinsatz kommen. In großen Arbeitskolonnen, unter Trennung der Geschlechter, werden die arbeitsfähigen Juden straßenbauend in diese Gebiete geführt, wobei zweifellos ein Großteil durch natürliche Verminderung ausfallen wird. Der allfällig endlich verbleibende Restbestand wird, da es sich bei diesem zweifellos um den widerstandsfähigsten Teil handelt, entsprechend behandelt werden müssen, da dieser, eine natürliche Auslese darstellend, bei Freilassung als Keimzelle eines neuen jüdischen Aufbaues anzusprechen ist. (Siehe die Erfahrung der Geschichte.) Im Zuge der praktischen Durchführung der Endlösung wird Europa vom Westen nach Osten durchgekämmt. Das Reichsgebiet einschließlich Protektorat Böhmen und Mähren wird, allein schon aus Gründen der Wohnungsfrage und sonstigen sozial-politischen Notwendigkeiten, vorweggenommen werden müssen. Die evakuierten Juden werden zunächst Zug um Zug in sogenannte Durchgangsghettos verbracht, um von dort aus weiter nach dem Osten transportiert zu werden. Wichtige Voraussetzung, so führte SS-Obergruppenführer Heydrich weiter aus, für die Durchführung der Evakuierung überhaupt, ist die genaue Festlegung des in Betracht kommenden Personenkreises. Das Protokoll der Wannsee-Konferenz Das Protokoll der Wannsee-Konferenz Es ist beabsichtigt, Juden im Alter von über 65 Jahren nicht zu evakuieren, sondern sie einem Altersghetto vorgesehen ist Theresienstadt - zu überstellen. Neben diesen Altersklassen - von den am 31.10.1941 sich im Altreich und der Ostmark befindlichen etwa 280.000 Juden sind etwa 30 % über 65 Jahre alt - finden in den jüdischen Altersghettos weiterhin die schwerkriegsbeschädigten Juden und Juden mit Kriegsauszeichnungen (EK I) Aufnahme. Mit dieser zweckmäßigen Lösung werden mit einem Schlag die vielen Interventionen ausgeschaltet. Der Beginn der einzelnen größeren Evakuierungsaktionen wird weitgehend von der militärischen Entwicklung abhängig sein. Bezüglich der Behandlung der Endlösung in den von uns besetzten und beeinflußten europäischen Gebieten wurde vorgeschlagen, daß die in Betracht kommenden Sachbearbeiter des Auswärtigen Amtes sich mit dem zuständigen Referenten der Sicherheitspolizei und des SD besprechen. In der Slowakei und Kroatien ist die Angelegenheit nicht mehr allzu schwer, da die wesentlichsten Kernfragen in dieser Hinsicht dort bereits einer Lösung zugeführt wurden. In Rumänien hat die Regierung inzwischen ebenfalls einen Judenbeauftragten eingesetzt. Zur Regelung der Frage in Ungarn ist es erforderlich, in Zeitkürze einen Berater für Judenfragen der Ungarischen Regierung aufzuoktroyieren. Hinsichtlich der Aufnahme der Vorbereitungen zur Regelung des Problems in Italien hält SS-Obergruppenführer Heydrich eine Verbindung zum Polizei-Chef in diesen Belangen für angebracht. Im besetzten und unbesetzten Frankreich wird die Erfassung der Juden zur Evakuierung aller Wahrscheinlichkeit nach ohne große Schwierigkeiten vor sich gehen können. Unterstaatssekretär Luther teilte hierzu mit, daß bei tiefgehender Behandlung dieses Problems in einigen Ländern, so in den nordischen Staaten, Schwierigkeiten auftauchen werden, und es sich daher empfiehlt, diese Länder vorerst noch zurückzustellen. In Anbetracht der hier in Frage kommenden geringen Judenzahlen bildet diese Zurückstellung ohnedies keine wesentliche Einschränkung. Dafür sieht das Auswärtige Amt für den Südosten und Westen Europas keine großen Schwierigkeiten. SS-Gruppenführer Hofmann beabsichtigt, einen Sachbearbeiter des Rasse- und Siedlungshauptamtes zur allgemeinen Orientierung dann nach Ungarn mitsenden zu wollen, wenn seitens des Chefs der Sicherheitspolizei und des SD die Angelegenheit dort in Angriff genommen wird. Es wurde festgelegt, diesen Sachbearbeiter des Beurteilung des Mischlings 2.Grades, die erkennen läßt, daß er sich wie ein Jude fühlt und benimmt. Auch in diesen Fällen sollen aber dann Ausnahmen nicht gemacht werden, wenn der Mischling 2.Grades deutschblütig verheiratet ist. 3) Ehen zwischen Volljuden und Deutschblütigen Von Einzelfall zu Einzelfall muß hier entschieden werden, ob der jüdische Teil evakuiert wird, oder ob er unter Berücksichtigung auf die Auswirkungen einer solchen Maßnahme auf die deutschen Verwandten dieser Mischehe einem Altersghetto überstellt wird. 4) Ehen zwischen Mischlingen 1.Grades und Deutschblütigen. a) Ohne Kinder Sind aus der Ehe keine Kinder hervorgegangen, wird der Mischling 1.Grades evakuiert bzw. einem Altersghetto überstellt. (Gleiche Behandlung wie bei Ehen zwischen Volljuden und Deutschblütigen, Punkt 3.) b) Mit Kindern. Sind Kinder aus der Ehe hervorgegangen (Mischlinge 2.Grades), werden sie, wenn sie den Juden gleichgestellt werden, zusammen mit dem Mischling 1.Grades evakuiert bzw. einem Ghetto überstellt. Soweit diese Kinder Deutschen gleichgestellt werden (Regelfälle), sind sie von der Evakuierung auszunehmen und damit auch der Mischling 1.Grades. 