NET-NEWs Letter - Netzwerk Neuroendokrine Tumoren (NeT)

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NET-NEWs Letter
AKTUELLE INFORMATIONEN FÜR KOLLEGINNEN UND KOLLEGEN
Sehr geehrte Kollegin, sehr geehrter Kollege,
wir freuen uns sehr, Ihnen nach längerer Pause wieder eine Ausgabe unseres
NET-NEWsLetters zusenden zu können. In dieser Ausgabe haben wir Berichte
von der ENETS-Konferenz, dem ASCO und einem Symposium über den besonderen neuroendokrinen Tumor für Sie zusammengefasst. Sicherlich ist das viel
Information auf einmal, aber vielleicht eignet sich diese Ausgabe besonders
zum Nachlesen, wenn Ihnen die Diagnostik und Therapie eines Patienten mit
einer neuroendokrinen Neoplasie Kopfzerbrechen bereitet.
Wer onkologische Patienten betreut und auf ihrem Weg begleitet, weiß, dass die
Wahl der richtigen Therapie sich oft nicht voraussagen lässt, sondern sich oft
erst nachträglich erweist. Im Bereich der Nuklearmedizin ist eine individuelle
Diagnose und Therapie im Rahmen des THERANSOTICS Konzeptes zunehmend
etabliert. Die Auswertung von 1100 Patienten, die an unserem Zentrum mittels
Peptid Rezeptor vermittelte Radionuklidtherapie behandelt wurden, zeigen
einen deutlichen Vorteil des stabilen Krankheitsverlaufs und des Überlebens
gegenüber nicht selektionierten Patienten auf. Unsere Anstrengungen in den
nächsten Jahren werden sich darauf fokussieren, auch für nicht nuklearmedizinische Therapieformen prädiktive Marker zu finden.
DEZEMBER ·2014
inhalt
Neues von der Konferenz
der Europäischen
Neuroendokrinen Tumor
Gesellschaft (ENETS) 201402
Neues vom ASCO 201410
Der »besondere« Neuroendokrine
Tumor: Diagnose und Therapie11
Verbundenes Unternehmen der
Im nächsten Jahr dürfen wir Sie auch zu der Herbsttagung des deutschen
neuroendokriner Tumor Registers nach Weimar einladen. Die Tagung wird in
Verbindung mit einem Forschungssymposium voraussichtlich Mitte September
stattfinden. Sie werden rechtzeitig eine Einladung erhalten.
Wir danken Ihnen für das in uns gesetzte Vertrauen bei der gemeinsamen
Behandlung unserer Patienten. Wir wünschen Ihnen und Ihrer Familie ein
frohes Weihnachtsfest und ein gutes neues Jahr.
Mit herzlichen Grüßen aus Bad Berka
Dieter Hörsch
Merten Hommann
Richard Baum
Alexander Petrovitch
2 | Neues von der Konferenz der Europäischen Neuroendokrinen Tumor Gesellschaft (ENETS) 2014
Neues von der Konferenz der Europäischen
Neuroendokrinen Tumor Gesellschaft (ENETS)
2014
Manal Sayeg und Dieter Hörsch
Vom 5. bis 7. März 2014 fand in Barcelona die 11. Jährliche
Konferenz der Europäischen Neuroendokrinen Tumor
Society (ENETS) mit mehr als 1.400 Besuchern statt.
Schwerpunkt war auch in diesem Jahr Diagnose und
Therapie neuroendokriner Neoplasien.
Pathologische Einteilung
Am Anfang standen Vorträge zur feingeweblichen
Diagnose von neuroendokrinen Neoplasien. Diese basiert
grundlegend auf der Bestimmung der Wachstumsgeschwindigkeit mit dem Antikörper Ki67, dem sogenannten
Ki67 Index. J.Y. Scoazec aus Frankreich beschäftigte sich
in seinem Vortrag mit der Frage, ob es nicht sinnvoller
wäre, die Grenzen für Ki-67 neu zu definieren.
In den letzten Jahren hat die Europäische neuroendokrine
Tumor Society (ENETS) grundlegende Empfehlungen für
eine standardisierte pathologische Diagnose und Klassifikation der neuroendokrinen Tumoren (NEN) des gastroenteropankreatischen Systems entwickelt. Diese sind
Teil der WHO Klassifikation für Tumoren des Verdauungssystems von 2010 sowie der TNM-Klassifikation der Union
für internationale Krebskontrolle. Das Gradingsystem
basiert dabei auf die Proliferationsrate, die nach Anzahl
der Mitosen im 10 HPF oder der Mitoserate (Mitosen per
2mm2 Gesichtsfeld). Zudem wird der Ki-67 Index hinzugezogen, dabei werden neuroendokrine Neoplasien des
Gastroenteropankreatisches Systems (GEP-NENs) in gut
und schlecht differenzierte Neoplasien unterteilt. Zu den
gut diffrenzierten Neoplasien zählen G1 (Ki67 bis 2 %) und
G2 (Ki67 2–20 %). Schlecht differenzierte Neplasien sind
G3 (Ki67 > 20 %), Jean-Yves Scoazec deutete an, dass die
Grenzen zwischen G1 und G2 bei pNETs von einem Ki67
Index von 2 % auf 5 % angehoben werden sollte, zudem
ist es sinnvoll, zwischen einem low G2 (ki67 2–10 %) und
einem high G2 (Ki67 10–20 %) zu differenzieren. G3 Tumore
könnten, laut Scoazec, eine heterogene Untergruppe der
neuroendokrinen Neoplasien im Hinblick auf Diagnose,
Prognose und Behandlung bilden. Künftige Klassifikationen könnten G3 Tumore mit einem Ki-67 von 20–30 %
als gut differenzierte neuroendokrine Neoplasien, ein Ki67
Index zwischen 30 % und 50 % als großzellige neuroendokrine Karzinome und von über 70 % als kleinzellige neuroendokrine Karzinome abbilden. (Abbildung 1)
Abbildung 1: Darstellung der Proliferationsrate in einem neuroendokrinen Tumor.
Die braunen Punkte stellen die wachsenden Zellen dar, am linken Bildrand sind
Zellen der normalen Darmwand ebenfalls als wachsend dargestellt, hier ist die
Wachstumsgeschwindigkeit höher als in dem Tumor
Gut versus schlecht differenzierte neuroendokrine
Karzinome
D. Mandair führte aus, dass die Einteilung der neuroendokrinen Neoplasien auf die morphologische, Klassifikation
und dem Grading basiert. Demnach beginnen die schlecht
differenzierten neuroendokrinen Karzinome (NEC) ab
einem Proliferationsindex von 20 %. Allerdings existiert
eine Sonderform der schlecht differenzierten neuroendokrinen Karzinome, die als gut differenzierte neuroendokrine Karzinome eingeordnet werden. Die Gruppe am Royal
Free Hospital in London identifizierte eine Subgruppe von
gut differenzierten NECs, die hauptsächlich dem Pankreas
zugeordnet werden können. Diese Subgruppe weist auch
häufiger eine Chromogranin A Erhöhung im Serum auf als
Neues von der Konferenz der Europäischen Neuroendokrinen Tumor Gesellschaft (ENETS) 2014 | 3
die schlecht differenzierten NECs und sind häufiger in der
Somatostatinrezeptor PET-CT positiv als im FDG-PET-CT.
Diese Tumore werden im Royal Free Hospital nicht mit
einer Platin-basierten Chemotherapie behandelt, sondern
mit Streptozotocin, lokal ablativen Therapien, Somatostatinanaloga, Everolimus, oder Sunitinib. Retrospektiv zeigte
sich ein deutlich besseres Überleben dieser Subgruppe
als das der G3 NECs. Eine Somatostatinrezeptor-PET-CT
sollte bei diesen Patienten durchgeführt werden, um die
Indikation einer Peptid Rezeptor vermittelte Radionuklidtherapie zu überprüfen.
Ein Bluttest aus Yale zur Detektion und Überwachung von Patienten mit NET
Es existiert keine objektivierbare Methode, die ermöglicht, eine Prognose der NEN zu errechnen. Eine
Arbeitsgruppe um Irvin Modlin aus Yale konstruierte ein
Nomogramm (Modlin Score), um eine bessere Vorhersage
über die Prognose neuroendokriner Neoplasien machen
zu können. Die Arbeitsgruppe verwendete Daten von über
20.000 Patienten (SEER-Datenbank), um ein Nomogramm
mit 15 Variablen erstellen zu können. Sie integrierten in
das Nomogramm Faktoren wie das Alter, Geschlecht, die
ethnische Zugehörigkeit, Symptome, den Harn- 5–Hydroxyindolessigsäure-Spiegel (5-HIES), den ChromograninA-Serumspiegel, die Leberwerte, die Tumorgröße und
-invasion, das Metastasierungsverhalten, die Histologie,
den Ki-670-Index, das Vorhandensein eines Hedingersyndroms und die bisher erfolgten Therapien (Operation?
Therapie mit langwirksamen Somatostatin Analoga).
Der Modlin-Score ermöglicht eine objektive Beurteilung
der Prognose, ein Score unter 75 deutet auf eine gute
Prognose hin, wobei ein Score von über 95 eine schlechte
Prognose andeutet. Irvin Modlin stellte dar, dass Chromogranin A der bisher einzig sinnvolle Biomarker zur laborchemischen Tumorverlaufskontrolle ist, die Interpretation
erfolgt dabei anhand des oberen Grenzwertes und kann
in Abhängigkeit der angewendeten Assays um bis zu
25 % variieren. Schwierig ist es, einen niedrigen oder gar
normalen Chromogranin A- Wert in der klinischen Praxis
zu deuten. Zur Verbesserung der Tumordiagnostik bzw.
des –verlaufes entwickelte eine Arbeitsgruppe in Yale
um I. Modlin eine PCR-basierte Blutanalyse zur molekularen Signatur von neuroendokrinen Tumoren. Dabei
konnten 51 signifikant erhöhte Transkriptionsmarker
identifiziert werden. Ein molekularer Test hat vergleichend
zur Chromogranin-A-Serumbestimmung eine signifikant
höhere Spezifität und Sensitivität. Mit den integrierten 51
Genen ist es möglich, ein breites Spektrum abzudecken.
Daher ist der von I. Modlin entwickelte Test wirkungsvoll.
Zukünftige Studien werden untersuchen, ob die Testergebnisse dieses PCR- gestützten Testes das Grading oder
gar die Therapieansätze neuroendokriner Neoplasien
verändern wird. Unklar ist noch, ob der Test im Rahmen
von Frühdetektionen von neuroendokrinen Neoplasien
eingesetzt werden kann. Zur Beurteilung der Prognose
und eines Therapieerfolges kann er jedoch bereits eingesetzt werden. Untersuchungen an Patienten, die sich einer
Operation unterzogen, ergaben eine gute Aussagekraft
des Testes über die Tumorlast. Auch bei Patienten mit
normalem Chromogranin A ist der Bluttest zu 95 % positiv.
