10.4 Reparatur von DNA-Schäden

Werbung
10
10 Mutation und Reparatur
AP-Stellen: DNA-Stellen, an denen die Base am Zuckerrest fehlt, AP steht für
apyrimidinisch oder apurinisch, entstehen durch Hydrolyse der N-glykosidischen
Bindungen. Depurinierung: Verlust von A oder G; Depyrimidierung: Verlust von T
oder C.
Auslösung von Mutationen: Strukturelle Veränderungen der DNA durch Strahlung, Chemikalien oder Fehler bei der Replikation.
Mismatch: Basenfehlpaarung innerhalb der DNA, entsteht durch Einbau falscher
Basen z. B. während der Replikation.
Basenanaloga: Substanzen, die den Purin- und Pyrimidinbasen strukturell ähnlich
sind, werden anstelle von diesen in DNA eingebaut, bilden besonders leicht Fehlpaarungen aus. Beispiele: 5-Bromuracil und 2-Aminopurin.
Interkalierende Substanzen: Lagern sich zwischen den Basenpaaren in die DNA
ein, bewirken damit eine Dehnung des DNA-Moleküls und so Replikationsfehler,
z. B. polyzyklische Farbstoffe wie Acridin-Farbstoffe, Proflavine und Ethidiumbromid.
Äquivalentdosis: Maß für die Auswirkung einer bestimmten Strahlungsart auf
biologisches Material, Angabe in Sievert. Berücksichtigt Ionisationsfähigkeit und
Eindringtiefe einer Strahlungsart.
Dynamische Mutation: Anstieg der Kopienzahl repetitiver DNA-Sequenzen,
meist Trinucleotidsequenzen, in aufeinander folgenden Generationen. Ursächlich
für verschiedene Krankheiten. „Antizipation“: in aufeinander folgenden Generationen tritt das Krankheitsbild immer früher in der Entwicklung auf.
Transposons: Bewegliche DNA-Elemente, die durch Insertion in Gene Mutationen
auslösen.
Zielgerichtete Mutagenese: In-vitro-Verfahren zur Herstellung bestimmter
Mutationen mit rekombinanter DNA und PCR-Methoden.
10.4
Reparatur von DNA-Schäden
Da Mutationen nicht vermieden werden können, haben sich unterschiedliche
Mechanismen zur Beseitigung entsprechender Schäden entwickelt. Durch
Strahlen induzierte Pyrimidin-Dimere werden durch Photolyase gespalten,
Methylierungen von Purin-Basen werden ebenfalls wieder direkt rückgängig
gemacht. Bei den anderen Reparaturmechanismen wird die schadhafte DNAStelle entfernt und neu synthetisiert. Hierzu gehören die Basen-ExcisionsReparatur und die Nucleotid-Excisions-Reparatur. Falsch während der
Replikation eingebaute Basen werden durch Mismatch-Reparatur beseitigt.
Durch homologe Rekombination können unterschiedliche DNA-Schäden
repariert werden. Auch Einzel- und Doppelstrangbrüche können behoben
werden. Massive DNA-Schäden initiieren die SOS-Reparatur, welche zwar
fehlerhaft ist, aber die Integrität der DNA bewahrt.
Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt.
404
405
Eine „durchschnittliche“ menschliche Zelle erfährt täglich etwa 104 Basenverluste
durch spontane Hydrolyse; hinzu kommen noch andere DNA-Schäden. Dennoch
wird bei der Zellteilung nur ca. ein Nucleotid pro Genom ausgetauscht. Dies
liegt an leistungsfähigen DNA-Reparatursystemen, welche ubiquitär verbreitet
sind und im Verlauf der Evolution konserviert wurden. Der erste und wichtigste
Schritt aller Reparaturmechanismen ist die Erkennung der fehlerhaften Stelle.
Sie äußern sich meist durch außergewöhnliche DNA-Konformationen oder Verzerrungen. Nach Erkennung der DNA-Schäden werden die entsprechenden Reparaturenzyme an die Mutationsstelle rekrutiert. Viele beteiligte Proteine sind auch bei
der Transkription oder der DNA-Replikation beteiligt; tatsächlich gibt es zahlreiche
Überlappungen zwischen Transkription bzw. Replikation und DNA-Reparatur.
10.4.1
Direkte Reparatur modifizierter Basen
Viele Basenmodifikationen können direkt wieder rückgängig gemacht werden.
Hierzu gehören UV-Strahlenschäden und O6-Guanin-Alkylierungen. Pyrimidindimere werden durch Photoreaktivierung wieder gespalten; das hierfür notwendige Enzym ist die Photolyase. Dieses Enzym arbeitet für die Zellen sehr
ökonomisch; da es Licht im Bereich von 350–500 nm Wellenlänge zur Aktivierung verwendet. Die Spaltung des Pyrimidindimers verläuft über einen radikalischen Mechanismus (Abb. 10.17).
Abb. 10.17 Photolyase. Reaktionsschema der Photoreaktivierung eines Thymindimers
durch lichtabhängige Photolyase.
Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt.
10.4 Reparatur von DNA-Schäden
10
10 Mutation und Reparatur
10
Abb. 10.18 AGT. a Reaktion b Struktur von AGT im Komplex mit DNA. Das Enzym bindet
an die DNA und gleitet an dieser entlang, wobei diese nach modifizierten Basen „abgetastet“ wird. Ist eine solche Base erkannt, bewirkt das Enzym ein Herausklappen der entsprechenden Base (base flipping) in das aktive Zentrum des Enzyms. Die Bindung von AGT an
die DNA erfolgt über eine Helix-turn-Helix-Struktur (grün dargestellt) an die kleine Furche
der DNA (pdb: 1T38).
Je nach Substrat (Cyclobutandimer, 6–4-Photoprodukte; einzelsträngige oder doppelsträngige DNA) gibt es unterschiedliche Photolyasen. Allen Enzymen ist gemeinsam,
dass sie aus einer Polypeptidkette bestehen und FADH als Cofaktor benötigen. Neben
FADH wird noch ein zweiter Cofaktor benötigt, der als „Antenne“ zur Absorption von
Licht benötigt wird und die Energie durch Excitonen-Transfer auf FAD überträgt. Dies
ist 5,10-Methylen-THF-Polyglutamat (MTHF) oder 8-Hydroxy-5-deaza-Flavin. Für die
Photoreaktivierung ist reduziertes FADH notwendig. Dieses wird durch eine zweite Lichtabhängige Reaktion aus FADH bzw. FADH· erzeugt. Diese Reaktion wird als Photoaktivierung bezeichnet (nicht zu verwechseln mit der Photoreaktivierung der DNA).
Die Elektronenübertragung erfolgt von einem dem FADH benachbarten Tryptophanrest,
welcher wiederum durch einen in der Umgebung befindlichen Elektronen-Donor (D)
reduziert wird (Abb. 10.17).
Anhand der Aminosäureübereinstimmungen werden die Photolyasen in zwei Klassen
eingeteilt. Die Aminosäuresequenz lässt keinen Schluss auf die Verwendung des zweiten
Cofaktors zu. Interessanterweise gibt es beim Menschen keine aktiven Photolyasen,
obwohl den Photolyasen-ähnliche Gene (CYP) im Genom vorhanden sind. Diese Proteine
dienen als Blau-Licht-Rezeptor und sind bei der Regulation des circadianen Rhythmus
beteiligt.
Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt.
406
10.4 Reparatur von DNA-Schäden
407
10.4.2
Die Basen-Excisions-Reparatur
Oxidative Schäden oder Alkylierungen an den Basen werden durch die Basen-Excisions-Reparatur (BER) behoben. Schäden an den Basen sind die häufigsten Veränderungen an der DNA. Es gibt zahlreiche Proteine, die unterschiedliche DNAModifikationen erkennen. Die BER ist vermutlich früh in der Evolution entstanden. Strukturell und funktionell homologe Proteine gibt es sowohl bei Prokaryoten, Eukaryoten und Archaea. Dies beruht wohl darauf, dass die chemische
Reaktivität der DNA und die hieraus hervorgehenden Änderungen bei allen Organismen gleich waren bzw. sind.
Die Erkennung und Entfernung der schadhaften Base bei der BER erfolgt durch
jeweils spezifische Glykosylasen. Diese Enzyme hydrolysieren die N-glykosidische Bindung. Es gibt zwei unterschiedliche Klassen von Glykosylasen: Die
monofunktionalen DNA-Glycosylasen erkennen und entfernen nur die modifizierte Base und hinterlassen eine AP-Stelle (S. 387). Nachfolgende Schritte werden von anderen Enzymen katalysiert. Im Gegensatz hierzu spalten die bifunktionalen DNA-Glykosylasen nach Entfernung der Base noch das DNA-Rückgrat. Die
Reparatur der entstandenen Lücke kann auf zwei Arten erfolgen: Auffüllung und
Ligation der kurzen DNA-Läsion (Short Patch Pathway) oder weitere Entfernung
von Nucleotiden um die DNA-Läsion und anschließender DNA-Strang-Neusynthese (Long Patch Pathway). Der abschließende Schritt der BER ist die kovalente
Verbindung der ersetzten Nucleotide mit der DNA durch DNA-Ligase. Manche
Proteine sind spezifisch für einen Reparaturweg; andere Proteine kommen bei
verschiedenen Reparaturmechanismen zum Einsatz.
