Georg-August-Universität Göttingen Professur für Makroökonomik und Entwicklungsökonomik Sommersemester 2017 Seminar: Economics of Islam Prof. Dr. Holger Strulik Der Hadsch – Ein Einblick auf die Weltanschauung gläubiger Muslime Erklärung zur guten wissenschaftlichen Praxis Hiermit erkläre ich rechtsverbindlich, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig angefertigt, keine anderen als die angegebenen Hilfsmittel benutzt und die Stellen der Hausarbeit, die im Wortlaut (zitiert) oder wesentlichen Inhalt (paraphrasiert) aus anderen Werken übernommen wurden, mit genauer Quellenangabe kenntlich gemacht habe. Zugleich erkläre ich, dass ich die Broschüre „Regeln und Tipps. Hinweise für die Anfertigung schriftlicher Arbeiten“ des Institutes für Wirtschafts- und Sozialgeschichte vor dem Verfassen der Arbeit gelesen habe und die darin gemachten verbindlichen Vorgaben kenne. Mir ist bekannt, dass Plagiate, zu denen auch ungekennzeichnete Kopien aus dem Internet gehören, nicht nur wissenschaftlich unredlich sind und den Richtlinien der Georg-AugustUniversität Göttingen zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis vom 5. Juni 2002 widersprechen, sondern auch erhebliche rechtliche Folgen bis hin zum Ausschluss von der Universität haben können. Ich erkläre mich mit der Prüfung dieser Arbeit durch ein Plagiatsprüfungsprogramm einverstanden. Ort und Datum Göttingen, den 28.05.2017 Vorgelegt von: Schulz, Maxi Königsberger Straße 29 Göttingen 017647728949 [email protected] VWL/Wirtschafts-und Sozialgeschichte 4. Fachsemester 21422443 Unterschrift Einleitung Die Angst vor terroristischen Angriffen ist seit dem Anschlag auf das World Trade Center am 11. September 2001 im westlichen Bewusstsein allgegenwärtig. Einzeltäter und Tätergruppen agieren dabei zumeist vor einem islamistischen Hintergrund. In der nichtmuslimischen Öffentlichkeit wächst daher das Misstrauen gegenüber der Religion des Islam im Allgemeinen und wird mit jedem neuen Anschlag verstärkt. In der Abhandlung “Estimating the impact of the Hajj: Religion and Tolerance in Islam’s Global Gathering” aus dem Jahr 2009 möchten D. Clingingsmith, A.I. Khwaja und M. Kremer diesen Sorgen gegenüber der islamischen Welt mit einer Untersuchung über innere Einstellungen und Meinungen während einer der wichtigsten religiösen Erfahrung im Leben eines Muslims, dem Hadsch, begegnen. Jedes Jahr pilgern mehr als zwei Millionen Muslime nach Mekka und sind konfrontiert mit unbekannten und neuen Eindrücken. Die Veränderungen, die die Pilger durchleben, sind prägend. Auch wenn die neuen Eindrücke nicht für jeden Pilger gleich sind, ist nachgewiesen, dass sich unter den Teilnehmenden religiöse Einstellungen aneinander annähern. Indem die Autoren die Pilgerfahrt in ihrer Untersuchung betrachten, versuchen sie, eine Vorstellung über den globalen muslimischen Gläubigen zu vermitteln. Auf der Grundlage von 1.600 erfolgreichen und erfolglosen Visabewerbern aus Pakistan des Jahres 2006 analysieren die Autoren die Effekte der Pilgerfahrt nach Mekka auf religiöses Wissen und religiöse Praxis, Toleranz, Gender-Rollen, Gesundheit und Wohlbefinden sowie Engagement. Die Studie kann mit ihren Ergebnissen vielen Vorurteilen gegenüber der islamischen Welt entgegenwirken und geht gleichermaßen auf soziale Theorien der Interaktion und sozialen Identität ein. Im Folgenden wird die Untersuchung in drei Schritten nachvollzogen: Zunächst wird das Modell mit seiner Datengrundlage, weiteren Informationen zum Hadsch sowie der geschätzten Methode erläutert. Anschließend werden die durch das Modell erzeugten Ergebnisse für die 2 einzelnen Kategorien vor dem Hintergrund der bereits vorliegenden Forschung und gängiger Einstellungen gegenüber dem Islam analysiert und interpretiert. Für die ermittelten Veränderungen der Pilger der ersten vier Kategorien werden nachfolgend zwei mögliche Erklärungen erläutert. Die Ergebnisse der letzten Kategorie Engagement werden dabei zur Erläuterung der Ansätze genutzt. Abschließend folgt ein Fazit mit einem Ausblick auf weitere mögliche Untersuchungen. Das Modell Die Daten Um den Effekt der Pilgerfahrt nach Mekka auf innere Einstellungen und Meinungen zu untersuchen, haben sich die Autoren der vorliegenden Studie für einen Vergleich von Befragungen zwischen erfolgreichen und erfolglosen Visabewerbern entschieden. Hierfür liegen den Autoren Daten aus der Verlosung