Die neolithische Revolution

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Archäologie-Koffer
«Pfahlbauer»
Begleitmaterial für Lehrkräfte
Die neolithische Revolution
Der Übergang von der Alt- zur Jungsteinzeit
 Jungsteinzeit = Neolithikum: von altgriechisch
NEOS für neu/jung und LITHOS für Stein
 Eine neolithische Gesellschaft betreibt Ackerbau und
Viehhaltung, ist sesshaft und kocht ihre Speisen in
keramischen Gefässen  dies im Gegensatz zur no-
Bedeutung
 Der allmähliche Übergang von der Alt- zur Jungsteinzeit (Neolithisierung) ist als Prozess zu betrachten 
nur die Bedeutung ist revolutionär, nicht der Zeitrahmen.
 Im Gebiet der heutigen Schweiz begann das Neoli-
madischen Lebensweise von reinen Jägern und
thikum um 6000 v. Chr. und ging um 2200 v. Chr. in
Sammlern (Wildbeutern) der Altsteinzeit.
die Bronzezeit über.
Was sind die Merkmale der neolithischen Revolution?
Die jungsteinzeitliche Lebensweise als Ackerbauer und
Merkmale
4. Ackerbau und Viehhaltung führten zu ganzjähriger
Viehhalter brachte gegenüber dem Dasein als Nomade,
Sesshaftigkeit und zur Errichtung dauerhafter Häuser
Jäger und Sammler der Alt- und Mittelsteinzeit
und Dörfer.
entscheidende Veränderungen und Vorteile mit sich:
5. Dazu brauchten die Siedler Werkzeuge, z.B. zum Fäl1. Ackerbau und Viehhaltung führten zu einer besseren
len von Bäumen und zur Holzbearbeitung.
und gesicherteren Nahrungsversorgung und damit zu
grösseren Populationen.
6. Nebst dem althergebrachten Braten entstanden neue
Formen der Speisezubereitung: Der Kochtopf aus Ke-
2. Das Getreide eignete sich zur Vorratshaltung und ermöglichte eine ausgeglichene – weniger von der Na-
ramik ermöglichte das Kochen von Fleisch, Getreide,
Gemüse und Kräutern.
tur und saisonalen Schwankungen abhängige –
pflanzliche Ernährung.
7. Neben dem Wohlstand brachte das moderne Leben
aber auch neue Probleme mit sich: Die Umweltzer-
3. Der Fleischbedarf konnte aus dem lebenden Vorrat
störung durch den Menschen begann.
gedeckt werden und man war weniger vom momentanen Jagdglück abhängig.
Waren die Pfahlbauer die ersten Bauern?
Nein, die ersten Bauern gab es nicht in Europa, sondern
jungsteinzeitlichen Ausbreitung von Ackerbau und Vieh-
im Nahen Osten. Dort begannen Menschen vor etwa
zucht, der sogenannten Neolithisierung, erfasst.
11 000 Jahren erstmals damit, wilde Getreidesorten zu
In weltgeschichtlicher Perspektive stellt die Neolithisie-
kultivieren sowie dafür geeignete Wildtiere zu domesti-
rung einen fundamentalen Umbruch dar, der in seiner
zieren. Die Ursprünge von Ackerbau und Viehzucht liegen
Bedeutung mit der Industrialisierung verglichen werden
also ungefähr 4000 Jahre weiter zurück als die ersten
kann. Sesshafte Gesellschaften mit Ackerbau und/oder
Bauerndörfer am Bielersee − im europäischen Kontext
Viehzucht erzielen Nahrungsmittelüberschüsse, sie legen
wurde die Schweiz also vergleichsweise spät von der
Vorräte an. Und diese sind – auf lange Frist betrachtet –
Archäologie-Koffer «Pfahlbauer»  Begleitmaterial für Lehrkräfte
Die neolithische Revolution
eine Voraussetzung für die spätere Entwicklung von
unterschiedlichen Auswirkungen. Für die Forschung nicht
komplexen Strukturen einer sogenannten frühen Hoch-
abschliessend beantwortet ist z.B. die Frage, wie die
kultur, welche sich durch Städtebau, staatliche Ordnung
Menschen auf durch das Klima veränderte Wildtierbe-
und Schriftlichkeit auszeichnet.
