Arbeitsmedizinischer Fall Maligne Hauttumoren durch beruflich induzierte Narben Umsetzung der Empfehlungen des Bamberger Merkblattes Manigé Fartasch, Thomas Brüning Maligne Hauttumoren – Basaliome und Plattenepithelkarzinome – können als Unfallfolge infolge beruflich bedingter Verbrennungsnarben entstehen. Anhand zweier unterschiedlicher Fälle, in denen Basaliome als Folge von vorausgegangenen beruflichen Verbrennungen zur Begutachtung vorgestellt wurden, werden die neuen Empfehlungen zur Begutachtung dieser Unfallfolgen nach dem neuen Bamberger Merkblatt Teil 2 dargestellt. Nach geltendem Berufskrankheitenrecht können bei Einhaltung der sozialrechtlichen Rahmenbedingungen Hautkrebs oder zur Krebsbildung neigende Hautveränderungen nach einer Exposition gegenüber Arsen oder seinen Verbindungen (BK-Nr. 1108), ionisierenden Strahlen (BK-Nr. 2402) sowie Ruß, Rohparaffin, Teer, Anthrazen, Pech oder ähnlichen Stoffen (BK Nr. 5102) als Berufskrankheit anerkannt und entschädigt werden (Bamberger Merkblatt). Es existieren hier bewährte und von der Rechtssprechung akzeptierte Empfehlungen. Auch das UV-Licht ist generell geeignet, präkanzeröse Veränderungen der Haut und Hauttumoren zu verursachen. Eine entsprechende Berufskrankheitenziffer findet sich derzeit in der BK-Liste der Berufskrankheiten nicht. Die Prüfung des begründeten Verdachts auf das Vorliegen einer Berufskrankheit kann hier nach § 9 Abs. 2 SGB VII vorgenommen werden (vgl. Bamberger Merkblatt Teil 2, 2009). Die Entstehung von Basaliomen und Plattenepithelkarzinomen durch beruflich bedingte, erhöhte künstliche UV-Strahlungsexposition (Aengenvoort & Schwaß 2007, Bajdik et al 1996, Currie & Monk 2000, Ramirez et al 2004) und durch intensive natürliche UV- Strahlung wie zum Beispiel bei langjährigen Tropenaufenthalten oder im Gebirge (Diepgen & Drexler 2004, Diepgen & Blome 2008, Drexler & Diepgen 2000, Dennenmoser 2006) in letzter Zeit verstärkt diskutiert. Hautneoplasien auf narbig veränderter Haut wurden bereits vor 200 Jahren erstmals beschrieben (Dix 1960, Koga & Sawada 1997, Kowal-Verna & Criswell 2005). Verbrennungsnarben werden bei der Entwicklung von bösartigen Hautveränderungen am häufigsten genannt (Gawkrodger 2004). Bei den Narben handelt es sich meist um sogenannte instabile Narben, die mit Entzündungen, oberflächlichen Ulzerationen, Fistelbildungen und Atrophien einhergehen (Koga &Sawada 1997). Im Rahmen einer Literaturauswertung von 412 Fällen gelten Plattenepithelkarzinome (71% der Fälle) als häufigste bösartige Tumoren, gefolgt von Basaliomen (17%) (Koga &Sawada 1997). Sarkome oder Melanome treten eher selten auf und deren kausale Zuordnung ist häufig schwierig. Tumoren durch beruflich induzierte Narben gelten als Unfallfolge Versicherungsrechtliche Bedeutung können jedoch auch Hauttumoren im Rahmen von länger bestehenden Narben haben. Wenn diese Tumoren infolge beruflich induzierter Narben entstanden sind, gelten sie als Unfallfolge und sind versicherungsrechtlich wie eine Berufskrankheit (BK) zu behandeln. Im aktuellen Bamberger Merkblatt Teil 2, wurden die Postulate nach Ewing (Ewing 1928, Kowal-Verna & Criswell 2005) aufgenommen und ermöglichen so eine Gleichbehandlung bei der Beurteilung von Narbentumoren (s. Infokasten s. Seite 9). Damit