von Visa aus Pakistan nach Saudi-Arabien aus dem Jahr 2006 vor. Da in der Vergangenheit die Anzahl der Hajjis (Teilnehmer an der Pilgerfahrt) drastisch angestiegen ist, erhalten die muslimisch geprägten Länder der Welt jeweils eine bestimmte Quote an Visa für die Pilgerfahrt nach Saudi-Arabien. Für Pakistan lag diese Quote im Jahr 2006 bei etwa 150.000. Davon gingen 2006 9.000 an Mitarbeiter der Regierung, 6.000 an private Reiseunternehmen sowie jeweils ein Teil an das Militär und an den öffentlichen Dienst. Der Großteil der Visa (89%) wurde jedoch mithilfe einer Lotterie verteilt. Für die meisten Pakistani stellt die Lotterie daher die primäre Quelle für ein Visum dar. Interessierte Pilger müssen sich dafür über ein kurzes Formular bewerben und die anfallenden Kosten für die Pilgerfahrt an einer der 1.559 pakistanischen Banken einzahlen. Die Bewerbung erfolgt zumeist in Gruppen mit bis zu 20 Personen, die auf der Pilgerfahrt gemeinsam reisen und untergebracht werden. Der Großteil der Gruppen setzt sich aus Familienverbänden zusammen. Diese Gruppen werden vor der Verlosung jeweils nochmal verschiedenen Kategorien zugeordnet: den zwei islamischen Hauptrichtungen sunnitisch und schiitisch, den acht 3 Abfahrtsorten und den zwei verschiedenen Unterkunftsarten. Ein von einer unabhängigen Organisation entwickelter zufälliger Algorithmus teilt in der Verlosung anschließend den Gruppen Visa zu, bis die Quote an Visa erfüllt ist. Da sich die Quote leichter mit kleineren Gruppen füllen lässt, ergibt sich eine leicht höhere Wahrscheinlichkeit für kleinere Gruppen, ein Visum zu erhalten. Im Jahr 2006 nahmen 134.948 Pakistani an der Verlosung teil, wovon 59% ein Visum zugeteilt bekamen. Von den ausgewählten Bewerbern gingen schließlich 99% tatsächlich auf die Reise nach Mekka, während von den erfolglosen Bewerbern trotzdem 11% den Hadsch im selben Jahr mithilfe privater Unternehmer durchführten. Für die Befragung der vorliegenden Datenanalyse wurde daher die Liste der Bewerber an der Verlosung verwendet. Die Befragungen mussten sich einerseits aufgrund schlechter Erreichbarkeit auf neun Distrikte in der Punjab Provinz und andererseits wegen geringer Beteiligung schiitischer Teilnehmer auf sunnitische Bewerber eingrenzen. Für die Befragung wurde jeweils zufällig ein Individuum aus einer gleichen Anzahl aus erfolgreichen und erfolglosen Bewerbergruppen ausgewählt. Wenn das ausgewählte Individuum in einem Haushalt mit einem weiteren Individuum des anderen Geschlechts wohnte, wurde ein weiteres Individuum des anderen Geschlechts aus der Gruppe befragt. An personenbezogenen Angaben der Bewerbung ist zu ersehen, dass die Befragten charakteristisch für die pakistanische Bevölkerung stehen. Sie verfügen unter anderem über durchschnittliche Bildung und repräsentative Haushaltsausgaben. Hingegen sind sie älter und mit größerer Wahrscheinlichkeit verheiratet. Unter den Befragten fehlen weiterhin die Reichsten und die Ärmsten der pakistanischen Bevölkerung, da sich erstere die Pilgerfahrt mithilfe privater Unternehmer organisieren und letzteren die finanziellen Mittel für die Reise fehlen. Von der Bewerberliste sollten 2.537 Interviews durchgeführt werden, wovon letztendlich 1.605 abgeschlossen wurden. Die Vervollständigungsrate lag daher bei 88,8%. Von diesen 88,8% schlossen die erfolgreichen Bewerber die Befragung mit einer etwas höheren Rate (66,5%) als die erfolglosen Bewerber (60%) ab. Die Befragung der ausgewählten Individuen erfolgte fünf bis acht Monate nach der Pilgerfahrt und versucht mithilfe von Fragen über 4 religiöses Wissen und Praktizieren, Toleranz, soziale Interaktion und soziale Rollen, politisches Engagement und Einstellungen, physische und mentale Gesundheit sowie berufliche Stellung den Einfluss der Pilgerfahrt auf innere Einstellungen zu modellieren. Der Hadsch Die Pilgerfahrt nach Mekka im islamischen Monat Dhû l-hijja („Monat des hajj“) gehört im muslimischen Glauben zu einer Grundpflicht jedes Gläubigen. Der Hadsch (oder auch Hajj) bildet eine der fünf Säulen des Islam und ist für jeden Muslim verpflichtend, wenn dieser mit ausreichenden finanziellen Mitteln und physischer Gesundheit ausgestattet ist. Zwei Millionen Menschen aus 100 verschiedenen muslimisch geprägten Ländern folgen dieser Pflicht jedes Jahr und nehmen zumeist unter großen physischen und finanziellen Hürden die Reise nach Saudi-Arabien