Monofunktionale DNA-Glykosylasen sind z. B. Uracil-DNA-Glykosylase (UDG), welche
Uracil aus der DNA entfernt oder Thymin-DNA-Glykosylase (TDG), welche U:G- und
T:G-Fehlpaarungen erkennt und die Pyrimidin-Base entfernt. Eine bifunktionale DNAGlycosylase ist 8-Oxoguanin-DNA-Glykosylase (OGG1). Nach der Erkennung erfolgt
ein Herausklappen der Base aus der DNA-Helix (base-flipping; S. 409) und die Hydrolyse
der N-glykosidischen Bindung. In nachfolgenden Schritten wird die 3l-Phophosäurediester-Bindung an der AP-Stelle gespalten. Im Falle von OGG1 entsteht an der 3l-Seite ein
a,b-ungesättigter Aldehyd und eine freie 5l-Phosphatgruppe. Die nach den DNA-Spaltungen unterschiedlichen Strukturen der 3l- bzw. 5l-Enden werden von verschiedenen Proteinen erkannt; dies ist vermutlich ausschlaggebend für den nachfolgend eingeschlagenen Reparaturweg. Bei dem Short Patch Pathway wird meist nur das entfernte Nucleotid
Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt.
O6-Alkyl-Guanin-DNA-Alkyltransferasen (AGTs) übertragen einen Alkylrest,
bevorzugt Methylgruppen, von der Position O6 des Guanins doppelsträngiger
DNA auf einen Cysteinrest im aktiven Zentrum des Proteins (Abb. 10.18). Die
Sequenz um dieses Cystein, (I/V)-P-C-H-R-(V/I), ist hochkonserviert. Auch O4Methyl-Thymin wird als Substrat erkannt. Nach der Alkylgruppenübertragung
ist das Enzym irreversibel inaktiviert und wird im Proteasom degradiert. Bemerkenswert bei diesem Reparaturmechanismus ist der Energieaufwand der Zelle:
Bildung und Abbau eines ca. 22 kDa großen Proteins pro entfernter Alkylgruppe.
10
10 Mutation und Reparatur
Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt.
408
10
Abb. 10.19 Basen-Excisions-Reparatur. Im Falle der monofunktionalen DNA-Glykosylasen wird der DNA-Strang von der AP-Endonuclease 1 (APE-1) geöffnet. DNA-Strangbrüche
werden von PARP-1 (poly-ADP-ribose-Polymerase 1) erkannt. Die Bindung an die DNABruchstelle aktiviert PARP-1, welches zur Anknüpfung mehrerer ADP-Riboseeinheiten an
PARP-1 selbst führt. Diese Modifikation dient als Erkennungssignal für weitere Reparaturenzyme. Die Abspaltung des 5lPhospho-deoxy-Riboserestes erfolgt durch DNA-Polymerase b. Ein wichtiges Protein im Verlauf der BER ist XRCC1. Dieses Protein hat selbst
keine katalytische Aktivität, dient aber als Andockstelle (scaffold) für zahlreiche andere
Proteine. Im Falle des Long Patch-Reaktionsweges werden für die Assemblierung der DNAPolymerase d noch die Proteine PCNA (proliferating cell nuclear antigen) und RFC (replication factor C) benötigt (S. 123) Die abschließende Ligation erfolgt durch DNA-Ligase I.
10.4 Reparatur von DNA-Schäden
409
ersetzt. Die Reparatur erfolgt durch DNA-Polymerase b. Hingegen werden bei dem Long
Patch Pathway mehrere Nucleotide aus der DNA entfernt und durch neue ersetzt. Diese
Reaktionen werden durch DNA-Polymerase d bzw. e katalysiert. Der alte Strang wird
hierbei verdrängt und ragt aus der Struktur heraus. Die heraushängende (flap) Struktur
wird von der Nuclease Fen1 (Flap endonuclease 1) abgespalten (Abb. 10.19).
Die Nucleotid-Excisions-Reparatur
Der vermutlich wichtigste DNA-Reparaturmechanismus ist die ubiquitär vorkommende Nucleotid-Excisions-Reparatur (NER). Dieses Reparatursystem
erkennt z. B. UV-induzierte Photoprodukte und andere Quervernetzungen oder
große DNA-Addukte. Erkannt werden von dem Reparatursystem die durch die
DNA-Läsionen hervorgerufenen DNA-Helix-Verzerrungen. Die NER verläuft bei
Prokaryoten und Eukaryoten prinzipiell gleich: Nach Erkennung des Schadens
folgt die Bindung der entsprechenden Reparaturenzyme. Im Verlauf der NER
wird die DNA-Helix im Bereich des Schadens entwunden und der DNA-Strang
mit der schadhaften Stelle ausgeschnitten. Die entstandene Lücke wird durch
DNA-Polymerase aufgefüllt und anschließend durch DNA-Ligase kovalent mit
dem alten Strang verknüpft.
Bei der NER wird zwischen zwei Reaktionswegen unterschieden: Der Reparatur inaktiver DNA, als globale Genom-Reparatur (GGR, Abb. 10.20) bezeichnet
und der Reparatur aktiv transkribierter DNA (Transkription-gekoppelte DNAReparatur, TCR, Abb. 10.21). Im Vergleich zum globalen Genom-Reparaturmechanismus verläuft die Transkription-gekoppelte DNA-Reparatur schneller.