Anmerkung: Dieser Test wird zur Zeit in den USA zur
Früherkennung von neuroendokrinen Neoplasien
angepriesen und entsprechend heftig in den dortigen
Selbsthilfegruppen diskutiert. Zur Zeit werden jedoch
mehrere Studien, an denen auch Bad Berka beteiligt ist,
durchgeführt um herausfinden, wie wertvoll der Test in der
klinischen Praxis ist.
Nuklearmedizinische Bildgebung
Das Akronym Theranostics verkörpert die Unzertrennlichkeit von Diagnose und Therapie, die eine personalisierte Behandlung von Krankheiten für eine bestimmte
Person ermöglichen.
L. Bodei führte in seinem Vortag aus, dass die heute
verfügbare bildgebende Diagnostik in der Lage ist,
neuroendokrine Neoplasien frühzeitig zu detektieren.
Die Verwendung molekularer Zielstrukturen entweder
mit diagnostischen Radionukliden (z. B. Positronen oder
Gammastrahler) oder mit therapeutischen Radionukliden erlaubt die Diagnose und danach die Therapie der
Krankheit. Die 68Gallium-Somatostatinrezeptor PET/CT
ist sensitiv und spezifisch für neuroendokrine Tumoren
und ist besonders geeignet zur Verlaufskontrolle. Gleichzeitig ist die Somatostatinrezeptor PET-CT von großem
theranostischen Wert, da sie bei der Indikationsstellung
zur Peptid Rezeptor vermittelte Radionuklidtherapie mit
Somatostatinanaloga maßgeblich ist, indem sie erlaubt,
die Rezeptordichte semi-quantitativ durch Messung
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4 | Neues von der Konferenz der Europäischen Neuroendokrinen Tumor Gesellschaft (ENETS) 2014
FORTSETZUNG VON SEITE 3
der SUV (Standardized Uptake Value) zu bestimmen.
Es gibt bisher keinen Konsens unter den verschiedenen
Zentren hinsichtlich der Standardisierung des 68Gallium
PET/CT. Neue Methoden stellen Somatostatinrezeptorantagonisten dar, die nicht internalisieren und eine
bessere Tumorabbildung und Therapie erlauben. Andere
Liganden wie GLP-1 Agonisten oder der CXCR4 Antagonist
erweitern die funktionelle Bildgebung. Nomograme, die
verschiedene Information über Tumormarker, Tumortranskribte und funktionelle Bildgebung zusammenfassen,
können die Prognose und daher die Therapieentscheidungen in Zukunft beeinflussen.
Welche Rolle spielt die funktionelle Bildgebung?
Kombiniert man die Magnetresonanztomographie (MRT)
mit der Positronenemissionstomographie (PET) erhöht
sich die diagnostische Wertigkeit beider Untersuchungsmethoden. Dabei bietet die PET-MRT im Vergleich zum
PET-CT einen deutlich besseren Weichteilkontrast der
inneren Organe, Muskulatur und des Gehirns bei geringerer Strahlenbelastung. Die Verbindung des Somatostatinrezeptor-PET mit der CT oder der MRT führt zu einer
deutlichen Erhöhung der Sensitivität. Wenn die Bildgebung
jedoch nicht typisch für neuroendokrine Tumore bleibt,
kann die selektive Ateriographie mit einer Sensitivität von
65 % Metastasen von kleiner als 5 mm visualisieren.
Funktionale Bildgebung mittels FDG-PET/CT
Die Bildgebung von neuroendokrinen Neoplasien kann
schwierig sein und wird oft durch die Verfügbarkeit
entsprechender Apparaturen limitiert. Eine Ganzkörperbildgebung, wie sie zur Detektion diffuser Metastasen
benötigt wird, ist mit CT oder MRT kaum sinnvoll. Zudem
ist eine Aussage über die Funktionalität nicht möglich. Der
Standard einer funktionellen Bildgebung neuroendokriner
Tumoren ist die Somatostatin-Rezeptor-Szintigraphie
(SRS) mit 111In-DTPA-Octreotid, mit der höchsten Affinität
für den Subtyp 2 des Somatostatin-Rezeptors (SSTR) der
GEP-NET-Zellen, jedoch ist die Verfügbarkeit nicht zuletzt
wegen der hohen Herstellungskosten, der Halbwertszeit
und der daraus resultierenden Untersuchungsdauer
begrenzt. Die 68Gallium-DOTA-NOC PET-CT zeigt eine
hohe diagnostische Genauigkeit zur Detektion des Primärtumors sowie der Metastasen. Bei gut differenzierten
neuroendokrinen Neoplasien hat das 18F-FDG-PET eine
geringe Sensitivität aufgrund des geringen Stoffwechselmetabolismus bzw. der geringen Proliferationsrate. Duale
Tracer in der funktionellen Bildgebung der neuroendokrinen Neoplasien mit 68Gallium DOTANOC und 18F-FDGPET-CT scheinen ein guter Ansatz zur Verbesserung der
funktionellen Tumorbildgebung zu sein, da verschiedene
Aspekte der Tumorbiologie (SSTR-Bildgebung und Glukosestoffwechsel) berücksichtigt werden und sich ergänzen.
So können Tumoren mit niedrigem Somatostatinrezeptorbesatz oder geringen Glukosestoffwechsel in einer Untersuchung erfasst und Entdifferenzierungen des Tumors
frühzeitiger erkannt werden. FDG PET avide neuroendokrinen Tumor weisen eine schlechtere Prognose auf als
nichtavide Neoplasien.
Die Wertigkeit von Chromogranin A als
Tumormarker
A. Tesselaar aus den Niederlanden beschäftigte sich mit
dem Nutzen des Chromogranin A. Chromogranin A ist ein
Bestandteil neuroendokriner und endokriner Zellen. Im
Rahmen der Hormonsekretion wird es Co- sezerniert und
kann in der Zirkulation nachgewiesen werden. Chromogranin-A-Nachweismethoden weisen verschiedene Teile
des Chromogranin A Peptids nach. Daher unterscheiden
sich die drei zugelassenen Testmethoden in der Spezifität und Sensitivität. Chromogranin A ist ein geeigneter
Tumormarker zur Verlaufskontrolle, jedoch aufgrund der
fehlenden Spezifität nicht zur Diagnosestellung geeignet
und sollte nicht im Rahmen eines Tumorscreenings
angewendet werden. Ein erhöhter Chromogranin-A-Serumspiegel kann ebenfalls bei verschiedenen Erkrankungen
auftreten (Lungenkrebs, Brust- oder Vorsteherdrüsenkrebs, Niereninsuffizienz, Herzinsuffizienz, Magenschleimhautentzündung und Bluthochdruck) bzw. durch Medikamenteneinnahme (vor allem Magenmedikamente, die
Protonenpumpeninhibitoren) nachgewiesen werden.
Daher ist Chromogranin A nicht Suchtestgeeignet, da
falsch positive Messungen zu unnötigen Untersuchungen
führen. So kann die Pausierung eines Medikamentes zur
Normalisierung der Chromogranin A Spiegel führen, wenn
diese vorher erhöht waren. Für schlecht differenzierte
neuroendokrine Karzinome sollte Chromogranin A jedoch
nicht zur Tumorverlaufskontrolle verwendet werden.
Insgesamt ist Chromogranin A der momentan beste
Tumormarker für neuroendokrine Neoplasien, wenn die
Neues von der Konferenz der Europäischen Neuroendokrinen Tumor Gesellschaft (ENETS) 2014 | 5
Abbildung 2: Darstellung von kleinen (links) und größeren (rechts) Metastasen im Ultraschall
zahlreichen Einschränkungen hinsichtlich der Sensitivität
und Spezifität beachtet werden. Die Höhe des Chromogranin-A-Serumspiegels korreliert in gewisser Weise mit
der Tumorlast.
Lebermetastasen bei neuroendokrinen Tumoren
In die Leber metastasieren neuroendokrine Neoplasien
am häufigsten. Zumeist werden sie gleichzeitig mit
dem Primärtumor diagnostiziert und sind oft diffus
und bilobär. Für die Therapieplanung ist es essentiell,
das genaue Ausmaß der Metastasen radiologisch zu
bestimmen, wobei verschiedene bildgebende Verfahren
eingesetzt werden. Die Lebersonographie bietet eine
schnelle nichtinvasive Methode und sollte als primär
diagnostisches Verfahren eingesetzt werden. Oft sind die
Lebermetastasen hyperechogen und zeigen (Abbildung 2)
sich in der Farbdopplersonographie mit verstärktem
Blutfluss. Die Kontrastmittelsonographie ermöglicht
die Detektion von kleinen Metastasen mit hoher
Spezifität und Sensitivität. Die ultraschallgezielte
Feinnadelpunktion der Leber erlaubt eine schnelle und
komplikationsarme Gewebegewinnung. Die Computertomographie ist gut verfügbar und nicht untersucherabhängig. Aufgrund des Kontrastmittelverhaltens der
Metastasen neuroendokriner Neoplasien mit schneller
Kontrastmittelaufnahme sollte die arterielle Phase sehr
früh gefahren werden. In der arteriellen Phase weisen
sie ein stark homogenes Enhancement auf und bleiben
in der portal venösen Phase hyperdens (Abbildung 3)
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Abbildung 3: Lebermetastasen in einer frühen Kontrastmittelphase (links) und portal-venösen Kontrastmittelphase (rechts) im mehrzeiligen CT abgebildet.
Es werden zwei unterschiedliche Patienten gezeigt.
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FORTSETZUNG VON SEITE 5
Abbildung 6: Rektale neuroendokrine Neoplasie, links endoskopisches Bild, rechts endosonographische Tiefenausdehnung und Messung.
Abbildung 4: Darstellung von Lebermetastasen im MRT,
gleicher Patient wie Abbildung 3 rechts.
und können ein Wash-out Phänomen aufweisen. Beim
Vorliegen einer Steatosis hepatis können die Läsionen isobis hypodens sein. Eine hohe Tumorlast führt oft zu einem
Verlust der Hypervaskularisierung im CT oder MRT.Daher
sollte im Rahmen der Tumornachsorge die Lebergesamtgröße bestimmt werden.
Die Magnetresonanztomographie ist besonders geeignet
für den Nachweis kleiner Lebermetastasen endokriner
Tumore. Zystische Metastasen können gut im MRT dargestellt werden (Abbildung 4). Neu aufgetretene Zysten in
der Verlaufsbeobachtung von Neuroendokrine Neoplasien
sollten als Metastasen betrachtet werden, eine Biopsie
sollte in zweifelhaften Fällen durchgeführt werden. Auch
in nicht eindeutigen Fällen, bei zwei möglichen Primärtumoren oder nicht typischen Verhalten in der Bildgebung
kann die feingewebliche Sicherung durch Biopsie helfen.
