Bildung und Erziehung im globalen Zeitalter - Georg-Eckert

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Aus den Projektbereichen
Projektbereich »Bildung
und Erziehung im globalen
Zeitalter«
Forschungsgegenstand und -ziele
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Der Projektbereich untersucht gegenwärtige Formen der Wissensproduktion und des historischen,
räumlichen und gesellschaftlichen
Bewusstseins im Zeitalter der Globalität in interdisziplinärer und internationaler Perspektive. Gesellschaften sind heute zwar nach wie vor
nationalstaatlich verfasst, darüber
hinaus jedoch immer stärker durch
Prozesse einer globalen Vergesellschaftung gekennzeichnet. Im weitesten Sinne geht es darum, auf der
Makro- und der Mikroebene zu untersuchen, welche Arten von Lehrmaterialien und Lernzugängen den
Herausforderungen der globalisierten Welt gerecht werden.
In den Sozial- und Geisteswissenschaften werden die Phänomene der
Globalität auf unterschiedliche Weise und mit verschiedenen Konzepten
diskutiert. Begriffe wie Transnationalisierung, Weltgeschichte, Weltgesellschaft und Globalisierung sind
je spezifi sche Ansätze, um die drängenden Phänomene der Gegenwart
zu erfassen. Während Transnationalisierung räumliche Konzepte jenseits des Nationalstaats untersucht,
bezeichnet Globalisierung den Prozess, in dem sich in unterschiedlichen Phasen der historischen Entwicklung ein Weltzusammenhang
hergestellt hat und herstellt. In der
Geschichtswissenschaft und im Geschichtsunterricht nimmt Weltge-
schichte seit geraumer Zeit eine immer wichtiger werdende Rolle ein.
Weltgesellschaft – ein soziologisches
Konzept – wird verstanden als ein
emergentes Phänomen, das einem
Horizont Rechnung trägt, der einen
eigenen Bezugsrahmen menschlicher
Erfahrung jenseits des Nationalstaates konstituiert. Während Konzepte
der Globalisierung und die Diskussionen über Weltgeschichte eher den
Prozess der Herstellung eines Weltzusammenhanges meinen, betont
»Weltgesellschaft« die strukturelle
Ebene. »Weltgesellschaft« schließt
Zukunftsszenarien einer sich ständig stärker vergesellschaftenden Welt
sowie die Möglichkeiten einer Einflussnahme in Richtung auf stärkere soziale Kohäsion und mehr soziale
Gerechtigkeit in die Analysen ein.
Konkrete Themen sind vor diesem Hintergrund: das Hineinwirken von Globalisierungsprozessen
und »Welt« in den Alltag; die Wissensrevolution; neue Formen sozialer Ungleichheit; eine weltweite Zunahme von Migrationsprozessen; die
Herstellung der »einen« Welt und
gleichzeitig stattfindende Prozesse
erneuter Fragmentierungen und Verwerfungen; weltweite Entsäkularisierungsprozesse und die Instrumentalisierung von Religionen für globale
Auseinandersetzungen; die atomare
Bedrohung der Erde; neue ökonomische Bezüge und Abhängigkeiten;
weltweiter Klimawandel; die Gleichzeitigkeit ungleichzeitiger Entwicklungsprozesse der Gegenwart sowie
Vergesellschaftungs- und Institutionalisierungsprozesse auf neuen, die
Nationalstaaten transzendierenden
Ebenen, u.v.m. Erziehung und Bildung im globalen Zeitalter müssen
diese Herausforderungen annehmen
und sich zu ihnen verhalten. Das globale Zeitalter erfordert neue Zugänge zum Wissenserwerb und zur Wissensverarbeitung. Damit werden die
Determinanten des Nationalstaates
im Projekt Schule zumindest teilweise ausgehebelt bzw. durch neue Einflussfaktoren ergänzt.