auf sich. Die vor Ort zelebrierten Riten dauern insgesamt fünf Tage an. Dazu gehört zum Beispiel die Wanderung zum Berg Arafât, aber auch die Steinwürfe zur Verwünschung des Teufels. Die Pilgerfahrt kennzeichnet sich durch die gemeinsame Erfahrung von einer Reihe an standardisierten Riten. Der Fokus liegt dabei vor allem auf der Selbsterfahrung des islamischen Glaubens in einem gemeinsamen Umfeld. Die Pilger erleben dabei eine Reihe neuer Erfahrungen und Eindrücke. Trotz des Aufeinandertreffens verschiedener Nationalitäten, anderer Glaubensrichtungen innerhalb des Islam sowie der Konfrontation mit dem anderen Geschlecht bildet die Pilgerfahrt eine Atmosphäre der Einheit und des Teilens. Durch das Tragen gleicher Kleider (ihram) wird unter anderem eine gemeinsame Identifikation geschaffen. 1 Die Schätzung Die Studie untersucht mit der Befragung die Auswirkung der Pilgerfahrt auf die fünf thematischen Kategorien 1. religiöses Wissen und religiöse Praxis, 2. Toleranz, 3. Gender, 4. 1 Siehe weitere Informationen unter http://www.bpb.de/nachschlagen/lexika/islam-lexikon/21611/pilgerfahrt (zuletzt abgerufen am 29.05.2017). 5 Gesundheit und Wohlbefinden sowie 5. Engagement. Unter diesen Kategorien wurden die einzelnen Fragen zu Untergruppierungen in Indizes zusammengefasst. So gibt es beispielsweise für die Kategorie Gender unter Index zwei, der die Lebensqualität von Frauen untersucht, Fragen zu der relativen Stellung von Frauen im Vergleich zu anderen muslimisch geprägten Ländern sowie zu Gewalttaten gegenüber Frauen. Die Autoren stellen die folgende allgemeine Schätzgleichung auf Yki = αk + βk* Hajji + λc + εki, wobei die abhängige Variable Yki für Individuum i das Ergebnis für den Index k schätzt. Da es sich bei Yki um eine binäre qualitative Variable handelt, kommt hier eine Probit-Schätzung des Modells zum Einsatz. Die abhängige Variable wird aus dem geschätzten Achsenabschnitt für den k-ten Index αk ermittelt, dem geschätzten Koeffizienten βk für den k-ten Index über alle Individuen i, für die die erklärende Dummy-Variable Hajji 1 ergibt, dem fixierten Effekt λc, der die leicht geringeren Chancen einer großen Bewerbergruppe widerspiegelt sowie den Fehlertermen εki über alle Individuen i und alle k Indizes. Die Dummy-Variable Hajji nimmt die Ausprägung 1 an, wenn das Individuum i ein Visum über die Lotterie erhalten hat. Da der Erfolg in der Verlosung jedoch nicht in allen Fällen zur tatsächlichen Durchführung der Pilgerfahrt führte, schätzen die Autoren Hajji als Instrumentvariable, wodurch eine Korrelation zwischen den Fehlertermen und den erklärenden Variablen vermieden wird. Weiterhin lässt sich zeigen, dass die Schätzung ohne fixierte Einflussgröße λc ähnliche Ergebnisse liefert und daher λc kaum einen Effekt auf Yki darstellt. Die Autoren haben für die fünf Kategorien 25 thematische Indizes entwickelt, die binäre erklärende Variablen bezeichnen. Der jeweilige Index besteht aus mehreren Fragen, für die jeweils einzelne Regressionen geschätzt wurden. Die Antworten auf die Fragen dienen dabei als abhängige Variablen. Aus den einzelnen Regressionen wird daraufhin ein „Average Size Effect“ (auch Durchschnittlicher Behandlungseffekt) ermittelt, der den Effekt der Dummy-Variable Hajji auf den binären Index schätzt. Dabei werden die 6 aufsummierten Quotienten aus allen „Local Average Treatment Effects“ für die einzelnen Fragen j пj und den jeweiligen Standardabweichungen σj gemittelt. So ergibt sich der „Average Size Effect“ über die einzelnen Regressionen der Fragen j für die einzelnen k Indizes. Für die Auswertung haben die Autoren fünf kleine Tabellen für die Kategorien: Religion, Toleranz, Gender, Gesundheit und Engagement zusammengestellt (Table IV-Table VII). Einzelne Fragen, die zum tieferen Verständnis des gemessenen Effektes beitragen, wurden darüber hinaus in einer weiteren Tabelle aufgeführt (Table IX). Mit der Zusammenführung mehrerer Fragen in einem Index wird die Wahrscheinlichkeit, ein zufälliges Resultat zu erhalten (Fehler 1. Art) sowie eine geringe statistische Signifikanz zu ermitteln (Fehler 2. Art), reduziert. Darüber hinaus testen die Autoren ihre ermittelten Effekte neben ihrer Stichprobe an zwei weiteren Gruppen, einmal für die Kontrollgruppe („Controls“), in der der Einfluss der Lage (Distrikt, urbanes Umfeld) und individueller Charakteristiken der Bewerber analysiert werden sowie an