- Konrad-Adenauer

Werbung
Z 8398 C
Informationsdienst der Christlich Demokratischen Union Deutschlands
Nr. 39
1973
Union in
Deutschland
Bonn, den 11. Oktober 1973
/Parteitag der Diskussion
und Entscheidung
Zu den Beschlüssen des Bundesvorstandes erklärt der
Vorsitzende der CDU, Ministerpräsident Dr. Helmut Kohl:
Der Parteitag in Hamburg rückt näher. In wenigen Wochen
werden die Delegierten mit wichtigen Beschlüssen die zukünftige Politik der CDU markieren. In Hamburg wird ein
Parteitag der Diskussion und der Entscheidung stattfinden.
Auf diesem Parteitag wird jeder erkennen, wofür die CDU
steht, welche Gesellschaft die CDU will, von welchen Prinzipien sich diese Partei leiten läßt und welche Ziele für ihr
politisches Engagement bestimmend sind.
Die CDU bereitet sich auf diesen Parteitag intensiv und
auf allen Ebenen vor. Arbeitskommissionen haben Vorlagen
zu zentralen Fragen unserer Gesellschaft erarbeitet; die Partei hat darüber intern, aber auch mit der interessierten
Öffentlichkeit diskutiert. In öffentlichen Hearings mobilisierte
die CDU den Sachverstand auch außerhalb der Partei für
die Lösung dieser Probleme. Das ist einmalig in der deutschen Parteiengeschichte. Noch nie zuvor hat eine politische
Partei die zentralen Themen ihres Parteitages öffentlich mit
Sachverständigen erörtert, auch mit Sachverständigen, die der
CDU nicht nahestehen. Die CDU ist eine offene Partei, eine
Partei, die diskutiert, die weiß, daß sie nur auf diese Weise
die richtigen Antworten auf die Herausforderungen unserer
Zeit finden kann.
Der Parteitag in Hamburg wird die Ziele der CDU klar formulieren und gleichzeitig die Wege zu diesen Zielen auf(Fortsetzung auf Seite 2)
m
INHALT
dieser Sonderausgabe:
•
VORLAGEN
des CDU-Bundesvorstandes für den
22. Bundesparteitag
vom 17. bis 20. November
in Hamburg, beschlossen
am 576. Oktober 1973
in Bonn:
Reform der beruflichen
Bildung
Soziales Baubodenrecht
Vermögensbildung
Mitbestimmung
Grundsatzkommission.
Dokumentation
•
HINWEISE
zur Diskussion. Zusammenstellung der wesentlichen Unterschiede der
Kommissionsvorlagen
und der Vorlagen des
Bundesvorstandes.
Dokumentation
•
ZEITTAFEL
der Vorbereitung für die
Entscheidungen des
22. Bundesparteitages.
Dokumentation
Union in Deutschland - Informationsdienst der Christlich Demokratischen Union Deutschlands.
Redaktion: Gisbert von Wersebe, Anton Georg Grützner, Dr. Peter Wellert.
53 Bonn, Konrad-Adenauer-Haus, Tel. 20 21.
Bundesparteitag
(Fortsetzung von Seite 1)
zeigen. Er wird die Konturen der Gesellschaft, die
wir wollen, in aller Schärfe freilegen. Die Vision
der Gesellschaft von der wir uns leiten lassen, ist
eine Gesellschaft freier und selbständiger Menschen. Der selbständige und eigenverantwortliche,
nicht der verwaltete und betreute Mensch ist das
Ziel unserer Politik. Wir wollen eine offene Gesellschaft, die jedem die Chance eröffnet, seine Möglichkeiten in optimaler Weise zu nutzen; wir wollen eine solidarische Gesellschaft, in der die Sozialpflichtigkeit des Eigentums, aber auch die Sozialbindung autonomer Gruppen und Verbände
wirksam gewährleistet ist, eine solidarische Gesellschaft, die auch all jene Interessen und Bedürfnisse der Menschen berücksichtigt, die nicht
von mächtigen Organisationen vertreten werden.
Politik aus einem Guß
Wir wollen eine Gesellschaft, in der jede Form
von Macht verteilt und wirksam kontrolliert wird:
Nur so sind Freiheit, Unabhängigkeit und Selbstbestimmung des einzelnen gesichert. Dieses Ziel
steht im Mittelpunkt der programmatischen Aussage
der CDU seit ihren Anfängen - seit dem Ahlener
Programm von 1947 und seit ihren Düsseldorfer
Leitsätzen von 1949. Deshalb setzen wir uns ein
für politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Wettbewerb. Nur eine Gesellschaft, die einen
funktionierenden Wettbewerb in allen Bereichen
organisiert, vermag das Problem der Macht auf
eine freiheitliche und demokratische Weise zu
lösen.
