1 2 3 Gelingt es einem Krankheitserreger die Oberflächen des Körpers, die Haut und Epithelschichten der Schleimhäute, als erste Abwehrschicht zu durchdringen, werden die Zellen und Faktoren des Immunsystem in unserem Körper aktiv. Aus Gründen die wir nicht ganz verstehen, vielleicht deswegen weil die Körper mehr komplex sind oder weil sie weniger Nachkommen haben, oder weil es erst möglich ist, wenn ein Körper komplexer ist, fanden Wirbeltiere, eigentlich eine kleine Minorität der Lebewesen, die natürliche Immunität als nicht ausreichend und entwickelten ein zusätzliches System, das man die erworbene Immunität nennt und dessen Träger die B und T Lymphozyten sind. Das Auftreten der erworbenen Immunität erfolgt aber im Tierreich nicht plötzlich mit den Wirbeltieren; Vorläufer dieses Systems erkennt man bereits in stammesgeschichtlich älteren Tieren wie Mollusken. Die angeborene Immunität bestehend aus den Komponenten Komplementsystem, Phagozyten, NK-Zellen und dendritischen Zellen liefert den ersten Schutzwall gegen viele Mikroorganismen und ist wesentlich für die Kontrolle der Anfangsphase einer Infektion. Dies wird deutlich bei Mäusen denen wesentliche Komponenten der natürlichen Immunität fehlen: die Krankheitserreger vermehren sich unkontrolliert und führen zum Tod des Tieres. Pathogene Krankheitserreger haben jedoch Strategien entwickelt, die es ihnen erlauben manchmal den Mechanismen der natürlichen Immunität zu entkommen oder sie zu überlisten. Sie können dann einen Infektionsherd etablieren, von dem sie sich ausbreiten können und zum Tod des Tieres führen. 4 Falls ein Krankheitserreger einen bestimmten zahlenmäßigen Schwellenwert überschreitet, wird die adaptive Immunantwort ausgelöst. Mehrere Tage, in der Regel 4 – 5 Tage sind für die Vermehrung der Erreger-spezifischen T und B Lymphozyten und ihre Differenzierung in Effektorzellen erforderlich. Diese nun in großer Zahl zur Verfügung stehenden erworbenen, dem Erreger angepassten, Immunzellen töten den Krankheitserreger ab, die Zahl der Krankheitserreger fällt und in den meisten Fällen wird der Erreger vollständig zerstört. Während dieser Zeit wird auch das immunologische Gedächtnis ausgebildet. Diese Anpassung des Systems an einen bestimmten Erreger garantiert, dass der erworbene Immunrespons bei wiederholtem Kontakt mit dem gleichen Krankheitserreger sofort ohne Verzögerung aktiviert wird. Somit wird ein langdauernder Schutz gegen Reinfektionen gewährleistet. Dieses immunologische Gedächtnis ist eine der beiden Hauptcharakteristika des erworbenen Immunresponses. ! 5 Das zweite Charakteristikum der erworbenen Immunität ist die Erkennung von Krankheitserregern durch eine Vielzahl hochspezifischer Antigenrezeptoren. Im Vergleich dazu erfolgt die Erkennung von Krankheitserregern durch Zellen der natürlichen Immunität durch eine beschränkte Zahl von Mustererkennungsrezeptoren. Die Gene, die für diese Mustererkennungsrezeptoren kodieren, befinden sich ausschließlich in der K e i m b a h n k o n fi g u r a t i o n , d . h . e i n G e n c o d i e r t f ü r e i n e n Mustererkennungsrezeptor und dieses Gen wird vererbt. Pathogene wachsen aber viel schneller als Menschen, manche Bakterien haben Generationszeiten von 20 Minuten, und können dadurch ihre Keimbahn und ihre Eigenschaften viel schneller verändern als Menschen mit einer Generationszeit von 30 Jahren. Obwohl Mustererkennungsrezeptoren praktisch ausschließlich auf lebenswichtige Strukturen von Krankheitserregern, die vom Erreger schwer veränderbar sind, gerichtet sind, können sich Krankheitserreger durch beispielsweise Maskierung durch Schleimhüllen der Erkennung entziehen. Als Gegenstrategie entwickelten Wirbeltiere die erworbene Immunabwehr mit einer praktisch unendlichen Vielzahl hochspezifischer Antigenrezeptoren.! 