einer begrenzten Teilstichprobe („Restricted Subsample“), die neun Unterdistrikte, in denen die Interviews schwer durchzuführen waren, ausschließt. Die Ergebnisse zwischen den drei Gruppen unterscheiden sich nicht signifikant, weshalb für die Interpretation die Effekte für die gesamte Stichprobe betrachtet werden („Base“). Ein multipler Signifikanztest mithilfe eines konservativen Bonferroni-Holm Tests zeigt darüber hinaus, dass alle Einflussgrößen bei einem Signifikanzniveau von 0,07 Einfluss auf die abhängige Variable haben. Weitere Hypothesentests über den Einfluss der einzelnen Indizes unterstreichen die Signifikanz des aufgestellten Modells. Ergebnisse 1. Religiöses Wissen und religiöse Praxis Unter der folgenden Kategorie analysiert die Studie, inwieweit sich der Hadsch auf die Praxis religiöser Tätigkeiten auswirkt. Wie Wolfe (1997) bereits wissenschaftlich belegte, fördert der Hadsch eine Zusammengehörigkeit unter den muslimischen Gemeinschaften der 7 Welt. Weiterführende Studien begründen diese Entwicklung mit dem Ansatz, dass die Pilgerfahrt eine saudi-arabische beziehungsweise eine spezifisch arabische Version des Islam unter den Teilnehmenden verbreitet.2 Die vorliegende Untersuchung möchte dieser Erklärung mithilfe von vier Unterkategorien auf den Grund gehen. Aus der aufgestellten Schätzung lässt sich feststellen, dass der Hadsch insbesondere einen positiven Effekt auf die Praxis globaler muslimischer Traditionen (Table IV, Index 2) hat, während der Glaube an und die Praxis lokaler Bräuche sinkt (Table IV, Index 3 und 4). Zu den globalen Traditionen gehören das regelmäßige Beten, das Fasten sowie die Auseinandersetzung mit dem Koran. Hajjis weisen eine höhere Wahrscheinlichkeit auf, regelmäßiger beziehungsweise auch außerhalb der obligatorischen Zeiten zu beten. Im Vergleich zu Nicht-Teilnehmenden lässt sich feststellen, dass die freiwilligen Nachtgebete Tahajjud um eine Wahrscheinlichkeit von zwei Drittel unter den Hajjis ansteigen (Table IX, Zeile 2). Weiterhin kommt es zu einer um neun Prozent gestiegenen Wahrscheinlichkeit, dass Hajjis auch außerhalb des Fastenmonats Ramadans fasten (Table IX, Zeile 3). Insgesamt kommt es in der betrachteten Schätzung zu einem Anstieg des Index zwei um 0,16 Standardabweichungen, welcher angesichts der zeitverzögerten Durchführung der Befragung einen beachtlichen Effekt darstellt (Table IV, Index 2). Obwohl die Autoren in späteren Ergebnisse zeigen, dass Hajjis kein größeres religiöses Wissen vorweisen (Table VIII, Index 3), steigt jedoch die Wahrscheinlichkeit, dass sie von ihrem Umfeld als religiös angesehen werden, um 13% an. Hingegen hat der Hadsch einen negativen Effekt auf einerseits den Glauben an lokale Bestimmungen und andererseits auf die Teilnahme an lokalen Riten (Table IV, Index 3 und 4). Zu den lokalen Riten, die in der Sufismus-Tradition stehen und vor allem in Südasien zu finden sind, gehört der Besuch von religiösen Schreinen, das Tragen von Amuletten sowie die 2 8 Siehe beispielsweise Naipaul, V. S., Among the Believers: An Islamic Journey (New York: Vintage, 1981). Teilnahme an speziellen Zeremonien. Darüber hinaus sinkt der Glaube an lokale Heiratsbestimmungen sowie an die Verpflichtung von Opfergaben. Die Studie kommt zu dem Schluss, dass der Hadsch keine spezifisch saudi-arabische Version des Islam fördert, sondern die Teilnehmenden zu einem globalen orthodoxen Islam erzieht, aus dem eine empfundene Zusammengehörigkeit unter den Teilnehmenden folgt. Während des Hadsch liegt der Fokus auf der individuellen Erfahrung von Religion in einer Atmosphäre des Teilens und der Gemeinsamkeit. 2. Toleranz Das produzierte Zusammengehörigkeitsgefühl unter Muslimen durch den Hadsch hat insbesondere in der populärwissenschaftlichen Presse oftmals zu der Sorge geführt, dass sich dieses Gefühl negativ auf die Einstellung gegenüber Nicht-Muslimen auswirkt.3 Clingingsmith et. al. begegnen diesen Bedenken in der Studie mit der Untersuchung über die Auswirkung des Hadsch auf Toleranz gegenüber anderen Ländern (Table V, Index 1) und anderen Gruppierungen (Table V, Index 2). Die Ergebnisse zeigen, dass die Begegnung mit anderen Muslimen aus anderen Ländern eine positive Einstellung gegenüber anderen Nationalitäten fördert. Zwei Drittel der Hadsch-Teilnehmenden aus der Stichprobe hatten häufigen Kontakt zu anderen Nationalitäten. Für Hajjis steigt daher der