Department of Gene Vectors Institute of Clinical Molecular Biology and Tumour Genetics DIE INSTITUTE Abteilung Genvektoren Institut für Klinische Molekularbiologie und Tumorgenetik Munich (Head: apl. Prof. Dr. Wolfgang Hammerschmidt) München (Leiter: apl. Prof. Dr. Wolfgang Hammerschmidt) ie Abteilung Genvektoren befasst sich mit der molekularbiologischen Untersuchung eines Herpesvirus des Menschen und dessen Interaktion mit menschlichen Zielzellen. Das Herpesvirus, Epstein-Barr-Virus (EBV) genannt, ist ein Krankheitserreger, der als Modell für verschiedene Aspekte der herpesviralen Infektion des menschlichen Wirts betrachtet wird. Epstein-Barr-Virus war das erste menschliche Tumorvirus, das entdeckt wurde; es gilt heute als karzinogenes Agens nach der internationalen Klassifikation der WHO. Das Virus ist assoziiert mit einer Reihe von Tumoren wie dem Nasopharyngealen Karzinom, dem Burkitt- und Hodgkinlymphom und anderen Lymphomen des Menschen, die vor allem bei immunsupprimierten Patienten auftreten. Eine besondere Eigenschaft des EpsteinBarr-Virus macht die Forschung mit diesem viralen System besonders attraktiv: Das Virus infiziert sehr effizient ruhende, also nicht proliferierende, menschliche B-Zellen. Die Infektion ist latent, Nachkommenviren werden nicht gebildet, die genetische Information des Virus bleibt aber in der infizierten Zelle erhalten. Diese latent infizierten D esearch in the Department of Gene Vectors is concerned with the molecular analysis of a human herpes virus, called Epstein-Barr virus, and the interaction of the virus with its host cell. Epstein-Barr virus is a model pathogen in that it infects man and establishes a latent infection for a lifetime. Epstein-Barr virus was the first human tumour virus to be discovered and is now classified as a group 1 carcinogen by the WHO. This virus is strongly associated with a number of human tumours such as nasopharyngeal carcinoma, Burkitt’s lymphoma, immunosuppression-related lymphomas, Hodgkin’s disease, and others. One characteristic of the virus makes the viral system particularly attractive for research: EBV infects resting (non-proliferating) human B-lymphocytes and converts them into B-cell lines that can proliferate indefinitely in cell culture. This biological property provides a cell culture model for EBV related diseases and is reminiscent of some (but not all) aspects of tumour etiology in man. This cell culture model is used as a basis in our molecular research, which focuses on various aspects of the control of cell proliferation, DNA replication, and signalling of cellular and viral receptor molecules. The main emphasis from a technical and methodological point of view is on the R 203 GSF Zellen erwerben die Eigenschaft, unbegrenzt zu proliferieren und spiegeln damit einige (aber nicht alle) Aspekte der Tumorentstehung beim Menschen wider. Die Immortalisation von B-Zellen stellt also ein Modellsystem dar, das wir als Arbeitsplattform benutzen. Im Rahmen unserer molekularbiologischen Forschung verfolgen wir verschiedene Aspekte, die sich mit der Kontrolle der Zellproliferation, der viralen und zellulären DNA-Replikation und der Signalübertragung von Virus-kodierten und zellulären Rezeptoren befassen. Als methodischen Ausgangspunkt haben wir uns Techniken erarbeitet, die es erlauben, das virale Genom in jeder Hinsicht genetisch zu verändern. Diese molekulargenetischen Werkzeuge erlauben nicht nur die gezielte Manipulation der pathogenen Eigenschaften des Virus, sondern ermöglichen es auch, sichere