Viele Reaktionen bzw. die beteiligten Proteine sind bei der TCR und GGR identisch. Insgesamt sind an der NER über 30 verschiedene Proteine beteiligt. Ausgelöst wird die TCR durch eine auf die schadhafte Stelle aufgefahrene RNA-Polymerase.
Bei Prokaryoten sind, obwohl die Reaktionen der NER vom Ablauf denen der Eukaryoten
gleichen, deutlich weniger Proteine beteiligt. Ein Schaden in der DNA wird durch einen
Komplex von UvrA und UvrB erkannt. Nach Bindung an die Schadensstelle erfolgt
unter ATP-Verbrauch durch UvrA die Ablösung von UvrA. UvrB bleibt an der DNA gebunden. Dies wird von UvrC erkannt, einer Nuclease welche sowohl 5l- als auch 3l-wärts der
Schadensstelle den DNA-Strang schneidet. Die Ablösung des ausgeschnittenen Oligonucleotids erfolgt unter ATP-Verbrauch durch die Helicase UvrD. Die entstandene Lücke
wird durch DNA-Polymerase I aufgefüllt und der neugebildete DNA-Strang durch DNALigase mit der DNA verknüpft. Die TCR wird durch Bindung von TRCF (transcription
repair coupling factor) an die festgefahrene RNA-Polymerase initiiert. Es folgt die Ablösung der RNA-Polymerase und die Rekrutierung des UvrAB-Komplexes an die DNA.
Die Bedeutung der NER bzw. TCR für die Aufrechterhaltung der Integrität der DNA
wird deutlich, wenn deren Ablauf gestört ist. Bei den rezessiv vererbten Krankheiten
Xeroderma pigmentosum (XP), Cockayne-Syndrom (CS) und Trichothiodystrophie
(TTD) sind unterschiedliche Gene der NER bzw. TCR mutiert. Patienten mit Xeroderma
pigmentosum zeigen eine extrem hohe Empfindlichkeit gegenüber UV-Licht; die Haut
ist trocken, stark pigmentiert und altert vorzeitig. Zudem haben XP-Patienten ein ca.
1000fach erhöhtes Hautkrebsrisiko. Je nach Subtyp der Krankheit sind die Ausprägungen
Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt.
10.4.3
10
10
Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt.
410
10 Mutation und Reparatur
10.4 Reparatur von DNA-Schäden
Abb. 10.20 NER: globale Genom-Reparatur. Die Erkennung des Schadens erfolgt durch
das Protein XPC/HR23B. Es folgt eine teilweise Entwindung der DNA-Helix und die Bindung
weiterer Reparaturproteine. TFIIH besteht aus neun Untereinheiten, darunter XPB und XPD
welche 3lp5l bzw. 5lp3l-Helicase-Aktivität besitzen. RPA (replication protein A) ist ein
DNA-Einzelstrang-bindendes Protein. Zusammen mit XPA dient es der Stabilisierung
bzw. als Andockstelle für weitere Reparaturenzyme. Die Bindung von XPG verdrängt XPC/
HR23B. XPG ist eine Endonuclease und spaltet 3l-wärts des Schadens; im Gegensatz hierzu
spaltet ERCC1 (excision repair cross complementing)/XPF auf der 5l-Seite. Nach Freisetzung des Oligonucleotids mit der Schadensstelle erfolgt die Neusynthese der DNA.
Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt.
m
411
10
Abb. 10.21 TCR: Transkriptions-gekoppelte Reparatur. RNA-Polymerase II kann über
eine DNA-Läsion nicht hinweglesen; es kommt teilweise zu einem Zurücklaufen von RNAPolymerase II. An die festgefahrene RNA-Polymerase bindet ein Komplex aus CSA, CSN,
DDB und Cul4 (eine Ubiquitin-Ligase). Diese Proteine markieren und stabilisieren den Komplex; zudem regulieren sie die Ubiquitin-Ligase-Aktivität von Cul4. CSB hat neben einer
Funktion als Elongationsfaktor noch eine stabilisierende bzw. regulierende Funktion. Es
folgt die Rekrutierung der Reparaturenzyme. Im Verlauf der Reparatur wird CSB ubiquitinyliert und anschließend im Proteasom degradiert. RNA-Polymerase verlässt ebenfalls
den Reparaturkomplex. Deren weiteres Schicksal (Degradation oder Recycling) ist unbekannt.
10 Mutation und Reparatur
unterschiedlich stark; auch neurologische Störungen kommen vor. Experimente mit isolierten Hautzellen (Fibroblasten) verschiedener XP-Patienten haben viel zur Aufklärung
der DNA-Reparaturmechanismen beigetragen. Werden Fibroblasten von zwei XP-Patienten miteinander fusioniert und der DNA-Reparatureffekt bleibt, dann handelt es sich um
einen Defekt in dem gleichen Gen; man spricht hierbei auch von Komplementationsgruppen bzw. Subgruppen. Handelt es sich um unterschiedliche Komplementationsgruppen, sind die resultierenden Zellen wieder zur normalen DNA-Reparatur in der
Lage. Die Komplementationsgruppen wurden mit A, B, C etc., die zugrunde liegenden
Gene bzw. entsprechenden Proteine mit XPA, XPB, XPC etc. bezeichnet (Abb. 10.20).
