Workflow TV J. PAECH, FKTG; T. SOPPA Workflow-Management in Medienproduktionen Die Anforderungen an Medienunternehmen steigen technikbedingt kontinuierlich. Workflow-ManagementSysteme unterstützen universell beliebige Arbeitsprozesse, reduzieren Komplexität und sichern Qualität dauerhaft. Ob es sich um Nachrichtensendungen, Unterhaltungsshows oder Filmproduktionen handelt, man findet Planer, Sekretärinnen, Redakteure, Kameraleute, Cutter, Bühnenbauer, Beleuchter und andere, die sich mit unterschiedlichsten Hilfsmitteln (Telefon, Formular, Fax, Mail, Excellisten) und Softwareprodukten aufwendig organisieren. Früher hat man auf ein Sendeformat hingearbeitet; heute sind Auswertungen fürs Internet, Digital-TV, Radio, Internet, SMS/WAP/i-mode, VHS und DVD üblich. Begriffe wie Workflow, Prozessoptimierung und Applikationsintegration sind gefragt. Der Beitrag behandelt überblickshalber eine moderne, softwarebasierter Ablaufplanung und -steuerung. Joachim Paech Tobias Soppa Dr. Joachim Paech ist Projektmanager bei der T-Systems GmbH, Media & Broadcast in Bonn. Tobias Soppa ist geschäftsführender Gesellschafter der CEITON technologies GmbH in Leipzig. 1. Typische Arbeitsabläufe in Rundfunk und Produktion Trotz aller Individualität lassen sich doch Regelmäßigkeiten in den meisten Produktionsabläufen erkennen, die sich teilweise mehrfach täglich wiederholen. Die Abläufe werden durch eingespielte Teams sichergestellt und leben somit von der Erfahrung und dem Know-how der Team-Mitglieder. Gelegentlich sind diese Prozesse auch schon formal dokumentiert — zum Beispiel in ISO9000-Prozesshandbüchern oder in einfacheren Aufgabenbeschreibungen. In der Regel sind diese Abläufe nicht intendiert entworfen, sondern mit der Zeit gewachsen. Beginnen könnte ein grober Beispielprozess etwa mit der Idee eines Redakteurs zu einem Beitrag, die dann eine Reihe weiterer Arbeitsschritte nach sich zieht, wie zum Beispiel eine Diskussion in der Redaktionskonferenz, darauf folgender Recherche, EB-Teameinsatz, Editing, Abnahme, Playout und natürlich Archivierung. Jeder dieser Schritte kann weiter gegliedert werden und setzt eine Reihe von Schnittstellen voraus: Ressourcenprüfung und Buchung in der Disposition, Planung im Redaktionssystem, EDL-Transfer und Schnitt, Kommentierung und Rückmeldung an die planenden Systeme bis hin zur Automation, wenn der Beitrag gesendet werden sollte. Ähnlich verhält es sich bei einem LiveInterview im Studio. Nach der Entscheidung — zum Beispiel einen Gast in der Sendung zu befragen — schließen sich zwangsläufig Koordinationsaufgaben an, wie Benachrichtigung von Fuhrpark und Empfang, Übergabe von Adresse und Telefonnummer, Informationen an Kamera, Beleuchtung und Maske, Beauftragung eines Journalisten, Fragen vorzubereiten und abzustimmen usw. Aber auch kleine, scheinbar triviale Prozesse sorgen bei hoher Frequenz für Aufwand und Ressourcenbindung. Solch FERNSEH- UND KINO-TECHNIK – 57. Jahrgang – Nr. 6/2003 ein kleiner Ablauf wäre zum Beispiel die Planung und Realisierung von Crawls (Lauftexteinblendung) in Sendungen. Es beginnt auch hier mit der Formulierung der Idee für eine Gewinnspieleinblendung oder Untertitelung, der weiteren Bearbeitung und Genehmigung (gegebenenfalls Rückstellung oder Überarbeitung) der Eingabe von Timecodes und Seitennummern (Bild 1) für den Schriftengenerator und danach