Plattenepithelkarzinome der Konjunktiva – Eine klinisch-pathologische Studie Aus der Augenklinik mit Poliklinik der Medizinischen Fakultät der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg Zur Erlangung des Doktorgrades Dr. med. vorgelegt von Tanja Sturm aus Nürnberg Als Dissertation genehmigt von der Medizinischen Fakultät der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg Vorsitzender des Promotionsorgans: Prof. Dr. Dr. h.c. J. Schüttler Gutachter: Prof. Dr. L. Holbach Gutachter: Prof. Dr. F. Kruse Tag der mündlichen Prüfung: 04. März 2014 Meinen Eltern Inhaltsverzeichnis 1. Zusammenfassung S. 1 2. Einleitung 2.1 oberflächliche epitheliale Tumore der Konjunktiva S. 4 2.1.1 präkanzeröse Prozesse S. 4 2.1.2 Karzinome der Konjunktiva S. 5 2.2 Risikofaktoren S. 6 2.3 Therapieoptionen S. 8 2.4 Das Pterygium als wichtige Differentialdiagnose S. 11 3. Patienten und Methoden 3.1 Untersuchung der Patienten S. 15 3.2 Aufarbeitung des Gewebes S. 15 3.2.1 Anfertigung der histologischen Schnitte S. 15 3.2.2 Standardfärbung Haematoxylin – Eosin S. 16 3.2.3 Standardfärbung PAS S. 17 3.2.4 Immunhistochemischer Nachweis S. 17 3.3 Erhebung der Patientendaten S. 17 4. Ergebnisse 4.1 Demographie S. 23 4.2 Vorerkrankungen und Anamnese S. 24 4.3 Klinische Symptome bei Erstvorstellung S. 27 4.4 Tumorgröße und –ausdehnung bei Erstvorstellung S. 31 4.5 Tumor - Staging bei Erstuntersuchung S. 37 4.6 TNM – Klassifikation 2009 S. 37 4.7 Therapie S. 38 4.8 Histologie S. 39 4.9 Follow-Up S. 40 4.10 Betrachtung der Gruppe der invasiven Karzinome S. 42 4.11 Betrachtung der Gruppe der nicht-invasiven Tumore – „pTis“ S. 43 4.12 Vorschlag der Untergliederung der Gruppe pTis S. 45 4.13 Kasuistiken S. 47 4.13.1 Kasuistik G.F. S. 47 4.12.2 Kasuistik W.-M. G. S. 53 5. Diskussion 5.1 kurzer Umriss der Ergebnisse S. 62 5.2 Vergleich der Studienergebnisse mit aussagekräftigen S. 62 Literaturstellen 5.3 Neurodermitis, ein Risikofaktor für die Entstehung S. 66 von Bindehautkarzinomen 5.4 Vergleich mit dem Schwesterkarzinom, dem Karzinom S. 67 der Zervix Uteri 5.5 Schlussfolgerungen S. 69 6. Literaturverzeichnis S. 70 7. Anhang S. 77 8. Danksagung S. 82 9. Lebenslauf S. 83 1 1. Zusammenfassung 1. Hintergrund und Ziele Ziel dieser retrospektiven Studie war die Ermittlung von Diagnose, Therapie und Verlauf bei Patienten mit Plattenepithelkarzinomen der Konjunktiva unter Berücksichtigung der aktuellen TNM-Klassifikation. 2. Patienten und Methoden In die retrospektive Studie wurden 59 Patienten eingeschlossen, die von 1980 bis 2008 wegen Plattenepithelkarzinomen der Konjunktiva in der Augenklinik mit Poliklinik der Universität Erlangen-Nürnberg operiert wurden. Bei 57 von 59 Patienten waren histopathologische Befunde vorliegend. Das durchschnittliche Patientenalter betrug 66,4 Jahre (Minimum: 31, Maximum: 89 Jahre). Die durchschnittliche Nachbetrachtungsdauer betrug 56 Monate. 3. Ergebnisse und Beobachtungen Bei 30 Patienten (51%) war eine konjunktivale intraepitheliale Neoplasie (CIN) nachweisbar. 11 von diesen waren leichtgradige, 19 schwergradige CIN. Rezidive waren nachweisbar bei keinem der 11 leichtgradigen CIN und 5 von 19 schwergradigen CIN (p=0,045). Bei 27 Patienten (46%) war ein invasives Karzinom nachweisbar. Patienten mit einem Primärtumor im T3Stadium entwickelten häufiger ein Lokalrezidiv (p=0,033) oder eine lymphogene Metastasierung als Patienten mit Primärtumor im T1- oder T2Stadium. 2 4. Praktische Schlußfolgerungen Eine schwergradige konjunktivale intraepitheliale Neoplasie (CIN) und ein fortgeschrittenes Rezidiventwicklung Konjunktiva. TNM-Stadium bei (T3) Patienten mit sind Risikofaktoren für die Plattenepithelkarzinomen der 3 1. Summary 1. Background and purpose Purpose of this retrospective study was to find out about diagnosis, therapy and progress of patients with squamous cell carcinoma considering the latest TNM classification. 2. Methods 59 patients, who were operated on squamous cell carcinoma of the conjunctiva in the Department of Ophthalmology and University Eye Hospital of Erlangen were included in this retrospective study. There werde histopathologic results for 57 out of 59 patients. The mean age of the included patients was 66,4 years (Lowest: 31 years; Highest: 89 years). The mean follow-up time was 56 months. 3. Results 30 patients (51%) had a conjunctival intraepithelial neoplasm (CIN). 11 out of these were low-grade, 19 high-grade CIN. None of the low-grade and 5 out of 19 high-grade CIN suffered a recurrent neoplasm (p=0,045). 27 patients (46%) had invasive carcinoma. Patients with primary tumors of T3-Stadium suffered recurrent neoplasms more often (p=0,033) than patients with primary tumors of T1- oder T2-Stadium. They occured more lymph node metastases as well. 4. Conclusions High-grade conjunctival intraepithelial neoplasm (CIN) and advanced TNMStage (T3) are risc factors for recurrence of squamous cell carcinoma of the conjunctiva. 4 2. Einleitung 2.1 oberflächliche epitheliale Tumore der Konjuntiva 2.1.1 präkanzeröse Prozesse Präkanzeröse Läsionen sind Dysplasien und das Carcinoma in situ. Sie ähneln klinisch dem invasiven Bindehautkarzinom, befinden sich dagegen aber strikt intraepithelial. Konjunktivale bzw. korneale intraepitheliale Neoplasien, Karzinomata in situ, und invasive Karzinome sind durch ihr klinisches Erscheinungsbild meist nicht eindeutig voneinander abzugrenzen. Die histologische Untersuchung dagegen vermag invasive und nicht-invasive Formen voneinander zu trennen [5, 7, 47]. Erstere gelten als nicht-invasiv, da die Basalmembran stets respektiert wird [33]. Konjunktivale bzw. korneale Neoplasien lassen sich noch weiter differenzieren in milde, moderate und schwere Dysplasien, je nach Ausmaß des konjunktivalen Befalls [1]. Läsionen, die sich auf das basale Drittel des konjunktivalen Epithels beschränken, gelten als milde Dysplasien (CIN I), bei einem Befall von zwei Dritteln spricht man von einer moderaten Dysplasie (CIN II). CIN I und CIN II kann man zu geringgradigen CIN (Abb. 1) zusammenfassen. A Abb. 1: A: 59 jähriger Patient mit leichtgradigem CIN, klinisches Bild; B: mikroskopisches Bild (Haematoxylin – Eosin, Vergrößerung 25fach) B 5 Ist dagegen das konjunktivale Epithel in seiner gesamten Dicke betroffen, handelt es sich um eine schwere Dysplasie (CIN III) bzw. Karzinoma in situ (Abb. 2), falls zusätzlich die oberste Zellschicht verloren gegangen ist [25, 13]. Diese beiden Krankheitsbilder lassen sich zu schwergradigen CIN zusammenfassen, sodass zwei Gruppen präkanzeröser Prozesse exisiteren. Konjunktivale intraepitheliale Neoplasien und Carcinoma in situ führen nicht zu Metastasen, rezidivieren aber häufig. In der Literatur sind Rezidivraten zwischen 27% [28] und 36% [33] beschrieben. Des Weiteren können sie in ein invasives Karzinom übergehen [13, 33], Die Entwicklung von einer CIN zu einem invasiven Karzinom wird initiiert durch ein Aussprossen neuer lymphatischer Gefäße, was bereits in einem frühen präkanzerösen Stadium beginnt [15]. In der Literatur ist eine Transformationsrate von 13% beschrieben [7]. A Abb. 2: A: 78 jähriger Patient mit einem Carcinoma in situ, klinisches Bild; B: mikroskopisches Bild (Haematoxylin – Eosin, Vergrößerung 25fach) 2.1.2 Karzinome der Konjunktiva Das invasive Plattenepithelkarzinom (Abb. 3) ist eine seltene Erkrankung mit einer Inzidenz von 0,02 – 3,5 / 100 000 Neuerkrankungen pro Jahr abhängig von der geographischen Lage [49]. Konjunktivale Neoplasien gelten als B 6 invasiv, wenn die epitheliale Basalmembram penetriert wurde [17, 33] und werden dann aufgrund Plattenepithelkarzinom ihrer zellulären bezeichnet. Seltenere Abstammung Varianten meist davon als sind Mukoepidermoid- oder Spindelzellkarzinome [25]. Die limbale Konjunktiva ist der bevorzugt befallene Ort für konjunktivale Karzinome [28, 36], von dort kann es sich auf bulbäre oder palpebrale Konjunktiva und die Kornea ausbreiten. Rein kornealer Befall dagegen ist selten [42]. Metastasen kommen bei konjunktivalen Karzinomen vor, sind aber bei Immunkompetenten selten [19, 25]. In der Literatur wird ein lymphogener Metastasierungsweg beschrieben [7, 25]. Erie et al. konstatieren eine Metastasierungsrate von 9% [7]. A B Abb. 3: A: 85 jähriger Patient mit einem Plattenepithelkarzinom, klinisches Bild; B: mikroskopisches Bild (Haematoxylin – Eosin, Vergrößerung 25fach) 2.2 Risikofaktoren Risikofaktoren für konjunktivale Karzinome sind vielfältig. Als wichtiger Faktor gilt UV-B Strahlung. Vorallem lange Exposition verursacht einen chronischen lichtinduzierten Schaden, der meist bei älteren Menschen auftritt [30, 25]. Interessanterweise scheint dabei UV-Exposition im jungen Alter (0 – 7 Jahre) höheren Einfluss zu haben, als Exposition, die erst im Jugendlichen - oder 7 Erwachsenenalter auftritt [26]. Auch das Ausmaß der UV-B Strahlung ist wichtig: das Risiko, an einem solchen Karzinom zu erkranken, sinkt mit dem Abstand zum Äquator [1], was folglich geringerer UV-B Belastung entspricht. Eine Abnahme des Breitengrades um 10 Grad, senkt das Risiko um 49% [31]. In experimentellen Studien konnte bewiesen werden, dass proteolytische Enzyme wie Matrix Metalloproteinase (MMP-1, MMP-3) und ihr natürlicher Gegenspieler, tissue inhibitor of metalloproteinase (TIMP), durch UV-B Strahlung signifikant erhöht werden. Diese Enzyme ermöglichen das Eindringen von Tumorzellen in das Gewebe und begünstigen Metastasierungswege [32]. Des Weiteren gibt es Hinweise, dass atopische Dermatitis einen Risikofaktor für das Auftreten von Bindehautkarzinomen darstellt. Viele Patienten zeigen im Laufe ihrer Erkrankung eine Augenbeteiligung, meist eine Entzündung von Lidern, Bindehaut und Hornhaut. Typische Zeichen einer atopischen Keratokonjunktivitis sind eine gigantopapilläre Hypertrophie der Bindehaut, visköser Schleim und Plaques der Hornhaut [12]. Unspezifischer sind subepitheliale Bindehautnarben, Symblephara, Erosiones oder eine Vaskularisierung der Hornhaut. Eine solche, über Jahre bestehende Entzündung kann zu Dysplasien und Malignomen führen. Zum andern weisen atopische Patienten eine Störung der Immunkontrolle auf. So sind Dysfunktionen der Granulozyten, Makrophagen und T-Lymphozyten bekannt. Als Folge dieser Störung haben Atopiker eine gesteigerte Wahrscheinlichkeit, virale oder bakterielle Infektionen zu entwickeln [34]. Chronische Blepharokonjunktivitiden im Zusammenhang mit der bei Neurodermitis gestörten Immunantwort stellen höchstwahrscheinlich einen prädisponierenden Faktor für das Entstehen von konjunktivalen Karzinomen dar [20]. 