stellt sich für 8 IPA-Journal 03/2009 Arbeitsmedizinischer Fall den Gutachter nicht mehr die Frage, ob es zufälligerweise in einer Narbe zu einem Plattenepithelkarzinom oder Basaliom gekommen ist oder ob die Narbe ursächlich für den Tumor war. Sind die genannten Kriterien erfüllt und ist die Narbe durch ein berufliches Trauma entstanden, ist das Plattenepithelkarzinom oder Basaliom als berufsbedingt anzusehen. Verschiedene Ausschlusskriterien Nach den Kriterien muss das Vorliegen einer Verbrennungsnarbe gesichert und der Tumor auch innerhalb der Narbengrenzen entstanden sein. Ein eventuelles Einwachsen von Tumoren aus den Randbereichen darf ebenso nicht vorliegen, wie Hinweise, dass ein Tumor nicht schon vor der Narbe an dieser Stelle bestanden hat. Außerdem muss nach empfohlenen Kriterien ein adäquates Zeitintervall zwischen der Narbe und Entstehung des Tumors vorliegen. Im Rahmen des Berufskrankheiten-Feststellungsverfahrens wurde ein 39 Jahre alter Flämmer und ein 73 Jahre alter Gießer am IPA untersucht. Bei dem Flämmer war ein Basaliom im Gesicht aufgetreten. Gleichzeitig bestand die anamnestische Angabe des Erkrankten einer beruflich induzierten Verbrennungsnarbe in loco, ohne dass eine ärztliche oder betriebliche Dokumentation der Verbrennung vorlag. Im Fall des Gießers entwickelten sich zwei Basaliome im Bereich der Vernarbung einer Brandwunde, die er im Alter von 16 Jahren am Arbeitsplatz erlitten hatte. Im Rahmen der kausalen Einordnung der Basaliome als berufsbedingt in Folge einer vorausgegangenen Verbrennung sind mehrere Fragen in der Begutachtung zu berücksichtigen. Fall 1: Narbe am Nasenflügel durch Funkenflug Der aus Anatolien stammende Versicherte berichtete, seit 1995 als Brenner und Flämmer tätig zu sein. 1998 sei ihm aus einer Entfernung von drei bis vier Metern ein kleiner Funke an den linken Nasenflügel geflogen. Er habe an dieser Stelle eine Rötung und Blasenbildung bemerkt. Nach Abheilung der Blase sei eine offene Stelle in diesem Bereich verblieben. 2002 ergab eine Vorstellung bei dem behandelnden Arzt „einen unklaren narbenähnlicher Befund mit Ulzeration“ am linken Nasenflügel und es wurde eine Probebiopsie durchgeführt. Histologisch wurde die Diagnose „sklerodermiformes Basaliom mit Ulzeration“ gestellt. Die Totalentfernung des Tumors erfolgte stationär in einer Plastisch-Chirurgischen Klinik. Die Läsion war zum Zeitpunkt der Exzision rund 1,5 mal 1 Zentimeter groß. Wegen der speziellen Vorgeschichte folgte eine Anzeige auf Verdacht einer Berufskrankheit. Trotz der Recherche der zuständigen Unfallversicherung fanden sich keine Aufzeichnungen, wie ein Verbandsbuch, oder Zeugen für den Vorfall. Die Begutachtung erfolgte im Jahr 2006. In der Familienanamnese waren keine Hauterkrankungen bekannt, insbesondere keine Hautkrebserkrankungen. Der Patient berichtete, er sei in der Kindheit nicht sonnenempfindlich gewesen und entwickle bei Sonnenexposition keinen Sonnenbrand. Außerdem bräune er schnell und intensiv. In der Freizeit setze er sich weder vermehrt Bamberger der Sonne Merkblatt aus und noch besuche er Sonnenstudios oder -bänke. Das neue Bamberger Merkblatt ist eine Begutachtungsempfehlung für den berufsdermatologischen Haarund Augenfarbe des Mannes sindim braun. Der eiVersicherte