EnviroInfo 2002 (Wien) Environmental Communication in the Information Society - Proceedings of the 16th Conference Copyright © IGU/ISEP, Wien 2002. ISBN: 3-9500036-7-3 3D-Grundwasseranalyse von Bauvorhaben mittels GeoPro3D Désirée Hilbring1 Abstract GeoPro3D is a 3D GIS application for visualising the ground water table and hydrogeological profiles in designated regions for construction sites. The term construction sites comprises single as well as groups of buildings for urban planning and routes for regional planning. GeoPro3D is a tool to detect conflicts between construction sites and the ground water table. To achieve this the user can view and analyse the entire planning situation or interesting parts of the scene in a three dimensional virtual world embedded in a Geographic Information System. 1. Motivation Die Darstellung dreidimensionaler Daten spielt im Geoinformationsbereich eine immer größere Rolle. Vorteile liegen vor allem in der Möglichkeit komplexe räumliche Sachverhalte anschaulich darstellen zu können, und damit auch nicht fachlich geschulte Nutzer zu erreichen. Eine 3D-Szene wird mit Hilfe einer virtuellen Welt erzeugt, deren Ziel ist, Teile der realen Welt möglichst wirklichkeitsnah und vertraut nachzubilden, damit sich der Betrachter auf die Lösung des eigentlichen Problems konzentrieren kann. Die Darstellung in einer 3D-Szene kann außerdem über die Wirklichkeit hinausgehen und Komponenten enthalten, die in der Realität nicht darstellbar wären. Beispielsweise kann ein digitales Geländemodell mit einer topografischen Karte überlagert werden. Diese anschauliche Darstellung kann auch für die Grundwasseranalyse bei Bauvorhaben benutzt werden. Der Nutzer bekommt einen guten räumlichen Eindruck der Topografie der Region, die durch auf das Geländemodell aufgesetzte Bauwerke ergänzt wird. Gleichzeitig wird auch der unterirdische Teil der geplanten Bauwerke visualisiert und durch Darstellungen von verschiedenen Grundwasserschichten ergänzt, so dass es möglich wird, Konfliktsituationen aufzudecken. 1 Institut für Photogrammetrie und Fernerkundung, Universität Karlsruhe, Englerstr. 7, 76128 Karlsruhe, Tel. +49 721 608 3676, email: [email protected] 95 Abb. 1: Digitales Geländemodell überlagert mit TK 25 2. Hintergrund Auftraggeber des Projekts ist die Landesanstalt für Umweltschutz (LfU) im Rahmen des Forschungs- und Entwicklungsprojektes AJA (Hofmann/Wiesel 2000). Innerhalb dieses Forschungsprojektes werden seit 1996 Java-Komponenten für das Umweltinformationssystem Baden-Württemberg entwickelt und eingesetzt. Darunter fällt auch die generische Java Klassen- und Komponentenbibliothek GIStermFramework, die von der Disy GmbH entwickelt wird. Deren Hauptkomponente „GISterm“ wird als Basis-Geoinformationssystem für einen darauf aufgesetzten 3D-Service genutzt. 2.1 Nutzeranforderungen Ziel von GISterm ist es, einfache Visualisierungs- und Analyseaufgaben zu ermöglichen. Dabei richtet es sich vor allem an Benutzer mit wenig GIS-Erfahrung. Die Bedienung soll möglichst einfach sein. Diese Anforderungen werden im 3D-Bereich dahingehend erweitert, dass der Anwender keinerlei 3D-Erfahrung besitzt. Es liegt es nahe, für die 3D-Visualisierung Synergieeffekte zu nutzen und bereits erfolgreiche Komponenten wie GISterm in der Funktionalität zu erweitern. Im Projekt werden die entwickelten Komponenten sowohl in der LfU, als auch auf Kreisebene eingesetzt. 