Bei dem Cockayne-Syndrom sind zwei Subtypen bekannt, entsprechend CSA und CSB
genannt (Abb. 10.21). Das Cockayne-Syndrom äußert sich vor allem durch körperliche
und geistige Retardierung. Die Haut ist zwar sensitiv gegenüber UV-Licht, die für XP charakteristischen Hautänderungen treten aber nicht auf. Charakteristisch für TTD sind
brüchige Haare, deren Schwefelgehalt deutlich vermindert ist. Bei TTD liegt eine Mutation in TTDA oder auch in XPB oder XPD vor. TTDA ist ebenfalls Bestandteil des basalen
Transkriptionsfaktors TFIIH. Neurologische Störungen, betroffen ist vor allem das Gehirn,
treten bei allen Krankheitsbildern je nach Mutation in unterschiedlichem Ausmaß auf.
Da sich Nervenzellen nicht mehr teilen, reichern sich Mutationen mit der Zeit an und
führen vermutlich so zu Störungen der Zellfunktion bzw. zum Absterben der Zelle.
10
Photoreaktivierung und NER ergänzen sich in ihrer Funktion. Unter bestimmten
Bedingungen wirken beide Reparatursysteme zusammen. Unter anderem unterscheiden sie sich bezüglich der Bindung an unterschiedliche DNA-Strukturen.
DNA liegt in den Zellen nicht als nacktes Molekül vor, sondern ist vielmehr
mit zahlreichen Proteinen, meist mit Histonen in Form von Nucleosomen, assoziiert. Beispielsweise verläuft bei exponierter DNA, etwa im Bereich des Promotors, die Reparatur von UV-Strahlenschäden schneller durch Photolyase als
durch NER. Bei Organismen, welche nur über eine der beiden Photolyasen oder
überhaupt keine verfügen, werden die entsprechenden DNA-Schäden durch die
NER beseitigt. Manche Gewebezellen exprimieren Photolyase, obwohl sie nie
dem Licht ausgesetzt sind. Vermutlich dient hier die Photolyase zur Erkennung
des DNA-Schadens und rekrutiert Enzyme des NER an die Schadensstelle.
10.4.4
Die Mismatch-Reparatur
Im Verlaufe der Replikation werden trotz Proofreading-Aktiviät der DNA-Polymerase gelegentlich falsche Basen eingebaut; es entsteht eine Basen-Fehlpaarung (Mismatch). Solche Fehler werden durch die DNA-Mismatch-Reparatur
behoben. Zunächst muss die Fehlpaarung erkannt werden. Dies erfolgt bei Prokaryoten durch das Protein MutS (die Bezeichnng „mut“ leitet sich von Mutator
ab; Mutationen in diesen Genen führen zu erhöhten Mutationsraten).
MutS bindet an die DNA und sucht diese nach einer Fehlpaarung ab. Im Vergleich zu normalen Basenpaarungen sind Fehlpaarungen deutlich schwächer. Durch die Bindung von
MutS wird die DNA gebogen und dieser Bereich für eine Interaktion mit dem Protein
zugänglicher. Einige Aminosäuren von MutS „konkurrieren“ hier mit der DNA um die
Bindung an einer Base. Normale Basenpaarungen sind so stark, dass eine stabile Bindung
Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt.
412
413
Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt.
10.4 Reparatur von DNA-Schäden
10
Abb. 10.22 Mismatch-Erkennung durch MutS. a MutS bindet als Dimer an DNA und
umklammert diese. Das Absuchen nach Fehlpaarungen verläuft unter Verbrauch von
ATP. b Nahansicht der Bindung der Fehlpaarung an MutS. In diesem Fall handelt es sich
um eine A-A Fehlpaarung. Zwei für die Erkennung besonders wichtige Aminosäuren sind
eingezeichnet. Glu 38 bildet direkt Wasserstoff-Brückenbindungen mit der Base aus; die
Seitenkette von Phe 36 bindet über hydrophobe Wechselwirkungen an das Purinringsystem (pdb: 1OH6).
an das Protein nicht erfolgt. Der Mismatch ist gefunden und für die nachfolgende Reparatur markiert (Abb. 10.7).
MutS interagiert mit MutL, es folgt die Bindung von MutH. Durch die Bindung an
MutS/MutL erfolgt die Aktivierung der Nuclease-Aktivität von MutH. Wie wird
die „falsche“ Sequenz von der „richtigen“ Sequenz unterschieden? Bei g-Proteobakterien beispielsweise wird Adenin in der Sequenz GATC von der Dam-Methylase methyliert. Unmittelbar nach der DNA-Replikation weist nur der TemplateStrang diese Modifikation auf. Dies ist das Unterscheidungsmerkmal für MutH,
welches nur den unmethylierten Strang schneidet. Eine solche Erkennungsstelle
kann bis zu 1000 bp von der Fehlpaarung entfernt sein. Die Spaltung des DNAStranges kann 5l- oder 3l-wärts der Fehlpaarung liegen. An die Spaltung schließt
sich die Bindung einer Helicase an, welche den Strang entfernt. Es folgt die Neusynthese des DNA-Strangs durch DNA-Polymerase II und anschließend die Ver-
414
10 Mutation und Reparatur
knüpfung mit der DNA durch DNA-Ligase. Die Mismatch-Reparatur läuft bei
Eukaryoten in ähnlicher Weise ab.