5) Ehen zwischen Mischlingen 1.Grades und Mischlingen 1.Grades oder Juden. Bei diesen Ehen (einschließlich der Kinder) werden alle Teile wie Juden behandelt und daher evakuiert bzw. einem Altersghetto überstellt. 6) Ehen zwischen Mischlingen 1.Grades und Mischlingen 2.Grades. Beide Eheteile werden ohne Rücksicht darauf, ob Kinder vorhanden sind oder nicht, evakuiert bzw. einem Altersghetto überstellt, da etwaige Kinder rassenmäßig in der Regel einen stärkeren jüdischen Bluteinschlag aufweisen, als die jüdischen Mischlinge 2.Grade). SS-Gruppenführer Hofmann steht auf dem Standpunkt, daß von der Sterilisierung weitgehend Gebrauch gemacht werden muß; zumal der Mischling, vor die Wahl gestellt, ob er evakuiert oder sterilisiert werden soll, sich lieber der Sterilisierung unterziehen würde. Staatssekretär Dr. Stuckart stellt fest, daß die praktische Durchführung der eben mitgeteilten Lösungsmöglichkeiten zu Bereinigung der Mischehenund Mischlingsfragen in dieser Form eine unendliche Verwaltungsarbeit mit sich bringen würde. Um zum anderen auf alle Fälle auch den biologischen Tatsachen Rechnung zu tragen, schlug Staatssekretär Rasse- und Siedlungshauptamtes, der nicht aktiv werden soll, vorübergehend offiziell als Gehilfen zum PolizeiAttaché abzustellen. IV. Im Zuge der Endlösungsvorhaben sollen die Nürnberger Gesetze gewissermaßen die Grundlage bilden, wobei Voraussetzung für die restlose Bereinigung des Problems auch die Lösung der Mischehen und Mischlingsfragen ist. Chef der Sicherheitspolizei und des SD erörtert im Hinblick auf ein Schreiben des Chefs der Reichskanzlei zunächst theoretisch die nachstehenden Punkte: 1) Behandlung der Mischlinge 1.Grades. Mischlinge 1.Grades sind im Hinblick auf die Endlösung der Judenfrage den Juden gleichgestellt. Von dieser Behandlung werden ausgenommen: a) Mischlinge 1.Grades verheiratet mit Deutschblütigen, aus deren Ehe Kinder Mischlinge 2.Grades hervorgegangen sind. Diese Mischlinge 2.Grades sind im wesentlichen den Deutschen gleich gestellt. b) Mischlinge 1.Grades, für die von den höchsten Instanzen der Partei und des Staates bisher auf irgendwelchen Lebensgebieten Ausnahmegenehmigungen erteilt worden sind. Jeder Einzelfall muß überprüft werden, wobei nicht ausgeschlossen wird, daß die Entscheidung nochmals zu Ungunsten des Mischlings ausfällt. Voraussetzungen einer Ausnahmebewilligung müssen stets grundsätzliche Verdienste des in Frage stehenden Mischlings selbst sein. (Nicht-Verdienste des deutschblütigen Eltern- oder Eheteiles.) Der von der Evakuierung auszunehmende Mischling 1.Grades wird - um jede Nachkommenschaft zu verhindern und das Mischlingsproblem endgültig zu bereinigen - sterilisiert. Die Sterilisierung erfolgt freiwillig. Sie ist aber Voraussetzung des Verbleibens im Reich. Der sterilisierte «Mischling» ist in der Folgezeit von allen einengenden Bestimmungen, denen er bislang unterworfen ist, befreit. 2) Behandlung der Mischlinge 2.Grades. Die Mischlinge 2.Grades werden grundsätzlich den Deutschblütigen zugeschlagen, mit Ausnahme folgender Fälle, in denen die Mischlinge 2.Grades den Juden gleichgestellt werden: a) Herkunft des Mischlings 2.Grades aus einer Bastardehe (beide Teile Mischlinge). b) Rassisch besonders ungünstiges Erscheinungsbild des Mischlings 2.Grades, das ihn schon äußerlich zu den Juden rechnet. c) Besonders schlechte polizeiliche und politische Dr. Stuckart vor, zur Zwangssterilisierung zu schreiten. Zur Vereinfachung des Mischehenproblems müßten ferner Möglichkeiten überlegt werden mit dem Ziel, daß der Gesetzgeber etwa sagt: «Diese Ehen sind geschieden». Bezüglich der Frage der Auswirkung der Judenevakuierung auf das Wirtschaftsleben erklärte Staatssekretär Neumann , daß die in kriegswichtigen Betrieben im Arbeitseinsatz stehen den Juden derzeit, solange noch kein Ersatz zur Verfügung steht, nicht evakuiert werden könnten. SS-Obergruppenführer Heydrich wies darauf hin, daß diese Juden nach den von ihm genehmigten Richtlinien zur Durchführung der derzeit laufenden Evakuierungsaktionen ohnedies nicht evakuiert würden. Staatssekretär Dr. Bühler stellte fest, daß das Generalgouvernement