Biomechanik Christian Sander Einleitung Materialkunde 314 Die Newton-Axiome Begriffserklärung Kraft 314 315 315 Masse und Gewicht 315 320 Werkstoffkennwerte 320 Gesetz von Hooke 320 Friktion 321 Metallverarbeitung 321 Moment 316 Materialien Stahl 322 Rechtssystem 316 Kobaltchromlegierungen 323 Mechanik starrer Körper 316 TMA (Titan-Molybdän-Alloy) 323 Die sechs Geometrien nach Burstone 318 Nickeltitan 323 Multiple Zähne 319 322 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 10 10 Biomechanik Einleitung Um die biomechanischen Zusammenhänge zu verstehen, muss zuerst der Begriff „Biomechanik“ erklärt werden. Die Mechanik ist ein Teilgebiet der Physik. Die Biomechanik wiederum ist ein Teilgebiet der Mechanik, die mit physikalischen Methoden versucht, biologische Zusammenhänge zu beschreiben. In der Mechanik sind Wechselwirkungen mit mechanischen Größen, wie Kräften und ähnlichem, genauestens bekannt. Die Wechselwirkung von mechanischen Größen mit biologischen Systemen hingegen müssen experimentell begründet oder mit theoretischen Methoden untersucht werden. Die Mechanik selbst ist vermutlich das älteste und grundlegendste Teilgebiet der Physik. Sie kann unterteilt werden in die Kinematik und die Dynamik. Die Kinematik ist die Lehre der Bewegung von Körpern im Raum, beschrieben durch die Größen Weg, Geschwindigkeit und Beschleunigung. Sie beschäftigt sich nicht mit den Ursachen der Bewegung (Kräfte). Ein typisches Beispiel für die Kinematik ist der elastische Zusammenstoß zweier Kugeln, wie es beim Billardspielen vorkommt. Trifft eine bewegte Kugel beim Billardspiel auf eine ruhende, so ist mithilfe der Impulserhaltung eine Reaktion der beiden Kugeln vorherzusagen. Sofern beide Kugeln die gleiche Masse haben, sollte bei einem zentralen Stoß die eine Kugel liegen bleiben und die getroffene Kugel übernimmt vollständig deren Geschwindigkeit nach Betrag und Richtung. Die Dynamik ist das Teilgebiet der Mechanik, das sich mit der Wirkung von Kräften befasst. Die Dynamik selbst gliedert sich auf in die Teilgebiete Statik und Kinetik. Die Statik befasst sich mit dem Kräftegleichgewicht an unbeschleunigten Körpern, während hingegen die Kinetik den Zusammenhang zwischen Bewegung und Kräften erfasst. Die Gesetze der Mechanik beruhen auf den Erhaltungssätzen und den Newton-Axiomen. Als Erhaltungssatz bezeichnet man in der Physik die Aussage, dass eine bestimmte Größe (Erhaltungsgröße) sich nicht mit der Zeit ändert, sofern es keine Außenbeeinflussung gibt. Hierzu gehört z. B. die Energieerhaltung, die besagt, dass die Gesamtenergie des Systems konstant bleibt. So würde sich ein Fahrrad, auf das kein Luftwiderstand oder keine anderen Reibungskräfte wirken, kontinuierlich, ungebremst weiterbewegen. Die Newton-Axiome Für das Verständnis der in der Kieferorthopädie stattfindenden mechanischen Bewegungen ist das Verinnerlichen der Newton-Axiome besonders wichtig. Bereits 1687 veröffentlichte Isaac Newton die mechanischen Prinzipien der Naturphilosophie. Die hierin kumulierten Grundsätze (Gesetze) werden im Allgemeinen als Grundgesetze der Bewegung, Newton-Prinzipien, Newton-Ge- setze oder Newton-Axiome bezeichnet. Sie werden in Newtons Werk als lex prima, lex secunda und lex tertia bezeichnet. Erstes Newton-Gesetz: lex prima (Trägheitsprinzip). Das erste Newton-Axiom ist das Trägheitsprinzip. Es wurde bereits 1638 von Galileo Galilei aufgestellt: Ein Körper verharrt im Zustand der Ruhe oder der gleichförmigen Translation, sofern er nicht durch einwirkende Kräfte zur Änderung seines Zustandes gezwungen wird. Er behält also seine Geschwindigkeit (V) bei, sofern er nicht durch äußere Einflüsse abgebremst oder beschleunigt wird. Beispiel: Das Geschoss eines Gewehres würde sich kontinuierlich weiterbewegen, wenn nicht zwei äußere Kräfte einwirken würden: Es wird durch den Luftwiderstand abgebremst und es fällt mit der durch die Gravitation vorgegebenen Fallgeschwindigkeit. Zweites Newton-Gesetz: lex secunda (Aktionsprinzip). Das zweite Newton-Axiom ist das Grundgesetz der Dynamik: Die Änderung der Bewegung einer Masse ist der Einwirkung der bewegenden Kraft proportional und geschieht in der Richtung der geraden Linie, in der jene Kraft wirkt. Vereinfacht ausgedrückt beschreibt das zweite Gesetz, was passiert, wenn Kraft auf etwas ausgeübt wird. Beispiel: Tritt der Fußballspieler gegen einen Ball, so rollt dieser genau in der Richtung von ihm weg, in der die Kraft durch den Fuß auf den Ball übertragen wurde. Die Geschwindigkeit ist abhängig von der Kraft (und der Masse des Balles), mit der er getreten wurde. Drittes Newton-Gesetz: lex tertia (Reaktionsprinzip). Das dritte Newton-Axiom ist das Wechselwirkungsprinzip: Kräfte treten immer paarweise auf. Übt ein Körper a auf einen anderen Körper b eine Kraft aus (actio), so wird eine gleich große aber entgegen gerichtete Kraft von Körper b auf Körper a (reactio) ausgeübt. Dieses Wechselwirkungsprinzip wird auch als actio = reactio bezeichnet. Beispiel: Es herrscht ein Gleichgewicht der Kräfte. An dem Ort, an dem man steht, übt die Person eine Kraft auf den Boden aus (Erdanziehungskraft). Gleichzeitig drückt der Boden mit der gleichen Kraft dagegen (in entgegengesetzter Richtung). Würde der Boden nicht mit der gleichen Kraft gegen die Person drücken, würde sie im Boden versinken, wie beispielsweise im Wasser. Viertes Newton-Gesetz. In der ursprünglichen Aufstellung wies Newton drei Axiome aus. Erst später wurde das Superpositionsprinzip der Kräfte hinzugefügt – die lex quarta. Das Superpositionsprinzip beschreibt die Addition von Kräften. Da Kräfte Vektoren sind, können diese, sofern sie auf einen Punkt gemeinsam wirken, addiert werden (mittels Vektoraddition). Beispiel: Die Personen in einem Bus bewegen sich mit konstanter Geschwindigkeit. Bewegt sich nun eine Person in dem Bus, so addiert oder subtrahiert sich diese (Bewegung in Fahrtrichtung) von der eigentlichen Bewegung des Busses. Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 314