der Löschung und einer Auswertung. Das ist eindeutig ein immer wiederkehrender trivialer Prozess, der aber ohne Standardisierung und ohne unterstützendes System zu einer aufwändigen Angelegenheit werden kann, weil er oft vorkommt und sich dabei verschiedene Menschen absprechen müssen. Dabei beschränken sich solche einfachen Prozesse keineswegs auf medienspezifische Anwendungen, sondern sind in ganz banalen, überall vorkommenden Verwaltungsaufgaben, wie etwa Urlaubsanträgen zu finden. Schon bei ein paar hundert Mitarbeitern wird die zentrale Koordination zur Papierflut. Um bei dem kleinen Crawl-Beispiel zu bleiben: Workflow-Management bedeutet zunächst einmal nichts weiter, als dafür zu sorgen, dass einem Mitarbeiter für seinen Crawl-Vorschlag ein entsprechender Screen im System zur Verfügung steht, und die darin erfassten Informationen dann in einer aufbereiteten Form dem verantwortlichen Sendekoordinator automatisch zugestellt werden. Dieser erteilt elektronisch sein Einverständnis und die Workflow-Engine (Bild 2) sorgt dafür, dass die Timecodes von einem anderen Mitarbeiter eingetragen werden können. Sobald also ein Mitarbeiter einen Prozess angestoßen hat, sorgt das Workflow-System dafür, dass die nachfolgenden Aufgaben zur richtigen Zeit von den richtigen Mitarbeitern korrekt durchgeführt werden — bis also schlussendlich die Einspielungen der Crawls vorgenommen worden sind. 735 Workflow TV Bild 1 (oben links). Mitarbeiter bearbeiten einen Job in frei definierbaren Masken Ergebnisse bisheriger Implementierungen Bild 2 (oben rechts). Workflow-Engine zur Koordination der Aufgaben eines Prozesses Dezentrale Formulare und WordDokumente — Zentrale einheitliche Basis für alle Datenarten Bild 3 (links). Disposcreens können Prozesse unterschiedlich darstellen Damit können sich Mitarbeiter auf ihre eigentlichen Tätigkeiten konzentrieren und müssen sich weniger um Ablaufsteuerung und Koordination kümmern, was effektiv und bequem ist. Bei komplexeren und umfangreicheren Prozessen, wie etwa einer Nachrichtenerstellung sind natürlich mehr Funktionalitäten, ausgefeiltere Workflows und einige Schnittstellen nötig. Eine Funktion ist etwa die Integration von Dokumenten- und einfachem Content-Management, damit nicht Maske 2 2. Workflows und die Rolle der Disposition Keine umfassenden und aktuellen Informationen — Produktion bis ins Detail vollständig transparent Im Gegensatz zu statischen Abläufen, wie sie beispielsweise in der Verwaltung oder in Banken und Versicherungen vor- Realmaske: 101 1402 [>5] Realmaske: 100 Maske 3 =5 Realmaske: 100 1400 V <5 Maske 4 Permanente Abstimmung über Projekte zwischen allen Mitarbeitern — Workflowsystem übernimmt die exakte Koordination Kein systematisches Qualitäts-Management (QM) — QM und Tracking ist integrativer Bestandteil von Prozessen >5 1400 Aufwändige manuelle Disposition in Excel und Outlook — Transparente unterstützende und teilautomatisierte Disposition nur Formulare bearbeitet, sondern auch Ideen und Konzepte über normale OfficeDokumente oder Bilder weltweit einheitlich ausgetauscht werden können. 