Ausgabe - Harmonia Classica

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ZEITUNG
für
harmonische
Musik
Nummer 85 – November 2015
Vortrag von Alexander Blechinger anlässlich der 5. Jahrestagung der Carl Stumpf
Gesellschaft über Harmonie, am 2. Okto-
P.b.b. Verlagspostamt 1130 Wien, GZ 02Z032121 M. Impressum: Medieninhaber, Herausgeber und Redaktion: Harmonia Classica, Helmut Junker, Hirschfeldweg 5, 1130 Wien;
Gesamtherstellung: Druckservice Angelika Duchkowitsch GmbH, Schließmanngasse 18/1;
1130 Wien, ZVR-Zahl: 941847506
Götterwelt als Veranschaulichung für die
dahinter wirkenden Kräfte, kann man für
den Anfang ganz gut damit auskommen.
1.: Ist die Harmonie ein Kind der
Götter?
Harmonie hat ihr erstes Urbild in Harmonia, zu deutsch: Verbindung, Fügung,
richtiges Verhältnis, Ebenmaß, Übereinstimmung, Einklang, Eintracht. Sie ist die
Beschützerin der Musen.
Harmonia, sie selbst, bei den Griechen
als Kind, somit Vereinigung, von Ares
und Aphrodite, römisch gesagt: Mars
und Venus, verbindet das kriegerische
Element des väterlichen Kriegsgottes, das
Abstoßende, mit dem Anziehenden der
so zu einem neuen Ganzen zusammengefaßt, wodurch eine neue Dimension des
Ausdrucks entsteht.
Die Musen sind Töchter des Zeus, des
Oberhauptes der griechischen Götter,
der seinem Namen entsprechend mit
donnernden Blitzen im Himmel andere
zur Räson brachte.
Deren Mutter war Mnemosyne, auf
deutsch: Erinnerung. so sollte Harmonia
das bewahren, das der Erinnerung wert
war, was in der Folge durch die neun
Musen verkörpert wurde.
Jede Muse steht für eine besondere Art
von Kunst, und durch Übersetzung des
jeweiligen Namens ins Deutsche erhellt
sich der Zusammenhang merklich.
Harmonie – Ihr Ursprung und ihre Bedeutung
im Lichte der Musik
ber 2015 in der Universität für Musik und
darstellende Kunst in Wien.
Meine Damen und Herren, ich heiße
Alexander Blechinger, bin freischaffender Komponist und Musiker und seit
über dreißig Jahren Künstlerischer Leiter der Harmonia Classica, dem Verein
von Komponisten und Textdichtern für
harmonische Musik. Durch diese Praxis
bedingt sind auch mehrere Aufsätze zur
Musik entstanden.
Diverse Vorträge über Musik folgten.
Das heutige Thema ist mir natürlich ein
besonderes Anliegen.
Ich möchte diesen Vortrag mit einem Zitat
von Carl Stumpf beginnen:
„Es gälte, eine die Natur- und Geisteswissenschaften gleichmäßig durchdringende
Ideenwelt zu schaffen, die mit sachlicher
Überzeugungskraft die weitesten Kreise
der Forscher bezwänge und durch sie
die gebildete Menschheit überhaupt mit
neuem Lebensblute füllte.“ (Carl Stumpf,
„Die Wiedergeburt der Philosophie“,
1907)
Ich meine, nimmt man die griechische
Inhalt dieser Ausgabe:
Seite
Harmonie – Ihr Ursprung und ihre
Bedeutung im Lichte der Musik1–2
Konzertnachlese 8. 10.
3
Interview mit Prof. Dr. Gerald
Langner, Physiker
4
CDs5
Aktuelles und Kritisches
6
Veranstaltungskalender6
mütterlichen, befriedenden Liebesgöttin.
So ist die gelungene, weil lebensfähige
Vereinigung der Gegensätze, die eben den
Reiz der Harmonie ausmachen.
Eigentlich unabhängiges Konträres wird
KONZERT
Die erste Muse „Erato“, die für Liebeslyrik steht, heißt „Geliebte“,
„Euterpe“, für Lyrik mit Flötenbegleitung,
„die Angenehme, die Ergötzende“.