es begrüßen würde, wenn mit der Endlösung dieser Frage im Generalgouvernement begonnen würde, weil einmal hier das Transportproblem keine übergeordnete Rolle spielt und arbeitseinsatzmäßige Gründe den Lauf dieser Aktion nicht behindern würden. Juden müßten so schnell wie möglich aus dem Gebiet des Generalgouvernements entfernt werden, weil gerade hier der Jude als Seuchenträger eine eminente Gefahr bedeutet und er zum anderen durch fortgesetzten Schleichhandel die wirtschaftliche Struktur des Landes dauernd in Unordnung bringt. Von den in Frage kommenden etwa 2 1/2 Millionen Juden sei überdies die Mehrzahl der Fälle arbeitsunfähig. Staatssekretär Dr. Bühler stellt weiterhin fest, daß die Lösung der Judenfrage im Generalgouvernement federführend beim Chef der Sicherheitspolizei und des SD liegt und seine Arbeiten durch die Behörden des Generalgouvernements unterstützt würden. Er hätte nur eine Bitte, die Judenfrage in diesem Gebiete so schnell wie möglich zu lösen. Abschließend wurden die verschiedenen Arten der Lösungsmöglichkeiten besprochen, wobei sowohl seitens des Gauleiters Dr. Meyer als auch seitens des Staatssekretärs Dr. Bühler der Standpunkt vertreten wurde, gewisse vorbereitende Arbeiten im Zuge der Endlösung gleich in den betreffenden Gebieten selbst durchzuführen, wobei jedoch eine Beunruhigung der Bevölkerung vermieden werden müsse. Mit der Bitte des Chefs der Sicherheitspolizei und des SD an die Besprechungsteilnehmer, ihm bei der Durchführung der Lösungsarbeiten entsprechende Unterstützung zu gewähren, wurde die Besprechung geschlossen. BELZEC D er kleine Ort Belzec liegt entlang der Bahnlinie Lublin-Lvov im Südosten Polens, und lag zur Zeit des Zweiten Weltkriegs im deutsch verwalteten sogenannten Generalgouvernement. Er gehörte zum Distrikt Lublin. 1940 wurde dort ein Arbeitslager errichtet, und jüdische Zwangsarbeiter mussten Befestigungen bauen und Panzerabwehrgräben entlang des Flusses Bug ausheben. Der Fluss stellte die Trennungslinie zwischen den von der deutschen und der sowjetischen Armee besetzten Gebiete Polens dar. Das Arbeitslager wurde Ende 1940 aufgegeben. Im November 1941 begann die SS mit der Konstruktion eines Vernichtungslagers in weniger als 500 Metern Entfernung vom Bahnhof Belzec. Ein Nebengleis schloss das Lager an den Bahnhof an. Das SS-Personal und die dem Lager zugeteilten Hilfswachen wurden in einem separaten Gebäude in der Nähe des Bahnhofs untergebracht. Das Lager bestand aus einer etwa 265 x 275 Meter großen Fläche. Die Stacheldrahtumzäunungen wurden mit Ästen und Zweigen und mit rund um das Lager gepflanzten Bäumen getarnt. Die Lagerleitung unterteilte Belzec in einen Verwaltungs- und Ankunftsbereich sowie den Bereich für die Ermordung der deportierten Juden. Ein schmaler Weg, „Schlauch“ oder „Himmelsweg“ genannt, verband die beiden Bereiche. Mitte März 1942 begann in Belzec der Massenmord durch Vergasung. Züge mit 40 – 60 Waggons, in die pro Waggon ungefähr 80 – 100 Menschen zusammengepfercht waren, kamen am Bahnhof in Belzec an. Jeweils 20 Waggons wurden daraufhin gleichzeitig ins Lager gebracht. Die Opfer mussten auf der dortigen Eisenbahnrampe aussteigen. Das SS-Personal teilte ihnen mit, sie seien in einem Durchgangslager angekommen und müssten alle Wertgegenstände abgeben. Die Männer wurden von den Frauen und Kindern getrennt. Alle Neuankömmlinge mussten sich ausziehen und wurden durch den „Schlauch“ in die Gaskammern getrieben, deren Türen hermetisch verschlossen wurden. Durch einen Motor in einem Nebengebäude wurde daraufhin KohlenstoffmonoxidGas in die Gaskammern geleitet und führte zu einem langsamen, qualvollen Tod der eingeschlossenen Menschen. Ein jüdisches Arbeitskommando musste die Leichen aus den Gaskammern tragen und sie in Massengräber werfen. Zwischen März und Dezember 1942 wurden mindestens 600.000 Menschen in Belzec SOBIBOR ermordet. Die meisten Opfer waren Juden aus den Ghettos im Süden Polens. Auch Juden aus Deutschland, Österreich und Böhmen-Mähren wurden nach Belzec deportiert sowie mehrere Hundert Sinti und Roma, die dort ebenfalls ermordet wurden. Anfang Oktober 1942 begann die SS damit, die Leichen der Opfer zu exhumieren und sie auf Rosten aus Eisenbahnschienen unter freiem Himmel zu verbrennen. Nachdem im Frühjahr 1943 alle Leichen verbrannt worden waren, wurde das Vernichtungslager Belzec im Juli 1943 zerstört. Die verbleibenden Insassen, die die SS als Arbeitskräfte eingesetzt hatte, wurden entweder noch in Belzec ermordet oder ins Vernichtungslager