8 Die Rolle der Humanen-Papilloma-Viren (HPV), insbesondere der Genotypen 16 und 18, bei der Entstehung von konjunktivalen Karzinomen war viel diskutiert [30, 45]. Schließlich konnte schon bei der Entstehung von Plattenepithelkarzinomen der Cervix uteri gezeigt werden, dass dafür auch eine Infektion mit HPV verantwortlich ist [30]. In der Literatur sind Nachweise der HPV-DNA von bis zu 80% bei CIN und bis zu 90% bei invasiven Karzinomen beschrieben [1]. Zwar konnten Scott et al. 2002 mittels Polymerase Kettenreaktion (PCR) aktive HPV – Infektionen sogar in allen untersuchten CIN Läsionen nachweisen, es ist allerdings nach wie vor nicht gesichert, dass jeder HPV-Infizierte auch konjunktivale Tumore entwickelt [28, 35]. Ein weiterer Risikofaktor für die Entstehung von konjunktivalen Neoplasien ist das Humane Immundefizienz Virus (HIV). Das Risiko mit einer HIV– Infektion an einem konjunktivalen Karzinom zu erkranken, ist gegenüber einem Nichtinfizierten etwa um das 13- fache erhöht [27]. Allerdings ist noch nicht geklärt, ob es direkt die Entstehung der Karzinome begünstigt, oder durch Immunsuppression potentiell onkogene Viren aktiviert [30]. Auch der Umkehrschluss kann bei der Kombination HIV und CIN erwogen werden: Karp et al. zeigten 1996, dass bei Patienten, die in ungewöhnlich jungem Alter (<50 Jahre) eine CIN bekommen, eine bestehende HIV Infektion oft eine Rolle spielt. Das Auftreten einer CIN bei jungen Patienten kann also ein Marker für eine HIV-Infektion sein, die möglicherweise noch unbekannt ist. Eine HIV-Testung wäre solchen Patienten anzuraten [21, 23]. 2.3 Therapieoptionen Unumstritten der wichtigste Aspekt in der Therapie von Konunktivalkarzinomen ist die zügige operative Entfernung des Tumors [17, 41]. Die Resektion geschieht dabei in „no touch“ Technik. Das heißt, der 9 Tumor wird mit geringst möglicher Manipulation entfernt, um eine Verteilung von Tumorzellen in den Fornix oder das Tränenkanalsystem zu vermeiden [41]. Dabei ist besonders zu beachten, dass der Tumor möglichst im Kompletten entfernt wird und dass auf dem Resektat die Ränder frei von malignen Zellen sind [17]. Dieses Kriterium hat größten Einfluss auf den Rezidivcharakter des Karzinoms [36]. Nicht komplette Resektionen haben eine Rezidivrate von bis zu 56%, wohingegen es bei kompletter Entfernung des Tumors nur in 5% zu einem Rezidiv kommt [7]. Eine weitere Problematik zeigten Erie et al. 1986 auf: Selbst wenn der Tumor klinisch und histopathologisch komplett entfernt wurde, das heißt die Schnittränder frei von Tumorzellen sind, garantiert das nicht, dass der Patient komplett geheilt war. Atypische Zellen können sich unter der Basalmembran noch über beträchtliche Distanzen ausbreiten [7]. Deswegen ist die alleinige Resektion oft nicht ausreichend und es sollten adjuvante therapeutische Maßnahmen ergriffen werden. Bewährt hat sich dafür bereits das Alkylans Mitomycin C (MMC). Es interkaliert zwischen die zwei Stränge der DNA und bindet diese kovalent aneinander, sodass eine Dissoziation nicht mehr möglich ist. Die Replikation und Transkription kann nicht mehr stattfinden und die Nukleotid Synthese geht zugrunde [24]. Es kann neoadjuvant durch täglich applizierte Augentropfen zur Verkleinerung des Tumors angewandt werden. Dadurch wird der Tumor besser operabel und der Eingriff ist für den Patienten schonender [37]. Eine weitere Anwendungsoption ist die perioperative Applikation von MMC für einige Minuten auf die reine Sklera [10]. Damit kann man die gesamte Augenoberfläche, insbesondere schwer erreichbare Stellen wie den Fornix erreichen [22, 39]. Postoperativ dagegen bieten sich mehrere Zyklen mit MMC - Augentropfen (0,02% oder 0,04%, fünfmal am Tag für 7-14 Tage) gerade dann an, wenn der Tumor nicht komplett entfernt werden 10 konnte und es noch Reste mit malignen Zellen gibt [46]. Frucht-Pery et al. haben 2002 gezeigt, dass sich dadurch die Rezidivrate deutlich senken lässt [11]. Die MMC – Nebenwirkungspotential. Therapie Bekannt hat sind allerdings vor auch allem ein lokale gewisses Irritationen, Erytheme, Entzündungen, Ulzerationen und Reizung und Schädigung des konjunktivalen Epithels, was schlimmstenfalls auch zum Abbruch der Therapie führen kann [24, 39]. Um eine systemische Aufnahme des Wirkstoffs zu vermeiden, haben sich kleine Stöpsel für die Tränenpünktchen (punctum plugs) bewährt, die eine Resorption in den Tränenkanal verhindern. Außerdem sollten bei der Applikation Handschuhe getragen werden [8]. Kryotherapie ist eine kurze, gezielte Anwendung von Kälte. In der Behandlung von Augentumoren wird es gern nach der Exzision im Resektionsbett und an den Schnitträndern angewandt, um eventuell verbleibende maligne Zellen unschädlich zu machen. Auch diese Methode ist nicht ohne Nebenwirkungen. Es können Entzündungen der Hornhaut, Narbenbildung, Symblephara und Pannusbildungen auftreten, wodurch ein beträchtlicher Visusverlust entstehen kann [43]. 5-Fluoruracil (5-FU) ist ein weiteres Chemotherapeutikum, was für die adjuvante Behandlung von Karzinomen der Konjunktiva eingesetzt wird. Es wird analog zu MMC topisch in Form von Augentropfen appliziert, meist in einprozentiger Konzentration. 5-FU ist ein Antimetabolit , der besonders auf schnell proliferierende Zellen wirkt. 5-FU inhibiert die Thymidylat-Synthetase während der S-Phase des Zellzyklus, und behindert durch den Thymidin Mangel die DNA Synthese [24]. Es ist relativ günstig und muss im Gegensatz zu MMC nicht gekühlt gelagert werden. Zu den Nebenwirkungen zählen Konjunktivitis und Keratitis [29]. 11 Auch die Radiotherapie hat einen Stellenwert in der Therapie von Konjunktivalkarzinomen. Im Rahmen der Brachytherapie wirken Betastrahler wie Strontium-90 und Ruthenium-106 aus kürzester Distanz an den oberflächlichen Schichten der zu bestrahlenden Läsion. Im Gegensatz zu den Gammastrahlern ist diese Methode der Strahlentherapie schonender für das gesunde umliegende Gewebe. Komplikationen der Brachytherapie sind trockene Augen, Konjunktivitis, sklerale Ulzeration und Kataraktbildung [25, 40]. Ein neuer Therapieansatz, der kurz angesprochen werden soll, ist der rekombinante monoklonale Antikörper Bevacizumab (Avastin®), der gegen den vaskulären endothelialen Wachstumsfaktor (VEGF) gerichtet ist [2, 3]. Anti-VEGF-Medikation hat sich bereits in der Behandlung von Kolon-, Rektum-, Mamma-, und Pankreaskarzinomen etabliert [44]. Tierexperimentelle Studien zeigten, dass Bevacizumab (Avastin®) effektiv die Neovaskularisation hemmt und damit das Aussprossen von Lymphgefäßen verhindert. Daduch lassen sich Transformationen in maligne Tumoren, wie auch Metastasierungswege unterbinden [2, 3]. Die Studiensituation ist hier allerdings erst wenig erschlossen, sodass sich das vielversprechende Medikament in dieser Indikation erst noch profilieren muss. 2.4 Das Pterygium als wichtige Differentialdiagnose Das Pterygium, nach seiner Form auch Flügelfell genannt, ist ein aktiver, entzündlicher Prozess. Es ist oft dreieckig ausgebildet, der Apex zeigt dabei zum Zentrum der Kornea [6]. Die Entstehung kann in zwei Stufen beschrieben werden. Initial kommt es zu einer Unterbrechung der epithelialen Barriere an der kornealen und konjunktivalen Grenze des 12 Limbus. Danach schließt sich eine progressive Zellproliferation, Angiogenese und Entzündungsreaktion an, sodass die Kornea mit konjunktivalem Gewebe überlagert wird [4]. Das Pterygium befindet sich in den meisten Fällen auf der nasalen Konjunktiva (Abb. 4). Dies wird als starker Indikator betrachtet, dass Umweltfaktoren, wie Sonneneinstrahlung auch bei der Entstehung des Pterygiums eine wichtige Rolle spielen. Auf der nasalen Konjunktiva lastet aufgrund der Anatomie des Auges die größte UV – Belastung. Manchmal kann man am Kopf des Pterygiums eine Stocker-Linie identifizieren. Dies sind gelb-bräunliche lineare Eisenablagerungen aus dem Tränenfilm [6]. Abb. 4: Verschiedene Schweregrade des Pterygiums; A: nasal gelegenes Pterygium mit beginnendem Wachstum auf die Hornhaut ohne Verlegung der optischen Achse; B: Nasal lokalisiertes Pterygium mit Wachstum auf die Hornhaut und Gefährdung der optischen Achse, Pfeile markieren die Stocker-Linie; C: Nasales und temporales Pterygium (sog. Kissing-Pterygien) mit deutlicher Verlegung der optischen Achse. Auch hier ist die Ablagerung von Eisen aus dem Tränenfilm als Stocker-Linie erkennbar (Pfeil) Weist das Pterygium uncharakteristische Form oder Lokalisation auf, ist dieses eher sekundär aufgrund von Trauma, Entzündung oder Gefäßneubildungen entstanden. Man spricht dann von einem PseudoPterygium [16]. Das zügige Wachstum des Pterygiums beruht auch auf dem Einfluss von Wachstumsfaktoren wie dem Fibroblasten-Wachstumsfaktor oder dem Tumornekrosefaktor – !. Diese wurden sowohl in bereits vorhandenen 13 Zellen, als auch in Entzündungszellen von entnommenen Pterygium Gewebe nachgewiesen [4]. Zytokine und Wachstumsfaktoren tragen einerseits zu der enormen Zellproliferation und dem Gewebsumbau bei, andererseits modelieren sie auch eine Klasse proteolytischer Enzyme, wie die Gruppe der Matrix Metalloproteinasen (MMP), die auch bei der Entstehung von Pterygia eine Schlüsselrolle spielen. Diese Enzyme ermöglichen den Pterygium Zellen, in die Bowman´sche Lamelle einzudringen, diese loszulösen und die Läsion fest auf der Kornea zu verankern [6]. Im Gegensatz zum Zusammenspiel von MMP und ihrem Inhibitor bei invasiven Karzinomen ist bei Pterygia nur die MMP signifikant erhöht und ihr Gegenspieler tissue inhibitor of metalloproteinase (TIMP) deutlich supprimiert. Dies erklärt das vergleichsweise schnelle, aggressive Wachstum mancher Pterygia [32]. Abb. 5: Histologie eines Pterygiums in HE-Färbung mit ausgeprägter elastoider Degeneration des Stromas und zahlreichen stromalen Gefäßanschnitten, die bis unmittelbar supepithelial reichen, A: Vergößerung 200fach; B: Vergrößerung 400fach Das Pterygium sollte in jedem Fall entfernt werden, wenn es den Visus beeinträchtigt, einen Astigmatismus verursacht oder die Augenbewegungen einschränkt [4, 14]. Da ein atypisch gelegenes Pterygium eine Dysplasie oder ein Karzinom maskieren kann, sollte auch dieses zügig entfernt werden 14 [38]. Die Entfernung von Pterygia aufgrund von Rötung, Irritation und Trockenheit allein ist in Diskussion. Der Eingriff führt stets eine Narbe mit sich, und man muss dabei die Nutzen – Risiko – Relation abwägen. Sollte es zu einem Rezidiv des Pterygiums kommen, ist dies oft wesentlich ausgeprägter und schlechter zu behandeln. Die Therapie des Pterygiums beinhaltet operative Entfernung, und gegebenenfalls Deckung des Defektes und niedrigdosierte lokale Chemotherapie (Abb. 6) [10, 16]. Abb. 6: 67-jähriger Patient präoperativ (A) und 12 Monate nach Exzision (B) und freiem Bindehauttransplantat Der Einsatz von Mitomycin C bei der Therapie des Pterygiums kann intraoperativ und postoperativ erfolgen. Aufgrund der Toxizität und der Gefahr schwerwiegender Nebenwirkungen wie sklerale Ulzerationen, Iritis, Kataraktbildung, Sekundärglaukom, Perforation und Vernarbungen ist der Einsatz von MMC gut zu überdenken [8, 9]. Ziel der Studie war es, mit der neuen TNM – Klassifikation für Karzinome der Konjunktiva von 2009 [48] zu arbeiten, mit dem Ziel, diese im klinischen Alltag zu testen und auf Anwendbarkeit zu prüfen. 