Wie sinnvoll kann die WHO Klassifikation und das
TNM System für die Klassifikation von rektalen
neuroendokrinen Neoplasien eingesetzt werden?
L. Pescatori aus Italien setzte sich in seinem Vortrag mit
der WHO Klassifikation und dem TNM Staging System
für rektale Neuroendokrine Neoplasien auseinander
(Abbildung 5). In einer retrospektiven Analyse mit 109
eingeschlossenen Patienten konnte er, wie erwartet,
eine gute Prognose bei neuroendokrinen G1-Neoplasien
des Rektums dokumentieren, wobei ein lokalisiertes
Abbildung 5: TNM und Grading der neuroendokrine Neoplasien des Colons und
Rektums
T1-Stadium den wichtigsten Prädiktor für ein gutes
Überleben darstellt. Die Mehrheit der eingeschlossenen
Patienten hatte einen hochdifferenzierten G1, während G2
und G3 Tumore seltener vertreten waren. Zu beachten ist
jedoch, dass ein rein mukosaler Tumor des Rektums mit
einer Größe von mehr als einem Zentimeter metastasieren
kann, eine endoskopisch gestützte Ultraschalluntersuchung ist unabdingbar (Abbildung 6).
Ein neues Grading System für Neuroendokrine
Neoplasien der Lunge
Guido Rindi aus Italien stellte dar, dass die aktuell gültige
WHO-Klassifikation aus dem Jahre 2004 bezüglich der
prognostischen Relevanz neuroendokriner Neoplasien
der Lunge neu überarbeitet werden sollte. Gegenwärtig
definiert die WHO-Klassifikation das Grading der neuroendokrinen Neoplasien der Lunge anhand der Mitoserate
und Anzahl der Nekrosen. Typische Karzinoide (TC) sind
niedrig maligne und haben eine gute Prognose, atypische
Lungenkarzinoide (AC) weisen ein aggressiveres Verhalten
auf. Großzellige neuroendokrine Karzinome (LCNEC) und
kleinzellige Lungenkarzinome (SCLC) gehören zu den
hochmalignen Tumoren und haben eine sehr schlechte
Prognose. Während der Ki-67-Index in der WHO-Klassifikation der neuroendokrinen Neoplasien des Bauchraumes Berücksichtigung findet und für die Prognose
und Therapieentscheidung eine wichtige Rolle spielt, ist
seine Rolle in der aktuellen WHO-Klassifikation nicht
etabliert. Sowohl das morphologische Bild (Mitosen und
Nekrosen) als auch die molekulare Ebene der Zellproliferation (Ki-67-Antigen) sind wichtige Prädiktoren für das
Tumorverhalten. Daher ist eine neue WHO-Klassifikation
mit Berücksichtigung beider Parameter notwendig. Eine
kombinierte Beurteilung von Nekrosen, Mitosen und dem
Ki-67-Index ermöglicht eine bessere Prognoseerhebung
aufgrund der Einbeziehung der molekularen Veränderungen, morphologischen Merkmale und des klinischen
Verhaltens des Tumors.
Überleben als eine Funktion der Anzahl von
Therapien in Patienten mit gut differenzierten
pankreatischen neuroendokrinen Tumoren
A. Berdelou beschäftigte sich in ihrem Vortrag mit dem
Gesamtüberleben als Funktion der Anzahl der Therapien
bei Patienten mit gut differenzierten (WDpNET). In einer
Studie wurden 92 Patienten mit einem gut differenzierten neuroendokrinen Tumor der Bauchspeicheldrüse
untersucht, die eine Therapie bekommen hatten, wobei
die Mehrzahl der Patienten eine Streptozotozin basierte
Chemotherapie erhielten. Die Häufigkeit toxischer Nebenwirkungen (G2-G4) nahm mit Anzahl der verwendeten
Therapien zu. Das mediane Gesamtüberleben (OS) lag
bei 5 Jahren, 16 % der Patienten hatten therapiebedingt
schwere unerwünschte Arzneimittelwirkungen. Als
schwere Nebenwirkungen wurden Nieren- und Herzversagen dokumentiert. Chronisches Nierenversagen trat
nach Peptid Rezeptor vermittelte Radionuklidtherapie,
Chemotherapie,
Therapie auf.
lokaler
Therapie
oder
molekularer
Progressionsfreies Überleben in Patienten, die
mit Lanreotide behandelt wurden – die Daten der
CLARINET Studie
Professor Martyn Caplin aus der Klinik für Gastroenterologie und gastrointestinale Neuroendokrinologie am Royal
Free Hospital (London, Großbritannien) und leitender
Prüfarzt der CLARINET Studie berichtete über die aktuellen
Ergebnisse. In dieser multinationalen Studie waren 204
Patienten mit einem gut oder moderat differenzierten
(G1-G2), nicht funktionellen neuroendokrinen Tumor und
einem Proliferationsindex (Ki67) von weniger als 10 %
sowie mit einem Somatostatinrezeptornachweis im in
der Somatostatinrezeptorszintigraphie eingeschlossen
worden. In der 96-wöchigen, randomisierten Studie
erhielten die Patienten entweder 120 mg Somatuline
Autogel® alle 28 Tage oder Placebo. Der Krankheitsprogress wurde unter Verwendung der RECIST (Response
Evaluation Criteria In Solid Tumors)-Kriterien evaluiert,
primärer Endpunkt war die Zeit bis zur Progression oder
bis zum Tod. Der überwiegende Anteil der eingeschlossenen Patienten hatte eine neuroendokrine Neoplasien
des Pankreas (45 %) oder des Dünndarms (35 %). 141 der
eingeschlossenen Patienten hatten nach WHO-Stadieneinteilung einen G1- und 61 Patienten einen G2-Tumor.
Unter der Therapie mit Lanreotide konnte nach 2 Jahren
WEITER AUF SEITE 8
8 | Neues von der Konferenz der Europäischen Neuroendokrinen Tumor Gesellschaft (ENETS) 2014
FORTSETZUNG VON SEITE 7
eine Verbesserung des progressionsfreien Überlebens
um 62 % gegenüber der Placebogruppe gesehen werden.
Das mediane progressionsfreie Überleben wurde im
Lanreotide-Arm (nach > 27 Monaten) nicht erreicht und
betrug im Placeboarm 18 Monate. Lanreotide zeigte ein
gutes Sicherheits- und Verträglichkeitsprofil. Behandlungsbedingte unerwünschte Nebenwirkungen traten bei
50 % der eingeschlossenen Patienten im Lantreotide-Arm
und bei etwa 23 % der Patienten im Placeboarm auf, wobei
Diarrhoe die häufigste Nebenwirkung darstellte. Insgesamt
weisen diese Ergebnisse auf die exzellente Wirkung der
Somatostatinanaloga in Neuroendokrine Neoplasien mit
langsamen Wachstum und guter Differenzierung hin und
sollten, sofern keine Remission erzielt werden muss, an
erster Stelle des therapeutischen Algorithmuses stehen.
Refraktäres Carcinoidsyndrom
Ivan Borbath stellte die Therapieoptionen bei refraktärem
Carcinoidsyndrom vor. Das Carcinoidsyndrom wird durch
die ungeregelte Sekretion von Serotonin ausgelöst, meist
durch neuroendokrine Neoplasien des Dünndarms oder
der Lunge. In der Regel sind Lebermetastasen vorhanden.
Die Karzinoid-Krise ist eine lebensbedrohliche Form des
Karzinoid-Syndroms, die durch massive systemische
Ausschüttung von bioaktiven Mediatoren aus dem
Tumor bei Tumormanipulation (Biopsie/ Operation) oder
bestimmten Narkotika ausgelöst werden kann. Somatostatinanaloga durchbrechen die vasomotorische Reaktion
und sind die Therapie der Wahl. In Einzelfällen kann
Interferon helfen. Beim refraktären, medikamentös nicht
führbaren Karzinoidsyndrom sollte die operative Tumormassenreduktion oder die Chemoembolisation der Leber
zur Symptomkontrolle in Erwägung gezogen werden. Eine
direkte Inhibition der Serotoninsynthese durch Telotristat
Etipirat wird momentan in einer Phase III Studie untersucht. In Phase II Studien konnte bereits eine deutliche
Senkung der Serotoninbiosynthese durch ThryptopanHydroxylase Inhibitor gezeigt werden. Eine größere Studie
läuft bereits in mehreren Zentren weltweit, unter anderem
auch in Bad Berka. Everolimus und der neue Somatostatinanaloga Pasireotid können ebenfalls in der Therapie des
Karzinoidsyndroms eingesetzt werden.
Die Carcinoid-Herzerkrankung (Hedinger Syndrom)
Joseph Davar hielt einen Übersichtsvortrag über die Pathogenese des Hedingersyndroms. Hohe Konzentrationen von
Serotonin und anderer vasoaktiver Substanzen, die vom
Tumor ausgeschüttet werden, gelangen über die V. cava
inferior in das rechte Herz und lösen eine Fibrosierung an
der Trikuspidal- und Pulmonalklappe aus mit konsekutiver
Klappenstenose.
Allerdings entwickeln nicht alle Patienten mit einem
hohen Serotoninspiegeln ein Hedinger Syndrom. Die
Diagnose kann gut echokardiographisch gestellt werden,
die Bestimmung von proBNP kann zusätzlich hilfreich sein.
In Großbritannien wird bei Patienten mit einem Karzinoidsyndrom die routinemäßige Bestimmung von proBNP
empfohlen (Abbildung 7).
Eine Computer- oder Magnetresonanztomographie des
Herzens kann zusätzliche Informationen liefern, vor allem,
wenn die Pulmonalklappe nicht suffizient beurteilt werden
kann. Ein hoher Serotoninspiegel und mehr als 3 Flushanfälle pro Tag erhöhen das Risiko der Ausbildung eines
Neues von der Konferenz der Europäischen Neuroendokrinen Tumor Gesellschaft (ENETS) 2014 | 9
Hedinger Syndroms. Die Therapie sollte von Herzchirurgen in spezialisierten Zentren erfolgen, dabei sollte
die Indikation zur operativen Sanierung frühzeitig vor
Eintreten eines irreparablen Verlustes der Kontraktionsfähigkeit des rechten Ventrikels gewählt werden.
Mesenteriale Lymphknoten-Metastasen, wie weit
sollte der Chirurg gehen?
