im fokus | Interview Dr. Helmut Oberritter, Geschäftsführer der DGE und wissenschaftlicher Leiter der Fachreferate Der Wissenschaft verpflichtet – Ihr Partner für Essen und Trinken Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE) wurde 1953 gegründet und arbeitet an der Beantwortung unterschiedlicher Fragestellungen auf dem Gebiet der Ernährung. Vor diesem Hintergrund stellt sie auch den notwendigen Forschungsbedarf fest. Zu ihren Aufgaben zählt die DGE vor allem die ideelle Unterstützung der ernährungswissenschaftlichen Forschung sowie die Information über Erkenntnisse und Entwicklungen, die durch Publikationen oder Veranstaltungen für Wissenschaftler, Multiplikatoren und Endverbraucher verfügbar gemacht werden. Herr Dr. Helmut Oberritter ist der Geschäftsführer der DGE und lenkt als wissenschaftlicher Leiter seit 1990 die Fachreferate. Er initiiert und koordiniert die fachlichen Aufgaben der DGE. Dr. Oberritter vertritt die DGE in der Öffentlichkeit und in Fachkreisen. Heike Recktenwald sprach mit Dr. Oberritter in Bonn. EU: Herr Dr. Oberritter, Sie sind Geschäftsführer und wissenschaftlicher Leiter der DGE Fachreferate. Wie kamen Sie zur DGE und auf wie viele Jahre Tätigkeit bei der DGE können Sie zurückblicken? OBERRITTER: Ich kam 1985 auf Grund einer Bewerbung zur DGE und übernahm die Leitung des damaligen Referats „Ernährungsberatunsdienst, Haushalt und Heime“, heute als Referat Ernährungsberatung bekannt. 1990 übernahm ich die Funktion des wissenschaftlichen Leiters der DGE und die Verantwortung für die Fachreferate und Fachaufgaben. Ab 1992 kamen dann weitere Aufgaben innerhalb der Geschäftsführung zu meinem Verantwortungsbereich mit hinzu. Seit Anfang des Jahres 2007 bin ich als alleinverantwortlicher Geschäftsführer der DGE tätig. EU: Herr Dr. Oberritter, können Sie uns Angaben zu Ihrem studentischen Hintergrund machen? 208 Ernährungs Umschau | 4/07 OBERRITTER: Ich habe an der Universität Stuttgart-Hohenheim Ernährungswissenschaft studiert und anschließend zum Thema „Vitamin C“ an der Universität Tübingen gearbeitet und promoviert. EU: Gibt es historische Punkte der DGE -Arbeit, die Ihnen in Erinnerung geblieben sind und die Ihnen auch persönlich wichtig waren? OBERRITTER: In meiner beruflichen Historie gibt es für mich natürlich zahlreiche bedeutsame Eckpunkte. In meiner Funktion als Referatsleiter war mir die Aufgabe, den bis dahin internen Informationsdienst „Ernährungsberatungsdienst, Haushalt und Heime“ der breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen, besonders wichtig. Die „bunten Blätter“, wie der Informationsdienst damals im Volksmund hieß, wurden zum Vorläufer des bekannten, späteren und heutigen DGEInfo, das ja auch der ERNÄHRUNGS UMSCHAU mit beiliegt. Ziel von DGEInfo war und ist es, wissenschaftliche Themen zu vermitteln und so aufzubereiten, dass die Leser (Multiplikatoren) sie auch gut anwenden können. Nach der deutschen Wiedervereinigung war die Fusion der Gesellschaft für Ernährung in der DDR (GfE) mit der DGE und die nachfolgende Etablierung von DGE-Sektionen in vier der Neuen Bundesländer von großer Bedeutung. In letzter Zeit waren mir beispielsweise die Internationalisierung der „Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr“ und die Mitentwicklung der Dreidimensionalen Lebensmittelpyramide sehr wichtig. Die Herausgabe der Ernährungsberichte im 4-Jahresrhythmus ist jedes Mal ein besonders bedeutsames Ereignis für die DGE. EU: Welche Schritte unternahm die DGE zum Thema Qualitätssicherung? OBERRITTER: Über die Durchführung von qualitätssichernden Maßnahmen in der Gemeinschaftsverpflegung (GV) erreichen wir sowohl Multiplikatoren als auch den Endverbraucher. Dabei hat die Nutzung des DGELogos für viele Mensen oder Kantinen eine große Bedeutung. Das DGELogo kann den Einrichtungen in der GV verliehen werden, wenn dort eine vollwertige Kost angeboten wird, die über mindestens vier Wochen den D-A-CH-Referenzwerten entspricht. Die Überprüfung der Qualität erfolgt einmal jährlich. Der Erwerb des DGELogos wird von den Betrieben als eine Art „Gold-Standard“ angesehen und kann auch in der internen und externen Kommunikation als Zeichen