15 3. Patienten und Methoden 3.1 Untersuchung der Patienten Von 1980 bis 2008 wurden in der Universtäts-Augenklinik Erlangen 59 Patienten mit oberflächlichen oder invasiven Neoplasien am Auge operiert. Die Patienten wurden konsekutiv in die retrospektive Studie aufgenommenen. Sie wurden in der Klinik mit der Spaltlampe untersucht. Dieses Verfahren wird in der Augenheilkunde zur mikroskopischen Untersuchung bestimmter Augenabschnitte angewendet. Sie besteht aus einem Mikroskop, an dem eine Spaltlampe befestigt ist. Diese sendet ein schmales, spaltförmiges Lichtbündel aus. Die Untersuchung ermöglicht einen optischen Schnitt durch die transparenten Abschnitte des Augengewebes. Der Patient sitzt dem Arzt gegenüber, wobei sein Kinn auf einer Kinnstütze ruht. Dadurch kann der Kopf bei der Untersuchung ruhig gehalten werden. Der Arzt beleuchtet das zu untersuchende Auge. Mit der Spaltlampe können die vorderen Augenabschnitte, wie die Hornhaut, Bindehaut, Lederhaut, Regenbogenhaut, die Vorderkammer des Auges und die Linse genau beurteilt werden. Schaltet man bestimmte Zusatzgeräte, wie z.B. eine starke Sammellinse vor das Mikroskop, so lassen sich auch Glaskörper, Netzhaut und Sehnervenkopf untersuchen. 3.2 Aufarbeitung des Gewebes 3.2.1 Anfertigung der histologischen Schnitte Den Patienten wurde der Tumor operativ entfernt, das Präparat wurde auf ein Papier aufgelegt und zum Antrocknen kurz darauf belassen. Anschließend wurde das Exzidat zur histologischen Diagnosesicherung ins Ophthalmo-Pathologie-Labor oder das Institut für Pathologie der FriedrichAlexander-Universität Erlangen-Nürnberg eingeschickt. 16 Das gewonnene Gewebe wurde im OP mit gepufferter, 10%-iger Formalinlösung ® mit einem pH-Wert von 7,2 ( Fa. Merk, Darmstadt) über 24 Stunden fixiert. Je nach Größe des Gewebes wurden die Proben entweder in toto belassen oder anatomisch gerecht halbiert (ab ca. 5 mm Durchmesser), in Gewebekapseln eingebracht und in Paraffin eingebettet. Die Paraffineinbettung erfolgte über Nacht im Automaten. (Shandon-DuplexProcessor; Fa. Thermoscientific, Frankfurt). Paraffineinbettung: Dehydrierung durch eine aufsteigende Alkoholreihe: 70%, 96% und 100%iger Alkohol, je 3 mal, als Intermedium Chloroform, je 3 mal und zwei Paraffinbäder (60° C) (Paraffin ®, Schmelzpunkt 53°-55°). Danach wurde das Gewebe mit frischem Paraffin in Blockformen ausgegegossen und zum Aushärten mindestens zwei Stunden in den Kühlschrank gestellt. Anschließend wurden 3-4"m dicke Paraffinschnitte mit einem Rotationsmikrotom (Fa. Leitz, Germany) angefertigt. Die Schnitte wurden im heißen Wasserbad (60°C) gestreckt, auf Glasobjektträger aufgezogen und über Nacht in einem 37°C warmen Brutschrank (Heraeus, Fa. Thermoscientific, Frankfurt) inkubiert. 3.2.2 Standardfärbung Haematoxylin - Eosin HE = Haematoxylin-Eosin Die Paraffinschnitte wurden mit Xylol® entparaffiniert (20 Min). Es folgte eine absteigende Alkoholreihe 100%, 95%, 70% Alkohol bis zum aqua dest.. Dann wurde 20 Minuten mit Hämatoxylin® gefärbt, ausgewaschen und weiter differenziert. Differenzierung: Die Schnitte wurden mit 1%iger HCL Lösung gespült und wieder ausgewaschen. Dann wurden sie in Ammoniakwasser gebläut, und 17 wiederum ausgewaschen. Nach 20 minütigem Nachbläuen wurden sie 4 Minuten in 1%iger wässriger Eosinlösung gegengefärbt und durch eine aufsteigende Alkoholreihe bis ins Xylol gebracht. Zuletzt wurden die Schnitte mit einem Acrylharz (Eukitt®) eingedeckt und dadurch archivierbar gemacht. 3.2.3 Standardfärbung PAS PAS = Periodic-Acid-Schiff Nach der Entparaffinierung wurden die Schnitte 5 Minuten mit 0,5%iger Perjodsäure oxydiert und anschließend in aqua dest. gespült. Danach wurden sie in das Schiff´sche Reagenz® (Fa. Merk, Darmstadt) eingebracht, bis eine rosa Färbung eintrat. Nach Auswaschen in Leitungswasser wurde 8 Minuten mit Hämatoxylin® gegengefärbt und wieder differenziert, siehe HEFärbung, nach dem Bläuen durch eine aufsteigende Alkoholreihe gebracht und mit Eukitt® eingedeckt. 3.2.4 Immunhistochemischer Nachweis An Paraffinschnitten wurde auch die Expression des Ki-67 Antigens mittels vorverdünnter, monoklonaler Maus-Antikörper (Fa Dakro, Germany) nachgewiesen. 3.3 Erhebung der Patientendaten Die Daten der Patienten wurden mittels Aktenstudium erfasst. Die Erhebung erfolgte mit einem vierseitigen Fragebogen, der für jeden Patienten ausgefüllt wurde. Der Bogen enthielt hauptsächlich Erhebungsvariablen mit mehreren definierten Aussagen, aus denen die jeweils Zutreffende zu wählen war. Um einige Größen quantifizieren zu können, oder besonderen Aspekten Beachtung zu schenken, gab es zum Teil auch die Möglichkeit der Freitexteingabe. 18 Für die Auswertung der erhobenen Informationen erarbeiteten wir in Zusammenarbeit mit einem Informatiker ein fünfseitiges PDF Acrobat Writer Formular, das in virtueller Form genau dem Erhebungsbogen entsprach (siehe Anhang). Die Patientendaten wurden auf eine gesicherte Internet Datenbank hochgeladen, aus dieser sich ein Exzerpt gewinnen ließ. Dieser wurde dann in das Statistikprogramm SPSS eingespeist. So konnten letztlich die erhobenen Variablen ausgewertet werden. Der Erhebungsbogen begann mit den demographischen Daten der Patienten, wie Vor- und Zuname, Geschlecht, ethnische Zugehörigkeit, Geburtstag, Datum der Operation, die Seitigkeit der Erkrankung (uni- / bilateral) und die Seite des betroffenen Auges. Im zweiten Schritt wurde eine erweiterte Anamnese abgefragt. Erhoben wurde, ob vorherige Neoplasien an den Augen vorkamen, und ob anderere Vorerkrankungen an den Augen bestanden. Diese wurden mittels Mehrfachauswahl gegebenenfalls weiter spezifiziert. Berücksichtigt wurde auch das Tragen von Kontaktlinsen, Raucher-, Berufs-, und Familienanamnese. Des Weiteren wurden allgemeine Grunderkrankungen erfasst, wie auch eventuell durchstandene Krebserkrankungen. Ein wichtiger Punkt war die Aufnahme der initialen klinischen Symptome, die die Erkrankung geboten hat. Erfasst wurden Dauer und Art der Symptome, das klinische Erscheinungsbild, eine erste präoperative klinische Diagnose der Neoplasie und das Vorhandensein typischer Charakteristika wie Pigmentveränderungen und Gefäßneubildungen. Festgehalten wurden auch die Tumorgröße und – ausbreitung bei initialer Untersuchung. Dabei wurde differenziert zwischen dem dominierenden anatomischen Befall und weiteren befallenen Strukturen im Auge. Der Tumor wurde dabei möglichst genau beschrieben. Die Größe wurde in Quadranten und in Stunden festgehalten, die Lokalisation auf einen bestimmten Quadranten und das Wachstumsschema der Neoplasie wurden 19 ebenso erfasst. Die Stadieneinteilung erfolgte mit der TNM – Klassifikation von 2009. Dazu wurde vermerkt, ob eine Sentinellymphknotenbiopsie stattgefunden hat, ob Lymphknoten- und/oder Fernmetastasen vorhanden waren und ob ein Sekundärtumor vorlag. Der Primärtumor wurde dabei wie folgt definiert (Tab. 1, Abb. 7-11) [48]: Tab. 1: Klassifikation des Primärtumors TX Primärtumor kann nicht beurteilt werden T0 Kein Anhalt für einen Primärtumor Tis Karzinoma in situ T1 Tumordurchmesser # 5mm in größter Ausdehnung T2 Tumordurchmesser > 5 mm in größter Ausdehnung, ohne Befall von Nachbarstrukturen T3 Tumor befällt Nachbarstrukturen (ausgeschlossen Orbita) T4 Tumor befällt die Orbita, ggf. weiterer Befall T4a Tumor befällt Weichteile der Orbita ohne Knochenbefall T4b Tumor befällt den Knochen T4c Tumor befällt angrenzende Nasennebenhöhlen T4d Tumor befällt das Hirn Abb. 7: Primärtumorstadium pTis im klinisches Bild (A) und histologischer Skizze (B) 20 Abb. 8: Primärtumorstadium pT1 im klinischen Bild (A) und schematischer Skizze (B) Abb.9: Primärtumorstadium pT2 im klinischen Bild (A) und schematischer Skizze (B) Abb. 10: Primärtumorstadium pT3 im klinischen Bild (A) und schematischer Skizze (B) 21 X Abb. 11: Primärtumorstadium pT4 im klinischen Bild (A) und schematischer Skizze (B), orbitaler Befall (X) Regionale Lymphknotenmetastasen waren ebenso relevant für das Festlegen des TNM – Stadiums: War keine Aussage darüber zu treffen, galt: NX, konnte man regionalen Lymphknotenbefall ausschließen bzw. verifizieren, galt N0 bzw. N1. Zu diesen Stationen zählten präaurikuläre, submandibuläre und zervikale Lymphknoten. Das dritte Kriterium für die Stadieneinteilung mit der TMN – Klassifikation war das Vorhandensein von Fernmetastasen. Analog zu regionalen Lymphknotenmetastasen kennt man einen MX - Status, der keine Aussage über die Existenz von Fernmetastasen zulässt, und M0 bzw. M1 für das Fehlen bzw. das Vorhandensein von Fernmetastasen. Die durch diese Erhebung gewonnene TNM – Formel wurde ebenso auf dem Fragebogen erfasst. Anschließend wurde die Art der Therapie, sowie die Zahl der operativen Eingriffe auf dem Bogen vermerkt. Im nächsten Schritt wurde der exakte histopathologische Befund und der Grad der Differenzierung erfasst. Der Ki-67 – Index wurde in Prozent aufgenommen und gab an, wie viel Prozent der Tumorzellen sich in einem Wachstumsstadium befinden. Als letzter Punkt des Fragebogens wurde das Follow-Up erstellt. Waren die Patienten nach der Erkrankung noch regelmäßig und ausreichend lange Zeit in Nachkontrolle der Universitäts- 22 Augenklinik, um ein aussagekräftiges Follow-Up zu gewinnen, erfolgte ein weiteres Aktenstudium, andernfalls wurden die Augenarztpraxen bzw. Allgemeinarztpraxen diesbezüglich kontaktiert. Erfragt wurden der Termin der letzten Vorstellung, das Auftreten möglicher Rezidive und gegebenenfalls das Datum der Diagnosestellung dafür. Trat ein Rezidiv auf, wurde abgeklärt, ob es zu Lymphknotenmetastasen, Fernmetastasen oder einem Sekundärkarzinomen kam. Außerdem wurde erfasst, ob der Teilnehmer in der Zwischenzeit verstorben ist, und, falls ja, ob das Versterben in Zusammenhang mit der Neoplasie am Auge stand. 