Gutachter. Diese Empfehlung wurden Rahmen besitzt den Hauttyp III bis IVbestehend nach Fitzpatrick. Es zeigen sich im ner Sachverständigen-AG aus Vertretern Gesichtsbereich keinerlei und Hinweise für LichtschädenFachder Haut. Es der dermatologischen arbeitsmedizinischen findet sich eine vonsowie der Nasolabialfalte bis auf gesellschaften des Verbandes(Nasenlippenfalte) der Gewerbedenärzte linken Nasenflügel mit reichende, weißliche, reizlose Narbe bei in Kooperation der Deutschen Gesetzlichen Zustand nach Exzision konzipiert. und Defektdeckung einen Unfallversicherung Ebenfallsdurch beteiligt wa-gestielten Nasolabiallappen im März 2004. ren die Berufsgenossenschaften, die am häufigsten mit berufsbedingten Hautkrankheiten befasst sind. DieDas Bestimmung der minimalen Erythemdosen hier angesprochene Bamberger Merkblatt(MED) Teil 2 durch be- die Lichttreppe ergab bis zuberufsbedingten den eingestrahlten Höchstdosen schäftigt sich mit den malignen Haut- UVB 2 und 10J/cm2 (Saalmann-Multitester 110mJ/cm tumoren, wieUVA Plattenepithelkarzinomen und derenSBC Vor-LT 400) keine kutanen Reaktionen. Eine erhöhte Photosensibilität stufen (aktinische Keratosen), sowie den Basaliomen. konnte durch Lichttreppe ausgeschlosssen werden. Teildie 2 gibt Hilfestellung bei der Beurteilung des ursächlichen Zusammenhangs mit der beruflichen Tätigkeit sowie Dieden histologische Nachbefundung der Exzisionspräparate brachte besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzunfolgendes Die Probebiopsie und das Exzisionspräparat gen undErgebnis: gibt Richtlinien für die Einschätzung der BK-bewurden bezüglich der Diagnose sowie auf Gewebeveränderungen dingten Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE). Erstmaim Randbereich, die auf Reste Verbrennungsnarbe hinweisen lig werden zusätzlich aucheiner durch berufliche ultraviolette könnten, untersuch. Im BereichHautkrebserkrankungen des umgebenden Bindegewebes (UV)- Strahlung ausgelöste angefinden sich intakte Talgdrüsen. Hinweise für Narbengewebe sprochen sowie Kriterien für die Anerkennung von Haut- wie parallel verlaufenden Kollagenfasern oder schlitzförmige malignomen auf beruflich bedingten Narben erstellt. Gefäße wurden nicht gefunden. Die Experten des IPA schließen auf Sklerodermiformes, zum Teil mikronoduläres Basaliom mit Ulzeration. Es finden sich keine Hinweise für eine vorbestehende Narbe in der Umgebung des Tumors. Ein Zusammenhang zur Berufstätigkeit konnte nicht festgestellt werden, so dass auch die Anerkennung einer Berufskrankheit nicht befürwortet wurde. Es fand sich kein Anhaltspunkt auf eine vorbestehende Narbe. Das Basaliom wurde als ein sporadisch aufgetretenes, sogenanntes frühes Basaliom, eingeordnet. Fall 2: Verbrennung am Unterschenkel während der Ausbildung Der zweite im IPA untersuchte Versicherte erlitt 1952 im Alter von 16 Jahren im Rahmen seiner Ausbildung als Gießer eine Verbrennung im Bereich des linken Unterschenkels. Die Verletzung musste teilweise mit Spalthauttransplantaten gedeckt werden. Die bestehenden narbigen Veränderungen führten nicht zu einer Funktionseinschränkung. Es erfolgten keine weiteren Nachuntersuchungen. Im Jahre 2004 traten krustige Veränderungen am oberen und unteren Narbenpol auf. In einer Klinik wurden vom linken Schienbein