28.08.02, 5501 EI P 305 I1 HilbringD K158.doc Copyright © IGU/ISEP, Wien 2002. ISBN: 3-9500036-7-3 96 2.2 Komponenten 2.2.1 GISterm Die 3D-Anwendung GeoPro3D nutzt GISterm als grundlegendes Geoinformationssystem. Das GIStermFramework ist eine Klassen- und Komponentenbibliothek für den Zugriff auf und die Visualisierung von Daten mit Raumbezug. Es ist durchgängig in Java implementiert. 2.2.2 Java 3D Die zusätzlich benötigte Integration der virtuellen Welt in das GIS wird mit Hilfe einer Erweiterung von GISterm, des 3D-Service, realisiert. Dieser 3D-Service wird mit Java 3D (Sun 2002 a), einer Erweiterung von Java 2, entwickelt. Vorteilhaft ist, dass Java 3D Teil einer „richtigen“ Programmiersprache und damit außerordentlich flexibel ist. Interaktive Erweiterungen sind einfach realisierbar. Außerdem bietet Java 3D verschiedene „Loader“ an. Diese bieten die Möglichkeit, Objektinhalt verschiedener Dateiformate zu laden (Staub 2002). Die virtuelle Welt wird in Java 3D mit Hilfe einer „Scenegraph“-Struktur aufgebaut. Eine Veränderung des Graphen resultiert in einer Veränderung der erzeugten 3D-Welt (Sun 2002 b). 2.2.3 3D-Service Der 3D-Service erstellt mit Java-3D-Mitteln die virtuelle Welt und bindet sie in GISterm ein. Jede mit dem 3D-Service erstellte Szene besitzt von 3D-Anwendungen allgemein benötigte Grundfunktionen wie die Layerverwaltung der 3D-Objekte, Orientierungshilfen oder Navigationsfunktionen (Hilbring 2000). Das heißt, 3D-GISAnwendungen müssen lediglich spezifischen Objektinhalt, oder spezifische Benutzerinteraktionen implementieren, da die Grundvoraussetzungen für die Visualisierung und Bedienung einer 3D-Szene vom 3D-Service übernommen werden. Durch Benutzung von GISterm und dem 3D-Service kann bei der Implementierung von GeoPro3D direkt mit der Problemlösung begonnen werden. GeoPro3D 3D Service GISterm Java 3D GWDB Java 2 Abb. 2: Notwendige Komponenten für GeoPro3D 28.08.02, 5501 EI P 305 I1 HilbringD K158.doc Copyright © IGU/ISEP, Wien 2002. ISBN: 3-9500036-7-3 97 3. GeoPro3D GeoPro3D konzentriert sich einerseits auf die Erstellung des 3D-Objektinhalts für die virtuelle Welt und andererseits auf die Implementierung spezieller Funktionen, die für die Analyse der erstellten 3D-Szene benötigt werden. Dabei sollen sowohl geplante Bauvorhaben verschiedener Art erstellt und auf eine Geländeoberfläche aufgesetzt als auch Grundwasser- und hydrogeologische Schichten dargestellt werden. Die Objekte müssen konstruiert und in die virtuelle Welt eingefügt werden. Potentielle Konflikte zwischen den Bauvorhaben und dem Grundwasser ergeben sich durch visuelle Analyse in der 3D-Szene. Für die Erstellung der Grundwasserschichten benötigt GeoPro3D Informationen aus der Grundwasserdatenbank (Schmid 2001), die zu diesem Zweck mit GeoPro3D und GISterm gekoppelt wird (Hilbring 2001). Dazu werden aus der Datenbank Abstich-Daten abgefragt. Die Ergebnisse werden trianguliert, und verschiedene 3DObjekte, die die Grundwasser- und hydrogeologischen Schichten repräsentieren, werden erzeugt. Diese Objekte werden in 3D-Layer eingefügt, die wiederum in die 3D-Szene geladen werden. Die Verwaltung der Layer übernimmt der 3D-Service. Für die Auswahl der Grundwassermessstellen wird das hydrogeologische Fachwissen des Sachbearbeiters benötigt, der entscheidet, welche Messstellen des Gebietes für die automatische Schichterstellung verwendet werden. Der Verlauf der entstehenden Schichten kann trotzdem fehlerhaft sein. Deswegen soll GeoPro3D künftig um eine Funktion erweitert werden, die dem Nutzer die Möglichkeit gibt, den Schichtverlauf interaktiv zu verändern. Dieser Artikel konzentriert sich im Folgenden besonders auf die Unterschiede der verschiedenen Arten von Bauvorhaben und der daraus resultierenden Probleme. 