10
Reparatur durch Rekombination
Nucleotidabschnitte zwischen homologen DNA-Bereichen können durch den
Mechanismus der homologen Rekombination ausgetauscht werden (S. 318).
Dieses Prinzip kommt auch bei der Reparatur von DNA zum Einsatz. Eine Voraussetzung für eine DNA-Reparatur durch homologe Rekombination ist das Vorhandensein einer intakten DNA-Doppelhelix, die als Vorlage für eine Neusynthese
bzw. zum Austausch dient. Im Verlauf der homologen Rekombination wird
zunächst einzelsträngige DNA gebildet, an die sich bei E. coli das Protein RecA
bzw. bei Eukaryoten das homologe Protein Rad51 anlagert. Dieser Komplex bindet an die doppelsträngige DNA, welche nach homologen Abschnitten abgesucht
wird. An diesen Stellen kommt es dann zum Strangaustausch und der eingedrungene Strang dient als Primer für eine DNA-Neusynthese. Für die weitere Reparatur gibt es unterschiedliche Möglichkeiten (Abb. 10.23a).
Die durch Rekombination behobenen DNA-Schäden haben unterschiedliche
Ursachen. Eine Möglichkeit hierfür sind Fehler im Verlauf der DNA-Replikation.
Durch Störungen in der DNA, z. B. durch UV-induzierte Pyrimidindimere, kommt
es zum Ablösen des Replikationskomplexes. Die hierbei entstandene Replikationslücke kann durch Rekombination beseitigt werden. Da die DNA-Replikation
schneller als die Transkription verläuft, können Replikationslücken beim Auffahren der Replikationsgabel auf eine RNA-Polymerase entstehen. Auch DNA-Doppelstrangbrüche werden durch Rekombination behoben (s.u).
10.4.6
Reparatur von Einzel- und Doppelstrangbrüchen
DNA-Einzel- oder -Doppelstrangbrüche werden meist durch Röntgenstrahlen
oder Chemikalien verursacht. Doppelstrangbrüche können auch durch starke
Dehydrierung hervorgerufen werden. Erkannt wird ein Einzelstrangbruch
durch PARP-1. Aufgrund der Schädigung können 3l- bzw. 5l-Enden entstehen,
welche durch DNA-Ligase nicht mehr verbunden werden können. Daher müssen
die Enden soweit getrimmt werden, dass wieder eine 3l-OH-Gruppe sowie eine
5l-Phosphatgruppe vorliegt. Zur Generierung solcher Enden, hierbei kann es
auch zur Abspaltung einzelner Nucleotide kommen, sind unterschiedliche
Enzyme notwendig. Einige der beteiligten Enzyme sind auch an der BER beteiligt,
z. B. AP1 oder Fen1. Der weitere Verlauf der Reparatur entspricht der BER (S. 407).
DNA-Doppelstrangbrüche stellen für Zellen die schwersten Schäden dar, da
der sequentielle Informationsfluss der DNA verloren geht. Eine Reparatur von
Doppelstrangbrüchen ist für Zellen absolut lebensnotwendig. Hierfür gibt es
unterschiedliche Mechanismen. Liegt eine zweite, unbeschädigte Genkopie vor,
kann der Doppelstrangbruch durch homologe Rekombination repariert werden.
Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt.
10.4.5
415
Hierbei bleibt die genetische Information erhalten. Je nach Verlauf der Reparatur
besteht die reparierte DNA aus Abschnitten unterschiedlicher Herkunft (Abb.
10.23a).
Bei der nichthomologen-DNA-End-Verknüpfung sind nur wenige oder gar
keine überlappenden Sequenzen zwischen der zu verbindenden DNA notwendig.
Zur Ligation eines Doppelstrangbruches müssen 3l-OH bzw. 5l-Phosphatgruppen vorliegen. Sind aufgrund der Schädigung andere Strukturen entstanden, so
ist hier zunächst ein Prozessieren der DNA-Enden notwendig, wobei einige
Nucleotide entfernt werden. Im Unterschied zur Reparatur durch homologe
Rekombination kann durch die nichthomologe DNA-End-Verknüpfung die
Nucleotidabfolge verändert werden. Die Reparatur ist nicht fehlerfrei; jedoch
ist die lebenswichtige Integrität der DNA-Struktur wieder hergestellt (Abb.
10.23b).