1401 [<4] Maske 1 vorher und nachher Realmaske: 102 1403 [’A%’] 1404 [<>24] 1404 [<>30] Maske 5 Realmaske: 2000 (2000) Lable: Der Workflow ist fertig! Änderungen in Arbeitsweisen mit Aufwand und Fehlern verbunden — Änderungen können reibungslos und sauber implementiert werden Installation von diversen Programmen auf den Client-PCs bzw. ZweitRechner — Webbrowser genügt und sichert Investitionen und Gewährleistungen Aufwändiges Backup verschiedenster Rechner — Zentrales einfaches Backup aller Daten und Dokumente Komplexe intransparente Prozesse — Vereinfachte modulare Strukturen Bild 4. Masken mit einer einfachen Split- und Join-Abhängigkeit 736 FERNSEH- UND KINO-TECHNIK – 57. Jahrgang – Nr. 6/2003 Workflow TV 3514 514 Export an Redaktionssystem 94 3001 100 Beitragsmaterial bestellen 50 110 3513 513 Export an Leitungsdisposition 174 3002 101 externen Beitrag erstellen 51 111 3003 102 Überspielzeit klären 57 112 93 173 3004 103 Bestellung Leitung 57 112 3006 105 Beitrag aufzeichnen 55 113 3511 511 Qualitätskontrolle 91 171 3258 309 LoRes-Kopie erstellen 73 148 3000 1 Beitragsrecherche 2 100 3151 203 fertigen Beitrag bereitstellen 63 3312 406 Erzeugung der Keyframes 121 77 156 3259 310 Spracherkennung 74 3300 400 Beitragsproduktion aus Archivmaterial 2 150 3302 401 EDL zum NLE senden 74 151 3306 403 Material einlesen 75 153 3308 404 Schnitt des Beitrages 76 154 149 3310 405 MAZ-Karte drucken 76 155 Bild 5. Einfaches Teilworkflow-Beispiel einer Beitragsproduktion kommen, sind Abläufe in der TV-HörfunkProduktion meist komplexer und immer individueller, kreativer und damit auch schwieriger zu planen und zu standardisieren. Aus diesem Grund sind moderne Systeme in der Lage, sich dynamisch an die spezifischen bzw. persönlichen Abläufe anzupassen, ohne nur stur einem vorgegebenen Ablauf zu folgen. Damit die Tätigkeiten der Workflow-Engine trotz vieler einzelner Arbeitsschritte transparent und planbar bleiben, lassen sich alle Tätigkeiten in der Disposition (Bild 3) in verschiedenen Sichten überwachen und bei Bedarf manuell nachsteuern. So erfüllen Workflow und Disposition gleich zwei Funktionen: 1. ortsunabhängiges Monitoring aller ablaufenden Prozesse und 2. Koordination von dezentralen Aufgaben über eine zentrale Steuerungsinstanz. Da in einem Produktionsprozess nicht nur Mitarbeiter ihre Informationen und Eingabemasken von der Workflow-Engine erhalten, sondern auch an vielen anderen Systemen gearbeitet werden muss (Editing, Newsroom, Redaktionssystem, Playout, Archiv usw.), kommt eine weitere wichtige Aufgabe für ein Workflow-System hinzu: 3. die Anwendungsintegration. Kommt ein Redakteur oder ein EBTeam etwa vom Außendreh ins Studio zurück und lässt das Material auf ein Serversystem einspielen, so kann der Ingest vom Operator in einer einfachen Maske bestätigt werden. Das System visualisiert entsprechend den Status, stößt das Erzeugen einer Browsing-Kopie an, erteilt Sichtungsaufträge, reserviert einen Schnittplatz und gibt die weitere Bearbeitung für den Beitrag frei. In der Regel gibt es daher einige Prozesse, die elektronisch abzubilden sind, damit die Arbeit überschaubarer und einfacher wird. Insbesondere bei 24Stunden-Produktionen, bei denen im 3Schicht-Betrieb gearbeitet wird, müssen alle Informationen transparent und für alle leicht zu finden sein — egal ob am Arbeitsplatz nebenan, im Übertragungswagen vor Ort oder von externen Zulieferern. 