23 4. Ergebnisse 4.1 Demographie Es nahmen insgesamt 59 Patienten an der Studie teil. 40 Patienten waren männlich (68%), 19 Patienten waren weiblichen Geschlechts (32%, Abb. 12). 100 80 68 60 32 40 20 0 Geschlechterverteilung in % Mann Frau Abb. 12: Geschlechterverteilung der Patienten Das Alter der Ersterkrankung lag zwischen 31 und 89 Jahren, bei einem Mittelwert von 66,4 Jahren und einem Medianwert von 67 Jahren. 58 Patienten (98%) gehörten zur kaukasischen Rasse, ein Patient zur afrikanischen (2%). Der Tumor befand sich bei allen 59 Patienten unilateral (100%); in 34 Fällen war das linke Auge betroffen (58%), in 25 Fällen das rechte Auge (42%). 24 4.2 Vorerkrankungen und Anamnese Ein vorhergehendes Karzinom am Auge wiesen 11 Patienten (19%) auf. Bei 8 Patienten war das linke Auge betroffen, bei 3 Patienten war im Vorfeld das rechte Auge erkrankt. Anschließend wurden die Vorerkrankungen der Augen erhoben (Tab. 2). 27 Patienten gaben an, am linken Auge keine weiteren Vorerkrankungen zu haben (45%). Unter den 32 Patienten mit Vorerkrankungen (55%) wurde in jeweils 5 Fällen Pterygium und Ektropium genannt (je 16%), in 2 Fällen Pingueculum (6%), in einem Fall okuläres vernarbendes Pemphigoid (3%). 22 gaben andere Erkrankungen an (69%). Diese waren in 7 Fällen chronische/vernarbende Konjunktivitiden (25%), in 3 Fällen Symblephara (9%), in weiteren 3 Fällen war das Auge voroperiert und nach extrakapsulärer Kataraktextraktion eine Hinterkammerlinse implantiert worden (9%), zweimal genannt wurde Blepharitis und Arcus Lipoides (je 6%), jeweils einmal genannt wurden Morbus Bowen, Amblyopie, Leukoplakie, Chrorioretinitis, und Zustand nach Venenastverschluss (je 3%). Am rechten Auge gaben 23 Patienten an, keine weiteren Vorerkrankungen am Auge zu haben (39%). Von den 36 Patienten, die eine Erkrankungen angaben (61%), wurde in je 5 Fällen Pingueculum und Ektropium genannt (je 14%), in 4 Fällen Pterygium (11%), in jeweils einem Fall Entropium und okuläres vernarbendes Pemphigoid (je 3%). 25 gaben andere Erkrankungen an (70%). Diese waren in 7 Fällen chronische/vernarbende Konjunktivitiden (19%), in weiteren 4 Fällen war das Auge voroperiert und nach extrakapsulärer Kataraktextraktion eine Hinterkammerlinse implantiert worden (11%), in je drei Fällen lagen Leukoplakie oder Pseudophakie vor (je 8%), zweimal genannt wurden Arcus lipoides, Blepharitis, Amblyopie (je 6%), einmal genannt wurde Amaurosis und Hyperkeratose (je 3%). 25 Tab. 2: Vorerkrankungen am Auge Linkes Auge (n=35) Rechtes Auge (n=41) Pterygium 5 4 Pingueculum 2 5 Ektropium 5 5 Entropium 0 1 vernarbendes 1 1 vernarbende 7 7 ECCE + HKL 3 4 Symblephara 3 0 Leukoplakie 1 3 Pseudophakie 0 3 Arcus Lipoides 2 2 Blepharitis 2 2 Amblyopie 1 2 Amaurosis 0 1 M. Bowen 1 0 Chorioretinitis 1 0 Z.n. Venenastverschluss 1 0 Hyperkeratose 0 1 Okuläres Pemphigoid Chronische, Konjunktivitis Die Raucheranamnese war bei 7 Patienten positiv (12%), mit einem Mittelwert von 23 Pack Years, 20 verneinten Nikotinkonsum (34%), bei 32 Patienten war diese Information nicht zu eruieren (54%). Die Familienanamnese war bei allen Patienten leer (100%). 2 Patienten trugen Kontaktlinsen (3%). Die Berufsamanmese ergab in 5 Fällen eine Beschäftigung im Freien (8%), in 3 Fällen eine indoor- Beschäftigung (5%). In 51 Fällen war diese Information nicht verfügbar (87%). 26 Anschließend wurden allgemeine Begleiterkrankungen ermittelt (Tab. 3). Die Frage nach dem Vorhandensein allgemeiner Begleiterkrankungen wurde in 33 Fällen verneint (56%), 26 Patienten hatten mindestens eine Begleiterkrankung (44%) In 7 Fällen wurde eine systemische Immunsuppression angegeben (12%), davon zweimal Cyclosporin A und fünfmal hochdosierte Kortisontherapie, in 3 Fällen lag atopische Dermatitis bzw. Atopiedisposition vor (5%) 2 Patienten wiesen langjährige UV-Exposition auf (je 3%). 18 Patienten gaben andere Antworten (30%). Diese waren in jeweils 4 Fällen Chemo-/Radiotherapie und Diabetes mellitus (je 7%), in 3 Fällen wurde chronische Polyarthritis/rheumatoide Arthritis angegeben (je 5%), in jeweils 2 Fällen wurde Neck-Dissection, C2-Abusus oder Hepatitiserkrankung genannt (je 3%). Tab. 3: Allgemeine Begleiterkrankungen (n=29) medikamentöse Immunsuppression 7 Diabetes Mellitus 4 Chemo-/Radiotherapie 4 Chron. Polyarthritis / rheum. Arthritis 3 atopische Dermatitis / Atopiedisposition 3 langjährige UV-Exposition 2 Z.n. Neck-Dissection 2 C2-Abusus 2 Hepatitis 2 Die Karzinomanamnese war in 46 Fällen leer (77%). Bei 4 Männern (7% insgesamt; 10% der männlichen Patienten) war in der Vergangenheit ein Prostata-Ca diagnostiziert und behandelt worden. 3 Patienten nannten einen Hautkrebs (5%), bei jeweils 2 Patienten lag ein Karzinom des 27 Gastrointenstinaltraktes oder der Parotis vor (je 3%). Jeweils einmal kam eine Leukämie bzw. ein Larynx-Karzinom vor (je 2%). 4.3 Klinische Symptome bei Erstvorstellung Die Patienten stellten sich alle mit mindestens einer Symptomatik vor, es gab keinen, der keine Symptome hatte (Abb. 13). Bei 35 Patienten äußerte sich das als Raumforderung (60%), 19 Patienten gaben Irritationen an (32%), in 14 Fällen bestand die Symptomatik aus Rötungen (24%). 12 Patienten hatten einen Visusverschlechterung (20%), in 11 Fällen bestand Juckreiz (19%), 5 Patienten gaben Lichtscheu an (8%). Schmerzen hatten 3 Patienten (5%) und in 2 Fällen bestand eine Sekretion aus dem Auge (3%). 40 35 30 19 20 14 12 10 5 3 2 0 Raumforderung Irritation Rötung Visusverschlechterung Lichtscheu Schmerzen Sekretion Abb. 13: Symptomatik der Patienten bei Erstvorstellung Die Symptome dauerten 2 Wochen bis 36 Monate an, im Mittel 6,3 Monate, bei einem Medianwert von 4 Monaten. Das klinische Erscheinungsbild war bei 40 (68%) Patienten nodulärgallertartig, erhaben und vaskularisiert (Abb. 14, 15), bei 15 Patienten erschien es flach, lokalisiert und leukoplastisch (26%). Jeweils 2 Karzinome imponierten infiltrierend diffus oder oberflächlich diffus (je 3%). 28 2 2 15 40 nodulär-gallertartig, erhaben, vaskularisiert flach, lokalisiert, leukoplastisch infiltrierend-diffus oberflächlich-diffus Abb. 14: Erscheinungsbild des Tumors Abb. 15: 70-jähriger Patient mit 5,5mm x 3,9mm großem nodulärem-erhabenen, vaskularisiertem Bindehautprozess (histologisch CIN II) 29 45 der Tumore zeigten durch Neovaskularisierung entstandene Tumorgefäße (76%), die anderen 14 Tumore wiesen keine Gefäße auf (24%). Pigmentveränderungen bestanden bei 5 Patienten (8%). Die initiale, präoperative Diagnose (Tab. 4) lautete in 24 Fällen Plattenepithelkarzinom (41%), in 13 Fällen konjunktivale intraepitheliale Neoplasie bzw Karzinoma in situ (22%), in 7 Fällen Papillom (11%), in 5 Fällen Basaliom (8%) und in 2 Fällen Leukoplakie (3%). Jeweils einmal wurden präoperativ Pterygium, Entzündung, Fibrom, Filiae, Morbus Bowen, Keratoakanthom, Talgdrüsenhyperplasie diagnostiziert (2%). Tab. 4: Präoperative Diagnose (n=59) Plattenepithelkarzinom 24 Konjunktivale intraepitheliale Neoplasie 13 (inkl. CIS) Papillom 7 Basaliom 5 Leukoplakie 2 Pterygium 1 Entzündung 1 Fibrom 1 Filiae 1 Morbus Bowen 1 Keratokanthom 1 Talgdrüsenhyperplasie 1 Talgdrüsenkarzimon 1 und Talgdrüsenkarzinom 30 Von den leichtgradigen CIN wurden präoperativ 3 richtig als CIN gedeutet (27%). 4 wurden falsch-positiv als Plattenepithelkarzinome fehlgedeutet (36%). Seltenere Fehldiagnosen waren Leukoplakie, Papillom und Morbus Bowen. In der Gruppe der schwergradigen CIN wurden klinisch 8 richtig als CIN diagnostiziert (42%). Jeweils 4 wurden als Papillom oder falsch-positiv Plattenepithelkarzinom fehlgedeutet (21%). Seltenere Fehldiagnosen waren Basaliom, Leukoplakie und polypöse Bindehautwucherung. Die invasiven Karzinome wurden präoperativ in 16 Fällen korrekt diagnostiziert (60%), 4 Tumore wurden als Basaliom eingestuft, 2 wurden als CIN klassifiziert. Seltenere falsch-negative Diagnosen waren Pterygium, Entzündung, Fibrom, Filiae, Papillom, Keratoakanthom und Talgdrüsenhyperplasie. 4.4 Tumorgröße und –ausdehnung bei Erstvorstellung Die dominierend betroffene anatomische Struktur (Tab. 5) war bei 35 Tumoren die bulbäre Konjunktiva (59%), bei jeweils 10 (je 17%) Tumoren der Limbus (Abb. 16) oder die palpebrale Konjunktiva (Abb. 17) oder und bei 4 Tumoren die Kornea (7%). Tab. 5: Hauptlokalisation des Tumors (n=59) Bulbäre Konjunktiva 35 Palpebrale Konjunktiva 10 Limbus 10 Kornea 4 31 Abb. 16: 75-jähriger Patient mit limbalem Plattenepithelkarzinom Abb. 17: 64-jährige Patientin mit palpebralem Plattenepithelkarzinom 32 Bei 24 Patienten beschränkte sich der Tumor auf die dominierend betroffene Struktur und infiltrierte keine anliegenden Strukturen (40%). Im Falle einer Infiltration anliegender Strukturen (Tab. 6) war in 17 Fällen die Kornea (29%, Abb. 18) mitbetroffen, in 13 Fällen der Limbus (22%), in 5 Fällen der Tarsus (8%), davon viermal der untere und einmal der obere Tarsus, in jeweils 5 Fällen Plica und Karunkel (je 8%), in 3 Fällen die superiore palpebrale Konjunktiva (5%), in 2 Fällen die untere Fornix (3%, Abb. 19, 20), und in einem Fall das Weichteilgewebe der Orbita, jedoch ohne Knochenbefall (2%, Abb. 21). Tab. 6: Invasion anliegender Strukturen (n=51) Kornea 17 Limbus 13 Tarsus 5 Plica 5 Karunkel 5 Palpebrale Konjunktiva 3 Fornix 2 Orbitales Weichteilgewebe 1 33 Abb. 18: 88-jähriger Patient mit invasivem Plattenepithelkarzinom und Invasion der Kornea Abb. 19: 62-jährige Patientin mit invasivem Plattenepithelkarzinom und Infiltation des unteren Fornix 34 Abb. 20: gleiche Patientin, stabiler postoperativer Befund Abb. 21: 56-jähriger Patient mit invasivem, differenziertem Plattenepithelkarzinom und Infiltration des Canaliculus superior des Tränenkanals 35 Die vorrangige Lage des Tumors war in 27 Fällen die nasale Seite (46%, Abb. 22), in 18 Fällen lag der Tumor hauptsächlich temporal (30%). Bei 7 Patienten befand sich der Tumor vorwiegend auf inferioren Teilen des Auges (12%), 4 Tumore lagen vornehmlich superior (7%, Tab. 7). Bei 3 Patienten war diese Information nicht zu ermitteln (5%). Tab. 7: Lage des Tumors (n=56) Nasal 27 Temporal 18 Inferior 7 Superior 4 Abb. 22: 81- jähriger Patient mit einer CIN III am medialen Lidwinkel und Infiltration des Tränenpünktchens 36 Bei 35 Patienten (59%) betrug die Ausdehnung des Tumors zwischen ein und zwei Quadranten. 