Diese Verfassung der Freiheit ist das Grundgesetz der Demokratie. Ihre Werte und Prinzipien
liegen — im staatlichen Bereich — der freiheitlichdemokratischen Grundordnung ebenso zugrunde
wie — im wirtschaftlichen Bereich — der Sozialen
Marktwirtschaft. Die CDU ist in der Lage, eine Gesellschaftspolitik aus einem Guß zu entwerfen und
durchzusetzen. Das muß und wird in Hamburg
deutlich werden.
Der Parteitag wird insbesondere über vier Themen zu beraten und zu entscheiden haben. Das
sind nicht die einzigen, aber doch vorrangige Probleme, deren Lösung nicht länger aufgeschoben
werden kann. Der Parteitag wird darüber verbindlich entscheiden, und diese Entscheidung muß
dann von der gesamten Partei getragen werden.
Die offenen und mitunter harten Auseinandersetzungen, die wir in der CDU um Sachfragen geführt
haben und bis zum Parteitag auch weiter führen
werden, sind kein Selbstzweck. Sie sind Voraussetzung dafür, daß alle Argumente abgewogen wer-
den und so die beste Lösung gefunden werden
kann. Eine offene und kontroverse Diskussion ersetzt nicht die Geschlossenheit des Handelns, sie
ist vielmehr deren Voraussetzung. Nur wenn jeder
in der Partei davon überzeugt ist, daß auch seine
Argumente berücksichtigt worden sind, vermag er
sich mit den Beschlüssen der Partei zu identifizieren. In der gleichen Weise hat die Parteiführung
nur dann ein Recht — dann allerdings auch die
Pflicht -, von allen Mitgliedern die Solidarität zu
Beschlüssen der Partei einzufordern, wenn sie
sich zuvor bemüht hat, in einem breit angelegten
innerparteilichen Willensbildungsprozeß alle Argumente zu berücksichtigen und in die Politik der
Partei einfließen zu lassen: Jeder muß sich mit
seinen zentralen politischen Anliegen in der Politik der Partei wiederfinden. Die Einheitlichkeit
und Geschlossenheit des politischen Handelns
bedarf zu ihrer demokratischen Legitimation einer
offenen und kontroversen Auseinandersetzung;
diese innerparteiliche Diskussion darf jedoch nicht
einen bloßen Formelkompromiß oder den kleinsten
gemeinsamen Nenner, sie muß eine Einigung in
der Sache zum Ergebnis haben. Am Ende dieser
Auseinandersetzung muß eine Politik stehen, die
dann gemeinsam von der ganzen Partei getragen
werden kann und muß.
Offene Diskussion
Von diesen Überlegungen hat sich der Bundesvorstand leiten lassen. Er hat sich die Arbeit nicht
leichtgemacht. In einer zweitägigen Klausurtagung
hat er die anstehenden Themen offen und kontrovers diskutiert. Meinungsverschiedenheiten wurden
weder geleugnet noch verharmlost noch durch
einen eilig gefundenen Formelkompromiß verdeckt.
Am Ende einer über 20stündigen, oft gewiß auch
mühsamen Auseinandersetzung stehen die Vorlagen des Bundesvorstandes für den Hamburger
Parteitag, die, wie ich meine, sachgerechte und
zukunftsorientierte Antworten auf zentrale Fragen
unserer Zeit darstellen. Damit ist das letzte Wort
keineswegs gesprochen. Der Vorstand will die Diskussion nicht einengen, er will sie vielmehr anregen. Bessere Lösungen sind stets erwünscht.
Klar ist aber auch eines: die Vorlagen des
Bundesvorstandes stellen das Ergebnis einer langen innerparteilichen Meinungs- und Willensbildung dar. Der Sachverstand und das Engagement,
Wert- und Zielvorstellungen der gesamten Partei
haben darin ihren Niederschlag gefunden. Ich bin
davon überzeugt, daß die Vorlagen des Vorstandes
den Erwartungen unserer Mitbürger entsprechen.
(Fortsetzung auf Seite 27)
Bundesparteitag
(Fortsetzung von Seite 2)
,
Die CDU wird damit auf ihrem Wege zu dem Ziel,
eine Wende in der Politik unseres Landes einzuleiten, einen großen Schritt nach vorn tun.
