Keloide wuchern in die Umgebung Welche Therapien heute helfen

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aesthetic TRIBUNE
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September 2005
Narbentherapie
Keloide wuchern in die Umgebung
Welche Therapien heute helfen
von Sabine Stangl und Wolfgang Kimmig
Das Wort „Keloide“ stammt vom
griechischen „Chele“, Krebsschere,
und beschreibt das invasive Wachstum des Narbengewebes in die Umgebung. Hierin besteht auch der Unterschied zu hypertrophen Narben,
die stets auf das Verletzungsgebiet
begrenzt bleiben.
Keloide stellen eine benigne Bindegewebsvermehrung mit erhöhter
Synthese von extrazellulären Matrixproteinen der Haut dar. Sie entstehen
nach Verletzungen oder anderen, entzündlichen Hautveränderungen.
Das Narbengewebe imponiert klinisch häufig als geröteter, juckender
Tumor und entwickelt sich innerhalb
von Wochen bis Monaten nach dem
Trauma. In Operationsnarben sind
Keloide meist wulstartig, nach Verbrennungen eher plattenartig. Die
Oberfläche imponiert in der Mehrzahl der Fälle spiegelnd glatt auf
Grund des Verlusts des Hautreliefs,
der Talgdrüsen und der Haare. Die
Farbe verändert sich mit dem Alter
des Keloids: Von anfänglich hellem
Rot wechseln die Tumoren später zu
blassrosa, bis sie schließlich alabasterfarben werden.
Ursachen sind unbekannt,
Behandlung ist schwierig
Erreichen die Keloide eine bestimmte Größe, so wachsen sie meist
nicht weiter. Spontanremissionen
sind beschrieben, eine unbegrenzte
Progredienz ist eher selten. Bevorzugt
treten die Geschwulste an Stellen auf,
an denen sich viele Melanozyten befinden: Gesicht, Ohren, Hals, oberer
Rumpf, hier vor allem prästernal, sowie die proximalen Extremitäten.
Epidemiologisch gehäuft finden
sich Keloide bei Kindern und Jugendlichen, sie können jedoch in jedem
Lebensalter entstehen. Dunkelhäutige
sind häufiger betroffen als Kaukasier,
Frauen öfter als Männer. Und auch
hormonelle Umstellungsphasen wie
die Pubertät und Schwangerschaft
prädisponieren für die Entwicklung.
Die Ätiologie ist noch nicht abschließend geklärt, wenn auch zahlreiche Wachstumsfaktoren, die eine
kausale Rolle spielen dürften, nachgewiesen worden sind. Als Auslöser
für das Entstehen eines Keloids kommen viele unterschiedliche Traumatisierungen, wie Follikulitiden, Piercings, Impfungen, Verbrennungen,
Insektenstiche, aber auch Akne-Effloreszenzen oder andere kutane Ent-
zündungen (Zoster, Windpocken) in
Frage. Als Ursache für die Entstehung
von Keloiden nach Operationen wird
eine erhöhte Haut- und Wundspannung angesehen.
Die Therapie der überschießenden Wundheilung ist nach wie vor
schwierig, langwierig und häufig unbefriedigend. Bei frischen Keloiden
geht man nach einem abgestuften
Schema vor:
Druck ist
am Wichtigsten
Kompression: Die wichtigste Komponente bei der Therapie von Keloiden ist Druck. Dieser sollte über
mindestens zwölf Stunden am Tag
appliziert werden und zwischen 25
und 40 mmHg betragen (dies entspricht der Kompressionsklasse 2).
Die Behandlung
erfolgt mit Hilfe
von
verschiedenen,
individuell angefertigten
Druckverbänden.
So publizierte beispielsweise Kosaka eine neuartige
Kompressionsmethode: Das System wird wie eine
Blutdruckmanschette mittels Luft
aufgeblasen und gibt durch den festen Sitz über der Narbe den Druck
der Manschette auf das darunter liegende Gewebe ab. Besonders hilfreich
ist diese Neuentwicklung durch die
Einpassung in eine Weste im Bereich
der Brust.
Der Druck reduziert die Kohäsion
der Kollagenfasern. Zusätzlich vermindert er die Zahl der Fibroblasten und des Chondroitin-4-Sulfat.
Möglicherweise spielt auch die lokale
Hypoxie eine Rolle.
Silikongelverbände: Eine weitere
Maßnahme sind okkludierende Silikongelverbände (z.B. Mepiform®).
Sie verändern das Mikromilieu und
wirken hydrierend. Studien zeigten,
dass die Folien sich zur Prävention
von Keloiden besser eignen als zur
Therapie. Wichtig ist das regelmäßige
und langfristige Verwenden der Folien über Monate hinweg.
Kortikosteroide: Alternativ oder bei
Versagen der Folienverbände kann
die Injektion einer Steroidkristallsuspension (z.B. Volon® A), gemischt
mit einem Lokalanästhetikum (Mepivacain), erwogen werden. Die Steroidkristallsuspension wird streng intraläsional alle vier bis sechs Wochen
über mehrere Monate appliziert. Je
nach Studie sprechen 50 bis 100 %
der Patienten auf diese Behandlungsoption an.
Die postoperative Injektion von
Triamcinolonacetat (Volon® A) reduziert die Rezidivrate deutlich. Im
Gesichtsbereich sollten Steroide nur
sehr zurückhaltend angewendet werden. Hier kommt es zu einer raschen
Hautatrophie und Ausbildung von
Teleangiektasien. Mit Hilfe eines Dermojet-Druckinjektors lässt sich das
Kortison angenehmer und schmerzärmer applizieren.