Göran Akerstrom aus Uppsalla stellte die Prinzipien der
Chirurgie in seiner Abteilung dar, die darin besteht, eine
weitgehende Reduktion der Tumorlast herbeizuführen und
Komplikationen durch die Neuroendokrine Neoplasien
des Dünndarms zu reduzieren oder gar zu vermeiden. In
der Regel werden mesenteriale Lymphknotenmetastasen
durch kleine Primärtumore im Dünndarm hervorgerufen.
Die mesenterialen Lymphknotenmetastasen können
sehr groß werden und sind oft fibrotisch verändert. Im
Bereich der Mesenterialwurzel gelegene Lypmhknotenmetastasen führen, vor allen durch eine venöse
Kongestion, zu Kachexie und Malnutrition. Meist sind die
mesenterialen Lymphknotenmetastasen rechts gelegen
und können nach Freipräparation der links liegenden
Gefäße gut erreicht und exzidiert werden. Patienten mit
hoch sitzenden Lymphknotenmetastasen in der Mesenterialwurzel sollten in einem Zentrum mit entsprechender
Expertise vorgestellt werden (Abbildung 8).
Peritonealkarzinose durch neuroendokrine
Neoplasien
Reza Kianmanesh stellte dar, dass die Diagnose der
Peritonealkarzinose in frühen Stadien durch CT oder MRT
sehr schwierig ist. Die Resektion der Peritonealkarzinose
sollte sich auf die befallenen Stellen des Peritoneums
unter Schonung gesunder Darmabschnitte beschränken.
Die zytoreduktive Chirurgie und die hypertherme intraperitoneale Chemotherapie können auch bei neuroendokrinen Neoplasien eingesetzt werden, um residuale
Tumorzellen zu eliminieren. Bei hepatisch metastasierten
neuroendokrinen Neoplasien mit Peritonialkarzinose sind
oft die Lebermetastasen prognostisch führend.
Abbildung 7: Hedinger Syndrom im Echo
Abbildung 8: mesenteriale zentral sitzende Lymphknotenmetastase
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Veranstaltungsbericht | 11
Neues vom ASCO 2014
Der »besondere« Neuroendokrine Tumor:
Diagnose und Therapie
Dieter Hörsch
Dieses Jahr wurden auf dem ASCO ungefähr 30 Beiträge
zu Diagnose und Therapie von neuroendokrine Neoplasien
vorgestellt, von denen wir eine kleine Auswahl präsentieren. Die wichtigste Daten waren die offene Extensionsstudie der CLARINET Studie (siehe Beitrag ENETS 2014).
Die Daten der CLARINET-Studie zeigten einen Vorteil der
Therapie mit Lanreotid Autogel (Somatuline®) gegenüber
Placebo bei Patienten mit Gastro-entero-panchromatischen neuroendokrine Neoplasien. Die Studie wurde
jedoch nach 24 Monaten beendet und die Patienten in eine
offene Extensionsstudie überführt, in der Patienten aus
der Placebogruppe auch Lanreotid Autogel (Somatuline®)
erhielten. Hier zeigte sich in der Gruppe der Patienten,
die bereits initial Lanreotid Autogel (Somatuline®)
erhielten, ein medianes Progression-freies Überleben von
32,8 Monaten. Die Patienten aus dem Placebo-Arm, die
zu Beginn der Extensionsstudie einen Progress erlitten
hatten, wiesen ein medianes Progression-freies Überleben
von 14,0 Monaten auf. Diese Daten zeigen die Wirksamkeit
der Therapie mit Somatostatinanaloga bei gut bis mäßig
differenzierten neuroendokrine Neoplasien mit einer
maximalen Proliferationsrate von 10 % auf (Abstract
#4107).
Weitere Beiträge zur Therapie mit Somatostatinanaloga
wurden vorgestellt. Die Daten der SEER Datenbank zum
Gesamtüberleben von älteren Patienten (> 65 Jahre) mit
gut bis mäßig differenzierten neuroendokrine Neoplasien
im Stadium 4 zwischen 1999 und 2008 zeigte einen
Überlebensvorteil von Patienten, die mit Octreotid-LAR
behandelt worden waren (#4112). Auch weitere Beiträge
aus Registern zeigte die Wirksamkeit der Somatostatinanaloga Therapie, wobei die verwendete Dosis hier
eine Rolle spielen könnte (#4110 und #4108). Wenn
Patienten Diarrhoe bei funktionelle aktiven neuroendokrine Neoplasien mit Lanreotid Autogel (Somatuline®)
behandelt werden, ist die Kontrolle der Symptome gut und
die Substanz gut verträglich (#4111).
Die spanische PAZONET-Studie untersuchte die
Wirksamkeit von 800 mg/die Pazobanib (Votrient®) bei
Patienten mit metasasiertem neuroendokrine Neoplasien
des gastro-entero-pankreatischen Systems, die vorher mit
einem molekularen Wirkstoff behandelt worden waren.
Pazobanib (Votrient®) ist ein oraler Multi-Tyrosinkinaseinhibitor (VEGFR-1,-2,-3; PDGFR-� und -ß; Stem Cell Factor,
c-KIT), der bereits für die Therapie des Nierenzellkarzinoms
zugelassen ist. Die Daten der Studie zeigten ein medianes
Progression-freies Überleben von 12,8 Monaten bei
Patienten mit pankreatischen neuroendokrinen Tumoren,
10 Monate bei Patienten mit neuroendokrine Neoplasien
des Dünndarms und 3,4 Monaten bei neuroendokrine
Neoplasien anderer Lokalisationen. Die Kombination mit
Somatostatinanaloga verlängerte dabei das mediane
Überleben im Vergleich zu einer Monotherapie. Dabei sind
die Höhe des löslichen VEGFR2 Serumspiegelsn sowie
die immunhistochemische Expression im Tumorgewebe
Prädiktoren für ein Ansprechen auf die Therapie (Abstracts
e15171 und 15141).
Die Ergebnisse der PAZONET Studie führen nun zu der
Durchführung einer prospektiven multi-zentrischen Studie,
bei der Pazobanib (Votrient®) mit Placebo bei Patienten
mit pankreatische neuroendokrine Tumore geprüft wird.
Diese Studie wird auch in Bad Berka durchgeführt werden.
Dieter Hörsch
Am 17. Mai 2014 fand im Kaiserin-Friedrich Haus in Berlin
ein Symposium zu besonderen neuroendokrinen Tumoren
unter der Leitung von G. Klöppel (München), H. Scherübl
(Berlin) und D. Bartsch (Marburg) statt. Thema waren
die Seltenen unter den Seltenen, also neuroendokrine
Neoplasien mit ungewöhnlichem Ursprungsort oder
Morphologie. Dies ist von zunehmender Wichtigkeit, da
immer häufiger Anfragen zu Diagnose und Therapie dieser
Tumore an die Referenzzentren gestellt werden. Ein
aktueller Fall verdeutlicht das Dilemma, in dem Patienten
und Therapeuten stecken, wenn eine derartige Tumorerkrankung auftritt.
Eine 40 jährige Patientin stellte sich in meiner Sprechstunde vor, weil ihr behandelnder Krebsspezialist die
weitere Betreuung nicht mehr übernehmen wollte. Die
Patientin hatte einen Knoten in der Brust getastet. Die
weitere Diagnostik ergab den Verdacht auf Brustkrebs,
der durch eine Probeentnahme bestätigt wurde. Die
Operation wurde regelhaft ausgeführt. Bei der feingeweblichen Untersuchung des Operationspräparats zeigte sich
jedoch eine neuroendokrine Neoplasie. Darauf erklärte
sich der behandelnde Arzt für nicht mehr zuständig,
konnte andererseits aber die Patientin nicht an einen
Spezialisten überweisen konnte, da der Fall so selten ist.
In diesen Fällen sind zunächst zwei wichtige Fragen zu
klären: Handelt es sich um eine gemischten Tumor, also
einen Tumor der Anteile der häufigeren Brustkrebsarten
beinhaltet (häufig) oder handelt es sich um Tochtergeschwülste eines anderen Ursprungtumors (nicht selten)?
Die weitere Aufarbeitung in einer intensiven Diskussion
mit dem Pathologen ergab, dass es sich nicht um einen
Mischtumor oder eine Metastase handelte, sondern um
einen äußerst seltenen reinen neuroendokrinen Tumor
der Mamma, dass der Tumor aus den Milchgängen
entstammte und Rezeptoren für weibliche Geschlechtshormone (Östrogen und Progesteron) aufwies. Die
Patientin konnte so mit der Empfehlung, diesen Tumor
wie einen Brustkrebs im gleichen Stadium zu behandeln
(in diesem Fall Nachbestrahlung und antihormonelle
Therapie), wieder an ihren behandelnden Krebsspezialisten zurückverwiesen werden.
Dieser Fall verdeutlicht, dass Patienten mit diesen
seltenen Tumorerkrankungen einer intensiven interdisziplinären Absprache bedürfen, damit ihnen geholfen werden
kann.
Das neuroendokrine Zellsystem und seine
Neoplasien
Prof. Dr. med. Günter Klöppel, München, referierte über
das diffuse neuroendokrine System, das sind verstreute
hormonproduzierende Zellen in Organen, das viele
Funktionen des Körpers steuert , z. B. die Magensäuresekretion und den Blutzuckerspiegel. Das diffuse neuroendokrine System wurde von Masson als erstes erkannt
und charakterisiert. Feyrter zeigte später auf, dass das
diffuse neuroendokrine System in verschiedenen Organen
vorkommt und Pearse konnte schließlich mittels Immunhistochemie Hormone (Botenstoffe) in diesen Zellen
nachweisen. Die Definition der neuroendokrinen Zellen
ist, dass sie (Glyko)Peptidhormone in sekretorischen
Vesikeln produzieren und synaptische Vesikel besitzen.
Marker für die neuroendokrinen Zellen sind Chromogranin
A und Synaptophysin. Neuroendokrine Zellen müssen
Chromogranin A oder Synaptophysin exprimieren, um
als solche erkannt zu werden. Neuroendokrine Zellen
kommen als Organe (Hypophyse) oder diffus (Darm, Haut,
Bronchien) vor. Neuroendokrine Neoplasien entstehen zu
70 % im gastro-entero-pankreatischen System, zu 25 % im
respiratorischen System und zu 5 % in anderen Organen.
