und Jugendbildung e. V. Freiwilligendienste in der Kultur: Impulse

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BBE-Newsletter 02/2008
Bundesvereinigung Kulturelle Kinder- und Jugendbildung e. V.
Freiwilligendienste in der Kultur:
Impulse für bürgerschaftliches Engagement
Kulturelle Freiwilligendienste sind ein sehr dynamischer, aber auch sehr junger Bereich Bürgerschaftlichen Engagements. Über 50 Jahre liegen die ersten Entwicklungen im Jugendfreiwilligendienst zurück. Als das FSJ Gesetz 1964 schließlich erstmals einen sozialen Freiwilligendienst für junge Menschen regelte, mussten knapp
30 Jahre vergehen, ehe 1993 das Freiwillige ökologische Jahr (FÖJ) inhaltlich ein
neues Feld erschloss. Im Lauf ihrer Geschichte sahen sich die Jugendfreiwilligendienste verschiedenen Legitimationsdiskussionen und Begründungszusammenhängen gegenüber. Diese waren zu Beginn stärker sozial- und arbeitsmarktpolitisch
ausgerichtet, trugen anschließend bildungs- und jugendpolitischen Charakter und
mündeten schließlich in engagementpolitischen Diskursen. Letztere waren Ende der
1990er Jahre nicht allein Ausdruck für eine gestärkte Zivilgesellschaft und eine
wachsende Engagementbereitschaft der Bürger/innen. Vielmehr wurde auch umfassenden gesellschaftlichen Wandlungsprozessen Rechnung getragen: fehlende Arbeitsplätze, demografischer Wandel, mangelnde Finanzierbarkeit sozialstaatlicher
Aufgaben etc.
Kulturelle Einsatzmöglichkeiten für junge Freiwillige gab es – beispielsweise im Bereich des FSJ, in den gesetzlich nicht geregelten Freiwilligendiensten oder später im
Europäischen Freiwilligendienst – schon länger vereinzelt. Systematisch wurde die
Kultur aber erst durch Modellprojekte zur Jahrtausendwende erschlossen: mit dem
FSJ in der Denkmalpflege (1999) und schließlich mit dem FSJ Kultur (2001). Zunächst gelang dies also den Internationalen Jugendgemeinschaftsdiensten (ijgd),
kurz darauf der Bundesvereinigung Kulturelle Kinder- und Jugendbildung (BKJ) gemeinsam mit ihren Partnern. Seit einigen Jahren beteiligen sich auch die Strukturen
der Soziokultur aktiv am Aufbau kultureller Freiwilligendienste.
Mit der FSJ Gesetzesnovelle 2002 wurde erstmals ein gesetzlich geregelter kultureller Jugendfreiwilligendienst möglich. Mit wenigen Plätzen gestartet, haben sich die
Platzkapazitäten in der Zwischenzeit flächendeckend auf 640 (FSJ Kultur) und über
200 (FSJ in der Denkmalpflege) ausgedehnt. Mit der Beteiligung beider Trägerstrukturen am Bundesmodellprogramm „Generationsübergreifende Freiwilligendienste“, z.
B. mit >kek<, dem Generationsoffenen Freiwilligendienst in der Kultur, hat sich dieses Angebot noch erweitert.
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Hintergrund dieser Entwicklungen war nicht nur der politische Wille, die Einsatzfelder
für Freiwilligendienste über die klassischen Bereiche hinaus zu erweitern, wie er sich
z. B. in der Bundesenquete-Kommission „Bürgerschaftliches Engagement in
Deutschland“ formulierte. Vielmehr waren die Interessen und Aktivitäten des kulturellen (Träger)Feldes entscheidend. Der Kulturbereich wies darauf hin, dass er ein attraktiver Engagementbereich für junge Freiwillige bereithält und überaus erfahren
und geeignet ist, Bildungsprozesse der Freiwilligen zu begleiten.