Fortsetzung Seite 2 >>>
Harmonia Classica
Stimmungsvoller Advent
Musik von
Johann Sebastian BACH
Alexander BLECHINGER
Dagnija GREIZA
Georg Friedrich HÄNDEL
Walter SCHARF
vorgetragene Texte von
Vielfalt
in Schönheit
Erwin Guido Kolbenheyer, Margit Margreiter,
Christa Meissner und Christine Schmid
Ausführende:
Violine: Yuliya Lebedenko
Violoncello: Grazyna Milan
Sopran: Maria Szepesi
Tenor: Alexander Blechinger
Orgel: Hikaru Yanagisawa
e
b
a
g
s
u
A
Nr. 85
Samstag, 5. Dezember 2015, 15.30 Uhr
Deutschordenskirche
Singerstraße 7, Wien 1
Karten um 20 Euro mittels beiliegenden Erlagscheins, bei den Mitwirkenden
oder an der Abendkassa
1
2.: Zeigt uns die Musik harmonische
Analogien mit der physikalischen
Welt auf?
Hier darf ich gleich meine Vorrednerin,
Frau Kaiser-el-Safti, zitieren:
... Stumpf paraphrasiert noch 1939 in
seiner „Erkenntnislehre“, Lotzes ontologische Sicht der Dinge:
„Die Dinge der Außenwelt selbst, die wir
als Eigenschaftskomplexe fassen, sind
untereinander [...] auch wieder zu höheren
Einheiten und Ganzheiten verbunden,
und zwar in verschiedenen Graden (...)
Auch hierfür haben wir Urbilder in den
Sinnesempfindungen, vor allem in den
„Verschmelzungsgraden“ der Tonempfindungen, angefangen von der Oktave, die
dem Eindruck eines einzigen Tones am
nächsten steht, über die unvollkommenen
Konsonanzen bis zu den Dissonanzen.
Ja man könnte sagen, es sei mehr als ein
bloßes Gleichnis oder eine pythagoreische
Phantasie, wenn wir einen Wesenszusammenhang zwischen Teildingen innerhalb
eines größeren Ganzen auch als Harmonie
bezeichnen. (...) Wir wären überhaupt
nicht imstande, von Ganzheiten höheren
oder geringeren Grades zu sprechen, wenn
nicht solche Wahrnehmungen vorausgingen“ (1939- 40/2011: 26-27).
zwischen denen ein Energiefluß besteht.
Ein nächster Schritt zur Elektrizität, wo
Strom von einem zum anderen Pol fließt,
zur Gravitation, wo ein Himmelskörper
einen anderen an sich bindet. Bis zur
Musik, die durch die Harmonie jetzt
Konsonanz und Dissonanz erkennen läßt.
Wie beim Sonnensystem werden „festere
Körper“ näher gebunden, fester im Sinne
von handgreiflich, ähnlicher. Unähnliches, Luftigeres, Gasförmiges wird loser
gebunden, bzw. abgestoßen.
Sowohl die harmonischen Beziehungen
als auch harmonischen Proportionen des
musikalischen Raumes stehen zu jenen
des physikalischen Raumes in Analogie:
Die jeweilige Harmonie der Teiltöne bildet nun den Gravitationssog, wonach sich
die einzelnen Töne gemäß ihrer Wertigkeit
zu verhalten haben. Dies kann von kleinräumig, Harmonie als einzelner Akkord,
bis zu großräumig, Harmonie als Tonart,
worin ein Werk steht, gesehen werden.
Dabei wird Harmonie mit Tonaliät gleichgesetzt, einem bestimmten Tonraum, der
nun durch untergeordnete Harmonien,
und diese durch untergeordnete Akkorde
durchmessen werden. So sind Tonalität
und Akkord die beiden Eckpunkte davon,
wie Harmonie uns in der Musik begegnen
kann.
Nun gibt es Entsprechungen des harmonischen Prinzips der Vereinigung der
Gegensätze in verschiedenen Bereichen.
