Update Eurostudie Grüner Fisher Investments Grüner Fisher Investments Update Eurostudie 2 Europäische Einigkeit auf dem Prüfstand Aussteigen oder bleiben? In den vergangenen Jahren ist die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) und der amerikanischen Notenbank (FED) immer mehr in den Fokus gerückt. Die expansive Geldpolitik der Zentralbanken soll die Konjunktur ankurbeln und hoch verschuldete Staaten durch niedrige Zinsen entlasten. Umfangreiche Maßnahmenkataloge, Rettungsschirme und Anleihekäufe zeugen von den ernsten Bemühungen der EZB, kriselnde Peripheriestaaten zu stabilisieren und den Euro als Gemeinschaftswährung mit allen Mitteln zu halten. „Whatever it takes“ - dieser Leitspruch von EZB-Chef Mario Draghi gilt immer noch als eindeutige geldpolitische Richtungsvorgabe. Ein aussichtsloser Kampf? Die Euro-Krise stellt die Europäische Union zweifelsohne auf eine der härtesten Proben seit der „Eurosklerose“ zwischen 1973 und 1984 - eine Krise, welche die Rückbesinnung auf nationale Wirtschaftspolitik hervorrief und das übergeordnete Banner der Europäischen Integration immens herausforderte. Erinnert das nicht stark an die heutige Problematik? Wohl kaum einer hätte das vor Einführung des Euro wahrhaben wollen! Denn die Gemeinschaftswährung sollte Europa letztendlich einigen, die unterschiedlichen Volkswirtschaften angleichen und den Weg zu großer wirtschaftlicher Stärke ebnen. Eine scheinbare Illusion, die sich durch die Geschehnisse der vergangenen Jahre zusehends aufgelöst hat. Euro-Krise, politische Uneinigkeit und ein unüberbrückbares wirtschaftliches Gefälle zwischen den einzelnen Mitgliedsstaaten - die offensichtlichen Konstruktionsfehler des Euro offenbarten sich recht schnell und geradezu zwangsläufig. Die Maßnahmen der EU und EZB konnten aufgrund einer zähen Einigung mit dem hochverschuldeten Griechenland im Sommer 2015 zwar dessen Austritt aus der Währungsunion verhindern, aber die Krise ist damit alles andere als überwunden. Im Jahr 2016 rücken europäische Banken in den Vordergrund, die nach dem Stresstest der Europäischen Zentralbank und der European Banking Authority (EBA) Ende Juli wohl immer noch ihre Kapitalquoten aufstocken müssen. Seit dem letzten Stresstest 2014 sei nicht viel passiert. Und die Schwäche des Finanzsektors zu Beginn des Jahres lässt Anleger nur noch mehr an der Stärke und Profitabilität der europäischen Bankenlandschaft zweifeln - auch deutsche Großbanken wie die Deutsche Bank oder Commerzbank stehen im Kreuzfeuer der Kritik. Die Krise hinterlässt bleibende wirtschaftliche und politische Spuren, welche die Grundprinzipien der EU zukünftig immer wieder in Frage stellen werden. Der EUGrundgedanke der Integration wurde im Verlauf der Euro-Krise besonders stark geschädigt - die Konsequenzen sind vielschichtig und gehen weit über wirtschaftliche Auswirkungen hinaus. So nimmt die Föderalisierung der Eurozone unabdingbar zu, Integrationsprozesse müssen überholt und strikter durchdacht werden und Entscheidungen werden auf das Nötigste reduziert, um zügiger an Lösungen zu gelangen. Die Grenzen innerhalb der EU, der Eurozone und die zu seinen jeweiligen Nachbarn sind deutlicher geworden. Die Debatte zwischen Kern und Peripherie ist auf ihrem bisherigen Höhepunkt angekommen: Die Aufspaltung in Gläubiger- und Schuldnerstaaten ist zur Realität geworden. Das bestätigen nicht nur die Verhandlungen um Griechenland und das über den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) verabschiedete Hilfspaket Mitte August 2015. Das negative Echo aus großen Industriestaaten wie Großbritannien, wo erst im Juni 2016 Grüner Fisher Investments überraschend für den Brexit gestimmt wurde, sowie das Erstarken euroskeptischer Parteien in Frankreich, Italien oder Spanien verpassen dem Integrationsgedanken einen kräftigen Schlag ins Gesicht. Die Sitzverteilung im Anschluss an die letzten Europawahlen im Mai 2014 hat gezeigt, dass sich die politische Stimmung verstärkt in extreme Richtungen neigt. Ist dieser Missmut auf die Euro-Krise und ihre Folgen zurückzuführen? Und welche Rolle spielt der Euro in der gekippten wirtschaftlichen und politischen Lage? 3 Update Eurostudie Die EZB ist dabei während der Krise zunehmend in den Mittelpunkt des Geschehens gerückt: Mit expansiver Geldpolitik und einem umfangreichen Maßnahmenkatalog ist die EZB unter Mario Draghi seit Jahren um die Stabilisierung des Euroraumes bemüht. Eine wahre Mammutaufgabe vor dem Hintergrund konjunktureller Defizite, Überschuldung und teilweise extrem hoher Arbeitslosigkeit in den Peripheriestaaten. Die EU scheint politisch wie wirtschaftlich von beiden Seiten unter Beschuss zu stehen. Aus dem Osten bereitet die schwierige Zusammenarbeit mit der Türkei immer neue Probleme, die sich zuletzt als wichtiger Kooperationspartner in der Flüchtlingskrise erwiesen hatten. Die Regierungspolitik unter Präsident Erdogan entspricht nicht erst seit dem gescheiterten Putsch-Versuch den europäischen Vorstellungen von einer „EU-konformen Politik“, weshalb Experten mittlerweile von einer weiteren Wartezeit zwischen zehn und 20 Jahren ausgehen, bis seriöse Verhandlungen zu einem EU-Beitritt der Türkei möglich sind. Aus dem Westen kommt Gegenwind, nachdem die Briten für den Brexit gestimmt haben und die Gesellschaft vor vielen ungelösten Problemen steht. Beide Events - direkt oder indirekt - sind für die EU nicht von Vorteil. Anleger sind aufgrund dieser politischen und wirtschaftlichen Risiken in Europa stark verunsichert. Neben dem Brexit gibt es noch genügend andere Problemfelder: In Italien könnte eine Bankenkrise drohen und die politische Dauerkrise kann sich nach dem Ergebnis des Referendums im Dezember 2016 nahtlos fortsetzen. In Spanien gibt es keine Regierungsmehrheit. Zumindest konnten sich die Befürchtungen auflösen, dass im Jahr 2017 die europakritischen Parteien in den Niederlanden und in Frankreich zu einem Siegeszug ansetzen würden. Sowohl der Rechtspopulist Geert Wilders als auch Marine Le Pen mussten Wahlniederlagen einstecken. Auch von der Bundestagswahl im September 2017 ist nicht zu erwarten, dass sich eine Verschiebung hin zu europafeindlicher Politik durchsetzen wird. Rückblick: Schon im EWS machten sich die Probleme bemerkbar Der Vorgänger der Europäischen Währungsunion (EWU) war das Europäische Währungssystem (EWS), das ab 1979 bis zur Einführung des Euro am 1. Januar 1999 bestand. Sie erinnern sich bestimmt noch an den legendären Angriff von George Soros 1992 gegen das Britische Pfund. Er zwang letztendlich erfolgreich die Bank of England in die Knie und veranlasste diese dazu, die Wechselkursspanne dramatisch nach unten anzupassen und das EWS zu verlassen. Wurde durch diesen Coup die Problematik des EWS und des weiteren Vorhabens einer Gemeinschaftswährung bereits aufgedeckt? Eines der wichtigsten Ziele des EWS war es, in Europa durch die Einführung fester, jedoch anpassungsfähiger Wechselkurse - innerhalb von jeweils individuell festgelegten Bandbreiten - eine Zone der Währungsstabilität zwischen den Währungen der teilnehmenden Länder zu schaffen. Eine Verbesserung der Stellung Europas im internationalen Währungssystem - vor allem als Gegengewicht zum dominanten US-Dollar 3 Grüner Fisher Investments GmbH Sportstraße 2 a · 67688 Rodenbach Telefon 06374 9911-0 · Fax 06374 9911-800 [email protected] · www.gruener-fisher.de 3 Doch die Erfahrungen im EWS haben früh gezeigt, dass selbst flexible Bandbreiten auf Dauer nicht aufrechterhalten werden konnten. Die strukturellen Unterschiede in der Leistungs- und Innovationsfähigkeit der einzelnen Volkswirtschaften waren damals - und natürlich auch heute noch - viel zu unterschiedlich. Die flexiblen Wechselkurse dienten in der Geschichte dabei immer als „Regulativ“ und haben diese Unterschiede ausgeglichen. Diese grundsätzliche Problematik der mangelnden Flexibilität konnte innerhalb des EWS nicht gelöst werden. Der Lerneffekt hat sich dennoch nicht eingestellt: Die tektonischen Spannungen bei der Konstruktion des Euro wurden einfach ignoriert. Vereinfacht ausgedrückt: Die „Dehnfugen“ innerhalb des EWS waren offensichtlich zu klein ausgelegt und konnten die unterschiedlichen Entwicklungen der jeweiligen Volkswirtschaften nicht auffangen. Als politische „Lösung“ hat man anschließend beim Euro einfach gänzlich auf diesen notwendigen „Puffer“ verzichtet. Ein Konstruktionsfehler, der durch die unterschiedliche wirtschaftliche Stärke der Mitgliedsstaaten zwangsläufig offengelegt wurde. Rendite 10-jähriger Staatsanleihen 40 35 Deutschland Griechenland Irland Europäischer Rat: "Euro kommt 2002" Auswahl der teilnehmenden Staaten 25 20 15 Italien Portugal Spanien Beginn der Staatsschuldenkrise 30 Prozent Grüner Fisher Investments Update Eurostudie 4 - sollte damit erreicht werden. Außerdem sollte die Wechselkursfestigung den Waren-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehr zwischen den EG-Ländern vor Wechselkursrisiken bewahren und somit erleichtern und fördern. Die Vision war ein einheitlicher europäischer Markt nach dem Vorbild der USA. Beginn der Finanzkrise Einführung des Eurobargeldes 10 5 0 Einführung des Euros als Buchgeld -5 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012 2014 2016 Quelle: Macrobond, Macrobond Financial AB Grafik: Grüner Fisher Investments Wie wurde gegen diese Problematik bisher vorgegangen? Wenn der Ausgleichmechanismus über flexible Wechselkurse fehlt, kann nur noch über abweichende Zinssätze der jeweiligen Staatsanleihen zwischen den einzelnen EuroLändern differenziert werden. Die für den Euro angestrebte und benötigte Konvergenz Grüner Fisher Investments zwischen den einzelnen Teilnehmerländern wurde bis ins Jahr 2009 sozusagen „künstlich“ erreicht, ohne die zugrundeliegenden, strukturellen Ungleichgewichte der einzelnen Mitgliedstaaten zu beseitigen. Das zwischenzeitliche „Auseinanderdivergieren“ der EuroLänder war nur eine logische Folge dieser künstlich geschaffenen Angleichung. 