3. Beschreibung von Workflows Grundsätzlich bestehen Workflows aus zwei Komponenten: 1. Beschreibung von Funktionen (zum Beispiel Screens/Masken für Mitarbeiter oder Schnittstellen für Maschinen und Software-Systeme) und 2. Strukturen dieser Funktionalitäten (Bild 4), also den Regeln, die die Abhängigkeiten untereinander und voneinander beschreiben. Die Beschreibung der Funktionen kann über graphische Frontends durchgeführt werden, ähnlich wie beim Customizing von Applikationen. Alle nötigen Daten (Feldtyp, Wertebereich, Speicherort, Koordinaten, Berechtigungen usw.) werden in der Datenbank in einem Repository abgelegt. Die Struktur der Workflows kann mathematisch als Petri-Netz oder einfach als ‘Array von Regeln’ ebenfalls in der Datenbank gespeichert werden. Tritt ein Ereignis ein (zum Beispiel Speichern einer FERNSEH- UND KINO-TECHNIK – 57. Jahrgang – Nr. 6/2003 Maske oder Empfang eines XML-Files), wird von der Workflow-Engine geprüft, ob zugehörige Regeln erfüllt werden und damit eine Aktion verbunden ist. Dass diese Darstellung bei dynamischen Masken und sich anpassenden Workflows mit Rollbackfunktionalität usw. etwas vereinfacht ist, versteht sich von selbst. Wenn ein Teilprozess unter Normalbedingungen beispielsweise erst weiterbearbeitet werden kann, wenn der Qualitätscheck erfolgreich war oder bestimmte zwingende Eingaben erforderlich sind, kann das System damit automatische Kontrollmechanismen übernehmen und beispielsweise Zeit oder Kosten überwachen. So kann die Vollständigkeit und Validität von Eingaben sichergestellt werden, und durch Informationsverteilung wird prozessweit Mehrfacherfassung von Informationen vermieden. Bei Einführung einer Workflow-Management-Lösung müssen zunächst einmal die zu verbessernden Arbeitsabläufe identifiziert und erfasst werden (Bild 5). Mit diesen Informationen kann dann ein Workflow konzipiert werden, der im Detail die Funktionen und Abhängigkeiten in der richtigen Form entsprechend den Anforderungen enthält. Diese beiden Schritte stellen in der Regel die größte Herausforderung dar und werden entweder von Prozessbeauftragten in den Unternehmen selbst oder von auf Prozesse spezialisierten Beratungshäusern durchgeführt. Sind diese theoretischen Vorarbeiten geleistet, folgt die technische Implementierung der Workflows in der jeweiligen Workflow-Beschreibungsform und die Anpassung der Schnittstellen. 737 Workflow TV 4. Applikationsintegration Wie bereits erwähnt müssen eine Vielzahl von Systemen miteinander arbeiten, das heißt auf gemeinsame Datenbestände zugreifen und Informationen austauschen. In der Regel geschieht das durch direkte Schnittstellen der Programme oder manuelle Eingabe bzw. Neuerfassung von Daten. Letzteres sollte aber immer vermieden werden, weil es fehleranfällig, inneffizient und frustrierend für den Bearbeiter ist. Aber auch direkte Schnittstellen sind nicht der Königsweg. Dafür gibt es eine Reihe von Gründen: 1. Eine any-to-any-Verbindung von acht Systemen hat bis zu 28 Schnittstellen. Läuft der Verkehr jedoch über einen Message-Broker, braucht man nur acht Schnittstellen (Bild 6). 2. Im Workflow-System können Regeln zur Transformation von Daten hinterlegt werden, die abhängig von Prozess-Stati und weiteren Variablen sind, anstatt einfach nur Daten auszutauschen. 3. Zentrale Schnittstellen sind einfacher zu warten, als dezentrale Schnittstellen, bei denen die Schnittstellenlogik in den Applikationen liegt. 