Index über Einstellungen gegenüber anderen Ländern um 0,15 Standardabweichungen (Table V, Index 1). Die größte Veränderung weisen die Autoren gegenüber Indonesiern auf mit einem Anstieg von 0,32 Standardabweichungen (Table IX, Zeile 4), mit denen die pakistanischen Pilger nach Aussagen der Fragebögen auch den meisten Kontakt hatten. Anschließend steigen mit 0,14 Standardabweichungen die Einstellungen gegenüber Saudi-Arabiern (Table IX, Zeile 5), während der Hadsch keine nachgewiesenen Effekte auf die Sicht auf Europäer hat. 3 9 Z.B. The Sunday Times, “Terror Watch on Mecca Pilgrims” January 21, 2007. Entgegen der Theorie, dass eine gestärkte Bindung innerhalb einer in-group zu negativen Einstellungen gegenüber einer out-group führt,4 zeigt Index zwei (Table V), dass Teilnehmende mit einer höheren Wahrscheinlichkeit an die Gleichwertigkeit zwischen verschiedenen islamischen Sekten, Ethnizitäten und Religionen glauben. Insbesondere steigt der Glaube an die Gleichberechtigung zwischen Religionen (Table IX, Zeile 6). Dieser Effekt bestätigt, dass sich der Toleranzgedanke über die Begegnungen während des Hadsch auch auf die nichtmuslimische Welt überträgt. Darüber hinaus betrachten die Autoren in Index drei (Table V), wie Hajjis das Zusammenleben von verschiedenen Sekten, Ethnizitäten und Religionen bewerten. HadschTeilnehmende glauben mit einer 0,13 positiven Standardabweichung an ein harmonisches Zusammenleben unter den genannten Gruppen. Mit Index sechs (Table V) können die Autoren weiterhin zeigen, dass der Hadsch keinen negativen Effekt auf die Einstellungen gegenüber westlichen Werten aufweist. NichtTeilnehmende wie Teilnehmende haben ähnliche Einstellungen gegenüber dem Westen. Soziale Theorien gehen davon aus, dass unter kooperativen Umständen alteingesessene Einstellungen gegenüber Anderen verändert werden können. 5 Das gemeinsame Erleben der durchgeführten Hadsch-Riten fördert gerade eine solche kooperative Atmosphäre unter den Teilnehmenden. Der Kontakt zu anderen Ethnien und Nationalitäten fördert eine positivere Einstellung gegenüber diesen. Die Studie unterstützt diesen Ansatz mit der Erkenntnis, dass sich Einstellungen gegenüber anderen Nationalitäten und anderen Sekten, Ethnizitäten und Religionen durch den Hadsch positiv verändern. 4 Siehe z.B. Tajfel, H., and J. C. Turner, “The Social Identity Theory of Inter-Group Behavior,” in Psychology of Intergroup Relations, S.Worchel and L.W. Austin, eds. (Chicago: Nelson-Hall, 1986). 5 Siehe DeVries, D. L., and R. E. Slavin, “Teams-Games-Tournaments (TGT): Review of Ten Classroom Experiments,” Journal of Research and Development in Education, 12 (1978), 28–38. 10 Zusätzlich konfrontieren die Ergebnisse der Studie die Bedenken, dass eine orthodoxe Version des Islam zu extremistischen Einstellungen unter den Teilnehmenden führt.6 Unter Index vier (Table V) untersuchen die Autoren die Auswirkung des Hadsch auf Einstellungen zum Frieden. Unter den Hadsch-Teilnehmenden steigt der Glaube, dass die Ziele Osama bin Ladens falsch sind von 6,8% auf 13,1% (Table IX, Zeile 9), während der Glaube daran, dass seine Methoden inkorrekt sind, sich von 16% auf 21% verstärkt (Table IX, Zeile 10). Hajjis weisen mit einem Anstieg von 91% auf 96% die Ansicht auf, dass Frieden mit Indien wichtig ist (Table IX, Zeile 11). Index vier beinhaltet überdies Fragen zu Attacken auf Zivilisten und physische Bestrafung innerhalb der Familie, welche unter Hajjis zunehmend als falsch angesehen werden. Der Friedensindex steigt unter Hadsch-Teilnehmenden insgesamt um 0,11 Standardabweichungen und kann daher die oben aufgeführten Bedenken entkräften. In einem weiteren Index analysiert die Studie, inwieweit Hadsch-Teilnehmende die Rolle von Religion im Staat bewerten. Der Durchschnitt der Befragten sieht eine Rolle der Religion im Staat, dennoch reduziert der Hadsch die Unterstützung für einen politischen Islam, auch wenn dieser Effekt nur schwach signifikant ist (Table V, Index 5). Vielmehr sinkt die Unterstützung für religiöse Vorschriften vom Staat sowie für die rechtliche Eigenständigkeit religiöserer Anführer. Dies zeigt wiederum, dass ein orthodoxerer Islam nicht mit einer stärkeren Rolle der Religion im Staat einhergeht. Insgesamt kann man mit den vorliegenden Ergebnissen argumentieren, dass ein orthodoxer Islam durchaus Toleranz innerhalb des Islams sowie gegenüber der nicht-muslimischen Welt fördert. Alternativ kann man die Resultate jedoch auch auf die Begegnung mit anderen Nationalitäten, Ethnien und islamischen Strömungen zurückführen, deren Toleranzgedanke sich auf andere Religionen überträgt. 