10 Tumore hatten eine Ausdehnung von maximal einem Quadranten (17%). Bei 6 Patienten betrug die Ausdehnung mehr als drei Quadranten (10%), 5 Tumore erstreckten sich auf der Größe von zwei bis drei Quadranten (8%). In 3 Fällen konnte die Ausdehnung nicht eruiert werden (5%) Die Ausbreitung des Tumors wurde auch in Stunden eines Ziffernblattes festgehalten. Der Minimalwert war 1 Stunde, der Maximalwert betrug 12 Stunden. Als Mittelwert wurden 3,3 Stunden errechnet, der Medianwert betrug 2 Stunden, die Standardabweichung 2,5 Stunden. Gemessen an der Ausbreitung wurde das Wachstumsschema festgelegt. Bei einer Ausdehnung von maximal 3 Stunden spricht man von einem fokalem Wachstumsschema. Dies traf bei 39 Patienten zu (66%). Übersteigt die Ausdehnung 3 Stunden handelt es sich um ein diffuses Wachstum. 16 Tumore entsprachen diesem Schema (27%). Bei 4 Patienten war das Wachstumsschema nicht zu ermitteln (7%). Der maximale Durchmesser in Millimetern konnte in 11 Fällen erhoben werden (19%). Der Minimalwert waren 2,6 mm, der Maximalwert 20 mm. Als Mittelwert wurden 6,9 mm errechnet, der Median lag bei 4,5 mm und die Standardabweichung betrug 4,9 mm. 4.5 Tumor - Staging bei Erstuntersuchung In unserer Studie erfolgte bei keinem Patienten eine standardisierte Sentinellymphknotenbiopsie. Gleichwohl soll diese Variable für andere an der Studie teilnehmende Institute beibehalten werden. Bei keinem Patienten konnte bei der Erstmanifestation des Tumors Lymphknotenmetastasen oder 37 Fernmetastasen festgestellt werden. Ein Sekundärkarzinom wurde ebenfalls bei keinem der Patienten diagnostiziert. 4.6 TNM – Klassifikation 2009 Die TNM-Klassifikation konnte bei 57 Patienten erhoben werden (97%). Der Primärtumor wurde bei 30 Patienten als Tis klassifiziert (51%). 27 Patienten dagegen hatten invasive Karzinome, die im Folgenden weiter unterteilt wurden: Ein T1 Stadium traf bei 5 Patienten zu (9%). 8 Patienten hatten einen Primärtumor im T2 Stadium (13%), 13 Tumore wurden als T3 Stadium eingeordnet (22%) und 1 Patient hatte einen Primärtumor im T4a Stadium (2%). Keiner der 57 Patienten wies beim Primärtumor regionalen Lymphknotenbefall auf. Alle Patienten gehörten somit zum N0 Stadium. Die Frage nach Fernmetastasen konnte ebenso bei allen 57 Patienten verneint werden. Diese bekamen dann das Merkmal M0 in der TNM – Klassifikation (Tab. 8). Bei 2 Patienten konnte keine TNM – Klassifikation erhoben werden (3%). Tab. 8: Stadieneinteilung der Patienten nach der TNM – Klassifikation von 2009 Primärtumor Regionaler Fernmetastasen Lymphknotenstatus N0 Tis 30 T1 5 T2 8 T3 13 T4a 1 57 M0 57 38 4.7 Therapie Alle 59 Tumore sind operativ exzidiert worden (100%). Die Zahl der operative Eingriffe lag zwischen einem und sieben. Im Mittel waren es 1,7 Eingriffe, der Medianwert lag bei einem Eingriff. Als Standardabweichung wurde ein Wert von 1,3 Eingriffen errechnet. (Tab. 10). 20 Tumore wurden einer Chemotherapie unterzogen (34%). Alle 20 wurden mit Mitomycin C behandelt (34%). Die Konzentration lag zwischen 0,02% und 0,04%. Die Augentropfen wurden 4-7 mal täglich appliziert über einen Zeitraum von 5-14 Tagen hinweg. Danach schloss sich eine Behandlungspause von 7-14 Tagen an. Dieser Behandlungszyklus wurde anschließend 0-2 mal wiederholt. 4 Patienten wurden zusätzlich mit Cyclosporin A behandelt (7%). Diese Therapie erfolgte mit Augentropfen einer Konzentration von 1-2%. Diese wurden 3-4 mal täglich appliziert und die Behandlung wurde über einen Zeitraum von 7-14 Tagen fortgeführt. Es schloss sich eine 7-14 tägige Behandlungspause an und der Zyklus wurde 0-2 mal wiederholt. Ein Patient wurde zusätzlich noch mit Interferon ! behandelt (2%). Die Behandlung erfolgte mit Augentropfen einer Konzentration von 1%, fünfmal am Tag über 42 Tage hinweg. Bei 9 Patienten wurde der entstandene Defekt durch eine Amnionmembrantransplantation gedeckt (15%). Jeweils 4 Tumore wurden mit Kryotherapie oder lamellärer Keratektomie behandelt (je 7%). Bei 3 Patienten erfolgte eine lamellärer Sklerektomie (5%). Eine Exenteratio orbitae wurde bei einem Patienten durchgeführt (2%). Ebenfalls bei einem Patienten wurden Hornhaut und Sklera transplantiert (2%). 39 4.8 Histologie Bei 57 Patienten ist ein histologischer Befund erstellt und erhoben worden (Tab. 9). 27 der exzidierten Tumore waren invasive Tumore (46%), davon 22 Plattenepithelkarzinome (37%), 3 Talgdrüsenkarzinome (5%) und 2 Mukoepidermoidkarzinome (3%, Abb. 23). 30 Tumore waren nicht-invasive Tumore (51%), davon 15 Karzinomata in situ (25%), 3 milde Dysplasien (CIN I, 5%), 8 mäßige Dysplasien (CIN II, 13%) und 4 schwere Dysplasien (CIN III, 7%). Bei 2 Patienten konnte kein histologischer Befund erhoben werden (3%). Tab. 9: Histologie der Exzisate (n=57) Karzinoma in situ (N=30) Leichtgradige CIN (n=11) CIN I 3 CIN II 8 CIN III 4 CIS 15 Plattenepithel-CA 22 Talgdrüsen-CA 3 Mukoepidermoid-CA 2 Schwergradige CIN (n=19) Invasive Karzinome (n=27) 40 Abb. 23: 43- jähriger Patient mit Rezidiv eines Mukoepidermoid-Karzinoms 4.9 Follow-Up Bei 52 Patienten konnte ein Follow-Up erstellt werden. Die mittlere Zeit, über die der Werdegang beobachtet werden konnte betrug 56 Monate, bei einem Medianwert von 127 Monaten. Die kleinste Follow-Up Zeit waren 1,5 Monate, der Maximalwert betrug 251 Monate, als Standardabweichung wurden 59,4 Monate errechnet (Tab. 10, 11). 10 Patienten waren in der Zwischenzeit verstorben (17%), keiner davon ist an oder an den Folgen des Augentumores verstorben (0%). 13 Patienten hatten ein nachweisbares Rezidiv (22%) im Mittel nach 33,8 Monaten. Die kürzeste Zeit bis zur Rezidiverkrankung betrug 8,2 Monate, die längste 104,6 Monate. Als Medianwert errechneten sich 26,1 Monate, die Standardabweichung betrug 27 Monate. Keiner der Patienten hatte bei seinem Erstrezidiv Lymphknoten- oder Fernmetastasen (0%). Weitere Rezidive wurden in unserer Studie nicht berücksichtigt, zwei Patienten mit 41 besonders markanten Krankheitsverläufen finden jedoch in den folgenden Kasuistiken gesondert Beachtung. Tab. 10, 11: Zusammenfassung Behandlung und Follow-Up CIN + CIS (n=30) Biopsie und Exzision 30 Mitomycin C Kryotheraphie 9 2 Sklerektomie 2 Keratektomie 2 Cyclosporin A 2 Amnionmembrantransplantation 4 Exenteratio 0 Interferon 1 Min 2 Monate Max 149 Monate Mittel 48 Monate Nachbeobachtungszeit Rezidivrate 6 (20%) Zeitintervall bis Rezidiverkrankung Min 10 Monate Max 105 Monate Mittel 42 Monate 42 Invasive Karzinome (n=27) Biopsie und Exzision 27 Ergänzende Behandlung Mitomycin C Kryotheraphie Sklerektomie Keratektomie Cyclosporin A 11 2 1 2 2 Amnionmembrantransplantation Exenteratio Interferon 5 1 0 Min Max Mittel 3 Monate 252 Monate 62 Monate 7 (26%) Min 8 Monate Max Mittel 63 Monate 27 Monate Nachbeobachtungszeit Rezidivrate Zeitintervall bis Rezidiverkrankung 4.10 Betrachtung der Gruppe der invasiven Karzinome Die neue TNM Klassifikation von 2009 konnte bei allen Patienten gut angewendet werden. Die Diagnose „invasives Karzinom“ (pT1-pT4a) wurde 27 mal gestellt. 22 davon waren Plattenepithelkarzinome, 3 gehörten zur Gruppe der Talgdrüsenkarzinome und 2 waren Mucoepidermoidkarzinome. 7 Patienten erlitten einen Rezidivtumor (26%), davon war in 6 Fällen der Primärtumor als pT3 und in einem Fall als pT2 klassifiziert. Die Gruppe der Primärtumore im T3 Stadium (n=13) stellte folglich mit einer Rezidivrate von 46% die für Rezidive anfälligste Gruppe dar. Verglichen mit Primärtumoren im T1 und T2 Stadium rezidivierten diese Tumore signifikant häufiger (p= 43 0,033; exakter Test nach Fisher). Betrachtet man die Charakteristika der 7 Tumore mit anschließendem Rezidiv, ergeben sich bei der Lokalisation und Ausbreitung des Tumores Auffälligkeiten. Die vorherrschende Lokalisation war in 4 Fällen bulbäre und in 3 Fällen palpebrale Konjunktiva. Bei insgesamt 6 Primärtumoren mit komplettem Follow Up (9 insgesamt), bei denen die palpebrale Konjunktiva der vorwiegend betroffene Ort war, ergibt sich hier eine Rezidivrate von 50%. War überwiegend die bulbäre Konjunktiva betroffen, ergab sich eine Rezidivrate von 33 % (4 Patienten mit Rezidiv, 12 Patienten insgesamt). Am günstigsten zeigten sich Primärtumore mit vorwiegender Lokalisation auf dem Limbus. Bei 6 Patienten dieser Gruppe erlitt keiner ein Rezidiv des Tumors. Auch die Ausbreitung auf anliegende anatomische Strukturen beeinflusste das Rezidivverhalten der invasiven Karzinome. Am ungünstigsten erwies sich hierbei die Beteiligung von Plica und Karunkel. Hier bekamen 2 bzw 3 von jeweils 4 Patienten einen Rezidivtumor (50% / 75%). Eine Beteiligung von Tarsus bzw. Fornix lag bei jeweils 2 Patienten mit vollständigem FollowUp vor. Einer der beiden erlitt jeweils einen Rezidivtumor, hier ergab sich also eine Rezidivrate von 50%. Etwas günstiger erwies sich erneut eine Beteiligung des Limbus, hier erlitten 2 von 5 Patienten ein Rezidiv (40%). 4.11 Betrachtung der Gruppe der nicht-invasiven Tumore – „pTis“ Betrachtet man die Gruppe der Patienten mit dem Primärtumorstadium pTis, fällt auf, dass dies eine große, eher inhomogene Gruppe in der Studie darstellt: 30 mal wurde Primärtumorstadium pTis diagnostiziert (51%). Diese setzten sich zusammen aus 11 leichtgradigen CIN (CIN I, CIN II) und 19 44 schwergradigen CIN (CIN III, CIS). 