5 Update Eurostudie Erinnern wir uns: Der Startschuss für die „offizielle“ Eurokrise fällt zum Ende des Jahres 2009. Der damalige Präsident George Papandreou bekennt sich zur finanziellen Schieflage des griechischen Staates. Die Anleihemärkte reagieren: Bis zum Mai 2010 steigen griechische Staatsanleihen mit einer Laufzeit von zehn Jahren auf über zwölf Prozent an. Bereits zu diesem Zeitpunkt ist die faktische Pleite Griechenlands kaum noch von der Hand zu weisen. Die Troika (bestehend aus EU, IWF und EZB) schnürt ein Rettungspaket in Höhe von 110 Milliarden Euro. Doch die tiefgreifenden Probleme bleiben. Andere Peripheriestaaten ächzen ebenfalls unter der Schuldenlast: Irische und portugiesische Staatsanleihen kollabieren - die Refinanzierung über die Kapitalmärkte wird zum aussichtslosen Unterfangen. Medien und Anleger werden zunehmend von der Angst des Auseinanderbrechens der Eurozone mit unkalkulierbaren Folgen gepackt. Die EU und EZB mussten erneut handeln. Sie legen im Juni 2010 schließlich den vorläufigen Stabilitätsmechanismus EFSF (European Financial Stability Facility) mit einem Volumen von 750 Mrd. Euro auf, um temporäre Schieflagen diverser Staaten bekämpfen zu können. Griechenland, Irland und Portugal werden aufgrund ihrer begrenzten wirtschaftlichen Bedeutung nur als die „Spitze des Eisbergs“ identifiziert: Schulden / BIP in Prozent zum Jahresende 2015 % Griechenland Italien Portugal Belgien Zypern Spanien Frankreich Irland Österreich Slowenien Deutschland Niederlande Finnland Malta Slowakei Litauen Lettland Luxemburg Estland 0 25 50 75 100 125 150 175 200 178,8 132,3 128,8 106,4 105,9 99,0 96,7 95,2 86,1 83,8 71,1 66,6 62,3 59,1 52,6 36,7 34,9 22,1 10,1 Quelle: Macrobond, Eurostat Database Grafik: Grüner Fisher Investments Vor allem die strukturelle Schwäche der gewichtigen Mitgliedsländer Spanien und Italien lassen Anleger das Schlimmste befürchten. Im Jahr 2011 rentieren spanische und italienische Staatsanleihen bei über sieben Prozent und der Verschuldungsgrad erreicht ein neues Rekordhoch. Der Abwärtsstrudel, ausgelöst durch die griechische Pleite und marode Peripheriestaaten, sollte letztendlich auch die „Kernländer“ Frankreich und Deutschland erfassen! In dieser Phase erreicht die Euro-Krise ihren vorläufigen Höhepunkt. 5 Grüner Fisher Investments GmbH Sportstraße 2 a · 67688 Rodenbach Telefon 06374 9911-0 · Fax 06374 9911-800 [email protected] · www.gruener-fisher.de 5 Grüner Fisher Investments Update Eurostudie 6 Deutschland spielt dabei die Rolle des alleinigen Fels in der Brandung, denn auch Frankreich befindet sich am Scheideweg: Der neu gewählte Präsident Hollande gilt nicht gerade als kompromissbereit, die Zinsen französischer Anleihen rentieren über drei Prozent. 2011 wird letztendlich als sehr schwieriges und ernüchterndes Jahr an den europäischen Kapitalmärkten in die Bücher eingehen. Der globale Bullenmarkt wird durch die europäische Schwäche auf seine Strapazierfähigkeit getestet. Auch das erste Halbjahr 2012 ist geprägt von Sorgen um eine fortgeführte Eskalation mit fatalen Folgen für den Euro. Die EU verabschiedet den permanenten Rettungsschirm ESM (Europäischer Stabilitätsmechanismus), um im Gegensatz zum zeitlich begrenzten EFSF (Europäische Finanzstabilisierungsfazilität) für dauerhafte Stabilität im Ernstfall sorgen zu können. Doch die Hauptrolle des Geschehens im weiteren Krisenverlauf nimmt eindeutig die Europäische Zentralbank ein. Am 26. Juli 2012 tritt EZB-Präsident Mario Draghi ans Mikrofon und verkündet, den Euro mit allem Mitteln zu stützen - koste es, was es wolle. „Whatever it takes!“ wird zum geflügelten Wort, die Wende in der Euro-Krise schien eingeläutet. Fortan dominierte die Politik der EZB die Schlagzeilen und den weiteren Verlauf der Zinsentwicklung. Die EZB übernimmt das Ruder! Bereits im Oktober 1998 definierte der EZB-Rat, was Preisstabilität in der Eurozone bedeutet. Man setzte sich damals als Ziel, eine mittelfristige Preissteigerungsrate (Inflation) von knapp zwei Prozent zu halten. Das Ziel der Preisstabilität steht für das Europäische System der Zentralbanken (ESZB) an oberster Stelle. Nur wenn es ohne Beeinträchtigung des Zieles der Preisstabilität möglich ist, unterstützt das ESZB auch die allgemeine Wirtschaftspolitik in der Union. Diese mittlerweile 18 Jahre alte Definition gilt heute auch noch - allerdings versucht die EZB heute viel mehr, in die Wirtschaftspolitik einzugreifen. Wo damals als Hauptinstrument der Leitzins herangezogen wurde, sind die Zentralbanker heute um einiges einfallsreicher und kreativer geworden, wenn es um das Eingreifen in die Grüner Fisher Investments Geld- und Wirtschaftspolitik geht. In der Eurozone herrschte jahrelang über alle Länder hinweg eine sehr niedrige Inflation, was nach Ansicht der EZB die „Preisstabilität“ gefährdete. Erst im Jahr 2017 wurde schließlich die „Rückkehr zur Inflation“ erreicht, gestützt durch eine robuste Wirtschaft und zusätzlich befeuert durch ansteigende Rohstoffpreise. Bezüglich einer Abkehr von der expansiven Geldpolitik äußerte sich Mario Draghi bisher allerdings eher vorsichtig. Es ist zu erwarten, dass die EZB weiterhin sehr pragmatisch vorgeht und keine übereilten Kursänderungen durchsetzt. Update Eurostudie 7 Wie geht es also weiter? In der Pressekonferenz Ende Juli 2016 beließ die EZB ihre Zinssätze auf dem unverändert niedrigen Niveau von 0,00 Prozent (Leitzins), 0,25 Prozent (Spitzenrefinanzierungssatz) bzw. -0,40 Prozent (Einlagensatz). Der EZB-Rat geht davon aus, dass die EZB-Leitzinsen noch für längere Zeit und weit über den Zeithorizont des Nettoerwerbs von Vermögenswerten hinaus auf dem aktuellen oder einem niedrigeren Niveau verharren werden. Es scheint nun, dass auch die prophezeiten 1,7 Prozent für das Jahr 2017 in die Ferne gerückt sind. EZB-Zinssätze 6 Einlagensatz Spitzenrefinanzierungssatz EZB-Leitzins 5 Prozent 4 3 2 1 0,25 0 0,00 -0,40 -1 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 Quelle: Macrobond, ECB (European Central Bank) Grafik: Grüner Fisher Investments Was die geldpolitischen Sondermaßnahmen betrifft, so bestätigt der EZB-Rat, dass die monatlichen Ankäufe von Vermögenswerten im Umfang von 80 Mrd. € bis Ende Dezember 2017 oder erforderlichenfalls darüber hinaus, und in jedem Fall so lange erfolgen sollen, bis eine nachhaltige Korrektur der Inflationsentwicklung erkennbar ist, die mit seinem Inflationsziel im Einklang steht. Insgesamt dürfte die Ausweitung wenig zur Anregung der Inflation, dem Wachstum und der Kreditvergabe in der Eurozone beitragen. In ihren Pressekonferenzen zu geldpolitischen Themen betont die EZB immer wieder, dass strukturelle Unterschiede 7 Grüner Fisher Investments GmbH Sportstraße 2 a · 67688 Rodenbach Telefon 06374 9911-0 · Fax 06374 9911-800 [email protected] · www.gruener-fisher.de 7 Grüner Fisher Investments Update Eurostudie 8 genauso angegangen werden müssen wie eine Anpassung der Geldpolitik. Diese konzentriere sich auf die Preisstabilität. Der akkommodierende Kurs der EZB soll die Konjunktur nur stützen. In erster Linie müssen strukturpolitische Maßnahmen, wie etwa die Verbesserung des Geschäftsumfelds und die Bereitstellung einer adäquaten Infrastruktur, angegangen werden. Solche Maßnahmen sind unabdingbar zur Förderung produktiver Investitionen, zur Schaffung neuer Arbeitsplätze und Steigerung der Produktivität. Zusammen mit einer akkommodierenden Geldpolitik fördern strukturelle Veränderungen nicht nur ein nachhaltig kräftiges Wirtschaftswachstum, sondern steigern die Erwartungen auf höhere Einkommen, wodurch Reformen schneller ihren Nutzen entfalten können und die Widerstandsfähigkeit des Euroraumes gegenüber globalen Schocks gesteigert wird. Noch immer zu große Unterschiede innerhalb der Eurozone Staaten der