Der Engagement-Enquete-Kommission ist es zu danken, dass sie direkt bzw. über
Folgeaktivitäten (Freiwilligensurvey, Bundesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement, Unterausschuss Bürgerschaftliches Engagement) eine Bestandsaufnahme1
ehrenamtlicher und freiwilliger Arbeit im Kulturbereich ermöglichte, der diesem großen Engagementfeld mehr Aufmerksamkeit verschaffte. Auch dies bereitete den Boden für den Start der kulturellen Freiwilligendienste.
Verortung und Ziele kultureller Freiwilligendienste
Kulturelle Freiwilligendienste machen sich verschiedene Profile zu eigen und suchen
die Synergien unterschiedlicher Ansätze: Freiwilligendienst2, Engagement in der Kultur, Kulturelle Bildung. Sie wurden konzipiert aus der Perspektive derjenigen Bürger/innen, die sich engagieren möchten, auf Grundlage der Strukturen, die als Träger
und Einsatzfelder zur Verfügung stehen, sowie mit Blick auf die beschriebenen gesellschaftlichen Herausforderungen. Es ist ihr Ziel, dabei den Wunsch der Bürger/innen nach einem breiten Kulturangebot für alle und an allen Orten mit den Interessen von Kultureinrichtungen nach einem erweiterten Angebotsspektrum bzw. Leistungsprofil und mit den Wünschen von Freiwilligen nach attraktiven und individuellen,
projekt- und interessenbezogen, sach- und spaßorientierten Tätigkeiten zusammenzubringen.
Diese konzeptionellen Herleitungen führen zu einer Vielzahl an Wirkungsdimensionen:
Kulturelle (Jugend)Freiwilligendienste sind jugendpolitische Impulse. Sie knüpfen
an den Lebensinteressen von jungen Menschen an. Denjenigen, die nach Schule
oder Ausbildung Orientierung suchen, bieten sich im kulturellen Engagement Bewährungs- und Reflexionsmöglichkeiten. Zudem sind Kinder und Jugendliche die größten
Profiteure des Einsatzes von Freiwilligen in kulturellen Freiwilligen, da diese Angebote Kultureller Bildung unterstützen, aufbauen oder erweitern.
Eng damit verknüpft ist eine bildungspolitische Dimension. Bildung unter der Perspektive des lebensbegleitenden Lernens ist eine wichtige Maxime im Kulturbereich
und damit in kulturellen Freiwilligendiensten. Grundsätzliche Lebenskompetenz und 1
vgl. Zusammenfassung der Sonderauswertung „Kultur und Musik“ des Freiwilligensurveys in diesem BBE-Newsletter.
In FSJ Denkmalpflege und FSJ Kultur auf Grundlage des Gesetzes: Jugendliche im Alter von 16 bis 27 Jahren, vorwiegend
zwölf Monate, Ganztagsdienst, pädagogische Begleitung u. a. mit 25 Seminar- bzw. Bildungstagen. Im Generationsübergreifenden Freiwilligendienst entsprechend der Kriterien des Bundesmodellprogramms: alle Altersstufen, 3 bis 24 Monate, 10 oder
20 Wochenstunden, begleitende (Qualifizierungs)Angebote, vertragliche Verbindlichkeiten.
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kunst, aber auch beruflich nutzbare Kompetenzen der Freiwilligen werden gestärkt,
gerade junge Menschen in ihrer Lebens- und Berufsplanung unterstützt. Als Bildungsprojekte erweitern kulturelle Freiwilligendienste die Selbst-, Sozial- und Fachkompetenzen der Freiwilligen in einem methodisch vielfältigen, also ganzheitlichen
Setting informeller und non-formaler Lernräume. Prinzipien der außerschulischen
Kulturellen Bildung finden Anwendung.
Damit einher geht der Anspruch, kulturelle Bildung für jedes Kind und jeden Jugendlichen als Teil von Allgemeinbildung zu fördern und an allen nur vorstellbaren Orten
bzw. in den unterschiedlichsten Kontexten von Kunst und Kultur zu ermöglichen –
eben auch im Freiwilligendienst.