6 Patienten erlitten einen Rezidivtumor, davon entfielen 5 auf die Gruppe der schwergradigen CIN (83%) und einer auf die Gruppe der leichtgradigen CIN. Diese Patientin hatte allerdings schon im Vorfeld einen Tumor am betroffenen Auge gehabt, welcher extern behandelt worden war. Auch ihre allgemeine Tumoranamnese war positiv. Anamnestisch lagen bei ihr eine chronische Konjunktivitis an beiden Augen aufgrund einer Atopiedisposition und langjährige UV-Belastung vor. Der Tumor war mit 9 Stunden auch vergleichsweise groß. Die anderen Patienten ihrer Gruppe wiesen im Schnitt 2,5 Stunden auf. Dies legt den Verdacht nahe, dass die Tumorgröße mit der Rezidivwahrscheinlichkeit in Zusammenhang steht. Dies haben bereits Erie et al. 1986 vorgeschlagen [7]. Betrachtet man sich die Histologie der Rezidivtumore dieser Gruppe, fällt auf, dass bei 4 Patienten (alle aus der Gruppe der schwergradigen CIN) ein Übergang in ein invasives Karzinom stattgefunden hat. Die beiden anderen Rezidivtumore stellten geringgradige CIN dar und betrafen jeweils einen Patienten mit geringgradigem bzw. schwergradigem CIN als Primärtumor. Vergleicht man die Patienten mit schwergradigen CIN mit Rezidivtumor mit denen, bei denen kein Rezidivtumor auftrat, fallen ein paar Aspekte hinsichtlich Lokalisation, Ausbreitung und Charakteristika der Tumore auf (Tab. 12): 2 der Patienten mit Rezidiv (40%) hatten einen Befall des Tarsus. Bei der Gruppe ohne Rezidiv hatte keiner einen Befall tarsalen Gewebes. Plica und Karunkel waren bei einem Patienten mit Rezidiv befallen (20%). In der Vergleichsgruppe hatte keiner einen Befall genannter Strukturen. Ein Patient mit Rezidiv hatte Pigmentveränderungen am Tumorgewebe (20%). In der Gruppe ohne Rezidiv hatte kein Patient Pigmentveränderungen. Alle Patienten mit einem Rezidiv hatten ausgebildete Tumorgefäße (100%), in der Referenzgruppe war dies nur bei 57% festzustellen. Die Tumorgröße in Stunden war mit 2,0 Stunden und 2,5 Stunden im Mittel bei beiden Gruppen 45 vergleichbar. Der Mitomycin C – Einsatz lag in der Gruppe mit Rezidiv bei 60% und in der Gruppe ohne Rezidiverkrankung bei 29%. Tab. 12: Charakteristika bei Patienten mit schwergradigem CIN +/- Rezidivtumor Patienten mit Rezidiv Patienten ohne Rezidiv n= 5 n=14 Befall Tarsus 40% (2/5) 0% (0/14) Befall Plica / Karunkel 20% (1/5) 0% (0/14) Pigmentveränderungen 20% (1/5) 0% (0/14) Tumorgefäße 100% (5/5) 57% (8/14) Einsatz v. Mitomycin C 60% (3/5) 29% (4/14) Statistisch gesehen rezidivierten schwergradige CIN im Vergleich zu leichtgradigen CIN ohne okuläre Vorerkrankungen signifikant häufiger (p=0,045; exakter Test nach Fisher). Um mit solchen Patienten besser verfahren zu können und eine noch bessere Therapie anzubieten, wäre es vorteilhaft, die Gruppe der Patienten mit präkanzerösen Prozessen weiter zu unterteilen. Diese könnten in einer überarbeiteten TNM – Klassifikation geschehen, indem man das Primärtumorstadium „pTis“ hinsichtlich Histologie und Befall bestimmter Strukturen noch weiter unterklassifiziert. 4.12 Vorschlag der Untergliederung der Gruppe pTis In Tab. 13 wurde ein Entwurf zur Untergliederung der Gruppe der präkanzerösen Prozesse erstellt. Wir schlagen vor, die Gruppe in 4 Unterkategorien zu teilen, die mit a-d gekennzeichnet werden. Dabei stellt die Gruppe a Patienten mit leichtgradigen CIN ohne Befall anliegender Strukturen dar. In der Gruppe b ist dagegen Invasion benachbarter Strukturen wie Tarsus, Fornix oder Karunkel nachweisbar. Folglich besteht 46 die Gruppe c aus Patienten mit schwergradigem CIN ohne Befall von Nachbarstrukturen und die Gruppe d analog dazu aus Patienten mit schwergradigem CIN und Befall benachbarter Strukturen. Tab. 13: Untergliederung der pTis - Gruppe mit Patientenanzahl und Rezidivverhalten Vorschlag der Definition Anzahl Patienten Rezidivverhalten Leichtgradiges CIN ohne 5 0% (0/5) 6 16% (1/6) 9 22% (2/9) 10 30% (3/10) Klassifizierung Tis-a Befall von Nachbarstrukturen Tis-b Leichtgradiges CIN mit Befall von Nachbarstrukturen Tis-c Schwergradiges CIN ohne von Befall Nachbarstrukturen Tis-d Schwergradiges CIN mit Befall von Nachbarstrukturen Betrachtet man das Rezidivverhalten der unterschiedlichen Tis-Gruppen, fällt auf, dass trotz geringer Fallzahl eine Tendenz besteht, dass schwergradige CIN mit Befall von Nachbarstrukturen vermehrt dazu neigen, einen Rezidivtumor zu bilden. 4.13 Kasuistiken 4.13.1 Kasuistik G.F. Der damals 28-jährige Patient stellte sich im April 1993 erstmalig aufgrund von rezidivierenden Konjuntivitiden bei uns vor. Ein Abstrich der Bindehaut wies Chlamydien IgG – Antikörper auf. Der Visus betrug rechts 0,8 und links 0,9. Die Entzündung wurde mit Dexamethason Augensalbe behandelt. 47 Allgemeinärztlich ist bei dem Patienten seit dem 18. Lebensjahr ein arterieller Hypertonus bekannt. Dazu kam eine Neurodermitis, die seit 2000 mit systemischem Cyclosporin A (2 x 150mg) behandelt wird. 2002 wurde der Patient extern an einem rechtsseitigem Parotis-Karzinom behandelt. Er hatte Radiochemotherapie und eine Neck-Dissection. 2003 folgte eine Resektion der Glandula submandibularis und submandibulärer Lymphknoten der rechten Seite. Die histologische Untersuchung bestätigte Benignität. Im November 2000 stellte sich der Patient erneut vor. Er klagte über eine „Bindehaut-Problemtik“ seit einem halben Jahr. Es ergaben sich folgende Befunde: Beide Augen (rechts > links) wiesen multifokale Keratinisierungen, Verdickungen der Bindehaut und ein Pannuswachstum auf. Es bestanden Symblephara und ein Ektropium des Unterlides. Der Visus hatte sich verschlechtert auf rechts 0,1 und links 0,6. Er nahm Thilo-Tear Augensalbe 4mal täglich, Fluoropos Augentropfen 4mal täglich und Bepanthen Augensalbe zur Nacht. Therapeutisch wurden ihm eine lokale Therapie verordnet: feucht-warme Umschläge und Hylo Comod Augentropfen, im Verlauf auch eine Cortisonsalbe. Da es zu keiner Besserung kam, wurden Cyclosporin Augentropfen zur Therapie dazugenommen, die der Patient aber nicht vertrug und absetzte. Der Visus verschlechterte sich im rechten Auge auf 0,06, es kam zu einem Wimpernverlust. Die papillomatöse Verdickung der palpebralen und bulbären Bindehaut wurde am 27.06.01 abgetragen und der Defekt mit Amnionmembran gedeckt. Der Verlauf war komplikationslos, der Visus besserte sich auf 0,16 / 0,5. Im Januar 2002 fiel eine Epidermalisation am rechten Unterlid auf, die am 18.03.02 mit Verdacht auf Chalazion bei Neurodermitis entfernt wurde. In der histologischen Untersuchung zeigte sich im Präparat ein gut differenziertes 48 Plattenepithelkarzinom, das am 07.05.02 nachreseziert wurde. Postoperativ ergab sich eine Lidschlussinsuffizienz von 1 mm. Drei Wochen später wurde der Patient wieder stationär aufgenommen, es hatte sich erneut ein nodulärer Unterlidtumor gebildet. Am 31.05.02 wurden 75% des Unterlides und der Lidwinkel entfernt und mit einem freien Hauttransplantat vom linken Oberlid mittels Hughes – Plastik wieder aufgebaut. Diese konnte am 31.07.02 wieder eröffnet werden. Im Februar 2003 wurde der Patient am rechten Unterlid wegen eine Ektropiums operiert. Es bestand anschließend eine Lidschlussinsuffizienz von 2 mm. Im Juli 2004 wurde der Patient wieder vorstellig. Er bemerkte eine erneute Wucherung am rechten Unterlid (Abb. 24). Die inzisionelle Biopsie ergab ein fokal invasives Plattenepithelkarzinom. Da die Schnittränder nicht frei von malignen Zellen waren, schloss man eine Therapie mit Mitomycin C Augentropfen 0,02% fünfmal täglich für insgesamt 4 Wochen an. Anschließend wurde das verbliebene Tumorgewebe im Oktober 2004 operativ entfernt und der Defekt mit einer Amnionmembrantransplantation geschlossen. Es wurde eine temporäre Tarsorraphie durchgeführt. 49 Abb. 24: Juli 2004; diffuse Verdickung bulbärer und palpebraler Konjunktiva; Inzisionale Biopsie: fokal invasives Plattenepithel-Ca Im Juni 2008 stellte sich der Patient wieder mit Beschwerden am rechten Auge vor; es wurde eine Pannektomie und inzisionale Biopsie in 4 Quandranten durchgeführt. Histologisch bestätigte sich der Verdacht auf ein Rezidiv eines invasiven Plattenepithelkarzinoms (Abb. 25). Eine Exenteratio orbitae wurde empfohlen, der Patient lehnte die radikale OP jedoch ab. Das Karzinom wurde mit Mitomycin Augentropfen 0,04% für zweimal 2 Wochen behandelt. Die durchgeführte CT Untersuchung ergab keine Infiltration orbitaler Weichteile. 50 Abb. 25: Juli 2008; korneale Ulzeration, diffuse Verdickung bulbärer und palpebraler Konjunktiva, histologisch gesichertes invasives Karzinom Weiterhin bestand eine Erosio corneae am rechten Auge, die durch eine mittels Botox-Injektion in den M. levator palpebrae herbeigeführte protektive Ptosis behandelt wurde. Im Mai 2009 fiel bei dem Patienten ein nodulärer Lidkantenprozess am rechten Unterlid auf, der zeitnah exzidiert wurde (Abb. 26). 51 Abb. 26: Mai 2009; progressive Vernarbung der Kornea; noduläre Verdickung am rechten Unterlid, histologisch gesichertes invasives Plattenepithel-Ca Im August 2009 hatte sich am linken Auge ein Ulcus corneae bei chronischer Blepharokonjunktivitis gebildet, die unter Antibiose und intensiver lokaler Pflege abheilte. Bezüglich des bestehendem Rezidives eines Plattenepithelkarzinoms am rechten Auge mit möglicher Metastasierung wurde dem Patienten im Oktober 2009 erneut eine Exenteratio orbitae empfohlen. Der Visus hatte sich verschlechtert, dass der Patient auf dem rechten Auge nur noch grobe Handbewegungen wahrnahm. Eine CT Untersuchung (Abb. 27) ergab Infiltration der Mm. recti medialis et superiores und eine Raumforderung rechts präseptal. 52 Abb. 27: Dezember 2009; CT-Aufnahme der Orbita, Infiltration des M. rectus superior und M. rectus medialis, CT-Bilder mit freundlicher Genehmigung der Abteilung für Neuroradiologie der Universitätsklinik Erlangen Der Patient stimmte letztlich ein, und bekam am 08.12.09 eine lidsparende Exenteratio orbitae des rechten Auges. Der postoperative Verlauf gestaltete sich komplikationslos. Der Patient fand sich im Januar 2010 zur ersten Kontrolluntersuchung ein. Sechs Monate nach der Exenteratio ist der Patient weiterhin durch Cyclosporin A systemisch immunsupprimiert. Der Befund ist stabil ohne Anzeichen eines Rezidives oder Metastasen (Abb. 28). Das linke Auge ist weitgehend unauffällig. 53 Abb. 28: Mai 2010; sechs Monate nach Exenteratio, stabiler Befund 4.13.2 Kasuistik W.-M. G. Die Erstvorstellung des damals 48jährigen Patienten erfolgte am 12.02.2008. Er stellte sich in der Universitäts-Augenklinik Erlangen mit seit einem halben Jahr bestehenden „Reibegefühl“ und Rötungen in beiden Augen vor (Abb. 29). Die Symptomatik war im rechten Auge stärker als im linken. Der Visus betrug auf beiden Augen 1,0. Allgemeinärztlich war der Patient gesund, er hatte eine leere Familienanamnese, keinen erhöhten Blutdruck, keine rheumatologische Grunderkrankung und gab an, keine Tiere zu halten. Er wand seit einer Woche Floxal Augensalbe an, was allerdings keine Linderung brachte. Die Erstuntersuchung ergab auf beiden Augen vernarbende, chronische Konjunktivitis mit Fornixverkürzung und papillärer Bindehautverdickung. 