4. Wenn man beliebige Schnittstellen im Message-Broker des WorklfowSystems selbst verarbeiten kann, macht man sich weniger abhängig von Herstellern. Applikationen können sich somit auf die Bereitstellung von Funktionen konzentrieren, anstatt sich mit Prozessfunktionen und Interoperabilität zu x-beliebigen Fremdsystemen zu beschäftigen. Es reicht eine universelle Schnittstelle, die natürlich standardisiert am wenigsten Arbeit bereitet. Die Integrationsfähigkeit wird so grundsätzlich auf der Seite des Workflowsystems erwartet. Als Schnittstelle werden verschiedene Verfahren unterstützt, von denen einige kurz angerissen werden sollen. Der Austausch von ASCII-Dateien (asynchron) zum Beispiel über ein Filesystem ist das am häufigsten verwendete Verfahren wegen seiner Einfachheit (XML), Universalität und Kompatibilität. Ein datenbankbasierter Austausch auf spezielle Tabellen über Datenbankebene/SQL (asynchron) ist wegen seiner Transaktionssicherheit und automatischen Validitätsprüfung sehr sicher, wird aber oft von den Herstellern nicht erlaubt. Ein akzeptiertes Verfahren ist der Austausch von Daten über SMTP (asynchron), zumal man auch über zeitweilige Offline-Verbindungen kommunizieren kann. Jedoch sind Zustellzeiten nicht kontrollierbar, was den Einsatz auch auf 738 Nutzen von Workflows — Durchgängige Unterstützung des gesamten Wertschöpfungsprozesses Völlig frei definierbare Workflows können beliebige Arbeitsabläufe und Arbeitsschritte abbilden. Damit erfüllt das System auch die wichtige Forderung nach Investitionssicherheit in flexiblen Märkten. — Erhöhung der Transparenz im Unternehmen für Management, Mitarbeiter und Kunden Für die Verantwortlichen wird die elementare Funktion des Realtime-Monitoring erfüllt und Mitarbeiter verstehen intuitiv den Gesamtprozess mit seinen Zielen und dem aktuellen Status. — Verbesserung der Steuerungsmöglichkeiten Änderungen im Workflow können einfach und sofort realisiert werden - und zwar ohne aufwändige Einweisung von Mitarbeitern und erneute Definition von Formularen oder Schnittstellen. — Standardisierung von Prozessen, Prozesszeiten und Dokumenten Standardisierung bringt Kontinuität in komplexe Prozesse und ist damit ein wichtiges Werkzeug zur Qualitätssicherung und Planung. — Senkung der Prozess- und Kommunikationskosten Überflüssige Absprachen, Nachfragen, Formulare, Faxe, Mails usw. können reduziert werden, wenn das System die wichtigen Informationsflüsse regelt. So wird arbeiten stressfreier und Kommunikation entspannter. — Vermeidung von Fehlern bei der Leistungserstellung Eine effektive Steuerung des Qualitätsmanagements durch Workflows vermeidet Fehler oder visualisiert sie rechtzeitig. — Optimierung von Durchlaufzeiten Reibungslos ineinander greifende und vom System koordinierte Arbeitsschritte reduzieren Produktionszeiten. — Ermöglichung von IT-gestützten Auswertungen Alle während eines Prozesses gesammelten Daten können automatisch archiviert werden und stehen für individuelle Auswertungen zur Verfügung. Bild 6. Vereinfachung der Schnittstellenvielfalt durch einen Broker Process Message Broker Any-to-Any- Sternverbindung mit bis zu 28 Verbindungen mit maximal 8 Verbindungen nicht zeitkritische Schnittstellen beschränkt. Daten über HTTP/HTML (synchron) auszutauschen wird immer üblicher — es ist ein unkompliziertes Verfahren, auch über weite Entfernungen durch Firewalls usw. einsetzbar und auch Verschlüsselung ist per SSL sehr einfach möglich. Funktionsaufrufe (synchron) sind der