Chirurgisches Vorgehen: Bei älteren
Keloiden zeigen konservative Therapien meist nur unzureichenden Erfolg. Exzidiert man diese jedoch, so
stellen sich häufig Rezidive ein, die
noch größer sind als die ursprüngliche Läsion. Deshalb sollte gerade bei
dieser Therapieform eine sorgfältige
Nutzen-Risiko-Abwägung erfolgen.
Nachdem das überschießende Gewebe abgetragen wurde – wobei sich
eine Flachabtragung gegenüber der
totalen Exzision als vorteilhafter erwiesen hat – , erfolgt eine dauerhafte
und starke Kompression und gegebenenfalls zusätzliche eine Therapie mit
Glukokortikoidinjektionen. Eventuell
ist auch eine fraktionierte Röntgenweichteilbestrahlung zu erwägen.
Manche Wissenschaftler kombinieren das operative Vorgehen mit
einer intraoperativen Kryotherapie
(Vereisung) des
Wundgrundes.
Bei der Exzision des Keloids
kann intraoperativ bereits die erste
Injektion mit Triamcinolon-Kristrallsuspension erfolgen. Die Hautnaht
sollte nach Möglichkeit drei bis fünf
Tage länger als üblich verbleiben.
Indiziert ist die operative Sanierung bei begleitender Bewegungseinschränkung oder wenn alternative Therapien nicht erfolgreich sind.
Nach einem chirurgischen Vorgehen
sprechen sehr große Keloide eventuell
auf eine anschließende konservative
Maßnahme an. Eine alleinige operative Therapie ist jedoch zu vermeiden.
CO2-Laserablation: Zeigt im Wesentlichen keine Vorteile gegenüber
der Planierung mit dem Skalpell und
kann vor allem bei schwer zugänglichen Körperarealen angewendet werden.
Abb.: Dr. Kimmig, Hamburg
Keloide treten bei disponierten
Personen häufig nach operativen Eingriffen auf. Sie betreffen
im Gegensatz zu hypertrophen
Narben nicht nur den Bereich der
Narbe, sondern wuchern auch
in die Umgebung. Die Therapie
gestaltet sich oft schwierig
und langwierig. Neben neueren
Behandlungsoptionen haben sich
unter anderem die Kompression
und die Steroidinjektion bewährt.
Abb. 1: 27-jährige Patientin, Zustand nach Autounfall mit Gesichtverletzungen:
Schmutztätowierung und hypertrophe Narbenbildung. Befund vor der Behandlung.
„Die Therapie
ist nach wie vor
schwierig, langwierig und häufig
unbefriedigend“
Was bringen
Kombinationen?
Bleomycin: Als vielversprechend
erwies sich die intraläsionale Applikation von Bleomycin. Im Rahmen
einer Studie mit 13 Probanden wurde
nach Betäubung des Areals eine Bleomycin-Lösung aufgetragen und mit
einer Nadel „eingeprickt“. Nach ein
bis vier Behandlungen jeweils im Abstand von ein bis vier Monaten kam
es bei sieben Patienten zu einer kompletten, und bei sechs Patienten zu einer partiellen Remission. Im Rahmen
der Nachbeobachtungszeit von bis
zu drei Jahren trat kein Rezidiv mehr
auf.
5-Fluorouracil: Wird besonders im
amerikanischen Raum intraläsional
appliziert, auch in Kombination mit
einer Kortikoidkristallsuspensionsinjektion (zunächst dreimal die Woche,
anschließend einmal die Woche).
Interpheron alpha 2b: In einer Studie konnte eine Besserung der Kelo-
Abb. 2: Befund nach je zwei Behandlungen: Gütegeschalteter Rubin-Laser zur Therapie
der Schmutztätowierung und gepulster Farbstofflaser zur Therapie der hypertrophen
Narbe.
Abb. 3: Zustand nach je zwei weiteren Behandlungen: Ausgezeichnetes Ergebnis,
Abschlussbefund.
ide bereits nach einer zweiwöchigen
intraläsionalen Applikation gezeigt
werden. Die Rezidivrate erwies sich
im Gegensatz zu einem alleinigen
chirurgischen Vorgehen oder einer
alleinigen Unterspritzung mit Korikoidkristallsuspension geringer.
Imiquimod: Senkt die Rezidivrate
postoperativ. Die Creme wird über
den Zeitraum von acht Wochen lokal
appliziert und wirkt über die Bildung
von Zytokinen wie Interferon alpha,
TNF alpha und andere Interleukine.
Kryotherapie: Bei der Kontaktkryotherapie bilden sich intrazellulär
Kristalle, die die Zellen schädigen.
Zusätzlich führt die Kontraktion der
Gefäße zu einer Hypoxie. In Kombination mit einer Kristallkortikoidinjektion bessern sich einerseits die
Keloide, andererseit senkt sich auch
die Rezidivrat. Dies konnten mehrere
Studien belegen.
Farbstofflasertherapie: Kombiniert
man die Therapie mit dem gepulsten
Farbstofflaser (585 nm) mit jener einer Kortikoidkristallsuspensionsinjektion, so bessern sich sowohl die Struktur, die Höhe und die Färbung der
Narbe. Die Energiedichte spielt einer
Studie zufolge zwischen drei, fünf und
sieben Joule/cm2 keine Rolle.
Beim Management von Keloiden
ist eine Kombination verschiedener
Therapieoptionen unbedingt notwendig, um einen optimalen Erfolg
zu erzielen. Die Wahl der Therapie
muss nach klinischen Gesichtspunkten erfolgen und einer sorgfältigen
Nutzen-Risiko Abwägung beinhalten.
Dr. Sabine Stangl
Dr. Wolfgang Kimmig
Klinik und Poliklinik für
Dermatologie und Venerologie
Universitätsklinikum
Hamburg-Eppendorf
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