Kulturelle Freiwilligendienste sind in der Philosophie und den Organisationsformen
des Kulturbereiches und der Kulturellen Bildung verankert und haben damit kulturpolitische Relevanz. Mit ihren Aktivitäten unterstützen die Freiwilligen das kulturelle Angebot in ländlichen Regionen oder im Kiez, in Schulen oder Seniorenheimen. Neben
dem traditionellen und langfristigen Ehrenamt in Vereinen und Verbänden, neben
Freiwilligenarbeit in Kulturprojekten und -initiativen, neben finanziellem Bürgerengagement in Förderkreisen oder Stiftungen wird eine neue Form kulturellen Engagements profiliert.
Freiwillige sind kulturbegeisterte und -kommunizierende Multiplikator/innen, welche
die Kulturlandschaft beleben. Kompetenzen von Freiwilligen werden in kulturelle Einrichtungen und das Gemeinwesen eingebracht. Durch kulturelle Freiwilligendienste
erhält der Kulturbereich neue inhaltliche Impulse und wird dabei unterstützt, sich als
zivilgesellschaftlicher Akteur zu zeigen und den Gedanken des Bürgerschaftlichen
Engagements in der Kultur zu verankern.
Kulturelle Freiwilligendienste sind angetreten in einem weiten Verständnis von Kultur,
das Kultur als Ausdruck alltäglicher Lebensweise einschließt. Verortet sind sie im
engeren Feld der Kulturarbeit, Kunst und Kulturellen Bildung. Kunst und Kultur spielen nicht nur eine wichtige sinnliche, ästhetische und emotionale Rolle, Kultureinrichtungen sind vielmehr als Orte der Begegnung und Bildung für alle Generationen ein
bedeutsamer Teil des Gemeinwesens. Sie leisten einen Beitrag für eine lebendige
Gesellschaft, indem sie u. a. Partizipation und Meinungsbildung, Persönlichkeitsentwicklung und Selbstbestimmung ermöglichen.
Kulturarbeit hat demnach auch einen gesellschaftspolitischen Anspruch, der sich in
kulturellen Freiwilligendiensten besonders ausdrückt. Mit ihnen ist das Kulturfeld
ganz nah dran an seinem Anliegen der Mitgestaltung von Demokratie und seiner
Verantwortung, gesellschaftlichen Exklusionsprozessen zu begegnen. Mit kulturellen
Freiwilligendiensten gelingt die soziale und kulturelle Inklusion von Menschen unterschiedlicher Herkunft, verschiedener Voraussetzungen und differierender Lebenssituationen (sozial Benachteiligte, Migrant/innen, Behinderte etc.); Generationenbeziehungen werden gestärkt.
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Kulturelle Freiwilligendienste sind dort wirksam, wo Bürgerbeteiligung ernst genommen und umgesetzt wird, wo Kulturinitiativen und -vereine, etablierte Hochkultur und
Einrichtungen der Kulturellen Bildung Verantwortung für die Gestaltung von Gesellschaft übernehmen.
Durch die neuen Freiwilligendienste werden bürgerschaftliches Engagement in der
Kultur, Engagementbereitschaft und zivilgesellschaftliche Aktivität des kulturellen Arbeitsfeldes gestärkt und sichtbar. Dies verweist auf engagementpolitische Implikationen. Kulturelle Einrichtungen öffnen sich dem Gemeinsinn und dem Ausbau einer
„Kultur selbstverständlicher Freiwilligkeit“. Dieser Ansatz richtet sich u. a. auf die
Gewinnung von mehr Freiwilligen für die Kultur und deren langfristiges gesellschaftliches Engagement. Die Kultureinrichtungen entwickeln sich zu modernen Engagementkompetenzzentren, indem sie den zivilgesellschaftlichen Leitgedanken verankern und Kooperationen zu anderen Engagementnetzwerken und -anbietern aufbauen.