Europäischen Union - Verschuldung im Jahr 2015 Land Währung Italien Deutschland Großbritannien Frankreich Spanien Niederlande Belgien Griechenland Österreich Portugal Polen Irland Schweden Finnland Dänemark Ungarn Tschechien Rumänien Slowakei Kroatien Slowenien Zypern Litauen Bulgarien Luxemburg Lettland Malta Estland Eurozone Nicht-Euroländer Gesamt EU EUR EUR GBP EUR EUR EUR EUR EUR EUR EUR PLN EUR SEK EUR DKK HUF CZK RON EUR HRK EUR EUR EUR BGN EUR EUR EUR EUR Schulden in Mrd. € BIP in Mrd. € 2.169,86 1.635,51 2.148,24 3.022,99 2.139,80 2.397,06 2.112,19 2.185,33 1.069,88 1.081,19 452,06 678,68 435,63 409,41 314,02 175,59 290,55 337,27 231,05 179,41 214,52 426,86 204,36 214,56 193,64 444,95 129,18 207,22 121,15 265,99 81,53 109,00 66,35 162,22 62,49 160,03 41,09 78,07 37,07 43,81 32,10 38,31 18,44 17,42 13,64 37,12 11,90 44,03 11,20 52,11 8,49 24,33 5,20 8,80 2,07 20,46 9.689,24 10.403,78 2.928,45 4.053,94 12.617,69 14.457,72 Schulden / BIP Einwohner 132,7% 60.719.928 71,1% 81.197.537 89,3% 64.596.800 96,7% 66.317.994 99,0% 46.464.053 66,6% 16.829.289 106,4% 10.951.266 178,8% 10.816.286 86,1% 8.579.747 128,8% 10.602.000 50,3% 38.485.779 95,2% 4.595.000 43,5% 9.644.864 62,3% 5.429.894 45,5% 5.659.715 74,8% 9.908.798 40,9% 10.521.600 39,1% 20.121.641 52,6% 5.421.349 84,6% 4.284.889 83,8% 2.061.085 105,9% 1.120.489 36,7% 2.900.787 27,0% 7.364.570 21,5% 562.958 34,9% 1.978.300 59,1% 425.384 10,1% 1.313.271 93,1% 338.286.617 72,2% 170.588.656 87,3% 508.875.273 Schulden pro Einwohner 35.721,00 € 26.515,00 € 34.926,00 € 31.576,00 € 23.083,00 € 26.133,00 € 38.565,00 € 28.684,00 € 33.898,00 € 22.299,00 € 5.663,00 € 43.480,00 € 20.148,00 € 23.895,00 € 18.887,00 € 8.154,00 € 6.448,00 € 3.047,00 € 7.619,00 € 8.976,00 € 15.546,00 € 22.390,00 € 5.437,00 € 1.635,00 € 19.848,00 € 4.467,00 € 13.091,00 € 1.517,00 € 27.891,00 € 11.987,11 € 24.541,00 € Fläche in km² 301.338 357.340 243.610 674.843 504.645 41.548 30.528 131.957 83.879 92.212 312.679 70.182 447.435 338.432 43.094 93.036 78.866 238.391 49.034 56.542 20.273 9.251 65.300 110.994 2.586 64.589 316 45.339 2.883.592 1.624.647 4.508.239 Schulden / BIP 2010 118,43% 83,24% 79,87% 82,32% 61,05% 62,86% 96,15% 144,89% 71,83% 93,32% 54,88% 94,87% 39,70% 48,25% 43,70% 81,31% 37,55% 31,04% 40,98% 57,00% 38,79% 61,46% 37,99% 16,26% 19,05% 44,71% 68,95% 6,69% 85,6% 64,4% 80,4% Quelle: Mac robond, Eurostat. Eigene Berechnungen durch Grüner Fisher Investments. Zeitpunkte der Einwohnererfassung teilweise abweichend. Ein Problem, welches jeweils von der Theorie der Währungsunion, einer Gemeinschaftswährung sowie vom Maßnahmenkatalog der Zentralbank außer Acht gelassen wurde, sind die erheblichen volkswirtschaftlichen Unterschiede innerhalb der Eurozone. Strukturelle Unterschiede zwischen Ländern wie Deutschland und Frankreich und den Peripheriestaaten sind immens. Die Staatsverschuldung vieler Staaten liegt weit über den nach Maastricht vereinbarten 60 Prozent. Grüner Fisher Investments Die Lösung dieser Problematik gestaltet sich dabei nahezu unmöglich: Immer öfter spricht Mario Draghi in seinen Reden und Pressekonferenzen die Regierungen der Länder direkt an und ermahnt sie, die Fiskalpolitik expansiver zu. Die Umsetzung des Stabilitäts- und Wachstumspakts ist unerlässlich für das Vertrauen in den finanzpolitischen Rahmen der EU. Die Intention dahinter ist noch immer richtig, aber gestaltet sich vor allem in den Trümmern der Euro-Krise schwierig. Die Unterschiede zwischen den einzelnen Mitgliedsländern waren von Beginn an schlicht und ergreifend zu groß, die Ausgangslage viel zu differenziert! Update Eurostudie 9 Großbritannien sorgt für Wirbel Die Schockwirkung des Brexit ist noch nicht verflogen. Aber die Medienlandschaft neigt definitiv zu Übertreibungen, was die Konsequenzen dieser Entscheidung angeht. Märkte blicken in die Zukunft und geben die Richtung vor: Bereits drei Handelstage nach dem „Schwarzen Freitag“ am 24. Juni 2016 zeigten die weltweit führenden Aktienindizes eine deutliche Erholungsbewegung. Am Quartalsende lagen die globalen Aktienmärkte nur -0,8 Prozent unter dem Niveau, das unmittelbar vor dem Brexit-Entscheid erreicht wurde. Die US-Märkte verzeichneten ein Minus von -0,7 Prozent und der britische Markt lag in seiner Heimatwährung sogar 2,8 Prozent im Plus. Das Brexit-Votum schlägt nur kurz ein 110 Rebase bei 100 = 31.05.2016 108 MSCI World MSCI UK S&P 500 Ende des Quartals 105 Tag des Votums 103 100 98 95 93 31.05.2016 - 30.07.2016 Quelle: Macrobond, Standard & Poor's, MSCI Barra Grafik: Grüner Fisher Investments Sieht so ein Börsencrash aus? Definitiv war der Brexit in der Lage, kurzfristig orientierte Anleger aus dem Markt zu kegeln. Verfechter einer Stop-Loss-Strategie, die schon vom „Black Monday“ im August 2015 hart getroffen wurden, dürften ein sehr schmerzhaftes Déjà-vu erlebt haben. Allerdings besaß die Brexit-Thematik von Anfang an nicht das Potential, den globalen Bullenmarkt zu beenden. Langfristig orientierte Anleger können den Post-Brexit-Verhandlungen dementsprechend gelassen gegenüberstehen. 9 Grüner Fisher Investments GmbH Sportstraße 2 a · 67688 Rodenbach Telefon 06374 9911-0 · Fax 06374 9911-800 [email protected] · www.gruener-fisher.de 9 Grüner Fisher Investments Update Eurostudie 10 Der vorrangige und naheliegende Einfluss des Brexit ist vor allem politischer Natur. Die Schlagzeilen kreisten um den Rücktritt des - nun ehemaligen - Premiers David Cameron, den wilden Diskussionen um seinen Nachfolger und das Chaos in der Opposition der Labour Party. Politik und Wirtschaft sind entscheidende Faktoren für die Entwicklung der Aktienmärkte, die sich aber wiederum wenig um Persönlichkeiten scheren. Die neue Premierministerin Theresa May - deren Amtseinführung überraschend schnell vollzogen wurde - hat sich wie erwartet Zeit gelassen, um sich auf Artikel 50 des Lissabonner Vertrags zu berufen. Erst ab diesem Zeitpunkt startet die offizielle zweijährige Verhandlungsfrist mit der EU. Wirtschaftlich hat sich in der Zwischenzeit wenig verändert. Die Politiker, die heute die Verhandlungen beginnen, beenden diese wahrscheinlich nicht einmal. Das Schlussabkommen könnte einschneidend sein oder unerwartete Konsequenzen mit sich bringen - das ist zu dem heutigen Zeitpunkt noch unabsehbar. Wichtig ist allerdings, dass die Verhandlungen langsam und in aller Öffentlichkeit abgehalten werden, was den Überraschungseffekt eindämmt. Wie wir auch in unserer Jahresprognose für 2017 geschrieben haben, sollte die allmählich abflauende Unsicherheit den Aktienmärkten in naher Zukunft einen Schub verpassen. Der Brexit bedeutet hier zwar eher einen unkalkulierbaren Störfaktor, allerdings mit lediglich temporären Auswirkungen - der Einfluss auf die Aktienmärkte scheint bereits jetzt schon fast vergessen. Die politische und wirtschaftliche Unsicherheit der nahen Zukunft wird ebenfalls mit der Zeit verschwinden. Brexit! - Die wichtige Entscheidung im Rückblick Gegen fünf Uhr morgens am 24. Juni 2016 sind alle Stimmen ausgezählt. BBC und ITV verkünden: Großbritannien wird die EU verlassen! Die Rückendeckung aus Schottland und London ist geringer als erwartet, große Teile Englands lehnen die EU klar ab, auch Wales stimmt dagegen: Am Ende erreichen Brexit-Befürworter 51,9 Prozent der Stimmen, nur 48,1 Prozent stimmen für den Verbleib in der EU. Die Märkte für Anleihen, Währungen und Aktien zeigen heftige Kursreaktionen. Europäische Aktienindizes eröffnen mit riesigen Verlusten, das Britische Pfund fällt im nächtlichen Handel zwischenzeitlich auf ein 30Jahres-Tief. Sofort tauchen essentielle Fragen auf, die geklärt werden müssen. Wer wird Premierminister David Cameron ersetzen, der direkt nach dem Brexit-Entscheid seinen Rücktritt verkündet hat? Wird Großbritannien noch in diesem Herbst vorgezogene Neuwahlen erleben? Wird die Wirtschaft dieses Unwetter aushalten? Scheidet Großbritannien friedlich aus der EU aus oder wird die Trennung zur Schlammschlacht? Wird der Brexit von einem Czexit, Nexit oder Frexit gefolgt? Wird Schottland ein weiteres Unabhängigkeitsreferendum abhalten? Wird Nordirland folgen? Kann sich das gespaltene Land zusammenraufen? Mit Theresa May ist eine Nachfolgerin für David Cameron überraschend schnell gefunden, dennoch bleiben viele offene Fragen bestehen, deren Beantwortung viel Zeit in Anspruch nehmen wird. Erst im nächsten Jahr wird sich Premierministerin May auf Artikel 50 des Lissabonner Vertrags berufen und erst dann startet auch die zweijährige Verhandlungsfrist mit der EU. Bis neue Handelsabkommen und sämtliche Rahmenbedingungen ausgehandelt sind, wird noch viel Zeit verstreichen und der Status Quo weiter Bestand haben. Grüner Fisher Investments Die nächsten Schritte Derartige Ereignisse können die Märkte kurzfristig hart treffen und das Sentiment beschädigen, aber im übergeordneten Bild sind es die fundamentalen Dinge, die den meisten