6 11 3. Gender Clingingsmith et. al. leisten mit ihrer Studie darüber hinaus einen Beitrag zur Auswirkung des Hadsch auf die Rolle von Frauen in der pakistanischen Gesellschaft. Die ersten beiden Indizes betrachten die Einstellungen gegenüber Frauen und die Lebensqualität von Frauen relativ zu Männern und relativ zu anderen Nationalitäten. Der Index eins zeigt (Table VI), dass auf moralischer, intellektueller und spiritueller Ebene die Einstellungen gegenüber Frauen relativ zu Männern um 0,12 Standardabweichungen ansteigt. Den größten Effekt weisen die Autoren auf spiritueller Ebene mit einem Anstieg von über 50% auf (Table IX, Zeile 13). Darüber hinaus erhöht sich unter den Hadsch-Teilnehmenden das Bewusstsein für die Lebensqualität von Frauen um 0,16 Standardabweichungen (Table VI, Index 2). Das Bewusstsein für pakistanischen Frauen gegenüber anderen Nationalitäten steigt am stärksten im Vergleich zu indonesischen beziehungsweise malaysischen Frauen (Table IX, Zeile 14). Interessanterweise beurteilen Hajjis die relative Stellung von Frauen im Westen besser als in Saudi-Arabien (Table IX, Zeile 15 und 16). Hajjis weisen insbesondere eine höhere Wahrscheinlichkeit auf, dass sowohl die absolute Zahl an Straftaten gegenüber Frauen als auch die relative Zahl gegenüber Männern hoch ist (Table IX, Zeile 17 und 18). Von besonderer Beachtung ist die Erkenntnis, dass insbesondere unter den männlichen Befragten das Bewusstsein für die Rolle von Frauen gestiegen ist. Der Hadsch hat nicht nur ein stärkeres Bewusstsein für die Rolle von pakistanischen Frauen zur Folge, sondern beeinflusst auch die Ansichten über die Bildung und Teilhabe von Frauen im Arbeitsmarkt positiv (Table VI, Index 3 und 4). Hajjis unterstützen Bildungschancen für Mädchen um 0,09 Standardabweichungen. Sie sprechen sich mit einem Anstieg von 93% auf 96% dafür aus, dass Mädchen eine Schule besuchen sollten (Table IX, Zeile 19). HadschTeilnehmende unterstützen weiterhin die Arbeit von Frauen. Sie zeigen einen gestiegenen 12 Wunsch, dass Töchter beziehungsweise Enkeltöchter eine Anstellung finden von 54% auf 60% (Table IX, Zeile 22). Die positiven Effekte des Hadsch auf die Rolle von Frauen übertragen sich jedoch nicht auf die Autoritätsverhältnisse innerhalb des Haushaltes. Index fünf (Table VI) weist einen leicht negativen Effekt auf eine neue Rolle von Frauen im Haushalt auf. Darunter finden sich Ansichten zu Geburtsentscheidungen und Heiratswünschen, die traditionell von männlichen Haushaltsmitgliedern bestimmt werden. Die veränderten Einstellungen über die Rolle von Frauen haben jedoch kleine Veränderungen im Verhalten innerhalb des Haushaltes zur Folge. Unter den Hajjis berichtete ein um 10 Prozentpunkt gestiegener Teil gelegentliche Heiratsentscheidungen, die nicht einhergingen mit traditionellen Einstellungen (Schätzung nicht aufgeführt). Nichtsdestotrotz betrachtet die Studie vorrangig innere Einstellungen, daher fehlt es ihr an Aussagekraft über die tatsächliche Veränderung des Verhaltens gegenüber Frauen. 4. Gesundheit und Wohlbefinden Clingingsmith et. al. untersuchen in einem weiteren Schritt die Auswirkungen des Hadsch auf das Wohlbefinden und die Gesundheit der Teilnehmenden. Unter dem K6 Index nach Kessler et. al. (2003) werden die sechs negativen Gefühle Nervosität, Hoffnungslosigkeit, Unruhe, Depression, Überlastung und Wertlosigkeit der Befragten gefasst (Table VII, Index 1). Durch eine Reskalierung des Index steht ein höherer Wert für weniger empfundenes Leid. Die Ergebnisse der Schätzung zeigen, dass Hadsch-Teilnehmende mit einer höheren Wahrscheinlichkeit über negative Gefühle berichten. Der reskalierte K6 Index sinkt für Hajjis um 0,21 Standardabweichungen. Die Autoren können ebenfalls nachweisen, dass der Hadsch einen negativen Effekt von 0,11 Standardabweichungen auf fünf positive Emotionen hat (Table VII, Index 2). In einem nächsten Schritt weisen die Autoren nach, dass der Effekt des empfundenen Unwohlseins von 13 den weiblichen Befragten bestimmt wird (Table VII, Index 5 und 6). Für Index eins und zwei hat der Hadsch keinen negativen Effekt auf die männlichen Befragten. Die negative Wirkung auf Frauen erklärt