Genvektoren herzustellen, die therapeutisch interessante Gene in normale oder transformierte menschliche B-Zellen einbringen können. Um diesen verschiedenen Aufgaben gerecht zu werden, arbeiten wir an drei teilweise überlappenden Themen, die die EBVGenetik und viralen Vektorentwicklung zum Inhalt haben oder Aspekte der DNA-Replikation beziehungsweise der Signaltransduktion bearbeiten. Am Jahresende waren in der Abteilung 8 Wissenschaftler, 8 Doktoranden, 2 Diplomanden und 3 technische Mitarbeiterinnen beschäftigt; insgesamt werden ca. 61 % der Personalstellen über Drittmittel finanziert. Immuntherapie mit EBV-Vektoren Zur Zeit werden weltweit etwa 100.000 Transplantationen großer Organe und Knochenmark durchgeführt. Um eine Abstoßung des transplantierten Organs zu vermeiden, ist es nötig, das Immunsystems des Empfängers zu unterdrücken. Als Folge dieser Unterdrückung können ansonsten ungefährliche Virusinfekte bei Transplantationspatienten verheerende Folgen haben. Insbesondere die Herpesviren 204 GSF tools that we have developed to dissect the virus’s genome genetically. These tools enable us both to manipulate the pathogenic characteristics of the virus, and to use the virus as a harmless gene vector that can deliver genes of therapeutic interest into normal or transformed human B-cells. In order to carry out research into these different but overlapping topics, the department is divided into three groups working on EBV genetics and vector development, DNA replication, and signalling. At the end of the year there were 8 scientists, 8 postgraduate students, 2 undergraduate students, and three technicians in the department, nearly two-thirds supported by grant funds. (Cytomegalovirus, CMV, und Epstein-BarrVirus, EBV), aber auch Adenovirusinfektionen sind für einen hohen Anteil an lebensgefährlichen Komplikationen und Todesfällen verantwortlich. Konventionelle antivirale Therapeutika sind nur bedingt wirksam und besitzen teilweise gravierende Nebenwirkungen, so dass oft nur die Möglichkeit bleibt, das Ausmaß der Immunsuppression zu reduzieren mit dem Risiko, eine Organabstoßung zu provozieren. Aus dieser schwierigen Lage heraus setzt man heute Hoffnungen auf den Einsatz Virus-spezifischer T-Zellen, nicht nur die Viruserkrankung akut und effizient unter Kontrolle zu halten, sondern gleichzeitig auch ein immunologisches Gedächtnis aufzubauen. Diese Methode wird als „adoptiver T-Zelltransfer“ bezeichnet. Die immunologische Kontrolle über virale Infektionserreger erfolgt fast ausschließ- EBV peptide pp65 peptide DIE INSTITUTE pp65-specific T cell class I molecule T cell receptor mini-LCL Abb. 1: Für die Aktivierung spezifischer T-Zellen ist es nötig, dass Proteinbestandteile (Peptide) von professionellen Antigen präsentierenden Zellen, wie dendritischen Zellen und LCLs, im Kontext mit HLA Klasse I- und II-Molekülen dargeboten werden. Spezifische T-Zellen erkennen diesen HLA-Peptidkomplex mit Hilfe eines Rezeptors und beginnen sich zu teilen und Zytokine zu produzieren. In der Folge werden alle Zellen, die identische HLA-Peptidkomplexe tragen (wie etwa CMV-infizierte Zellen) von diesen T-Zellen erkannt und zerstört. lich über zytotoxische T-Zellen; diese T-Zellen erkennen und lysieren Virus-infizierte Zellen im infizierten Organismus. Da gewöhnlich eine stark ausgeprägte antivirale zytotoxische T-Zellantwort gegen EBV und CMV existiert, war es mit relativ einfachen Mitteln möglich, spezifisch gegen EBV oder CMV gerichtete zytotoxische T-Zellen in vitro zu vermehren und