Im Magnetismus scheint dieses Prinzip
auf: abstoßender und anziehender Pol,
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2
Es kann der Dissonanzbegriff zum Teil
durch Betrachtung der Obertöne verstanden werden. Je näher die Obertöne zum
Grundton sind, desto eher verschmelzen
sie mit ihm, also werden von ihm angezogen.
Erster Oberton: Oktave, 2. quasi Quinte,
3. Doppeloktave, dann 4. Terz, darüber
kommen neben Wiederholungen dieser
Intervalle immer dissonantere zum Zug.
Durch die Zuordnung von Tönen zu den
Polen Konsonant – Dissonant kann nun
ein Spannungsfluß entstehen, der die
Musik nachvollziehbar und erlebnisreich
gestalten kann.
3.: Wie verhält sich Harmonie zu
schöner alter und neuer Musik?
Wie stehen aber nun die schöne alte und
neue Musik zur Harmonie? Als direkte
Verbindung zu Harmonia und dem heutigen Hörer. Schöne Musik hat Melodie,
Harmonie (Metrum) und Rhythmus.
Durch die Nichtaufgabe von Harmonie
und das Zulassen von Dreiklängen und
Dreiklangsfolgen jeglicher, auch typisch
„klassischer“ Art wird die musikalische
Raumschaffung in jeder Weise bestärkt
und in keinster Weise eingeschränkt.
Harmonie wird erkennbar als Verräumlichung und als räumliche Strukturierung
der musikalischen Idee, die dadurch eine
wesentliche, ihren Inhalt verstärkende,
neue Dimension erhält und eine zusätzliche Entfaltungsmöglichkeit beinhaltet.
Die Verkörperlichung, die Versinnlichung,
dies ist es, was Harmonie bedeuten kann.
So wie die Harmonie mit der Erde, zwischen Venus und Mars stehend, verglichen
werden kann, so auch mit dem Menschen,
der, Gegensätze in sich vereinend, zum
harmonischen Menschen werden kann,
wenn diese Vereinigung gelungen ist.
Ein weiterer Aspekt ist sicher auch der
schöne Mensch, wo, nun ins Bildliche abgleitend, das Ebenmaß der Proportionen
ihn zum Objekt der Bewunderung werden
läßt. Ebenmaß in der Proportion ist das
auch sichtbare Pendant zur Harmonie in
der Musik, die sich natürlich auch in den
musikalischen Proportionen ausdrückt.
So sind sowohl die ägyptischen, als auch
die marsianischen Pyramiden - bekannt
geworden durch die NASA Aufnahmen
und wodurch oder durch wen auch immer
erschaffen - nach Expertenmeinung nach
dem Kürzel für Proportion in der sichtbaren Kunst, dem „goldenen Schnitt“,
geformt.
Harmonie gilt so als „menschlich-göttlicher“ Aspekt im weitesten Sinne des
Wortes: Das Idealbild vor Augen, als
das zu erreichende Ziel, ermöglicht die
Schwierigkeiten zu meistern, die dem
Erreichen noch im Wege stehen. Gleichsam als Leuchtturm steht Harmonia und
bewahrt die Musen, das sind die verschiedenen Aspekte der Musik, die heute
in großem Maße ebenso wieder aktuell
gesehen werden können.
Ich konnte in meiner dreiunddreißigjährigen Tätigkeit als Künstlerischer Leiter
der Harmonia Classica oft erfahren, wie
vielfältig schöne neue Musik sein kann,
und der Trend dazu wird weltweit immer
stärker.
Da die Macht und Politik Enkel der Philosophie und Kinder der Ideologie sind,
kommen wir nun auch in diesen Bereich,
der wieder logisch an den neurologischen
anknüpft, da die Nerven auch mit betroffen sind.
Fortsetzung folgt in der nächsten Nummer
der Zeitung.
Wir danken unserem Förderer
Konzertnachlese des Konzerts
„Operetten, Wienerlieder und andere Schmankerln“,
am 8. Oktober 2015 im Haus der Heimat
Das Herbstkonzert der Harmonia Classica unter dem
Motto „Operetten, Wienerlieder und andere Schmankerln“, eine gelungene Mischung von Bekanntem und
Neuem, fand im Haus der
Heimat statt.