Einfluss auf die Marktbewegungen ausüben. Dass Großbritannien nun irgendwann außerhalb der EU steht, sollte die globale Wirtschaft nicht von ihrem eingeschlagenen positiven Kurs abbringen. Diese Aussage mag für die Ohren mancher Marktteilnehmer überraschend klingen, insbesondere weil dieses Referendum mit extrem reißerischen Kampagnen angekündigt wurde, gespickt mit zahlreichen Fehlinformationen. Der Brexit wurde oftmals mit einem totalen Kollaps der britischen und europäischen Wirtschaft gleichgesetzt. Doch den Bullenmarkt beeindruckte das nicht sonderlich. Für Anleger ist es ratsam, die langfristige Perspektive im Auge zu behalten und der Versuchung zu widerstehen, emotional zu werden. Update Eurostudie 11 Status Quo noch unverändert Großbritannien ist immer noch ein Mitglied der EU! Freier Zugang zum Binnenmarkt, völlige Bewegungsfreiheit zu den anderen 27 Mitgliedsstaaten. Freier Handel auch mit allen weiteren Freihandelspartnern der EU. Daran wird sich aller Voraussicht nach in den nächsten zwei Jahren auch nichts ändern, bis der Verhandlungsprozess nach und nach abgeschlossen wird. Nach unmittelbaren, heftigen Reaktionen werden die Märkte eine erste Erleichterung erfahren können, wenn sich die Unsicherheit etwas verflüchtigt. Dies befähigt die Märkte, wieder etwas mehr die guten Fundamentaldaten Großbritanniens und das positive politische Patt in den Vordergrund zu rücken. Britische Aktien könnten in der nächsten Zeit eine schwierige Phase durchmachen - vielleicht aber auch nicht. Großbritannien hinkt dem MSCI World Index seit mehreren Jahren hinterher. Großbritannien im globalen Vergleich 15 Performance in Prozent 10 5 0 -5 -10 -15 -20 MSCI United Kingdom in USD MSCI World in USD -25 Jan Apr Jul 2014 Okt Jan Apr Jul 2015 Okt Jan Apr 2016 Quelle: Macrobond, MSCI Barra Grafik: Grüner Fisher Investments 11 Grüner Fisher Investments GmbH Sportstraße 2 a · 67688 Rodenbach Telefon 06374 9911-0 · Fax 06374 9911-800 [email protected] · www.gruener-fisher.de 11 Harte Zeiten für das Pfund und britische Anleihen? Die unmittelbare Reaktion des Britischen Pfund fiel heftig aus, aber diese Entwicklung sollte längerfristig betrachtet werden. In der Hitze des aktuellen Gefechts zu agieren, ist immer mit hohen Risiken verbunden. Ängste rund um das Britische Pfund und die langfristige Perspektive für Britische Staatsanleihen sind überzogen und hängen mit den Fehleinschätzungen des IMF, der OECD und auch den politischen Brexit-Gegnern zusammen. Einer der Hauptkritiker war hierbei der Gouverneur der Bank of England, Mark Carney, der aus unserer Sicht fälschlicherweise angeführt hat, dass Großbritannien durch das Haushaltsdefizit auf die Großzügigkeit ausländischer Investoren angewiesen ist, um das Pfund zu stützen und die Zinsraten niedrig zu halten. Diese Ansicht ist verzerrt. GBP/USD langfristig 2,75 2,50 2,25 2,00 GBP/USD Grüner Fisher Investments Update Eurostudie 12 Es erscheint möglich, dass die gesammelte Unsicherheit über ein derartiges Referendum diese unterdurchschnittliche Entwicklung bereits im Vorfeld mit beeinflusst hat. Mit bereits eingepreisten Ängsten rund um den Brexit könnte eine größer werdende Gewissheit für relativen Rückenwind sorgen, sobald alle spontanen Überreaktionen aus dem Markt verschwunden sind. So oder so war Großbritannien nicht für diesen plötzlichen, unerwarteten Keulenschlag qualifiziert, der einen globalen Bärenmarkt hervorrufen könnte. Es gehen Gewinner und Verlierer aus dieser Situation hervor, aber die Märkte werden eine lange Zeitspanne zur Verfügung haben, in der sie ein unabhängiges Großbritannien einpreisen können. In der Zwischenzeit, nun da das Referendum beendet ist, können sich Unternehmen und Investoren an die weitere Planung machen. Diese Klarheit ist etwas Positives. 1,75 1,50 1,25 1,00 1975 1980 1985 1990 1995 2000 2005 2010 2015 Quelle: Macrobond, Macrobond Financial AB Grafik: Grüner Fisher Investments Die Anleihe-Skepsis ist nicht gerechtfertigt, ebenso wenig wie in den USA in der jüngsten Vergangenheit, die - wie andere Länder ebenso - große Defizite ausweisen, welche noch als Nachwehen aus der Finanzkrise gelten. Ganz einfach ausgedrückt sind Anleihen aus Grüner Fisher Investments Großbritannien attraktiv, weil Großbritannien ein entwickeltes Land mit starken Eigentumsrechten und einer starken Gesetzgebung ist, und über liquide und weit entwickelte Kapitalmärkte verfügt. Großbritannien ist in hohem Maße kreditwürdig und fähig, die Schulden zu bedienen. Dies gilt nicht nur für die aktuelle Situation, sondern auch für eventuell weitaus höhere Raten. 13 Update Eurostudie Würde eine echte Bedrohung vorliegen, hätten die Märkte dies schon Monate zuvor eingepreist, und Investoren hätten darauf verzichtet, britische Anleihen bei ihrer Emission zu kaufen. Das ist allerdings nicht der Fall. Abgesehen davon befinden sich bereits mehr als 10 Billionen US-Dollar an Anleihen mit vergleichbar hoher Qualität im negativen Zinsbereich - konsequenterweise werden viele globale Investoren Anleihen aus Großbritannien als sehr attraktive Option im Zinsbereich deutlich oberhalb von einem Prozent wahrnehmen. Schritt für Schritt Was Aktien angeht, könnten die langwierigen Brexit-Verhandlungen und politisches Tauziehen die Marktstimmung noch einige Zeit belasten. Aber keine der zugrundeliegenden Probleme hat das Potential, für einen Keulenschlag, der einen globalen Bärenmarkt hervorruft. Märkte bewegen sich aufgrund von Überraschungen - das negative Überraschungspotential ist in der aktuellen Situation schlichtweg nicht mehr vorhanden. Wenn langsam aufkeimende Ereignisse Schritt für Schritt in die öffentliche Wahrnehmung dringen, preisen die Märkte das Auskommen in der Regel schrittweise ein und spielen verschiedene Szenarien durch. Wir haben dies in den letzten Jahren in der Eurozone immer wieder beobachtet, welche zahlreiche strukturelle Änderungen im zeitlichen Verlauf der Schuldenkrise erlebt hat. In den USA sind die schrittweisen Implementierungen des Affordable Care Act und des DoddFrank Act als ähnliche Beispiele zu nennen. Neue Fragestellungen und Veränderungen werden Teil einer langfristigen Entwicklung, und erlauben es anderen zyklischen Faktoren, zwischenzeitlich immer wieder einen größeren Einfluss auf die Renditen auszuüben. Handelsbeziehungen im Fokus Ob Großbritannien nun innerhalb oder außerhalb der EU besser dasteht, ist eine Frage der Sichtweise. Die gesellschaftlichen Auswirkungen sind weitreichend, und die Emotionen kochen aktuell hoch. Aber Märkte blicken über den soziologischen Tellerrand hinaus. Sie kümmern sich um wirtschaftliche Auswirkungen, und da die Meinungen auf beiden Seiten sehr stark sind, muss man Argumente immer von zwei Seiten betrachten. Die EU ist eine riesige Freihandelszone, und Großbritannien profitiert von einem unbeschränkten Handelszugang. Auf der anderen Seite sind die Handelsbeziehungen außerhalb Europas ebenso stark - und das Zeitfenster für Verhandlungen jeglicher Art ist lang genug, so dass die Handelsaktivitäten auch nach dem Brexit hoch sein werden. Der Anteil der Exporte in die EU fällt in der britischen Handelsbilanz seit Jahren, was zeigt, dass die Wirtschaft Großbritanniens weniger von der EU-Mitgliedschaft abhängt als viele glauben. 13 Grüner Fisher Investments GmbH Sportstraße 2 a · 67688 Rodenbach Telefon 06374 9911-0 · Fax 06374 9911-800 [email protected] · www.gruener-fisher.de 13 15,0 14,5 14,0 13,5 Prozent 13,0 12,5 12,0 11,5 11,0 10,5 10,0 1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012 2014 2016 Quelle: Macrobond, Eurostat Database Grafik: Grüner Fisher Investments Handel des Vereinigten Königreichs mit der EU Veränderung der Importe & Exporte von Waren in den letzten 10 Jahren (gesamt) 90 80 70 60 50 Prozent Grüner Fisher Investments Update Eurostudie 14 Anteil der britischen Exporte am BIP der EU 40 30 20 10 0 -10 -20 Importe -30 Exporte 2008 2009 2010 2011 2012 Quelle: Macrobond, U.K. Office for National Statistics (ONS) Grafik: Grüner Fisher Investments 2013 2014 2015 2016 Grüner Fisher Investments Handel des Vereinigten Königreichs mit der EU Veränderung der Exporte & Importe seit Inkrafttreten des Lissabonner Vertrages 2009 (mit Austrittsklausel Art. 50 EUV), Datenverfügbarkeit bis 31.12.2014 15 30 Update Eurostudie Veränderung des Anteils am BIP in % 40 20 10 0 -10 -20 -30 Exporte: Waren & Dienstleistungen in EU-Mitgliedstaaten Importe: Waren & Dienstleistungen aus EU-Mitgliedstaaten 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 Quelle: Macrobond, Eurostat Database Grafik: Grüner Fisher Investments Insgesamt wird der Brexit Gewinner und Verlierer erschaffen, aber es wird keine automatisch negativen (oder positiven) Effekte geben. Die Auswirkungen werden davon abhängig sein, was die anstehenden Verhandlungen zu Tage befördern. Ein Pauschalurteil kann im Vorfeld dieser langen