drei ulzerierte noduläre Basaliome entfernt. Die behandelnden Chirurgen erstatteten eine Anzeige auf Verdacht einer Berufskrankheit. Nach Fitzpatrick wurde ein Hauttyp II festgestellt. Das Gesicht und der Oberkörper waren mäßig gebräunt. Am linken Schienbein fin9 IPA-Journal 03/2009 Arbeitsmedizinischer Fall von Narben – die Postulate nach Ewing (Ewing 1928, Kowal-Verna &Criswell 2005) erfüllt sein (siehe Infokasten Seite 11). Maligne Hauttumoren durch Verbrennungsnarben (nach Kowal-Vern & Criswell, Review) Tumorhäufigkeiten: 71% Plattenepithelkarzinom, 12% Basaliome, seltene Tumore z.B. Sarkome wie Maligne Fibrohistiozytome, Leiomyosarkom und Melanome. Alter bei Trauma: Die Betroffenen mit Basaliomen waren zum Zeitpunkt des Traumas durchschnittlich älter (43J) als beim Plattenepithelkarzinom (17J). Latenzzeiten: Beim Basaliom lag die mittlere Latenzzeit bis zum Auftreten nach der Verbrennung bei 20 Jahren, beim Plattenepithelkarzinom bei größer 30 Jahren. den sich reizlos eingeheilte Spalthauttransplantate am oberen und unteren Pol einer weißlichen, etwa handtellergroßen Narbe. Bei der Bestimmung der minimalen Erythemdosen (MED) durch Lichttreppe ließen sich bis zu den eingestrahlten Höchstdosen von UVB 30mJ/cm2 und UVA 4J/cm2 keine cutanen Reaktionen provozieren. Eine erhöhte Photosensibilität konnte durch die Lichttreppe ausgeschlossen werden. Insgesamt bestand ein kausaler Zusammenhang zwischen den Basaliomen am Schienbein und der Brandverletzung. Somit liegt eine beruflich bedingte Narbe vor. Die Basaliome sind innerhalb der Grenzen der Narbe entstanden. Anhaltspunkte für vorbestehende Tumoren in loco fanden sich nicht. Die Anerkennung als Unfallfolge wurde vorgeschlagen. Eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 30 v.H. für die ersten zwei Jahre wurde empfohlen. Die zuständige Unfallversicherung folgte den Empfehlungen des Gutachters. Unfallfolgen: Hauttumoren aufgrund von Verbrennungsnarben Bei dem ersten geschilderten Fall ging es primär um die Frage, ob das diagnostizierte sklerodermiforme Basaliom als Unfallfolge einer beruflich verursachten Verbrennung entstanden ist. Basaliome (Syn: Basalzellkarzinome) gehören nach heutigem Wissensstand zu den häufigsten semi-malignen Tumoren der Haut. Die histologisch/klinisch unterschiedlichen Typen – die auch in Mischformen auftreten können – weisen, abhängig vom Immunsystem des Betroffenen, eine unterschiedliche Rezidivfreudigkeit, Klinik und Wachstumstendenz auf (Kaur et al 2006). Um einen kausalen Zusammenhang zwischen dem Auftreten des Basalioms und einer Verbrennungsnarbe herstellen zu können, sollten jedoch – wie bei jedem auftretenden Neoplasma im Rahmen Bei dem Versicherten im Fall 1 handelte es sich histologisch um ein sklerodermiformes Basaliom. Klinisch und histologisch lagen bei dem Versicherten zum Zeitpunkt der Exzision bereits Ulzerationen der Epidermis vor. Da gerade der sklerodermiforme Typ des Basalioms klinisch weißlich-atrophisch imponiert, wurde diese Läsion zunächst vom Versicherten und den behandelnden Arzt als ältere Narbe eingestuft. Da Basaliome vermehrt in den sogenannten lichtexponierten Arealen (z.B. Gesicht, Nase und Präauricularregion) mit einem Erkrankungsgipfel zwischen dem sechsten und 8. Lebensjahrzehnt auftreten, wird