Kulturelle Freiwilligendienste sind also eine inhaltliche wie politische Querschnittsaufgabe. Sie finden an allen kulturellen Orten statt: an Theatern, Musikschulen und
Kunstwerkstätten, in Museen, Bibliotheken und Gedenkstätten, im Feld der Zirkus-,
Medien- und soziokulturellen Arbeit. Sie finden sich zudem in sozialen oder Bildungseinrichtungen mit kulturellen Schwerpunkten.
Methoden und Ansätze kultureller Freiwilligendienste
Vermittlung von Lebenskompetenz und -kunst
Engagement in der Kultur ermöglicht Praxislernen. Freiwillige profitieren von der Bildungswirkung im kulturpädagogischen Umfeld. Ihre individuelle Entwicklung im oben
beschriebenen Kompetenz-Sinne wird gefördert. Wichtig und spezifisch für das kulturelle Feld sind die Unterstützung kultureller und künstlerischer Fähigkeiten, von
Phantasie und Kreativität. Durch ihren Alltagseinsatz und durch Projekte erweitern
und vertiefen Freiwillige ihr Können. Begegnungen mit anderen Freiwilligen, Seminare und Weiterbildungsmaßnahmen, Gespräche mit Anleiter/innen und Pädagog/innen
begleiten die Praxiserfahrungen. Dabei haben diese Angebote beide Perspektiven im
Blick: die persönlichkeitsentwickelnde und die qualifizierende. Denn berufsorientierende Anteile sind ebenso wichtig wie grundsätzlich lebensweltliche Orientierungen
(Lernziel: Lebenskunst). Dafür stehen die kulturellen Einsatzstellen in Zusammenarbeit mit ihren Trägerorganisationen in der Verantwortung.
Die sich aus dieser Grundlage ergebenden Grundsätze – zudem Prinzipien Kultureller Bildung – sind:
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Freiwilligkeit: Das Zugangsprinzip der Freiwilligkeit schließt die Entscheidung ein,
was, wann und wie die Freiwilligen sich im Rahmen der vereinbarten Verbindlichkeiten einbringen wollen und können.
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Ganzheitlichkeit: Kulturelle Freiwilligendienste als Bildungsprojekte unterstützen
den gesamten Menschen in der Entwicklung eigener Potenziale.
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Selbstwirksamkeit: Menschen fühlen sich dann für die Zukunft gewappnet, wenn
sie von sich selbst ein Bild entwickeln können. Dazu braucht es Erfahrungen eigener Tatkraft.
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Stärkenorientierung: Stärken und Erfahrungen der Freiwilligen sind Ausgangspunkt ihres Tätigkeitsprofils.
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Partizipation: Kulturelle Freiwilligendienste setzen voraus, dass Freiwillige ihre
Interessen und Bedürfnisse einbringen, darüber hinaus aber auch aktiv am gesellschaftlichen Gestaltungsprozess teilhaben. Freiwillige werden zu Beteiligungsaktivitäten ermutigt und ermuntert.
Generationsübergreifende und -offene Kulturarbeit
Kultur steht allen Altergruppen offen. In kulturellen Freiwilligendiensten sind Freiwillige aller Generationen aktiv. Für sie sind sie ein bedeutungsvoller biografischer Abschnitt. Sie bereiten Jugendliche z. B. auf die schwierigen Anforderungen ihres persönlichen und beruflichen Weges vor. Arbeitslosen bieten sie die Chance, ihre Zeit
integrierend und qualifizierend zu nutzen. Für Senior/innen erhält mit freiwilligen Aufgaben der Ruhestand einen neuen Sinn. Kulturelle Freiwilligendienste legen zudem
großen Wert auf Begegnung verschiedener Generationen. Dies wird nicht zuletzt dadurch möglich, dass sich die Arbeit der Freiwilligen an unterschiedliche Zielgruppen
richtet: Kinder, Jugendliche, Erwachsene, Senior/innen.