sich durch das Erlebnis größerer Gleichberechtigung und Integration während des Hadsch. Die veränderten Einstellungen zur Rolle der Frau (siehe Kapitel Gender) lässt vermuten, dass die traditionelle Stellung der Frau in Pakistan nicht derer im globalen Islam entspricht. Die Rückkehr in die Heimat führt daher zu großem Unmut unter den weiblichen Befragten. Die Autoren können neben des negativen Effekts auf innere Emotionen nachweisen, dass sich auch die erlebte physische Gesundheit durch den Hadsch verschlechtert (Table VII, Index 4). Die Abnahme des Wohlbefindens unter allen Teilnehmenden führen Clingingsmith et. al. auf die inneren Veränderungen, die finanziellen Bürden des Hadsch sowie die physische Belastung der Reise zurück. Auch hier ist der Effekt für weibliche Teilnehmende stärker als für männliche (Table VII, Spalte 8). Dennoch hat der Hadsch weder für Männer noch Frauen eine Reduzierung der allgemeinen Lebenszufriedenheit zur Folge (Table VII, Index 3). Der Hadsch ist verbunden mit vielen psychischen und physischen Hürden, die sich in den Ergebnissen widerspiegeln. Gleichwohl bildet der Hadsch eine lebenswichtige religiöse Erfahrung jedes Gläubigen, woraus sich die unveränderte Lebenszufriedenheit erklären lässt. Erklärungsansätze der Autoren Die Autoren liefern für die oben beschriebenen Veränderungen zwei Erklärungsansätze. Als Erstes führen sie die Einstellungsänderungen unter Hajjis auf die neuen religiösen Eindrücke, die ein Pilger während der Hadsch-Riten erlebt, zurück. Der in Mekka praktizierte Islam färbt sich demnach auf die Pilger ab. Dies würde bedeuten, dass der Anstieg globaler Praxis, die gestiegene Toleranz gegenüber islamischen Sekten wie auch anderen Religionen sowie die Unterstützung liberalerer Frauenrollen mit einer orthodoxen globalen Version des Islam entlang 14 der Werte des Korans einhergehen. Obwohl die Autoren diesen Ansatz weder beweisen noch widerlegen können, bieten sie eine weitere Erklärung. Die Konfrontation mit anderen Nationalitäten, verschiedenen Strömungen innerhalb des Islams und mit dem anderen Geschlecht, ändert das Denken gegenüber diesen meist unbekannten Gruppen. Die Autoren können mithilfe einer weiteren Kategorie Engagement darlegen (Table VIII), dass Hajjis ein breiteres Wissen über die Vielfalt innerhalb des Islams, von Genderrollen und der Welt außerhalb Pakistans vorweisen (Table VIII, Indizes 4-6). Kleinere Pilgergruppen zeigen in den Resultaten größere Effekte auf, da sie vermutlich häufiger in Kontakt mit anderen Gruppen standen. Der individuelle Glaube hat sich für den einzelnen Pilger jeweils verstärkt, führte jedoch nicht zu einem gestiegenen religiösen oder politischen Engagement (Table VIII, Index 1 und 2). Daher können die Autoren ausschließen, dass sich die Ansichten von Pilgern lediglich auf den Druck ihres Heimatortes nach der Rückkehr verändern, um deren Erwartungen zu entsprechen. Die Autoren widerlegen weiterhin, dass die innerlichen Veränderungen durch die Begegnung mit Saudi-Arabien auftreten. Die dortige Intoleranz gegenüber verschiedenen islamischen Strömungen sowie die strikte Geschlechtertrennung geht nicht mit den Ergebnissen der Studie einher. Schlussendlich sehen die Autoren den Motor der Veränderung in der Begegnung mit dem typischen Pilger, dessen Praxis und Glauben die pakistanischen Pilger beeinflussen. Die Begegnung führt möglicherweise zu einer Verlagerung des Glaubens zu einem islamischen Mittel. Die Religion bietet dabei während des Hadsch die legitime Grundlage und das entsprechende Umfeld, um Einstellungen zu verändern. Der Hadsch hat dabei eine wichtige Funktion für die Weltreligion des Islam: Vor dem Hintergrund einer fehlenden Autorität im sunnitischen Glauben, ist er das Bindeglied zwischen den verschiedenen muslimischen Ländern. Daher sind die Einstellungsänderungen, die sich an den typischen Pilger orientieren, eine wichtige soziale Funktion zum Zusammenhalt innerhalb des Islams. 