Verlässliche Vermarktung und solides Wachstum

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Foto: Beckhove
Markt
Ältere Ställe finden sich auf vielen Mastbetrieben deutschlandweit. HF-Bullen sind eher ein Markenzeichen für die Küstenregionen.
Verlässliche Vermarktung
und solides Wachstum
Nach BSE-Krise und Prämienabbau haben viele die Bullenmast abgeschrieben.
Doch die Realität ist anders. Viele Bullen-Profis wollen weiter wachsen. Das zeigt
der zweite Teil der Analyse von Benedikt Ewigmann.
S
eit der BSE-Krise ging es mit den
Jungbullenpreisen eigentlich nur
aufwärts. Auch deshalb hat sich
die Bullenmast gegen Veredelung,
Milchviehhaltung und Biogas gut behaupten können. Dabei ist die Zeit auch
hier keinesfalls stehen geblieben. Das
zeigen die Ergebnisse der Umfrage von
Benedikt Ewigmann. 348 Bullenmäster
haben offengelegt, wie sie vermarkten
und ihre Betriebe weiterentwickeln
wollen. Das Ergebnis: Viele Betriebe
wachsen weiter, in der Vermarktung
gibt es aber große Unterschiede.
Eingefahrene Absatzwege?Wer in
der Bullenmast Erfolg haben will, muss
120
top agrar 10/2013
auch seine Vermarktung im Griff haben. Die Schlachterlöse von Jungbullen
können laut amtlicher Preisermittlung
innerhalb einer Handelsklasse bis zu
15 Cent pro kg variieren. Wer hier
Autoren:
Benedikt Ewigmann und Ludwig
Theuvsen, Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre des Agribusiness,
Universität Göttingen;
Zazie von Davier und Claus
Deblitz, Thünen-Institut für
Betriebswirtschaft, Braunschweig
nachlässig ist, verliert deshalb schnell
bis zu 50 € pro Bulle.
Die Vermarktungsstrategien unter
den befragten Mästern unterscheiden
sich zwischen den Regionen recht deutlich. So hat in Nieder-/Oberbayern die
Vermarktung über Erzeugergemeinschaften (EZG) und Viehvermarktungsgenossenschaften (VVG) die größte Bedeutung. Vier von fünf Mästern verkaufen ihre Tiere über diesen Absatzweg
(Übersicht 1). In allen anderen Regionen
haben Viehhändler die Nase vorn. Der
Vorteil eines Zwischenhändlers liegt auf
der Hand: Er bündelt die Schlachttiere
und kann so mit größeren Tiergruppen
beim Schlachter punkten. Nur jeder
zehnte Mäster verkauft direkt an den
Schlachthof. Der Metzger als Abnehmer
oder die Direktvermarktung spielen
bundesweit zwar keine große Rolle
mehr. Im Süden versucht aber immerhin
noch jeder fünfte Mäster, seine Erlöse so
zu maximieren.
Überraschend ist, dass unter spezialisierten Bullenmästern das Springen
eher die Ausnahme ist. Jeder zweite ist
seinem Abnehmer weitgehend treu.
Dabei ist die Wechselbereitschaft im
Münsterland und in der Küstenregion
größer als in Süddeutschland. Die
meisten Mäster (56 %) verlassen sich sogar auf die Marktinformationen der
Abnehmer. Nur jeder zehnte macht
sich stets selbst ein Bild vom Rindfleischmarkt. Im Münsterland vertraut
allerdings nur jeder vierte Mäster der
Einschätzung des Abnehmers. In Franken sind es rund 80 %.
Sorgen machen sich viele Betriebsleiter wegen der zunehmenden Konzentration der Schlachtbranche (siehe
Kasten, S. 122). Fast 70 % der Befragten
befürchten dadurch auf Dauer Nach-
Schnell gelesen
hielten rund 60 % der befragten Betriebsleiter weniger als 150 Tiere. Heute
sind es nur noch 40 %. Gestiegen ist vor
allem der Anteil der großen Bestände.
Jeder dritte Betrieb hält heute 250 Bullen und mehr. Wachstumsbetriebe findet man in allen Regionen. Ihre Zahl
ist im Münsterland und in Weser-Ems
mit rund Zweidrittel der Befragten am
höchsten. In Franken waren es etwas
weniger, aber auch hier investierte jeder zweite Betrieb in zusätzliche Stallkapazitäten. Vielfach stagnieren die
Bestände aber auch. Im Süden halten
rund 40 % der Mäster heute nicht mehr
Tiere als vor zehn Jahren, im Rest der
Republik immerhin noch jeder fünfte.