Thematische Schwerpunkte
— Gesellschaftliche Kohäsion und
konkurrierende Erinnerungskulturen Erinnerungskulturen be-
einflussen nicht nur die öffentlichen Debatten, sondern auch
schulisches Lernen und werden
durch dieses geprägt. In modernen Gesellschaften, seien diese
nun sich neu bildende Nationalstaaten, Migrationsgesellschaften
oder Gesellschaften, die aus dem
Herrschaftsbereich der ehemaligen Sowjetunion hervorgegangen
sind, kann es zur Konkurrenz
verschiedener Erinnerungskulturen kommen. Erinnerungen werden nicht zuletzt im Raum von
Erziehung und Bildung neu verhandelt. Dabei fällt Bildung eine
besondere Rolle als Katalysator
der sozialen und politischen Integration zu. Gegenwärtig bilden
zwei Projekte die Forschungsschwerpunkte dieses Themenbereichs: Im Projekt »Geschichtslehrer als Schnittstelle zwischen
kollektivem und individuellem
Gedächtnis: Verhandlungen über
ECKERT · DAS BULLETIN |NR. 01|S OMMER
2007
den Sozialismus in Georgien,
Kyrgyzstan und Litauen« wird
das Aufeinandertreffen und Verhandeln unterschiedlicher (auch
kollidierender) Erinnerungen im
postsowjetischen Raum mithilfe biographischer Interviews mit
Lehrern und Lehrerinnen untersucht. Das Forschungsprojekt
adressiert diese einerseits als Experten ihres eigenen biographischen Geschichtsbewusstseins
und andererseits als offi zielle Vermittler von schulisch vermittelten
Erinnerungskulturen. Das Projekt »Ethnische Vielfalt und Nationsbildung in Eritrea. Die Bedeutung der Bildung im nationalen
Integrationsprozess« untersucht,
wie sich nationale Integrationsprozesse sowie soziale Kohäsion
in einem multiethnischen Staat
und einer Postkonflikt-Gesellschaft vollziehen und welche Bedeutung hierbei der Bildung als
Katalysator der sozialen und politischen Integration zufällt. Mit
diesem Projekt erweitert das Institut seine Forschungsfelder auf
den afrikanischen Kontinent.
— Schule in Einwanderungsgesell
schaften Die Integration von
Einwanderern und ihren Kindern
ist eine vordringliche politische
und gesellschaftliche Herausforderung in den durch Migration
geprägten multiethnischen Gesellschaften Europas und Nordamerikas, die insbesondere die
Schule als zentrale staatliche Sozialisationsinstanz betrifft. Von
besonderer Bedeutung sind zum
ECKERT · DAS BULLETIN |NR. 01|S OMMER
2007
einen Fragen danach, was die
Schule als Akteur von Erziehung,
Bildung und Sozialisation in Einwanderungsgesellschaften leisten
kann und wo ihr gesellschaftlicher und gesellschaftspolitischer
Ort ist und sein sollte. Zum anderen geht es darum, mit welchen
integrations- und bildungspolitischen Konzepten und konkreten
didaktischen Mitteln die Schule auf diese Aufgabe reagieren
kann. Das vergleichende und sozialanthropologisch ausgerichtete Projekt »Schooling for Community. Schule und Stadtteil als Orte
der Integration im internationalen Vergleich« greift diese Fragen
auf, indem Bildungsprozesse in
den Einwanderungsgesellschaften
in Deutschland, in Griechenland
(als peripherem Land innerhalb
der EU) und in Kanada (als Kontrastmodell) sowie ihre Verankerung in den sozialräum lichen
Umfeldern untersucht werden.
— Lernen und historisches Bewusstsein in der Weltgesellschaft Zum einen werden die
bisherigen Aktivitäten des Georg-Eckert Instituts im Bereich
Weltgeschichte neu fokussiert im
Nachdenken über die Konstituierungsbedingungen und Strukturen von Geschichtsbewusstsein in einer globalisierten Welt.
Dabei wird u.a. nach den Orten gefragt, in denen sich der gemeinsame Erwartungshorizont
»Weltgesellschaft« herausbildet
sowie nach der Rolle, die Weltgeschichte im Unterricht spielt.
Zum anderen soll es in diesem
Schwerpunkt auch um die vielfältigen revolutionierenden Chancen und Folgen der gegenwärtigen Wissensgesellschaft gehen.
Das Forschungsinteresse ist dabei
auf die Auswirkungen der Wissensrevolution auf schulisches
Lernen, die Chancen und Risiken
des Internet sowohl für die Informationsbeschaffung und deren
kritische Nutzung als auch dessen Folgen im psychosozialen Bereich gerichtet.
Dieser Schwerpunkt befindet sich
in der Planungsphase.
Struktur
Leitung: Hanna Schissler
Mitarbeiter/innen: Barbara Christophe,
Mussie Habte, Susanne Schwalgin
Laufende Projekte
• Bewusstseinsprozesse in der globalisierten Welt (Hanna Schissler)
• Geschichtslehrer als Schnittstelle zwischen kollektivem und individuellem Gedächtnis: Verhandlungen
über den Sozialismus in Georgien,
Kyrgyzstan und Litauen (Barbara
Christophe)
• Ethnische Vielfalt und Nationsbildung in Eritrea. Die Bedeutung
der Bildung im nationalen Integrationsprozess (Mussie Habte)
• Schooling for Community. Schule
und Stadtteil als Orte der Integration
im internationalen Vergleich (Susanne Schwalgin)
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