Auseinandersetzung nicht gefällt werden. Die Zeit spielt für die Aktienmärkte Für den vielzitierten Keulenschlag, welcher den globalen Bullenmarkt aus der Bahn werfen kann, ist ein Ereignis notwendig, das überraschend und plötzlich eintritt. Das globale BIP müsste um mehrere Billionen erleichtert werden! Überspitzt ausgedrückt ist es also nötig, die ganze Welt auf dem falschen Fuß zu erwischen. Der Brexit erfüllt diese Kriterien nicht. Ja, die Märkte haben sich nach oben bewegt, als sich im Laufe der Woche ein Sieg der „Remain“-Befürworter scheinbar abgezeichnet hat. Einige Marktteilnehmer haben das so interpretiert, als wäre der Brexit in keiner Weise eingepreist worden. Aber so funktionieren Märkte nicht! Die Märkte haben die Möglichkeit eines Brexit sehr wohl eingepreist, bereits seit die Konservativen die Wahl im Mai gewonnen haben, was das Referendum zur sicheren Sache erklärt hat. Seitdem haben sich die britischen Aktienmärkte schwächer entwickelt als der Rest der Welt. Die temporäre Aufwärtsbewegung unmittelbar vor dem Referendum konnte dabei nur teilweise die scharfen Verluste wettmachen, die sich im Vorfeld eingestellt hatten. Eine Überreaktion der Märkte bezüglich zwischenzeitlicher Umfragewerte heißt nicht, dass die Märkte auf dem falschen Fuß erwischt wurden. Nicht, wenn im Hintergrund die Schlagzeilen seit über einem Jahr die Risiken eines möglichen Brexit bis ins Unendliche durchdiskutieren! Diese Schlagzeilen - Studien des IMF, der OECD, scharfe Warnungen der Bank of England und so vielen anderen - haben die Erwartungen auf ein extrem niedriges Niveau gedrückt. 15 Grüner Fisher Investments GmbH Sportstraße 2 a · 67688 Rodenbach Telefon 06374 9911-0 · Fax 06374 9911-800 [email protected] · www.gruener-fisher.de 15 Grüner Fisher Investments Update Eurostudie 16 Dank diesem Zusammenhang lautet die Frage nicht „Ist der Brexit negativ?“ sondern „Wird die eventuelle Abspaltung so desaströs verlaufen, wie alle befürchten?“ So schwer die Einschätzung zum aktuellen Zeitpunkt fällt, nun da nichts als die blanken Abstimmungsergebnisse vorliegen und die Angst hochkocht: Alles andere als ein absolutes Desaster würde eine Art Erleichterung mit sich bringen, und Erleichterung kann eine positive Kraft entfalten. Es ist letztendlich ein positiver Faktor, Klarheit über das Ergebnis des Referendums zu haben. Eine gewisse Unsicherheit wird jedoch über den gesamten Zeitraum der BrexitVerhandlungen hinweg Bestand haben. Die „werden-sie-oder-werden-sie-nicht“-Frage ist zumindest geklärt. Umfragen haben den Schluss nahegelegt, dass viele Unternehmen ihre Investmentplanung vom Ausgang des Referendums abhängig machen werden. Nicht weil sie sich um den Brexit selbst sorgen, sondern weil sie im Vorfeld gar nicht wussten, was sie überhaupt planen sollen. Muss die Planung für den Brexit ausgelegt sein oder für den Status Quo? Nun, da die nahe Zukunft einigermaßen Gestalt annimmt, können die Unternehmen einen Schritt weiter gehen. Je mehr sich die Schockwirkung verflüchtigt, desto mehr werden Investoren und Unternehmen zum Tagesgeschäft zurückkehren, und diese Wiederaufnahme ist etwas Positives. Vor diesem Hintergrund bleiben jedoch immer noch zahlreiche Fragezeichen stehen, welche die Marktstimmung in der nahen Zukunft weiter belasten könnten. Die nachfolgenden Abschnitte widmen sich den wichtigsten Fragen rund um die BrexitEntscheidung. Die neue politische Führung Premierministerin May, Außenminister Johnson - die ersten Personalentscheidungen sind getroffen. Unabhängig von Personalien war jedoch schon im Vorfeld klar: Die neuen Entscheider müssen sich auf einen fortgeführten „Gridlock“, eine politische Pattsituation, einstellen. Die Partei der Konservativen ist tief gespalten, und eine Versöhnung über Nacht wird nicht passieren. Die neue Führung könnte zudem weitere Wahlen in Gang setzen möglich gemacht durch die Ausrufung außergewöhnlicher Umstände unter dem „FixedTerm Parliaments Act“. Politische Unsicherheit wird bleiben, solange sich die Situation schrittweise weiterentwickelt. Eine handlungsunfähige Regierung - ungeachtet dessen, wer die Führung übernimmt - ist positiv für die Märkte. Dies verhindert radikale gesetzgeberische Einflüsse, und reduziert das legislative Risiko für die Märkte. Politische Prozesse sind immer langwierig und geben den Märkten die Chance, alle Eventualitäten einzupreisen. Zugang zum Europäischen Markt Darf und kann ein unabhängiges Großbritannien weiterhin von der EU-Freihandelszone profitieren? Brexit-Befürworter schwärmen von einer Beziehung, wie sie Norwegen oder die Schweiz mit der EU pflegen. Dabei würde Großbritannien weiterhin über den Zugang zum freien Binnenmarkt verfügen, ohne Teil der EU zu sein. Allerdings haben Norwegen und die Schweiz auch die komplette „Bewegungsfreiheit“ der Menschen innerhalb der EU akzeptiert, um im Gegenzug freien Zugang zum Binnenmarkt zu haben. Immigration war dagegen ein wesentlicher Streit- und Kritikpunkt für viele Briten, die den Brexit befürwortet haben! So einfach wird es auch nicht werden. Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble hat bereits angemahnt: „Raus ist raus!“ Ein „Europa à la Carte“, bei dem jeder Grüner Fisher Investments Handelspartner die Rosinen aus der Beziehung picken kann, wird es nicht geben. Großbritannien könne sich auf Zölle und administrative Barrieren einstellen, wenn es um die Verschiffung von Gütern über den großen Kanal geht. Das hört sich andererseits auch sehr nach Verhandlungstaktik an. Auf diese Art von Diskussion kann man sich in den kommenden Monaten definitiv einstellen. Beide Seiten werden versuchen, ihr Territorium abzustecken und ihre Position zu stärken. Viele haben schon das Bestreben von Deutschland, Frankreich und anderen Regierungen bemerkt, weitere Euroskeptiker zu entmutigen. Der Anreiz, Großbritannien hier und da die kalte Schulter zu zeigen, ist also hoch. Aber auch in der Politik muss man die Dinge immer von zwei Seiten betrachten. Ebenso wie Zölle und Wählerinteressen auch. Firmenbesitzer und Arbeitgeber haben bestimmt kein Interesse daran, den vollen Zugang zur britischen Konsumentenschar zu verlieren. Reden schwingen ist das eine, aber die Anreize für vielfältige Kompromisse sind ebenso vorhanden. Die Verhandlungen werden zäh sein, und sie werden lautstark in der Öffentlichkeit geführt werden - was den Märkten die Chance eröffnet, zukünftige Änderungen sehr schnell zu verarbeiten, noch bevor sie in die Realität umgesetzt werden. Update Eurostudie 17 Fortgeführter freier Handel mit den Freihandelspartnern der EU Die Freihandelsabkommen mit anderen Nationen zu erneuern (inklusive Kanada, Vietnam und vielen anderen) und das Schließen neuer Abkommen mit neuen Partnern ist machbar, aber wird vermutlich viel Zeit in Anspruch nehmen. Wie viele bereits angemerkt haben, hat Großbritannien keinen Hauptverantwortlichen für die Handelsbeziehungen, weshalb es notwendig erscheint, dass ein neues Ministerium geschaffen wird. Sicherlich gibt es viele, die diesen Job ausfüllen könnten, aber das wird nicht über Nacht passieren. Die Verhandlungen werden auch langwierig sein, und manche (z.B. die USA) haben schon angemerkt, dass der Brexit Großbritannien an das „Ende der Warteschlange“ versetzen wird. Aber das ist auch politisches Geplänkel. Einige Beobachter fragen sich: „Warum sollten andere Länder sich überhaupt darum kümmern, freien Handel mit einer kleinen Inselnation zu beschließen, die gerade mal vier Prozent des globalen BIPs stellt?“ Die Gegenfrage lautet allerdings: „Warum sollten sie das NICHT wollen?