Die Ökozonen der Erde - ReadingSample - Beck-Shop

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Die Ökozonen der Erde
Bearbeitet von
Jürgen Schultz
4. völlig neu bearb. Aufl. 2008. Taschenbuch. 368 S. Paperback
ISBN 978 3 8252 1514 9
Format (B x L): 15 x 21,5 cm
Gewicht: 544 g
Weitere Fachgebiete > Geologie, Geographie, Klima, Umwelt > Geographie
Allgemein, Naturgeographie > Physische Geographie und Topographie
Zu Inhaltsverzeichnis
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Allgemeiner Teil
Inhaltliche Behandlung der
Ökozonen und globale Übersichten
ausgewählter Merkmale
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Ökozonen sind Großräume der Erde, die sich durch jeweils eigenständige Klimagenese, Morphodynamik, Bodenbildungsprozesse,
Lebensweisen von Pflanzen und Tieren sowie Ertragsleistungen
in der Agrar- und Forstwirtschaft auszeichnen. Entsprechend unterscheiden sie sich in auffälliger Weise nach dem jährlichen und
täglichen Klimagang, den exogenen Landformen, den Bodentypen, den Pflanzenformationen und Biomen1 sowie den agraren
und forstlichen Nutzungssystemen. Ihre Verbreitung auf der Erde
ist breitenabhängig und gewöhnlich disjunkt (fragmentiert) auf
die Kontinente verteilt.
Der Terminus Ökozone in der beschriebenen Bedeutung wurde erstmals
1988 eingeführt (SCHULTZ 1988, 1995, 1998, 2000a, 2000b, 2001–02,
2005). Im (hierarchischen) System der landschaftsökologischen Raumeinheiten, dessen Grundeinheit der Ökotop2 ist, bezeichnet er die
oberste Ordnungsstufe, also die erste Unterteilung der Ökosphäre.3
Zwischen Ökotopen und Ökozonen lassen sich bei Bedarf weitere
Unterteilungsstufen einfügen, die beispielsweise als Ökoregionen,
Ökoprovinzen und Ökodistrikte bezeichnet werden können.
Sowohl nach ihrer Abgrenzung als auch nach dem damit verfolgten Anliegen, nämlich ein naturräumliches (und bis zu einem gewissen Grade auch kulturräumliches) Ordnungsmuster der Erde in der
globalen Dimension aufzuzeigen, sind die Ökozonen den von anderen Autoren (zum Beispiel BAILEY 1998 und 2002, BRAMER 1982,
CANADELL et. al 2007, CHUVIECO 2008, GRABHERR 1997, HORNETZ und
JÄTZOLD 2003, MÜLLER-HOHENSTEIN 1981, RICHTER 2001, WALTER und
BRECKLE 1983–94 und 1999) als Landschaftsgürtel, geographische Zonen,
Geozonen, Vegetationszonen, Zonobiome etc. bezeichneten Erdregionen vergleichbar. Sie unterscheiden sich aber nach der inhaltlichen
Fassung, indem sie sich weniger als jene auf die zonalen natürlichen
Pflanzenformationen gründen, sondern stärker als geozonale Ökosysteme erfasst und erklärt werden.
Das heißt, neben die qualitative Darstellung von einzelnen Merkmalen oder Merkmalkomplexen, wie z.B. Bodeneinheiten, Vegetationsstrukturen und Landformen, tritt die quantitative und integrative
Erfassung von Stoff- und Energievorräten in den verschiedenen Systemkompartimenten sowie von Stoff- und Energieumsätzen zwischen
diesen Kompartimenten. Als ökologisch bedeutsame Stoffvorräte
(-mengen) werden zum Beispiel die Biomasse von Pflanzen und
1
2
3
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siehe Seite 95.
Kleinste abgrenzbare ökologische Raumeinheit (= Raumdimension eines Ökosystems), die in geographischem (landschaftsökologischem) Sinne als homogen
gelten kann.
D. i. die Gesamtheit von Biosphäre (= Lebensbereich der Erde) und der über
Wechselwirkungen (Energieflüsse, Stoffkreisläufe etc.) mit ihr verbundenen Teilbereiche von Litho-, Pedo-, Hydro- und Atmosphäre.
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Inhaltliche Behandlung der Ökozonen und globale Übersichten 21
Tieren, die tote organische Bodensubstanz sowie die Mineralstoffe in der Vegetation und im Boden ins Blickfeld gerückt. Von den
Stoffumsätzen finden Primärproduktion, Tierfraß und Sekundärproduktion, Streufall und -zersetzung sowie Mineralstoff- und Wasserkreislauf besondere Beachtung. Energetische Aspekte werden bei
allen organischen Substanzen und deren Umsätzen berücksichtigt.
Die moderne regionale Ökosystemforschung hat derart reichhaltige
Untersuchungsergebnisse erbracht, dass dieser neue Weg der ökozonalen Darstellung möglich geworden ist.
Der Versuch, die Erde in wenige Großräume mit möglichst vielen einheitlichen Zügen zu gliedern, ist aus mehreren Gründen problematisch und
wird deshalb von mancher Seite kritisch beurteilt. Zu den schwer
lösbaren Problemen, die hier nicht verschwiegen werden sollen,
gehören:
a) Die tatsächlich existierende kleinräumige Vielfalt der Standortbedingungen, wie sie überall auf der Erde vorliegt, lässt sich nur unter
großen Zwängen und dementsprechend mit beträchlichen Unschärfen ‚unter einen (ökozonalen) Hut‘ bringen.
b) Eine Reihe von Gegebenheiten entzieht sich, da erkennbare Umwelteinwirkungen fehlen, jeglicher Zuordnung; dazu gehören beispielsweise
die Land-Meer-Verteilung, das Großrelief der Erde, Verbreitung
der Gesteinsarten, Vorkommen von Bodenschätzen und viele
historisch bedingte Erscheinungen (Gliederung nach Staaten,
Sprachen, Kulturgemeinschaften). Diese Merkmale wie auch die
von ihnen ausgehenden Einflüsse, z.B. auf das Klima oder die
Landnutzung, ‚stören‘ also die ökozonale Ordnung oder fallen als
azonale Erscheinungen völlig heraus.
c) Die übrigen, mehr oder weniger umweltabhängigen (und damit in die
ökozonalen Wirkungsgefüge verflochtenen) Landschaftselemente haben
nur selten scharf ausgeprägte Verbreitungsgrenzen. In der Regel erfolgt ihr Wandel kontinuierlich, entlang von im Einzelfall sehr
verschiedenen Parametern über breite Übergangszonen (Ausnahmen z.B. Land-Meer-Grenzen, Gebirgsränder). Linienhafte
Grenzziehungen müssen daher grundsätzlich fragwürdig erscheinen; dies um so mehr, wenn sie, wie im vorliegenden Falle, den
Anspruch erheben, zugleich für ganze Merkmalskombinationen zu
gelten.
d) Viele der exogen geprägten Gegebenheiten haben sich im Laufe langer
Zeiträume herausgebildet. Ihre heutige Gestalt ist daher teilweise
oder ganz das Ergebnis von andersartigen Umwelteinflüssen, die
früher herrschten. Eine Einpassung in die gegenwärtigen Verhältnisse ist nicht oder nur unter großen Zwängen möglich.4
4
Der Anteil solcher Vorzeitformen ist insbesondere bei den Landformen groß. Für
sie ist eine morphogenetische Erklärung aus dem heute existierenden ProzessgeFortsetzung nächste Seite Æ
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Aus den genannten Problemen ergeben sich als Konsequenzen,
dass
• ökozonale Abgrenzungen bis zu einem gewissen Grade willkürlich
(z.B. an klimatischen Schwellenwerten) gezogen werden müssen
und allenfalls für einen Teil der Landschaftsmerkmale gelten können und
• die Vielfalt der Bedingungen innerhalb der wie auch immer umgrenzten Zonen naturgemäß groß bleiben muss.
Eine ökozonale Gliederung der Erde ist trotzdem möglich und
sinnvoll, – so die hier vertretene These – und zwar unter den folgenden Prämissen und Zugeständnissen:
a) Die Vielfalt innerhalb der Zonen kann grundsätzlich nicht als Widerspruch zu ihrer Abgrenzung verstanden werden. Entscheidend sind die
verbleibenden Gemeinsamkeiten und deren Gewicht. Letzteres
bemisst sich bei Faktoren nach der räumlichen Reichweite und
der funktionalen Dominanz, bei Strukturen (Formmerkmalen)
nach der Verbreitung und Auffälligkeit. In diesem Sinne ‚gewichtige‘ Faktoren/Formmerkmale sind beispielsweise gehemmte Zersetzung organischer Abfälle und mächtige Streuauflage in der Borealen
Zone, oder Winterregen und Hartblättrigkeit der Vegetation in den
Winterfeuchten Subtropen. Zum Erkennen der zonalen Übereinstimmungen bedarf es vor allem eines angemessenen (globalen)
Maßstabes der Betrachtung. Dann treten viele Ungereimtheiten von selbst in den Hintergrund. Ein bildlicher Vergleich mag
dies verdeutlichen: Eine kleinmaßstäbige Weltkarte ist, vergleicht
man einen kleinen Ausschnitt von ihr mit einer großmaßstäbigen
Darstellung desselben Gebietes, ungenau, generalisierend falsch
und unvollständig; dennoch wird niemand bestreiten, dass diese
Weltkarte nützlich ist.
b) Ökozonen lassen sich nur durch mittlere Verhältnisse oder typische Klimasequenzen, Bodensequenzen (Catenen) etc. charakterisieren. Mittlere
Verhältnisse finden sich auf solchen Standorten, die
• einen höchstens geringen oberflächlichen Abfluss (Abtragung)
haben,
• weder einen übermäßigen Zufluss (Sedimentation) noch Staunässe aufweisen,
4
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füge grundsätzlich nur eingeschränkt möglich. Erdgeschichtlich entstandene
Merkmale zeigen auch viele Böden (Paläoböden); starke historische Züge finden
sich in der Landwirtschaft. Deutlich geringer sind die Vorzeitmerkmale in der
Vegetation, da diese ziemlich rasch und umfassend auf Umweltveränderungen
reagiert (wofür z.B. die postglaziale Waldgeschichte von Mitteleuropa ein gutes
Beispiel liefert). Völlig ohne Vergangenheitseinflüsse ist allein das Klima: Es wird
von der heute bestehenden solarbedingten unterschiedlichen Energiezufuhr, der
Erdrotation sowie den tellurischen und orographischen Bedingungen bestimmt.
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Inhaltliche Behandlung der Ökozonen und globale Übersichten 23
• nicht allzu weit über Meereshöhe liegen (im einzelnen abhängig von der geographischen Breite),
• weder ausgesprochen kontinental noch ausgesprochen ozeanisch beeinflusste Klimate besitzen.
d) Beispiele für zonentypische Klimasequenzen sind die Differenzierung der Polaren/subpolaren Zone in eisbedeckte Gebiete, polare
Wüsten sowie hocharktische und niederarktische Tundren, oder
der Trockenen Mittelbreiten in Waldsteppen, Langgrassteppen,
Kurzgrassteppen, Wüstensteppen, Halbwüsten und Wüsten. Klimasequenzen bieten zugleich die Möglichkeit zur Abgrenzung
sub-ökozonaler Raumeinheiten.
d) Orographisch oder edaphisch bedingte Sonderfälle können dann
in die Charakterisierung einbezogen werden, wenn sie zonentypisch sind, wie z.B. Vertisole, Salzböden und Histosole als Endglieder von reliefgebundenen Bodencatenen in den Sommerfeuchten Tropen, den Trockengebieten bzw. der Borealen Zone.
c) Die Grenzziehung zwischen den Ökozonen ist von untergeordneter Bedeutung. Im Vordergrund muss die Erfassung der (mittleren Verhältnisse der) Kernräume stehen.
d) Alle quantitativen Angaben können nur Richtgrößen sein (auch wenn
Spannen genannt werden, geben diese nicht unbedingt die tatsächlich vorkommenden Extreme an, sondern eher die Grenzen,
zwischen denen die meisten Werte liegen). Die Zahlen sollen die
globalen Unterschiede verdeutlichen und können als Maß für
lokale Abweichungen innerhalb der Ökozonen dienen.