diese T-Zellen im Rahmen der Prophylaxe oder Therapie von Virus-bedingten Problemen in immunsupprimierten Patienten klinisch auf ihre Wirksamkeit zu testen. Wie erwähnt, werden beide Viren, obwohl sie im Gesunden normalerweise apathogen sind, zum gravierenden Problem nach der therapeutisch herbeigeführten fundamentalen Immunsuppression im Kontext der allogenen Knochenmarkstransplantation, aber auch nach Transplantation solider Organe. Mehrere klinische Zentren praktizieren bereits diese Art der Therapie, so Gruppen in Memphis (USA), Edinburgh (UK), Stockholm und Brisbane (Australien), meist erfolgreich und ohne gravierende Nebenwirkungen. Zur Generierung von EBV-spezifischen T-Zellen bietet es sich an, B-Lymphozyten mit EBV zu infizieren und dadurch ständig proliferierende Zelllinien (sogenannte LCLs) zu generieren. Da diese LCLs verschiedene virale Proteine (Antigene) produzieren, sind sie sehr effektive Stimulatoren für EBV-spezifische T-Zellen. Das klassische Kultivierungssystem für CMV dagegen, CMV-infizierte und Virus-produzierende Fibroblasten, eignet sich zwar prinzipiell zur Generierung Virus-spezifischer T-Zellen in vitro, weist aber im Vergleich zu EBV-infizierten LCLs als antigenpräsentierenden Zellen klare Nachteile auf. Bei Fibroblasten handelt es sich nicht um professionelle an- 205 GSF pp65 mini-EBVs periphere T-Zellen B-Zellen Restimulation pp65 mini-LCLs expandierte und aktivierte pp65und EBV-spezifische T-Zellen Abb. 2: Zur Herstellung von pp65 exprimierenden mini-LCLs werden rekombinante EBV-Partikel in einer zu diesem Zweck entwickelten Verpackungszelllinie hergestellt und primäre B-Zellen damit infiziert. Diese mini-LCLs dienen als Stimulatoren für periphere T-Zellen. So gelingt die Herstellung einer großen Zahl pp65- und EBV-spezifischer T-Zellen, die zur adjuvanten Therapie verwendet werden können. tigenpräsentierende Zellen, die nur sehr eingeschränkt HLA Klasse I-Moleküle exprimieren. HLA Klasse-II-Moleküle und Zelladhäsionsmoleküle werden gar nur nach Interferon-Behandlung in gewissem Maß exprimiert. HLA-Moleküle sichern zum einen die individuelle genetische Identität, zum anderen die Gewebsverträglichkeit. HLA-Moleküle erlauben die Erkennung von eigenen und fremden Zellen (auch Krebszellen) und sind die Basis für zelluläre Immunität und Antigenerkennung, die im Kontext der HLA-Moleküle erfolgt (Abb. 1). Im Resultat entstehen mit Hilfe von Virusinfizierten Fibroblasten als Antigen-präsentierende Zellen T-Zellpopulationen, bei denen nur ein geringer Anteil Virus-spezifisch ist. Für den klinischen Einsatz ist daher eine langwierige Klonierung der T-Zellen und anschließende Expansion nötig. Mit dieser Methode wurden die Pionierarbeiten auf dem Gebiet des adoptiven Transfers mit virusspezifischen T-Zellen geleistet, bei denen 14 Stammzelltransplantations-Patienten prophylaktisch CMV-spezifische T-Zellen erhielten und frei von CMVassoziierten Krankheitsbildern blieben. 206 GSF Wohl wegen des besonders hohen Aufwandes dieser Methode ist sie für den klinischen Einsatz von anderen nicht aufgegriffen worden. Um die Herstellung von CMV-spezifischen T-Zellen zu erleichtern, haben wir ein in vitro-Modell entwickelt, in dem gentechnisch veränderte LCLs als Stimulatoren für Virus-spezifische T-Zellen verwendet werden. Um solche rekombinanten LCLs von fast jedem Spender generieren zu können, verwenden wir mini-EBV-Plasmide. Bei diesen Plasmiden handelt es sich quasi um „abgespeckte“ Viren, die nur noch knapp die Hälfte der Erbsubstanz des WildtypEBVs umfassen. Dennoch