Anerkennung und Partizipation
Anerkennung ist eine entscheidende Vorraussetzung für den Erfolg eines kulturellen
Freiwilligendienstes. Die klassischen Formen Taschengeld, Versicherungsschutz,
Vergünstigungen in öffentlichen Einrichtungen, öffentliche Danksagungen etc. legen
hierfür einen Grundstein.
Anerkennung heißt, die Motivationen von Freiwilligen ernst zu nehmen. Zu ihnen
zählen Befriedigung von Neugier, Lust auf Experiment, Wunsch nach Praxiseinblicken, Bedarf an Qualifizierung und soziale Motive. Darüber hinaus haben Freiwillige
in kulturellen Freiwilligendiensten ein ausgewiesenes kulturelles Interesse. Das heißt,
dass ihnen die Anerkennung über den Inhalt des Dienstes am wichtigsten ist.
Im Alltag bedeutet das, Freiwilligen Verantwortung (z. B. Projektarbeit) zu übertragen. Die Kultureinrichtungen ermöglichen ihnen Mitsprache, Mitbestimmung und gestaltung. Freiwillige in der Kultur haben Einfluss auf die Arbeitsbedingungen, sie
sind an Konzeptionen und Entscheidungen beteiligt. Darüber hinaus ist die Integration in das Team auf Augenhöhe ein wichtiger Faktor, der gegenseitigen Respekt
ausdrückt.
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Eine besondere Form der Anerkennung ist die Zertifizierung von Bildungswirkungen
im informellen non-formalen Kontext. Das Zertifikat für kulturelle Freiwilligendienste
ist daher ein integraler Bestandteil des Bildungs- und Entwicklungsprozesses im
Freiwilligendienst und wichtiger Aspekt der eigenen Engagement- und Berufsbiografie.
Kulturarbeit als Projektarbeit
Kulturarbeit ist Projektcharakter zueigen. Auch Freiwillige, die sich in der Kultur engagieren, haben ein besonderes Interesse an der Verwirklichung von Projekten. Projektarbeit ist daher eine wichtige Konstituente in kulturellen Freiwilligendiensten. Dies
hat vielerlei Gründe. Projekte wirken überaus motivierend – sie haben klare Ziele und
Erfolgsaussichten. Freiwillige haben gerade in Projekten große Mitsprache- und Gestaltungsmöglichkeiten; sie können sich nicht nur mit ihrer Arbeitskraft, sondern zusätzlich ihre Ideen einbringen. Sie übernehmen große Verantwortung und können
sich in Management oder Pädagogik bewähren. Projekte sind ein spannendes Feld,
eigene Möglichkeiten und Grenzen kennen zu lernen und Kompetenzen zu erweitern. Projektarbeit ist häufig ein Test für berufliche (Um)Orientierungen oder für die
Entscheidung zu einem dauerhaften Engagement. Schließlich kommt die zeitliche
Befristung von Projekten Freiwilligen in offenen oder unklaren Lebenssituationen
entgegen. Ein wichtiger Nebeneffekt ist zudem: Projektorientierung mindert Konfliktsituationen mit hauptamtlichen Mitarbeiter/innen.
Qualitäts- und Organisationsentwicklung
Dies alles ist nicht möglich, ohne dass sich Kultureinrichtungen auf den Weg begeben. Da, wo bürgerschaftliches Engagement in den Leitbildern von Kultureinrichtungen verankert wird, wo die Arbeitsfelder von Hauptamtlichen und Freiwilligen abgestimmt sind, wo Mitarbeiter/innen und Einrichtungen Verantwortung für die Begleitung von Freiwilligen übernehmen, sind kulturelle Freiwilligendienste erfolgreich. Lernen bezieht sich also nicht nur auf Individuen, sondern auch auf die Institutionen und
deren Organisationskultur.