Sobibor gebracht und dort getötet. Nur zwei Häftlinge überlebten das Lager. Nach der Zerstörung Belzecs errichtete die SS zur Tarnung auf dem Gelände einen Bauernhof, den sie von einem Ukrainer aus dem Lagerkommando bestellen ließ, und pflanzte Bäume. Die sowjetische Armee befreite die Gegend um das Vernichtungslager Belzec im Sommer 1944. Unterkunftsbaracken für jüdische Arbeitskommandos Massengräber Bereich für Ermordungen durch Vergasung Entkleidungsbaracke Unterkünfte des Wachpersonals Gaskammern Aufnahmebereich Eingangstor 0 100m Plan des Vernichtungslagers Belzec, Frühling 1942. D er kleine Ort Sobibor, im Zentrum Polens, lag zur Zeit des Zweiten Weltkriegs im deutsch verwalteten sogenannten Generalgouvernement, in einer dicht bewachsenen, sumpfigen und schwach besiedelten Gegend entlang der Bahnlinie Chelm-Wlodawa. Das Vernichtungslager Sobibor bestand aus einer 400 x 600 Meter großen Fläche. Das Lager war in drei Bereiche unterteilt: eine Verwaltungszone, einen Ankunftsbereich und den Bereich für die Ermordungen durch Vergasung. Ein schmaler Weg, „Schlauch“ oder „Himmelsweg“ genannt, verband den Ankunfts- und den Vergasungsbereich. Der Verwaltungsbereich bestand aus Büros und Unterkünften für die deutschen und ukrainischen (in Trawniki ausgebildeten) Wachen und aus Baracken für die Angehörigen der jüdischen Arbeitskommandos. Der Ankunftsbereich umfasste das ins Lager hineinführende Bahngleis, die Rampe, den „Entkleidungsbereich“ und die Lagerhäuser für die den Opfern gestohlenen Effekten. Der Bereich, in dem die Vergasungen durchgeführt wurden, bestand aus den Gaskammern, den Leichengruben und den Unterkünften für die dort arbeitenden Häftlinge. Nach einigen Experimenten begann die SS im Mai 1942 mit den Vergasungen. Güterzüge mit je 40 – 60 Waggons kamen am Bahnhof in Sobibor an. Jeweils 20 Waggons wurden gleichzeitig zur Rampe gebracht, wo die Opfer aussteigen und ihre persönliche Habe abgeben mussten. Daraufhin mussten sie sich in den Entkleidungsbaracken ausziehen und wurden durch den „Schlauch“ in die Gaskammern getrieben, die mit einem Schild mit der Aufschrift „Bad“ versehen waren. Nach der Verriegelung der Türen setzte das Personal in einem Nebenraum einen Motor in Betrieb, der Kohlenstoffmonoxid-Gas in die Gaskammern leitete, das alle dort Eingeschlossenen tötete. Einige Häftlinge, die zu Arbeitszwecken am Leben erhalten wurden, mussten daraufhin die Leichen heraustragen und sie in Massengräber werfen. Sie sortierten außerdem die Effekten der Opfer und säuberten die Güterwaggons. Deportationen nach Sobibor fanden von Mai 1942 bis Herbst 1943 statt und wurden nur einmal, im Juli 1942, wegen Reparaturarbeiten an der Bahnlinie Chelm-Lublin für zwei Monate unterbrochen. Die nach Sobibor deportierten Juden kamen hauptsächlich aus den Ghettos im Osten Polens, besonders aus der Gegend um Lublin. Doch auch Juden aus den von der sowjetischen Armee besetzten Gebieten, aus Böhmen-Mähren, Österreich, den Niederlanden, Belgien und Frankreich wurden nach Sobibor deportiert. Die SS und ihre Hilfsmannschaften ermordeten dort ungefähr 250.000 Menschen. Bevor die Vergasungen im Herbst 1943 eingestellt wurden, exhumierte die SS im Herbst 1943 die Leichen aus den Massengräbern und verbrannte sie auf Scheiterhaufen, um alle Spuren des Massenmords zu beseitigen. Als den Häftlingen klar wurde, dass das Lager bald liquidiert werden sollte, organisierten sie einen Aufstand und versuchten am 14. Oktober 1943, geschlossen auszubrechen. Sie töteten ungefähr 20 deutsche und ukrainische Wachen. Doch von den 400 Insassen, denen die Flucht gelang, wurden mehr als 250 von den Wachen erschossen. Von den restlichen 150 überlebten nur 53 den Zweiten Weltkrieg. Nach dem Aufstand wurde Sobibor geschlossen und zerstört. Kremationsbereich Gaskammer Entkleidungsbereich Aufnahmebereich Unterkünfte des SS-Personals Unterkünfte der jüdischen Arbeitskommandos Verminter Bereich Haupteingang Wachtürme Plan des Vernichtungslagers Sobibor. TREBLINKA * Eine aus 200 bis 300 jüdischen Häftlingen bestehende Gruppe, die die Leichen herausschaffen und in großen Massengräbern, die 150 Meter von den Gaskammern entfernt ausgehoben worden waren, begraben musste. und österreichische Juden zwischen dem 5. und dem 25. Oktober 1942 und mehrere Tausend Juden aus den Balkanländern zwischen März und April 1943. Ungefähr 2000 Sinti und Roma aus Mitteleuropa wurden ebenfalls nach Treblinka deportiert und dort ermordet. Im Herbst 1942 begann die SS damit, die Leichen zu exhumieren und zu verbrennen, um sämtliche Spuren des Massenmords zu beseitigen. Jüdische Häftlinge wurden zu dieser makabren Arbeit gezwungen, die bis Juli 1943 dauerte. Da die noch lebenden Häftlinge befürchteten, ebenfalls bald ermordet zu werden, kam es am 2. August 1943 zu einer versuchten Massenflucht. Viele Gefangene wurden sofort erschossen. Mehr als 300 gelang die Flucht, doch die meisten wurden von der Polizei und den deutschen Truppen gefasst und erschossen. Im Herbst 1943 wurde das Lager abgerissen. Zwischen 700.000 und 850.000 Menschen wurden dort ermordet. 