Die Erfassung von Ökozonen in der beschriebenen Weise soll, so die
Hoffnung, die sich mit diesem Buch verbindet, helfen, den Blick für
großräumig übergreifende Strukturen und Abläufe zu öffnen (also
auch der Gefahr zu begegnen, dass der ‚Wald vor lauter Bäumen’
übersehen wird) und zugleich eine Art globales Ordnungsmuster
(Orientierungswissen) schaffen, das
• für jeden beliebigen Ort der Erde erlaubt, sofort eine Reihe wesentlicher Merkmale zu nennen und
• als Einstieg für Detailuntersuchungen geeignet ist (ausgehend von
der Frage: worin unterscheidet sich ein Standort von den allgemeinen Merkmalen der Ökozone, in der er liegt?).
In diesem Buch wird der Festlandsbereich in neun Ökozonen
gegliedert. Vertretbar erscheint auch eine größere Zahl von Zonen.
Beispielsweise könnten Unterteilungen, die für einige Ökozonen
vorgenommen wurden (Anhang A, Tab. 1.1), in den Rang von Ökozonen angehoben werden.
Die ökozonale Gliederung folgt vorrangig naturräumlichen Kriterien (Klima, Böden, Vegetation etc.). Kulturräumlichen Aspekten
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wird nur insoweit nachgegangen, als Bezüge zur natürlichen Ausstattung erkennbar sind. Solche Bezüge sind beispielsweise bei der
Landnutzung (Landwirtschaft, Besiedlung etc.) durchweg vorhanden,
sonst aber eher die Ausnahme oder von minderer Bedeutung.
Jede der neun (terrestrischen) Ökozonen wird in einem eigenen
Kapitel (Kap. 7 bis 15) beschrieben. Die Reihenfolge entspricht in
etwa ihrer räumlichen Abfolge auf der Erde von den Polen bis zum
Äquator. Sie hat aber nicht nur räumlichen Ordnungscharakter. Vielmehr spiegelt sie auch die unterschiedlichen ‚Verwandtschaftsgrade’
zwischen den einzelnen Ökozonen wider: Unmittelbar benachbart
abgehandelte Ökozonen weisen mehr (und bedeutsamere) zonenübergreifende, also gemeinsame Struktur- und Prozessmerkmale auf
als im Text weiter auseinander stehende.
Alle regionalen Kapitel sind nach einem durchgängigen
Schema in gleich oder ähnlich lautende Unterkapitel gegliedert. Das erste widmet sich der Verbreitung und ggf. regionalen Differenzierung der jeweils behandelten Ökozone. Die folgenden informieren dann über deren Klima, Relief, Gewässer, Böden, Vegetation,
Tierwelt und Landnutzung. Diese Reihenfolge entspricht in etwa der
Hierarchie der Abhängigkeiten (Abb. 0.1). Beispielsweise ist die Vegetation in stärkerem Maße von den Böden abhängig als umgekehrt,
übt aber ihrerseits einen größeren Einfluss auf die Tierwelt aus als
von dort auf sie zurückwirkt; die Böden sind im Wesentlichen Produkte von Material (Gestein) und Gestalt (Relief) der Landoberfläche sowie vom (Groß-)Klima. Letzteres ist von den übrigen Komponenten weitgehend unabhängig, dominiert sie aber alle mehr oder
weniger deutlich; als primärer Faktor steht das Klima entsprechend
jeweils am Anfang der Darstellungen.
Die Inhalte der Unterkapitel und ihrer Abschnitte folgen einer vorgegebenen Merkmalsauswahl, soweit dies mit der Sonderstellung
einer jeden Ökozone vereinbar ist. Die Kapitel 1 bis 6 des vorausgehenden Allgemeinen Teils zeigen, um welche Merkmale es sich dabei handelt, bringen für einige von ihnen ökozonen-vergleichende
Übersichten, erklären Abkürzungen und erläutern speziellere Fachbegriffe, insbesondere aus der Biologie und der Bodenkunde. Die begrifflichen Erklärungen sind nicht nur als Hilfe für das Verständnis
der regionalen Kapitel gedacht, sondern sollen auch beim Einstieg in
die umfangreiche biologisch-ökologische und bodenkundlich-ökologische Fachliteratur helfen.
Jedes Kapitel endet mit einem eigenen Literaturverzeichnis. Die
Titelauswahl beschränkt sich auf Quellennachweise und nennt einige der neueren Hauptwerke. Weiterführende Literaturhinweise gibt
das Handbuch der Ökozonen (SCHULTZ 2000a).
Die regionalen Kapitel zu den einzelnen Ökozonen enthalten außerdem zusammenfassende Schaubilder, die jeweils in einer ähnlichen Anordnung die wichtigsten zonalen Merkmalskomplexe und
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Inhaltliche Behandlung der Ökozonen und globale Übersichten 25
Abb. 0.1
Hierarchie der Hauptkomponenten von geozonalen Ökosystemen,
zur Veranschaulichung
der Inhaltsgliederung im
vorliegenden Buch: Die
Reihenfolge der Kapitel
folgt dem hierarchisch
ausgerichteten Beziehungsgeflecht zwischen diesen
Komponenten. Die Ziffern
(z.B. KLIMA 2) verweisen
auf die zugehörigen Kapitel im Allgemeinen Teil
bzw. Unterkapitel im Regionalen Teil (dort jeweils
erste Dezimalstelle; beim
Klima-Beispiel also die
Unterkapitel 8.2, 9.2, 10.2
etc.). In den Kästen für
die Hauptkomponenten ist
jeweils eine Auswahl von
Einzelkomponenten angefügt, zu denen Informationen gegeben werden.
Abb. 0.2
Schema für zusammenfassende Schaubilder der
einzelnen Ökozonen.
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Abb. 0.3 Vergleich der Ökozonen nach ausgewählten quantifizierbaren Merkmalen.
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Literatur 27
einige der bedeutenderen Wirkungszusammenhänge nach Art eines
stark vereinfachten Ökosystem-Schemas zeigen und damit einen
raschen Vergleich zwischen den Ökozonen erlauben. Das Grundmuster für diese Anordnung ist in der Abb. 0.2 dargestellt.
Der raschen Erfassung wichtiger Merkmale und Besonderheiten
der Ökozonen dient auch die Übersicht in der Abb. 0.3. Zur besseren
Anschaulichkeit werden die zonentypischen Mengen bzw. Leistungen durch relative Werte (sehr hoch, hoch, mittel etc.) in Form von
Kreissymbolen angegeben.
Die Verbreitungsgebiete und Flächengrößen der Ökozonen lassen
sich aus den Übersichten im Anhang A und der Tab. 1.1 sowie aus
den Einzelkarten jeweils zu Anfang der regionalen Kapitel ablesen.
Weitere Übersichten (zu diversen räumlichen Bezügen der ökozonalen Gliederung) bieten die Tab. 2.1 und Abb. 4.2 (Klimaparameter),
Anhang B und Tab. 4.2 (Bodenzonen), Tab. 5.1 (Pflanzenformationen), Tab. 5.2 (Energiefixierung und Primärproduktion) sowie Anhang C und Tab. 6.1 (Agrarregionen).
Literatur
ARCHIBOLD, O. W. (1995): Ecology of world vegetation. Chapman and
Hall, London, 510 S.
BRAMER, H. (1982): Geographische Zonen der Erde. Haake, Gotha (2.
Aufl.), 128 S.
BAILEY, R. G. (1998): Ecoregions. The ecosystem geography of oceans
and continents. Springer, Berlin, 176 S.
– (2002): Ecoregion-based design for sustainability. Springer, Berlin,
222 S.
CANADELL, J. G., PATAKI, D. E. und PITELKA, L. F. (ed.) (2007): Terrestrial
ecosystems in a changing world. Gobal Change - The IGBP Series 24.
Springer, Berlin, 336 S.
CHUVIECO, E. (ed.) (2008): Earth observation of global change. The role
of satellite remote sensing in monitoring the global environment.
Springer, Berlin, 222 S.
GRABHERR, G. (1997): Farbatlas Ökosysteme der Erde. Natürliche,
naturnahe und künstliche Land-Ökosysteme aus geobotanischer
Sicht. Ulmer, Stuttgart, 364 S.
HORNETZ, B. und JÄTZOLD, R. (2003): Savannen-, Steppen- und Wüstenzonen. Das Geographische Seminar. Westermann, Braunschweig,
312 S.
MÜLLER-HOHENSTEIN, K. (1981): Die Landschaftsgürtel der Erde. Teubner, Stuttgart (2. Aufl.), 204 S.
RICHTER, M. (2001): Vegetationszonen der Erde. Perthes, Gotha,
448 S.
SCHULTZ, J. (1988): Die Ökozonen der Erde. Ulmer, Stuttgart, 488 S.
(3. Aufl. 2002, 320 S.).
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28 Allgemeiner Teil
– (1995): Ökozonen. In: KUTTLER, W. (ed.): Handbuch zur Ökologie.
Analytica, Berlin (2. Aufl.), 308–315.
– (1998): Ecozones, global. In: MEYERS, R. A. (ed.): Encyclopedia of
environmental analysis and remediation. John Wiley and Sons,
Chichester, 1497–1518.
– (2000a): Handbuch der Ökozonen. Ulmer, Stuttgart, 577 S.
– (2000b): Konzept einer ökozonalen Gliederung der Erde. Geogr.
Rdschau 52, 5–11 und Kartenbeilage.
– (2001–02): Ökozonen der Erde. Peterm. Geogr. Mitt. 145/1–146/3,
Rubrik Bild.
– (2005): The ecozones of the world. Springer, Berlin (2. Aufl.),
252 S.
WALTER, H. UND BRECKLE, S.-W. (1983–1994): Ökologie der Erde. Bd.
1–4. Fischer, Stuttgart.
– (1999): Vegetation und Klimazonen. Grundriss der globalen Ökologie. Ulmer, Stuttgart (7. Aufl.), 544 S.,
Seriendarstellungen zu den Ökozonen (zonalen Pflanzenformationen, zonalen Ökosystemen, Landschaftsgürteln)
Ecological Studies. Springer, Berlin ab 1970.
Ecosystems of the World. Elsevier, Amsterdam ab 1977.
Geographisches Seminar Zonal. Westermann, Braunschweig ab
1984.
International Biological Program (IBP) - 1964-1974. Cambridge Univ
Press, Cambridge ab 1979.
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1
Verbreitung und Flächenanteile
der Ökozonen
Lage auf der Erde. Die Abbildung im Anhang A (S. 350) zeigt die
ökozonale Gliederung der Erde im Überblick (zur Lage in Bezug auf
Staatsgrenzen siehe SCHULTZ 2000a). Zusätzlich wird jede Ökozone
durch eine eigene Verbreitungskarte belegt (siehe jeweils erste Abbildung in den Regionalkapiteln 7 bis 15). Diese enthält auch eine
Auswahl von Klimadiagrammen (zum Schema siehe Abb. 2.3), mit
denen sowohl die zonentypischen Verhältnisse wie auch die Unterschiede in Teilräumen veranschaulicht werden sollen. Extreme
Abweichungen, die nur kleinräumig vorkommen, bleiben aber unbeachtet.