3.1 Komplexe Baustellen Für die Grundwasseranalyse sind verschiedene Arten von Bauvorhaben interessant. Ein typischer Fall ist die Analyse der Grundwassersituation von Einzelgebäuden oder Gebäudegruppen (Einfamilienhäuser, Reihenhäuser, Industrieanlagen, ...). Außerdem interessant ist die Untersuchung von linienförmigen Objekten, wie Straßenund Bahntrassen oder auch die Analyse unterirdischer Kanäle und Leitungen. GeoPro3D unterscheidet deswegen zwei Baustellentypen: Gebäude und Trassen. 3.1.1 Erfassung der notwendigen Informationen Für die Erstellung der 3D-Objekte benötigt GeoPro3D Informationen über die Lage und Dimension der Bauwerke. Die Lage der Objekte wird vom Sachbearbeiter in einer in die 2D-Ansicht von GISterm geladenen Karte der passenden Region spezifi- 28.08.02, 5501 EI P 305 I1 HilbringD K158.doc Copyright © IGU/ISEP, Wien 2002. ISBN: 3-9500036-7-3 98 ziert. Gebäude werden durch Digitalisieren des Umrisses erfasst, während bei linienförmigen Objekten lediglich der Verlauf der Trasse digitalisiert wird. Abb. 3: TK 25 mit Trasse und Gebäude Die erfassten Koordinaten erscheinen im Benutzerdialog in einer Tabelle und können vom Nutzer geändert werden. Damit ändert sich gleichzeitig auch die 2DRepräsentation der Bauwerke in der Karte. Für die Erzeugung von 3D-Objekten werden zusätzlich Angaben über die Tiefe und Höhe der Bauwerke benötigt. Diese unterscheiden sich je nach Bauwerkstyp und müssen im Dialog angegeben werden. Die Höhe der Objekte relativ zum Gelände kann entweder direkt aus den Geländedaten interpoliert oder vom Nutzer angegeben werden. Abb. 4: Benutzerdialog mit den Angaben für Bauvorhaben 28.08.02, 5501 EI P 305 I1 HilbringD K158.doc Copyright © IGU/ISEP, Wien 2002. ISBN: 3-9500036-7-3 99 Aus den gesammelten Informationen erstellt GeoPro3D die verschiedenen Bauwerksformen und lädt sie in die 3D-Szene. Abb. 5: GeoPro3D Ergebnisszene mit Gebäude und Straßenelement Es ist möglich, mehrere 3D-Szenen des gleichen Gebietes zu erstellen, die sich nur durch die relative Bauwerkshöhe unterscheiden. So können verschiedene Planungsvarianten getestet und miteinander verglichen werden. 3.1.2. Objekterzeugung mit Hilfe des 3D-Service und Java 3D Wie bereits erwähnt, muss GeoPro3D lediglich den entsprechenden 3D-Objektinhalt erzeugen und in die Szene laden. Die Verwaltung der Objekte und allgemeine Interaktionsmöglichkeiten werden vom 3D-Service übernommen. Das Klassendiagramm zeigt den Aufbau der komplexen Baustellen. Jede Klasse des Diagramms repräsentiert einen Knoten des Graphen, mit dem Java 3D die virtuelle Welt erstellt. Die zwei in GeoPro3D unterschiedenen Grundtypen Gebäude und Trasse werden durch die Klassen Building und Route repräsentiert. Jedes Gebäude besteht aus einem ober- (OvergroundBuilding) und einem unterirdischen (UndergroundBuilding) Teil. Beide Teile können aus beliebig vielen ein Meter dicken Schichten (BuildingStratum) bestehen. Jede Schicht wird aus zwei Grundflächen (BaseArea) und einer Seite (Side) zusammengesetzt. Der Aufbau der Trasse ist ähnlich. Sie besteht aus einer OvergroundRoute und einer 28.08.02, 5501 EI P 305 I1 HilbringD K158.doc Copyright © IGU/ISEP, Wien 2002. ISBN: 3-9500036-7-3 100 UndergroundRoute, die wieder aus verschiedenen Schichten (RouteStratum) bestehen. Eine Schicht wird aus beliebig vielen „Straßenstücken“ (RouteBox) zusammengesetzt. Die erstellten Objekte werden in den Layer ComplexConstructionSiteLayer eingefügt. Dieser wird in die 3D-Szene geladen. ComplexConstructionSiteLayer 0..