Von den zeitgenössischen
Komponisten war der junge
Wiener Lorenz Huber mit
zwei kurzen ansprechenden
Liedern nach Texten von Johann Wolfgang von Goethe
und Friedrich Schiller vertreten, die er selbst am Klavier
spielte. Außerdem konnten
wir sechs sehr schöne kurze Stücke für Oboe und
Englischhorn von Walter
Scharf, hervorragend interpretiert von Alfred Hertel
Lorenz Huber, Petra Halper-König,
und Hanns Fischer, hören.
Von Alexander Blechinger
gelangten zwei neue spritzige Wienerlieder nach Texten von
Brigitte Pixner zur Aufführung, ein neues Lied nach einem Text
von Eleonore Zuzak anlässlich ihres 90. Geburtstags, eine Arie
aus dem Musical „Mütter“ nach einem Text von Ingrid Heinisch,
ein zeitkritisches Lied „Ihr habt uns 1000 Mal belogen“ und besonders eindrucksvoll war der 2. Satz aus seinem Violinkonzert,
Alexander Blechinger, Aya Mesiti, Alfred Hertel, Hanns Fischer
meisterhaft gespielt von Yuliya Lebedenko.
Der 2. Teil des Konzerts war vor allem den bekannten Komponisten wie Robert Stolz, Franz Lehar, Emmerich Kalman,
Franz Böhm, Heinrich Strecker, Johann Strauß und Carl
Zeller gewidmet. Die Sopranistin Petra Halper-König und der
Tenor Alexander Blechinger sangen
bravourös Duette und Soloarien und
begeisterten sowohl darstellerisch als
auch stimmlich das Publikum. Frau
Halper-König brillierte vor allem bei
den beiden Arien „Mein Liebeslied
muss ein Walzer sein“ von Robert
Stolz und „Heia in den Bergen“ von
Emmerich Kalman,
Alexander Blechinger überzeugte besonders bei „Drunt in der Lobau“ von
Heinrich Strecker und bei „Wenn es
Abend wird“ von Emmerich Kalman.
Aya Mesiti begleitete sehr gekonnt
und gefühlvoll die Sänger.
Der starke Applaus am Ende des
Konzerts sprach für die gelungene
Auswahl der Stücke und den Erfolg
dieses abwechslungsreichen Abends.
Petra Halper-König, Alexander Blechinger,
Aya Mesiti
3
Prof. Dr. Gerald Langner
Physiker
Redaktion: Können Sie sich bitte unseren
Lesern kurz vorstellen.
Prof. Dr. Gerald Langner: Ich studierte
von 1964 – 1971 Physik an den Technischen Universitäten in Braunschweig
und München. In meiner Doktorarbeit am
Max-Plank- Institut für Biophysikalische Chemie in Göttingen untersuchte ich
die neuronale (zu einer Nervenzelle gehörig) Verarbeitung akustischer Kommunikationssignale bei Vögeln. Nach
meiner Habilitation in Neurobiologie an
der Technischen Universität Darmstadt
bekam ich 1983 ein Heisenberg-Stipendium der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Zahlreiche Forschungsaufenthalte
brachten mich in den folgenden Jahren
nach Manaus, San Francisco, Helsinki,
Canberra, Neu-Guinea, Tainan und Kyoto.
Sie waren vor allem der Elektroortung
von Fischen, der Tonhöhenkodierung
(Tonhöhenentschlüsselung) im Hörsystem von Katze und Mensch, sowie
der Entdeckung der Elektrorezeption des
Schnabeltiers gewidmet. Von 1988 bis
2008 untersuchte ich als Professor an der
TU Darmstadt mit meiner Arbeitsgruppe
die zeitliche Verarbeitung und die räumliche Repräsentation akustischer Signale
im Hörsystem.
Redaktion: Wie ist Ihr persönlicher Bezug
zur Musik und was hat Sie zu Ihren Untersuchungen zum Hörsystem angeregt?