1945 gab es ungefähr 50 Überlebende. Unterkünfte der «Totenjuden» Kremationsbereich «Schlau ch» Ankunftsbereich Massengräber Unterkünfte der jüdischen Arbeitskommandos Unterkünfte des SS-Personals und der ukrainischen Wachen Bereich für Ermordungen durch Vergasung Plan des Vernichtungslagers Treblinka. Kurt-Seidel-StraSSe n dem kleinen Dorf Treblinka, ungefähr 100 km nordöstlich von Warschau gelegen, wurde Ende 1941 ein später unter dem Namen Treblinka I bekanntes Arbeitslager errichtet. Polnische und jüdische Gefangene mussten dort in einer Kiesgrube arbeiten. Im Juli 1942 war der Bau des Treblinka II genannten Vernichtungslagers beendet. Es lag 4 km südöstlich des Dorfs und des Bahnhofs Malkinia. Ein Nebengleis führte von Treblinka I zum Vernichtungslager und zum Bahnhof. Das Gelände konnte durch die umliegenden Wälder getarnt werden und umfasste eine Fläche von 400 x 600 Metern, die in drei Bereiche unterteilt war: einen „Ankunftsbereich“, einen Bereich mit Unterkünften und den Bereich, in dem die Ermordungen durch Vergasung stattfanden. Die Deportationszüge mit jeweils 50 – 60 Waggons hielten am Bahnhof Treblinka. Jeweils 20 Waggons gleichzeitig wurden ins Lager geleitet. Die ankommenden Juden mussten an der Rampe aussteigen und ihren persönlichen Besitz abgeben, der dann in zwei Lagerhäusern untergebracht und ins Deutsche Reich expediert wurde. Nach der Entkleidung in zwei Baracken im Ankunftsbereich wurden die Opfer durch den „Schlauch“ oder „Himmelsweg“, einem schmalen Weg, der die Ankunftszone mit dem Eingang zu den als „Bad“ getarnten Gaskammern verband, getrieben. Nach der hermetischen Verriegelung der Türen wurde ein Motor in einem Nebenraum angeschaltet. Durch Leitungen gelangte Kohlenstoffmonoxid-Gas in die Gaskammern und führte zum Tod der dort Eingeschlossenen. Ein Kommando der sogenannten Totenjuden* musste die Leichen aus den Gaskammern tragen und sie in riesigen Gruben verbrennen. Die nach Treblinka deportierten Juden kamen größtenteils aus den Ghettos der Regionen Warschau und Radom, im Zentrum Polens. Zwischen Ende Juli und September 1943 wurden an die 300.000 Juden aus dem Warschauer Ghetto nach Treblinka deportiert. Auch Deportationszüge aus Lublin und Bialystok kamen nach Treblinka, genau wie im Sommer und Herbst 1942 7000 slowakische Juden sowie 8000 tschechische, deutsche Massengräber I Der Aufstand im Warschauer Ghetto 19. April – 16. Mai 1943 Der Aufstand im Warschauer Ghetto 19. April – 16. Mai 1943 L’Insurrection du ghetto (avril-mai 1943) hs e l UMSCHLAGPLATZ tun gT reb link a ka Nis Okopo wa Sta ka Nis ska Lu be ckie a ocz go Sm Za nsia m Ge en ho f ki w ki p oli No ie lip wo No rm Ka eli ia Paw ki a ocz No ie na lod laz na a alna chm dna Beginn des Aufstands (19.-20. April 1943) Kro Chlo a wsk ybo Grz ska Tw ard a Slisk ska Pro ow sta Ceg alk Pan lana Fluchtwege der Aufständischen Deutsche Truppen Zela zna a ow ar w To Gebiete des sogenannten Restghettos zwischen September 1942 und April 1943 KLEINES GHETTO rsz Bunker der Aufständischen Ma Niederschlagung des Aufstands (Milastraße 18, 8. Mai 1943) Verlauf der Mauern, die das Ghetto 1940 umgaben (das Kleine Ghetto wurde im Oktober 1941 aufgelöst). Ele Ch Ze Leszno Hilfsversuche des polnischen Widerstands a aln or ctr a ow rod Og o szn Le lip wo Sm lip wo No ka a Dzien Entnommen dem Dictionnaire de la Shoah, Larousse, 2009. lew na ie Dz Na ia Paw a ow Eine Gruppe von jüdischen Ghettobewohnern, darunter Frauen und Kinder, werden während der Niederschlagung des Aufstands aus ihren Verstecken getrieben. © Mémorial de la Shoah/CDJC/ Stroop-Fonds. a rsk oje iet Krasinski-Platz Sw Wo Glinian op Mordechai Anielewicz, geboren 1919 in Wyszkow, gestorben am 8. Mai 1943 in Warschau, Anführer der Jüdischen Kampforganisation. © Mémorial de la Shoah/CDJC. nsia Ge a sk cyn Ge Ein Mann springt während der Zerstörung des Ghettos aus einem brennenden Gebäude. © Mémorial de la Shoah/CDJC/ Sammlung Mme Monsonego. ka die Ku a Mil nsia Widerstands war der Kampf zu ungleich. Die deutschen Truppen rückten nicht in den Straßen des Ghettos vor, ohne vorher Gas, Flammenwerfer oder Dynamit einzusetzen. 