* 0..* Building Route 1 1 OvergroundRoute UndergroundRoute 0..* 1 0..* UndergroundBuilding 1 RouteStratum RouteBox 1 1 OvergroundBuilding 0..* BuildingStratum 2 BaseArea 1 Side Abb. 6: Klassendiagramm: Aufbau der komplexen Baustellen 3.1.3 Analyse Interessant für die Konfliktanalyse ist nur der unterirdische Teil der Bauwerke. Deswegen wird dieser Teil in verschiedenfarbige Schichten von einem Meter Dicke unterteilt, so dass der Betrachter die Schnitttiefe der Grundwasser- oder hydrogeologischen Schichten ablesen kann. Der oberirdische Teil ist für die Analyse nicht notwendig und sollte deshalb möglichst realistisch gestaltet werden. Zukünftig sollen die oberirdischen Teile der Bauvorhaben passende Texturen erhalten. Abb. 7: Konflikt zwischen Gebäude und Grundwasser in ca. 3 m Tiefe 28.08.02, 5501 EI P 305 I1 HilbringD K158.doc Copyright © IGU/ISEP, Wien 2002. ISBN: 3-9500036-7-3 101 Für die direkte Analyse der Bauwerke können diese zusammen mit ihrer unmittelbaren Schichtumgebung aus der 3D-Szene ausgeschnitten werden. 3.2 Ausblick Für die genauere Betrachtung der Trassen soll noch eine weitere Analysemöglichkeit geschaffen werden, nämlich die Darstellung von 2D-Ansichtsschnitten vertikal durch den Schichtverlauf in Laufrichtung der Trassen, damit die Schichtentwicklung entlang der Trasse beurteilt werden kann. Problematisch ist bisher die Genauigkeit und Darstellung der Geländeoberfläche, deren Daten bislang lediglich aus der Grundwasserdatenbank bezogen werden. Die Integration digitaler Geländemodelle, die auch die Anschaulichkeit der 3D-Szene verbessern, wird künftig realisiert werden. Literatur Hilbring, D. (2000): Konzeption und Implementierung eines GISterm-Moduls für die Erstellung von dreidimensionalen Geoinformationssystemen mittels Java 3D, http://wwwipf.bau-verm.uni-karlsruhe.de/Personen/hilbring/welcome.html Hilbring, D. (2001): GeoPro3D, eine 3D-GIS-Anwendung zur Visualisierung von Grundwasser- und hydrogeologischen Schichten in K. Tochtermann, W. F. Riekert (Hrsg.): Neue Methoden für das Wissensmanagement im Umweltschutz, 4. Workshop, Ulm Hofmann, Hilbring, Veszelka, Wiesel (2000): Projekt AJA, Anwendung JAVA-basierter Lösungen in den Bereichen Umwelt, Verkehr und Verwaltung, Phase I 2000, GISterm – Weiterentwicklung des flexiblen Frameworks zur Analyse und Visualisierung von raumbezogenen Daten, S.147-169 in Mayer-Föll, Keitel, Geiger (Hrsg.), Wissenschaftliche Berichte, FZKA 6565, Forschungszentrum Karlsruhe Technik und Umwelt Schmid, Schmieder, Stumpp, Usländer (2001): Projekt AJA, Anwendung JAVA-basierter Lösungen in den Bereichen Umwelt, Verkehr und Verwaltung, Phase II 2001, Informationsaufbereitung in der WAABIS-Fachanwendung Grundwasser in BadenWürttemberg unter Berücksichtigung von Anforderungen des Freistaates Thüringen, S.153-165 in Mayer-Föll, Keitel, Geiger (Hrsg.), Wissenschaftliche Berichte, FZKA 6700, Forschungszentrum Karlsruhe Technik und Umwelt Sun Microsystems (2002 a): Java3DTM API, http://java.sun.com/products/java-media/3D/ Sun Microsystems (2002 b): Java3DTM API Tutorial, http://java.sun.com/products/javamedia/3D/collateral/ Staub, G. (2002) : Untersuchung von Java3D Objekt-Loadern und Implementierung eines Loader-Service für 3D-GIS-Anwendungen, Studienarbeit, Institut für Photogrammetrie und Fernerkundung, Universität Karlsruhe, “unveröffentlicht” 28.08.02, 5501 EI P 305 I1 HilbringD K158.doc Copyright © IGU/ISEP, Wien 2002. ISBN: 3-9500036-7-3