direkteste, aber auch speziellste Weg (zum Beispiel über SOAP, COM+ oder CORBA) und werden nur bei stark integrierten Systemen eingesetzt. So gibt es eine Reihe weiterer Schnittstellentypen, die zum Beispiel verteilte Transaktionen beherrschen, was manchmal sehr sinnvoll sein kann. In der Praxis kommen die unterschiedlichsten Varianten und Mischformen zur Anwen- dung, wie etwa der Austausch von XML-Files über Mails. Sie alle haben unterschiedliche Eigenschaften bezüglich Universalität, Einfachheit, Skalierbarkeit, Verfügbarkeit, Leistungsfähigkeit usw. und müssen deshalb von Fall zu Fall differenziert betrachtet werden. Wenn Bandbreite keine Rolle spielt, ist die Verwendung von XML-Formaten heute sicherlich zu empfehlen, weil sie maschinell einfach zu verarbeiten und selbsterklärend aufgebaut sind. 5. Flexibilität der Architektur Ein Workflow-Management-System ist eine Software, die auf einem oder mehre- FERNSEH- UND KINO-TECHNIK – 57. Jahrgang – Nr. 6/2003 Workflow TV ren Servern installiert wird und über unterschiedlichste Interfaces (Schnittstellen) verfügt: zum Beispiel ein vollständiges und dynamisches User-Interface für Menschen oder XML-Schnittstellen (wie MOS) zu anderen Applikationen und Maschinen. Das System läuft zentral und kommuniziert unter anderem über TCP/IP und erfordert grundsätzlich keinen Eingriff in die bestehende Infrastruktur — weder auf Server-, noch auf Client-Seite. Moderne Software wird heute mindestens in einer ‘3-tier-architecture’ entwickelt, das heißt, man trennt das GUI von der Applikationslogik und die wiederum von der Datenbank. Das GUI sollte auch nicht fest definiert sein, sondern sich aus „anpassbaren“ (customizable) Daten aus der Datenbank (Repository) ableiten. So können sich Unternehmen ihre eigenen Applikationen zusammenstellen, und bei Bedarf ist das GUI sogar komplett austauschbar. Die Oberfläche sollte webbasiert sein, damit dezentral und ohne Installationsaufwand produziert werden kann, und auch im Außendienst oder durch externe Mitarbeiter problemlos am Workflow teilgenommen werden kann. Skalierbarkeit und Ausfallsicherheit (zum Beispiel durch Verfügbarkeits-Cluster) werden durch die komponentenbasierte Architektur erreicht, die eine nahezu beliebige Verteilung von Applikationsteilen unkompliziert ermöglicht. 6. Schlussbetrachtung Durch ein Workflow-System lassen sich beliebige Prozesse modellieren und verwalten. Workflow-Management bedeutet Koordination, Integration und gleichzeitig Monitoring aller Jobs. Damit ist Workflow-Management nicht nur Bestandteil der Automation von Playout-Servern, Telepromptern, MAZen, Schriftgeneratoren, Kameras, Beleuchtung usw., sondern ist insbesondere auch für die davor liegenden, komplexen Kommunikationsprozesse geeignet. Nutzer können sich auf ihre konzeptionelle und kreative Arbeit konzentrieren und müssen sich nur wenig mit Technik oder Strukturen befassen, und trotzdem können sie umfassend über alle Materialien, Prozesse und deren aktuelle Stati informiert werden. Die Technologien dazu sind erprobt und werden in anderen Industrien umfassend eingesetzt. Für einen Einsatz im eigenen Unternehmen ist es immer sinnvoll, zunächst mit einem überschaubaren Teilbereich zu beginnen und dann aus den Erfahrungen weiter zu lernen. WorkflowSysteme wachsen einfach mit. FERNSEH- UND KINO-TECHNIK – 57. Jahrgang – Nr. 6/2003 739