In den 50er Jahren wurde ein Bakterium mit bemerkenswerter Resistenz gegenüber ionisierender Strahlung isoliert und entsprechend Deinococcus radiodurans genannt. D.
radiodurans überlebt die etwa 500-fache Strahlendosis, welche für E. coli letal ist. Eine
höhere Stabilität der DNA liegt nicht vor; auch bei D. radiodurans führt die Bestrahlung
zur Genomfragmentierung. Eine Zerstückelung des Genoms in bis zu 10 kb große
Abschnitte kann toleriert werden. Einzige Voraussetzung ist hierfür das Vorliegen von
mindestens zwei Genom-Kopien, meist liegen in der Zelle jedoch mehrere Genom-Kopien vor. Bei E. coli ist eine Zerteilung des Genoms in ca. 500 kb Fragmente letal. Die
Ursache der „Wiederbelebung“ bei D. radiodurans liegt nicht in außergewöhnlichen
Reparaturmechanismen; vielmehr wurden bestehende Mechanismen für diesen Zweck
optimiert. Die 3l-OH-Enden der DNA-Fragmente werden prozessiert und lagern sich an
homologe Bereiche noch vorhandener Doppelstrang-DNA unter Ausbildung einer
D-Loop-Struktur an. Der entscheidende Unterschied zur normalen homologen Rekombination sind nun folgende umfassende Strangverlängerungen an beiden 3l-OH-Enden
der entstandenen DNA-Fragmente durch DNA-Polymerase A. Die neusynthetisierten
Bereiche können bis zu 20 kb umfassen. Hierdurch werden die Bruchstücke wieder „zusammengeflickt“. Über RecA-vermittelte homologe Rekombination erfolgt die Herstellung der ursprünglichen Genomorganisation. Das reparierte Genom besteht aus einer
Mischung „alter“ und „neuer“ DNA. Ähnlich hohe Strahlenresistenzen gibt es auch bei
Archaea und Eukaryoten.
10.4.7
SOS-Reparatur
In vielen Prokaryoten wird bei schweren DNA-Schädigungen die SOS-Antwort
(SOS-response) ausgelöst. Hierbei werden verschiedene Gene für die DNA-Reparatur und der DNA-Synthese aktiviert. Kernstück der SOS-Antwort ist das DNAEinzelstrang-bindende Protein RecA (s.o) und das Repressor-Protein LexA. Das
Auftreten einzelsträngiger DNA ist der eigentliche Auslöser der SOS-Antwort
(Abb. 10.24).
Etwa 20 LexA-regulierte Proteine wurden durch Mutationsexperimente identifiziert. Bei diesen Genen wurde die neben dem Promotor liegende Konsensussequenz 5l-CTGX10-CAG-3l (X: beliebige Base) als Bindungsstelle für LexA identifiziert. Die LexA-Bindungsstelle wird auch als SOS- oder LexA-Box bezeichnet.
Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt.
10.4 Reparatur von DNA-Schäden
10
10
Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt.
416
10 Mutation und Reparatur
417
Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt.
10.4 Reparatur von DNA-Schäden
10
Abb. 10.23 DNA-Doppelstrangbruch-Reparatur. a Durch Anlagerung des Einzelstrangs
an die homologe DNA bildet sich eine D-loop-Struktur. Es folgt die Neusynthese von DNA.
Bei Anlagerung des zweiten Einzelstrangs an den verdrängten Strang erfolgt auch hier eine
DNA-Neusynthese. Im weiteren Verlauf sind die beiden DNA-Stränge durch Holliday-Strukturen (S. 320) miteinander verknüpft. Je nach Auflösung der Holliday-Strukturen kann es zu
einem Strangaustausch kommen oder nicht. Alternativ kann von der D-loop-Struktur ausgehend nach erfolgter DNA-Neusynthese der nun verlängerte DNA-Strang wieder mit dem
ursprünglichen DNA-Strang paaren (reannealing). b Die Strangenden werden durch das
Heterodimer Ku70/Ku80 erkannt und in räumliche Nähe zueinander gebracht. Die DNA-abhängige Proteinkinase (DNA-PK) phosphoryliert und reguliert die Aktivität weiterer Reparaturenzyme, z. B. die Nuclease Artemis oder den für die abschließende Verknüpfung notwendigen Komplex XRCC4/DNA-Ligase IV.
10
10 Mutation und Reparatur
Abb. 10.24 SOS-Antwort bei E. coli. Einzelsträngige DNA bildet filamentartige Komplexe
mit dem Protein RecA (in dieser Form als RecA* bezeichnet). RecA* besitzt eine ProteaseAktivität, die das Repressorprotein LexA spaltet und dadurch inaktiviert.
Durch Sequenzanalysen wurden insgesamt 69 Gene mit einer LexA-Box in E. coli
identifiziert, von vielen dieser Genprodukte ist die Funktion noch unbekannt. Zu
den LexA-regulierten Genen gehören z. B. recA, uvrAB (UvrA und UvrB sind beteiligt bei der NER, S. 409), polB (DNA-Polymerase II), dinB und umuDC. umuDC und
dinB codieren für die DNA-Polymerasen IV bzw. V. Diese DNA-Polymerasen sind
in der Lage über DNA-Läsionen, z. B. Thymindimere oder Benz(a)pyren-Addukte
hinwegzulesen. Dieser Vorgang wird als Transläsions-Synthese (TLS) bezeichnet.
