wettbewerb fur das neue marin centre

Werbung
MARIN CENTRE
Architektur schafft Anziehungspunkte! In Zeiten, in denen kein
Museum ohne Bilbao-Effekt und ohne grossflächigen Museumsshop
auskommt, müssen sich auch die Handelsketten für ihre Einkaufszentren etwas einfallen lassen. Manche lassen sich von einem «Stararchitekten» e inen skulpturalen Bau als Publikumsmagneten auf die
grüne Wiese stellen.
Im Fal le des Marin Cent re ist bereits die Ausgangslage komplexer:
Der im Dossier vorgestellte Bau ist der Nachfolger eines älteren Einkaufszentrums an gleicher Stelle. Zunächst galt es also, den Über-
gang perfekt zu organisieren. Darüber hinaus waren Bauherrschaft
und Architekten - die den Auftrag über einen Sludienauftrag erhalten
hatten - um soziale, ökologische und gestalterische Nachhaltigkeit
besorgt. Entstanden ist ein Einkaufszentrum, in dem die Kundinnen
und Kunden in einem übersichtlichen, lichtdurchfluteten Raum wie
auf einem städtischen Platz einkaufen können. Dass dabei auch
die architektonische Gestaltung nicht zu kurz kam, zeigt schon die
g länzend schwarze Blechhülle des 310, 184m grossen und 17.5m
hohen Monolithen. Eigentlich ganz pragmatisch sind die Fensteröffnungen im Fassadenraster verte ilt, was den Eindruck von Pixeln auf
einem schwarzen Bildschirm vermittelt und Neugier weckt. Schliesslich folgt der innere Ablauf einer genau geplanten Inszenierung:
Durch die schwarze Hülle gelangen die Besucherinnen und Besucher in ein Halbdunkel, wäh rend sie im Zentrum von einer lichten,
taghellen Halle empfangen werden.
Der Weg führt also von der «dekorierten Kiste" hin zu einer soliden
Corporate Architecture, die Nachhaltigkeitsüberlegungen selbstverständlich mit einschliesst. Mit seinen vielschichtigen Optimierungsebenen bildet das Marin Cent re einen mächtigen Stadtbaustein für
einen verhältnismässig kleinen Ort. Auch wenn das Erscheinungsbild
zurückhaltender ist, bekommt Marin eine Einrichtung, die ähnlich wie
Frank O. Gehrys Guggenheim Museum in Bilbao viele Auswärtige anzieht. Diese Chance lässt sich auch die Gemeinde nicht entgehen
und integriert den grossen Nachbarn in ihr Alltagsleben.
Alexander Felix
2
TITELBILD
Ausschnitt der Nordfassade. Insgesamt
6400 glänzende, schwarze Metallpaneele und
900 pixelartig verteilte Öffnungen bilden die
Gebäudehülle des Marin Centre
INHALT
EDITORIAL. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2
«STÄDTEBAULICHE IDENTITÄT UND PERSPEKTIVENWECHSELl)
....... 6
Christophe Catsaros Ein Gespräch mit der Bauherrenschaft und den Architekten
über Zusammenarbeit, Corporate Architecture und Nachhaltigkeit
WETTBEWERB FÜR DAS NEUE MARIN CENTRE . . . . . .
. ..
14
Alexander Felix Z004 gewannen Bauart Architekten den Studienauftrag für das neue
Marin Centre mit einem One-Box-Konzept, das ursprünglich niemand für machbar hielt
ÜBERRASCHENDE SCHRÄGEN UND LICHTE RÄUME . . . . . . . . . . . . . . . . 22
An na Hohler, Christophe CatsarQs Das neue Marin Centre ist eine typologische
Weiterentwicklung eines Einkaufszentrums, das sich trotz dem grossen Massstab in den
Ort einpasst
NACHHALTIGE ARCHITEKTUR IN DER PRAXIS
. . . . . . 36
Aldo Rota, DarioAiulfi, Wil/i Frei, Emmanuel Rey Das Marin Centre entspricht dem
Minergie-Standard und weist innovative, ressourcenschonende technische Lösungen
für eine nachhaltige Entwicklung auf
AM BAU BETEILIGTE
. . . . • . . . . . . . • . . . . . . . . 50
DANK . . . . . . . . . . . . . . . • . . . . . . . . . . . • . . . . . . . • . . . . . . . . 51
IMPRESSUM . . . . • . • . . . . . . . . . • . . • . • . . . . . . . • . • . . . . • . .. 52
Dossier I November 2011
Fussgängerzugang zum
Marin (entre vom
benachbarten Ort aus
4
••
••
«STADTEBAULICHE IDENTITAT
UND PERSPEKTIVENWECHSEL»
Text; Christophe Catsaros
itbe rsetzung; Ric hard Squire
In einem Gespräch mit Christophe Catsaros lassen Fabrice Zumbrunnen als Bauherrenvertreter der Migros sowie Willi Frei und Emmanuel Rey von Bauart Architekten
ihre Zusammenarbeit beim Projekt Marin Centre Revue passieren. Sie sprechen über
Corporate Architecture, Nachhaltigkeit und über die Erkenntnisse, die beide Seiten aus
der engen Zusammenarbeit gewonnen haben.
6
CHRISTOPHE CATSAROS: Ein Einkaufszentrum
gaben gearbeitet hatten. Der Beitrag des Architekten
kann man doch auch ohne einen Architekten bauen.
zu einem solchen Projekt liegt gerade in der Berei-
Es gibt Standardgebäudetypen, die man einfach
cherung durch den Austausch.
nach bauen kann. Wozu braucht man da noch ein en
Arch itekten? Was trägt er zu Ihrem Projekt bei?
1 Asymmetrische, grü ne
Pyram iden betten
das Ma rin (entre in die
Umgebung ein
Oie Lösung von Bauart, das gesamte Programm in
einem einzigen Gebäude unterzubringen, war zu nächst ins Auge gefasst worden, wurde dann aber als
FABRICE ZUMBRUNNEN: Es spielen hier zwei Din-
undurchführbar eingestuft. Wir waren daher von
ge herein: zunächst einmal das. was man als Unter-
einem Projekt ausgegangen, in dem zwei Gebäude-
nehmen will, und dann natürlich auch persönliche
teile miteinander verbunden waren: ein Teil für die
Präferenzen. Wir stellen uns generell die Frage nach
Fach geschäfte und der zweite für die Boutiquen so-
dem Platz des Hand els in der Gesellschaft.
wie für den Verbrauchermarkt. Bauart wählte als ein-
Insgesamt hat sich unser Ansatz enorm verän-
ziges Büro eine andere Lösung , Dies ist ein konkretes
dert. Die Läden, die wir in den letzten fünf Jahren
Beispiel für den Beitrag der Architekten. Mit ihm sind
gebaut haben, sind völlig anders und ein deutlicher
Lösungen möglich, die vorher nicht gesehen wurden.
Beleg, dass wir uns jedes Mal aufs Neue in das jewei-
Zwischen Wettbewerb und Realisierung gab es
lige Stadtbild einfügen und uns so vom ,Schuh-
zahlreiche Änderungen und Verbesserungen, doch
karton,·Modell verabschieden. Der Arch itekt unter-
der Grundgedanke blieb erhalten. Wir können be-
stützt uns bei der Suche nach der richt igen Lö sung,
haupten, das Ergebnis ist besser als der ursprüng-
Dass für uns die Qualität wichti g ist, macht die Um-
liche Arbeitsauftrag. Du rch den Dialog konnten wir
setzung von Projekten leichter. Wenn wi r vorweg-
bestimmte schablonenartige Vorstellungen hinter-
nehmen, was die Politik und die zuständigen Behör-
fragen. Ich denke, was einen Architekten vor allem
uen von uns erwarten, sind die Chancen grösser,
auszeichnet. ist seine rähigkeit zuzuhören , um dann
dass wir unsere Projekte realisieren können.
Beim Marin Centre standen wir vor ziemlichen
Lösungen zu entwickeln, die über das hinausgehen,
was der Bauherr erwartet. Qualitativ hochwertige
Herausforderungen, al leine wegen der Grässe des
Bauvorhaben sind oft das Ergebni s eines solchen
Projekts: Der Schwierigkeitsgrad war ein ganz ande-
Dialogs. In diesem Projekt hat jeder seine Aufgabe
rer als bei einem Laden in einem Wohnviertel.
Aber am Anfang muss man sich dieselben grund-
erfüllt: Oie Architekten konnten das, was wir brauchen , in eine Form packen und mit Inhalt füllen , und
sätzlichen Fragen stellen: Wie gross soll das Ein-
zwar durch ihren eigenen Entwurf, in dem wir uns
kaufszentrum sein? Welchen Erwartungen und wei-
auch wiederfanden .
chem Bedarf soll es en tsprechen? Wie können wir
die Kunden anlocken? Wie kommen sie zu uns? Wie
C, C.: Das Gebäude sieht aus wie ein schwarzer Mo-
stellen sie sich das ideale Einkaufszentrum vor? Bei
nolith. Übl icherweise sind grosse Einkaufszentren ja
solchen Fragen kommt man schnell dazu, über die
blinde Kästen ohne Öffnungen und mit künstlicher
traditionellen Marktstudien hinaus die Grundlagen
Beleuchtung. Beim Marin Centre habe ich den Ein-
des eigenen Geschäfts zu hinterfragen. Dafür schlägt
druck, dass die Architektur diesen Typus in Form
sich die Zeit, die man in dieser Vorbereitungsphase
einer Abwandlung kommentiert. Sie wirft einen beina-
aufwendet, in der Qualität der Ausschreibung nieder.
he kritischen Blick auf das Objekt ,Einkaufszentrum·
Bei diesem Projekt haben wir einen eher unge-
Ich sehe da auch eine gewisse Ehrlichkeit in der Art
wöhnlichen Weg gewählt, denn anstatt ein Archi-
und Weise, wie das Gebäude zu seiner Grösse und
tekturbüro direkt zu beauftragen, haben wir einen
zu seiner monolithischen Gestalt steh t.
Studienauftrag ausgeschrieben und vier Büros zur
Teilnahme eingeladen. Unsere ambitionierte Vorgabe
WILL! FREI: Die Frage, ob man dazu stehen sollte
war, dass der Geschäftsbetrieb während des Um-
oder nicht, habe ich mir nie gestellt. Ein Gebäude so
baus weiterläuft, Wir haben mit den einzelnen Ar-
zu planen, dass die Grösse proportional zum Ver-
chitekturbüros Workshops veransta ltet: Jedes Team
wend ungszweck is t, hielt ich schon immer für rich tig ,
legte zunächst seine Ideen vor und überarbeitete sei-
und intu itiv habe ich nie versucht, sie zu kaschieren
nen Entwurf anhand unserer Reaktionen. Nach die-
oder das Gebäude durch eine Fragmentierung oder
sem Dialogverfahren erh ielt Bauart den Zuschlag .
ähnliche Kunstgriffe kleiner erscheinen zu lassen.
Es ist wirklich erstaunlich, wie unterschiedlich die
Ein grosses Gebäude, das dadurch wirkt, dass es zu
Vorschläge waren, obwohl alle nach denselben Vor-
seinen aussergewöhnlichen Massen steht. und das
Dossier I November 201 J
7
Z Abriss des Bestands
3 Neubau des ersten Bauteils
Li Einbau des Holztragwerks
über der zentralen Halle
5 Blick in die zentrale Halle
mit noch sichtbaren
Ho]zträgern
sich in die Landschaft einfügt und dort einen neuen
F. Z.: Die Auflage, dass das Gebäude eine städte-
Akzent setzt, halte ich für einen interessanten An-
bauliche Identität und eine aussagekräftige Optik
satz. Dadurch, dass wir das Parkhaus in den Kom-
haben sollte, war im Übrigen der AufgabensteIlung
plex integriert haben, haben wir das Volumen sogar
zu entnehmen. Das Centre sollte von der Autobahn
noch vergrössert. Die eigentliche Schwierigkeit kam
aus gut sichtbar sein, selbst wenn das Ergebnis zu
danach, denn wir mussten eine Antwort für die unter-
grossen Teilen vom Talent des Architekten abhängt.
schied lichen Massstäbe finden, auf die dieses volu-
Ich denke, da gibt es ein subtiles Spiel zwischen
minöse Gebäude trifft: den Blick von der Autobahn
dem Sichtbaren und dem Verborgenen. Sie sagen,
aus, die Einfahrt mit dem Pkw und die Fussgänger-
wir sind sehr ehrlich, aber wir verstecken auch vieles;
perspektive vom Dorf Marin aus.
wenn wir etwas enthüllen, dann subtil.