generell ein Zusammenhang mit der UV-Belastung diskutiert. Hinzu kommt, dass bevorzugt Personen mit Hautlichtempfindlichkeits-Typ I oder II (nach Fitzpatrick 1988) betroffen sein können. Der Versicherte wies jedoch einen altersentsprechenden Hautbefund bei Lichttyp III – IV auf. Neuere Publikationen weisen darauf hin, dass das frühe Auftreten der Basaliome bei Männern (Zhang et al 2001) – genauso wie das generelle Auftreten von Basaliomen – auch unabhängig vom Lichttyp und einer erhöhten UVStrahlungsexposition möglich ist (Gailani et al 1996). Verschiedene Faktoren, insbesondere genetische (Suarez- Martinez et al 2007, Zhang et al 2001) oder immunologische, werden für diese Inzidenz verantwortlich gemacht. Im Fall des Flämmers ist das Basaliom im Alter von nur 39 Jahren aufgetreten. Basaliome können durchaus auch im Alter von unter 40 Jahren auftreten. Sie werden dann als sporadische „frühe“ Basaliome bezeichnet. Untersuchungen der letzten Jahre (Christenson et al 2005) in populationsbasierten-retrospektiven Inzidenzfallreviews dokumentieren eine Zunahme der frühen Basaliome von 1976 -2003 beim Vergleich von Fünf-Jahres-Intervallen. Es ist anzunehmen, dass in den nächsten Jahren aufgrund der Aktualität der Problematik mit einer gehäuften Meldung der „frühen“ Basaliome zu rechnen sein wird, die dann einer genauen und differenzierten Abklärung bedürfen. Außerdem müssen differenzialdiagnostisch bestimmte erblich bedingte Dermatosen ausgeschlossen werden, bevor die Diagnose „frühes“ Basaliom gestellt werden kann. Dies macht eine berufsdermatologische Expertise unumgänglich. Medizinische und versicherungsrechtliche Voraussetzungen Nach geltenden versicherungsrechtlichen Voraussetzungen ist der Nachweis der Verbrennungsnarbe im Vollbeweis notwendig und somit sind sowohl das Vorhandensein einer Narbe als auch die dazu vorliegenden Dokumentation des auslösenden Ereignisses obligat. Im ersten Fall wurde die Verbrennung weder durch den Arzt noch durch den Betrieb bestätigt. Geht man von den klinischen Gradeinteilungen der Verbrennung aus, so müsste es sich nach den anamnestischen Angaben des Versicherten um eine Verbrennung zweiten Grades gehandelt haben. Die Angabe, dass direkt nach der Verbrennung eine „offene Stelle“, die nicht abheilte, aufgetreten 10 IPA-Journal 03/2009 Arbeitsmedizinischer Fall sein soll, widerspricht diesem Befund. Offene Stellen treten nur nach schwersten Gewebsdefekten auf (Grad III). Bei den zu begutachtenden Fällen kann – insbesondere wenn wie in Fall 1 eine sichtbare Narbe im Bereich des Tumors nicht evident war oder ist - auch die histologische Aufarbeitungen der Randbereiche der Probebiopsie des Tumors und der Nachexzisionen in Form von Stufenschnitten die endgültige Klärung des Fehlens einer vorbestehenden Narbe bringen. Beim Fall 2 waren Anteile der flächigen Narbe noch klinisch sichtbar – eine histologische Nachbefundung der Exzisionen war hier nicht notwendig. Latenzzeit nach Verbrennung: Bei der Diagnosestellung 2003 im ersten Fall hatte das Basaliom bereits einen Umfang von 1,5 mal 1 Zentimeter. Diese Größe spricht für ein mehrjähriges Wachstum. Somit hätte das Basaliom innerhalb eines sehr kurzen Zeitintervall in der potenziellen Narbe entstanden sein müssen (fragliche Verbrennung 