von Qualität genutzt werden. Mit diesen Maßnahmen der Verhältnisprävention können wir Einfluss auf die täglichen Rahmenbedingungen der Endverbraucher nehmen. EU: Planen Sie weitere Schritte zur Qualitätssicherung? OBERRITTER: Ein weiteres DGE-Logo wird angeboten. Hiermit sollen Konzepte geprüft und ausgezeichnet werden, die Verbraucher an eine vollwertige Ernährung heranführen können. Werden bei Verpflegungskonzepten für Verbraucher die D-A-CHReferenzwerte über einem Zeitraum von vier Wochen eingehalten, kann hierfür ein Logo verliehen werden. Mögliche Konzepte könnten beispielsweise ein Kochbuch oder auch ein Verpflegungskonzept einer Ernährungsberatungspraxis sein. Mit diesem Logo wollen wir auch für den Verbraucher sichtbar machen, welche Angebote von der DGE geprüft wurden und gesicherte Qualität bieten. EU: Wie findet Qualitätssicherung in der Ernährungsberatung statt? OBERRITTER: Im Koordinierungskreis „Qualitätsicherung in der Ernährungsberatung und Ernährungsbildung“ waren wir an der Entwicklung einer Rahmenvereinbarung beteiligt, in der dargestellt wird, welche Berufgruppen für welche Bereiche notwendige Qualifikationen mitbringen. Leider sehen wir hier eine kritische Entwicklung, denn Ernährungsberatung wird immer öfter ohne adäqua- te Qualifizierung in Aus- und Fortbildung durchgeführt. In diesem Zusammenhang sind sicher auch unsere Zertifikatskurse zur Weiterbildung von Multiplikatoren als Qualitätssicherungsinstrument von großer Bedeutung. EU: Gibt es Zukunftsvisionen der DGE? OBERRITTER: Künftig werden wir das wissenschaftliche Profil der DGE noch weiter stärken. Das Erreichen dieses Zieles wird unterstützt durch die Änderung der DGE-Satzung, und die Schaffung von drei Organen: Des wissenschaftlichen Präsidiums, des Verwaltungsrats und der Geschäftsführung. Durch diese Aufteilung kann sich das wissenschaftliche Präsidium unbelastet von administrativen Aufgaben voll und ganz der wissenschaftlichen Arbeit widmen und die Ergebnisse dieser Arbeit in die DGE einbringen. Hierzu gehört zum Beispiel die evidenzbasierte Leitlinie zum Thema „Fett“. Weiterhin arbeiten wir innerhalb der wissenschaftlichen Arbeitsgruppen an mehreren Stellungnahmen. Vor kurzem wurde eine Stellungnahme zum Thema „Folat“ publiziert. Auch die Ausweitung der D-A-CH-Referenzwerte auf weitere europäische Staaten steht auf der Agenda. Den Bereich Qualitätssicherung wollen wir in den verschiedenen Bereichen weiter ausbauen. EU: Wie werden Sie im Themenfeld Adipositas und Diabetes aktiv? bandsorgan und verlässlicher Partner der DGE. Sehen Sie Aufgaben und Projekte, die die ERNÄHRUNGS UMSCHAU zusätzlich übernehmen kann, um die DGE in ihrer zukünftigen Arbeit zu unterstützen? OBERRITTER: Ich denke, die Konzeption der EU zeigt sich sehr kompatibel mit den Aufgaben der DGE. Die EU bietet Informationen zur Wissenschaft und überträgt sie in praxisorientierte Informationen für Multiplikatoren. Wir wünschen uns für die Zukunft weiterhin eine solide wissenschaftliche Ausrichtung der EU und eine enge Zusammenarbeit mit Raum für Stellungnahmen und dringliche Botschaften. Einen besonderen Wunsch DGE Geschäftstelle Bonn haben Sie uns bereits erfüllt, dazu zähle ich die Online-Fortbildung, die in im letzten Heft startete. OBERRITTER: Das Programm „Ich nehme ab“, dessen Effizienz auch durch Studien untermauert wurde, wird um ein Trainermanual ergänzt. Wir sind Kooperationspartner für ein Trainermanual für Kinder. An evidenzbasierten Leitlinien für beide Themenbereiche hat die DGE mitgewirkt. Natürlich werden beide Themenfelder auch in den Kursen zum „Ernährungsberater/DGE“ und in speziellen Seminaren behandelt. OBERRITTER: Als Ernährungswissenschaftler der DGE habe ich den Wunsch nach einheitlicher Kommunikation zum Thema Ernährung. Ich halte es für wichtig, dass wir in unserer Arbeit auf einer wissenschaftlichen Basis den Verunsicherungen der Verbraucher entgegentreten und stattdessen Hilfe zur Orientierung bieten. EU: Die ERNÄHRUNGS UMSCHAU ist seit vielen Jahren Ver- EU: Herr Dr. Oberritter herzlichen Dank für das Gespräch! EU: Gibt es eine Botschaft, die Sie an unsere Leser richten möchten? Ernährungs Umschau | 4/07 209