EMMANUEL REY: In dem Konzept, das wir entwi-
ches gekennzeichnet, allerdings von aussen nicht
Wir haben ein Parkhaus, das eindeutig als solckelt haben, gibt es eine Art doppeltes Aufeinander-
als solches erkennbar ist, denn es befindet sich im
treffen. Da sind zunächst die rein funktionalen As-
Gebäude. Die Mall mag zwar von Licht durchflutet
pekte wie effiziente Lösungen für die Logistik und
die Erschliessung. Es gab eine ganze Reihe von
sein, aber der Übergang vom Parkhaus zur Mall
erfolgt im Dämmerlicht. Ich glaube, das sind sehr
Einschränkungen, die uns geholfen haben, die opti-
subtile
male Lösung zu finden, indem wir unzählige rein
Centre seine Funktion, aber es ist auch sehr facet-
technische Parameter berücksichtigt haben.
tenreich gestaltet und verlässt damit ausgetretene
Dann liessen wir uns von einem zweiten Aspekt
Ausd rucksformen.
Natürlich
erfüllt das
Pfade.
leiten, nämlich von der Idee, für die Gemeinde Marin
Wenn Sie ein Einkaufszentrum dieser Grösse
einen zentralen Ort zu schaffen. Das gewünschte
bauen, besteht die Gefahr, in die Karikatur abzuglei-
Projekt sprengte die üblichen Dimensionen. Wir
ten. Obwohl das Marin Centre so gross ist, müssen
sollten quasi ein städtebauliches Element planen.
Besucher im Gegensatz zu herkömmlichen Einkaufs-
Also haben wir bestimmte Räume nicht als Ge-
zentren von ihrem Auto aus nicht weiter zu den Lä-
schäftsflächen, sondern als Teile einer Stadt ange-
den laufen als jemand, der an seinem Wohnort in
legt. So entwickelte sich die zentrale Halle zu einem
einem Einzelhandelsgeschäft einkauft. Hinzu kommt
öffentlichen Platz, der eine städtebauliche Funktion
die vorbildliche Anbindung an das öffentliche Nah-
erfüllt. Dieser Übergang von einem simplen Ein-
verkehrsnetz. Das Marin Centre ist für alle mit dem
kaufszentrum zu einem Raum mit eigener Identität
Auto, dem Zug, dem Bus oder zu Fuss erreichbar.
erklärt in vielen Fällen, warum wir uns für die gewähl-
Diese und weitere Details machen den Unterschied
te Lösung entschieden haben - etwa beim Tages-
aus. Sie stehen vor einem schwarzen Kubus, der auf
licht, das in das Zentrum des Komplexes fällt, denn
den ersten Blick geschlossen wirkt, und doch ist der
die Öffnungen im Dach erzeugen genau jene unter-
Innenraum lichtdurchflutet. Oie Interpretation des
schiedlichen Lichtverhältnisse, die es wie einen
Gebäudes mag zunächst simpel erscheinen, aber
Aussenraum wirken lassen.
wenn man vor Ort ist, wird einem bewusst, dass es
Diese Idee von einem offenen Raum mitten in
einem Geschäftskomplex war die Grundlage für die
das Ergebnis einer wahrhaft feinen und gekonnten
Umsetzung ist.
weitere Planung , bei der wi r manchmal Lösungen
8
fanden, die nicht dem klassischen Modell eines Ein-
C. C. : Auf die Bedürfnisse der automobilen Besucher
kaufszentrums entsprechen. Nehmen Sie zum Bei-
geht das Projekt durch kurze Wege und günstig
spiel die Gebäudehülle: Sie wurde, wo immer mög-
platzierte Stellplätze ein. Wie sieht es mit den Fuss-
lieh, durchbrachen, und dort, wo sie dicht sein muss,
gängern aus? Wie sieht Ihre Lösung für die Verbin-
ist sie opak. Sie bietet hohe Funktionalität und hebt
dung zwischen Centre und Dorf aus, und welche
den Bau über ein reines Gewerbeobjekt hinaus.
Möglichkeit zur städtebaulichen Gestaltung bot sich?
E. R.: In der Anfangsphase des Projekts haben wir
hörden hinweisen, die uns erst darauf aufmerksam
den Weg zum Standort oft zu Fuss, mit dem Auto und
gemacht haben, welche Chance in der Neugestal-
im Zug zurückgelegt. So wurde uns relativ schnell
tung der Aussenanlagen liegt. Schliesslich wird ein
klar, dass unser Entwurf auf mehreren Ebenen gleich-
Raum, der zu einer Art Niemandsland hätte werden
zeitig funktionieren muss.
können, zu einer grossen Entwicklungschance. Ich
Am westlichen Rand hatten wir durch den Wegfall
finde das sehr mutig und möchte den Vertretern der
des früheren Parkplatzes genug Platz, einen Fuss-
Gemeinde danken, die politischen Mut gezeigt ha-
weg anzulegen. Wenn man auf der Karte die Grund-
ben und wichtige Partner für uns waren.
stücksgrösse des Centres und die Ausdehnung des
Der Stadtpark bekam nach und nach eine Art
Dorfes Marin betrachtet, fällt einem ein Bruch im
Eigendynamik: So werden an einer der Pyramiden
Massstab auf, wie er für Ortseingänge typisch ist.
Sitzreihen installiert, und die Gemeinde plant hier ein
Es kam der Gedanke auf, diese städtebauliche
Veranstaltungsprogramm. Das halte ich in Kombi-
Lücke durch eine Landschaftsgestaltung zu füllen.
nation mit der Architektu r des Parks für sehr vielver-
Der dreieckige Park symbolisiert im Übrigen das
sprechend. Auch sehr spannend war, dass einige
Schicksal von Marin genau an dieser Stelle, denn
Autobahn, Bahnlinie und die Strassen zum alten
dass sie Teil der ursprünglichen Aufgobc WD.rcn.
Elemente quasi von alleine entstanden sind, ohne
Ortskern zerteilen das Gebiet in ein Dreieck. Daher
Heute kommen immer mehr Kunden zu Fuss, was
haben wir den unbebauten, leeren Raum ausgehend
auch für uns eine Überraschung ist. Wir stellen fest,
von kartografischen Elementen gestaltet.
dass durchaus eine Verbindung wie zu einem Tante-
In diesem Sinne machen auch die Pyramiden for-
Emma-Laden an der Ecke entstehen kann, obwohl wir
male Anleihen beim Centre. Wir wollten einen Über-
bei der Planung von einer völlig anderen Situation
gang zwischen den Stirnseiten zur Strasse und der
ausgegangen waren und uns eher auf den Autover-
Architektur des Centres schaffen. Wir hatten den Ge-
kehr konzentriert hatten. Ich denke, wir werden noch
danken, bereits am Dorfrand die plastischen Brüche
weitere Überraschungen erleben. Alles hängt davon
beginnen zu lassen, die durch das Centre entstehen.
ab, wie die Kunden das Centre akzeptieren und nut-
C. C.: Wäre ein steinerner Platz möglich gewesen?
sich nicht unbedingt mit den Präferenzen der Kunden
zen werden. Oft geht man von Annahmen aus, die
decken.
E. R.: Wi r haben uns bemüht, möglichst wenig Flächen zu versiegeln. Die Pyramiden bestehen übri-
C. c.: Es ist sehr gut, zu hören, dass es Möglichkeiten
gens aus Aushub- und Abrissmaterial. Verwertet
zur Aneignung gibt.
man dieses Material gleich vor Ort und transportiert
man es nicht weiter, dann schont das die Umwelt.
W.F.: Die Platzierung eines <Monolithen. ist eine
Von daher erschien uns ein steinerner Platz weniger
Sache, aber dann kommt noch die Wahrnehm ung
sinnvoll als die Anlage eines Parks.
durch die Autofahrer bzw. Fussgänger hinzu. Wi r haben die Perspektiven an hand von Visualisierungen
F. Z.: Marin-Epagnier ist enorm gewachsen, hat aber
und Modellen durchgespielt, und dabei kam die Idee
kein eigentliches Zentrum . Das Marin Centre soll nun
mit den Pyramiden auf. Ihr Erscheinungsbild passt
diese Rolle übernehmen, so etwa dadurch, dass wir
zur Architektur des Centres. Vor allem aber schaffen
auf dem Gelände des alten Parkplatzes einen Stadt-
sie einen Perspektivenwechsel. Wir wollten vermei-
park angelegt haben - das alte Centre bot nichts in
den, dass das Dorf durch das Centre quasi erschla-
dieser Hinsicht! Hinzu kommt, dass das Postbüro -
gen wird, wir wollten keinen zu grossen Mass-
mit Unterstützung der Gemeinde - ins Einkaufs-
stabssprung, wenn man von Marin her kommt. Die
zentrum umziehen soll. In diesem Zusammenhang
Ausschnitte zwischen den Pyramiden reduzieren die
möchten wir auf das Engagement der örtlichen Be-
Grösse, lassen sie aber durchaus erahnen. Kommt
Dossier I November 2011
9
man zu Fuss, zeichnet sich das Centre am Horizont
lung analysiert werden, und wir haben integrierte
ab. Je näher man kommt, desto stärker ändert sich
Lösungen wie thermoaktive Decken entwickelt, die
die Dimension, bis der Eingang ins Blickfeld rückt
eine sehr gute Leistungsausbeute und einen sehr
und der Gesamtkomplex aus dem Gesichtsfeld ver-
hohen Wirkungsgrad haben.
schwunden ist. Diesen Übergang zwischen Fern-
Mit der Decke über der zentralen Halle kann man
und Nahsicht moderieren die Pyramiden. Die Sicht
unsere Arbeitsweise in Sachen nachhaltige Entwick-
auf das Centre aus der Bewegung heraus ist gut
lung gut erklären: Da war zum einen der gestal-
gelungen. Dies ist eine der Bereicherungen des
terische Aspekt, die Schönheit des tageszeitab-
ursprünglichen Konzepts.
hängigen Lichteinfalls, zum anderen der technische,
C. c.: Die Pyramiden machen den Kubus zu Dreiecken.
anlage. Das Tragwerk besteht aus Holz, was jedoch
F. Z.: Dieses Element habe ich ziemlich hinterfragt,
zuweisen, dass es sich um Holz handelt und damit
denn diese Konstruktion ist eine Art natürliche Klimanicht gleich zu sehen ist. Anstatt explizit darauf hinaber letztlich funktioniert es sehr gut. Ich höre oft,
,öko, ist, verfolgen wir einen eher integrierten An-
wir hätten die Bushaltestelle näher an den Eingang
gelegt. Das stimmt jedoch nicht, die Entfernung ist
satz, der ohne Zurschaustellung auskommt. Die von
uns gewählten Lösungen sollen nicht spektakulär
dieselbe. Vielmehr lassen die glückliche Kombina-
sein, folgen aber einer Vision von nachhaltiger Archi-
tion aus Grösse und Form des Gebäudes sowie die
tektur. Grundprinzip ist insbesondere das Streben
.Rahmung, des Eingangs durch die Pyramiden die-
nach Angemessenheit der eingesetzten Mittel.
sen Eindruck entstehen.