Qualitätsentwicklung war und ist daher für die Aufbau- und Konsolidierungsphase
eine wichtige Aufgabe in kulturellen Freiwilligendiensten. Verantwortung haben dafür
die Trägerstrukturen übernommen. Es wurde dabei auf bekannte Instrumente zurückgegriffen: Entwicklung von Qualitätsstandards und -handbüchern, Arbeitstreffen
und Werkstätten, Beratungsgespräche und Diskurse mit anderen Trägern …
Unterstützt wurden diese klassischen Formen beispielsweise durch eine Kooperation
der BKJ mit Quifd, der Agentur für Qualität in Freiwilligendiensten, für die Vergabe
des Gütesiegels an kulturelle Träger und Einsatzstellen. Gemeinsam mit der Akademie für Ehrenamtlichkeit in Deutschland wurde zudem eine Fortbildungsreihe „Freiwilligenkoordination in kulturellen Freiwilligendiensten“ erarbeitet – passgenau auf
die Bedürfnisse der Mitarbeiter/innen und Kultureinrichtungen abgestimmt. Ebenso
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spielt/e (interne und externe) Evaluation eine wichtige Rolle bei der Profilierung kultureller Freiwilligendienste3.
Dieser umfassende Qualitätsdiskurs hat deutliche Spuren in der Öffnung von Kultureinrichtungen für Freiwilligendienste als Bildungsjahr und Bürgerschaftliches Engagement hinterlassen.
Soziale Verantwortung und Integrationsbestrebungen
Getreu dem Doppelcharakter von Freiwilligendiensten wird dem Bildungsaspekt die
Übernahme sozialer Verantwortung in der Kultur zur Seite gestellt. Dahinter steckt
nicht nur die Frage, wie Freiwilligen soziale Sensibilität und Kompetenz vermittelt
werden kann. Grundsätzlich wird auch danach gefragt, wo Einrichtungen der Kulturarbeit Verantwortung für Benachteiligte tragen. Mit kulturellen Freiwilligendiensten
verbunden ist also der Diskurs über die Rolle jedes Einzelnen und der Institutionen in
der Gesellschaft.
Ein spezielles Projekt hierfür ist das Vorhaben JUGENDfürJUGEND – realisiert mit
Unterstützung der Aktion Mensch. Angeregt wurden und werden Projekte von Freiwilligen im FSJ Kultur, in denen sie sich für integrative Kulturangebote für Kinder und
Jugendliche mit Handicaps, für benachteiligte Randgruppen und in sozialen Brennpunkten stark machten. Für Freiwillige wurde der Freiwilligendienst nicht „nur“ zum
Engagementjahr für sich selbst und das direkte Umfeld der Einrichtung. Deutlich
wurde: Unsere Gesellschaft braucht kulturelle Angebote und Konzepte, die soziale
Distanzen und Kontaktängste überwinden sowie allen Kindern, Jugendlichen und
Erwachsenen Chancen auf Beteiligung bieten.
In einer gesellschaftlichen Realität, die immer mehr Menschen von Zugängen zu Bildung, Sozialbeziehungen, Öffentlichkeit, Arbeitsmarkt etc. ausschließt, ist es wichtig,
mehr Engagierte mit geringerem Bildungsabschluss zu gewinnen. Für sie sollen Kultur und Bürgerschaftliches Engagement als Identitäts- und damit Integrationsprojekte
lebbar gemacht werden. Ein wichtiges Projekt hierfür ist „ImPuls“, verantwortet von
der Landesvereinigung Kulturelle Jugendbildung Thüringen e. V., das im Rahmen
des BMFSFJ Modellprogramms „Kompetenzerwerb für Benachteiligte in FSJ/FÖJ“
stattfindet. Ziel ist es, exemplarisch Haupt- und Förderschüler/innen in einen kulturellen Freiwilligendienst zu integrieren und ein neues, stärker berufsvorbereitendes Modell im FSJ Kultur zu erproben.