Grenzen. Die auf den Verbreitungskarten eingetragenen ökozonalen Grenzen folgen der klimazonalen Gliederung der Erde von
TROLL u. PAFFEN (1964), die der erdräumlichen/zonalen Differenzierung von Vegetation, Böden und weiteren natürlichen Gegebenheiten besser als andere effektive Klimaklassifikationen gerecht wird.
Trotzdem bleibt ihre Verwendung für die ökozonalen Grenzziehungen ein Notbehelf, was allerdings in Anbetracht der Tatsache,
dass dieses Buch vorrangig die mittleren Qualitäten der Ökozonen
darstellen will, die äußere Abgrenzung demzufolge von untergeordneter Bedeutung ist, vorläufig auch vertretbar erscheint. Größere
Gebiete unklarer Zuordnung (z.B. Dornsavannen) werden auf den
regionalen Ökozonenkarten als Übergangsräume besonders gekennzeichnet (vgl. Abb. 13.1 und 14.1).
Zur Flächengröße der Ökozonen und einiger ihrer Unterteilungen siehe Tab. 1.1.
Literatur zu Kap. 1
SCHULTZ, J. (2000a), s. Lit. zu Allgemeiner Teil
TROLL, C. und PAFFEN, K. H. (1964): Karte der Jahreszeitenklimate
der Erde. Erdkunde 18, 5–28.
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30 Verbreitung und Flächenanteile
Tab. 1.1. Flächengrößen der Ökozonen.
Ökozonen
– Unterteilungen
(Sub-Ökozonen)
Festlandsanteil
(%)
Polare/subpolare Zone
22,0
14,8
– Eiswüsten
16,0
– Tundren und Frostschuttgebiete
6,0
Boreale Zone
19,5
13,1
Feuchte Mittelbreiten
14,5
9,7
Trockene Mittelbreiten
16,5
11,1
– Grassteppen
12,0
– Wüsten und Halbwüsten
4,5
Winterfeuchte Subtropen
2,5
1,7
Immerfeuchte Subtropen
6,0
4,0
Tropisch/subtropische
Trockengebiete
31,0
20,8
– Wüsten und Halbwüsten
18,0
Winterfeuchte Gras- und Strauchsteppen (Subtropen)
3,5
– Sommerfeuchte Dornsavannen (Tropen) und Dornsteppen (Subtropen)
9,5
Sommerfeuchte Tropen
24,5
– Trockensavannen
10,5
–
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Fläche
Mio. km2
16,4
– Feuchtsavannen
14,0
Immerfeuchte Tropen
12,5
8,4
Gesamtfläche
149,0
100,0
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2
Klima
Das Klima setzt großräumig die Rahmenbedingungen für die exogenen geomorphologischen Prozesse, Bodengenese, Vegetationsentfaltung und Landnutzungspotentiale. In den ökozonalen UrsachenWirkungs-Gefügen rangiert es dementsprechend an der Spitze. Von
besonderer Bedeutung sind dabei die Elemente Sonneneinstrahlung (als
Energiequelle für die Photosynthese) und Vegetationsperiode (als jährliche Zeitspanne für die Primärproduktion). Ihnen widmen sich die
beiden folgenden Unterkapitel. Die Tab. 2.1 und Abb. 4.2 geben Informationen zu weiteren Klimafaktoren, beispielsweise den (ökozonalen
Bezügen von) Lufttemperaturen, Niederschlägen und Verdunstung.
Zu beachten ist grundsätzlich zweierlei:
1. Die klimatischen Einwirkungen sind nur mit Einschränkung über
Mittelwerte der einzelnen Klimaelemente zu erfassen; mindestens
ebenso nötig sind Kenntnisse über extreme Ereignisse und deren
Häufigkeit, wie z.B. die Häufigkeit hoher Niederschlagsintensitäten,
langer Trockenperioden, starker Windgeschwindigkeiten, tiefer
Fröste oder des Frostwechsels (siehe z.B. die Seiten 247, 293).
2. Die zonal gültigen Klimamerkmale können innerhalb von Pflanzenbeständen erheblich abgewandelt sein (siehe z.B. die Abbildungen 7.4, 9.3, 9.4, 9.5, 10.4, 15.2).
2.1
Strahlungsklima
Die im vorliegenden Buch genannten Werte zur Sonneneinstrahlung beziehen sich ausschließlich auf denjenigen Strahlungsanteil,
der nach Durchgang durch die Atmosphäre als direkte Einstrahlung
oder als diffuse Himmelsstrahlung auf die Erdoberfläche trifft, also
die gesamte auf die Erdoberfläche auftreffende kurzwellige (etwa
290 bis 3000 nm) Strahlung, d. i. die Globalstrahlung oder engl.
insolation (incoming solar radiation, Abb. 2.1). Der davon für die
Photosynthese der Pflanzen nutzbare Spektralbereich (PHAR
oder PAR, von engl. photosynthetic active radiation) liegt etwa zwischen
400 und 700 nm, stimmt also weitgehend mit dem sichtbaren Licht
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32 Klima
Abb. 2.1
Jahressummen der Globalstrahlung in 108 kJ
ha-1 (DE JONG 1973).
Auf der Basis dieser
Strahlungseinnahmen
lässt sich die Primärproduktion der natürlichen
Vegetation in den einzelnen Ökozonen abschätzen (siehe Seite 106ff.
und Tab. 5.2).
Abb. 2.2
Globalstrahlung im Jahresgang für Stationen
aus sechs Ökozonen.
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Strahlungsklima 33
überein. Knapp die Hälfte (45 bis 50%) der über die Globalstrahlung
zugeführten Energie gehört zu diesem Spektrum.
In allen Ökozonen liegt die Sonneneinstrahlung in der Spitze
(höchste Monatsmittel) ähnlich hoch (Abb. 2.2). Die Differenzen
der jährlichen und der vegetationszeitlichen Summen beruhen auf
der ungleichen Dauer hoher Sonneneinstrahlung und auf der unterschiedlich langen Zeitspanne, während der die Pflanzen aufgrund
der hygrothermischen Gegebenheiten Nutzen aus der jeweils zugeführten Strahlungsenergie ziehen können (s.u.).
Unterschiedlich sind auch die tägliche Einstrahlungsdauer (Tageslänge) und deren Veränderungen im Laufe eines Jahres. Daraus
lassen sich mehrere Eigenheiten der Ökozonen ableiten, beispielsweise die für sie jeweils charakteristische Abfolge von Jahreszeiten.
Allgemein gilt, dass
• in den hohen und mittleren Breiten helle und warme Sommer
lichtarmen kalten Wintern gegenüberstehen,
• in den niederen Breiten hingegen solare und thermische Jahreszeiten nur schwach ausgeprägt sind oder völlig fehlen.
Zu den Energietransfers an der Bodenoberfläche siehe Kasten 1.
2.2 Hygrothermische Wachstumsbedingungen für Pflanzen1,
Vegetationsperioden
Die Vegetationsperiode ist hier als die Summe derjenigen
Monate innerhalb eines Jahres definiert, deren Mitteltemperaturen tmon ≥ 5 °C betragen und deren Niederschläge p (in
Millimeter) nummerisch den doppelten Temperaturwert tmon
(in Grad Celsius) übersteigen (also alle ausreichend warmen
Monate mit p-[mm] >2 tmon [°C]).
1
Vgl. auch Abb. 4.2.
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Abb. 2.3
Erläuterung des Klimadiagrammschemas von
WALTER u. LIETH (1960–
67). Das Besondere liegt
darin, dass die Kurven
der mittleren Monatsniederschläge (mm)
und der mittleren Monatstemperaturen (°C)
im Verhältnis der Zahlenwerte von 1:2 aufgetragen werden; 20 °C
haben also die gleiche
Ordinatenlänge wie
40 mm Niederschlag. Bei
diesem Verhältnis gelten
Zeiten, in denen sich die
Niederschlagskurve über
der Temperaturkurve
hält, als humid, die übrigen als arid. Das Beispiel zeigt eine Station
aus den Winterfeuchten
Subtropen (Türkei).
Die Angaben zur Vegetationsperiode wurden
v. Verf. hinzugefügt.
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34 Klima
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Hygrothermische Wachstumsbedingungen 35
Die Zeitspanne, in der diese Bedingungen erfüllt sind, lässt sich aus
den Klimadiagrammen von WALTER u. LIETH (1960–67) leicht und
schnell ausmessen (Abb. 2.3). Die in diesem Buch für die einzelnen
Ökozonen angegebenen Werte für Vegetationsperioden beruhen
größtenteils auf solchen Ausmessungen. Ergänzend wurden Klimatabellen von MÜLLER (1996) und aus dem World survey of climatology
(LANDSBERG 1970–86) herangezogen.
In den Ökozonen der mittleren und hohen Breiten sinken die winterlichen Lufttemperaturen so weit ab (wenigstens ein Monat mit tmon
<-5 °C), dass es hierdurch zu einer Unterbrechung des Pflanzenwachstums kommt. Es herrschen thermische Jahreszeitenklimate. In den tropisch/subtropischen Ökozonen kann eine Unterbrechung durch Trockenheit (also durch hygrische Veränderlichkeit)
Tab. 2.1. Hygrothermische Wachstumsbedingungen in den einzelnen Ökozonen
(tmon = Monatsmitteltemperatur, p = mittlerer Monatsniederschlag). a
Ökozone
Veg.-periode
(Monate mit
p [mm] > 2 tmon [°C]
und tmon ≥ 5 °C)
Polare/subpolare Zone
Monate mit
tmon ≥ 10 °C tmon ≥ 18 °C
Jahresniederschläge
(mm)
0–3
(4)
0
(1)
–
<250
Boreale
Zone
4–5
(3–6)
2–3
(1– 4)
0
(1)
250–500
Feuchte
Mittelbreiten
6–12
(5)
5 –7
(4)
1–3
(0–5)
500–1000
Trockene
Mittelbreiten
0–4
(5)
5 –7
≤4
(5)
<400
sommerlich:
<200 (250)
Winterfeuchte
Subtropen
6–9
(5–10)
8 –12
4–6
500–1000
Immerfeuchte
Subtropen
12
8 –12
4–7
(bis 12)
1000–1500
Tropisch/
subtropische
Trockengebiete
0–4
(5)
12
(9–11)
5–12
polwärts: <300
äquatorwärts:
<500
Sommerfeuchte
Tropen
6–9
(5)
–
12
500–1500
Immerfeuchte
Tropen
12
–
12
2000–4000
a
Zahlenwerte in Klammern stehen für regionale Sonderfälle, die sich zumeist aus kontinentalen oder
maritimen Einflüssen oder unterschiedlichen Breitenlagen (Nord-Süd-Differenzierungen) herleiten. Extreme Ausnahmen bleiben unberücksichtigt.
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36 Klima
vorliegen. Die jahreszeitlichen Temperaturamplituden sind kleiner
als die tageszeitlichen. Hier bestehen daher thermische Tageszeitenklimate.
Für die pflanzliche Produktion ist nicht nur die Länge der Vegetationsperiode von Belang. Sie steigt auch mit den dann verfügbaren
Strahlungsenergien und Lufttemperaturen (siehe Kap. 5.4.3). In den
Tropen liegen alle Monatsmittel über +18 °C, in den Subtropen noch
mindestens vier; an der Polargrenze der Borealen Zone werden gerade noch in einem Monat +10-°C erreicht (Tab. 2.1).