6 Die Grundlage für die Herstellung dieser unendlichen Zahl von unterschiedlichen Antigenrezeptoren liegt in drei molekularen Mechanismen:! 1. Im Genrearrangement. Diesen Mechanismus entdeckte Susumi Tonegawa Mitte/ Ende der 70er Jahre. Er zeigte, dass die Antigenrezeptoren der T und B Lymphozyten aus Sets von Genstücken bestehen. Durch unterschiedliche Rekombination dieser Gensegmente ist eine Vielfalt von Kombinationen möglich. So besteht beispielsweise der T-Zellantigenrezeptor (TCR) aaus einer alpha und einer beta Kette. Zum Zusammenbau der alpha Kette steht ein Set von 70 V-Alpha Segmenten, 61 JSegmenten und ein konstantes Segment zur Verfügung. Für die Konstruktion der beta Kette gibt es ein Set von 52 V- Segmenten, 13 J- Segmenten, 2 D-Segmenten und 2 C-Segmenten. ! 2. Aus der Kombination der Ketten. Jeder Antigenrezeptor besteht aus 2 unterschiedlichen Ketten: wie bereits erwähnt, der TCR aus einer alpha und einer beta Kette, der B-Zellantigenrezeptor (BCR) aus 2 identen schweren und 2 identen leichten Ketten, die spiegelsymetrisch aufgebaut sind (siehe nächstes Bild). Beispielsweise können aus zwei unterschiedlichen alpha und beta Ketten vier unterschiedliche Antigenrezeptoren gebildet werden.! 3. Über die Verknüpfungsvielfalt an den Verbindungsstellen der Gensegmente.! 7 Sowohl der T Zell Antigenrezeptor (bestehend aus einer rekombinierten alpha und beta Kette), als auch der B Zell Antigenrezeptor (bestehend aus einer rekombinierten schweren und leichten Kette) sind mit einem sogenannten transmembranen Signaltransduktionsmodul gekoppelt. Dieses Modul wird auf der T Zell Seite als CD3 bezeichnet. CD3 ist aus vier Polypeptitketten, der gamma, delta, epsylon und zeta Kette aufgebaut. Auf der Seite des B Zell Antigenrezeptors wird dieses Modul CD79 genannt; dieses besteht aus einer alpha und beta Kette. ! Erkennt und bindet ein Antigenrezeptor ein Antigen, werden assoziierte zytoplasmatische Kinasen, wie beispielsweise Lyn oder Fyn, aktiviert, die Tyrosinreste in bestimmten Sequenzabschnitten (ITAMimmunoreceptor tyrosin-based activation motif) der Kopplungsmodule CD3 und CD79 phosphorylieren. Dadurch werden Bindungsstellen für weitere zytoplasmatische Signaltransduktionskomponenten geschaffen, die wiederum phosphoryliert oder dephosphoryliert werden. Durch diese Phosphorylierungen/Dephosphorylierungen durch Proteinkinasen bzw. Proteinphosphatasen und die damit verbundene Bildung oder Zerstörung von Bindungsstellen werden Molekülketten als Signaltransduktionswege innerhalb der Zelle aufgebaut. Über diese Wege wird die Information der Antigenerkennung in das Zellinnere weitergegeben und die Zelle kann in Form von Wachstum auf das Antigen reagieren.! ! 8 Je einer dieser unterschiedlichen Antigenrezeptoren wird von einem individuellen T bzw. B Lymphozyten exprimiert. Die unterschiedlichen Lymphozyten stammen von einer gemeinsamen Vorläuferzelle im Knochenmark ab. Der Prozess der Herstellung der unterschiedlichen Antigenrezeptoren unterliegt dem Zufallsprinzip. Somit gibt es in unserem Körper für jeden Krankheitserreger, für jedes Gift, einen Lymphozyten mit einem exakt zu diesem Krankheiterreger passenden Antigenrezeptor, ohne jemals mit diesem Krankheitserreger oder Gift in Kontakt gewesen zu sein. ! ! 