“. Großbritannien verfügt über ein sehr hohes Durchschnittseinkommen, voll von glücklichen Konsumenten. Auch wenn sich die Verhandlungen hinziehen, es sollte nicht allzu lange dauern, dass Großbritannien sämtliche Hausaufgaben erledigt, um den Status „Most Favored Nation“ bei der Welthandelsorganisation zu erhalten, sobald sie aus der EU ausgetreten sind. Die harte Arbeit ist bereits erledigt, Zölle und Barrieren an die WTO-Normen anzugleichen. Der Rest beschränkt sich auf das Administrative. Die Zukunft des Vereinigten Königreichs Unter den vier teilnehmenden Staaten haben England und Wales für den Austritt gestimmt. Nordirland und Schottland haben ausdrücklich für den Verbleib in der EU gestimmt. Diese Aufspaltung führt zu verfassungsrechtlichen Fragen. Die Unterstützung der Unionisten in Nordirland könnte abflauen, welche stark von den fehlenden Grenzkontrollen zu der Irischen Republik profitieren. Die EU zu verlassen, könnte bedeuten, diesen Grenzschutz wieder herzustellen, was letztlich den freien Waren- und Personenverkehr beenden würde, von welchem beide Seiten profitieren. Sinn Féin, die bedeutende nationalistische Partei, kommentierte, dass das Brexit-Votum das Mandat von Westminster („die wirtschaftlichen und politischen Interessen der Nordiren zu vertreten“) für ungültig erkläre, und der stellvertretende First Minister Martin McGuiness hat zu einem Referendum zur Vereinigung 17 Grüner Fisher Investments GmbH Sportstraße 2 a · 67688 Rodenbach Telefon 06374 9911-0 · Fax 06374 9911-800 [email protected] · www.gruener-fisher.de 17 Grüner Fisher Investments Update Eurostudie 18 Irlands aufgerufen. Manche beklagen, dass eine rein englische Entscheidung, die Grenzkontrollen in Nordirland wieder einzuführen, das Karfreitagsabkommen verletzen würde. Die Sicherheit, politische und wirtschaftliche Auswirkungen für beide Seiten bleiben erst einmal mit einem großen Fragezeichen versehen. Schottland spricht sich auf der anderen Seite, im Hinblick auf seine alternde Bevölkerung, für EU-Migranten und Einwanderer aus, und seine Industrie ist vom Zugang zum uneingeschränkten Binnenmarkt abhängig. Auch hier werden Wähler gegen ihren Willen aus der EU genommen, die sich Sorgen über ihre Zukunft im Vereinigten Königreich machen. First Ministerin Nicola Sturgeon und sogar David Cameron haben davor gewarnt, dass ein Brexit-Votum wahrscheinlich erneute Diskussionen über ein Referendum zur schottischen Unabhängigkeit auslösen könnte. In einem Interview des Guardian vor dem Volksentscheid sagte Sturgeon, dass sie über das Mandat verfüge, das schottische Parlament wegen eines erneuten Referendums zu ersuchen und dieses erneut in Betracht zu ziehen. Dies wird nicht unmittelbar geschehen, aber es sollte doch in Betracht gezogen werden, dass das Ergebnis dieses Mal wahrscheinlich ein anderes sein wird als im Jahr 2014. Der Brexit im Fazit Entscheidungen zu treffen - darin liegt offensichtlich das eigentliche Problem. Beim Investieren geht es nur um Entscheidungen. Unternehmerische Entscheidungen! Wenn Sie in Aktien investiert sind, halten Sie Anteile an zukünftigen Unternehmensgewinnen. Emotionen und Ihr Bauchgefühl sind sehr irrationale Werkzeuge, um die Bilanz eines großen, börsennotierten Unternehmens zu analysieren. Genauso wenig können Sie Ihnen bei der Analyse der Märkte und Wirtschaft behilflich sein. Sie müssen einen kühlen Kopf und Rationalität beweisen, und die zukunftsorientierten Fundamentaldaten frei von Emotionen betrachten. Sie werden keine hochangesehene Investmentlegende finden, die ihren Status dadurch erlangt hat, indem sie die Bilanz eines Unternehmens im Panikmodus analysiert hat. Natürlich gibt es gute Gründe und Zeiten, zu denen das Verkaufen von Aktien und das Einnehmen einer eher defensiven Strategie gerechtfertigt sind. Aber diese Zeiten gibt es selten, und wenn Sie wirklich defensiv vorgehen wollen, dann nur, wenn Sie rationale und fundierte Gründe für Ihre Überzeugung vorweisen können, dass es an den Märkten wohl bald deutlich nach unten geht. Ein simples „Es könnte noch weiter nach unten gehen“ genügt nicht. Gerechtfertigt ist es nur bei: „Mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit geht es weiter nach unten“. Das erfolgreiche Anlegen in Aktien macht es erforderlich, dass Sie sehr viel häufiger in Aktien investiert sind als an der Seitenlinie zu stehen! Sie können die Märkte nicht kontrollieren. Sie können nur sich selbst und Ihre eigenen Entscheidungen kontrollieren. Fokussieren Sie sich heute darauf, dass Ihre Emotionen nicht die Kontrolle über Ihre Handlungen ergreifen. Es geht darum, menschliche Instinkte - die an den Märkten zu irrationalen Entscheidungen führen können - zu unterdrücken. Was uns letztendlich als Menschen grundlegend von der Tierwelt unterscheidet, ist die Fähigkeit zur Vernunft. Genau jetzt ist es wieder an der Zeit, vernünftig zu sein und zu verhindern, dass Marktschwankungen emotionale Reaktionen provozieren. Denn der Bullenmarkt ist am Brexit-Entscheid nicht zugrunde gegangen. Auch mögliche Ausgänge von Verhandlungen in naher Zukunft sind längst eingepreist. Grüner Fisher Investments EUR/USD in Bewegung - Welche Bedeutung hat der Euro in diesem Spektakel? Die Sorgen um ein Auseinanderbrechen der Gemeinschaftswährung bleiben in den Köpfen der Anleger verankert - umso hartnäckiger nach dem Brexit-Entscheid und einer nicht mehr unwirklichen Spaltung der EU. Der Euro zeigt sich nach dem Votum abgeschwächt, und auch mittelfristig könnte der US-Dollar zum Euro moderat aufwerten - denn noch immer hinkt Europa den USA hinterher. Während die FED die US-Leitzinsen noch in diesem Jahr erneut erhöhen könnte, belässt die EZB diese im Euroraum auf historischen Tiefs. Diese beiden Szenarien kämen dem US-Dollar zugute. Aber dieser konnte sich bisher nicht ganz so stark zeigen, denn in den vergangenen Monaten zeigte der Euro immer wieder relative Stärke zum „Greenback“ - die Eskapaden um Donald Trump konnten hier ebenfalls einige Impulse setzen. Trotzdem bleibt das Sentiment weiterhin auf „Anti-Euro“ eingestellt, was einem Verfall der Gemeinschaftswährung tendenziell entgegensteht. Update Eurostudie 19 EUR/USD 1,6 1,5 Panik um Griechenland Euro-Zerfall befürchtet Lehman Brothers insolvent Einführung des Euro als Buchgeld Brexit-Votum Einführung Euro-Bargeld 1,4 1,3 1,2 Griechenlands Schulden auf neuem Rekordstand 1,1 Schweizer Nationalbank hebt Euro-Mindestkurs auf 1,0 Beginn der Anleihekäufe durch die EZB 0,9 Drittes Hilfspaket für Griechenland wird verabschiedet 0,8 1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012 2014 2016 Quelle: Macrobond, Macrobond Financial AB Grafik: Grüner Fisher Investments Die Bedeutung des Euro sollte jedoch nicht auf die Entwicklung dieses Währungspaars reduziert werden. Denn noch vor der gemeinsamen Währung steht letztendlich ein funktionierender innereuropäischer Markt: Freier Handel ohne Grenzen und Zölle mit uneingeschränkter Reise- und Niederlassungsfreiheit. Mehr Globalisierung sorgt für Wohlstand! Europa ist heute die am stärksten vernetzte Region der Welt - dank des politisch geförderten freien Verkehrs von Waren, Dienstleistungen, Kapital und Arbeitnehmern. Der Euro ist dabei nur ein Aspekt im europäischen Einigungsprozess - und bei weitem nicht der wichtigste. Eine einheitliche Finanz-, Steuer- und Wirtschaftspolitik fehlt in Europa beispielsweise noch immer. Der Brexit-Entscheid erschwert neue Zusammenschlüsse zusätzlich. 19 Grüner Fisher Investments GmbH Sportstraße 2 a · 67688 Rodenbach Telefon 06374 9911-0 · Fax 06374 9911-800 [email protected] · www.gruener-fisher.de 19 Grüner Fisher Investments Update Eurostudie 20 Erst seit November 2014 operiert die Europäische Bankenunion, wonach die EZB die Aufsicht der 120 wichtigsten europäischen Banken übernimmt, die unter die Definition der sogenannten SIFIs (Systemically Important Financial Institutions) oder größten Banken der Eurozone fallen. Diese soll die neunzehn unterschiedlichen Aufsichtspraktiken vereinheitlichen und Risiken im gemeinsamen Markt schneller identifizieren können. Angestrebt wird außerdem eine Kapitalmarktunion zur Schaffung eines Kapitalbinnenmarkts, die vor allem die Attraktivität für Investitionen in den europäischen Markt steigern soll. Mit dem Unterschied zur Eurozone und der Bankenunion, betrifft die Kapitalmarktunion alle Mitgliedstaaten der EU. Dennoch: Auf dem Devisenmarkt gilt der Euro seit jeher als Gradmesser für die Stärke der Wirtschaft. Der Kursverlauf des Euro zum US-Dollar spiegelt deutlich die Geldpolitik der EZB wider. Nachdem der EUR/USD im Mai 2014 nahe der Marke von 1,40 stand, gab EZB-Präsident Mario Draghi unmissverständlich zu Protokoll, dass eine starke Währung negative Auswirkungen für die Eurozone hat. Seitdem gab der Euro zum US-Dollar um über 20 EuroCent nach. Dies soll zum einen eine höhere Exportnachfrage und somit eine steigende Inflationsrate in der Eurozone zur Folge haben, was jüngsten Daten zufolge nicht der Fall war. Mario Draghi untermauerte dieses Ziel mit der Ankündigung, die Bilanzsumme der EZB auf das Niveau von 2012 zu bringen - also auf mehr als drei Billionen Euro. Zudem weitet sich der Zins-Spread zum US-Dollar aus. Während die FED über die erste Hürde einer Zinserhöhung hinweg ist und eine zweite Erhöhung in den nächsten Sitzungen nicht unwahrscheinlich scheint, wird die Politik der EZB weiterhin sehr expansiv betrieben. Eine erneute Schwächung des Euro ist daher keineswegs ausgeschlossen. In der Tat ist die Entwicklung der Gemeinschaftswährung immer schwieriger vorauszusagen. Verantwortlich für die jüngsten Wechselkursschwankungen ist laut Finanzexperten vor allem die Geldpolitik der Notenbanken. Außerdem sieht sich der Euro wegen der niedrigen Wachstumsraten in der Eurozone und dem Renditegefälle zwischen Europa und den USA unter Abwertungsdruck, weil dies letztendlich zu einem Kapitalabfluss aus der Eurozone führen könnte. Sollte die EZB ihr QE-Programm über ihre ausgewiesenen Grenzen beibehalten und den Euro somit weiter schwächen, während die FED über weitere Zinserhöhungen nachdenkt und somit den US-Dollar stärkt, sehen Experten das Potenzial für eine Wechselkursparität