1998/97, Diagnosestellung 2003)( Kowal-Verna & Criswell 2005). Zudem ist nach wissenschaftlichem Kenntnisstand die Entwicklung eines Basalioms unter einem Jahr nach Trauma sehr selten. Eine durchschnittliche Latenz von zwölf Jahren wird in größeren Kollektiven angegeben (Kowal-Verna &Criswell 2005). Im zweiten Fall waren das Unfallereignis und die daraus resultierende Narbenbildung gut dokumentiert. Nach einer Latenzzeit von mehr als 50 Jahren entwickelten sich zwei Basaliome auf dem Narbengebiet. Als konkurrierender Faktor konnte eine erhöhte private UV-Lichtexposition ausgeschlossen werden. Ansonsten hätte die private UV-Lichtexposition als Kofaktor bei der Basaliomentstehung diskutiert werden müssen. Diagnosekriterien für Tumoren in Folge einer Verbrennung nach Ewing 1. Das Vorliegen einer Verbrennungsnarbe. 2. Der Tumor soll innerhalb der Grenzen der Narbe entstehen bzw. entstanden sein. 3. Fehlende Vorhandensein eines bereits davor bestehenden Tumors 4. Eventuelle Tumorzellen müssen den Zellen des Primärtumors in der Narbe entsprechen (dieser Punkt ist nur relevant bei Metastasen) 5. Ein adäquates Zeitintervall zwischen Narbe und der Entstehung des Neoplasmas v.H. für die ersten zwei Jahre eingeschätzt. Sollten sich keine neuen Tumoren auf der Narbe ausbilden, ist die Minderung danach mit 10 v.H. anzusetzen. Neu auftretende Hautveränderungen, wie weitere Basaliome, aktinische Kertosen oder Plattenepithelkarzinome – insbesondere fern der Narbenregion – sind daraufhin zu prüfen, ob sie tatsächlich als Folge der beruflich bedingten Exposition aufgetreten sind oder ob konkurrierende Ursachen wie z.B. UV-Strahlungsexpositionen im Vordergrund stehen. Die ausführliche Literaturliste ist im Internet unter www.ipa-dugv.de Webcode 552960 zu finden. Die Autoren Prof. Dr. Thomas Brüning, Prof. Dr. Manigé Fartasch IPA Abschließende Beurteilung Im ersten Fall konnte kein Zusammenhang zur Berufstätigkeit festgestellt werden, so dass auch die Anerkennung als Unfallfolge nicht befürwortet werden konnte. Es fand sich kein Hinweis auf eine vorbestehende Narbe. Das Basaliom wurde als ein sporadisch aufgetretenes, sogenanntes frühes Basaliom eingeordnet. Bei Fall 2 waren die Kriterien zur Anerkennung als Berufskrankheit erfüllt. Die Einschätzung der Minderung der Erwerbstätigkeit bei Hautkrebs oder zur Krebsbildung neigender Hautveränderungen erfolgte nach den Empfehlungen des Bamberger Merkblattes Teil II. Die Minderung der Erwerbstätigkeit wird unter Berücksichtigung der erhobenen Befunde nach berufsdermatologischen Gesichtspunkten geschätzt. Der Umfang der Beeinträchtigungen durch die BK-Folgen werden unter Berücksichtigung des Umfangs der verbleibenden Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens geschätzt. Im Fall 2 waren die Basaliome vollständig entfernt worden. Es kam zu keiner kosmetischen Entstellung oder zu einer Funktionsbehinderung. Bei Basaliomen ist die Krankheitsaktivität bei Diagnosestellung für die ersten zwei Jahre mit „hochgradig“ anzusetzen. Da zwei Basaliome bestanden, wird die Kategorie „Mehrfachtumoren“ angewendet. Gemäß der Tabelle wurde die Minderung der Erwerbstätigkeit mit 30 11 IPA-Journal 03/2009 Arbeitsmedizinischer Fall Literatur 1. 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