Ähnliches gilt auch für die integrierten Solarkollektoren auf dem Parkhaus. Wegen dieser integrierten
C. C.: Durch die Pyramiden konnte ein Teil des Aus-
Arbeitsweise müssen wir bestimmte Dinge nicht ex-
hubs vor Ort verwertet werden. Das möchte ich als
tra betonen. Wir müssen den Aspekt der Nachhaltig-
Überleitung zur nachhaltigen EntwiCklung benutzen.
keit nicht wie eine Standarte vor uns hertragen.
Welches ist über Zahlen hinaus der Leitgedanke für
dieses Projekt?
F. Z.: Für uns war das Thema nachhaltige Entwick-
E. R.: Wi r trennen bei unseren Projekten die Frage
bei bestimmte Parameter beherrsch bar sind und an-
der Nachhaltigkeit nicht von architektonischen Be-
dere nicht in unser Ressort fallen. Auf der einen Seite
langen. Wir planen nicht zuerst das Projekt, um an-
steht das Gebäude, das die Minergie-Vorgaben er-
lung schon immer Teil einer komplexen Analyse, wo-
schliessend ein paar Besonderheiten zur ökolo-
füllt bzw. teilweise sogar noch bessere Werte erzielt,
gischen oder sozialen Nachhaltigkeit hinzuzufügen.
auf der anderen Seite sind die Geschäftsleute, die
Die nachhaltige Entwicklung ist von Anfang an Be-
Flächen mieten und zu ökologischem Handeln auf-
standteil des Projekts, was bei einem Einkaufs-
gefordert werden, ohne dass sie dazu gezwungen
zentrum dieser Grässe keine Selbstverständlichkeit
sind. Was mich in Bezug auf die Nachhaltigkeit beru-
ist.
higt, ist die Tatsache, dass das Projekt bereits eine
Ausserdem würde ich die Zahlen und die Leis-
r-IO
ziemlich grosse Anpassungsfähigkeit bewiesen hat.
tungskennziffern nicht kleinreden, denn diese zu er-
Ich erinnere immer wieder gerne daran, dass wir
reichen war eine echte Herausforderung. Wir haben
ursprünglich die Idee der Umgestaltung des Be-
recht früh gemeinsam mit Ingenieurbüros am Projekt
stands für nachhaltig hielten. TatSächlich wäre es ein
gearbeitet und versucht, viele Kennzahlen und Fak-
energetisches Desaster geworden. Der Abriss mit
toren zu ermitteln, die uns als Arbeitsgrundlage
anschliessendem Neubau hat sich als viel besser er-
dienten. Insbesondere gab es eine Zusammenarbeit
wiesen. Diese Meinung zu vertreten ist nicht immer
mit dem Büro Sorane, das viel Erfahrung mit gros-
einfach. Mit dieser Erfahrung begannen wir übri-
sen Einkaufszentren hat. So konnte die Fragestel-
gens, weitere Läden zu überarbeiten. Heute stellen
wir systematisch die Frage nach einem Abriss. Wenn
muss also so planen, dass sie leicht umgebaut wer-
man die Möglichkeit zum Abriss hat, um anschlies-
den können, und das, ohne den ,Geneode· des
send neu zu bauen, ist dies viel nachhaltiger, selbst
Gebäudes zu verändern. Diese Idee von mitwach-
wenn man eigentlich erst mal vom Gegenteil über-
senden Gebäuden wird auch bei Schulen, VerwaI-
zeugt ist.
Dank Bauart und den Gedanken, die wir uns ge-
6+7
Zweiter Bauabschnitt:
Fassadenkonstruktion
8 Blick auf das Centre vom
Nachbargebäude aus
tungsgebäuden und sogar bei manchen Wohnbauprojekten immer populärer.
macht haben , sind wir - davon bin ich überzeugt besser geworden, und wir können behaupten, in
F. Z.: Wir können uns durchaus vorste llen, dass wir in
Sachen nachhaltige Entwicklung einen besonders
20 Jahren soziale und schulische Einrichtungen der
glaubwürdigen Ansatz zu haben.
Gemeinde beherbergen. Die gewählte Archilektur
E. R.: Wir haben im Laufe der Zeit eine Art Alltags-
zufügen weiterer Pixel problemlos Öffnungen in den
philosophie der Nachhaltigkeit entwickelt. Dabei geht
Wänden schaffen. Die Fusswege, die vertikalen Ver-
lässt solche Möglichkeiten zu. Wir können durch Hin-
es nicht nur um den theoretischen Ansatz, sondern
bindungen und die Ladenlokale sind so durchstruk-
wir fragen uns ganz konkret, wie wir Dinge umsetzen
turiert, dass ich mir problemlos auch andere Verwen-
können.
dungszwecke vorstellen kann.
Bei diesem Projekt haben wir versucht, von An-
Dieser modulare Aufbau ist für uns ein sehr wich-
fang an alle von uns beeinflussbaren Kriterien zu be-
tiges Kriterium. Das ist nicht nur graue Theorie, son-
urteilen. Bei der wirtschaftl ichen Bewertung haben
dern ganz konkret.
wir eine Art energetische Gesamtbetrachtung einge-
Zu guter Letzt fällt mir auf, dass ich dieses Projekt
führt. Wi r haben versucht, alle Daten auf den Tisch
nicht rechtfertigen musste. Anfangs hatte ich Dos-
zu legen, damit der Auftraggeber in voller Kenntnis
siers zu den wirtschaftlichen, ökologischen und städtebaulichen Aspekten des Projekts gelesen. Tatsache ist, ich musste gar nicht begründen, warum wir
der Sachlage entscheiden kann.
Für das Marin Cent re war unsere Arbeitsgrund lage eine erweiterte Vorstellung von nachhaltiger Ent-
bestimmte Lösungen gewählt haben. Das schönste
wicklung. Diese geht über die Fragestellung bezüg-
Kompliment an die Architektur des Marin Cent re ist:
lieh Material und Energie hinaus und berührt den
Sie wirkt, als gehöre sie dorthin.
Zeitbegriff, insbesondere jedoch das Verhältnis zwischen Zeit und Raum . Der Raum ist der Rohstoff für
uns Architekten. Zuallererst schaffen wir Räume.
Beim Thema nachhaltige Entwicklung stellt sich
die Frage der Langfristigkeit. Wir müssen unterscheiden, was zum Permanenten, Unantastbaren gehört
und was temporär und veränderbar ist. Es ist enorm
schwierig, bauliche Elemente zu planen, die in die
Kategorien .Variabel . und <Temporär. fallen. Man
Dossi~r I Nov~mber 2:011
11
Blick in die Migres auf der
unteren Verkaufsebene
kurz ver der Eröffnung
12
-
••
WETTBEWERB FUR DAS NEUE
MARIN CENTRE
Text: Alexander Felix
Im Jahr 2004 gewann das Büro Bauart den Studienauftrag für das neue Marin Centre
mit einem Konzept, das alle Räume in einem einzigen Volumen zusammenfasst, was
ursprünglich niemand für machbar hielt. Das Projekt wurde in einem Dialogverfahren
entwickelt und hat sich in mehreren Überarbeitungen als sehr robust erwiesen.
14
Die Migros veranstaltete 2004 einen Studien-
zentren. Das Dialogverfahren kam Bauart Architekten
auftrag zur Umgestaltung der bestehenden Migros-
zugute, da sie auf den kooperativen Entwicklungs-
An lagen im Gewerbegebiet Marin. Die Aufgabe war
prozess mit Unbefangenheit und mit weniger eige-
sehr anspruchsvol l, da der bestehende Komplex tei l-
nen Vorfestlegungen herangehen konnten als erfah-
weise umgebaut und durch ei nen Neubau erweitert
rene Mitbewerber. Aus einem weniger überzeugenden
werden sollte, während der Verkaufsbetrieb ungestört
Anfangsentwurf entwickelten die Architektinnen und
weitergehen musste. Insgesamt sollten 36000m'
Architekten schliesslich das Siegerprojekt. Anhand
Verkaufsfläche geschaffen werden.
von Momentaufnahmen des Projekts aus dem Wett-
Zur Konkurrenz luden die Auftraggeber vier Archi-
bewerbsprozess zeigt sich eine Entwicklung hin zu
tekturbüros ein: Neben Bauart Architekten und Planer
einem neuen Ganzen. Oie ersten Schritte bilden eine
aus Bern/Neuenburg/Zürich nahmen Serge Char-
Annäherung an die komplexe AufgabensteIlung in
riere aus Freiburg, Vincent Mangeal aus Nyon und
Form einer Fügung der verschiedenen Funktionen.
Richter Dahl Rocha & Associes aus Lausanne teil.
Die Parkierung liegt bereits nahe an der Auto-
Das Verfahren wurde im Dialog mit den Jurymit-
bahnauffahrt und damit am späteren Ort, während
gliedern und den Auftraggebern entwickelt, um die
die Volumen für die Geschäfte noch deutlich die drei
komplexen Anforderungen mit der Auftraggeberin
Bauabschnitte zeigen. Die grosse zentra le Halle ist
kontinuierlich zu koord inieren und so ein optimales
als eigens tändiges Element zwischen die zwei Flügel
Wettbewerbsprojekt zu erhalten. In vier Zw ischen-
des Komp lexes eingeschoben (Abb . 3). Zum vierten
besprechungen präsentierten al le Teams den Stand
Workshop präsentiert sich ein homogeneres Bild:
ihrer En twürfe und bekamen von der Jury Hinweise
Der Baukbrper für die Läden wurde um 90° gedreht
zur Weiterentwicklung des Projekts. Bauart Archi-
und mit dem Parkhaus in die Länge gestreckt. Oie
tekterr trällerr EdälrrUlry mit der Plällulry und Durct1-
Ylu~~e
führung von Bauaufgaben dieser Grössenordnung,
umschlossen. Lediglich der dritte Bauabschnitt wirkt
Hölle
i~t
nun als zentraler
on von Geschaften
aber im Gegensatz zu anderen Teilnehmenden hat-
noch wie ein Anbau (Abb. 4). Zur Weltbewerbsab-
len sie noch wenig Erfahrung mit grossen Einkaufs-
gabe wurde dieses Konzept weiterentwickelt, indem
Fortsetzung auf S. 18
CD
1 Visualisierung der zentralen Halle (Bild aus dem
Wettbewerbsprojekt)
2 Ausgangssituation
) Erster Entwurf:
dunkelgrau; Parkhaus,
mitteJgrau : Einkaufs-
zentrum,
hellgrau = zentrale Halle
4 Zweiter Entwurf
5 Dritter Entwurf: Situation
des Projekts bei der
Wettbewe rbsabgabe
Dossie r I Nov ember 2011
15
6 Grundrissausschnitt aus dem Wettbewerbsprojekt
"j-16
---
Dossier I November 2011
17
die Gebäudegrenzen feiner auf die unregelmässige
bisch auf die Bauphasen und die Logistik hin aus-
Grundstücksform abgestimmt wurden und der Ein-
gerichtet. Die Bauzeit wurde auf fünf Jahre veran-
gang
schlagt. Zunächst wi rd der Neubauteil im Osten des
für
Zu-Fuss-Gehende
akzentuiert
wurde
(Abb.5).
Die Jury empfahl das Kon zept von Bauart
"--18
bestehenden Baus errichtet - der erste Bauabschnitt
des neuen Einkaufskomplexes. Nach dessen Fertig-
schliesslich zur Weiterbearbeitung, da es unter an-
stellung ziehen die bestehenden Läden dorthin um .
derem eine ökonomische Abwick lung des komple-
Anschl iessend wird der zweite Bauabschnitt aus-
xen Bauablaufs bei laufendem Betrieb versprach.
geführt und so die Mall komplettiert. Jedes Geschäft
Von Anfang an waren den Architekten das funktio-
zieht nur einmal um, ohne zwischenzeitl ich von der
nale Zusammenspiel und die räumliche Kraft der
Baustelle umschlossen oder in einem Provisorium
zentralen Elemente wichtig . Durch die Komposition
untergebracht zu sein.
aus verhältnismässig einfachen Einzelteilen konnte
Den ganzen Komplex hält eine einheitliche Fassa-
eine grosse Bearbeitungstiefe in zahlre ichen As-
de zusammen. Der Ausdruck, den die Visualisie-
pekten erreicht werden. Zwei unterschiedliche und
rungen zeigen, weicht von der realisierten Ausführung
komplementäre Elemente prägen das Siegerprojekt
ab, die Grundsätze waren aber bereits definiert: Eine
und verleihen dem neuen Migros-Centre seine Iden-
einfache, zurückhaltende und einheitliche Fassade
tität. Das Parkhaus erstreckt sich entlang der Auto-
kann gut auf verschiedene Öffnungsanforderungen
bahn und bildet eine Eingangsfassade für die moto-
(Büros, Läden, Parkhaus, Anlieferung) reagieren.
risierten Besuchenden. Die Belieferung der Läden
Oie Arch itekten planten die Erschliessung aus
erfolgt über die Rückseite von Süden her.