Die Neuroendokrine Neoplasien kommen als gut oder
schlecht differenzierte Neoplasien vor, die sich eindeutig
voneinander unterscheiden und auch einen gänzlich
unterschiedlichen Verlauf zeigen. Die gut differenzierten
neuroendokrinen Neoplasien werden als neuroendokrinen
Tumore (NET) bezeichnet, die schlecht differenzierten
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FORTSETZUNG VON SEITE 11
als neuroendokrine Karzinome (NEC). Entstammen die
schlecht differenzierten Neuroendokrinen Neoplasien
den gut differenzierten? Eher nicht! Prof. Klöppel führte
aus, dass es sich um komplett verschiedene Entitäten
(Tumorarten) handelt. Aus den endokrinen Organen
(Hypophyse, Langerhans`sche Inseln in derBauchspeicheldrüse, Nebennierenmark), entstammen meistens gut
differenzierte neuroendokrine Tumore während aus dem
diffusen System hauptsächlich schlecht differenzierte
neuroendokrine Karzinome entstehen. Die Entwicklung
der schlecht differenzierten neuroendokrinen Karzinome
findet in Organsystemen statt, die vielfach Außeneinflüssen ausgesetzt sind (Haut, Dickdarm, Blase) während
es in Organen ohne Außeneinfluss eher weniger schlecht
differenzierte neuroendokrine Neoplasien gibt. Gemischte
Tumore weisen meistens schlecht differenzierte neuroendokrine Karzinomkomponenten auf.
Für das Grading der Neuroendokrine Neoplasien ist die
Bestimmung der Proliferationsrate mittels Ki67 oder
MIB1-Antikörpern entscheidend. Tumore mit einem
Proliferationsrate bis 20 % werden als »neuroendokrine
Tumore (NET)« bezeichnet, während die »neuroendokrinen
Karzinome (NEC)« eine Proliferationsrate von mehr als
20 % aufweisen. Bei den schlecht differenzierten NEC gibt
es die kleinzellige und großzellige Variante, die sich in ihrer
Biologie unterscheiden können.
Klinik und Diagnostik von neuroendokrinen
Neoplasien des gastrointestinalen Traktes
PD Dr. med. Christoph Auernhammer, München: Eine
funktionelle Aktivität (klinische Symptome durch eine
ungeregelte Sekretion von Hormonen) liegt bei 25 % der
neuroendokrinen Neoplasien vor, oft sind allerdings
unspezifische Beschwerden, wie z. B. Bauchschmerzen,
das Erstsymptom. Für die Detektion (das Auffinden) früher
Tumore im Magen, in der Bauchspeicheldrüse und im
Zwölffingerdarm ist die Endosonographie unverzichtbar.
Im Kontrastmittel-unterstützen Ultraschall zeigen sich die
neuroendokrinen Neoplasien oft sehr gut durchblutet, was
sie von anderen Tumoren der gleichen Organe abgrenzen
kann. Für die neuroendokrinen Neoplasien des Dünndarms
ist eine CT oder MRT mit Kontrastmittel-Darstellung des
Darmlumens (Darminnenraumes) die Methode der Wahl.
Veranstaltungsbericht | 13
Lebermetastasen sollten mit CT und sehr früher arterieller
Phase diagnostiziert werden, bei der MRT empfiehlt sich
ein Leber-spezifisches Kontrastmittel. Das Ausmaß der
Tumorlast der Leber sollte beim Staging beschrieben
werden. Allerdings zeigt eine präoperative (vor Operation)
Bildgebung nicht immer das gesamte Ausmaß der
Tumorlast.
Als Tumormarker kann Chromogranin A im Verlauf hilfreich
sein, für die Diagnose ist die Chromogranin-A-Messung
nicht sinnvoll, da oft unspezifische Erhöhungen, z. B. bei
Einnahme von Medikamenten, vorliegen.
Die Bestimmung des Therapieansprechens erfolgt in der
Regel nach den RECIST-1.1-Kriterien, bei denen Durchmesser von 5 Zielläsionen summiert werden. Hierbei
wird jedoch ein Absterben der Tumore unter Therapie,
das an einer Minderung der Durchblutung erkennbar ist,
nicht berücksichtigt, wenn die Tumore nicht gleichzeitig
schrumpfen. Daher werden sich hier in Zukunft weitere
Kriterien wie die CHOI-Einteilung etablieren, die ein
Absterben des Tumorgewebes erfassen.
Moderne nuklearmedizinische Therapie von neuroendokrinen Neoplasien
Dr. med. Vikas Prasad, Berlin, stellte die moderne
nuklearmedizinische Diagnose und Therapie von neuroendokrinen Neoplasien vor. Neuroendokrine Neoplasien
überexprimieren Rezeptoren für Somatostatin, die für die
nuklearmedizinische Bildgebung genutzt werden können.
Die Somatostatin-Rezeptor-Szintigraphie mit Indium-111
ist zugelassen und gilt als Standard. Das SomatostatinRezeptor-PET/CT mittels Gallium-68 hat eine deutlich
höhere Sensitivität und Spezifität, ist allerdings noch
nicht zugelassen und nicht überall verfügbar. Bei bisher
nicht detektiertem Primärtumor sollte eine SomatostatinRezeptor-PET/CT durchgeführt werden, da dadurch in
2/3 der Fälle der Primärtumor gefunden werden kann.
Für kleine Lebermetastasen ist das MRT mit leberspezifischem Kontrastmittel spezifischer. Für die Detektion von
Knochenmetastasen sollte das Somatostatin-RezeptorPET/CT eingesetzt werden und nicht die Knochenszintigraphie. Falsch positive Befunde können auch bei
nicht neuroendokrinen Tumoren vorkommen, z. B. bei
Nierenzellkarzinom oder Brustkrebs. Das Glucose-PET/CT
(Onko-PET; FDG-PET/CT) ist bei den gut differenzierten
neuroendokrinen Tumoren oft negativ. Dadurch kann eine
Aussage über den weiteren Verlauf getroffen werden. Die
Prognose ist umso besser, je weniger Speicherung im
Glucose-PET vorliegt.
Das F-18-DOPA-PET/CT wird seltener angewandt und
kann eine zusätzliche Aussage für neuroendokrine Tumore
darstellen.
Insulinome und Hyperinsulinismus können mit F-18-DOPAPET/CT und GLP-1-basierten Liganden dargestellt werden
(Exendin-4). Das medulläre Schilddrüsenkarzinom ist
positiv im 18-F-DOPA-PET/CT sowie im Ga-68-Somatostatin Rezeptor PET/CT.
Als Cut-off zwischen der Selektion zwischen FDG-PET/CT
und Somatostatin-Rezeptor-PET/CT sollte eine Proliferationsrate von 20 % beachtet werden, allerdings muss das
mit den klinischen Symptomen und der jeweilige Fragestellung abgeglichen werden.
Darstellung eines atypischen Karzinoids im Somatostatin Rezeptor PET/CT (links,
negativ) und Glukose (FDG) PET/CT rechts (positiv)
Die Pathologie der großzelligen neuroendokrinen
Karzinome der Lunge
Prof. Dr. med. Klaus Junker, Bremen, sprach über die
pathologische Einteilung der großzelligen neuroendokrine
Karzinome der Lunge gemäß der WHO-Klassifikation
von 2004. Die neuroendokrinen Neoplasien der Lunge
werden unterteilt in das typische und atypische Karzinoid
sowie das kleinzellige und großzellige neuroendokrine
Karzinoms. Als eine Vorläuferläsion gilt die diffuse
idiopathische pulmonale neuroendokrine Zellhyperplasie
(DIPNECH). Das großzellige neuroendokrine Karzinom
ist ein maligner epithelialer Tumor mit Expression von
neuroendokrinen Markern. Meist sind es Raucher, die
an diesem Tumor erkranken. Er weist eine ähnliche
Pathogenese (Krankheitsentstehung) wie die kleinzelligen neuroendokrinen Karzinome (small cell lung
carcinoma=SCLC) auf. Feingeweblich zeigen sich mehr
als 10 Mitosen (Zellteilungen) pro 10 HPF (Ausschnitte
unter dem Mikroskop mit hoher Vergrößerung), Nekrosen
liegen vor und die Proliferationsrate liegt über 40 % (mit
Ki67 bestimmt). Mikroskopisch zeigen sich große Zellen
mit neuroendokriner Morphologie. Immunhistochemisch
werden Marker wie CD56, Chromogranin A und Synaptophysin nachgewiesen, wobei einer der Marker positiv sein
muss. CD56 ist allerdings nicht sehr spezifisch und wird
auch bei anderen nicht neuroendokrinen Tumoren exprimiert. Die großzelligen und kleinzelligen Neuroendokrine
Karzinome unterscheiden sich nicht in der Genexpression
jedoch deutlich von den atypischen und typischen
Karzinoiden.
Möglicherweise haben die großzelligen Neuroendokrinen
Karzinome eine etwas bessere Prognose als die kleinzelligen Neuroendokrinen Karzinome.
Für die Einteilung der verschiedenen Neuroendokrinen
Lungentumore wird weiterhin die Mitosezahl entscheidend
sein, die Bestimmung der Proliferationsrate kann dabei
zusätzliche Hinweise geben.
Chirurgie der großzelligen Neuroendokrinen
Karzinome der Lunge
Dr. med. Andreas Kirschbaum, Marburg, stellte die
Chirurgie des großzelligen neuroendokrinen Karzinoms
vor. Der Anteil der großzelligen Neuroendokrinen
Karzinome beträgt 3 % aller Lungentumore und 20 % aller
Neuroendokrinen Lungentumore. Der Patient hat meist
keine Krankheitssymptome. Die großzelligen neuroendokrinen Karzinome sind bei Rauchern häufig, das mittlere
Erkrankungsalter liegt bei 64 Jahren. Die großzelligen
neuroendokrine Karzinome können operiert werden,
wenn sie nicht fortgeschritten sind. Die Chirurgie orientiert sich am kleinzelligen neuroendokrinen Karzinom
und an onkologischen Kriterien (in der Regel mit Lymphknotenentfernung). Eine alleinige Chirurgie ist jedoch
nicht ausreichend für einen kurativen (heilenden) Ansatz,
daher sollte vor einer Operation eine Chemotherapie
erfolgen und nachfolgend auf jeden Fall eine (adjuvante)
Chemotherapie.
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Die medikamentöse Behandlung der großzelligen
Neuroendokrinen Karzinome der Lunge
Dr. med. Markus Allewelt, Berlin, stellt die Daten aus eine
retrospektiven Erhebung vor. In Berlin-Buch, Großhansdorf
und Bad Berka wurden 204 Patienten mit atypischem und
typischem Karzinoid sowie 77 Patienten mit großzelligen
Lungenkarzinomen erfasst. Bei den atypischen und
typischen Karzinoiden waren mehr Frauen vertreten, im
Bereich der großzelligen Lungenkarzinomen waren die
Männer in der Überzahl. Bei der Diagnosestellung lag das
mittlere Alter bei allen diesen neuroendokrinen Neoplasien
bei 64 Jahren. Fernmetastasen lagen vor allem in Leber,
Lunge und Knochen vor. Das 5-Jahres-Überleben bei den
typischen Karzinoiden lag bei 86 %, bei den atypischen
Karzinoiden bei 62 % und bei den großzelligen Lungenkarzinomen bei 59 %. Auffällig war in dieser Auswertung,
dass sich die atypischen Karzinoide und die großzelligen
Lungenkarzinome hinsichtlich der Prognose nur wenig
unterscheiden. Dieses war auch bei lokalisierten und
ausgebreiteten/fortgeschrittenen Stadien zu beobachten.