631 Bunker wurden in Brand gesetzt und die dort Versteckten lebendig begraben, erstickt und verbrannt. Zwischen dem 19. April und dem 16. Mai 1943 gab es auf deutscher Seite 16 Tote und 85 Verletzte. Am 8. Mai wurde das Hauptquartier des ZOB in der Milastraße zerstört. Fast alle noch lebenden Aufständischen wurden getötet. Am 11. Mai appellierten die jüdischen Organisationen Polens in einem letzten Aufruf, der mit den Worten endete: „Doch die freiheitliche gerechte Welt bleibt stumm und unternimmt nichts!“, um Hilfe. Am 16. Mai 1943 ließ Stroop die Große Synagoge Warschaus sprengen und telegrafierte an seine Vorgesetzten: „Das ehemalige jüdische Wohnviertel Warschau besteht nicht mehr.“ Fra a nsk zka ncis ow ran Mu i wk Jüdischer Friedhof i wk Sta a Rich Ok ls am 19. April 1943 deutsche Truppen ins Warschauer Ghetto einmarschierten, überraschte das weder die jüdische Widerstandsbewegung noch den Rest der Bevölkerung. Schon in der Nacht vom 18. zum 19. April hielt sich die Jüdische Kampforganisation (ZOB) in Alarmbereitschaft. Die ersten SS-Einheiten marschierten noch vor Sonnenaufgang am 19. April ein, wurden aber von den Aufständischen zurückgeschlagen. Der deutsche Kommandant wurde seines Amtes enthoben und am 20. April durch SS-Gruppenführer Jürgen Stroop ersetzt. Die jüdischen Widerstandsgruppen zählten lediglich 750 Kämpfer. Auf deutscher Seite wurden 830 SS-Männer sowie zahlreiche Polizeiangehörige und ukrainische und baltische Hilfstruppen aufgestellt. Auf dem Höhepunkt der Kämpfe ließen sie 2000 schwerbewaffnete Männer aufmarschieren, die von der Artillerie, Panzern und der Luftwaffe unterstützt wurden. Die Widerständler auf der Gegenseite verfügten je über einen Revolver, 10 bis 15 Kugeln und 4 bis 5 Handgranaten. Schon am Abend des 19. April waren die Verluste auf jüdischer Seite hoch, doch die Deutschen hatten sich zurückgezogen. Als Himmler über die Entwicklung informiert wurde, gab er den Befehl, das Ghetto zu „liquidieren“. Stroop hatte nun völlig freie Hand. Er ließ jeden der 24 Sektoren des Ghettos Haus für Haus systematisch in Brand setzen und dann mit Bulldozern abreißen. Trotz der zeitweiligen Hilfe des polnischen ic We A na Sien Zlota a ieln Chm llee ie-A msk zoli Jero Gerechte unter den Völkern Gerechte unter den Völkern Aristides de Sousa Mendes (1885-1954) Aristides de Sousa Mendes (rechts) wird 1938 portugiesischer Generalkonsul in Bordeaux. Trotz der Anweisung seiner Regierung, Menschen aus von Deutschland besetzten Ländern, Gegnern des NS-Regimes und Juden keine Visa zu erteilen, widersetzt er sich dem Befehl und händigt 1940 Tausende von Visa an Flüchtlinge aus, die sich in seinem Konsulat einfinden. Seine Vorgesetzten fordern ihn auf, seine Aktivitäten sofort einzustellen und beordern ihn am 22. Juni 1940, dem Tag der Kapitulation Frankreichs, zurück nach Lissabon. Noch auf seinem Rückweg in Richtung spanische Grenze verteilt er auf losen Blättern erstellte Visa. In einem Disziplinarverfahren wird er vom Diplomatenamt suspendiert und zu einem Jahr Berufsverbot verurteilt. 1954 stirbt er völlig verarmt in Lissabon. De Sousa Mendes hat Schätzungen zufolge 30.000 Menschen, darunter 10.000 Juden, die Einreise nach Portugal ermöglicht. 1967 wurde er als Gerechter unter den Völkern ausgezeichnet. Oskar Schindler (1908-1974) Oskar Schindler wächst in Mähren auf und zieht Ende 1939, nach dem deutschen Überfall auf Polen, nach Krakau. Er übernimmt eine Emaillewarenfabrik, in der er hauptsächlich jüdische Arbeiter beschäftigt, die er so vor der Deportation bewahrt. Als das Krakauer Ghetto Anfang 1943 „liquidiert“ wird, werden die meisten verbliebenen Juden in das Arbeitslager Plaszow transportiert. Schindler nutzt seine guten Beziehungen zu hochrangigen Vertretern der deutschen Militärverwaltung, um neben seiner Fabrik ein Unterlager Plaszows für 900 jüdische Arbeiter einzurichten. Aufgrund des Vormarsches der Roten Armee erhält Schindler im Oktober 1944 die Erlaubnis, seine Produktion in einen Rüstungsbetrieb umzuwandeln und nach Brünnlitz, im Sudetengebiet, zu verlagern. Seine jüdischen Arbeiter kann er mitnehmen. Es gelingt ihm, 700 Männer aus dem Lager Groß-Rosen und 300 Frauen aus Auschwitz zu befreien. Mehrere Male wird er von der Gestapo verhört, die ihn der Korruption verdächtigt. Bei Kriegsende beschlagnahmen die sowjetischen Truppen seine Fabrik: Schindler ist ruiniert, kann jedoch auf den Schutz und die Unterstützung seiner ehemaligen, von ihm geretteten Angestellten zählen. 