9 Durch den Mechanismen der Genrekombination können eine unendliche Vielzahl, der Einfachheit halber nehmen wir 1018, unterschiedliche T und B Zell Antigenrezeptoren gebildet werden. So viele Kombinationen tragen wir nicht mit uns herum. Wäre auch gar nicht möglich, denn wenn wir nur jeweils eine B Zelle von jeder dieser 1018 Kombinationen in uns tragen würden als auch jeweils 1018 unterschiedliche T Zellen dann wären das 2x1018 Zellen. Wir bestehen aber nur aus etwa 1014 Zellen. Man schätzt, dass ca. 109-1010 unterschiedlicher Spezifitäten jeder von uns mit sich herum trägt. Bei einer Gesamtlymphozytenzahl von 1x1012 wären das 102-103 Zellen pro Spezifität Dieses Spezifitätspaket ist in jedem von uns unterschiedlich:! ! 10 ! beispielsweise in Gerda anders als in 11 ! Gerold. 12 und es verändert sich durch die Neubildung von ca. 109 Lymphozyten pro Tag und könnte theoretisch im Laufe eines Lebens von 70 Jahren zur Bildung von 1013 unterschiedlichen Spezifitäten führen. ! 13 Durch diese unendliche Erkennungsvielfalt kann praktisch gegen jeden gefährlichen Feind von außen (Viren, Bakterien, Pilze als auch von innen (Tumorzellen) ein spezifischer Abwehrstoff, eine spezifische Erkennungsstruktur hergestellt werden. Auch gegen Pathogene die sich vielleicht erst in 100.000 Jahren entwickeln werden. Dadurch dass die Antigenrezeptoren permanent durch das Zufallsprinzip gebildet werden, sind sie voraussehende Antigenrezeptoren und wir nennen die erworbene Immunität deshalb auch die voraussehende Immunität. Dieser Vorteil birgt aber auch eine große Gefahr in sich: wenn praktisch gegen alles eine Erkennungsstruktur hergestellt werden kann, dann steckt im System auch das Potential gegen normal, was als ungefährlich selbst bezeichnet wird, als auch gegen ungefährlich fremd, beispielsweise gegen Nahrungsbestandteile Erkennungsstrukturen herzustellen und diese zu attackieren. Wenn das passiert leiden wir an Autoimmunerkrankungen bzw. Allergien.! 14 Als Konsequenz müssen diese ungefährlich fremd oder ungefährlich selbst reagierenden Spezifitäten entweder beseitigt oder stillgelegt werden. Die Mechanismen in unserem Körper, die wir dazu kennen und benennen sind rezessive und dominante bzw. zentrale und periphere Toleranz.! 15 Ein Hauptmechanismus der T Zell Toleranz wird rezessiv zentral im Thymus exekutiert.! 16 Da Genrearrangement, Kombination der Ketten und Verbindungsvielfalt nach dem Zufallsprinzip erfolgen, tragen sehr viele Lymphozyten Antigenrezeptoren, die Selbstantigene erkennen, also gegen Moleküle des eigenen Körpers gerichtet sind. Man schätzt,, dass mehr als 95% der hergestellten Lymphozyten mit Selbstantigenen reagieren. Diese Lymphozyten müssen eliminiert werden, sonst käme es zur Zerstörung e i g e n e r M o l e k ü l e u n d Z e l l e n . F ü r T Z e l l e n fi n d e t d e r Haupteliminierungsmechanismus im Thymus statt. Er wird negative Selektion der selbstreagierenden Thymozyten genannt. Alle „nichtselbstreaktiven Thymozyten dürfen den Thymus verlassen. Findet einer dieser T Zellen, man nennt diese Zellen naive T Lymphoyzten, der nicht gegen „Selbst“ gerichtet ist ein Antigen, das von einem Pathogen stammt, kommt es zum Wachstum dieser Antigenspezifischen Zelle in viele gleiche Tochterzellen. Den daraus entstehenden riesigen Haufen an gleichen Zellen mit gleichen Antigenrezeptoren nennt man einen Klon, und den Prozess der selektiven Vermehrung klonale Selektion durch das Antigen. Zur Bildung dieses Zellhaufens, der fähig ist, den Krankheitserreger zu zerstören, man nennt diese funktionell ausgereiften Zellen Effektor-TZellen, benötigt der Organismus etwa 4-5 Tage. Gleichzeitig werden auch Gedächtniszellen ausgebildet. Die klonale Deletion selbstreaktiver B Lymphozyten erfolgt großteils im Knochenmark.! 