Kooperationen und Netzwerke
Nicht alles haben die Kultureinrichtungen und -träger allein bewältigen können und
wollen. Gerade die Gewinnung von vielen Förderern – Kommune, Land oder Bund –
hat kulturelle Freiwilligendienste fest in der öffentlichen Landschaft verankert. Aber
auch die Kooperationen mit der Robert-Bosch-Stiftung, Quifd, der Akademie für Ehrenamtlichkeit in Deutschland oder der Aktion Mensch sind wichtig für Anerkennung
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u. a. veröffentlicht in „EngagementPLUSTatkraft. Evaluationsergebnisse aus dem kulturellen Engagementfeld“ (BKJ, 2008)
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von Engagement in der Kultur. Diese Vielfalt setzt sich auf lokaler oder regionaler
Ebene fort, indem Kultureinrichtungen sich zu sozialen Trägern, Freiwilligenagenturen oder privaten Unternehmen vernetzt haben.
Fazit und Perspektiven kultureller Freiwilligendienste
Kulturelle Freiwilligendienste haben zu einer Belebung der kulturellen Landschaft vor
Ort und zur Entwicklung einer Engagementkultur beigetragen. Es gibt ein großes
Interesse und eine starke Anstrengungsbereitschaft im kulturellen Feld, gute Rahmenbedingungen für Freiwillige zur Verfügung zu stellen und Innovationen zu erproben.
Auf sich verändernde politische und gesellschaftliche Rahmenbedingungen – Krise
des Wohlfahrtsstaates, Arbeitsmarktpolitik, demografischer Wandel, Chancengerechtigkeit etc. - reagieren Freiwilligendienste in der Kultur mit Einsätzen an Ganztagschulen, generationsübergreifenden und -offenen Modellen, Projektfeldern von, mit
und für Migrant/innen oder Erwerbssuchende/n. Diese Herausforderungen werden
tendenziell noch wachsen. Flexiblere oder stärker berufsorientierende Freiwilligendienste sind daher ebenso zu entwickeln wie Einsatzfelder von Senior/innen-Arbeit in
der Kultur oder im Bereich der Frühförderung.
Schnell haben sich kulturelle Freiwilligendienste erfolgreich etabliert. Noch sind ihre
Entwicklungspotenziale aber nicht ausgeschöpft. So macht der Abschlussbericht der
Enquete-Kommission „Kultur in Deutschland“ darauf aufmerksam, dass nicht nur das
FSJ Kultur ausgebaut werden muss, sondern dass gerade internationale Jugendfreiwilligendienste in der Kultur verstärkt gefördert werden sollten. Dabei wären FSJ und
der Europäische Freiwilligendienst ebenso wichtig wie die Überlegungen des Auswärtigen Amtes, einen Freiwilligendienst an Goetheinstituten und Auslandsschulen
zu implementieren. Zudem muss die interkulturelle Perspektive in kulturellen Freiwilligendiensten Kultur mehr Beachtung finden.
Eine besondere Schwierigkeit stellt dar, dass zwar die inhaltlichen Leistungen des
freiwilligen Engagements im Kulturbereich für die Gesellschaft unumstritten sind.
Aber Kultur und Kulturelle Bildung sind – wenn auch öffentliche – freiwillige Aufgaben. Sie sehen sich also immer wieder Kürzungsnotwendigkeiten und Verschlechterungen der Rahmenbedingungen gegenüber. Das bekommen besonders kulturelle
Freiwilligendienste und Engagementprojekte zu spüren. Umso wichtiger ist, dass die
Vielzahl von Bewerbungen, der nur ein Bruchteil an Plätzen gegenüber steht, den
Entscheidungsträgern weiterhin den wachsenden Bedarf verdeutlichen.
Insgesamt ist es unerlässlich, die öffentliche Förderung und gesellschaftliche Anerkennung des Bürgerschaftlichen Engagements in der Kultur zu erhöhen.
Kontakt: [email protected]
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