54 Abb. 29: Bild der Erstvorstellung am 12.02.2008; vernarbende Konjunktivitis mit Fornixverkürzung Differentialdiagnostisch kam ein okuläres Pemphigoid, Symblepharonbildung und eine Neoplasie in Frage, weswegen im März eine durchgreifende Lidkantenbiopsie am rechten Auge durchgeführt wurde. Der entstandene Defekt wurde mit einer Verschiebeplastik der Lidkante versorgt. Die histologische Untersuchung ergab ein Carcinoma in situ, sodass wir uns dazu entschieden haben, eine adjuvante lokale Chemotherapie mit Mitomycin C 0,04% Augentropfen (fünfmal täglich, für zweimal 2 Wochen mit einer einwöchigen Pause dazwischen) anzuschließen (Abb. 30). Zur Entzündungshemmung wurden dem Patienten außerdem Inflanefran forte Augentropfen dreimal täglich verordnet. Ein zugezogenes HNO-ärztliches Konsil mit der Frage nach betroffenen Lymphknoten ergab einen cN0 Halsstatus. 55 Abb. 30: April 2008; Verlaufskontrolle unter Mitomycin C Therapie Ende April 2008 wurde der Patient erneut vorstellig. Er klagte über Tränen und Eitersekretion in beiden Augen (re>li). Therapeutisch wurden ihm feuchte Kompressen zweimal täglich, Dexasine und Artelac Augentropfen jeweils dreimal täglich verordnet. Der Patient gab außerdem an, seit über 30 Jahren als Lackierer in einer Autofabrik zu arbeiten und seitdem Kontakt mit PVC zu haben. Anfang Mai wurden die Mitomycin C Augentropfen abgesetzt, der Befund besserte sich und eine Tränenwegsspülung bestätigte Durchgängigkeit der Tränenwege. Der Visus betrug auf dem rechten Auge 0,5 und auf dem linken Auge 1,0. Des Weiteren konnte der Patient intern seinen Arbeitsplatz wechseln. Im August 2008 stellte sich der Patient zur Kontrolluntersuchung vor. Der Visus besserte sich auf rechts 0,8 und links 1,0, der Befund war stabil. 56 Im Dezember 2008 wurde Herr G. erneut vorstellig. Er klagte über Juckreiz in beiden Augen. Die Untersuchung ergab eine derbe Schwellung am rechten Auge und nasale Symblephara re>li (Abb. 31, 32). Bei Zystenbildung bestand der Verdacht auf ein invasives Karzinom. Abb. 31: Januar 2009; derbe Schwellung am rechten Auge, V.a. invasives Karzinom 57 Abb. 32: Januar 2009; derbe Schwellung und nasale Symblephara am rechten Auge, V.a. invasives Karzinom Eine CT-Untersuchung der Orbita bestätigte Raumforderungen bis an den Bulbus heran, aber nicht von diesem ausgehend, eine Infiltration zwischen M. obliquus inferior und M. rectus medialis war nicht sicher auszuschließen. Am 13.01.2009 unterzog sich der Patient erneut einer Operation. In einer vorderen transkutanen Orbitotomie wurden ihm der noduläre, solide Lid-, Orbita- und Bindehautprozess mit Beteiligung des unteren Canaliculis exzidiert. Im Schnellschnitt zeigte sich ein invasives Karzinom, der entstandene Defekt mit einer Mundschleimhauttransplantation gedeckt und mit fornixvertiefenden Nähten versorgt. Die genaue histologische Untersuchung des exzidierten Materials zeigte ein 0,8 cm großes, mittelgradig differenziertes, invasives verhorntes Plattenepithel-Karzinom, das gemäß der TNM-Klassifikation mit pT4a L1 V0 58 G2 R0 eingestuft wurde. Dem Patienten wurde außerdem Refobacin Augensalbe dreimal täglich verordnet. Im April 2009 wurde bei Herrn G. eine leichte mechanische Abduzensparese rechtsseitig festgestellt, die durch horizontal und vertikal versetzte Doppelbilder im Rechtsblick auffiel. Der Nahvisus betrug rechts 0,5 und links 0,4. Im Juli 2009 fiel bei einer Kontrolle eine Neubildung eines Tumors auf. Der untere Fornix des rechten Auges war komplett aufgehoben. Am 07.07.2009 wurde ein 14mm großer, papillärer Tumor mit Beteiligung der palpebralen Konjunktiva des rechten Unterlides en-bloc reseziert. Das Lid wurde durch einen gestielten Tarsokonjunktivallappen (Hughes-Pastik) aus dem Oberlid plastisch rekonstruiert. Die histologische Untersuchung des Tumors bestätigt das Vorliegen freier Schnittränder und ergab eine CIN III. Der Visus betrug links und rechts 1,0. Im August erfolgte dann die Durchtrennung des Tarsokonjunktivallappens und die Rekontruktion der Lidkante. Im November unterzog sich Herr G. einer Ektropium-OP am Unterlid und einer Lidkantenverschiebeplastik. Ebenfalls im November 2009 fiel dem Patienten eine Raumforderung submandibulär auf. Eine CT-Untersuchung bestätigte den Verdacht der Lymphknotenmetastasen. Lymphknotenmetastase Auf von der 1,7cm rechten Durchmesse Seite vor, lag die auf eine den Lymphknoten selbst begrenzt war (Level Ib, Abb. 33), links war eine Metastase von 3,4cm Durchmesser, die das perinodale Weichteilgewebe infiltrierte (Level Ia, Abb. 34). Insgesamt ergab sich dadurch der Halsstatus cN2c. 59 X Abb. 33: CT-Aufnahme des Mundbodens; 1,7 cm große Metastase (x) submandibulär rechts; CT-Bilder mit freundlicher Genehmigung der Abteilung für Neuroradiologie der Universitätsklinik Erlangen 60 X Abb. 34: CT-Aufnahme des Mundbodens; 3,4 cm große Metastase (x) im Zungengrund links; CT-Bilder mit freundlicher Genehmigung der Abteilung für Neuroradiologie der Universitätsklinik Erlangen Herr G. unterzog sich im Januar 2010 einer modifiziert radikalen NeckDissection, bei der einer von 17 entnommenen Lymphknoten der linken Seite und einer von 22 entnommenen Lymphknoten der rechten Seite als metastatisch imponierte. Dadurch wurde die TNM Einstufung auf pT4a pN2c (1/17, 1/22), L1, V0, G2 R0 korrigiert. Von 15.03. – 20.03 und 12.04. – 16.04 schlossen sich zwei Zyklen Chemotherapie an. Diese bestand aus 10mg/m2 Mitomycin C und 1000mg/m2 5-Fluoruracil. Parallel dazu bekam Herr G. von 61 15.03 – 04.05 eine Bestrahlung der zervikalen Lymphknotenstationen mit 59,64 Gy. In der Zeit nahm der Patient aufgrund von Schluckstörungen 11kg ab. Der Befund ist seitdem stabil, Herr G. stellte sich zuletzt im April 2012 vor. Er hatte zu dem Zeitpunkt eine geringe Lidretraktion mit papillomatöser Verdickung der Bindehaut, die allerdings keinen Anhalt auf Rezidiv darstellt. Wir empfahlen engmaschige Kontrollen, die nächste sollte nach 3 Monaten stattfinden, des Weiteren Hylocomod Augentropfen fünfmal täglich zur Benetzung und Corneregel Augensalbe zur Nacht. Ebenfalls sollte nach 3 Monaten eine Nachkontrolle des HNO-Befundes erfolgen. 62 5. Diskussion 5.1 kurzer Umriss der Ergebnisse Unsere Studie hebt zwei zentrale Punkte bei der Untersuchung und Behandlung von Bindehautkarzinomen hervor. Zum einen liegt bei der Gruppe der invasiven Karzinome besonderes Augenmerk auf den Tumoren im pT3-Stadium. Diese infiltrieren definitionsgemäß umliegende Strukturen und waren in unserer Studie am häufigsten von Rezidiverkrankungen gefolgt, besonders dann wenn Plica und Karunkel mitbetroffen waren. Die zweite Kernaussage betrifft die Gruppe der präkanzerösen Prozesse. Die Läsionen im pTis-Stadium stellten in unserer Studie eine heterogene Gruppe mit sehr variablem Krankheitsverlauf und Rezidivverhalten dar, sodass wir einen Vorschlag unterbreiteten, dieser Gruppe in der TNM-Klassifikation größere Beachtung zu schenken und sie nach Dysplasiegrad und Infiltration von Nachbarstrukturen weiter zu untergliedern. 5.2 Vergleich der Studienergebnisse mit aussagekräftigen Literaturstellen In unserer Studie zeigte sich das Bindehautkarzinom als eine Erkrankung, die bevorzugt Männer fortgeschrittenen Alters betrifft. Damit liefert unsere Erhebung mit einem medianen Alter von 67 Jahren vergleichbare Ergebnisse zu anderen Studien mit großen Patientenzahlen. Tunc et al. [45] fassten – wie wir in unserer Erhebung - CIN und invasive Karzinome zusammen und hatten in ihrer Studie von 1999 ein Durchschnittsalter von 64 Jahren. Sudesh et al. [43] beschäftigten sich 2000 nur mit invasiven Karzinomen und hatten ein mittleres Alter von 66 Jahren. Auch die Studie von McKelvie et al. [28] beschäftigte sich 2002 ebenfalls nur mit invasiven Karzinomen und wies ein Durchschnittsalter von 69 Jahren auf. Erie et al. [7] gaben 1986 ein Durchschnittsalter von 58,1 Jahren bei CIN und 65,7 Jahren bei invasiven 63 Karzinomen an. Grossniklaus et al. [13] hatten 1987 ein mittleres Alter von 59,2 Jahren bei Dysplasien, bzw. 59,6 Jahren bei Carcinomata in situ und 56,7 Jahren bei invasiven Karzinomen.. Die Geschlechterverteilung großer Studien geht mit unseren Ergebnissen weitestgehend konform (Tab. 14). Grossniklaus et al. [13] hatten 1987 eine männliche Dominanz von 79,8% bei Dysplasien bzw. 78,3% bei CIS und 75,3 % bei invasiven Karzinomen. Tunc et al. [45] wiesen 1999 eine männliche Beteiligung von 70% auf, in der Studie von McKelvie et al. [28] waren es 2002 77% männliche Patienten. Noch größere Domninanz bei männlichen Teilnehmern hatte die Studie von Sudesh et al. [43] 2000, hier waren 82% der Patienten männlichen Geschlechtes. Allerdings beschäftigen sich die beiden letzten Studien auch ausschließlich mit invasiven Karzinomen. Die könnte ein Grund sein, weswegen diese Ergebnisse mit unseren nicht ganz vergleichbar sind. Gegen diese Theorie spricht jedoch die Studie von Grossniklaus et al. (1987), die bei deutlich größerer Patientenzahl bei invasiven Karzinomen die vergleichsweise geringste männliche Beteiligung hat. Am häufigsten waren männliche Patienten aber in der Erhebung von Erie et al. [7] betroffen. In der Gruppe der CIN 95% der Betroffenen männlich, in der Gruppe der invasiven Karzinome lag die Quote sogar bei 100%. Solche Extremwerte können wir in unserer Studie (68% männliche Patienten) nicht bestätigen. 64 Tab. 14:männliche Beteiligung bei Bindehautkarzinomen und CIN in wichtigen Studien Erie et al. (1986) CIN, n=98 95% (93/95) Invasive CA, n=22 100% (22/22) Dysplasien, n=168 79,8% (134/168) CIS, n=46 78,3% (36/46) Invasive CA, n=97 75,3% (73/97) Tunc et al. (1999) CIN +invasive CA, n=60 70% (42/60) Sudesh et al. (2000) Invasive CA, n=28 82% (23/28) McKelvie et al. (2002) Invasive CA, n=26 77% (20/26) Grossniklaus et al. (1987) Das Rezidivverhalten ist ein bedeutender Punkt bei der Evaluation von Therapie und Prognose von Bindehautkarzinomen. In der Literatur gehen die Rezidivraten veschiedenen weit auseinander. Therapiekonzepte, Ein mit Grund denen dafür die sind gewiss einzelnen die Studien durchgeführt worden sind. Ein sehr günstiges Rezidivverhalten schildert in diesem Zusammenhang die Studie von Tunc et al. [45] nur 4,5% der Patienten mit einer CIN bzw. 5,3% der Patienten mit einem invasiven Karzinom erlitten nach einer mitttleren Nachbeobachtungsdauer von 56 Monaten einen Rezidivtumor. Die Patienten mit einer CIN wurde die Läsion entfernt, bei 73% wurde zusätzlich lokale Kryotherapie angewandt. Patienten, die an einem invasiven Karzinom litten wurde der Tumor operativ entfernt und bei 26% zusätzlich alleinige Kryotherapie angewandt, 31% wurden mit Kryotherapie und Keratosklerektomie behandelt, 11% der 65 Patienten wurden nach Kryotherapie limbale Stammzellen transplantiert, 11% wurden postoperativ mit Radiotherapie behandelt und 6% bekamen nach der Exzision lokale Chemotherapie. Eine deutlich höhere Rezidivrate hatten die anderen studierten Veröffentlichungen aufzuweisen: McKelvie et al. [28] hatten in einer Studie von 2002 eine Rezidivrate von 27% bei einer mittleren Nachbeobachtungsdauer von 26 Monaten, 8% der Studienteilnehmer verstarben an Lymphknoten- oder Fernmetastasen. Die Patienten dieser Studie wurden in 50% der Fälle rein operativ behandelt. 