Literatur zu Kap. 2.1 und 2.2
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climate. Routledge, London, 421 S.
BATTARBEE, R. W., GASSE, F. und STICKLEY, C. E. (eds.) (2004): Past
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the earth. Delft University Press, Delft, 99 S.
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Wiesbaden (12. Aufl.), 553 S.
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Seminar. Westermann, Braunschweig (2. Aufl.), 202 S.
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der Entstehung der Erde bis heute. Beck, München (2. Aufl.),
216 S.
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Erde. Forschungsstelle Bodenerosion Univ. Trier 5, Trier (5. Aufl.), 400
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seine Modellierung. Springer, Berlin, 255 S.
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10.09.2008 10:34:51 Uhr
Klimawandel 37
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Teubner, Wiesbaden, 468 S.
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WEISCHET, W. (2002): Einführung in die Allgemeine Klimatologie.
Borntraeger, Berlin (6. Aufl.), 276 S..
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2.3 Klimawandel
2.3.1 Einführung
Der Klimawandel als eine uns alle bedrohende Gefahr für viele Ökosysteme und damit auch für unsere eigene Zukunft (vielleicht sogar
Gegenwart) ist derzeit in aller Munde. Mancher Leser mag sich in
Anbetracht dieser Nachrichtenlage denken, dass die in diesem Buch
beschriebene ökozonale Gliederung der Erde nur noch von kurzer
Dauer sein wird. Es liegt daher nahe zu prüfen, mit welchen Konsequenzen tatsächlich zu rechnen ist.
Die gegenwärtigen Abgrenzungen zwischen den einzelnen terrestrischen Ökozonen gründen sich vorrangig auf die großräumigen
Differenzierungen von Temperatur und Niederschlag. Grundsätzlich
kann es daher keine Zweifel daran geben, dass sich eine Änderung
des Klimas auch auf die ökozonale Gliederung auswirken müsste.
So würden sich bei einer globalen Erwärmung vermutlich auf beiden Hemisphären diejenigen Ökozonen polwärts verschieben, deren
Grenzen vornehmlich thermisch dominiert sind. Das betrifft die Immerfeuchten Tropen, die Immerfeuchten Subtropen, die Feuchten
Mittelbreiten und die Boreale Zone. Innerhalb der Polaren/subpolaren Zone würden die polaren Eiswüsten zurückgedrängt und die
Flächenanteile der Frostschutt- und Tundrengebiete steigen. Bei den
übrigen Ökozonen wären Grenzverschiebungen zu erwarten, wenn
sich zugleich die Niederschläge nach Menge und/oder jahreszeitlicher Verteilung ändern würden. Nach den Vorhersagen, wie sie beispielsweise der IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change,
Zwischenstaatlicher Ausschuss für Klimawandel)5 herausgebracht
5
Der IPCC wurde 1988 gemeinsam von der WMO (World Meteorological Organization) und der UNEP (UN Environment Programme) eingesetzt, als der Verdacht
aufkam, dass sich unser Klima bedrohlich erwärmen könne. Sein Auftrag ist, Änderungen unseres Klimas zu beobachten und gegebenenfalls gesicherte Grundlagen für politische Entscheidungen zur Abwehr möglicher Gefahren bereit zu
stellen. Er nutzt hierfür die Forschungsergebnisse von Wissenschaftlern, die sich
zu einer Mitarbeit bereit erklären, tut dies aber in einer selektiven Weise, die
bei anderen Wissenschaftlern und auch in weiten Kreisen der Öffentlichkeit als
nicht objektiv, vielmehr als tendenziös oder sogar unredlich empfunden wird.
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38 Klima
hat, würde dies die Trockengebiete betreffen, also die Ökozonen der
Tropisch/subtropischen Trockengebiete und der Trockenen Mittelbreiten, deren Ausweitung dann wohl zu Lasten der Sommerfeuchten Tropen und der Winterfeuchten Subtropen (und vielleicht auch
der Immerfeuchten Subtropen) ginge. Nicht auszuschließen ist auch,
dass sich die Klimaänderungen „nur“ auf einzelne Kompartimente
in den ökozonalen Wirkungsgefügen auswirken, also beispielsweise
neuartige Lebensgemeinschaften aus Tier- und Pflanzenarten (POTVIN
et al. 2007) entstehen lassen, ohne die derzeit bestehenden ökozonalen Abgrenzungen entscheidend zu verändern.
In derartigen Änderungen ist aber nichts grundlegend Neues
zu sehen: Die ökozonale Gliederung der Erde, so wie wir sie kennen, muss als ein vorübergehender Zustand angesehen werden, der
sich zumindest in seinen Grenzziehungen selbst in historischer Zeit
verändert hat, ganz zu schweigen von den noch weitaus größeren
Wandlungen in der geologischen Zeitdimension. So gab es in der
jüngsten erdgeschichtlichen Periode, dem etwa zwei Millionen Jahre zurück reichenden Quartär, bekanntlich mehrere Eiszeiten mit
zwischengeschalteten Warmzeiten, in denen es sehr wahrscheinlich
wärmer als heute war. Nicht das Beständige, vielmehr den Wechsel
müssen wir als das Normale ansehen. Denn die Erde hat kein stabiles Klima (s.u.). Und der Mensch, der zumindest ab dem letzten
Viertel des Quartärs in vielen Erdregionen schon existierte, ist mit
diesen Wechseln stets zurecht gekommen.
Fakt ist auch, dass die Vielfalt an Lebensräumen, wie sie heute
auf der Erde besteht, ein breites Spektrum abdeckt, aus dem auch
die möglichen Änderungen, die aus einem Klimawandel herrühren
könnten, nicht wesentlich herausfallen werden. Ändern würden
sich im Höchstfalle alleine die Lage und der Flächenanteil bereits
existierender Lebensräume.
Die Tatsache, dass wir heute in den meisten Erdregionen eine Zunahme der mittleren Temperaturen erleben, ist daher – jedenfalls auf
den ersten Blick – auch nicht als ungewöhnlich oder gar bedrohlich
zu bezeichnen (ungewöhnlich wäre vielmehr, wenn sich das Klima
nicht ändern würde). Die entscheidenden Punkte sind allein, ob
die beobachteten Änderungen über die Grenzen der natürlicherwei5
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Entsprechend wird er von vielen eher als ein selbst ernannter „Weltklimarat“
wahrgenommen, der in der Bevölkerung das Gefühl von Bedrohung erzeugt und
damit der Politik die Pflicht zum Handeln aufzwingen will (wozu dann auch gehört, ihm selbst und den mit ihm verbundenen Wissenschaftlern mehr Geldmittel
zur Verfügung zu stellen). Dies zu korrigieren sollte auch zu den Aufgaben des
IPCC gehören, will er denn seinen Anspruch, ein der wissenschaftlichen Wahrheit
verpflichtetes Gremium zu sein, aufrechterhalten bzw. wiederherstellen. Wohl ist
der „Klimawandel“ (genauer: der Temperaturanstieg in der jüngsten Vergangenheit) eine allgemein anerkannte Tatsache, das (nahe) Bevorstehen einer Klimakatastrophe, die es abzuwenden gilt, aber nicht!
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Klimawandel 39
se gegebenen Variabilität hinausgehen und die derzeitige Erwärmung
auf den Menschen, den von ihm verursachten vermehrten Ausstoß
von Kohlendioxid und weiteren Treibhausgasen zurückgeht, also
als ein unnatürlicher Vorgang angesehen werden muss, der, wie
vielfach behauptet, ungewöhnlich rasch abläuft und sich – im Zuge
gleichbleibender oder sogar vermehrter Treibhausgasemissionen – in
Zukunft fortsetzen, vielleicht sogar beschleunigen wird6 und damit
ökozonale Änderungen überaus großen Ausmaßes bewirken könnte. Träfe dies zu, so wäre zu prüfen, welche Beeinträchtigungen
daraus für unseren Lebensraum Erde vielleicht bereits entstanden
sind und in absehbarer Zukunft entstehen könnten, welche Schutzmaßnahmen wir dann schon jetzt zu ergreifen hätten und welche
Vorsorgemaßnahmen hinsichtlich der zukünftigen Entwicklung getroffen werden müssten. Zu diesen drei Fragen –
• gibt es eine globale Erwärmung ungewöhnlichen Ausmaßes und
wenn ja,
• mit welcher Wahrscheinlichkeit ist sie von Menschen verursacht
und
• zu welchen (positiven oder negativen) Konsequenzen wird sie
führen –
sollen hier in aller Kürze – die Literatur zum Thema Klimawandel ist
inzwischen unüberschaubar groß, vielfältig und auch widersprüchlich geworden7 – ein paar eher allgemein gehaltene Betrachtun-
6
7
Beides hält der IPPC in seinem neuesten, dem Vierten Sachstands oder (Welt-)
Klimabericht (Fourth Assessment Report) von 2007 für ’“sehr wahrscheinlich“.
In seinem dritten Bericht von 2001 hatte er das noch als nur „wahrscheinlich“
eingestuft.
Bei der Durchsicht der Literatur zum Klimawandel fällt auf, dass für ein und
dasselbe Geschehen immer wieder (nicht nur geringfügig) abweichende Zahlenwerte genannt werden. Dies gilt auch für manche Messwerte, von denen man eigentlich erwartet, dass sie hinreichend genau bekannt sein müssten; und für die
vom IPCC verfassten Berichte ist typisch, dass ihre Zahlenangaben fast immer mit
unterschiedlichen Sicherheits- oder Wahrscheinlichkeitsgraden versehen sind. Beides zeigt die allgemeine Unsicherheit und Uneinigkeit in den Aussagen zum gegenwärtigen und zukünftigen Klimageschehen. Darin liegt auch der Nährboten
für eine zunehmend emotional geführte Diskussion, in die sich längst die Medien
und auch die Politik eingeschaltet haben, und die durch Schlagwörter wie Klimakatastrophe (-apokalypse, -leugner) bzw. Klimaschwindel (-wahn, -lüge, -hysterie)
geprägt ist, je nachdem, welche Position man einnimmt. Weder die eine noch die
andere Seite gewinnt dadurch an Glaubwürdigkeit.
Für den Leser ist hierbei unbefriedigend, dass es für ihn fast unmöglich geworden ist, einigermaßen gesicherte Daten aus der Masse von unzuverlässigen oder
gar falschen heraus zu filtern. Es ist überhaupt kein Problem, Begründungen
(„Beweise“) sowohl für als auch gegen jedes Argument zu finden. Quellennachweise vermögen daher längst nicht immer zu überzeugen, sollen in vielen Fällen
wohl auch eher denjenigen, der sich auf sie beruft, aus der Verantwortung für
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40 Klima
gen angefügt werden, wobei kritische Aspekte, die derzeit weder
bei den IPCC-Anhängern noch in den Medien und in der Politik
ausreichend Beachtung finden, besonders ins Blickfeld gerückt werden. Erst die Antworten werden dann erkennen lassen, ob es schon
heute sinnvoll ist, die Auswirkungen eines Klimawandels auf die
ökozonale Gliederung der Erde aufzuzeigen.
2.3.2 Klimaerwärmung
Nach allgemeinem Wissensstand haben sich die bodennahen Mitteltemperaturen der Erdatmosphäre im Laufe der letzten anderthalb
Jahrhunderte leicht erhöht. Oder vorsichtiger formuliert: Es wird generell anerkannt, dass sich zumindest an vielen Orten ein Trend zur
Klimaerwärmung zeigt. Das soll auch hier nicht in Zweifel gezogen
werden. Zu prüfen bleibt aber
• Wie sicher lassen sich globale Temperaturen bestimmen und deren
Veränderungen gegenüber früheren Zeiten nachweisen?