Bei großzelligen Neuroendokrinen Karzinomen sollte auch
nach erfolgreicher kompletter chirurgischer Resektion/
Entfernung (RO-Resektion) eine nachfolgende (adjuvante)
Therapie durchgeführt werden. Als Standard gilt hier
eine Platin- basierte Chemotherapie in Kombination mit
Etoposid, es kann jedoch auch (Cis-)Platin plus Irinotecan
verwendet werden. Momentan wird an mehreren Studienzentren in Deutschland eine Studie mit einer Kombination aus Chemotherapie und Everolimus durchgeführt
(CRAD001KDE37).
Eine Kombinationstherapie mit Somatostatinanaloga und
Everolimus ist bei gut differenzierten Neuroendokrinen
Neoplasien der Lunge (atypisches Karzinoid und typisches
Karzinoid) gut wirksam, wie die Daten der RADIANT-2
Studie zeigten. Zur Kombinationstherapie von Somatostatinanaloga mit Everolimus wurde eine dreiarmige Studie
initiiert (LUNA), die bereits geschlossen ist und deren
Ergebnisse nächstes Jahr erwartet werden. Das deutsche
NET-Register hat seit diesem Jahr ein Modul zur Erfassung
von neuroendokrinen Neoplasien der Lunge eingerichtet,
bei dem auch Patienten mit großzelligen Neuroendokrinen
Karzinomen erfasst werden.
Veranstaltungsbericht | 15
Pathologie der Rektum-NET
Prof. Dr. med. Bence Sipos, Tübingen, stellte die Pathologie und Prognose der rektalen neuroendokrinen
Neoplasien vor. Die rektalen neuroendokrinen Neoplasien
haben als immunhistochemische Marker in der Regel
keine Chromogranin-A-Expression sondern nur Synaptophysin und zusätzlich PSAP (Prostata-spezifische saure
Phosphatase). Aufgrund der fehlenden Expression von
Chromogranin A ist dieses auch nicht als Tumormarker im
Verlauf geeignet.
Nach einer kürzlich publizierten Metaanalyse stellt die
Größe der rektalen neuroendokrinen Neoplasien einen
wichtigen Prognosefaktor dar: ein Durchmesser des
Tumors von mehr als 1 cm sowie eine Infiltration der
Submukosa (T-Stadium > T1) sowie eine Infiltration der
venösen Gefäße (V1)sind prognostisch ungünstig. Eine
Infiltration der Lymphgefäße (L1) ist prognostisch unklar
jedoch sind zentrale Einsenkungen des Tumors ein
ungünstiger Faktor auch bei einer Tumorgröße von weniger
als 1 cm. Insgesamt sollte bei kleinen Tumoren (< 1 cm)
mit zentraler Einsenkung, L1, V1, und in der Bildgebung
sichtbaren Lymphknoten ein ausgebreitetes Stadium
in Betracht gezogen werden. Die Gefahr eines Rezidivs
oder eine Fernmetastasierung hängt von einer Größe des
Primärtumors mehr als 2 cm ab.
Insgesamt sind rektale NETs gut differenziert. Risikofaktoren sind die Größe mehr als 1 cm, mehr als T1, V1
zentrale Einsenkung sowie möglicherweise der L1-Status.
Endoskopisches Bild eines rektalen NETs
Endoskopische Diagnostik und Therapie früher
Rektum-NET
Prof. Dr. med. Siegbert Faiss, Hamburg, stellte die
endoskopischen Therapieoptionen bei rektalen neuroendokrinen Neoplasien dar. Die Detektion von rektalen
neuroendokrinen Tumoren ist meist ein Zufallsbefund
im Rahmen einer Dickdarmspiegelung zur Vorsorge. Das
Metastasierungsrisiko ist stark abhängig von der Tumorgröße (> 1-2 cm). Als endoskopische Techniken kommen
die Schlingenresektion, die Mukosaresektion mit der
Kappe sowie die endoskopische Submukosaresektion in
Frage. Endoskopische Resektionen sollten in einem Stück
durchgeführt werden mit Tumorfreiheit (R0) nach allen
Seiten. Bei Tumoren, die größer sind als 2 cm sollte eine
chirurgische Entfernung nach onkologischen Gesichtspunkten vorgenommen werden.
chirurgische Resektion vorgenommen werden, wenn dies
bei der Beachtung der Vorerkrankungen und des Ausbreitungsstatus sinnvoll ist.
Abbildungen Caplin Leitlinie, Bilder rektaler neuroendokrine Neoplasien und Endosono.
Chirurgische Therapie der rektalen neuroendokrinen
Neoplasien
Prof. Dr. med. Merten Hommann, Bad Berka, stellte
dar, dass die rektalen neuroendokrinen Tumore oft
asymptomatisch sind, das heißt, dass der Patient keine
Beschwerden hat. Circa 80 % der rektalen neuroendokrinen Tumore sind bei Diagnosestellung kleiner als 1 cm
und haben noch keine Fernmetastasen gebildet (M0). Prof.
Hommann zeigte an einem Beispiel, dass auch Tumore die
kleiner sind als 1 cm metastasiert sein können. Hier sollte
immer eine Umgebungsdiagnostik erfolgen.
Risikofaktoren für eine Metastasierung aus chirurgischer
Sicht sind: Grading des Tumors, Größe des Tumors und
eine Infiltrationstiefe, die Lymphgefäßinvasion und Gefäßinvasion. Alle diese Parameter sollten beachtet werden,
um interdisziplinär zu entscheiden ob eine endoskopische Resektion des Primärtumors möglich ist oder eine
chirurgische onkologisch orientierte Resektion erfolgen
sollte. Auch beim Vorliegen von Metastasen in Lymphknoten und der Leber kann eine komplette chirurgische
Resektion erfolgen und damit die Prognose der Patienten
wahrscheinlich verbessert werden.
Als Fazit sollten Tumore mit einem Durchmesser von
1-2 cm endoskopisch oder chirurgisch entfernt werden,
immer sollte jedoch vor einer lokalen Resektion eine
sorgfältige Umgebungsdiagnostik vorgenommen werden.
Bei einer Infiltration der Muscularis propria, Lymphgefäßinvasion und Gefäßinvasion, Grading höher als 2 %*
und Nachweis von Lymphknoten sollte eine radikale
Rektaler neuroendokriner Tumor mit Lypmphknoten-Metastase im Somatostatinrezeptor PET/CT
Endosonographischer Nachweis einer Lymphknoten-Metastase eines 1 cm großen
rektalen neuroendokriner Neoplasie.
Medikamentöse Therapie von Neuroendokrinen
Neoplasien
Prof. Dr. med. Dieter Hörsch, Bad Berka, zeigte die
aktuellen Ergebnisse der systemischen Therapie von
Neuroendokrinen Neoplasien auf. Die Therapie mit
Somatostatinanaloga ist bei allen Neuroendokrinen
Neoplasien indiziert, die gut differenziert sind und
Somatostatin-Rezeptoren aufweisen. Die CLARINETStudie zeigte, dass Somatostatinanaloga bei Neuroendokrinen Tumoren des gastro-entero-pankreatischen
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Veranstaltungsbericht | 17
FORTSETZUNG VON SEITE 15
Systems (Verdauungssystems), die einen Ki67 bis 10 %
aufweisen, den Verlauf der Tumorerkrankung verlangsamen. Auch die älteren Daten der PROMID-Studie
zeigten, dass Somatostatinanaloga das Wachstum von
Neuroendokrinen Neoplasien des Dünndarms verlangsamen. Aufgrund des guten Nebenwirkungsprofils sind
Somatostatinanaloga die erste Option bei Patienten mit gut
differenzierten Neuroendokrinen Neoplasien. Allerdings
führen Somatostatinanaloga meist nicht zu einer Verkleinerung des Tumors, sondern nur zu einer Stabilisierung
der Erkrankung. Für funktionell aktive Neuroendokrine
Neoplasien sind Somatostatinanaloga die Therapie der
Wahl, außer bei Gastrinomen und Insulinomen. Für das
schwere, nicht allein mit Somatostatinanaloga zu beherrschende Karzinoid-Syndrom liegt mit Telotristat Etiprat
ein neues Medikament vor, das den erhöhten Serotoninspiegel senkt und somit die Beschwerden lindern kann.
Dieses Medikament ist momentan nur im Rahmen von
Rectal NET
at endoscopy
EUS
<1 cm/T1, T2
Without
muscularis
invasion,
G1, G2
Endoscopic
resection
>2 cm
MRI/CT
MRI/CT/SRS/PET
With
muscularis
invasion,
G2, G3
Without
muscularis
invasion,
nodal neg.,
G1, G2, T1–2
Muscularis
invasion,
nodal positive,
G2 T3/T4, G3
Without
metastasis
Transanal
excision
Transanal
excision
(endoscopic
resection for G1)
Anterior
resection + TME;
abdominoperineal
extirpation
Anterior
resection + TME;
abdominoperineal
extirpation
Incomplete resection
G1: annual
follow-up;
G2/G3:
transanal
excision
1–2 cm
Consider
anterior
resection
Caplin enets consensus guidelines 2012
Incomplete resection
Proceed to:
transanal
excision or
anterior
resection
If lymph node involvement, G2 T4, or
G3 consider adjuvant medical therapy
With
metastasis
Obstruction
No obstruction
Anterior
resection +/–
terminal colostomy + medical/
PRRT/regional/
ablative therapy
Medical PRRT/
regional/
ablative therapy
Studien erhältlich.
Die systemische, also das Organsystem betreffende
Chemotherapie ist bei Neuroendokrinen Neoplasien
des Dünndarms in der Regel nicht wirksam. Bei Neuroendokrine Neoplasien der Bauchspeicheldrüse ist die
Streptozotocin-basierte Chemotherapie in Kombination
mit 5-FU gut etabliert und führt bei Ansprechen auch
häufig zu einem Rückgang der Erkrankung (Remission).
Bei Neuroendokrinen Neoplasien der Lunge liegen zur
systemischen Chemotherapie nur wenige Ergebnisse
vor. Für die schlecht differenzierten Neuroendokrinen
Karzinome ab einer Proliferationsrate von mehr als 20 %
gilt die Platin-basierte Kombinationschemotherapie mit
Etoposid als Therapie der Wahl. Hier ist einschränkend zu
bemerken, dass diese Chemotherapie in der Regel erst ab
einer Proliferationsrate von mehr als 55 % gut wirkt. Die
Neuroendokrinen Karzinome mit einer Proliferationsrate
zwischen 20 % und 55 % sind in der Regel schwierig zu
therapieren, hier empfiehlt sich unbedingt die Vorstellung
in einem Zentrum mit viel Erfahrung.