Die meisten Abstocker findet man
übrigens in der Küstenregion. Jeder
fünfte Betrieb hat hier in den letzten
zehn Jahren den Bestand zurückgefahren. Früher haben viele Milchviehbetriebe ihre Bullenkälber noch selbst
gemästet. Heute konzentrieren sie sich
immer öfter auf die Milch.
Obwohl sich die Betriebe im letzten
Jahrzehnt sehr unterschiedlich entwi-
• In der Vermarktung setzen
Mäster meistens auf Zwischenhändler.
• Händler, EZGs und VVGs
genießen hohes Vertrauen.
• Die Betriebe sind den
vergangenen zehn Jahren
deutlich gewachsen.
• Viele Betriebsleiter wollen
weiter in Bullenmast investieren – allerdings nicht um
jeden Preis.
teile. Sie glauben den Schlachtern auch
nicht, dass größere Strukturen nötig
sind, um dem Lebensmitteleinzelhandel auf Augenhöhe zu begegnen, wie
oft behauptet wird.
Mastbetriebe wachsen rasant:Der
Strukturwandel greift aber auch bei den
Mastbetrieben. Noch vor zehn Jahren
Übersicht
1: Händler,
EZGs und VVGs dominieren Vermarktung
Anteil der Befragten,
%
80
60
Anteil79
der Befragten, % 63
79
200
56
76
63
60
40
40
20
76
56
35
23
23
3
9 8
35 15
13 10
15 13 10
9 8
3
Nieder-/
Mittel-/
0
Oberbayern
Unterfranken
Nieder-/
Mittel-/
Oberbayern
Unterfranken
Händler
EZG/VVG
Schlachthof
Händler
EZG/VVG
64
64
46
46
17 16
28
12
2 0
Münsterland
3
8 8
Küstenregion 3
Münsterland
Weser-Ems
Küstenregion
Schlachthof
0
2 0
28 8 8
12
2 0
Weser-Ems
17 16 2
Metzger
Direktvermarktung
Metzger
Direktvermarktung
Quelle:Quelle:
Ewigmann,
2012 2012
Ewigmann,
80
Metzger und die
Direktvermarktung
spielen nur im
Süden eine größere
Rolle. Private
Händler bündeln in
allen Regionen die
meisten Jungbullen.
Nur in Nieder- und
Oberbayern haben
EZGs und VVGs die
Nase vorn.
Übersicht 2: Jeder dritte Mäster will bis 2017 wachsen
40
30
30
20
20
10
100
Anteil der Befragten, %
Anteil der Befragten, %
26
23
21
26
23 13
21
10
6
13
10
6
Nieder-/
0
Oberbayern
Nieder-/
Oberbayern
Erweiterung sicher
Erweiterung sicher
36
25
25
9
9
24
36
15
15
15
6
15
6
Mittel-/
Münsterland
Weser-Ems
Unterfranken
Mittel-/
Münsterland
Weser-Ems
Unterfranken
Erweiterung in Planung
Erweiterung kürzlich
Erweiterung in Planung
24
10
10
2
2
Küstenregion
Quelle:Quelle:
Ewigmann,
2012 2012
Ewigmann,
Grafiken: M. Höner
40
In allen Regionen
finden sich wachstumswillige
Bullenmäster. In
Weser-Ems hat
sogar jeder dritte
den Plan schon in
der Schublade.
Küstenregion
Erweiterung kürzlich
top agrar 10/2013
121
Markt
ckelt haben, sind die meisten
Bullenmäster mit ihrer aktuellen wirtschaftlichen Lage
sehr zufrieden (ca. 70 %). Nur
3 % der befragten Betriebsleiter waren mit ihrer Situation
unzufrieden.
Mutig nach vorn: Diese Zu-
versicht spiegelt sich auch in
den Zukunftsplänen der Betriebe wider. Die meisten
wollen weiter Bullen mästen.