Die Vorlagen des Vorstandes sind der Beweis
dafür, daß die CDU zur Erneuerung willens und
fähig ist — nicht nur zur Erneuerung ihrer selbst,
sondern ebenso zur Erneuerung der deutschen
Politik. Die CDU will einen kontrollierten gesellschaftlichen Wandel, dessen Maß und Richtung
bestimmt wird durch den Menschen und seine
Freiheit. Wir werden in und nach Hamburg verstärkt die inhaltliche, ja politisch-ethische Diskussion führen um das Bild vom Menschen und die
Qualität von Staat und Gesellschaft, von denen wir
uns leiten lassen. Das Leitbild unserer Politik ist
der freie, 'selbständige und nicht der verwaltete,
der betreute Mensch. Was diesem Ziel entgegensteht, muß verändert werden, was es fördert, ist
der Bewahrung wert. Die konservative Aufgabe
des Bewahrens werden wir nur dann mit Erfolg
erfüllen können, wenn wir immer wieder unsere
Fähigkeit zur Erneuerung unter Beweis stellen.
Konkret bedeutet dies:
Wir müssen die Prinzipien der Sozialen Marktwirtschaft stärker und konsequenter, als es manchmal in der Vergangenheit gelang, in politische und
gesellschaftliche Wirklichkeit umsetzen. Die Marktwirtschaft ist eine soziale Veranstaltung im Dienste
aller Menschen, nicht nur zum Vorteil einiger weniger. Die Soziale Marktwirtschaft ist auch heute
noch Programm:
• ein Programm für die Freiheit des einzelnen
und die Autonomie von Gruppen, Verbänden
und Unternehmen,
• ein Programm für gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Fortschritt,
• ein Programm für die Verteilung und Kontrolle
wirtschaftlicher und sozialer Macht.
Das Programm der Sozialen Marktwirtschaft muß
durch politische Anstrengungen immer wieder
aktualisiert werden. Eine solche Politik muß dabei
notfalls auch die Mißbilligung jener in Kauf nehmen, für die eine konsequent angewandte Soziale
Marktwirtschaft Minderung jener Macht und jenes
Einflusses bedeutet, die sie durch Verletzung
marktwirtschaftlicher Prinzipien errungen haben.
Die Vorlagen des Bundesvorstandes der CDU
sind ebenso ein Beweis dafür, daß die Politik
der CDU eine Politik der besonnenen Reform ist,
eine Politik des Fortschrittes mit Vernunft und
Augenmaß, eines Fortschrittes, der den Menschen
und nicht einer Ideologie nützt. Die CDU sieht in
der Mitbestimmung der Arbeitnehmer eine Grundlage der Sozialen Marktwirtschaft und fordert deshalb die gleichberechtigte Kooperation aller im
Unternehmen tätigen Kräfte.
Die heutige rechtliche Grundlage für die Stellung
des Arbeitnehmers im Unternehmen entspricht
nicht den Zielvorstellungen der CDU von einer
partnerschaftlichen Unternehmensordnung. Deshalb setzt sich die CDU für die grundlegende
Änderung des Unternehmensrechts ein. Dieses
soll ein partnerschaftliches Verhältnis von Arbeitnehmern, Anteilseignern und Unternehmensleistung gewährleisten. Die im Unternehmen arbeitenden Menschen müssen als Mitglieder des
Sozialverbandes Unternehmen behandelt werden
und nicht mehr als Außenstehende, die lediglich
unter Vertrag genommen sind.
In den Vorlagen des Bundesvorstandes zur Mitbestimmung und Vermögensbildung wird deutlich:
die CDU will eine neue rechtliche und soziale
Qualität der „Arbeit" verwirklichen. Wie sich die
Stellung des Arbeiters gegen Ende des 19. Jahrhunderts vom Proletarier zum Arbeitnehmer gewandelt hat, so muß sie sich jetzt von einem
bloßen Arbeitnehmer zu einem echten, gleichberechtigten Mitarbeiter im Unternehmen wandeln,
der nicht mehr nur von seinem Lohn abhängig,
sondern auch am Gewinn des Unternehmens beteiligt ist. Dabei will die CDU Mitbestimmung und
Vermögensbildung so organisieren, daß sie dem
einzelnen und nicht mächtigen Organisationen und
kollektiven Fonds zugute kommen, daß sie die
Freiheit des Menschen und nicht seine Abhängigkeit erhöhen. Die enge Verzahnung und die konkrete Ausgestaltung von Mitbestimmung und Vermögensbildung stellen die politische Nagelprobe
dar für eine freiheitliche und demokratische Ordnung von Wirtschaft und Gesellschaft. Die CDU
wird in Hamburg beweisen, daß sie diese Probe
mit Erfolg besteht. Sie wird bei der Behandlung
der anstehenden Probleme ihre durchgängige politische Philosophie offen legen: eine Philosophie
der Freiheit und der Demokratie, in deren Mittelpunkt der freie und selbständige Mensch steht.