Prof. Dr. Gerald Langner: Schon als
Jugendlicher habe ich Gitarre gespielt
und eine klassische Gesangsausbildung begonnen. Diese habe ich zwar für
mein Physikstudium aufgeben müssen,
aber mein Interesse für Musik hat mich
dann dazu motiviert, einen Studienschwerpunkt auf die Akustik zu legen
und später die Analyse akustischer
Signale im Gehirn zu untersuchen.
Redaktion: Helfen uns Ihre Untersuchungen des Hörsystems zu verstehen, wie wir
Musik wahrnehmen? Prof. Dr. Gerald Langner: Zwar beschränkt sich die Wahrnehmung von
Musik nicht auf das Hörsystem, doch
lässt sich am auditorischen System (akustisches System, Hörbahn) – von der
Cochlea (Innenohr, Hörschnecke) zum
Cortex (hier: Großhirnrinde) - erkennen,
wie unsere Nervenzellen Tonhöhen und
Klänge aufnehmen, zeitlich analysieren
und schließlich in sogenannten neuronalen Karten repräsentieren.
Redaktion: Hat Harmonie in der Musik
eine neuronale Grundlage oder ist sie
4
‚nur’ ein kulturelles Erbe?
Prof. Dr. Gerald Langner: Angeblich
hat schon Pythagoras angenommen,
dass wir harmonische Beziehungen in der Musik favorisieren,
weil unser Geist – heute würde man
‚Gehirn’ sagen- denselben Gesetzmäßigkeiten gehorcht wie unsere
Umwelt. Unsere Untersuchungen
konnten das im Prinzip bestätigen.
Die zeitliche Tonhöhenverarbeitung
folgt bestimmten mathematischen
Regeln und schlägt sich daher zwangsläufig in harmonischen Beziehungen der
neuronalen Reaktionen nieder. Diese
Gesetzmäßigkeiten definieren sowohl
den Dur- als auch den Moll-Modus. Mit
Kultur hat das zunächst gar nichts zu tun.
Redaktion: Kann man aus neurologischer
Sicht die besondere Rolle der Musik für
den Menschen verstehen?
Prof. Dr. Gerald Langner: Musikalische
Rhythmen und Periodizitäten (regelmäßige Wiederkehr, hier: eines akustischen Zustands), inklusive derjenigen,
die Tonhöhenempfindungen auslösen,
regen die neuronalen Netze unseres
Hörsystems zum Mitschwingen an. Die
moderne Neurophysiologie geht davon
aus, dass ähnliche Schwingungen auch
bei allen anderen Prozessen in unserem
Gehirn auftreten – wie zum Beispiel im
EEG zu beobachten. In anatomischen
Untersuchungen konnten wir – nicht
nur im Hörsystem, sondern auch in
anderen Hirngebieten - spiralförmige
Strukturen nachweisen, die verblüffend
der aus der Musikpsychologie bekannten
Tonhöhenspirale (Tonhöhe und Chroma
veranschaulichende, in Oktavschritten
steigende räumliche Spirale) ähneln.
Vermutlich kontrollieren diese Spiralen
nach harmonischen Regeln die neuronalen Oszillationen (Schwingungen) und
steuern dadurch unter anderem unsere
Aufmerksamkeit.
Redaktion: Lassen sich aus Ihren Untersuchungen bisher unbekannte Eigenschaften des musikalischen Gehörs
ableiten?
Prof. Dr. Gerald Langner: Bei der zeitlichen Analyse periodischer Signale im
Hirnstamm des Hörsystems spielen rasche neuronale Oszillationen eine wichtige Rolle. Diese führen zu Präferenzen
für ganz bestimmte Tonhöhen, die sich
unter anderem bei den Formantfrequenzen (die Obertöne, die bei einem Instrumentalklang oder einem Sprachelement
(Vokal) besonders laut sind und so deren
Klangfarbe bestimmen) unserer Vokale
und der Chinesischen Tonsprache nachweisen lassen. Auch alte Flöten etwa aus
der Südsee, aus Lateinamerika, ja selbst
Steinzeitflöten, sind häufig auf genau diese Tonhöhen abgestimmt. Offenbar sind
diese Tonhöhen wichtig und es stellt sich
die Frage, welche Rolle diese Präferenzen
in der Musik spielen.