15 Schluss Die positiven Ergebnisse der betrachteten Studie begegnen dem gängigen Misstrauen gegenüber der Religion des Islam. Der Hadsch stellt eine religiöse Institution im Islam dar, die die Integration innerhalb der muslimischen Welt fördert. Teilnehmende erleben die Rituale in einer gemeinsamen wertestiftenden Umgebung, die den Glauben und die Praxis globaler islamischer Riten und den Zusammenhalt unter Muslimen stärkt. Während Hajjis zwar nachweislich kein gestärkteres religiöses Wissen zurückbringen, fördert der Hadsch jedoch den Glauben an eine orthodoxere Version des Islam. Gleichzeitig weisen Hajjis ein vermindertes Bewusstsein für traditionelle lokale Riten und Praxen auf. Der gestärkte Zusammenhalt unter Muslimen geht jedoch nachweislich nicht mit einer Intoleranz gegenüber der nichtmuslimischen Welt einher. Vielmehr glauben Hajjis an die Gleichheit zwischen verschiedenen islamischen Sekten, Religionen und Nationalitäten. Teilnehmende bekennen sich weiterhin mit einer größeren Wahrscheinlichkeit zu Werten des Friedens und der Harmonie. Diese Entwicklung hin zu einem globalen orthodoxen Islam widerspricht demnach der Annahme, dass eine orthodoxere Praxis extremistische Ansätze fördert. Weiterhin zeigt sich auch eine Veränderung in dem Bewusstsein für die Rolle von Frauen in der pakistanischen Gesellschaft. Mit größerer Wahrscheinlichkeit sprechen sich Hadsch-Teilnehmende für eine Beteiligung von Frauen am Arbeitsmarkt aus und unterstützen die Ausbildung von Mädchen. Da sich die Studie auf die innerlichen Veränderungen der Pilger konzentriert, fehlt es ihr jedoch an Aussagekraft über das tatsächliche Verhalten der Pilger. Außerdem unterliegen Einstellungen einer ständigen Veränderung. Der Studie misslingt es, die langfristigen Effekte der Pilgerfahrt nachzuvollziehen. Die erzielten Ergebnisse gelten darüber hinaus lediglich für die pakistanische Stichprobe. Weitere Untersuchungen anderer Länder könnten mit einer ähnlichen Methode erarbeitet werden, da Visen zumeist über Lotterien verlost werden. Für muslimisch geprägte Länder mit beispielsweisen liberaleren Einstellungen zu Frauenrollen sind 16 andere Ergebnisse zu erwarten. Ein Vergleich unter den muslimisch geprägten Ländern erscheint daher sinnvoll. Trotz zweier möglicher Erklärungsansätze, favorisieren die Autoren den Ansatz, dass die Resultate der Studie vor allem die Veränderungen und Erlebnisse widerspiegeln, die die Pilger während des Hadsch durchlaufen. Sie erleben die Vielfalt innerhalb des Islams, von GenderRollen und erlangen Eindrücke, die über das alltägliche pakistanische Leben hinausgehen. Diese Veränderungen sind wichtig, um die muslimische Welt zusammenzuhalten. Die Funktion des Zusammenhalts und der Einigkeit erfüllen Institutionen auch in anderen Religionen, beispielsweise der Kumbh Mela im Hinduismus, aber auch in nicht-religiösen Umgebungen, z.B. die Nationale Parteiversammlung in den USA. Eine weitere Untersuchung über andere derartige Institutionen wäre daher denkbar. Alles in allem räumt die Studie mit einer der wichtigsten Vorurteile auf: Ein orthodoxerer Islam führt nicht zu einer Unterstützung extremistischer Ansätze. Ein orthodoxer Islam ist darüber hinaus zu liberalen Frauenbildern und einem breiten Toleranzgedanken fähig. In Zeiten, in denen Muslime voreilig einer rückständigen Sicht auf Frauen und Gewaltbereitschaft beschuldigt werden, sind solche Studien wichtig, damit der Islam mit seinen 1,7 Milliarden Anhängern nicht fälschlicherweise unter Generalverdacht gerät. 17 Literaturverzeichnis Hauptwerk Clingingsmith, D., Khwaja, A.I. and M. Kremer, “Estimating the Impact of the Hajj: Religion and Tolerance in Islam’s Global Gathering,” The Quarterly Journal of Economics, 124/3 (2009), 1133–1170. Hintergrundliteratur DeVries, D. L., and R. E. Slavin, “Teams-Games-Tournaments (TGT): Review of Ten Classroom Experiments,” Journal of Research and Development in Education, 12 (1978), 28–38. http://www.bpb.de/nachschlagen/lexika/islam-lexikon/21611/pilgerfahrt (zuletzt abgerufen am 29.05.2017). Kessler, R. C., P. R. Barker, L. J. Colpe, J. F. Epstein, J. C. Gfroerer, E. Hiripi, M. J. Howes, S-L. T. Normand, R. W. Manderscheid, E. E. Walters, and A. M. Zaslavsky, “Screening for Serious Mental Illness in the General Population,” Archives of General Psychiatry, 60 (2003), 184–189. Naipaul, V. S., Among the Believers: An Islamic Journey (New York: Vintage, 1981). Tajfel, H., and J. C. Turner, “The Social Identity Theory of Inter-Group Behavior,” in Psychology of Intergroup Relations, S.Worchel and L.W. Austin, eds. (Chicago: NelsonHall, 1986). The Sunday Times, “Terror Watch on Mecca Pilgrims,” January 21, 2007. Wolfe, M., One Thousand Roads to Mecca: Ten Centuries of Travelers Writing about the Muslim Pilgrimage (New York: Grove Press, 1997). 18 Anhang 19