Der Geschäftsteil besteht aus umgenutzten und
drei Ric htungen: Neben der kurzen Ve rkehrserschliessung von der Autobahn aus direkt ins Park-
neuen Bautei len. Das Konzept von Bauart ist akri-
haus wurde nach Westen ein zweiter attraktiver Ein-
-
gang ausgerichtet. Er empfängt die Fussgänger, die
aus Marin oder vom Bushalt her kommen . Ausserdem führt eine fuss läufige Anbindung zur Bahnstation Marin-Epagnier, wo bislang die Ödnis eines Gewerbegebiets herrschte.
Die Kompaktheit der Anlage führt zu kurzen Wegen tür Kundinnen und Kunden und für den Betrieb.
Durch das lang gestreckte fünfgeschossige Parkhaus und jeweils drei Zugänge zur Mall beträgt die
Entfernung vom Auto zum Einkaufszentrum weniger
als 50m . Ein grosser, rechtec kiger Platz - ähnlich
einem Stadt platz - bildet das Herz des Marktes. Die
Überdachung lässt über d ie Nordseite Tageslicht auf
den Platz und sorgt für Aufenthaltsqualität und wechselnde Lichtstimmungen im Tages- und Jahresver-
lauf. Die einfache geometrische Form und leichte
Asymmetrien erleichtern die Orientierung im grossen
Einkaufszentrum. Ausserdem ermöglicht die grosse
zusammenhängende Fläche vielfältige temporäre
Nutzungen.
Die Schaufenster der Läden sind auf zwei Ebenen
auf die Platzfläche gerichtet. Die Ladenflächen dahinter sind flexibel unterteilbar, sodass unterschiedlich grosse Einheiten möglich sind .
Als Ergänzung zu den Wettbewerbsplänen wurden in zwei technischen Berichten Überlegungen zur
Nachhaltigkeit und zur Energieeinsparung zusammengefasst. Der kompakte Baukörper hält Raum für
Grünflächen frei, aber auch Platz für künftige Erweiterungen . Ausserdem ist das Hüll-Flächen-Verhältnis
energetisch günstig. Die beratenden Energieingenieure von Sorane SA aus Ecublens zeigten in ihrem
Bericht zudem auf, w ie vielfältige Synergien in einem
so komplexen haustechnischen System genutzt werden können, um den Energiebedarf für Beheizung
und Kühlung zu verringern.
7 Ansicht Nord I Parkhauseinfahrt
8 Längsschnitt
9 Querschnitt
10 Zentrale Halle: vertikale Verbindung zwischen Erd- und Zwischengeschoss
11 Rolltreppen dienen als effiziente vertikale Verbindung
(alle Bilder aus dem Wettbewerbsprojekt)
Dossier I November 2011
19
---
Blick durch das Obergeschoss der zentralen
Halle Richtung Osten
.r-20
.-
--
1
~
:§
..
--------------------~----~
~
~
ÜBERRASCHENDE SCHRÄGEN
••
UND LICHTE RAUME
1#1
-.
Text: Anna Hohler, Christophe Catsaros
Übersetzung: Richard Squire
Einkaufszentren am Stadtrand wird oft nachgesagt, sie verschandelten die Landschaft
und würden dem örtlichen Einzelhandel schaden. Das neue Marin Centre von Bauart
scheint dieser Kritik durch seine typologische Weiterentwicklung Rechnung zu tragen.
Es ist ein zur Gemeinde hin offener Komplex, der sich ohne Abstriche beim Massstab
in den Ort einpasst.
22
=
Überraschend erweise geht die Typologie von
Einkaufszentren in Stadtrandlage auf den Zweiten
Weltkrieg zurück. Zunächst einmal hängt sie mit der
Entwicklung des Automobils und der Stadtplanung
nach dem Krieg zusammen. Möglich war die Errichtung solcher Zentren, weil immer mehr Menschen ein
eigenes Auto besassen. Neben diesem offensichtlichen Faktor besteht jedoch noch ein weiterer, weniger bekannter Zusammenhang zwischen Einkaufszentren und dem Krieg: Zu dieser Zeit wurde erstmals
ein fensterloses Gebäude entwickelt. Als Schutz vor
Bombenangriffen baute man klimatisierte Fabriken
mit Neonbeleuchtung. Nach dem Krieg wurde diese
Bauweise von der Industrie schnell wieder ad acta
gelegt, und man kehrte zu Gewohntem zurück. Die
grossen Einzelhandelsketten dagegen errichteten in
grosser Anzahl fenster lose Gebäude, da diese eine
optimale Nutzung versprachen. Die richtige Einstellung von Beleuchtung und Temperatur ist entscheidend dafür, dass die Ware nicht verdirbt und sich die
Kunden wohlfühlen.
Hier liegt auch der erste Unterschied zwischen
dem Marin Centre und herkömmlichen Einkaufszentren, denn anstelle der sonst üblichen künstlichen
Beleuchtung wird Tageslicht genutzt. Das Dach über
der zentralen Halle weist Öffnungen unterschiedlicher Breite auf, sodass der Raum von Licht durch-
mit einem Museum denn mit einem Einkaufszentrum
flutet wird.
verbindet. Die Besucher treten aus dem Halbdunkel
Die Architekten verweisen darauf, dass sie hierfür
nicht nur Zustimmung ernteten. Im Vorfeld waren
des Parkhauses buchstablich ins Licht.
Die fünf Parkebenen sind über drei Schleusen
einige Verantwortliche nicht begeistert davon, dass
direkt mit den zwei Ebenen des Einkaufszentrums
ihre Ware eventuell direkt dem Tageslicht ausge-
verbunden . Diese Korridore mit Gefälle erinnern
setzt sein würde, Es wurde über den Grad der Filte-
an gewisse Projekte des französischen Architekten
rung verhandelt, bis der aktuelle Effekt möglich war:
Claude Parent aus den 1970er-Jahren und an die
eine leicht abgeschwächte Sonneneinstrahlung, die
Art , wie er mit Schrägen entwarf. Für Parent war eine
sich allerdings ihr gesamtes plastisches Potenzial
schräge Ebene eine Umwälzung, die uns zwingt, ein
bewahrt hat. Die Öffnungen wurden asymmetrisch
gewohntes Verhalten zu überdenken. Selbst wenn
angeordnet,
um interessante Schattenspiele zu
erzeugen.
1 Die Gestaltung der Aussenanlagen lenkt die Blicke auf
den Baukörper
2 Situation mit Aussenanlagen
3 Luftbild zur Veranschaulichung
der Grössenverhältnisse
zwischen dem Centre Marin und
dem Ort mit knapp 5000 Einwohnern
die von Bauart geplanten Schrägen nicht so kritischrad ikal sind, beinhalten sie doch eine dezente Über-
Der zentrale Platz, quasi das Herzstück des
schreitung jener Banalität, die für die meisten Über-
Monolithen, ist jedoch nicht der einzige Gebäudeteil
gänge zwischen Parkhäusern und Gebäuden typisch
mit solchen «Lichtspielen» . Eine weitere, allerdings
ist. Die Zugänge sind so angeordnet, dass der Weg
ganz andere Besonderheit sind die Schleusen mit
zwischen Parkplatz und Läden möglichst kurz ist.
ihren Rolltreppen, die von den Parkflächen zu den
Läden führen und für einen angenehmen Überraschungseffekt beim Besucher sorgen sollen.
KOMPLEXER BAIJABLAIJF
Beim Umbau des Cent res wurde der Geschäfts-
Diese übereinander angeordneten Zugänge ver-
betrieb nicht unterbrochen, Eine ausgeklügelte Bau-
binden zwei völlig unterschiedliche Räume mitei-
stellenlogistik sicherte während der drei grossen
nander: das eher dunkle Parkhaus und den hellen
Bauphasen von 2007 bis 2011 das störungsfreie
zentralen Raum. Dadurch entsteht der Eindruck, in
Nebeneinander von Baggern, Lkws, Kunden und
diesen Raum quasi einzutauchen, was man eher
Mitarbeitenden.
Fortsetzung auf $. 32
--<
DossIer I November 2011
23
1
~
lE...
~
~
I[
D
W~
}
~
·1·
.
.
5
4 Der Weg vom Parkhaus zum Einkaufen führt durch eine schwarze
Schleuse in die lichte Halle
5 Grundriss Parkebene 1 luntere Verkaufsebene Einkaufszentrum
24
"
D
-I-
-
7
6 Im Untergeschoss befinden sich die grossen Detailhändler
7 Grundriss Parkebene 21 untere Verkaufsebene Einkaufszentrum
~
Dossier I November ZOll
25
-~
-~
~
;
"•
·2
•
>:
u
[
~\ \
]
10
•••.
.
9
8 Das Obergeschoss beherbergt zahlreiche kleinere Geschäfte
9 Grundriss Parkebene 3/ obere Verkaufsebene Einkaufszentrum
26
,
, ...... ,........ , _ . : _ . ', . _ . . . ,;.. ,v. " ... .v,
.. , •• , ..
,~.
' '': '''' ".
if/ ' lI! ·
, . . , . . ,.. .
=
=
=
=
=
=
~
.
=
=
=
=
,
0
11
10 Das Dach des Parkdecks ist als leichter Stahlbau kon struiert
11 Grund riss Parkebene si Dachaufsicht Einkaufszentrum
Dossier
November 2011
27
~
"
•
v
'e
"
•
'"
12 Querschnitt AA
13 Querschnitt BB
14 Längsschnitt ce
,.
15 Längsschnitt DD
Grosse Lufträume bringen
Tageslicht bis ins Untergeschoss, lange schräge
Laufbänder inszenieren die
Vertikal erschliessu n g
I~
IB
I n,
28
0
25
I
I
I
I n
rm
n n In n
1
tn
r l
=
ce-
I m
50m
'-
m
m I
m
n
I; n
n ' m
m
Im
Im I
I
--
...
t......-
r
t;
.....
•
li
.t:...-
CL
'~
I
f-
I
~
~
I
h
~
11
...L.j
I
j nl n
nn
11
m
~
F---'
j,
h I
I
I
[
h
u
,
"
J
~
Dossier I November ZOll
29
I
r
17 Ansicht West
18 Ansicht Ost
19 Ansicht Nord
20 Ansicht Süd
21 In die Süd fassade sind die
grossen Tore der Anlieferung
integriert
0
25
I
I
SOm
/~------------~------------------l
~_-.....-..a
__ --c:.-=--- _- - -- - - -
~i;;iiii
-
30
--=-========~
--:=:-:....::-==-_--_-:::-_--_---======-===-=_~=_=:
__ - -=:;=::0 =_-===-=-
-=-=_===-=
-- -=- =:--- ==
-=-== . . . :. - ~;m~====
==----.--:- ",=,
----
1.-. -
~l~!!i'.!V - _
n;._"~Ii_ ~ 0i0!!