zwischen Euro und US-Dollar. Allerdings scheinen Konjunkturdaten aus den USA zu schwanken, womit die Zinsanhebung für dieses Jahr noch nicht sichergestellt ist. Das Schwankungspotenzial für den Euro-Dollar-Kurs bleibt angesichts der ungewissen geldpolitischen Maßnahmen der Notenbanken und der wirtschaftlichen Abkühlung daher zunächst hoch. Als Gradmesser für die wirtschaftliche Entwicklung der Eurozone kommt dem Euro eine große Rolle zugute - letztendlich könnte eine Abwertung zwar vor allem den Export stärken, macht aber wichtige Investitionen in den europäischen Markt unattraktiver. Die Konjunktur in der Eurozone bleibt somit im Rückstand und auch das Gefälle zwischen den Mitgliedstaaten kann über kurze Sicht nicht geschlossen werden. Die Wettbewerbsfähigkeit einzelner Mitgliedstaaten wird zu stark von der Entwicklung des Euro belastet. Dennoch - einen Zerfall des Euro wird die EU nicht zulassen. Dies bekräftigte Mario Draghi schon 2012 sehr deutlich. Global betrachtet: Europa hinkt hinterher! Ein wirtschaftliches Gefälle lässt sich auch durch den Blick auf die globalen Aktienmärkte verdeutlichen: Während sich S&P 500 und EuroStoxx 50 lange Zeit nahezu parallel Grüner Fisher Investments bewegten, hat sich die Schere zwischen den amerikanischen und europäischen Aktienmärkten seit unseren letzten Eurostudien immer weiter geöffnet. Nachdem der S&P 500 seit Ende 2013 seinen rekordverdächtigen Verlauf verfolgt und dieses Jahr neue Allzeithochs beschreitet, liegt der EuroStoxx 50 weiterhin deutlich unter dem Niveau von 2007. Auffällig hierbei ist, dass der S&P 500 durch das dreistufige QEProgramm der FED deutlich profitiert hat, wobei sich die Aufwärtsdynamik vor allem im Anschluss an das abschließende Tapering verstärkt hat. Die Outperformance des S&P 500 gegenüber dem EuroStoxx 50 ist auch auf eine Abwertung des Euro gegenüber des USDollar in den letzten Jahren zurückzuführen. Update Eurostudie 21 S&P 500 vs. EuroStoxx 50 während Quantitative Easing und danach 200 EuroStoxx 50 S&P 500 (EUR) Tapering Index: 31.12.2006 = 100 175 QE3 150 QE2 125 QE1 100 75 50 25 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 Quelle: Macrobond, Standard & Poor's, STOXX Grafik: Grüner Fisher Investments Trotz schwankender US-Konjunkturdaten zeigt sich die Entwicklung des BIP und am USamerikanischen Arbeitsmarkt deutlich positiver als in der Eurozone. Wie bereits in den 90er-Jahren sind die USA wieder mal das Zugpferd des laufenden Bullenmarktes: Von Unternehmensseite her überzeugen die amerikanischen Unternehmen mit hohen CashBeständen, steigenden Dividenden und einer stark ausgeprägten Innovationskraft. Die Eurozone hingegen hatte an den unzähligen Rückschlägen in den letzten Jahren immer wieder schwer zu knabbern. Die Maßnahmen der EZB werden wohl noch einige Zeit andauern, bis sich eine spürbare Änderung an den Märkten einstellt. Die Ausweitung des Anleihekaufprogramms bis Dezember 2017 ist beschlossene Sache. Wichtig an dieser Stelle: Sämtliche Ängste, die den US-Aktienmarkt im Rahmen des QEProgramms und des abschließenden Taperings begleitet haben, zeigten sich letztendlich als unbegründet! Europa blickte neidisch auf die positive Entwicklung der US-Konjunktur. Gewiss ist: Es liegt noch ein langer Weg vor Europa. Und dieser könnte steiniger werden als der, den die FED beschritten hat - denn das wirtschaftliche Gefälle und die Abgrenzung 21 Grüner Fisher Investments GmbH Sportstraße 2 a · 67688 Rodenbach Telefon 06374 9911-0 · Fax 06374 9911-800 [email protected] · www.gruener-fisher.de 21 Grüner Fisher Investments 22 zwischen den Mitgliedstaaten ist gerade durch die Krise verstärkt worden. Andererseits kann Europa sehr stark davon profitieren, dass die Realität weit besser ist als die Erwartungshaltung der Anleger. Das BIP-Wachstum setzt sich seit vielen Quartalen konstant fort, auf der politischen Seite sind unzählige falsche Ängste im Umlauf, deren Auflösung sukzessive zum Prozess der schwindenden Unsicherheit beitragen können. Update Eurostudie Der europäische Finanzsektor Unsere Kunden fragen uns oft nach unserer Meinung zu Banken - ganz speziell nach europäischen Banken, die in den letzten Quartalen unter enormem Druck standen. Bevor wir uns jedoch ins Detail dieser Schwäche begeben, sollten wir mögliche Beteiligungen in dem Sektor zunächst perspektivisch betrachten. Man sollte Finanzaktien nicht grundsätzlich meiden! Der Finanzsektor ist der größte der 10 Sektoren im MSCI World Index: 19 Prozent des Index nach Marktkapitalisierung. Im S&P 500 steht der Sektor mit 16 Prozent auf dem zweiten Platz. Ein gut diversifiziertes Depot, das auf Aktieninvestments basiert, kann einfach nicht auf ein Fünftel der Marktkapitalisierung der Benchmark verzichten. Wenn es also so scheint, dass man im Bankensektor stark investiert sei, dann muss man diese Positionierung im Sektor immer relativ zur Benchmark betrachten. Trauen Sie den Banken der Eurozone mehr zu! Die Kreditvergabe in der Eurozone ist höher als in den USA. In den USA schwächt sich die Kreditvergabe ab, die Zinsstrukturkurve wird flacher und die Firmenkredite sind leicht zurückgegangen. In der Eurozone dagegen beschleunigt sich die Kreditvergabe, Firmenkredite nehmen zu und die meisten europäischen Zinsstrukturkurven werden steiler. Seit Anfang 2016 hat sich die Verfügbarkeit von Krediten in der Eurozone verbessert, während sie in den USA geringer wurde. Dort wurden die Bedingungen in drei der vier letzten Quartale bis Q1 2017 von mehr Banken verschärft als gelockert. In Europa dagegen wurden sie in drei von vier Quartalen gelockert. In Q4 2016, dem einzigen Quartal, in dem mehr Banken die Bedingungen verschärften, betrug der Unterschied gerade einmal 0,2 Prozent - also fast Gleichstand. Historisch stand die relative Kreditverfügbarkeit stets im Zusammenhang mit einer Outperformance. So verliehen während des Booms von 2002 bis 2007 die Banken in der Eurozone bereitwilliger als die US-Banken und die Aktien in der Eurozone überflügelten die amerikanischen - 156,8 Prozent zu 46,7 Prozent über die gesamte Periode. Während der ersten paar Jahre der Hausse hatten wir das Gegenteil: eine lockerere Kreditvergabe und eine Outperformance in den USA. Dennoch gab es im letzten Jahr eine ziemlich große Abkopplung des relativen Zugangs zu Krediten von den relativen Renditen. Selbst als die Eurozone sich bei den Krediten verbesserte, lagen die US-Märkte vorn - bis vor kurzem. Die Anleger waren zu sehr von der Politik abgelenkt, um die Auswirkungen des schnelleren Kreditwachstums zu erfassen. Der Ausgang der französischen Wahlen sollte die Neuausrichtung des Fokus erleichtern. Der europäische Kreditzyklus ist noch jung. Die Banken haben noch reichlich Spielraum, um ihre Bilanzen auszuweiten und die Quote der notleidenden Kredite (NPL) zu verbessern. Der Zyklus in Amerika ist schon älter. Dort weiten die Banken ihre Bilanzen seit fünf Jahren aus und die NPL-Quote ist so gut, wie sie nur sein kann. Die amerikanischen Banken sind gesund, aber das ist alles eingepreist. Die Banken in der Eurozone werden von den meisten Anlegern dagegen nach wie vor verachtet und ihre verhältnismäßig glänzendere Zukunft ist noch nicht eingepreist. Grüner Fisher Investments Wie können die schwächeren Staaten in diesem Euro-Spektakel noch mithalten? Die Debatte zwischen Kern- und Peripheriestaaten ist auf ihrem Höhepunkt angekommen - und damit die Herausforderung des EU-Grundgedankens der Integration. Eine Einteilung in Nord und Süd oder Gläubiger- und Schuldnerstaaten findet sich immer öfter in den Medien. Der Begriff der Schuldengemeinschaft hat sich scheinbar eingeschlichen - eine Transferunion, in welcher die Stärkeren den Schwächeren unter die Arme greifen müssen. Doch das ist selbst vertraglich nicht angedacht!1 Die Gläubiger der Eurozone müssen sich langfristig darauf einstellen, dass die krisengeplagten Länder ihre Schulden wahrscheinlich nicht zurückzahlen können und ein Schuldenerlass für einige, vor allem südeuropäische Staaten, fast unabdingbar ist, um diesen Luft zum Atmen zu gewähren. Diesen Ansatz unterstützt auch der IWF. Update Eurostudie 23 Doch ein Schuldenschnitt allein ist nicht die Lösung, wenn die Wettbewerbsfähigkeit jener Länder mittelfristig nicht zurückerlangt werden kann. Ein temporärer Austritt aus der Eurozone - wie von einigen Politikern vorgeschlagen - könnte dem nachhelfen. So steht eine schwächere Landeswährung oft im Zusammenhang mit einem starken Wirtschaftswachstum in Entwicklungs- und Schwellenländern. China ist dafür wohl das beste Beispiel. Aber auch Deutschland profitierte nach dem Zweiten Weltkrieg von einer lange unterbewerteten Deutschen Mark, die Ausfuhren erleichterte und den Aufbau der Devisenreserven förderte. Auch das erinnert an China, wo sich Devisenreserven in Höhe von 3,2 Billionen US-Dollar angehäuft haben. Im Umfeld der