1962 wird er als Gerechter unter den Völkern geehrt. Le Chambon-sur-Lignon (Département Haute-Loire, France) Die Gegend um das Dorf Le-Chambonsur-Lignon wurde 1988 aufgrund der spontanen Hilfeleistung ihrer Bevölkerung kollektiv als „Gerechte unter den Völkern“ anerkannt. Die Haute-Loire, eine ländliche und überwiegend protestantische Gegend mit abgelegenen Dörfern, verfügt über eine lange Tradition der Hilfe für bedrohte Menschen. Ende 1937 finden dort die ersten Flüchtlinge, republikanische Spanier, Unterflucht, bald gefolgt von Gegnern des NSRegimes und Juden, die Deutschland und Österreich verlassen hatten. Ab dem Winter 1940-1941 besteht die nächste Flüchtlingswelle aus geflohenen Juden, darunter vielen Kindern, die dank zahlreicher Hilfsorganisationen aus den französischen Internierungslagern gerettet werden konnten. Protestantische und katholische Hilfswerke spielen auch eine wichtige Rolle bei der Einrichtung von Unterkünften. Zwölf Kinderheime, 39 Familienpensionen und Dutzende von Bauernhöfen beherbergen Hunderte von Flüchtlingen. Mehr als 2.500 Juden hielten sich übergangsweise in Le Chambon auf. Das Dorf dient außerdem als Zwischenstation auf den Fluchtrouten in die Schweiz und beherbergt Werkstätten für die Herstellung gefälschter Papiere. Das außergewöhnliche Ausmaß der Rettungsaktionen und die hohe Anzahl der Helfer in diesem Dorf sind größtenteils den Pastoren Theis, Guillon und Trocmé zu verdanken. Traian Popovici Giorgio Perlasca Irena Sendler (1892-1946) Der Anwalt Traian Popovici ist eine der führenden Persönlichkeiten des politischen Lebens Rumäniens und der Bukowina. Als Bürgermeister von Czernowitz - zu diesem Zeitpunkt die Hauptstadt der rumänischen Provinz Bukowina -, ist er der einzige rumänische Amtsinhaber, der sich gegen die Errichtung eines Ghettos in seiner Stadt ausspricht und öffentlich äußert, dass die rumänische Bevölkerung nicht die antisemitische Politik des deutschen NS-Regimes unterstützen sollte. Nach langen Verhandlungen akzeptiert der Gouverneur der Region schließlich Popovicis Standpunkt. Da er offen Partei für verfolgte Juden ergreift, nennen seine politischen Gegner ihn den „Verjudeten“. Unter Einsatz seines Amtes und seines Lebens protestiert er öffentlich gegen die Verordnung zur Abschiebung und Deportation der Juden von Czernowitz nach Transnistrien, wo sie ein sicherer Tod erwartet. Er schreibt Briefe und Berichte an seine Vorgesetzten, um die wichtige Bedeutung der Juden im wirtschaftlichen und kulturellen Leben der Region herauszustellen. Ohne Unterlass setzt er sich bei den rumänischen Behörden für die bedrohten Juden ein, um die verbündeten Deutschen davon zu überzeugen, den Abschiebungsbefehl zu ändern und die Deportationen auszusetzen. Er hat so 20.000 Juden vor dem wahrscheinlichen Tod gerettet. 1969 wurde der „rumänische Wallenberg“ von Yad Vashem als Gerechter unter den Völkern anerkannt. (1910-1992) Giorgio Perlasca, ein italienischer Geschäftsmann, der für das spanische Konsulat in Ungarn arbeitete, rettete Tausenden von Juden das Leben. Als junger Mann sympathisiert er mit dem Faschismus und kämpft im spanischen Bürgerkrieg auf der Seite von Franco. Doch er wendet sich nach dem Bündnis Italiens mit Deutschlands und den antisemitischen Gesetzen enttäuscht vom Faschismus ab und setzt während des Zweiten Weltkriegs alles daran, verfolgten Juden zu helfen. Nach dem deutschen Einmarsch in Ungarn 1944 flüchtet Perlasca in die spanische Botschaft Budapests und erhält als Veteran des spanischen Bürgerkriegs einen spanischen Pass auf den Namen Jorge Pelasca. In enger Zusammenarbeit mit dem spanischen Botschafter Angel Sanz-Briz und anderen Diplomaten neutraler Länder versucht er, die größtmögliche Anzahl von Juden vor der Deportation zu retten und ihnen zur Flucht zu verhelfen. Während des ganzen Winters 1944 schützt, versteckt und versorgt Perlasca Tausende von Juden in Budapest und bemüht sich darum, ihnen spanische Papiere zu besorgen. (1910-2008) Irena Sendler leitete die Kindersektion des Zegota (polnisches Akronym für den im September 1942 gegründeten Rat für die Unterstützung der Juden). Schon vor dem Krieg bedient sie sich als Angestellte des Warschauer Wohlfahrtsamts ihrer Position, um jüdische Familien unter falscher christlicher Identität auf die Listen des Sozialamts einzuschreiben. Nach der Abriegelung des Ghettos beschafft