Auch besitzen die DNA-Polymerase IV und V keine 3l-5l-Exonuclease Aktivität;
die DNA-Synthese ist somit anfällig für Fehler.
Photoreaktivierung: Beseitigung von Pyrimidindimeren, die durch UV-Strahlung
entstanden sind, Reaktion wird durch die lichtaktivierte Photolyase katalysiert.
AGTs (O6-Alkyl-Guanin-DNA-Methyltransferasen): Beseitigen O6-Guanin-Alkylierungen durch Übertragung einer Methylgruppe auf eigenen Cysteinrest. Protein
wird bei Reaktion irreversibel inhibiert.
BER (Basen-Excisions-Reparatur): Beseitigt kleinere Modifikationen an DNA-Basen durch Abspaltung der veränderten Basen mit spezifischen DNA-Glykosylasen.
Zwei Möglichkeiten: Short Patch-Reaktionsweg, bei dem nur ein Nucleotid ersetzt
wird und Long Patch-Reaktionsweg mit umfangreicher DNA-Neusynthese.
NER (Nucleotid-Excisions-Reparatur): Erkennt unterschiedliche DNA-Schäden.
Entfernung der Schadstelle und anschließende Neusynthese. Zwei Reaktionswege: Globale Genom-Reparatur für die Reparatur inaktiver DNA und Transkriptions-gekoppelte DNA-Reparatur bei aktiv transkribierter DNA.
Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt.
418
419
Mismatch-Reparatur: Beseitigt Mismatches, die durch Einbau falscher Basen bei
der DNA-Synthese entstehen. Erkennung des Mismatchs bei E. coli durch MutS.
Unterscheidung der beiden DNA-Stränge aufgrund methylierter Adenine innerhalb von GATC-Sequenzen der „alten“ DNA. Im weiteren Verlauf kommt es zu
umfangreicher DNA-Neusynthese.
SOS-Reparatur: Aktivierung verschiedener Proteine bei schweren DNA-Schäden
oder Replikationsschäden zur DNA-Reparatur und -Synthese. Verwendung von
Polymerasen, die über DNA-Schäden hinweglesen können, dafür ohne Proofreading-Aktivität. Nicht fehlerfrei.
10.5
Suppression von Mutationen
Neben den unterschiedlichen Reparaturmechanismen besteht die Möglichkeit
die Auswirkungen einer Mutation durch eine weitere Mutation, die an einer
anderen Stelle erfolgt, abzumildern. Dieser Vorgang wird als Suppression
bezeichnet. Im Unterschied hierzu wird die genaue Wiederherstellung des
ursprünglichen Zustands durch eine Rückmutation als Reversion bezeichnet. Je
nach dem Vorkommen der Suppressions-Mutation wird zwischen intragenischer und intergenischer Suppression unterschieden.
Den Auswirkungen einer Mutation kann auf zwei Wegen entgegengewirkt werden: Durch Rückmutation, wobei die genaue, ursprüngliche Nucleotidabfolge
wiederhergestellt wird oder durch eine zweite Mutation, bei der der ursprüngliche Phänotyp wiederhergestellt wird. Der erste Fall wird als Reversion bezeichnet. Die Herstellung des ursprünglichen Phänotyps durch eine zweite Mutation
wird Suppression oder Pseudoreversion genannt. Bei einer Suppression bleibt
die ursprüngliche Mutation erhalten. Je nach dem Ort der Suppression wird zwischen intragenischer und intergenischer Suppression unterschieden. Bei einer
intragenischen Mutation erfolgt die Suppressions-Mutation innerhalb des Gens.
Die Mutation kann auch im selben Codon erfolgen, z. B.: 1. Mutation: TCG (Ser)
p TGC (Cys); Suppression: TGC (Cys) p AGC (Ser). Obwohl hier die ursprüngliche
Proteinsequenz und damit die Proteinfunktion wieder hergestellt ist, handelt es
sich nicht um eine Reversion, da die ursprüngliche Mutation noch vorhanden
ist. Ein weiteres Beispiel ist eine Rasterschubmutation, die durch die Insertion
eines Nucleotids erfolgt ist. Die Suppression erfolgt hier durch den Verlust (Deletion) eines Nucleotids im selben Gen, sodass der ursprüngliche Leseraster wiederhergestellt ist.
Bei einer intergenischen Mutation erfolgt die zweite Mutation in einem zweiten Gen oder regulatorischen DNA-Abschnitt. Es gibt hierbei verschiedene Möglichkeiten:
– Die erste Mutation verringert die Stoffwechselaktivität eines Enzyms in einer
Stoffwechselkette. Eine Suppression kann durch eine funktionserhöhende
Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt.
10.5 Suppression von Mutationen
10
Herunterladen