Redaktion: Für welchen Leserkreis ist
Ihr neues Buch über den neuralen Code
von Tonhöhe und Harmonie geschrieben?
Prof. Dr. Gerald Langner: Einerseits
enthält mein Buch eine Reihe von neuen
Befunden, die auch in Fachkreisen noch
weitgehend unbekannt sind. Andererseits
habe ich mich bemüht, einen breiten Leserkreis, insbesondere aus musikalischen
Kreisen, anzusprechen und deshalb viele
Erläuterungen aufgenommen, die das
Verständnis erleichtern sollen.
Redaktion: Wollen Sie unseren Lesern
noch etwas mitteilen?
Prof. Dr. Gerald Langner: Aus meinen
Untersuchungen zum Hörsystem habe
ich folgenden Schluss gezogen: Die
modernen Komponisten machen einen
großen Fehler, wenn sie die harmonischen Beziehungen zwischen Tonhöhen
als historischen Ballast betrachten, den
man abwerfen muss. Das Hörsystem ordnet sich in zwei Dimensionen: Tonhöhe
und Klang. Beide sind offenbar gleichwertig in neuronalen Schichten geordnet.
Harmonische Beziehungen sind das
Ordnungsprinzip, das sich zwangsläufig
aus der zeitlichen Analyse von Tonhöhen
ergibt. Ignoriert man diese Fakten,
dann geht man an den fundamentalen
Bedürfnissen der Menschen vorbei.
Redaktion: Herzlichen Dank für das
Interview.
Buchtipp: Gerald Langner: The Neural
Code of Pitch and Harmony, Cambridge
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Da wir auch in diesem Jahr wieder keine Subvention vom Bund und
der Stadt Wien bekommen haben, bitten wir Sie dringend um Ihre
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mit dem Preisträgerkonzert im Palais Palffy, der uns neben den
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„Schöne neue Musik“ – sowohl
abwechslungsreich als auch melodisch, harmonisch, kontrapunktisch und rhythmisch.
Veranstaltungskalender
6. 11.: Wien 1, Hanuschg. 3/4.Stg./4. Stock, Öst. Ges. f. Musik,
19 h, Pelinka
13. 11.: Wien 21, Bezirksmuseum, Prager Str. 33, 19 h, Pattenhausen, Pelinka
21. 11.: Klosterneuburg, Evang. Kirche, Franz Rumpler Str. 14,
19 h, Pelinka
23. 12.: Mönchhof (Bgld.), Abteikirche Marienkron, 19.15 h,
Pattenhausen, Pelinka
Aktuelles und Kritisches
* aus „Der neue Merker“ 08 + 09/2015: Fidelio - Großes
Festspielhaus Salzburg - Nun war er da, in voller Wucht. Der
zeitgemäße Zugang! Ein solcher kann ja manchmal ganz
interessant sein, wenn er gut gemacht ist, aber das passiert in den
seltensten Fällen. Zumeist, wie auch in diesem „Fidelio“, kommt
eineVerballhornung, ja eine präpotente, mutwillige Zerstörung
eines großen Werkes heraus.Claus Guths Welt ist ein Irrenhaus,
in dem wir alle gefangen sind. Lange nach dem magischen Datum
1984 öffnet sich ein steriler, weißer Raum mit einem bedrohlichen
fahrbaren schwarzen Block und einem darunterliegenden schwarzen
Abgrund ... Auf der Bühne herrscht Öde und Leblosigkeit. der
berfrackte Rocco ist schon durch einen Stock als schwer beweglich
gekennzeichnet.,Marzelline und Jacquino veschwinden, wenn sie
nichts zu singen haben, und Leonore wird durch ihren aggressiv
mit Händen fuchtelnden Schatten zu einem Schatten ihrer selbst.
