The Georges Pompidou National Centre of Art and Culture (Bearbeiter: Robert Pohle) Fakten / Facts: Standort: Place Georges-Pompidou, 4. Arrondissement Jahr: 1977 Architekt: Renzo Piano, Richard Rogers Gebäudetyp: Kunst- und Kulturzentrum Stil: zwischen Moderne, Strukturalismus und High-Tech Wissenswertes: Im Wettbewerbsbeitrag waren die Geschosse des Centers als beweglich vorgesehen. Rogers und Piano waren anfang 30, als sie den Wettbewerb gewannen und es war ihr erstes größeres Gebäude. Aufgrund des sehr komplexen Raumprogrammes (zu schwierig!) entschieden sie sich für ein flexibel bespielbares Gebäude. Ove Arup war Tragwerksplaner des Gebäudes. Städtebauliche Einordnung / Urban relations: Das Centre Pompidou liegt im Zentrum von Paris. Notre Dame, Rathaus und Louvre sind nur wenige Gehminuten entfernt. Jenseits der Rue Beaubourg beginnt das dichtbewohnte Marais - das Gebiet der schmalen Gassen mit den alten Stadtpalästen. Die Häuser in der Umgebung des Centre Pompidou bilden eine typisch europäische Bockrandbebauung. Sie stammen meist aus dem Anfang des 20. Jahrhunderts, jedoch sind einzelne Häuser an dem neugeschaffenen Place George-Pompidou älteren Datums (18. und 19.Jahrhundert). Der Entwurf von Rogers und Piano sah als einziger Wettbewerbsbeitrag vor, das Baugebiet nur zur Hälfte zu bebauen und dadurch einen großen öffentlichen Platz, die Piazza, zu schaffen. Als übergroßer Solitärbau unterscheidet es sich maßgeblich von der umgebenden kleinteiligen Stadtstruktur. Über die Piazza kommuniziert das Gebäudes mit der Stadt. So zieht sich zum einen die Topographie des Platzes in das Gebäudeinnere. Zum anderen wird über die öffentlich zugänglichen Galerien die Fassade lebendig und macht sie zu einem „vertikalen Platz“. Entwurfskonzept / Design concept Oben: Skizze zum grundsätzlichen strukturellen Aufbau Unten: Skizze zum Verhältnis des Gebäudes zum Platz bzw. der Umgebungsbebauung Die Konzeption des Gebäudes beruht maßgeblich auf der Idee, möglichst viel universell bespielbaren Raum für Kunst und Kultur zur Verfügung zu stellen. Das entstandene Gebäude gleicht einer Maschine für Kultur und besteht aus 7 übereinander gestapelten Geschossen mit freiem Grundriss. Das Tragwerk, ein sichtbar zur Schau gestelltes Skelett aus Stützen, Bindern, Zugseilen und Verstrebungen bildet die Hülle des Gebäudes. Diese Hülle bildet den Raum für die auf der zur Straße hin angebrachten Versorgungsleitungen. Auf der Platzseite nimmt sie die Erschließung durch Galerien und die kaskadenartige Rolltreppe auf. So bleibt der Innenraum frei von sämtlichen technischen Installationen und kann vollkommen variabel genutzt werden. Die äußere Form ist die rein rationale und provokante Konsequenz dieses freien Grundrisses. Die Piazza zieht sich als öffentlicher Raum in das Foyer des Gebäudes. Weitere Funktionsräume, wie Konzertsäale und Bühnen, die einen Schall und Sichtschutz brauchen, sind unterirdisch unter dem Gebäude und dem Platz angeordnet. Ausdruck / Expression: Das Centre Pompidou erinnert auf den ersten Blick eher an ein zu groß geratenes maschinenähnliches Gebilde bzw. an ein Provisorium, denn an ein öffentliches Gebäude. Tragwerk und Installationsleitungen bestimmen die äußere Erscheinung. Die vielen sich kreuzenden und abknickenden Linien machen den Bau ungeheuer komplex, fast unüberschaubar, wecken jedoch gleichzeitig das Interesse am Erkunden dieser seltsamen Struktur. Bei genauerer Betrachtung erkennt man eine gewisse Regelmäßigkeit, die hinter diesem Gebilde steckt. Man bemerkt die Menschen hinter der Glasfassade und auf den Galerien und erkennt eine Kunst- und Kulturfabrik die auch liebevoll von den Einheimischen als La Raffinerie bezeichet wird. Proportionen / Proportions: 14.00 42.00 Die Fassade ist ausschließlich durch die Konstruktion und die Versorgungsleitungen strukturiert. Es gibt 13 gleichförmige Joche in Längsausdehnung, die Stützen sind immer über zwei Geschosse mit X-förmigen Spannkreuzen ausgesteift und bilden somit ein fast quadratisches, gleichförmiges Fassadenraster mit einem Verhältnis der Teile von 14m (Höhe) zu 12,5m (Breite). Straßenseitig wird dieses Raster durch die, scheinbar rein funktionell angeordneten farbigen Versorgungsrohre und Schächte überlagert. Platzseitig nimmt die gefaltete Röhre der Rolltreppe die Gliederung auf. Durch deren Vorsetzen vor die eigentliche Tragstruktur rückt die Treppe als gestaltbestimmendes Element in den Vordergrund. 162.50 12.50 Ornamente / Ornaments: Das Thema des Ornaments kann beim Centre Pompidou auf zwei Arten gelesen werden. Zum einen kann man das Stahltragwerk als die das Gebäude bestimmende bzw. schmückende Struktur betrachten. Die filigran gestalteten Kotenpunkte, das Strebewerk, sowie der Wiederholung der Spannkreuze thematisieren Leichtigkeit und Komplexität. Zum anderen bilden die unzähligen Versorgungsleitungen und Schächte einen mit dem Stahltragwerk verwobenen Fassadenteppich, der durch Wiederholung und Überlagerung gekennzeichnet ist. Zu bemerken ist hierbei, dass zu Gunsten der Ästhetik auch funktionslose Rohre angeordnet wurden, um die Rhythmik der Fassade nicht zu zerstören. Die farbige Gestaltung der technischen Installationen findet in Abhängigkeit des zu transportierenden Mediums statt. Blau steht demnach für Luft, grün für Wasser, gelb für Gas und rot für Menschen die sich mittels Aufzügen und Treppen durch das Gebäude bewegen.