• Wie lässt sich erkennen, ob (mutmaßliche oder sogar messtechnisch nachgewiesene) Erwärmungstrends ungewöhnlich sind?
• Wie zuverlässig sind Klimasimulationen für die Gegenwart und
die Zukunft?
In den folgenden Abschnitten wird versucht, Antworten auf diese
Fragen zu geben.
Mängel bei der Datenerhebung
Klima-Messstationen sind extrem ungleich über die Erde verteilt. Nach wie vor bestehen große Lücken nicht nur für die über
zwei Drittel der Erdoberfläche einnehmenden Meere, sondern auch
für viele Festlandsbereiche, insbesondere auf der Südhemisphäre.
Und selbst dort, wo Klimadaten vorliegen, sind diese manchmal nur
eingeschränkt nutzbar, da sie auf unterschiedlich langen Messreihen
fußen, mit unterschiedlichen Messmethoden (-geräten) erfasst wurden8 und sich die Umgebungen vieler Stationen im Laufe der Zeit
geändert haben. So sind beispielsweise viele Messstationen im Zuge
der überall fortschreitenden Urbanisierung in städtische Umfelder
geraten. Für diese aber ist typisch, dass die mittleren Jahrestem7
8
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seine Aussagen befreien. Beweiskraft haben sie jedenfalls selten. Aus diesem
Grunde wird im vorliegenden Text vorsichtig und zurückhaltend mit ihnen umgegangen, zumal es auch nicht darum geht, eine neue Klimathese aufzustellen.
Ziel ist lediglich, Unsicherheiten und Plausibilitäten von einigen Messdaten und
deren Interpretationen aufzuzeigen.
Nach KONDERATYEV et al. (2006) haben vergleichende Temperaturmessungen mit
verschiedenen Gerätetypen bei gleichen Messbedingungen, aber unterschiedlichen Wetterverhältnissen zu Ergebnissen geführt, die sich um mehrere Zehntel
Grad unterschieden. Bei den weltweit vorgelegten Daten ist außerdem mit Fehlern aus ungenau kalibrierten Thermometern zu rechnen.
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Klimawandel 41
peraturen im Vergleich zum unbesiedelten Umland um 0,5 bis 1 K
höher liegen, also in der Größenordnung der vom IPCC genannten
Erwärmung in den letzten 150 Jahren. Auch wenn die urbanen
Effekte und die Fehler aus ungleich langen Messreihen in den Klimaberichten angeblich bereinigt wurden, so bleibt doch ein Rest an
Zweifeln, wie zutreffend dies überall geschehen ist. Keine Korrekturen wurden für Fehler vorgenommen, die sich aus Ungenauigkeiten
von Messinstrumenten herleiten.
Nicht unstrittig ist auch die Art, wie aus den – in kleineren oder
größeren räumlichen Abständen – punktförmig vorgenommenen
Messungen flächenbezogene Mittelwerte für die Temperaturanomalien (d. s. die jeweiligen Abweichungen von vorgegebenen
Temperaturwerten, meistens von den Mitteltemperaturen der Normalperiode 1961–1990) berechnet wurden (vgl. JONES et al. 2001).
Dies erfolgte in den IPCC-Modellen durch Bezug der ausgewählten
Messergebnisse auf ein regelmäßig (über geographische Koordinaten) angelegtes Breite-zu-Länge-Gitternetz von jeweils 5° ⫻ 5°. Die
so erhaltenen Werte, gemittelt, repräsentieren dann die jeweils zugeordneten Flächen und dienen, gewichtet nach deren Größenanteilen
an der Erdoberfläche, zur Berechnung der globalen Temperaturanomalien. Kritisch sind hierbei die unzureichende Gitterauflösung
und die unsichere und nicht immer vergleichbare Datenlage für die
einzelnen Gitterfelder zu sehen.
Ein weiterer Mangel liegt darin, dass vertikale Beobachtungen
mit Radiosonden erst seit den 70er Jahren in jedenfalls nordhemisphärischer Abdeckung vorliegen und satelliten-meteorologische Messungen von wichtigen Faktoren der Strahlungsflüsse, wie
der extra-atmosphärischen „Solarkonstante“, von Wolken und von
Aerosolen, noch später, nämlich erst 1979, begannen. Zwar hat die
Satelliten-Meteorologie inzwischen große Bedeutung erlangt, kann
aber noch keinesfalls die Messungen am Boden ersetzen.
Damit ergibt sich als Fazit, dass die Bestimmung der globalen Mitteltemperaturen immer noch mit Mess- und Interpolationsunsicherheiten behaftet ist (z.B. ESSEX und MCKITRICK 2002)
und damit auch der aus ihnen (über einen Vergleich der aufeinander
folgenden Jahre) abgeleitete globale Temperaturtrend nicht mit letzter Sicherheit nachgewiesen ist.9
9
In den mittleren und höheren Breiten sind phänologische Beobachtungen oftmals erhellender als Messungen, da sie die kumulativen Effekte von Temperaturgängen besser veranschaulichen. Dabei geht es um eine regelmäßige (von Jahr
zu Jahr wiederholte) Beobachtung von Erscheinungen, die sich jahreszeitlich
(vorrangig) mit der Erwärmung und Abkühlung der Atmosphäre ändern, wie
z.B. Gletscherstände, arktische Meereisflächen, Aussaat- und Erntetermine von
Feldfrüchten, Eintrittsdaten bestimmter Entwicklungsphasen bei Pflanzen (u.a.
Blühbeginn, herbstliche Laubverfärbung) und Verhaltensweisen von Tieren (u.a.
Brutbeginn bei Vögeln, Vogelzug).
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42 Klima
Zu bedenken ist auch, dass sich die Mitteltemperaturen regional
unterschiedlich verändert und in manchen Gegenden zuletzt sogar
abgenommen haben. So findet sich beispielsweise in dem Arctic
Climate Impact Assessment (ACIA 2004), an dem Hunderte von
Wissenschaftlern aus mehreren Ländern über vier Jahre beteiligt
waren, die Feststellung, dass die bodennahen Jahresmitteltemperaturen während der letzten 50 Jahre (1954–2003) in Ost-Grönland,
Skandinavien und NW-Russland um jeweils 1 K stiegen, zur selben
Zeit aber in Island und über dem Nordatlantik um den gleichen Betrag fielen. Die Berechnung eines raumübergreifenden Mittelwertes
macht hier also wenig Sinn. Zugleich zeigen diese Befunde, dass regional ermittelte Werte keine Indizien für Änderungen der globalen
Mitteltemperaturen sein können.
Sehr anschaulich zeigt dies auch der Climate Trend Atlas von SCHÖNWIESE und RAPP (2007) für Europa: Die für die hundertjährige Zeitspanne von 1891 bis 1990 beobachteten Temperaturschwankungen
liegen zwar im europäischen Mittel im positiven Bereich, differieren
aber regional zwischen unterschiedlich starker Erwärmung bis hin
zu einer Abkühlung (wobei sich die positiven wie negativen Abweichungen auf das Winter- oder Sommerhalbjahr oder auch einzelne
Monate beschränken können). Die beiden Autoren lassen offen, ob
es sich bei diesen Änderungen um anhaltende Trends handelt, die
sich auch zukünftig fortsetzen werden. Insofern ist der Atlastitel
etwas irreführend und wohl eher als ein Zugeständnis an den Zeitgeist zu verstehen.
Kein zuverlässiger Bezugswert
Ob die rezenten Temperaturschwankungen noch innerhalb der natürlichen Anomalien liegen oder bereits herausfallen, lässt sich nur
über einen Vergleich mit Bezugswerten klären, die Mittelwerte
und Variationsmaße (bei extremen Ereignissen auch Häufigkeitswerte) einer längeren Zeitspanne repräsentieren.
In der Literatur und den Medien wird häufig der Zeitraum von
1961–1990 (die letzte der so genannten, jeweils 30–jährigen Klimanormalperioden) gewählt. Daraus ergibt sich zwar, dass die meisten
der letzten Jahre wärmer waren. Doch reicht dieser Vergleich keinesfalls aus, die Frage, ob diese Erwärmung aus dem natürlichen
Rahmen fällt und bedrohlich ist, zu beantworten. Hierzu müssen
auch ältere Klimabeobachtungen herangezogen werden, und zwar
mindestens die der letzten anderthalb Jahrhunderte (weiter reichen
die systematisch und global vorgenommenen Messungen von Klimaelementen nicht zurück).
Doch auch aus dieser längeren Zeitspanne wird deutlich, dass
eine stabile Basis fehlt, wir also keinen konstanten Normalwert als
Bezugsgröße haben. So unterscheiden sich beispielsweise die Klimanormalwerte an den Messstationen Wien und Hoher Peißenberg, wo
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Klimawandel 43
schon ab 1781 Temperaturmessungen durchgeführt wurden, jeweils
um 1,3 K bzw. 1,0 K. Die Höchstwerte fanden sich in beiden Fällen
in der Normalperiode 1781–1810 und danach, nur wenig niedriger,
zwischen 1961–1990, während die Tiefstwerte zwischen 1871–1900
auftraten (KRAUS 2004). Im Vergleich hierzu nimmt sich der weltweit
für das gesamte 20. Jahrhundert mit 0,5–0,7 K angegebene Temperaturanstieg als (vernachlässigbar?) gering aus.
Noch deutlichere Abweichungen zeigen die indirekt gewonnenen Befunde, so genannte Proxydaten10, die Rückschlüsse auf die
Temperaturen und teilweise auch die atmosphärischen Gasanteile
früherer (historischer und prähistorischer) Zeiten zulassen: Selbst in
der nur 10.000 Jahre zurückreichenden Nacheiszeit war es mehrfach
über mindestens einige Jahrhunderte kälter oder wärmer als heute
(Abb. 2.6).
Wenn aber eindeutige, konstante Bezugswerte, die das „normale“ Erdklima repräsentieren, fehlen, dann lässt sich auch für
die letzten beiden Jahrzehnte nur sagen, dass die Mitteltemperaturen durchschnittlich höher als beispielsweise im Mittel zwischen
1961–1990 lagen, aber tiefer als mehrmals zu früheren Zeiten im
Holozän. Ein exzeptioneller Trend, der vom normalen Erdklima
wegführt und der sich außerdem in der Zukunft (und sogar in bedrohlicher Weise) fortsetzen soll, ist daraus nicht abzuleiten.
Einschränkend ist allerdings festzustellen, dass die bis heute zur
Rekonstruktion früherer Temperaturen (im Wesentlichen vor 1850)
verwendeten Proxydaten vielfach weder eindeutig noch auf
die ganze Erde übertragbar sind. Nicht selten informieren sie
ausschließlich über das Paläoklima des Ortes oder der Region, wo
sie gefunden wurden, haben also keine globale Repräsentanz. Sie
sind aber selbst für die Fundorte nicht unbedingt aussagekräftig,
da sie, wie z.B. Jahresringe von Bäumen, die der IPCC als Maßstab
benutzt, in keinem eindeutigen Bezug zu den Temperaturen stehen
und selbst dann, wenn andere Einschränkungen (z.B. Trockenheit)
fehlen, sich nicht linear zur Temperatur ändern. In allen Ökozonen,
in denen die Winterkälte zu einer Unterbrechung des Wachstums
führt, ist außerdem zu beachten, dass die Wintertemperaturen unberücksichtigt bleiben.11
10
11
Als Temperaturproxidaten dienen z.B. Pollenspektren aus Torfschichten, Sauerstoffisotopenverhältnisse in Eisbohrkernen aus Gletschern und in Sedimentbohrkernen aus Seen und Meeren, Dichte und Breite von Jahres(zuwachs)ringen von
Bäumen, Bodentemperaturen (in Bohrlöchern), Warventone, isotopische Zusammensetzungen von Stalagmiten in Tropfsteinhöhlen, Wachstumsringe von Korallen, geomorphologische Vorzeitformen (z.B. Küstenformen, Sedimentgesteine
mit den darin eingeschlossenen Fossilien), Paläoböden und historische Ereignisse.