haben sie die biologische Eigenschaft nicht verloren, B-Zellen zu immortalisieren. Gleichzeitig bieten sie aber die Möglichkeit, Fremdgene (wie virale Antigene anderer Viren wie pp65 von CMV; Abb. 2) unterzubringen. LCLs, die mit Hilfe dieser mini-EBVs generiert wurden („mini-LCLs“) exprimieren daher nicht nur EBV-Proteine, sondern auch sehr effizient CMV-Antigene. Mit diesem Zellsystem gelingt es uns, sehr effizient CMV-spezifische T-Zellen von jedem virale Antigene in Frage, wie sie in Karzinomen der Cervix, der Haut und bei Karzinomen im Hals-Nasen-Ohren-Bereich auftreten. Diese Karzinome sind in der Regel mit dem humanen Papillomvirus infiziert, dem auch eine wichtige Rolle bei der Tumorentstehung zukommt. Andere Antigene zellulären Ursprungs, die in Krebszellen genetisch mutiert sind, eignen sich ebenfalls als Zielantigene für zytotoxische T-Zellen. Als Beispiel können hier verschiedene zelluläre Antigene beim Melanom herangezogen werden. Es besteht die berechtigte Hoffnung, dass es mit Hilfe des adoptiven T-Zelltransfers gelingt, in Zukunft auch bei bestimmten Tumoren therapeutische Erfolge zu erzielen. DIE INSTITUTE beliebigen Spender in großer Zahl herzustellen. Von solchen T-Zellen wissen wir, dass sie alle erhofften zellbiologischen und zytotoxischen Eigenschaften aufweisen, die für einen wirkungsvollen Einsatz am Patienten nötig sind. Wir hoffen deshalb, in naher Zukunft diese T-Zellen auch klinisch bei Transplantationspatienten einsetzen zu können. Prinzipiell eignet sich dieses System der In-vitro-Expansion von zytotoxischen T-Zellen auch für die zelluläre Therapie bei Tumorpatienten. Voraussetzung ist die Kenntnis eines Tumor-spezifischen Antigens, das als Zielantigen der T-Zellen erkannt werden kann. Als Beispiel für ein solches Tumorassoziiertes Antigen kommen ebenfalls 207 GSF 208 GSF Zusammenarbeit Ausgewählte Veröffentlichungen Es bestehen vielfältige Kooperationen im Münchner Raum mit Instituten der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) und Klinischen Kooperationsgruppen der LMU und der GSF. Auf nationaler Ebene bestehen Zusammenarbeiten mit der Abteilung Nephrologie und Zelltherapie der Medizinischen Universität Hannover, dem Heinrich-Pette-Institut in Hamburg und der III. Medizinischen Klinik der Universität Mainz. Internationale Zusammenarbeiten betreffen Kollegen aus dem CRC Institute for Cancer Studies, University of Birmingham, Birmingham, UK; McArdle Laboratory for Cancer Research, University of Wisconsin, Madison, Wisconsin, USA; Baylor College of Medicine, Department of Molecular Virology and Microbiology, Houston, Texas, USA; National Institutes of Health, Bethesda, Maryland, USA und dem Laboratoire de Virologie Humaine, INSERM ENS, Lyon Cédex, France. Gruffat, H., Batisse, J., Pich, D., Neuhierl, B., Manet, E., Hammerschmidt, W., Sergeant, A.: Epstein-Barr virus mRNA export factor EB2 is essential for production of infectious virus. J Virol, 76, 9635–9644 (2002). Moosmann, A., Khan, N., Cobbold, M., Zentz, C., Delecluse, H.J., Hollweck, G., Hislop, A.D., Blake, N.W., Croom-Carter, D., Wollenberg, B., Moss, P.A., Zeidler, R., Rickinson, A.B., Hammerschmidt, W.: B cells immortalized by a mini-Epstein-Barr virus encoding a foreign antigen efficiently reactivate specific cytotoxic T cells. Blood, 100, 1755–1764 (2002). Neuhierl, B., Feederle, R., Hammerschmidt, W., Delecluse, H.J.: Glycoprotein gp110 of Epstein-Barr virus determines viral tropism and efficiency of infection. Proc Natl Acad Sci USA, 99, 15 036–15 041 (2002).