Gemeinschaftswährung wird es einigen Staaten weitaus schwerer fallen, in der Rangliste der wirtschaftlich starken Länder wieder Fuß zu fassen. Und wo bleiben diese, wenn Großbritannien in den nächsten Jahren zum Fokus aufgrund seines wichtigen wirtschaftlichen Standbeins wird? Erst Ende Oktober 2015 und zuletzt im Februar 2016 wurden im Rahmen der Vollendung der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion in Brüssel neue Vorschläge behandelt, um der Wirtschaft in der Eurozone einen Schub zu verpassen. Dabei lautete die Devise: Schlupflöcher stopfen ohne die Verträge zu ändern. Zu diesen Vorschlägen gehört die Gründung eines nationalen Ausschusses, der die Wettbewerbsfähigkeit seines jeweiligen Staates in der Eurozone unter Beobachtung hält. Auf internationaler Ebene soll die Eurozone eine gemeinsame Stimme erhalten: Eine Vertretung der Eurozone im IWF. Der Vorschlagskatalog soll die Währungsunion als Ganzes schlagkräftiger machen und demnach auch die schwächeren Mitgliedstaaten nach oben hieven. Ziel ist es, das Krisenmanagement der letzten Jahre hinter sich zu lassen und eine stärkere Einheit zu bilden. Erneut steht auch dieses Jahr eine verbesserte wirtschafts- und fiskalpolitische Koordinierung innerhalb der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion auf dem Plan, was der Konvergenz der Mitgliedstaaten auf dieser Ebene dienen soll, die viel zu lange unbeachtet blieb. Zur Umsetzung des „Berichts der fünf Präsidenten“ - dem Vorgabebericht - und Vollendung der Wirtschafts- und Währungsunion sind zehn Jahre angesetzt. Die EU-Grundprinzipien der Integration und des Zusammenhalts innerhalb der Eurozone werden großgeschrieben. Auch hier verstärkt der Brexit nur die gemeinsamen Ziele, anstatt Art. 125 Abs. 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, die sogenannte „NichtBeistandsklausel“ („No Bailout-Clause“), regelt die Haftung der Union und Mitgliedstaaten gegenüber ihrer Mitgliedstaaten bzw. anderer Mitgliedstaaten. Verbindlichkeiten der bzw. anderer Mitgliedstaaten dürfen nicht übernommen werden. Der ESM widerspricht dieser Klausel nicht, wie oft propagiert. Dieser fällt unter den 2012 erweiterten Art. 136, speziell Abs. 3: „Die Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, können einen Stabilitätsmechanismus einrichten, der aktiviert wird, wenn dies unabdingbar ist, um die Stabilität des EuroWährungsgebiets insgesamt zu wahren. Die Gewährung aller erforderlichen Finanzhilfen im Rahmen des Mechanismus wird strengen Auflagen unterliegen.“ 23 1 Grüner Fisher Investments GmbH Sportstraße 2 a · 67688 Rodenbach Telefon 06374 9911-0 · Fax 06374 9911-800 [email protected] · www.gruener-fisher.de 23 Grüner Fisher Investments Update Eurostudie 24 sie auseinanderzutreiben. Die EU betont, dass die Wirtschaftsleistungen noch immer erheblich voneinander abweichen. In Bezug auf die behandelten Maßnahmen machte man sich Sorgen um die Überschreitung von Kompetenzen, vor allem im Rahmen eines eventuellen Ausschusses zur Beobachtung der Wettbewerbsfähigkeit. Ein Gegenvorschlag lautete, einen Ausschuss für sozialen Fortschritt zu gründen, um Arbeitslosigkeit, Armut und Ungleichheit zu bekämpfen - dazu strukturelle Aspekte, die auch Mario Draghi immer wieder anspricht. Vielleicht ist es genau das, was einige Mitgliedstaaten brauchen, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zurückzuerlangen. Fazit Nachdem der Euro vor 20 Jahren in Madrid vom Europäischen Rat endgültig verkündet wurde, waren die heutigen Entwicklungen wohl kaum absehbar - es war die Rede von „Heirat anstatt Scheidung“ und die europäische Gemeinschaft war euphorisch gestimmt. Dass der Euro einzelne Staaten derart in den Ruin treiben würde, hatte wohl niemand erwartet. Damals schien die Einführung einer Gemeinschaftswährung als nächster logischer Schritt zur Stärkung von Frieden und Wohlstand. Die heutige wirtschaftliche und politische Situation hat Politiker und Befürworter allerdings in die Realität zurückgeholt und auf eine harte Probe gestellt. Auch nach dem verhinderten Austritt Griechenlands aus der Eurozone ist die Lösung der Euro-Krise ein langwieriger und kräftezehrender Prozess, der wohl auch noch lange anhalten wird - mindestens solange, bis EU und EZB ihre Maßnahmenkataloge vollständig umgesetzt haben. Trotz aller Bemühungen seitens der EZB ist es schwer abschätzbar, ob die Zukunft des Euro in der heutigen Zusammensetzung gesichert ist. Auch wenn die Ängste um ein unkontrollierbares Zerbrechen größtenteils unbegründet sind: Die Konstruktion des Euro ist keinesfalls fehlerfrei. Ob sich dieses Missverständnis ohne „Nebenwirkungen“ auflösen lässt, ist fraglich. Wichtiger ist jedoch: Die Welt hat sich vor Einführung des Euro gedreht und gut entwickelt und würde sich auch ohne den Euro weiterdrehen. Genau das gilt auch für den Austritt Großbritanniens aus der EU. Wieso sollte es für einen Mitgliedstaat nicht möglich sein, das supranationale Konstrukt zu verlassen, wenn auch der Beitritt auf freiwilliger Basis geschieht? Die Verhandlungen werden noch Jahre andauern, zudem wurde von der Austrittsklausel bisher noch kein Gebrauch gemacht, welche die offiziellen Austrittsverhandlungen erst einleiten wird. Gleichzeitig leitet die Inanspruchnahme der Klausel eine zweijährige Übergangsfrist ein, in welcher Politik, Wirtschaft und Finanzmärkten genug Zeit bleibt, um mögliche Szenarien durchzuspielen und einzupreisen. Welche strukturellen Folgen danach bleiben und wer als Gewinner und Verlierer aus den Verhandlungen geht, ist zu diesem Zeitpunkt nicht absehbar. Und bis offizielle Verhandlungen beginnen, bleiben andere Problemfelder, die zur Lösung rufen. So muss weiterhin die aktuelle wirtschaftliche Diskrepanz angegangen werden, denn diese wurde durch die Krise nur noch weiter verstärkt. Ein temporärer Austritt schwächerer Staaten aus der Eurozone könnte deren Wettbewerbsfähigkeit schneller voranbringen gerade aus aktueller Sicht vielleicht ein Paradoxon. Aber die Euro-Landschaft ist nicht in Stein gemeißelt - schließlich sind in den letzten Jahren immer wieder neue Mitgliedstaaten hinzugestoßen (beispielsweise Estland, Lettland und Litauen). Auch wenn die Akzeptanz hierfür nicht gegeben ist, wie jüngst nach dem Brexit-Entscheid sehr deutlich wurde, gehört der Austritt bestimmter Länder ebenso zu einem organischen Prozess. Die zuletzt Grüner Fisher Investments verhandelten Maßnahmen sprechen allerdings deutlich für den Zusammenhalt und die Zielvorgabe, kein Mitgliedsland kampflos ziehen zu lassen. Ein unkontrollierter Zerfall des Euro ist daher unwahrscheinlich. Denn glauben Sie ernsthaft, dass italienische, spanische oder auch französische Politiker letztendlich ihre Pensionszahlungen wieder in Lira, Peseta oder Francs erhalten wollen? Allein diese Vorstellung fördert die Bereitschaft zu einer Lösung und harten Spar- und Umstrukturierungsmaßnahmen der unter Druck geratenen Länder - und deren Politiker. Update Eurostudie 25 Dass der Euro allein für mehr Wohlstand sorgt ist ein Missverständnis, das derzeit korrigiert wird. Der Krug ist längst zerbrochen, die EZB sortiert die Scherben. Eine Neuordnung muss angegangen werden. Als Anleger sollte man aus dieser Situation die richtigen Lehren ziehen: Jede Krise beinhaltet Chancen! Seit 2011 entwickeln sich die USA vorbildlich und sind das unersetzliche Zugpferd des globalen Bullenmarktes. Der Startschuss zu dieser mustergültigen Entwicklung fiel allerdings gerade in jener Zeit, in der die Anhebung der US-Schuldenobergrenze und konjunkturelle Probleme das Bild in den Medien dominierten. Und das wiederum ist positiv für Europas Zukunft: Kaum jemand traut dem „alten Kontinent“ ein Comeback zu. Gerade in diesem psychologischen Umfeld entstehen oft neue und langfristige Trends! Die Realität ist besser als die Erwartungen der Anleger - dieser Zusammenhang wird für schwindende Unsicherheit in Europa sorgen und die Aufholbewegung des europäischen Kontinents im internationalen Vergleich unterstützen. Für Fragen, Kritik und Anregungen zu dieser Studie - sowie unseren Angeboten in der Vermögensverwaltung - stehen meine Mitarbeiter und ich Ihnen gerne persönlich unter 06374 9911-0 oder per E-Mail an [email protected] zur Verfügung. Herzliche Grüße aus Rodenbach Thomas Grüner 25 Grüner Fisher Investments GmbH Sportstraße 2 a · 67688 Rodenbach Telefon 06374 9911-0 · Fax 06374 9911-800 [email protected] · www.gruener-fisher.de 25 Grüner Fisher Investments Update Eurostudie 26 Nutzungsbedingungen / Disclaimer Bitte lesen Sie diese Bedingungen sorgfältig durch. Diese finden Anwendung auf alle Dienstleistungen, Nebendienstleistungen, Programme, Informationen, Werbemaßnahmen und Produkte, die auf der Webseite der Grüner Fisher Investments GmbH oder in unseren sonstigen Veröffentlichungen für Sie bereitgestellt werden. 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