Die ärgste Attacke auf das Werk erfolgt aber gar nicht szenisch,
sondern durch Ersetzen der Sprechtexte durch elektronisches
Gesäusel, was geradezu lähmend wirkt, weil die Abstände
zwischen den Musiknummern dadurch noch länger erscheinen ...
* aus „Musikergilde“ 20. 8. 2015: Partnerschaft für Kultur - von Peter
Paul Skrepek - ... Kunst und Kultur, diese dekadenten Anmaßungen,
„in die Steinzeit zurückzubomben“, die Transatlantische Handels- und
Investitionspartnerschaft, TTIP, hat das Potenzial dazu. Das Know
how ist vorhanden. Verhandelt wird hinter verschlossenen Türen. Vom
Pöbel ungestört. Die Dokumente sind geheim. Alle müssen wirklich
nicht alles wissen! Wissen belastet unnötig. Verwirrung, Angst und
Panik wären die Folge ... Mein Appell ist einfach und beruht auf
folgender Beobachtung: Wenigstens ein Musiker, den ich kenne, sagt
»Ich höre kein Radio. Das brauche ich nicht. Die ganze Musik ist ja
ohnehin in meinem Kopf.« Und ist sie nicht in meinem Kopf, dann
ist sie irgendwo, antwortet André Heller. Er weiß es, er hat es schon
immer gewußt. Er muß es wissen.
In diesem Sinn. Bieten wir den Partnern in den USA – besser
gesagt: ihren Eigentümern – ein Förderprogramm an: Partnerschaft
für Kultur. Wir wissen, wie es geht – und sie, wie der Hase läuft.
Schicken wir ehemalige Opern- und Burgtheaterdirektoren nach
Übersee, dann ist ein Anfang gemacht. Später können alle unsere
Kultur- und Finanzminister nachkommen, und als Praktikanten auch
gern die Ö3-Chefs der letzten zwanzig Jahre. Zeigen wir der ganzen
Welt, wo der Bartl den Most holt. Auf geht‘s!
6
HELLMUTH
PATTENHAUSEN
Komponist und Schriftsteller
Lied vor dem Wiederfinden
Ich geh mit lauter kleinen Alabastern
Singend um den Mond der Räume.
Vor meiner Hoffnung weichen Himmelspflanzen
Bückt sich Schwarz: Die nachtverbrämten Bäume.
Wie war die Trauer schwer verklungen
Und alle Sehnsucht wild und laut!
Nun spielt die Anmut florumsungen
Mit der Nacht die langsam niederblaut.
Der Vollmond schmiegt die spiegelnden Gesichte
in das Laub: Die dunkle Flut.
O öffne deine müden Augenlichte!
Ich fülle deine fernen Schlüchte
Leise mit Perlmutterblut.
CDs und LPs von Hellmuth Pattenhausen:
KKM 3092: Die Laute (Klavier) nach Tagore, Aricord CDA 19301:
Goethetrio nach Gedichten von Goethe (Violine, Horn und Klavier) und
3 Träume von Trakl, HC 1: Konzert für 2 Soloviolinen und Orch. HC 2:
Konzert für Bläser und Streicher, HC 5: Tango Argentino für Klavier,
HC 8: Variationen über 2 Themen in C-Dur und F-Moll für Streichorchester, Choral und Fuge, HC 11: Variationen für Streichquartett,
HC16: Präludium und Fuge aus dem Konzert in F-Dur für Streicher,
HC 18: Konzert f.2 Vl+ Orch., HC 21: Suite in A-Moll f. Klavier,
HC 22: Konzert in F-Dur für Streichorchester, HC 25: Notturno, Legende, HC 27: Sonetto, HC 28: Shakespeare Gesänge, HC 29: Ave Maria,
Maria zu lieben, Marienlied, HC 31: Sonate für Violine und Klavier
in A-Dur: 2. und 3. Satz, HC 32: 3 Lieder nach Rabindranath Tagore,
HC 33: Gesänge zu Worten Tagores. HC 36: Choral und Fuge über 2 Themen
in C-Dur und F-Moll
Kontaktperson: Mag. Dr. Werner Pelinka, Tel: 01/914 86 74
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