15% bekamen zusätzlich eine Kerat- oder Sklerektomie, jeweils 4% wurden mit Radio- oder Kryotherapie nachbehandelt, in 23% der Fälle musste sich der Patient einer Exenteratio und in 4% einer Enukleation unterziehen. Bei 8% der Patienten wurde der entstandene Defekt zusätzlich plastisch gedeckt. Die Studie von Sudesh et al. [43] wertete 2000 das Rezidivverhalten differenzierter aus. Ersttumore hatten eine Rezidivrate von 28,5 % bzw. 7,7% wenn sie zusätzlich zur operativen Entfernung noch einer Kryotherapie unterzogen worden sind, wohingegen Rezidivtumore ein deutlich aggressiveres Verhalten zeigten: Hier rezidivierten 50% der Karzinome, die nur exzidiert worden sind und 16,6% der Tumore die postoperativ mit Kryotherapie nachbehandelt worden sind. Die Studie beobachtete Die Patienten im Mittel über 37 Monate. Die älteste Studie in diesem Vergleich zeigt das ungünstigste Rezidivverhalten. Erie et al. [7] hatten 1986 eine Rezidivrate von 23% bei CIN und 41% bei invasiven Karzinomen, allerdings bei einer mittleren Nachbeobachtungszeit von 11,2 Jahren. Patienten dieser Studie mit einer CIN wurden alle operativ behandelt und der Tumor exzidiert, 9% wurden zusätzlich einer Strahlentherapie unterzogen, 6% wurden adjuvant mit lokaler Chemotherapie behandelt, 1% (einem Patienten) musste das betroffene Auge durch Enukleation entfernt werden. Patienten mit invasiven 66 Karzinomen wurde der Tumor in 77% der Fälle operativ entfernt, 23% bekamen zusätzlich eine Sklerektomie, 9% wurden postoperativ einer Strahlentherapie und 5% einer lokalen Chemotherapie unterzogen. Jeweils 9% (zwei Patienten) musste das betroffene Auge mittels Enukleation oder Exenteratio entfernt werden. Unsere Ergebnisse bewegen sich mit 20% Rezidivtumoren bei CIN und 26% Rezidiverkrankungen bei invasiven Karzinomen im Mittelfeld. Ein weiterer möglicher Grund, der zu diskutieren wäre, weswegen die Zahlen in die Literatur so weit divergieren, wäre die sehr unterschiedliche Nachbeobachtungszeit, mit der die verschiedenen Studien gearbeitet haben. Jedoch passt bei dieser Theorie nur die Studie von Erie et al. [7] ins Bild, da diese die höchsten Rezidivraten bei der mit Abstand längsten Risikofaktor für die Entstehung Nachbeobachtungszeit aufweist. 5.3 Neurodermitis, ein von Bindehautkarzinomen? Wie initial schon kurz angesprochen, wird diskutiert, ob Neurodermitis einen Risikofaktor für das Entstehen von Konjunktivalkarzinomen darstellt. In der Literatur besteht dazu bisher lediglich eine geringe Datenlage, die an dieser Stelle beleuchtet werden soll. Die Kasuistik von Schmack et al. von 2006 [34] stellt einen Patienten vor, der in auffallend jungem Alter an einem Plattenepithelkarzinom erkrankte. Dieser Patient war bekannter Neurodermitiker und litt an extrinsischem Asthma. Der Tumor saß im unteren Fornix, an einer eher ungewöhnlichen, nicht lichtexponierten Stelle. Kallen et al. veröffentlichten 2003 einen Artikel [20], in dem sie sieben Patienten mit atopischer Keratokonjunktivitis vorstellten, bei denen ein Bindehautkarzinom festgestellt wurde. Auffallend war, dass die Patienten ebenso vergleichsweise jungen Alters waren (50,7 ± 14,2 Jahre) und einer großen Altersspanne entstammten (29 - 66 Jahre). Differentialdiagnostisch wurde bei 67 zweien ein okuläres Pemphigoid vermutet, ein Patient wurde ein halbes Jahr ohne Diagnosesicherung mit systemischer Immunsuppression behandelt. Seit 2001 werden in einer prospektiven Studie bei Patienten mit atopischer Keratokonjunktivitis standardisierte Bürstenabstriche zur zytologischen und zytometrischen Untersuchung abgenommen, um etwaige DNA-Aneuploidie als Beweis für neoplastisch transformierte Zellen festzustellen und betroffene Patienten schneller und besser behandeln zu können. Dieser vielversprechende Ansatz lässt gespannt auf eine Veröffentlichung von Ergebnissen warten. Unsere Studie schildert mit dem Indexpatienten G.F. einen klassischen Verlauf von Bindehautkarzinomen bei schwerer Neurodermitis und systemischer Immunsuppression. Herr F. erkrankte – analog zu der Kasuistik von Schmack et al. (2006) - in sehr jungem Alter (39 Jahre) und der Tumor saß an der bulbären und palpebralen Konjunktiva. Trotz sorgfältiger und großzügiger operativer Entfernung des Tumores, erlitt der Patient mehrfache Rezidive, sodass er sich schließlich aufgrund des sehr aggressiven Wachstumverhaltens der Tumorerkrankung mit Invasion des Orbitaweichteilgewebes einer Exenteratio orbitae unterziehen musste. Die Patientenzahl ist bisher zwar gering, jedoch sehen wir Neurodermitis ebenfalls als prädisponierenden Faktor für das Entstehen von Bindehautkarzinomen. Betrachtet man den Krankheitsverlauf von Herrn F., ist Neurodermitis im Zusammenhang mit einer herabgesetzten Immunkompetenz ein prädisponierender Faktor für die Entstehung und für einen gravierenden Verlauf von Bindehautkarzinomen. 5.4 Vergleich mit dem Schwesterkarzinom, dem Karzinom der Zervix Uteri Auch bei dem dem Konjunktivalkarzinom verwandten Karzinom der Zervix Uteri gibt es in der Kategorie „nichtinvasive Karzinome“ Neuerungen in der 68 Nomenklatur. Es besteht dabei eine Diskrepanz zwischen der klinischchirurgisch orientierten FIGO-Klassifikation und dem klinisch-pathologischem TNM-System. Die FIGO-Klassifikation subsumiert das plattenepitheliale Carcinoma in situ - wie bei Konjunktivaltumoren - unter der CIN III, dementsprechend verwendet die FIGO-Klassifikation das bisherige Stadium 0, welches für Tis verwendet wurde, nicht mehr. In der aktuellen TNMKlassifiktion ist jedoch die T-Kategorie für das nichtinvasive Karzinom (Tis) weiterhin enthalten. Als pragmatisches Vorgehen ist empfehlenswert, das bisherige plattenepitheliale Carcinoma in situ unter der CIN III zu subsumieren und allein das nichtinvasive Adenokarzinom (Synonym: Adenocarcinoma in situ, AIS) mit Tis zu klassifizieren [18]. In der TNM-Klassifikation des Zervixkarzinoms von 2010 wird das Stadium „Tis“ bislang nicht weiter unterteilt. Interessant wäre darüber hinaus, ob eine genauere Differenzierung in der TNM-Klassifikation für das nicht-invasive Tumorstadium sinnvoll wäre. Wir hatten vorgeschlagen, bei dem verwandten Tumor in der Konjunktiva dieses Tumorstadium aufgrund der Heterogenität von Krankheitsverlauf und Therapiekonsequenz weiter zu unterteilen. Tab. 14: FIGO/TNM-Klassifikation des Zervixkarzinoms (Auszug) TNM-Kategorie FIGO-Stadien Beschreibung T-Tumorstadium TX Primärtumor kann nicht beurteilt werden T0 Tis Kein Anhalt für Primärtumor Früher: 0 Carcinoma in situ Jetzt: nicht mehr (präinvasives Karzinom) berücksichtigt T1 I Tumor begrenzt auf die Zervix 69 5.5 Schlussfolgerungen Unsere Studie liefert erste Ergebnisse in der Arbeit mit der neuen TNMKlassifikation von 2009 für Karzinome der Konjunktiva. Diese war im klinischen Alltag intraepitheliale sehr gut Neoplasien anwendbar. (CIN) und Schwergradige invasive konjunktivale Karzinome in fortgeschrittenem Tumorstadium wurden signifikant häufiger von einem Rezidivtumor gefolgt als leichtgradige CIN bzw. invasive Karzinome in niedrigen Tumorstadien. Wir schlugen noch eine Erweiterung für nichtinvasive Karzinome vor, da diese Gruppe sich als sehr heterogen erwies. Diese Studie soll noch auf andere Zentren für Augenheilkunde ausgeweitet werden, um schließlich mit hohen Patientenzahlen signifikante Aussagen machen zu können. Mit Spannung darf also auf die Ergebnisse der korrespondierenden Zentren gewartet werden. 70 6. Literaturverzeichnis 1. Basti S, Macsai MS, (2003), Ocular surface squamous neoplasia, Cornea, 22 (7), 687 – 704 2. Bock F, Onderka J, Dietrich T, Bachmann B, Kruse FE, Paschke M, Zahn G, Cursiefen C, (2007), Bevacizumab as a potent inhibitor of inflammatory corneal angiogenesis and lymphangiogenesis, Invest Ophthalmol Vis Sci, 48, 2545–2552 3. Chen WL, Chung-Tien L, Nien-Ting L, I-Hua T, Jing-Wen L, Lu-Ping C, Kwan-Rong L, Fung-Rong H, (2009), Subconjunctival injection of bevacizumab (Avastin) on corneal neovascularization in different rabbit models of corneal angiogenesis, Invest Ophthalmol Vis Sci 50, 1659–1665 4. 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Ich danke meinem Doktorvater Prof. Dr. Holbach, der mir stets mit seinem Fachwissen zur Seite stand, mich mit viel Geduld durch die Promotionsarbeit geleitete und dadurch ein wertvollen Wegbegleiter wurde. Ich danke den Mitarbeitern des ophthalmo-pathologischen Labors, insbesondere Frau Carmen Hofmann-Rummelt für ihre Hilfsbereitschaft, ihre fantastischen Ideen und ihrer unendlichen Motivation, mit der sie mir durch meine Arbeit geholfen hat und diese erst möglich gemacht hat. Ich danke meiner Mutter, die mir stets Mut zugesprochen und mich in meiner Arbeit bestärkt hat. Hätte sie mir nicht den Rücken freigehalten, wäre meine Arbeit in dieser Form nicht möglich gewesen 83 9. Lebenslauf Persönliche Daten Name: Sturm Vorname: Tanja Geburstdatum: 02.11.1985 Geburtsort: Nürnberg Konfession: evangelisch-lutherisch Familienstand: ledig Eltern: Jochen Himsel, geboren am 28.09.1966, selbständiger Anlagenmechaniker Heidrun Sturm, geboren am 30.03.1965, Qualitäts- und Projektmanagerin Schulausbildung 09 / 1992 – 07 / 1996 Grundschule Bartholomäusstraße, Nürnberg 09 / 1996 – 06 / 2005 Willstaetter - Gymnasium, Nürnberg 06 / 2005 „Allgemeine Hochschulreife“ Leistungskurse Chemie, Englisch 84 Hochschulausbildung für das Fach Humanmedizin an der Friedrich– Alexander–Universität Erlangen-Nürnberg 10 / 2005 – 09 / 2007 vorklinische Studium 08 – 09 /2007 erster Abschnitt der ärztlichen Prüfung 10 / 2007 – 07 / 2010 klinisches Studium 08 / 2010 – 07 / 2011 Praktisches Jahr 1. Tertial: Anästhesie, Universitätsklinikum Erlangen 2. Tertial: Innere Medizin, Nephrologische Abteilung, Klinikum Nürnberg Süd 3. Tertial: Chirurgie, Klinikum Nürnberg 10 / 2011 zweiter Abschnitt der ärztlichen Prüfung seit 01 / 2012 Assistenzärztin an der Klinik für Anästhesiologie der Friedrich-Alexander-Universität ErlangenNürnberg