Lokal ablative Therapien wie die transartielle Chemoembolisation, die Radiofrequenzablation oder die selektive
interne Radioembolisation führen meist zu einem
Rückgang der Erkrankung und sind bei gut durchbluteten
Metastasen in der Leber, bei Beschwerden durch die
Tumorlast oder bei funktionell aktiven Neuroendokrinen
Neoplasien indiziert. Es existieren hier viele Studien, aber
keine vergleichenden Studien, was die Beurteilung des
Langzeitverlaufs erschwert.
Die molekular-zielgerichtete Therapie mit Everolimus und
Sunitinib ist durch vergleichende Studien bei pankreatischen Neuroendokrinen Neoplasien gut belegt (RADIANT-3
Studie und 6181111-Studie) und beide Substanzen sind für
die Therapie von gut bis mäßig differenzierten (G1-G2)
pankreatischen Neuroendokrinen Neoplasien zugelassen.
(zu kompliziert für den Laien) Inzwischen wurde die
RADIANT-4 gestartet, die die Wirkung von 10 mg Everolimus gegenüber einem Scheinmedikament bei Neuroendokrinen Neoplasien des Dünndarms ohne funktionelle
Syndrome überprüft. Die Ergebnisse der RADIANT-4Studie werden nächstes Jahr erwartet.
Die Peptidrezeptor vermittelte Radionuklidtherapie
(PRRT) wurde mittlerweile an vielen tausend Patienten
mit Somatostatin-Rezeptoren exprimierenden Neuroendokrinen Neoplasien untersucht und weist die besten
Ergebnisse auf, was die Wirksamkeit und das Überleben
der Patienten betrifft. Allerdings stammt der Großteil
der Ergebnisse aus rückblickenden Datensammlungen
einzelner Zentren mit nur wenigen kontrollierten
Studien. Auch ist bisher keine Substanz für die Peptidrezeptor vermittelte Radionuklidtherapie zugelassen und
verfügbar. Eine aktuelle Zulassungsstudie mit Lutetium177-DOTATATE bei Neuroendokrinen Neoplasien des
Dünndarms (NETTER-1), soll diese Lücke schließen. Die
Ergebnisse werden ebenfalls 2015 erwartet.
Medulläres Schilddrüsenkarzinom
Prof. Dr. med. Friedhelm Raue, Heidelberg, stellte die
Diagnose und Therapie der medullären Schilddrüsenkarzinome vor. Die medullären Schilddrüsenkarzinome
machen 3 % aller Schilddrüsenkarzinome aus. Sie exprimieren das Hormon Calcitonin, das ein guter Marker für
die Detektion ist und auch ein guter Marker zur Verlaufsbeurteilung. Das Gleiche gilt für den Tumormarker CEA.
Über die Bestimmung des Calcitonins bei Verdacht auf
ein medulläres Schilddrüsenkarzinom können Patienten
in einem frühen und potentiell heilbaren Stadium erkannt
werden. Die Vorstufe des medullären Schilddrüsenkarzinoms ist die Hyperplasie der sogenannten C-Zellen der
Schilddrüse, das sind verstreute endokrin aktive Zellen.
Welcher Calcitonin-Wert erlaubt eine Detektion eines
medullären Schilddrüsenkarzinoms? Bei einem Spiegel
über dem 10-fachen der Norm werden zu 100 % medulläre
Schilddrüsenkarzinome detektiert, bei dem 5-10-fach
erhöhten Normwert 20-50 % und bei einer Erhöhung
bis zum 5-fachen der Norm immerhin noch 8 %. Für die
Verlaufsbeurteilung sind die Verdopplungszeiten der
Calcitonin- und CEA-Werte entscheidend. Verdoppeln sich
die Werte in weniger als 24 Monaten, liegt in der Regel
eine Progression (Fortschreiten) des medullären Schilddrüsenkarzinoms vor.
In zwei Drittel der Fälle (68 %) kommt dieses Karzinom
sporadisch vor, also ohne vererbbare Mutation (Veränderung in der Genstruktur) in der Keimbahn. Bei 32 %
liegt eine vererbbare Genveränderung vor. Hierbei liegen
eine MEN2A (Multiple endokrine Neoplasie Typ 2A) und
ein FMTC (familiäres medulläres Schilddrüsenkarzinom)
bei 29 % vor, eine MEN2B (Multiple endokrine Neoplasie
Typ 2B) bei 3 %. Bei der MEN Typ 2 ist das medulläre
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FORTSETZUNG VON SEITE 17
Schilddrüsenkarzinom die Indexerkrankung, also die
Erkrankung, die in der Regel als erstes auftritt. Diese
Erkrankung wird in dem RET-Gen ausgelöst, das durch
Genveränderungen (Mutationen) eine ungebremste
Aktivität entfaltet. Hierbei kann je nach dem Ort der
Mutation dieses Karzinom in verschiedenem Alter und
mit verschiedenem biologischen Verlauf auftreten. Die
meisten Mutationen finden in den Exonen 11 und 14 statt.
Die Mutationen in Exon 16 Codon 918 bei der MEN2B
haben das höchste Risiko und das früheste Auftreten
Patientin mit sporadischen medullären Schilddrüsenkarzinom, Lokalrezidiv,
Lymphknoten und Lebermetastase im 18F-DOPA-PET/CT
und erfordern eine vorsorgliche Schilddrüsenentfernung
bereits im frühen Kindesalter.
Das MEN2B ist ein Syndrom, das durch einen Hochwuchs,
Nervenzellknötchen im Mundbereich (Zunge), einen
vergrößerten Dickdarm und eine Blasenentleerungsstörung gekennzeichnet ist.
Insgesamt ist das medulläre Schilddrüsenkarzinom ein
relativ indolenter, das heißt langsam wachsender) Tumor
mit einer guten Prognose. Immerhin überleben mehr als
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die Hälfte der Patienten 10 Jahre, wenn die Erkrankung
bei der Diagnosestellung durch Tochtergeschwülste in
entfernten Organen bereits ausgebreitet war.
Die Indikation zur medikamentösen Therapie ist eine hohe
Tumorlast und eine rasches Fortschreiten der Erkrankung.
Ein Wirkstoff ist bereits zugelassen (Vanetinib). Dieser
Wirkstoff gehört zur Klasse der Tyrosinkinase-Inhibitoren,
das heißt, er hemmt eine Reihe von wichtigen Rezeptoren für Wachstumshormone. Eine weitere Zulassung
wird erwartet, da gute Ergebnisse einer Phase-3-Studie
vorliegen (Carbozantenib). Dank genetischer Testung und
der Zulassung von Medikamenten werden Betroffene mit
MEN2 in der nächsten Generation gesünder sein, schloss
Herr Raue seinen umfassenden Vortrag.
Pathologie der Neuroendokrinen Neoplasien (NEN)
des männlichen Genitaltraktes
Prof. Dr. med. Rainer Grobholz, Aarau, stellt die Pathologie
der Neuroendokrinen Neoplasien des männlichen Urogenitaltraktes dar. Neuroendokrine Neoplasien der Blase
sind selten. Es kommen in abnehmender Häufigkeit vor:
das kleinzellige Neuroendokrine Karzinom, das Karzinoid
als ein gut differenzierter neuroendokrinen Tumor sowie
der primitive neuroektodermale Tumor. Der letztere ist
allerdings keine Neuroendokrine Neoplasie.
In der Regel machen sich die Neuroendokrinen Neoplasien
der Blase durch Symptome wie Harndrang, Inkontinenz
oder Blut im Harn bemerkbar. Ein Karzinoidsyndrom durch
die ungeregelte Ausschüttung von Serotonin, das durch
Durchfälle, Flush, Luftnot und eine rechtsseitige Herzerkrankung charakterisiert ist, kommt so gut wie nicht vor.
Die kleinzelligen Neuroendokrinen Karzinome der Blase
sind häufig Mischtumore, die meist im fortgeschrittenen
Stadium diagnostiziert werden mit einer mittleren Überlebenszeit von 1–2 Jahren. Eine Operation der Blase kann
das Überleben nicht verbessern.
Das Auftreten von großzelligen Neuroendokrinen Karzinomen ist auf wenige Fallberichte beschränkt. Diese
Tumore sind sehr aggressiv mit limitierter Überlebenszeit
und kommen ebenfalls oft als Mischtumore vor.
Paragangliome als Tumore der vegetativen Nervenzellen
stellen weniger als 1 % aller Blasentumore, sind zu 83 %
hormonell aktiv und meist sporadisch.
In der Prostata sind Adenokarzinome mit neuroendokriner
Differenzierung häufig und kommen bei 80 % aller Tumore
vor. In der Prostata sind neuroendokrine Zellen vorhanden,
die eine Rolle bei der Organentwicklung spielen. Die
neuroendokrine Tumorkomponente entsteht aus den
nicht endokrinen Zellen während der Tumorentstehung
und spielt in der Regel keine Rolle für die Therapie der
Prostatakarzinome. Unter einer antihormonellen Therapie
mit Antiandrogenen kann die neuroendokrine Komponente im Verlauf zunehmen.
Die Karzinoide der Prostata sind reine Neuroendokrine
Tumore ohne begleitende Adenokarzinome. Dieser Tumor
ist sehr selten und tritt vor allem in jungen Jahren auf. Es
wurden bisher nur 6 Fälle berichtet, alle Patienten hatten
eine gute Prognose.
Kleinzellige Neuroendokrine Karzinome der Prostata
machen 1 % aller malignen Tumore aus, sind meist bei
Diagnosestellung fortgeschritten mit einem mittleren
Überleben von 19 Monaten. Ein Drittel dieser Tumore
tritt unter einer antihormonellen Therapie auf. Großzellige
Neuroendokrine Karzinome sind sehr selten. Auch
Paragangliome der Prostata sind sehr selten und treten
meist im jungen Erkrankungsalter auf.
Klinisches Erscheinungsbild und Therapie der NEN
in der urologischen Onkologie
Prof. Dr. med. Jan Roigas, Berlin: Die häufigste bösartige
Erkrankung des Mannes sind Tumore des Urogenitalsystems, dabei sind Prostatakarzinome am häufigsten.
Die Therapie der reinen neuroendokrinen Neoplasien
orientiert sich an Tumoren anderer Ursprungsorgane.
Mischtumore der Prostata, also Prostatakarzinome mit
neuroendokrinen Zellen, werden wie ein Prostatakarzinom
behandelt.