In Hamburg wird die CDU nach innen wie nach
außen die Überlegenheit des Modells einer freien
und demokratischen, einer offenen und solidarischen Gesellschaft für jedermann sichtbar demonstrieren. Freiheit und Demokratie sind heute in der
Welt, aber auch in unserem Lande, mehr denn je
bedroht. Diese Auseinandersetzung im Wettbewerb
der Parteien wie im Wettbewerb der Systeme gewinnt nur, wer diese Auseinandersetzung offensiv
führt. Das werden wir in Hamburg tun.
27
Informationen
Heimliche Volksfront
Die heimliche Volksfront in der
Bundesrepublik wird theoretisch
vorbereitet. Minister Eppler
bemüht sich um das Verwischen
ideologischer Grenzen und um
eine gemeinsame Plattform. Er
gestand in einem „Zeif'-Artikel
freimütig, daß es innerhalb der
SPD zwei theoretische, durchaus
gleichberechtigte Ansätze gebe:
„Der Ansatz zur Lebensqualität
und der Versuch marxistischer
Analyse". Eppler fährt fort, daß
„beide Ansätze ihren Platz in
einer Theorie des demokratischen Sozialismus haben". Im
Klartext bedeutet das nichts anderes als die Gleichung: Sozialdemokratie plus Kommunismus
gleich Sozialismus.
Material zur Verbraucherpolitik
Bundesgeschäftsführer Karl-Heinz Büke hat an die Kreisgeschäftsführer am 8. Oktober 1973 folgendes Schreiben über
die von der Bundespartei hergestellten Werbemittel zum Thema „Verbraucherpolitik" gerichtet:
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
bekanntlich hat die SPD eine sog. „Verbraucheraktion" gestartet. Diese Aktion dient jedoch keineswegs der Aufklärung
der Verbraucher, sie ist vielmehr ein umfassend angelegter
Versuch, die Verantwortung der SPD und der von ihr getragenen Bundesregierung für die inflationäre Preisentwicklung zu
verschleiern.
Dazu haben wir Ihnen bereits im UiD Nr. 36 vom 20. September im Dokumentationsteil den Text einer Argumentationskarte sowie eines Flugblatts übermittelt. Diese Texte konnten
Sie für eigene Aktionen vervielfältigen. Nunmehr haben wir
darüber hinaus zum Thema Verbraucherpolitik die folgenden
Werbemittel fertiggestellt:
1. eine Wandzeitung
Termin
5. November
2. eine Argumentationskarte
3. ein Flugblatt
Letzter Termin für Anträge
zu den Themen „Berufliche
Bildung", „Soziales Baubodenrecht",
„Vermögensbildung" und „Mitbestimmung",
die auf dem Hamburger Bundesparteitag zur Debatte stehen, sowie zu anderen Sachbereichen ist der 5. November
1973. Antragsberechtigte sind:
Landes- und Kreisverbände
sowie Bundesvereinigungen.
Auf dem Bundesparteitag
selbst können Anträge mit
30 Unterschriften gestellt werden.
UiD
Die Grundausstattung dieser Werbemittel wird vom VVA-Versandzentrum bis Ende dieser Woche verschickt sein, so daß
Sie damit rechnen können, dieses Material bis Mitte nächster
Woche in Händen zu haben.
Weiterhin ist ein Faltprospekt unter dem Titel „Stop dem
Lohnraub der SPD" in Arbeit. Er behandelt die Steuererleichterungspläne der CDU. Von diesem Faltprospekt erhält jeder
Kreisverband eine Grundausstattung von 500 Stück. Wir beginnen mit dem Versand Ende nächster Woche, so daß jeder
Kreisverband bis Ende des Monats im Besitz dieses Materials
sein wird.
Ihre Nachbestellungen für alle Materialien können Sie auf
dem üblichen Wege vornehmen.
Verlag: Union Betriebs GmbH., 53 Bonn, Argelanderstraße 173, Telefon 22 00 40.
Verlagsleitung: Peter Müllenbach, Gerhard Braun. Bankverbindung: Commerzbank Bonn, Nr. 1124 932. Postscheckkonto Köln 1937 95. Abonnementspreis
vierteljährlich DM 6,—, Einzelpreis DM 0,50. Druck: Bonner Universitäts-Buchdruckerei, Bonn.
.
Herunterladen