Nur bei 4 % der Befragten
steht fest, dass sie den Bestand bis 2017 abstocken oder
die Mast ganz einstellen. Es
herrscht sogar regelrecht
Aufbruchstimmung: Obwohl
die Rahmenbedingungen für
viele Betriebe nicht optimal
sind (teure Kälber und teure
Flächen, siehe top agrar
9/2013 ab S. 136), wollen viele
Betriebsleiter die Mast sogar
ausbauen. Jeder dritte will in
fünf Jahren mehr Mastbul-
len halten als heute (Übersicht 2). Die Zahl wäre wahrscheinlich sogar noch höher,
wenn nicht 16 % der Betriebe
ihre Stallungen erst kürzlich
erweitert hätten.
Die geplanten Wachstumsschritte sind groß und bewegen sich je nach Region zwischen 94 und 175 Plätzen im
Schnitt. Am vorsichtigsten
sind noch die Mäster in Nieder-/Oberbayern: Sie wollen
um knapp 100 Mastbullen
erweitern. Franken, Münsterländer oder Mäster von der
Küste geben noch mehr Gas
und planen im Durchschnitt
147, 155 bzw. 175 neue Plätze.
Diese
Wachstumsschritte
sollen aber solide und konservativ finanziert werden. Eine
hohe Fremdkapitalbelastung
lehnen nämlich die meisten
Mäster ab. Nicht einmal jeder dritte will sich hierfür
höher verschulden.
Vion bleibt Platzhirsch
Die Auswahl der Schlachtunternehmen wird für
Rindfleischerzeuger immer kleiner. Allein die fünf größten Unternehmen vereinten 2011 knapp 60 % Marktanteil (s. Übersicht 3). Wie schnell sich die Schlachtbranche konzentriert, zeigt eine andere Zahl: 2006 waren
noch die zehn größten Unternehmen nötig, um auf diesen Marktanteil zu kommen. Insgesamt ist die Schlachtbranche aber weiterhin mittelständisch geprägt und in
allen Regionen gibt es noch Vermarktungsalternativen.
Übers. 3: Rinderschlachter
„Wachsen
oder
weichen“,
lautet auch
unter
Schlachtern
die Devise.
Die Branche
wird sich
weiter konzentrieren.
Unternehmen
1
Vion
2
Tönnies
3
Schlachtung
2011 in Tsd.
957
25,7 %
4001)
10,7 %
Westfleisch
370
10,0 %
4
Müller-Gruppe
330
8,9 %
5
Gausepohl
312
8,4 %
6
Färber
158
4,2 %
7
Teterower
Fleisch
93
2,5 %
8
Attenberger
80
2,1 %
9
Steinemann
65
1,8 %
Erlanger
10
Schlachthof
62
1,7 %
Insgesamt in
Deutschland
3 722
1) Rinder inkl. Zerlegung 122
Marktanteil
top agrar 10/2013
Quelle: afz
HEFT +
Wo kein Wachstum möglich oder
auch gar nicht gewollt ist, suchen Bullenmäster nach Alternativen, um ihre
Betriebe weiterzuentwickeln. Beispielsweise hat mehr als jeder zweite schon
Geld in Photovoltaikanlagen gesteckt.
Etliche haben sich aber auch in der
Tierhaltung breiter aufgestellt. So halten fast 30 % aller Befragten gleichzeitig
Mastschweine. Viele dieser Betriebe liegen im Münsterland oder in Weser-Ems.
In der Küstenregion fließen die Investitionen eher in die Milchviehhaltung.
Mehr kooperieren. Künftig will mehr
als ein Drittel der Befragten stärker mit
Berufskollegen kooperieren. Dabei geht
es in erster Linie um den Ackerbau bzw.
die gemeinsame Maschinennutzung. In
der Tierproduktion sehen die wenigsten
Mäster Möglichkeiten für eine Zusam-
Foto: Beckhove
Noch mehr Ergebnisse der Bullenmast-Umfrage finden Sie unter
www.topagrar.com/heft+
Neue Bullenställe sieht man in allen Regionen Deutschlands. In den nächsten Jahren
dürften noch einige hinzukommen.
menarbeit. Ein außerlandwirtschaftliches Einkommen können sich vor allem
Bullenhalter in Bayern vorstellen. Hier
sind die Voraussetzungen für außerlandwirtschaftliche Tätigkeiten mit hohem
Lohnniveau vergleichsweise gut. In den
anderen Untersuchungsregionen ist das
Interesse daran jedenfalls deutlich geringer. Hier würden Bullenmäster eher
eine riskante betriebliche Investition
durchführen als einer außerlandwirtschaftlichen Tätigkeit nachzugehen.
top agrar 10/2013
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