Eine wesentlich exaktere Rekonstruktion des Paläoklimas lässt sich aus Analysen
von Stalagmiten gewinnen (NIGGEMANN et al. 2003). Sie bestätigen die auch über
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44 Klima
Es bedarf daher jeweils der Nachweise, welche Proxydaten (oder
welche Koppelungen von ihnen) als hinreichend repräsentativ für
Klimaänderungen in der globalen Dimension gelten können. Diese
Aufgabe ist bis heute nicht immer zufriedenstellend gelöst worden.
So ist selbstverständlich auch der in der Abb. 2.6 dargestellte Temperaturverlauf für die letzten 10.000 Jahre mit gewissen Vorbehalten
zu beurteilen.
Wenn in der Gegenwart trotzdem von einer bedrohlichen globalen Klimaerwärmung gesprochen wird, so muss man sich fragen,
welchen Sinn es macht, CO2-Gehalte und Temperaturmittel
aus der Mitte des 19. Jahrhunderts oder dem Beginn des 20.
Jahrhunderts als Bezugswerte zu wählen. Es bleibt zu prüfen,
ob nicht andere (z.B. frühere) Bezugswerte sinnvoller sein könnten.
Möglicherweise stellt sich dann heraus, dass wir uns nicht in der
Phase einer „bedrohlichen“ Klimaerwärmung befinden, sondern auf
dem (zumindest für Europäer wohl eher erfreulichen) Rückweg aus
der Kleinen Eiszeit zu wärmeren Verhältnissen, wie unsere Vorfahren sie in den letzten Jahrtausenden mehrfach erlebten (mit hierzulande überwiegend durchaus positiven Begleiterscheinungen).
Doch wie auch immer die richtige Antwort lautet, es bleibt grundsätzlich festzuhalten, dass es einen Bezugswert im Sinne eines optimalen Klimazustandes, auf den wir unser heutiges Klima beziehen
könnten und den wir zu schützen oder gar wieder herzustellen
hätten, nicht gibt.
Klimamodellrechnungen mit Schwächen
Die Kritik, die an den weltweit vorliegenden Messdaten/-reihen geübt wird, trifft konsequenterweise auch die Computer-Klimamodelle
des IPCC und anderer Forschergruppen. Denn alle müssen notgedrungen darauf zurückgreifen.
Die weitaus bedeutsamere Fehlerquelle liegt aber darin, dass die
Parameter und Algorithmen, die bei den Computersimulationen eingesetzt wurden, zumindest fragwürdig sind. Für Faktoren, von denen wahrscheinlich oder mit Sicherheit Einflüsse auf die
Temperaturen ausgehen (z.B. Aerosole, anthropogenes CO2, Wasserdampf, Strahlungsstärke der Sonne, Zirkulationsströme von Luft
und Meerwasser), wurden Wirkungsgrade eingesetzt sowie diverse
fiktive Rück- und Gegenkoppelungen angenommen, die in der Realität unbewiesen sind. Die größte Unsicherheit besteht – eingestandenermaßen – hinsichtlich der Wolken-Klima-Wechselwirkungen
11
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andere Beobachtungen gestützten Befunde, dass der nacheiszeitliche Klimaverlauf mit mehrfach wärmeren und kühleren Abschnitten als in der jüngeren
Vergangenheit erstaunlich variabel war. Besonders warme Phasen lagen danach
etwa zwischen 7500 und 6000, 5000 und 4200, 3800 und 3500 sowie 1400 und
800 vor heute, also in ähnlichen Zeitspannen, wie sie auch sonst, aufgrund anderer Indizien, genannt werden (vgl. Abb. 2.6).
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Klimawandel 45
(„Cloud feedback remains the largest source of uncertainty.“ IPCC
2007). Das ist insofern besonders gravierend, als Wolken eine maßgebliche, allerdings ständig (örtlich wie zeitlich sowie auch nach ihrer Form) wechselnde Rolle im Klimasystem der Erde spielen: Durch
ihre hohe Albedo im solaren Spektrum (= Reflexion der Sonneneinstrahlung von den Wolkenobergrenzen) bewirken sie einen großen
negativen, im terrestrischen Spektrum durch ihren Treibhauseffekt
dagegen einen bedeutenden positiven Strahlungsantrieb.
Die Urheber der Simulationen wussten um diese Unsicherheiten
(was sie auch im neuesten Klimabericht von 2007 wieder bestätigen)
und versuchten sich damit zu behelfen, dass sie mehrere Simulationen mit jeweils unterschiedlich geschätzten Parametern
oder willkürlichen Korrekturfaktoren (also mehrere Szenarien)
errechnen ließen. Damit verbesserten sie aber nicht unbedingt die
Aussagekraft ihrer Prognosen/Projektionen, sondern schufen – nicht
zuletzt wegen deren (manchmal absurd) großen Spannweiten (z.B.
in den Projektionen für die zukünftigen Temperaturen, siehe S. 57)
– eher Unsicherheit, zumal sie viele ihrer früheren Szenarien in den
späteren Klimaberichten immer wieder änderten.12 Man weiß nicht,
welchem Szenarium man trauen soll oder ob es nicht überhaupt
ganz anders ist bzw. kommen wird. Nur wenig ist belegbar, vieles
scheint denkbar. Klar wird allein, dass weitere Grundlagenforschung
auf zahlreichen Feldern, verbunden mit der Erhebung von sicheren,
nachprüfbaren Beobachtungsdaten, dringend nötig ist.
Andererseits muss man akzeptieren, dass jede Art von Zustandserklärung unseres derzeitigen Klimasystems und deren Projektion
in die Zukunft extrem schwierig sind und – entsprechend dem
noch ziemlich lückenhaften Kenntnisstand – gar nicht anders als unsicher sein können. Grundsätzlich gilt, dass die Wirkungsketten in
Klimasystemen nur selten einfach kausaler (z.B. linearer) Art
sind; meist bestehen (positive oder negative) Rückkoppelungen und
Querverbindungen, also nicht-lineare Systeme, und diese reichen
weit über atmosphärische Vorgänge hinaus in die Hydrosphäre (z.B.
Meeresströmungen), die Pedosphäre (z.B. Bodenfeuchte als Parameter für die Wärmeleitfähigkeit) und Biosphäre (z.B. Albedo, Verdunstung). Hinzu kommen zufallsbedingte (stochastische) Elemente, die
sich nur mit Hilfe von statistischen Methoden oder durch chaostheoretische Ansätze behandeln lassen (SCHÖNWIESE 2003). Und das
12
Grundsätzlich ist anzuerkennen, dass der IPCC mit seinen diversen Szenarien sowie auch den unterschiedlichen Wahrscheinlichkeitsgraden, die er den eigenen
Aussagen zuordnet, die Unsicherheit seiner Berechnungsgrundlagen eingesteht.
Andererseits sollte er sich aber auch fragen, ob es im Hinblick auf diese Unsicherheiten derzeit überhaupt schon zu rechtfertigen ist, aufwendige ComputerKlimamodelle als Belege für zukünftige Klimaentwicklungen zu erstellen. Der
Nutzen der bis heute vorgelegten Modelle besteht bestenfalls darin, einige der
komplexen Vorgänge im Klimageschehen besser verständlich zu machen.
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46 Klima
Ganze ist dann auch noch vierdimensional (also einschließlich der
Zeitkoordinate variierend) zu sehen.
Die bisher vorgelegten Computer-Klimamodelle können daher
nur statistische Modelle sein, bei denen die Beziehungen zwischen den einzelnen Phänomenen, da im Detail unbekannt, durch
(eventuell unterschiedlich hohe) Wahrscheinlichkeiten dargestellt
werden. Sie vermögen die Realität bestenfalls näherungsweise widerzuspiegeln. Als Nachweise für die jüngsten Klimaänderungen
sind sie nicht geeignet. Und erst recht nicht für Vorhersagen. Es muss
die Frage erlaubt sein, ob sie überhaupt den hohen Aufwand zu
ihrer Erstellung rechtfertigen. Auch in Klimafragen darf nur das als
sicher anerkannt werden, was durch Messung belegt und nachprüfbar ist.13 Bezeichnenderweise werden die bisher vorgelegten Modelle
nur zur Erklärung der gegenwärtigen und zukünftigen Verhältnisse
herangezogen. Zeitlich rückwärts gerichtete Anwendungen fehlen. Gerade diese könnten aber, da ein Vergleich mit dem tatsächlich
Geschehenen möglich wäre, deren Zuverlässigkeit wahrscheinlicher
machen.
2.3.3 Ursachen der Klimaerwärmung
Sollte die im vorausgehenden Kapitel gestellte Frage: Ist ein ungewöhnlicher Anstieg der bodennahen Lufttemperaturen während
der letzten anderthalb Jahrhunderte nachweisbar und für die nahe
Zukunft wahrscheinlich? trotz aller Kritik bejaht werden, so muss
die nächste Frage lauten: Was könnte diesen Temperaturanstieg
verursacht haben?
Die hierauf vorliegenden Antworten fallen verschieden aus und
sind meist komplex: Statt einer einzigen Ursache werden mehrere
Faktoren angenommen, mit jeweils unterschiedlich hohen Anteilen.
In diesem Kapitel sollen die wichtigsten von ihnen genannt werden.
Begonnen wird mit dem Kohlendioxid. In der aktuellen Berichterstattung zum Klimawandel von IPCC und Medien als auch in der politischen und wissenschaftlichen Diskussion über dieses Thema steht
es einseitig im Vordergrund. Und dies in der doppelten Bedeutung
als wichtigstes unmittelbar auf den Strahlungshaushalt einwirkendes Treibhausgas wie auch als Trigger, der Temperatur anschiebende
Wirkungen auf andere Elemente im Klimageschehen ausübt.
13
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Es hat gelegentlich den Anschein, als dienten die mit Großrechner-Anlagen
aufwendig erstellten Klimamodelle nicht der Aufgabe, Änderungstrends aufzuzeigen, die man sonst nicht erkennen könnte, sondern mehr dem Zweck, nach
außen die Glaubwürdigkeit der IPCC-Szenarien zu erhöhen.
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Klimawandel 47
Anstieg des Kohlendioxids
Die Tatsache, dass CO2 zum Glas- oder Treibhauseffekt14 der
Atmosphäre beiträgt und sein Gehalt dort seit mindestens
150 Jahren steigt15, ist seit langem bekannt und gilt als erwiesen.
Zwar gehört es – zusammen mit den Treibhausgasen Methan (CH4),
Distickstoffoxid (N2O, Lachgas), bodennahes Ozon (O3) und Fluorkohlenwasserstoffe – nur zu den Spurengasen der Atmosphäre, deren Mengen in Volumenanteilen pro Million (ppm oder – genauer
– ppmv) bestimmt werden; derzeit beträgt sein Anteil etwa 380, also
nur 0,038% (gegenüber 0,028% vor 150 Jahren). Am natürlichen
Treibhauseffekt der Atmosphäre (= Minderung der langwelligen
Ausstrahlungsverluste [Wärmeabstrahlung] von der Erdoberfläche
durch atmosphärische Gegenstrahlung; siehe Kasten 1) ist es aber
weit stärker, nämlich (bei klarem Himmel) mit – geschätzt – etwa
20% beteiligt. Insgesamt tragen alle genannten Spurengase mit einem
Anteil von maximal gut einem Drittel zum Treibhauseffekt bei.