sie sich einen speziellen Passierschein, um Zugang zum Ghetto zu haben und bringt täglich heimlich Nahrung, Medikamente, Kleidung und Geld hinein. Mit Einsetzen der Massendeportationen schmuggelt Irena Sendlerowa bei jeder Gelegenheit Kinder aus dem Ghetto heraus. Ende 1942 wird sie von Zegota kontaktiert, deren Kindersektion in ihre Organisation eingegliedert wird. Sie bringt mehr als 2500 jüdische Kinder in Waisenhäusern, Klöstern, Schulen, Krankenhäusern und Familien unter. Jedem Kind stellt sie eine Geburts- und Taufurkunde aus und somit eine neue Identität. Im Herbst 1943 wird sie von der Gestapo verhaftet und im Pawiak-Gefängnis inhaftiert. Obwohl sie so grausam gefoltert wird, dass sie ihr Leben lang unter den Folgeschäden leiden wird, gibt sie nichts preis. 1965 wurde sie als Gerechte unter den Völkern geehrt. Die DP-Lager KARTE DER DP-LAGER (Lager für Displaced Persons) U nmittelbar nach der Befreiung der Lager starben dort weiterhin viele der Insassen, die bis dahin überlebt hatten, an Typhus. Viele andere konnten in ihre Heimat zurückgeführt werden, doch mehr als 250.000 Juden wurden in DP-Lagern in Deutschland untergebracht. Die Lebensbedingungen in den Lagern waren prekär: Überbevölkerung, mangelnde hygienische Versorgung und unangebrachtes Verhalten des Personals, das die DPs wie Gefangene behandelte. In der Tat war der oft lange Aufenthalt in den Lagern für die Überlebenden wie eine neuerliche Inhaftierung hinter Stacheldraht. Es wurde versucht, alle jüdischen DPs in der amerikanischen Zone unterzubringen, besonders in Bayern, Württemberg und Nordhessen. Bergen-Belsen wurde zum größten DP-Lager Westdeutschlands mit fast 12.000 jüdischen Internierten. Das Lager wurde in den ehemaligen SS-Kasernen untergebracht und war eines der am besten ausgestatteten DP-Lager. Sprachkurse und Kurse zur beruflichen Weiterbildung wurden für die jüngeren Menschen organisiert. Um das Leid der Internierten zu lindern, wurde Hilfsorganisationen der Zugang zu den DP-Lagern gestattet. Insbesondere handelte es sich dabei um die UNRRA und, ab Dezember 1946, ihre Nachfolgeorganisation IRO (Internationale Flüchtlingsorganisation), das IKRK (Internationales Komitee des Roten Kreuzes) und die YMCA (Christlicher Verein Junger Männer). Der Joint (American Joint Distribution Committee) half den DPs bei der Emigration in verschiedene Länder, die HIAS (Hebrew Immigrant Aid Society) bemühte sich um Visa für die Vereinigten Staaten, die Jewish Agency für Palästina. Die ORT (Organisation, Rekonstruktion, Training) richtete Ausbildungswerkstätten in 18 DP-Lagern in Deutschland ein, die OSE (Oeuvre de Secours aux Enfants) kümmerte sich speziell um die Kinder in den Lagern, von denen die meisten aus Osteuropa stammten. Die zionistischen Bewegungen waren stark in den Lagern vertreten und an manchen Orten wurde ein Gemeinschaftsleben nach dem Vorbild der Kibbuzim organisiert. Um die jungen Internierten auf die Emigration nach Palästina vorzubereiten, wurden auch mit Hilfe der Alliierten landwirtschaftliche Betriebe eingerichtet. Der amerikanische Präsident Truman setzte sich für die europäischen DPs und Kriegswaisen ein, indem er am 22. Dezember 1945 die Truman-Direktive erließ, dank derer innerhalb von 3 Jahren 35.515 DPs, darunter 28.000 Juden, amerikanische Visa gewährt wurden. Der US-Präsident bat außerdem Großbritannien, 100.000 DPs in Palästina aufzunehmen, doch die Briten weigerten sich unter Berufung auf das Weißbuch von Mai 1939 und um die arabische Bevölkerung nicht gegen sich aufzubringen. Die Situation änderte sich erst mit dem Ende des britischen Palästinamandats im Jahre 1947, was den Weg zur Gründung des Staates Israel am 14. Mai 1948 frei machte. Religiöse Zeremonie unter freiem Himmel im DP-Lager Bergen-Belsen, Mai 1945. © Anciens combattants. Oben: David Ben-Gurion, der spätere Premierminister Israels, besucht das DP-Lager Zeilsheim in Deutschland, 1946. Ben-Gurion besuchte 1945 und 1946 mehrere DP-Lager, um für die Emigration jüdischer Holocaust-Überlebender nach Palästina zu werben. © Mémorial de la Shoah/CDJC. Hilfsorganisationen, insbesondere der JOINT, richteten in den DP-Lagern Kindergärten und Schulen ein. Bergen-Belsen, Deutschland, 1946. © USHMM. + über Die NS-Täter Die Nürnberger Gesetze und Verordnungen Das Münchner Abkommen Das Novemberpogrom Das Warschauer Ghetto Das Protokoll der Wannsee-Konferenz Belzec, Sobibor, Treblinka Den Aufstand im Warschauer Ghetto Die Gerechten unter den Völkern Die DP-Lager © Mémorial de la Shoah