--
17
18
19
20
Dossier I November lOll
31
1981
1991
9. April: Eröffnung des ehemaligen
Marin (entre MAC als Umbau der alten
Dubier-Fabrik
Eröffnung MAC Süd
(Pfister, Parkhaus und Parkdeck auf dem Dach)
Neuer Haupteingang
Zunächst musste der neue Gebäudeteil im öst-
'-32
BAUPHASE 1
FEBRUAR 2007 - NOVEMBER Z008
- Inbetriebnahme des neuen Parkplatzes für
Mitarbeiter und Besucher
- Bauphase 1 des neuen Marin Centre (einschliesslich Kundenparkhaus mit fünf Decks)
- Anbindung der neuen Mall an die Ladengeschäfte, die provisorischen Restaurants und
den alten Haupteingang
plakativer Aktivismus fern. Man plant einfach nach-
lichen Bereich des Geländes errichtet werden. Nach
haltig , ohne grossartig darüber zu reden. Die Prin-
dessen Inbetriebnahme konnte mit dem Abriss und
zipien der nachhaltigen Entwicklung gehören schon
dem Neubau der zweiten Tranche begonnen wer-
so weit zum Handwerk, dass man sie nicht extra zur
den. Diese bei den Hälften, in denen jeweils Teile des
Schau stellen muss.
Parkhauses und der zentralen Halle untergebracht
Dieses Dach wurde jedoch nicht nur aus einem
sind, wurden miteinander verbunden und bilden den
nachhaltigen Baustoff errichtet, sondern es erfüllt
Kern des jetzigen Gebäudes. In der dritten und letz-
auch klimaregulierende Funktionen. Wenn die Tem-
ten Bauphase wurde als Erweiterung der Flächen
peraturen steigen, gehen die Fenster nach Norden
des zweiten Bauabschnitts ein weiterer Gebäudeteil
auf, sodass kaltere Luft einströmen kann. Da die
im Süden angebaut.
Kühlung bei dieser Art von Gebäuden die grössten
Der mit schwarzem Blech bekleidete Komplex hat
Anforderungen an die Temperaturregelung stellt, ist
eine dynamische Ausstrahlung und ist darum be-
die Möglichkeit einer natürlichen Kühlung ein nicht
müht, ein Korrektiv zur Zusammenhanglosigkeit der
zu unterschätzender Faktor für die Reduzieru ng des
Stadtrandbebauung entlang der Autobahn zu sein.
Energieverbrauchs.
Die Gleichförmigkeit des Blocks wird durch Öftnun-
Da Klimaanlagen und künstl iche Beleuchtung
gen unterbrochen, die wie Pixel über einen Bild-
üblicherweise Teil von Einkaufszentren sind, zeigt
schirm verstreut sind. Die Wahl der Farbe trägt ein
sich, wie grundlegend bei der Planung für das Marin
Übriges zur von den Architekten gewünschten In-
Centre Standardlösungen umgekrempelt wurden. Das
szenierung bel.
Gebäude steht vielmehr im Gegensatz zu den gän-
Die Besucher betreten einen riesigen, schwarzen
gigen Standards, allerdings nicht, um das Rad neu
Kubus und finden sich auf einem geräumigen, licht-
zu erfinden, sondern um die wesentlichen energe-
durchfluteten überdachten Platz wieder - ein frappie-
tischen Schwachstellen zu verbessern.
render Kontrast. Das gesamte Dach wird von unre-
Die klimatisierte und künstlich beleuchtete Box wird
gelmässig angeordneten Öffnungen durchbrochen,
zu einer Art Code, den die Architekten auf den Kopf
von denen manche so breit sind, dass man durch
stellen. Dazu bringen sie Luft und Licht ins Gebäude,
sie den Himmel sehen kann. Nicht weniger als
spielen mit schrägen Ebenen und erzeugen einen aus-
40 Schlitze sorgen so, je nach Tages- und Jahreszeit,
sergewöhnlichen Eindruck von GrÖsse.
für unterschiedliche Lichteffekte. Von der äusseren
Der überdachte Platz weist im Boden vier grosse
Erscheinung her würde niemand vermuten, dass da-
Öffnungen auf, durch die das Licht bis ins untere
runter eine Holzkonstruktion steckt. Bei näherer Be-
Geschoss gelangt. Der zentrale Raum ist grosszü-
trachtung erschliessen sich einem allerdings durch-
gig bemessen, alle Läden sind übersichtlich ange-
aus die Gründe hierfür, da es sich um ein sehr
ordnet: Damit widerspricht das Marin Centre den
komplexes Bauwerk handelt. Diese Konstruktion
Einkaufszentren, die ihre Grösse und ihre Form ka-
wäre nämlich kaum in einem anderen Material sinn-
schieren, um die Besucher zu einem Rundgang zu
voll gewesen. Dass hier ein nachhaltiges Material
verführen. Anders als diese Architektur der vorgege-
verwendet und diese Verwendung nicht weiter zur
benen Wege bietet das Marin Centre die Möglich-
Schau gestellt wird, zeugt von einer gewissen Abgeklärtheit. Beim Thema Nachhaltigkeit liegt Bauart
keit, direkt und ohne Umweg dorthin zu gehen, wo
man hinwill.
BAUPHASE 2
JANUAR 2009 - JULI 2010
BAUPHASE 3
AUGUST 2010 - 10. NOVEMBER 2011
- Abriss des alten Einkaufszentrums
- Bauphase 2 des neuen Marin Centre (einschliesslich Kundenparkhaus mit fü nf Decks)
- Neuer Haupteingang West mit direktem
Zugang zur Mall
- Abriss MAC Süd
- Bauphase 3 des neuen Marin Centre
- Gestaltung der Aussenanlagen (einschliesslich
Pyramiden)
ZENTRUMSFUNKTION
FÜR DIE GEMEINDE
Dass das Centre in das Gesamtbild der Gemeinde
11. NOVEMBER 2011
- Offizielle Einweihung
- Ende der Bauarheiten am neuen Marin Centre
rakter - ganz im Gegensatz zu nach aussen hin abgeschotteten Malls, die in ihrem Inneren eine Stadt
nachzubilden versuchen.
eingegliedert wurde, entspringt ebenfalls der Absicht,
An der Autobahn befindet sich nun ein Gebaude,
Standardkonfigurationen zu modifizieren. Selbst wenn
das einen Dialog mit ihr aufnimmt. Der schwarze
vom Konzept her alles auf die automobile Kund-
Monolith ist nicht nur ein Orientierungspunkt, son-
schaft ausgelegt ist, gibt es weitere Eingänge für
dern in gewisser Weise auch ein kinetisches Objekt.
Personen, die mit dem Zug, dem Bus oder zu Fuss
Die funktionale Seite des Gebaudes mit der An liefe-
zum Centre kommen.
rung und den dah inter liegenden Lagerräumen wur-
Da die Parkplätze ins Gebäude integriert sind,
de nicht weniger edel gestaltet als das übrige Ge-
statt wie früher die Fläche um den Supermarkt herum
bäude. Die zum Dorf orientierte Seite scheint durch
zu belegen, entstand ein freier Raum zwischen dem
ein Spiel der Perspektiven in der Lage zu sein, die
Centre und dem Dorf Marin. Hier haben Bauart Ar-
gewünschte Annäherung zwischen Dorf und Ein-
chitekten in Zusammenarbeit mit den Landschafts-
kaufszentrum zu ermöglichen .
architekten Paysagestion einen Grünraum mit asymmetrischen Pyramiden angelegt.
Wer den Fussweg zum Centre nimmt, sieht es
Marin-Epagnier möchte aus dem Einkaufszentrum
den zentralen Dorfplatz machen. So wurde etwa
bereits beschlossen, dass die Post dorthin verlegt
nach und nach hinter den Rasenpyramiden auf-
werden soll - ein Beispiel dafür, wie das Centre in die
tauchen. Diese Destrukturierung des öffentlichen
städtische Entwicklung des Ortes eingebunden ist.
Raumes ist eine Aufforderung zu Spiel und Aneig-
Das exzentrisch neben der Ortschaft gelegene
nung. Hierin spiegelt sich mehr als anderswo der
Marin Centre macht den Eindruck, als zöge es das
Einfluss von Claude Parent und dessen Streben nach
Dorf zu sich hin. Es gelingt ihm, Marin städtischen
Deregu lierung, die den Kontakt der Menschen unter-
Charakter zu verleihen. Die Zukunft wird zeigen, ob
einander fördert. Die Sitzreihen, die hier eingerichtet
die Euphorie um das neue Einkaufszentrum nachhal-
werden sollen, unterstützen diese Entwicklung.
Der Aufbau dieses Landschaftsparks stellt die
tige raumplanerische Dynamik entfacht. Noch ist es
etwas zu früh dafür, doch vieles deutet darauf hin.
Verbindung zwischen der Geometrie des Centres
und der städtebaulichen Heterogenität aus Lagerhäusern, Wohnblöcken und Strassen her.
Die Pyramiden, die mit dem angefallenen Erdaushub angelegt wurden, sind ein Beispiel für die
hintergründige Umsetzung von Nachhaltigkeit. Durch
die Verwendung dieses Aushubmaterials in der Freiraumgestaltung konnten Transportfahrten eingespart
werden, was die Umwelt schont und zug leich für die
ökologischen Prinzipien von Bauart spricht.
Das Marin Centre verleiht ohne Mimikry und ohne
urbane Dekore, die Planer von Einkaufszentren sonst
verbauen, seiner Umgebung einen städtischen Cha-
Dossier I November ZOll
33
In den Schleusenbereichen verbinden
Rolltreppen die fünf
Parkdecks mit den zwei
Verkaufsebenen
34
r
n
Ii
_________. . . . 1
NACHHALTIGE ARCHITEKTUR
IN DER PRAXIS
Text : Aldo Rota, Dario Aiulfi, Willi Frei, Emmanuel Rey
Überset zung: Richard Squire
Das Marin Centre unterscheidet sich von anderen grossen Einkaufszentren in der Schweiz
durch seine konsequente Ausrichtung auf eine nachhaltige Entwicklung. Das Gebäude
entspricht dem Minergie-Standard und weist weitere innovative, ressourcenschonende
technische Lösungen auf. Eine zentrale Rolle im Energiehaushalt kommt der hohen,
durch Tageslicht erhellten Mall zu. Die optimierte natürliche Belüftung ermöglicht ein
komfortables Raumklima ohne Energie verbrauchende mechanische Klimatisierung.
,
'-'"'"\r---
36
2 __________~-----.
=
7
--------~L-_o
8
- ----i- - -o
In der Schweiz stehen gegenwärtig mehr als
20 Einkaufszentren mit einer Verkaufsfläche von über
20000 m' (Abb. 2). Die meisten davon werden über
eine oder mehrere mehrgeschossige Hallen im Inneren erschlossen. Zu den Merkmalen dieser Gebäude
gehören die Klimatisierung aller Räume inklusive der
grossvolumigen Malls sowie eine praktisch fensterlose Gebäudehülle mit einer ganztägig künstlichen
Beleuchtung des gesamten Innenraums. Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass Einkaufszentren wegen ihres hohen Stromverbrauchs heute aus energetischer Sicht kritisch betrachtet werden.
Einkaufscenter
1. Shoppi & Tivoli
Spreitenbach
0"
Ver kaufsfläch e in m Z
68000
2. Shoppyland
Schönbühl
49000
3. Glattzentrum
Zürich
44000
4. Balexert
Genf
Wärmeverbrauch bei 350MJ/m'/Jahr (entspricht
43000
5. Sihlcity
Zürich
42000
97 KWh/m'/Jahr) liegt, wobei der Mindestverbrauch
6. Shopping Arena
St. Gallen
36500
75 und der Höchstverbrauch 800 MJ / m' /Jahr be-
7. Marin Centre
Marin-Epagnier
36000
trug. Der Stromverbrauch seinerseits liegt - herunter-
8. Avry Centre
Avry-sur-Matran
34000
gebrochen auf d ie Verkaufs- und nicht auf die Ener-
9. Stücki Shopping
Basel
32000
10. Emmen Center
Emmenbrücke
30 300
Eine vor kurzem durchgeführte Stu die 1 an 32 Einkaufszentren ergab, dass der durchschnittliche
giebezugsfläche - im Schnitt bei 2000MJ/m' /Jahr
2
oder ca. 555 KWh/m' /Jahr; hier betrugen Mlndestbzw. Höchstverbrauch 360 bzw. 2000MJ/m 2 /Jahr.