14
15
Diese Bezeichnung ist nicht ganz zutreffend, da der Wärmeeffekt eines Glashauses hauptsächlich durch Vereitelung der Luftkonvektion entsteht (warme
Luft kann nicht aufsteigen und durch kühlere ersetzt werden). Der sog. Treibhauseffekt der Atmosphäre beruht aber lediglich darauf, dass eine (zudem nur
eingeschränkt wirkende) Barriere für langwellige Ausstrahlung (eine „IR-Strahlenfalle“) wirksam ist.
Für die letzten 50 Jahre haben dies fortlaufende Messungen auf dem Mauna
Loa in Hawaii bestätigt. Über indirekte Quellen lässt sich dieser Anstieg mit einiger Sicherheit über weitere hundert Jahre zurückverfolgen (Abb. 2.4). Nach der
vom IPCC vertretenen Auffassung fällt der Anfang mit dem Beginn der Industrialisierung zusammen. Vor 1850 soll der CO2-Gehalt über lange Zeit konstant bei
280 ppm gelegen haben (was aber von anderen Klimaforschern bestritten wird).
Bis in die 50er Jahre des letzten Jahrhunderts stieg er zunächst langsam auf
314 ppm. Erst danach begann der steile Anstieg auf den heutigen Wert von
380 ppm, und zwar mit zunehmenden Jahresraten. Derzeit wird der jährliche
Anstieg vom IPCC (Technical Summary 2007) mit 1,9 ppm angegeben (Mittel aus
1995–2005) gegenüber 1,4 ppm a–1 für die Zeitspanne von 1960–2005.
Ein Widerspruch zu dieser Verlaufsrekonstruktion kommt u.a. von BECK (2007),
der mehr als 90 000 „sehr präzise Messungen des CO2-Gehaltes“ zusammentrug,
die ab 1812 bis1958 (also bis zum Beginn der Messungen auf dem Mauna Loa)
von zahlreichen Wissenschaftlern vorwiegend in Mittel- und Westeuropa durchgeführt worden waren. Danach gab es weder einen konstanten vorindustriellen
Wert noch in jüngerer Zeit einen kontinuierlichen Anstieg des atmosphärischen
Kohlendioxids. Vielmehr war der Verlauf von Schwankungen zwischen 300 und
400 ppm und sogar darüber hinaus geprägt, wobei diese Schwankungen dem
ebenfalls wechselnden Temperaturverlauf nachfolgten, nicht umgekehrt. Der
Mittelwert, der sich aus allen historischen Messdaten errechnete, liegt bei
330 ppmv. Ähnlich hoch ist auch der vorindustrielle Mittelwert, den HEBERT
(2007) aus der Bilanz des stabilen Kohlenstoffisotops 13C mit 320–330 ppmv bestimmte. Sollten diese beiden Berechnungen zutreffen, so wäre damit dem IPCC
die wichtigste Argumentationsstütze entzogen. Entgegnet werden könnte u.a.,
dass die BECKschen Daten aus bodennahen Messungen stammen, wo die CO2-Gehalte durch respiratorische und photosynthetische Vorgänge der Vegetation beeinflusst sein mögen. Diese aber seien bewusst ausgeschlossen worden, als man
die neueren Messungen auf den über 4000 m hohen Mauna Loa gelegt hätte.
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48 Klima
Viel wichtiger ist generell ein weiteres, in diesem Zusammenhang
oftmals vergessenes „Treibhausgas“, nämlich Wasserdampf. Sein
Anteil am Treibhauseffekt erreicht immerhin fast zwei Drittel und
erhöht sich weiter, wenn es zur Kondensation, also zur Wolkenbildung, kommt. Der Anteil von CO2 (und der übrigen Treibhausgase)
erniedrigt sich entsprechend, möglicherweise auf deutlich unter
10% und ist dann erst recht zweitrangig.
Der so genannte anthropogene Treibhauseffekt bezieht sich darauf, dass der Mensch die Mengen von Kohlendioxid, Distickstoffoxid und Methan in der Atmosphäre erheblich und wahrscheinlich
beschleunigt vermehrt hat16 und damit deren natürliche Treibhauseffekte verstärkt haben soll. Das heißt, es handelt sich hierbei ausschließlich um die Klimawirksamkeit des zusätzlichen anthropogenen CO2
Dessen Größe ist aber nur unsicher abzuschätzen, denn zum einen ist nicht auszuschließen, dass der nachgewiesene CO2-Anstieg in
der Atmosphäre auch andere, nicht-anthropogene Ursachen gehabt
hat. Außerdem fehlen bisher Messungen, die eine Zunahme der atmosphärischen Gegenstrahlung (oder die Erhöhung der spektralen
Absorption in der Atmosphäre) parallel zum CO2-Anstieg belegen.
Und zu beachten ist schließlich, dass einige der Infrarot-Absorptionsbande von CO2 bereits jetzt gesättigt sind, eine weitere Vermehrung
der CO2-Mengen daher nur eine relativ geringe Vermehrung der IRAbsorption zur Folge haben kann. Theoretisch (und ohne Berücksichtigung von möglichen Rückkoppelungseffekten; siehe Seite 65)
erhöht sich mit jeder Verdoppelung der CO2-Konzentration die Temperatur stets um genau den gleichen Betrag wie bei der vorausgegangenen Verdoppelung oder – anders ausgedrückt – halbiert sich die
Netto-Wärmeabstrahlung von der Erde. Es besteht also keine lineare,
sondern nur eine logarithmische Abhängigkeit (LÜDECKE 2007).
Das heißt, von dem zusätzlichen CO2 wird höchstens ein immer
kleinerer Teil Einfluss auf die Strahlungsbilanz ausüben, also immer
weniger zur Erwärmung beitragen. Und wie groß dieser Klimaeinfluss derzeit tatsächlich ist, in Zukunft bei weiterem CO2-Anstieg
sein wird oder überhaupt in nennenswerter Größe besteht/bestehen
bleibt, ist letztlich eine unbekannte Größe. So wie auch Rückkoppelungseffekte (in diesem Fall gemeint: Verstärkungseffekte), auf die
der jüngste IPCC-Bericht seine Temperaturprojektionen für das lau-
16
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Insbesondere durch
– den steigenden Verbrauch von fossilen Energieträgern (Kohle, Erdöl, Erdgas)
im Zuge zunehmender Industrialisierung und wachsender Erdbevölkerung,
– die Zementproduktion sowie
– die Veränderungen in der Landnutzung (z.B. Ausdehnung landwirtschaftlicher
Nutzflächen, Ausbreitung der Viehhaltung sowie Reduzierungen von natürlichen CO2-Senken in der globalen Biomasse durch Rodungen).
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Klimawandel 49
fende Jahrhundert stützt, unverlässlich sind. Eindeutige Nachweise
gibt es bis heute nicht, was auch der IPCC eingesteht. Die folgenden
Ausführungen versuchen, jedenfalls ein paar Antworten auf die drei
Fragen von genereller Bedeutung zu geben:
• Lässt sich für unsere holozäne und vielleicht auch pleistozäne
Vergangenheit erkennen, dass die Verläufe von Temperatur und
CO2-Gehalt korrelierten?
• Haben sich in der jüngsten Vergangenheit auch die höheren Luftschichten der Troposphäre erwärmt?
• Welche anderen Faktoren anstelle der anthropogenen Treibhausgase kommen für eine Klimaerwärmung in Betracht?
Vergleich von CO2-Anstieg und Temperaturverlauf
Es ist unstrittig, dass zusammen mit dem CO2-Gehalt in der Atmosphäre auch die Temperatur im Laufe der letzten 150 Jahre angestiegen ist. Betrachtet man aber beide Abläufe genauer, so wird – wenn
man der in der Abb. 2.4 gezeigten Rekonstruktion folgt – deutlich,
dass sich die CO2-Konzentration kontinuierlich erhöhte, während der aufsteigende Temperaturtrend mehrmals von Phasen
der Abkühlung unterbrochen war. Noch deutlicher wird diese
Diskrepanz aus der Temperaturzeitreihe für die Arktis/Subarktis
(Abb. 2.5).
Das heißt, die Parallelität, die zwischen den Anstiegen von Kohlendioxid und Temperatur bestehen soll, gilt, genau genommen, erst
für die letzten drei Jahrzehnte. Damit ist aber der kausale Zusammenhang in Frage gestellt.
Zweifel ergeben sich auch bei regionaler Betrachtung: Während der planetarische Luftaustausch mit größter Wahrscheinlichkeit
zu einem überall gleichförmigen CO2-Anstieg geführt hat, hat sich
die Lufthülle regional ungleich erwärmt (vgl. S. 42) oder sogar – insbesondere in einigen Gegenden der Südhalbkugel – abgekühlt.
Eine Korrelation von Temperatur und CO2-Gehalt der Atmosphäre fehlt auch in früheren historischen Zeiten (Abb. 2.6). Einerseits wird von vielen Klimaforschern angenommen (von anderen
aber bestritten), dass die CO2-Gehalte in der Atmosphäre vor 1850
mit Werten zwischen 260 und 280 ppm über viele Jahrhunderte
konstant blieben. Andererseits wechselten aber mehrfach warme
und kalte Klimaphasen miteinander ab17, also offenkundig aus anderen, nicht an unterschiedliche CO2-Konzentrationen geknüpften
Gründen. So kam es um die Zeitenwende zu einer „kleinen“ Warmzeit mit Temperaturen von bis zu 1 K über den heutigen (Optimum
der Römerzeit), die aber bereits um 300 n. Chr. erneut von einer
17
Dabei werden interessanterweise die warmen Klimaphasen als Optima bezeichnet, also warm mit optimal gleichgesetzt. Zu beachten ist aber, dass dies sicherlich aus mitteleuropäischer Sicht geschah.