Die Neuroendokrinen Neoplasien der Niere sind selten
und treten häufig in Hufeisennieren und im Alter zwischen
40 und 60 Jahren auf. Ungünstige Faktoren sind ein Alter
von mehr als 40 Jahren, eine Tumorgröße von mehr als
4 cm, rein solide Tumore und eine hohe Mitoserate, das
heißt eine hohe Zahl von sich teilenden Zellen. Kleinzellige Neuroendokrine Karzinome sind selten, ebenso
großzellige Neuroendokrine Karzinome. Kleinzellige
Neuroendokrine Karzinome sprechen schlecht auf eine
Therapie an. Oft machen sich Neuroendokrine Neoplasien
der Niere durch Flankenschmerz, einen tastbaren Tumor
und Blut im Urin bemerkbar.
Pathologie der Neuroendokrinen Neoplasien des
weiblichen Genitaltrakts
Silvia Darb-Esfahani, Berlin: Neuroendokrine Neoplasien
des weiblichen Genitaltraktes sind selten (2 %) und
meistens Mischtumore. Als Diagnosekriterien gelten
die gleichen Marker wie bei anderen Neuroendokrinen
Neoplasien: Chromogranin A, Synaptophysin und CD56.
Kleinzellige Neuroendokrine Karzinome können aber auch
keinen dieser Marker aufweisen. Bei der Diagnose einer
Neuroendokrinen Neoplasie des weiblichen Geschlechtstraktes sollte immer darauf geachtet werden, ob eine
Metastase eines anderen Primärtumors vorliegt, also
ob der Tumor im weiblichen Genitaltrakt entstanden ist
oder dorthin gestreut hat (was nicht selten vorkommt, vor
allem in den Eierstöcken; Anmerkung von D. Hörsch).
Im Gebärmutterhals (Zervix) sind die Neuroendokrinen
Neoplasien in der Regel schlecht differenziert und mit
humanen Papillomviren (HPV18) assoziiert, die Prognose
ist mit einem 5-Jahres Überleben von 40 % ungünstig. Diese
Tumore weisen die üblichen neuroendokrinen Marker
wie Chromogranin A und Synaptophysin auf und können
TTF1-positiv sein (TTF1 ist normalerweise ein Marker
für Tumore der Lunge/Bronchien und Schilddrüse). Gut
differenzierte Neuroendokrine Neoplasien der Zervix,
das heißt des Gebärmutterhalses, sind extrem selten,
dies gilt auch für das Endometrium, die Schleimhaut des
Gebärmutterkörpers. Schlecht differenzierte neuroendokrine Karzinome des Endometriums haben eine schlechte
Prognose.
Die Neuroendokrinen Neoplasien des Eierstocks
(Ovars) sind das Karzinoid aus einem reifen Teratom
(Keimzelltumor) und das kleinzellige neuroendokrine
Karzinom vom Lungentyp, das sich ähnlich verhält wie
ein kleinzelliges Lungenkarzinom (biologisch aggressiv).
Schleimbildende Neuroendokrine Karzinome des Ovars
(Becherzellkarzinoide) sind ebenfalls biologisch aggressiv.
Kleinzellige Karzinome des Ovars vom hyperkalziämischen Typ sind keine Neuroendokrine Neoplasie, treten
bei jungen Patientinnen und meist im fortgeschrittenen
Tumorstadium auf. Diese Tumore können familiär gehäuft
auftreten (Keimbahnmutationen SMRCA4/BRG1).
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20 | Veranstaltungsbericht
FORTSETZUNG VON SEITE 19
Klinisches Erscheinungsbild und Therapie der
Neuroendokrinen Neoplasien in der gynäkologischen
Onkologie
Prof. Dr. med. Jailid Sehouli, Berlin: Die Therapien sollten
analog den Neuroendokrinen Neoplasien anderer Organe
erfolgen. Ein Register für diese Tumore wäre sinnvoll.
Karzinome mit einer neuroendokrinen Differenzierung
weisen eine andere Prognose auf als diejenigen ohne
neuroendokrine Differenzierung. Die Therapie der Neuroendokrinen Neoplasien der Zervix erfolgt analog der
geltenden Empfehlungen für das Zervixkarzinom.
Prof. Dr. med. Martin Anlauf: Pathologie der
gemischten adeno-neuroendokrinen Karzinome
(MANEC; mixed adenoneuroendocrine carcinoma)
Der Nachweis neuroendokriner Zellen ist in Krebsgeschwulsten des Dickdarms und der Prostata häufig.
Dabei entstehen die neuroendokrinen Zellen aus den
Tumorzellen (Transdifferenzierung). Die neuroendokrine
Zellkomponente ist dabei für den klinischen Verlauf und
die Prognose nicht bestimmend. Von gemischten adenoneuroendokrinen Karzinomen wird gesprochen, wenn
die neuroendokrine Zellkomponente mehr als 30 % der
Tumorzellen betrifft. Für die feingewebliche Beurteilung
sollten beide Komponenten des Tumors mit Grading und
Differenzierung angegeben werden.
Wie entsteht ein gemischtes adeno-neuroendokrines
Karzinom? Prinzipiell kommen ein zufälliges Aufeinandertreffen von zwei verschiedenen Tumorarten in Betracht
(Kollision) oder eine Differenzierung in zwei verschieden
charakterisierte Tumoranteile aus einer Krebszelle
(bidirektionale Differenzierung). Ein Beispiel für ein
zufälliges Aufeinandertreffen sind kleine Neuroendokrine
Neoplasien (Typ1 neuroendokriner Tumor des Magens),
die bei einer Typ-A-Gastritis entstehen und ein davon
unabhängig entstandenes Magenkarzinom. Eine bidirektionale Differenzierung ist eine Differenzierung einer Neuroendokrinen Neoplasie in einer anderen Neoplasie.
Wie häufig sind gemischte adeno-neuroendokrine
Karzinome? Auch bei sorgfältiger Untersuchung sind
sie selten und stellen ungefähr 0,6 % aller operierten
Darmkarzinome dar. Häufiger sind die großzelligen
Neuroendokrinen Karzinome, die bei 2.6 % aller operierten
Dickdarmkarzinome diagnostiziert werden.
Veranstaltungsbericht | 21
Zusammenfassend stellte Prof. Anlauf dar, dass eine
sorgfältige pathologische Analyse der beiden Komponenten eines gemischten adeno-neuroendokrinen
Karzinoms notwendig ist. Gemischte adeno-neuroendokrine Karzinome kommen häufiger vor als gedacht, sind
jedoch insgesamt selten.
Chirurgie der MANEC des Gastro-entero-pankreatischen Systems
Prof. Dr. med. Thomas Steinmüller, Berlin: Die Chirurgie
der gemischten adeno-neuroendokrinen Karzinome richtet
sich nach den gängigen onkologischen Prinzipien. Wenn
das Vorliegen eines Mischtumors bekannt ist, richtet sich
die Therapie nach dem aggressiveren Anteil, meist dem
Adenokarzinom.
Gemischte adeno-neuroendokrine Karzinome des Magens
haben eine schlechte Prognose. Im Grunde werden
gemischte adeno-neuroendokrine Karzinome behandelt
wie Karzinome ohne neuroendokrinen Tumoranteil.
Gemischte adeno-neuroendokrine Karzinome der
Gallenwege sind etwas häufiger und sollten radikal chirurgisch operiert werden.
Medikamentöse Therapie der gemischten adenoneuroendokrine Karzinome
Prof. Dr. med. Thomas Gress, Marburg: Zu den
gemischten adeno-neuroendokrinen Karzinomen gibt
es wenig gesicherte Erkenntnisse, da die Erfassung der
gemischten adeno-neuroendokrinen Karzinome in den
Krebsregistern nicht enthalten ist und Leitlinien keine
Empfehlungen zur Therapie enthalten. Becherzellkarzinoide sind etwas häufiger und kommen meistens in der
Appendix (Wurmfortsatz des Blinddarmes) vor. Diese
gemischten adeno-neuroendokrinen Karzinome werden
wie Dickdarmkrebs behandelt. Bei diesen Tumoren
scheint eine 5-Fluorouracil(5-FU)-basiertede Chemotherapie das Überleben zu verlängern und zwar sowohl, wenn
vorbeugend (adjuvant) oder im ausgebreiteten Tumorstadium (palliativ) behandelt wird. Auch weitere Chemotherapien mit Cisplatin/Etposid, alleinige 5-FU-Gabe,
Cisplatin mit Streptozotocin und die Kombination 5-FU
mit Streptozotocin können einen positiven Effekt haben.
Auch ein chirurgischer Eingriff, der die Tumorlast reduziert
(zytoreduktive Chirurgie) mit einer hyperthermen
Chemoperfusion (HIPEC) der Bauchhöhle kann einen
positiven Effekt haben.
Die Prognose von gemischten adeno-neuroendokrinen
Karzinomen der Speiseröhre ist besser als die reiner
Neuroendokriner Karzinome.
Gemischte adeno-neuroendokrine Karzinome der Gallenblase und Gallenwege sind sehr selten. In einer japanischen Serie waren 9 von 274 Tumoren der Gallenwege
gemischte adeno-neuroendokrine Karzinome. Gemischte
adeno-neuroendokrine Karzinome der Bauchspeicheldrüse werden chirurgisch und konservativ wie duktale
Adenokarzinome behandelt, das ist die häufigste Form
des Bauchspeicheldrüsenkrebses.
Bei den Azinuskarzinomen der Bauchspeicheldrüse sind
die gemischten Tumore etwas häufiger und werden
wie die Azinuskarzinome behandelt. Azinuskarzinome
gehen von Zellen in den Läppchen aus und nicht von den
Gangzellen wie die duktalen Adenokarzinome, und haben
im Vergleich eine etwas bessere Prognose. Wie immer ist
die Möglichkeit zur kompletten chirurgischen Resektion für
alle Arten des Bauchspeicheldrüsenkrebses entscheidend
für den weiteren Verlauf. Eine vorbeugende Chemotherapie
(adjuvante Therapie) nach eine kompletten chirurgischen
Resektion kann bei gemischten adeno-neuroendokrinen
Karzinomen erwogen werden. Wenn die neuroendokrine
Komponente eines gemischten adeno-neuroendokrinen
Karzinoms einen aggressiven Phänotyp, also ein aggressives Erscheinungsbild aufweist, sollte der Tumor wie ein
Neuroendokrines Karzinom behandelt werden, also meist
mit einer systemischen Chemotherapie.
Kontakt & Impressum
Zentralklinik Bad Berka GmbH
Zentrum für Neuroendokrine Tumore Bad Berka
Prof. Dr. D. Hörsch
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TELEFAX:
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