Beim Neubau des Marin Centre wurden, im Vergleich zu bestehenden Zentren, neben ökonomischen Kriterien auch neue ökologische Prioritäten
gesetzt. Das Ziel war die Realisierung eines Einkaufszent rums, das in optimaler Weise den Kriterien
einer nachhaltigen Entwicklung und insbesondere
Zur Senkung des Stromverbrauchs - der grösste Be-
eines rationellen Energieeinsatzes entspricht. Als
darf entfällt auf die künstliche Beleuchtung und die
wichtigste Vorgaben der Projektentwicklung sollten
Kälteerzeugung - wurden folgende Massnahmen
der Minergie-Standard mit natürlicher Belüftung und
bereits bei der Planung des Gebäudes vorgesehen:
nächtlicher Kühlung mit Energierückgewinnung er-
-
reicht und die Mall mit Tageslicht beleuchtet werden.
Beleuchtung durch Tageslicht in den Gebäudeteilen, wo es möglich ist, besonders in der Mall und
1 Über der zentralen Halle
sitzt eine grossflächig
verglaste Laterne, die viel
Tageslicht ins Innere lässt
und zugleich zur natürlichen Klimatisierung dient
2 Die grössten Einkaufszentren der Schweiz
in bestimmten Ladenflächen (Spezialmärkte)
SENKUNG DES GEBÄUDEENERGIEBEDARFS
Das gewählte Konzept basiert in erster Linie auf
-
liehe Beleuchtung, die genau auf den Bedarf
einer koordinierten Strategie zur Verringerung des
Energiebedarfs für das Gebäude. Nachfolgend sind
Einsatz leistungsstarker Leuchtmittel für die künstzugeschnitten sind (Kontrolle interner Gewinne)
-
Natürliche Belüftung in den Gebäudeteilen, die
die wesentlichen Massnahmen zur Reduzierung des
dies erlauben, und Einsatz von passiver Nacht-
Wärmebedarfs aufgelistet:
kühlung (Night-Coollng) zur Ableitung des wäh-
-
Gebäudehüllfläche mit sehr guter Wärmedäm-
rend des Tages angestauten Wärmeüberhangs
mung (weniger Verluste über die Gebäudehülle
aus dem Gebäude
im Winter und wen iger Aufheizung im Sommer)
-
-
-
Kontrolle der von den Monoblockgeräten auf bereiteten Luftmenge, die je nach Bedarf variiert und
-
Einsatz leistungsstarker Kältemaschinen
in die Räume geblasen wird
-
Einbau von Wärmetauschern (Wasser und Luft),
Wärmerückgewinnung aus den Prozessen, insbe-
bei denen der Durchsatz stets bedarfsabhängig
sondere aus gewerblichen Kälteanlagen
-
Niedertemperatur-Wärmeverteilung und -abgabe
geregelt werden kann
-
über thermoaktive Decken
-
Effizienter Einsatz von Free-Cooling mit Verdampfungskühltürmen
Einsatz hocheffizienter Produktionsmittel
Hochtemperatur-Kälteverteilung und -abgabe
über thermoaktive Decken
-
Auswahlleistungsstarker Kühlmöbel
Dossier
I November 2011
37
3 Zur natürlichen Belüftung der zentralen Halle sind in die
Dachkonstruktion und die Glasflächen Öffnungsflügel eingebaut,
sodass die oben eingeschichtete warme Luft entweichen kann
4 Luftzirkulation: Die Pfeile zeigen die Zirkulationsrichtung der
Luft, die Farben ihre Geschwindigkeit. Da die LüftungsöCfnungen abhängig von Aussentemperatur und Windstärke gesteuert
werden, entsteht ein angenehmes, zugfreies Innenklima
A Lüftungsöffnungen oben geöffnet
B Monoblock-Klimageräte im Überdruckmodus
C Lüftungsöffnungen unten geschlossen
D Moderate Windgeschwindigkeit
5 Natürliche Belüftung und Temperaturen der zentralen Halle
(Aussentemperatur: 25 C C): Die Simulation zeigt angenehme
,--38
Temperaturen in Bodennähe und eine Überhitzung im oberen
Teil, sodass durch simple Konvektion eine natürliche Belü ft ung
entsteht
A Läden Süd (zur Halle hin geschlossen)
B Deutliche Temperaturschichtung
C Läden Süd (zur Halle hin offen)
D Läden Nord (zur HalJ~ hili I;:eschlossen)
E Physikalische Trennung (Fassade zwischen Läden und Halle)
6 Natürliche Belüftung und Öffnungen in der zentralen Halle:
Je nach Aussentemperatur können verschiedene Lüftungsöffnungen angesteuert werden, um das bestmögliche Innenraumklima zu erzeugen, so z. B. bei extremen Hitzeperioden oder zur
Nutzung der Nachtauskühlung
.. 100 ...................................................... ··· 94.1" ·······································
90 ..... ..... ..... .............. ... ... ..... ... ... ..... ....
• ~:rr~~a~;~t~~emaliges
i
~
~
80 ...............•.......................................
....•••••
70 .....
.., .. , .. , ....
71.9 .•.....•......... , .. , .......... , ..•. , .. ,.
Verbrauch neues
~:~~~6~~:~~:...... ,.. .
.,!:!' ................................. .
60······
50 .... ,
40.8
40 .•..•
30 •••••
225
20.···.
10· .. ·•
o
~~
__
~
__-L____-L__
~
____
~
__L-____L7
Beleuchtung
Kühlung
Einzelleuchtenl
LüftungiKlimatisierungi
weitere Ausrüstung
....... , ... 778 .. , .. , .... , ........ , ..•. , .. , ................................................. , ........ .
THERMISCHE QUALITÄT
DER GEBÄUDE HÜllE
Bei der Planung der Gebäudehülle fanden nicht nur
•
Heizun g
ästhetische Erwägungen im Hinblick auf das Ge-
•
Elekt rizität
,·,····"····'· ~~ii ···'····,··,·,··,····,··,·,··,··,···
samtkonzept des Gebäudes Berücksichtigung, son-
......... ,.. ,., ..... ,.,., .... .
dern es wurde auch besonderes Augenmerk auf die
thermische Qualität gelegt. Damit sinken die jähr-
400
lichen Betriebskosten , ohne dass dadurch die Inve-
300
stitionskosten über die Massen steigen. Bei diesem
ZOO
Gebäudetyp lassen sich Mehrkosten für die zusätz-
liche
Isolierung teilweise
kompensieren,
Z"
ZOO
91
100
2!
indem
0
Kl imaanlagen mit geringerer Leistung eingesetzt
8
MaximalDurchschnittsMinimalverbrauch
verbrauch
verbrauch
BFE-Studie 2010 BFE-Studie 2010 BFE-Studie 2010
werden. Dieses Konzept wird darüber hinaus durch
Ve rbrauch
ehemaliges
Marin ( entre
Verbrauch n eues
Marin (en tre
den grossen Anteil geschlossener Fassadenflächen
des Einkaufszentrums unterstützt, die problemlos mit
dicken Wärmedämmschichten
versehen
werden
können.
Um möglichst wen ige Wärmebrücken entstehen
zu lassen, wird eine aussenliegende Isolierung angebracht. Auf dem Dach ist sie besonders dick, damit im Sommer weniger Energie zum Kühlen benöligt
wird. Der U-Wert der Fassaden beträgt 0.26W/m' K,
1
~
~
45 .••••••••••••••.•••••• , ••.•
:::·:::::::::1-----:::::::::::::--:::::::::::::::::
30 •.••.•.••.•.••.•.•••••.
25 ............ ..
zo
15 .......... .
Il ........•..............
für das Dach liegt er bei 0.23W/m' K. Alle Fenster
haben Doppelverglasung mit einer Metalidampfbe-
9
schichtung zur Filterung der langweiligen Infrarot-
Marin
strahlung und Gasfüllung zwischen den Scheiben .
Der U-Wert der Verglasungen beträgt 1.1 W/m'K, was
Minergie
Energiebedarf Klimatisieru ng
•
Energiebedarf Warmwasser •
Energiebedarf Lüftung
•
Energiebedarf Heizung
Min ergie-Standard
dem aktuell installierten Standard entspricht.
WÄRMERÜCKGEWINNUNG
Am Standort kommen zwei Arten der Kälteerzeugung
INSTALLATION
VON THERMOA KTIVEN DECKEN
zum Einsatz: zum einen die Kälteerzeugung zur Kli-
Die thermische Aktivierung der Gebäudemasse durch
matisierung , d. h. zur aktiven Küh lung der Innenräu-
in die Geschossdecken integrierte Rohrschlangen zu
me, zusätzlich zu den Massnahmen der natürlichen
Heizzwecken ist schon lange bekannt. Seit der Serien-
Belüftung und der passiven Kühlung, zum anderen
reife von Hochleistungsfassaden , die mit sehr nied-
die gewerbliche Kälteerzeugung für Kühlanlagen.
rigen Vorlauf temperaturen - 24 bis 30
oe Wassertem-
Die Kälteerzeugung zur Klimatisierung findet Ver-
peratur in den Rohrschlangen - auskommen, erlebt
wendung für das Kaltwassernetz der Läden und die
sie ein Revival. Davor waren solche Betriebstempe-
Monoblock-Belüftungsgeräte. Die Regelung ist so
raturen, mit denen der Eindruck mangelnden Kom-
ausgelegt, dass im Winter keine Kälte mehr zur Klima-
forts bei Deckenheizungen vermieden werden kann ,
tisierung erzeugt wird, wenn Wärme benötigt wird und
wegen zu geringer Leistung der thermischen Gebäu-
das System zu 100 % mit Free-Cooling funktioniert.
Energieverbrauch des
ehemaligen und des neuen
Einkaufszentrums
8 Energieverbrauch des
ehemaligen und des neuen
Einkaufszentrums im
Vergleich mit Schweizer
Referenzdaten
9 Vergleich mit dem
Minergie-Standard
7
dehüllen nicht möglich. Bei der Wärmeerzeugung
Die gewerblichen Kä lteanlagen sorgen für den
bestich t das System insbesondere durch die Ver-
Betrieb der Kühlmöbel in den Läden und Kühlkam-
wendung von Erdgas und durch Temperaturen, die
mern. Diese Kälteerzeugung läuft ganzjährig und
in Abhängigkeit von der Verbrauchskurve stufenlos
stellt e ine interessante Quelle der Wärmerückgewin-
geregelt werden.
nung dar, die zum einen zum Aufheizen von Warm-
Durch thermoaktive Decken kann die Gebäude-
wasser und zum anderen zum Heizen des Gebäudes
masse zudem im Sommer gekühlt werden , wenn
(Belüftungsbatterien und thermoaktive Decken) ge-
die Betriebstemperatur des Wassers in den Rohr-
nutzt werden kann.
schlangen ca . 18 bis 20
oe beträgt
Diese Kühlung
Fortsetzung auf S. 42
--'
Dossier
I November 2011
39
r
o
0.5
1.0
Z.S m
~
10
10
A
B
C
D
Fassadenschn itt West! Eingangsbereich
Trapezblech, feuerverzinkt 45mm
Stahlfachwerk, dreidimensional
Fassadenplauen 2640)< 500)( 3 mrn
Bodenaufbau:
Asphalt, zweischichtig 95mm, Schüttung 250mm, Trennlage, bituminöse Abdichtung, Wärmedämmung Schaumglas
120 mrn, Dampfsperre, Betonplatte 250-3 00mm
E Glasfassade. Pfosten-Riegel-Konstruktion
F Dachaufbau:
Extensive Dachbegrünung 20mm, Substrat 80 mrn, Drainage,
Abdichtung, Wärmedämmung 160 mrn, Dampfsperre, Ortbeton
200mm, Betonfertigplatte 60mm, Unterzug 60mm
40
G Betonstütze, vorgefertigt 350x350mm
H Bodenaufbau:
Gussasphalt, geschliffen 25mm, Unterlagsboden 2Smm,
Ortbeton 200mm, Betonfertigplatte 60mm, Un terzug
60mm
Wandaufbau:
Betonwand 250 mm, Abdichtung, Wärmedämmung
Polystyrolhartschaum tOOmm, Drainage
Bodenaufbau:
Bodenbelag +Zementestrich 50 mm, Betonplatte 200mm,
Damprsperre, Magerbe ton 50mm, PE-Folie, Schaumglasschotter 150mm
11 Fassadenausschnitt der Westseite mit dem Haupteingang
...