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50 Klima
Kaltzeit abgelöst wurde (Pessimum der Völkerwanderungszeit). Erst
um 800 wurde es für einige Jahrhunderte erneut wärmer (Mittelalterliche Warmzeit [oder Mittelalterliches Optimum], in der Grönland
[= Grünland] und das nordamerikanischen Neufundland [damals
CO2-Konzentration (ppm)
Temperaturanomalien (K)
16,0 °C
15,0 °C
14,0 °C
Globaltemperatur bei verkürzter Ordinatenskala
+0,6
+0,4
+0,2
0
-0,2
-0,4
Globaltemperatur
Temperatur-Jahreswerte
Temperatur-Jahreswerte
10-Jahres-Tiefpassfilter
-0,6
380
360
340
320
300
280
1850
1900
Jahr
1950
2000
Abb. 2.4
Zeitreihe der globalen Mitteltemperaturen zwischen 1856 und 2000: Abweichungen der global gemittelten bodennahen Lufttemperaturen vom Mittelwert der Referenzperiode 1961–1990; Säulen: 10-jährig geglättete Daten (IPCC 2001, SCHÖNWIESE
2003). Zum Vergleich: Derselbe Temperaturverlauf bei verkürzter Ordinatenskala (oben; nach CRICHTON 2005, aus KLAUS
2007) sowie eine rekonstruierte Zeitreihe der atmosphärischen CO2-Gehalte ab 1856 nach Erkenntnissen aus Proxydaten
und (ab 1958) direkten Messungen auf dem Mauna Loa, Hawaii (SCHÖNWIESE 2003). Bei den Temperaturen, wie sie die
mittlere Kurve zeigt, ist auffällig, dass sie gegen Ende des 19. Jahrhundert wieder auf Werte zurückfielen, denen sie bereits
um die Mitte jenes Jahrhunderts nahe gekommen waren. Ein erneuter Anstieg setzte erst nach Beginn des 20. Jahrhundert ein und führte bis zum Zweiten Weltkrieg zu einer um 0,4 K höheren Temperatur. Danach endete der Aufwärtstrend
für drei Jahrzehnte; vorübergehend kam es sogar zu einem leichten Rückgang vom vorauf gegangenen Höchststand um
gut 0,1 K. Erst zu Beginn der 80er Jahre folgte dann ein zweiter, noch steilerer Anstieg, der die globalen Temperaturen bis
2000 um 0,3 K anhob. Zweierlei erscheint an dieser anderthalb Jahrhunderte langen Zeitreihe besonders bemerkenswert:
1) Der Anstieg wirkt aufgrund der hier (ähnlich wie auch sonst) gewählten Maßstabsrelation von Temperatur und Zeit
dramatisch, umfasst tatsächlich aber nur sechs Zehntel Grad. Eine Verkürzung der Ordinatenskala, wie sie für die
obere Kurve gewählt wurde, lässt den Verlauf wesentlich realistischer erscheinen.
2) Der Vergleich mit der zeitgleichen CO2-Zunahme zeigt erhebliche Diskrepanzen. Besonders auffällig ist, dass die Temperaturen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und von 1940 bis 1979 sanken oder stagnierten, obwohl der
Kohlendioxidgehalt in der Atmosphäre auch während dieser Zeitspannen stetig und beschleunigt anstieg.
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Klimawandel 51
2
Abb. 2.5
Verlauf der jährlichen
Mitteltemperaturen in
der Arktis/Subarktis
zwischen 1900 und 2000
(ACIA 2004). Die Werte
beruhen auf Messungen
von Landstationen nördlich von 60° Breite. Die
Nulllinie entspricht der
Mitteltemperatur von
1961–1900.
Temperatur (°C)
1
0
-1
-2
1900
1920
1940
1960
1980
2000
Temperatur-Variation (in K) (bodennah, nordhemisphärisch gemittelt, zeitlich geglättet)
Jahr
OH
+2
0
Atlantikum
Präboreal
-2
8000
v. Chr.
6000
v. Chr.
+1
Temperatur-Variation (in K)
Subboreal
Subatlantikum
Boreal
MO
OR
PV
4000
v. Chr.
2000
v. Chr.
Mittelalterliche
Warmzeit
0
Mod.
Kleine Opt.
Eiszeit
2000
n. Chr.
Mod. Opt.
Kleine Eiszeit
0
-1
1000 n.Chr
1500 n.Chr
Jahr
1900 n.Chr
Abb. 2.6
Holozäne Temperaturschwankungen auf der Nordhalbkugel (obere Kurve: SCHÖNWIESE 2003, untere Kurve: FOLLAND et
al. 1990; hier aus LEROUX 2005), ergänzt durch die in Mitteleuropa üblichen Bezeichnungen für die einzelnen Warm- und
Kaltphasen. Die 0-Linie in der oberen Grafik entspricht ungefähr der Mitteltemperatur des „derzeitigen Klimas“ (d.i. der
des erfassten Zeitraumes), die gestrichelte Linie in der unteren Grafik den Temperaturen zu Beginn des 20. Jahrhunderts.
Insgesamt waren die holozänen Temperaturvariationen mit etwa ±1 K Abweichung vom Mittel der letzten CLINO-Periode
(1961–1990) deutlich geringer als beim vorauf gegangenen pleistozänen Kalt-Warm-Zyklus (vgl. Abb. 2.7). Doch lagen
die Temperaturen in den früheren holozänen Optima (Warmzeiten) immer noch höher, als im bisherigen Verlauf des
gegenwärtigen „Optimum“ erreicht wurden. So wird beispielsweise für die Mittelalterliche Warmzeit angenommen, dass
die Temperaturen nordhemisphärisch um etwa 0,5 K über denen der letzten CLINO-Periode lagen (in Deutschland sogar
um etwa 1 K). Die Abkürzungen bedeuten: OH Holozänes Optimum, OR Römisches Optimum, PV Pessimum während
der Völkerwanderungszeit, MO Mittelalterliche Warmzeit, Mod. Opt. Modernes Optimum.
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52 Klima
Vinland = Weinland] durch die Wikinger besiedelt wurden), mit
Temperaturen, die in der Spitze wahrscheinlich ebenfalls höher als
heute lagen, ehe gegen 1300 wiederum eine Kaltzeit, die sog. Kleine
Eiszeit einbrach. Aus dieser bewegen wir uns seit dem 18. Jahrhundert heraus. Derzeit befinden wir uns – wie von manchen für
wahrscheinlich gehalten wird – in der fortgeschrittenen Phase einer
weiteren Warmzeit.
Für die vor- und frühgeschichtliche Vergangenheit konnte aus
weit ins Pleistozän zurückreichenden Eisbohrkernen nachgewiesen werden, dass die CO2-Gehalte der Atmosphäre auch
damals schon, also offenkundig ohne Einfluss durch den Menschen, erheblich schwankten (Abb. 2.7).18 Diese Schwankungen
verliefen annähernd parallel zu den Temperaturvariationen jener
Zeit, jedoch derart, dass ansteigende Temperaturen den CO2-Zunahmen jeweils um einige hundert bis mehrere tausend Jahre
vorausgingen, höhere CO2-Gehalte also nicht Ursache für die Temperaturanstiege gewesen sein konnten. Als Erklärung für diese Art
von verzögerter Korrelation werden die Austauschvorgänge von CO2
zwischen den Meeren und der Atmosphäre genannt: Man weiß, dass
die Meere umso mehr CO2 abgeben, je wärmer sie sind, sich diese
Erwärmung aber gegenüber der von der Luft wegen der gewaltigen
Größe ihrer Wasserkörper und deren hoher Wärmekapazität verzögert. Umgekehrt nehmen die Meere mehr CO2 auf, wenn sie abkühlen, was wiederum, aus dem gleichen Grunde, verspätet erfolgt. Als
Auslöser für die Temperaturschwankungen werden zumeist
Variationen der Erdbahnparameter (siehe Kap. 2.3.5) angeführt.
Die jeweils nachfolgenden CO2-Anstiege und -Rückgänge hätten
dann höchstens Verstärkungseffekte (positive Rückkoppelungen) gehabt, die die von anderen Faktoren bestimmten Erwärmungs– oder
Abkühlungstendenzen der Atmosphäre lediglich unterstützten.
Grundsätzlich ist festzuhalten, dass es vor der Industrialisierung
und damit auch vor dem möglicherweise anthropogen verursachten CO2-Anstieg in der Atmosphäre sowohl in historischer als auch
prähistorischer Zeit erhebliche Klimaänderungen gegeben hat, die
ohne erkennbaren Zusammenhang mit einem wechselnden Treibhauseffekt standen. Es ist daher geradezu unwahrscheinlich, dass die
rezenten Änderungen allein oder im Wesentlichen durch anthropogene Treibhausgase ausgelöst sein sollen.
18
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Die Aussagekraft von Eisbohrkern-Analysen für frühere atmosphärische CO2-Gehalte wird neuerdings in Zweifel gezogen oder sogar bestritten. Als Grund wird
z.B. angeführt, dass Luftbläschen gleichen Alters deutlich abweichende Zusammensetzungen aufweisen können (JAWOROWSKI 1997, u.a.).
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Klimawandel 53
Erwärmung der Troposphäre
Ballon- und satellitenmeteorologische Messungen haben ergeben,
dass sich die Luft in den höheren Schichten der (etwa 10–12 km
hoch reichenden) Troposphäre nicht oder jedenfalls nicht so
sehr wie in Bodennähe erwärmt hat. Das aber sollte der Fall sein,
wenn tatsächlich die Vermehrung der Treibhausgase den Anstieg der
bodennahen Lufttemperaturen verursacht hätte. Denn deren Effekt
CO2 Gehalt (ppmv)
300
280
260
240
220
200
180
Temperaturabweichung
gegenüber heute in °C
160
+4 °C
+2 °C
0 °C
- 2 °C
- 4 °C
- 6 °C
- 8 °C
- 10 °C
400 000
Günz
350 000
Mindel
300 000
Riss
250 000
200 000
150 000
Jahre vor heute (= 1950)
Würm
100 000
50 000
0
Abb. 2.7
Zeitreihe des CO2-Gehaltes in der Erdatmosphäre während der letzten 410.000 Jahre, nach Messungen in einem Eiskern von Vostok in der Antarktis (PETIT et al. 1999; hier aus REKACEWICZ, P., UNEP/GRID-Arendal library of graphics
resources, 2000: http://maps.grida.no/go/graphic/temperature-and-co2-concentration-in-the-atmosphere-over-the-past400-000-years). Danach waren die freien CO2-Mengen auch im Pleistozän keinesfalls konstant. Zum Vergleich wird in
der unteren Kurve der zeitgleiche Temperaturverlauf gezeigt (aus der gleichen Quelle), ergänzt mit den Namen für die
Eiszeiten (Gletschervorstöße) im süddeutschen Alpenvorland. Eine Fortführung beider Kurven bis zur Gegenwart oder gar
– der IPCC-Projektion folgend – bis zum Ende des 21. Jahrhundert, also für eine Zeitspanne von nur gut 50 bzw. 150 Jahren macht bei dem gegebenen Maßstab, bei dem 1 Millimeter auf der Abszisse die (Mittel?)Temperatur von 3.700 Jahren
repräsentiert, keinen Sinn, geschieht aber in der Literatur dennoch häufig. Aus dem gleichen Grunde (also der starken
zeitlichen Raffung und der daraus folgenden Generalisierung) lässt sich aus der Zeitreihe für CO2 auch nicht ableiten, dass
die CO2-Gehalte in der Atmosphäre niemals zuvor den gegenwärtigen Stand von 380 ppm erreicht hätten.
Beide Kurven zeigen über Hunderttausende von Jahren auffällige Entsprechungen in ihren Auf- und Abstiegen. Doch
waren die Anstiege der atmosphärische CO2-Gehalte, wie sich bei genauer Prüfung erweist, niemals Motor der Temperaturerhöhungen, denn sie gingen jenen nicht voraus, sondern folgten ihnen nach, jeweils um mehrere Jahrhunderte oder
Jahrtausende versetzt (was allerdings bei dem kleinen Zeitmaßstab in dieser Abbildung nicht immer erkennbar ist). Das
ist allgemeiner Wissensstand und wird auch in der Independent Summary for Policymakers (MCKITRICK 2007) nochmals bestätigt. Erdbahnveränderungen mit den daran geknüpften wechselnden Intensitäten der Sonneineinstrahlung
gelten heute als die wahrscheinlichsten Ursachen für die pleistozänen Temperaturänderungen.
Als Fazit lässt sich daher festhalten, dass die CO2-Gehalte in der Atmosphäre auch früher erheblich (und selbstverständlich ohne menschliche Einwirkung) schwankten und diese Schwankungen (also unterschiedlichen Treibhauseffekte)
niemals Ursache für die gleichfalls nachgewiesenen erheblichen globalen Temperaturänderungen waren.
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