stände reagiert haben: Entwickelten sich Ackerbau, Vieh-
Die ursprünglichen Kerngebiete von späteren, hoch
haltung und Sesshaftigkeit auch aus dem Grund, dass
komplexen Zivilisationen – an grossen Flussläufen wie
Wildbeuter dem Risiko unbeständigen Jagd- und Sam-
Nil, Euphrat, Indus oder Huangho – haben sich in einem
melerfolgs sehr stark ausgesetzt waren? Und welche
klimatisch begünstigten Gürtel entwickelt. Also dort, wo
wirtschaftlichen und sozialen Vorteile − gegenüber dem
Wildpflanzen und -tiere vorhanden waren, die sich zur
während Millionen von Jahren praktizierten Jagen und
Domestizierung eigneten. Das Anbauen von Pflanzen und
Sammeln, einer rein aneignenden Wirtschaftsweise −
Halten von Tieren hat sich gegenüber dem Jagen und
brachte die Landwirtschaft eigentlich?
Sammeln durchgesetzt, sofern die geografischen und biologischen Voraussetzungen dafür gegeben waren. Dass
Heute wissen wir, dass die Neolithisierung ein Prozess ist,
die Geschichte global betrachtet so unterschiedlich ver-
der mehrere Jahrtausende in Anspruch genommen hat.
lief, kann unter anderem durch die Verschiedenheit der
Die Ausbreitungsgeschwindigkeit der neuen Lebensweise
Umweltbedingungen erklärt werden – aber keineswegs
kann man sich vereinfacht dargestellt so vorstellen: Eine
durch die geringen biologischen Unterschiede des Homo
Auswanderergruppe legte eine neue Siedlung etwa 20
sapiens.
km von ihrem ursprünglichen Lebensort entfernt an. In
100 Jahren – durch eine ungebrochene Serie von fünf
Am Ende der letzten Eiszeit — vor etwa 15 000 Jahren —
Generationen − konnte so auf dem Landweg vielleicht
entstand aufgrund der globalen Erwärmung ein begüns-
100 km Neuland erschlossen werden. Deshalb verstrich
tigter Gürtel. Diese glücklichen Breiten liegen etwa 20 bis
ein relativ langer Zeitraum von vier Jahrtausenden, bis
35 Grad nördlicher Breite in der Alten Welt und etwa 15
die ersten Bauern ihre Häuser am Nordrand der Schweiz
Grad südlicher bis 20 Grad nördlicher Breite in der Neuen
gebaut hatten.
Welt. Hier war eine Fülle domestizierbarer Wildpflanzen
und -tiere vorhanden. Der Übergang vom Jagen und
Die zahlreichen und seit Jahrzehnten untersuchten Ufer-
Sammeln zum Ackerbau war für die Menschen, die hier
siedlungen des Schweizer Mittellandes, die untrennbar
lebten, einfacher als anderswo.
mit dem Begriff Pfahlbauten verbunden sind, gelten in
der schweizerischen Wahrnehmung als typisch für neoli-
In mindestens sieben unterschiedlichen Regionen, wo die
thische Bauerngesellschaften. Allerdings häufen sich die
biologischen und geografischen Voraussetzungen für die
archäologischen Hinweise auf jungsteinzeitliche Land-
epochalen Veränderungen der Neolithisierung gegeben
siedlungen im Gebiet zwischen Jura und Voralpen – ein
waren, entdeckten Menschen unabhängig voneinander
Beispiel ist die Gegend von Meinisberg. Weitere Zeugnis-
die Vorteile von Ackerbau oder Viehzucht. Die Neolithi-
se für das Neolithikum fernab von Seen und Mooren sind
sierung hat nicht plötzlich oder abrupt stattgefunden. Es
auf Berner Boden der Dolmen in Oberbipp sowie die Eis-
ist vielmehr von einem graduellen Wandel auszugehen.
funde am Schnidejoch.
Schwer zu sagen ist, warum Menschen überhaupt auf
Quelle
Landwirtschaft umgestellt haben. Offenbar haben klima-
Archäologischer Dienst des Kantons Bern
tische Veränderungen bei diesem allmählichen Übergang
Die Pfahlbauer. Am Wasser und über die Alpen
eine wichtige Rolle gespielt − allerdings mit regional sehr
Bern 2013, S. 110112.
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