Dossier I November 2011
41
12 Richtung Dorf und zum
Vorplatz öffnet sich das
Einkaurszentrum mit einem
(are
13 Unterschiedlich breite
Verglasungen lassen viel Tageslicht in die zentrale Halle.
Das wandernde Schattenbild
wirkt wie eine überdimensionale Sonnenuhr
ist besonders nachts interessant, da so in energe-
ckung des gesamten Bedarfs oder als Unterstützung
tischer Hinsicht von einem höheren Free-Cooling-
des mechanischen Systems. Zu diesem Potenzial
Potenzial profitiert werden kann und - wirtschaftlich
während des Tages kommen die Nachtstunden hin-
gesehen - der Tarif günstiger ist. Durch die Trägheit
zu, während deren eine passive Kühlung des Ge-
der Decken macht man sich im Tagesrhythmus die
bäudes durch natürliche Belüftung möglich ist. Es
Speicherwirkung bzw. die langsame Abgabe der
gibt einige Bereiche, die nur schwer natürlich belüftet
Wärme zunutze. Dieses System kann zwar problem-
werden können , z. B. die Standorte der Kühlmäbel in
los 20-30W/m' abführen, hat allerdings den Nachteil,
den Lebensmittelläden. In den meisten anderen Be-
dass es sich nicht schnell an abrupte Schwankungen
reichen hingegen ist eine natürliche Belüftung pro-
der thermischen Belastungen anpasst. Im Falle eines
blemlos möglich.
Einkaufszentrums liegt die aus der Beleuchtung her-
In der Mall kommt der natürlichen Belüftung eine
rührende Last den ganzen Tag über - Öffnungs- und
besondere strategische Bedeutung zu. Da sie einen
Wartungszeiten - bei 20W/m2 • Diese festen Zeiten
Rauminhalt von über 50000m 3 hat, einigte man sich
sind damit günstig für eine effiziente Integration
schon im ganz frühen Planungsstadium darauf, auf
thermoaktiver Decken in das energetische Gesamt-
eine vollständige Klimatisierung des gesamten Volu-
konzept.
mens zu verzichten und vielmehr die enorme Höhe
auszunutzen, um unterschiedliche Luftschichten zu
NATÜRLICHE BELÜFTUNG
UND PASSIVE NACHTKÜHLUNG
42
generieren und die Wärme in den obersten - von
Menschen nicht benutzten - Bereich zu verbannen.
In der Schweiz ist das Potenzial für die Nutzung
Als Reaktion auf die nachfolgend genannten Rah-
der natürlichen Belüftung äusserst interessant. Eine
menbedingungen war die natürliche Belüftung fü r
Auswertung der reg ionalen Wetterdaten ergab mit
die Klimatisierung dieses Raumes geboten:
1261 Stunden eine nicht unbeträchtliche Zeitdauer,
-
Aufgrund der Grässe des Raumes sowie der Auf-
in der die Temperaturen in der Zeit von 8 bis 20 Uhr
heizung durch Sonneneinstrahlung hätte man
zwischen 14 und 22 cC liegen. In diesem Zeitfenster
eine Klimaan lage mit einem entsprechend hohen
ist es bioklimatisch sinnvoll , natürliche Belüftung ein-
Energiebedarf verbauen müssen, um die Klimati-
zusetzen, entweder als alleinige Belüftung zur Abde-
sierung garantiert unter Kontrolle zu haben.
-
Die Mall ist ein Übergangsbereich zwischen
Aussen- und Innenbereich des Gebäudes sowie
Verkehrsfläche zwischen den einzelnen Läden.
Daher liegen die AnsprÜChe an die Klimat isierung
dieses Raumes ebenfalls zwischen beiden Bereichen . Es gelten folgende Parameter für die
Klimat isierung dieses Raumes: Bei einer Aussentemperatur von - 6°e im Winter muss eine Innentemperatur von 18 bis 20 oe und bei einer Aussentemperatur von 32 oe im Sommer muss eine
Innentemperatur von maximal 28 °e
erreicht
werden.
-
Durch den grassen Anteil an Glasflächen (276m'
Norden, 276m' Süden und 695m' Oberlicht) fällt
sehr viel Tageslicht ein, das auch eine erhebliche
Aufheizung mit sich bringt. Diese zugeführte Wärme muss im Sommer und in der Übergangszeit
abgeleitet werden .
Um nun diese Wärmelast durch natürliche Belüftung
ableiten zu können, wu rden im unteren und im oberen Teil der Mall Öffnungen für die optimale Zu- und
Abfuhr von Luft vorgesehen. Im unteren Bereich (untere und obere Ebene der Mall) wurden Zuluftöffnungen mit einer Gesamtfläche von 66 m2 eingebaut,
über die Luft in die Mall einströmt. Die oberen Öff-
tet werden, denn die Temperatur des Kaltwasser-
nungen sind in das Dach über der Mall integriert. Sie
netzes wird über einen Wärmetausch mit der Aus-
sind in zwei gleich grossen Gruppen im oberen und
senluft, der mittels Hybridkühltürmen erfolgt, stabil
unteren Teil der Vertikalstruktur angeordnet und ha-
gehalten. Dank diesen Tü rmen kann man die Feucht-
ben eine Gesamtfläche von 128 m2 (je 32 m2 im
temperatur anstelle der Temperatur der trockenen
oberen und im unteren Teil der Nordseite sowie im
Luft verwenden. Dazu wird die trockene Luft durch
oberen und im unteren Teil der Südseite).
adiabatisches Verdampfen von Wasser angefeuch-
Für die natürliche Belüftung öffnet sich eine be-
tet, bevor sie in die Batterie des Kühlturms eintritt.
stimmte Anzahl dieser Schieber in einer Kaskade.
Ist keine direkte Kühlung mehr möglich , um die
Zunächst werden nach und nach die oberen Schie-
Temperatur des Kaltwassernetzes auf 12°e zu hal-
ber geöffnet, dann diejenigen auf mittlerer Höhe und
ten, weil die Feuchttemperatur über 10°C liegt,
anschliessend diejenigen im unteren Teil. Diese
werden die Kältemaschinen zugeschaltet. Mit dem
Schieber werden von der Mess- und Regeltechnik
Hybridturm können die Kondensatoren der Kältema-
angesteuert, wobei sie je nach Bedarf (Raumluft-
schinen besser gekühlt werden, sodass diese eine
temperatur in der Mall) geöffnet und geschlossen
höhere LeistungsaUSbeute erzielen und so ihren Teil
werden. Im Sommer dienen sie auch dazu, in den
zu einem geringeren Stromverbrauch beitragen. In
Nachtstunden das Zentrum des Gebäudes zu küh-
diesem Zusammenhang sei darauf verwiesen, dass
len. Sobald die Innenraumtemperatur der Mall höher
die thermoaktive Decke ein Kühlsystem ist, das be-
als die Aussentemperatur ist, öffnet das MSR-System
sonders gut zu einer Nachtkühlung mittels Hybrid-
automatisch die Schieber.
turm passt, da sie ihre Wärmelast nachts abgeben
(das heisst, sie wird gekühlt) und tagsüber einen Teil
OPTIMIERUNG
DER MECHANISCHEN ANLAGEN
der überschüssigen Wärme aufnehmen kann (Phasenverschiebung zwischen Tag und Nacht).
Da für die Erzeugung von Kälte zu Klimatisierungs-
Im energetischen Konzept ist ausserdem eine
zwecken das Free-Cooling-Potenzial des Aussenbe-
Kühlung der Läden über eine Kaltwasserschleife vor-
reichs genutzt wird , können die Kältemaschinen im
gesehen, an die Kühlanlagen (Gebläsekonvektoren)
Winter und in der Übergangszeit nachts abgeschal -
der Mieter angesch lossen werden können , sodass
Fortsetzung aufS. 46
Dossier I November ZOll
43
44
o
0.5
1.0
2.5m
~
14.
15
A
B
C
Die Parkhaus fassade auf der Nordseite ist im Sockelbereich
mit robusten, schwarz durchgefärbten Betonferügteilen
ausgeführt. Die zur Belichtung und Belüftung notwendigen
Öffnungen sind nach einem zufällig wirkenden Pixelmuster
verteilt
Fassadenschnitt Nord/Parkhaus
Dachaufbau:
Trapezblech 65 mm, Nebenträger HEA 200,
Hauptträger HEA 360
Stahlstütze HEB 240
Bodenaufbau:
Asphalt 30mm, Ortbeton 140mm, Betonfertigteil60mm,
Betonunterzug (vorgespannt) 260 mm
D Fassadenaufbau:
Fassadenplatten 2640 ~ 500 x 3 mm,
Stahlkonstruktion IPE 120
E Stütze Betonfertigteil1200 x 300mm
F Sockelaufbau:
Fertigbetonplaue 150mm, Stahlkonstruktion HEB 120
G Bodenaufbau:
Asphalt 30 mm, Betonbodenplatte 200mm, Magerbeton 50mm
Dossier I November 201l
4S
16 Auf dem Metalldach des
Parkhauses ist eine Fotovoltaikanlage mit zurzeit 400m 2
Fläche installiert
nur die restliche interne Wärme last über die Belüf-
detailliert ermittelten Lichtbedarf zugeschnitten. Für
tung abgeführt wird. Durch diesen Kniff wird die Luft-
bestimmte Anwendungen wurden zudem LED einge-
menge für die Belüftung der Bereiche mit hohen in-
setzt. Alle Einsparungen im Verbrauch für die Be-
ternen Lasten im Centre begrenzt.
Auch die Effizienz der Monoblock-Belüftungsge-
leuchtung wirken sich auch über eine geringere Kälteerzeugung zur Klimatisierung aus.
räte wurde sorgfältig geprüft. Um so viel Wärme wie
Zusätzlich hat Groupe E, das Versorgungsunter-
möglich aus den gewerblichen Kälteanlagen rückge-
nehmen tür die Kantone Neuenburg und Freiburg,
winnen zu können und die Verluste des Verteiler-
400m 2 Fotovoltaikzellen auf dem Dach des Park-
netzes so gering wie möglich zu halten, wu rden die
hauses installiert. Künftig soll diese An lage erweitert
Wärmebatterien so ausgelegt, dass die Luft mit 25 °C
werden, da noch genügend Fläche zur vermehrten
eingeblasen werden kann. Die Wassertemperatur
Einspeisung von erneuerbarer Energie vorhanden
der Heizung hat dabei maximal 35 °C. Die Mono-
ist.
blockgeräte sind mit hochwirksamen Rückgewinnungsanlagen sowie mit Sonden für die Luftqualität
und die Regulierung ausgerüstet, sodass ein genau
Parallel zur Senkung des Energieverbrauchs flossen
auf Angebot und Bedarf abgestimmter Betrieb mög-
noch weitere umwelt re levante Aspekte in die Kon-
lieh ist (Recyling einer Luftteilmenge je nach klima-
zeption dieses Projekts ein:
tischen Verhältnissen). Diese Wärmetauseher sind
-
Durch die Senkung des Wärmeverbrauchs konn-
auch im Sommer in Betrieb, wenn es darum geht, der
ten die Emissionen am Standort um die Hälfte
wärmeren Aussenluft Kälte zu entziehen.
gesenkt werden. So sind die neuen Werte der
Die Anlagen wurden so ausgewählt, dass die
jährlichen Schadstoffemissionen trotz grösserer
Werte der Leistungskoeffizienten nicht nur bei Nenn-
Fläche nur noch halb so hoch wie im alten Cenlre.
last, sondern auch bei Teillast zufriedenstellend sind,
da der Betrieb in den meisten Fällen nur bei Tei llast
46
SONSTIGE UMWELTRELEVANTE ASPEKTE
-
Für die Kälteerzeugung zur Klimatisierung und zu
gewerblichen Zwecken stehen heute mehrere
erfolgt. Zusätzlich zur Tageslichtnutzung wurden
Kältemittel zur Verfügung, die den aktuellen Vor-
Energiesparlampen zur künstlichen Beleuchtung
schriften genügen: R134a, R407c, NH 3 , CO 2 . Im
verwendet. Oie Beleuchtung wurde genau auf den
Marin Centre werden die Klimaan lagen mit R134a
und die gewerblichen Kälteanlagen mit CO 2 betrie-
~
~
ben. Durch die strengen Anforderungen an dieses
man Gebäude nachhaltiger planen kann. Schritte in
Projekt konnte der Beitrag dieser Anlagen zum
Richtung Nachhaltigkeit basieren vielmehr auf der
Treibhauseffekt auf ein Minimum reduziert werden.
Konkret isierung massgeschneiderter Lösu ngen, d ie
Zur Einsparung von Trinkwasser sind die An lagen
immer wieder für das jeweilige Projekt und die Pro-
an bestimmten Stellen mit Durchflussbegrenzern
zesse entwickelt und angepasst sowie auf die Be-
ausgestattet. Zudem funktionieren die Pissoirs
sonderheiten des Standortes und des Vorhabens
ohne Wasserspülung, um Trinkwasser zu sparen.
zugeschnitten werden. Angesichts dieser Anforde-
Zum Zweck des Regenwassermanagements sieht
rung, gleichzeitig präzise, innovativ und flexibel zu
das Projekt Massnahmen zur Versickerung in den
sein, zeigt der für diese Realisierung gewählte An-
Grünanlagen vor (Erhöhung der durchlässigen
satz, dass sich aus der Dynamik des architekto-
Flachen am Slandorl), weiler Rückhallemöglich-
nischen Entwurfs durchaus Lösungen entwickeln
keiten zur Entlastung der Kanalisation und Sen-
können, die effizient, kreativ und für alle Beteiligten
kung des Risikos lokaler Überschwemmungen
verbindend sein können. 2
(Dachbegrünung und bei Gewitter Speicherung
Dadurch, dass immer wieder Ansätze anderer
500 m3
Branchen in das architektonische Konzept integriert
Fassungsvermögen, um den sich eine der Zu-
wurden, konnte ein Leitfaden ausgearb eitet werden,
fahrtsrampen zum Parkhaus spiralförm ig windet).
der klar und flexibel zugleich war und als Grundlage
Oie Dachbegrünung wirkt ausserdem günstig auf
für die Optimierung des Entwurfs diente, wobei die
des Wassers in einem Behälter mit ca.
~
Es gibt keine allgemeingültige Methode, mit der
die Klimatisierung , da sie die Wärmelasten regu-
räumliche Kohärenz des Gesamtkomplexes erhalten
liert, die tagsüber gespeichert und nachts abgegeben werden.
blieb. Im weiteren Sinne erlaubt diese konzeptuelle
Synthese weiterhin einen kritischen Blick auf die ge-
Da die Auswahl der Baumaterialien einen nicht zu
samte Bandbreite der verfügbaren Technologien.
unterschätzenden Einfluss auf die Ökobilanz des
Nachhaltigkeit sollte nicht als Zwang , sondern viel-
Gebäudes hat, wurde entsprechend geplant. Als
mehr als " Rohstoff .. für architektonische Prozesse
Beispiel sei nur die Verwendung von Aushub- und
begriffen werden. 3
Abbruchmaterial direkt am Standort genannt, das
für die Neugestaltung der Grünanlagen genulzt
wurde. oder die Realisierung einer Tragstruktur
aus Holz für das Dach der Mall, mit der eine
Spannweite von 25 m bei gleichze itiger Reduzierung der grauen Energie möglich war
~
Die extensiven Grünanlagen und die grosse begrünte Dachfläche tragen zu einem wesentl ich interessanteren Gesamtbild in Bezug auf die Artenvielfalt bei, als dies beim alten Centre der Fall war.
1 Aiulfi D. et al : Energieverbrauch von Bürogebäuden und
Grossverteilem. Erhebung des Strom- und Wärmeverbrauchs.
der Verbrauchsanteile, der Entwicklung in den letzten
10 Jahren und Identifizierung der Optimierungspotenziale.
Bundesamt für Energie/BFE, Bero 2010
2 Rey E.: «(Re)construire la ville autrement)). TRACES
17/2011, s. 7- 10
3 Aiulfi D., Rey E.: «Les technologies vertes, matieres
premieres pour la creativite des architectes». Conference
MICRO 10, Aula des Ieunes·Rives, Neuenburg, 2. 9. 2010
FÜR NACHHALTIGKElT
ALS BESTANDTEIL DER ARCHITEKTUR
In die Planung und Realisierung des Marin Centre
wurden nicht nur zahlreiche umweltrelevante Kriterien in tegriert, sondern auch verschiedene soziokulturelle Aspekte wie die Einbindung in den Standort,
ein durchdachtes Erschliessungsschema, Funktionalität und Flexibil ität, Bequemlichkeit für die Nutzer
oder Orte. die im Gebäude und im Aussenbereich
zur Geselligkeit einladen, sowie wirtschaftliche
Überlegungen wie das Investitionskostenmanagemen! oder die Begrenzung der Betriebskosten und
der externen Aufwendungen, die vom Gebäude
herrühren.
Dossier I November 2011
47
Fussgängerzugang zum
Marin Centre bei Nacht
48
AM BAU BETEILIGTE
HLKSE-INGENIEURE
BAUHERRSCHAFT
Marin Cent re SA
Enerconom AG, Sern
Fabrice Zumbrunnen, Marcelle Junod,
Mitarbe itende: Andre Aebischer, LorenzD Rustighi,
Walter Haldemann
Peter Vogler, Urs Werren, Peter Wüthrich
Mitarbeitende: Daniel Blickle, Jacques Magn in,
Alberto Matos, David Menoud
HOLZBAUINGENIEURE
Merz, Kaufmann Partner AG, Altenrhein
ARCHITEKTEN / GENERALPLANER
Mitarbe itende: Konrad Merz, Robe rt Rupp
Bauart Architekten und Planer AG,
Neuenburg, Bern, Zürich
BAUINGENIEURE AUSSENANLAGEN
Will i Frei, Stefan Graf, Peter C. Jakob,
VBI Vincent Becker Ingen ieurs SÄ, Marin-Epagnier
Emmanuel Rey, Yorick Ringeisen, Marco Ryter
Mitarbeitende: Georges Bertoni, Maria Di Pietro,
Projektleiter: Yves Pfeiffer
CMnc Richard
www.bauart.ch
LANDSCHAFTSARCHITEKTEN
Mitarbeitende (Wettbewerb): Fabrice Aguston i,
Paysagestion SA, Lausanne
Severin Fries , Christophe Goldschmid (Projektleiter),
Mitarbeitende: Olivier Lasse rre, Laurent Salin
Johannes Luginbüh l, Thomas Schmid
UNTERSTÜTZUNG KOORDINATION HLKSE
Mitarbeitende (Planung und Ausführung):
Christian Risse SA, Bureaux d'ingenieur en
Antoine Baertschi, Fabienne Brand, Muriel le
electricite, Givisiez
Bratsch i, Aude Bulan i, Massimiliano Oi Leone ,
Mitarbeiter: Christian Risse
Cornelia Gander, Karin Gerber, Raffael Graf,
Christopher Höfler, Claudia Hitschke, Bed rije Jaja,
SANITÄRPLANUNG
Yanick Jolliet, Oieter Jost, Oliver Lehmann,
Tecsan, Ollon VD
Oominique Leuba, Nathalie Licordari, Ricarda
Mitarbeiter: Christian Zosso
Papisch, David Perez, Patrick Remund, Jose
Hugo Versteeg, Ariane Wavre, Perrine Willich,
VERKEHRSINGENIEURE
(PARKHAUS)
Corentin Zumwa ld
Cert-Aragao, Lausanne
Sinatra, Michael Ulmer, Beatrice Sulger-Schleich,
Mitarbeiter: Pedro Oe Aragao
BAULEITUNG
Atelier d'architecture Oominique Rosset SA,
SICHERHEITSINGENIEURE
Vi llars-sur-Glane
Institut de secu rite, Neuenburg
Projektleiter: Georges Nemeshazy
Mitarbeite r: Jerzy Respondek
Mitarbeitende: Franyois Oelaloye, Jer6me Mauron
KOSTENKONTROLLE
ENERGIEKONZEPT
PBK AG, Zürich
Sorane SA, Ecublens
Mitarbeiter : Peter Frischknecht
Mitarbe itende: Dario Aiulfi, Oominique Chuard,
Ivan Maschio
BAUINGENIEURE
GVH SA, Saint-Bla lse
Mitarbeitende: Teka Barbeau, Yan Gigon,
Pierre Gorge, Jacques L'Eplattenier, Carlitta Rigo let,
Annick Richard, Jean-Franyois Silagy
48
50
DANK
Bauart dankt ganz herzlich allen Beteiligten, die an der Planung und der Rea lisierung des neuen Marin Centre
mitgewirkt haben, besonders dem Auftraggeber, den kantonalen und kommunalen Behörden und Dienststellen
sowie den Fachplanern und den Bauunternehmen.
Ein ganz besonderer Dank geht an die Vertreter der Genossenschaft Migros und an die Vertreter der Gemeinde
La Tene für das entgegengebrachte Vertrauen und die Unterstützung für dieses aufwendige und eh rgeizige
Projekt.
;~mmc",,,
marincentre SA
11 La Tene
FusIon d'hotizons
Wir möchten uns auch bei den nachfolgend genannten Unternehmen und Planern bedanken, ohne deren
Unterstützung d iese Publikation nicht möglich gewesen wä re.
PARTNER
von arx sa
W.I
S. Facchinetti SA
NEUCHÄTEL
Associalion d'entreprises S, Facchinetli SA
Von A rx SA
Erdarbeiten, Rückbau, Bau von Aussenanlagen , Neuenburg
HAUPTSPONSOREN
I!<l BeN
Banque Cantonale Neuchäleloise,
Neuenburg
enerconom
PBK
Enerconom AG. Ingenieur- und Planungsbüro
für Energ ie- und Gebäudetechnik,
Sem
PBK AG, Projektmanagement Bauadmin istralion
Kostenplanung,
Zürich Basel Sern
~, christianrisse sa
rr
gy.b
Chr istian Risse SA, bureau d'ingen ieur
en elecl rici te, Givis iez
GVH SA, ingenieurs civils,
Saint-Blaise
[UOO.J
d'irgElnoJ llr1 OOctr.ot{J oeNIS
ATELIER D'ARCHITECTURE
DOMINIQUE ROSSET SA
",i"
AG
Zürich Basel Ber n
I
'PrSlA
...-tE..'-lRDN
~"nET'~CO[)('~~"'''~ "OE
NmOYAGtS
Sanet Sari, entreprise de nettoyage,
La Chaux-de-Fonds
O~\JG.lWG
OG.l
•
RATIONAllSATION ENERGETIQUE
Hevron, conslruction metallique,
Courletelle
Sorane SA, ralionalisalion energelique,
Ecublens
GEOTEST AG, Geologen Ingenieure
PAYSAGEST ION SA,
RIEDO MICHEL & FILS SA, gypserie,
Geophysiker Umweltfachleu te. Zollikofen
archilecles-paysagistes SIA, Lausanne
peinture, papiers peints, Villars-sur-Gläne
Domin ique Rosset SA,
direclion des travaux, Villars-sur-Gläne
SPONSOREN
Dossier 1 November 2011
51
Herunterladen