17 Wenn der Thymus eine so wichtige Schnittstelle ist, um autoreaktive T Zellen zu eliminieren, wie kann gewährleistet werden, dass im Thymus organspezifische, beispielsweise Pankreas- oder Prostata-Antigene exprimiert werden. Die medulären thymischen Epithelzellen scheinen der Schlüssel zur Beantwortung dieser Frage zu sein.! Diese können offensichtlich organspezifische Strukturen exprimieren. Zur Ausübung dieser Funktion benötigen sie einen Transkriptionsregulator, den man als autoimmune regulator (AIRE) bezeichnet. Knock-out Mäuse, denen dieses Gen fehlt, leiden an Multiorganautoimmunität (Autoimmun Polyendokrinopathie Syndrom).! Wie auch immer, es scheint, dass bei dieser riesigen intrinsischen Gefahr des Immunsystems die zentrale Toleranz als einziges Kontrollsystem zu unsicher ist. So verlässt sich das System offensichtlich nicht darauf, dass alle Zellen, die den Thymus verlassen, sicher sind. Ja, dies ist auch gar nicht möglich, denn ungefährliche Fremdantigene, wie solche aus der Nahrung, können höchstwahrscheinlich nicht im Thymus angeboten werden. ! 18 Deshalb gibt es neben der zentralen Toleranzinduktion im Thymus periphere Toleranzmechanismen. Dafür verantwortlich sind 3 Zelltypen: regulatorische T Zellen, dendritische Zellen und Gewebezellen.! ! ! 19 Eine Population regulatorischer T Zellen wird im Thymus gebildet, die sogenannten natürlichen regulatorischen T Zellen. Sie stellen die zweite T Zellpopulation dar, die neben den naiven T Zellen den Thymus verlassen dürfen.! 20 Die Existenz natürlicher regulatorischer T Zellen ist erst seit 1995 gesichert. Seit dieser Zeit wird dieser Zelltyp intensiv erforscht. Im Zuge dieser Forschungstätigkeit wurden neben den natürlichen regulatorischen T Zellen noch andere regulatorische T Zelltypen entdeckt, die aber noch nicht so gut charakterisiert sind. Es ist aber gesichert, dass regulatorische T Zellen durch Kontakt mit Antigen auch in der Peripherie gebildet werden können. Man nennt letztere adaptive oder induzierte regulatorische T Zellen. Ein Schlüsselmolekül für die Entwicklung dieser Zellen ist der Transkriptionsfaktor Foxp3. Ist dieser Faktor defekt, fehlen diese Zellen und es kommt zu der schweren Autoimmunerkrankung IPEX (immune dysregulation. polyendocrinopathy, entheropathy, X linked). In Mäusen bei denen dieses Gen fehlt, sind ebenfals regulatorische T Zellen nicht vorhanden und es kommt ebenfalls zur Entwicklung von Autoimmunität. Man nennt diese Mäuse scurfy.! ! 21 Trotz intensiver Forschung ist derzeit auch noch weitgehend unbekannt, welche Mechanismen der Suppression durch regulatorische T Zellen zugrunde liegen. Wir wissen, dass Interleukin 10, TGF-beta, Adenosin in diesem Prozess eine Rolle spielen, dass direkter Zellkontakt notwendig ist, wir kennen aber nicht die dazugehörigen Adhäsionsmoleküle.! Gesichert ist, dass regulatorische T Zellen in naiven T Zellen den Zustand der Anergie auslösen. Anergie wird als langdauernde Hyporeaktivität gegen ein Antigen beschrieben und die Fähigkeit der anergisierten T Zellen diese Hyporeaktivität auch anderen Zellen weiter zu vermitteln. Anergie ist somit langandauernde aktive Immunsuppression.! 22 Dendritische Zellen sind der Prototyp professioneller Antigenpräsentierender Zellen. Sie können einerseits T Zellen nur über Signal 1 in Apoptose schicken, andererseits temporär hemmen bzw. Anergie induzieren. Die zu Grunde liegenden negativ regulierenden Signale, die für Hemmung und Anergie zusätzlich zum Signal 1 notwendig sind, werden zum Signal 3 zusammen gefasst. Beteiligt am letzteren Prozess scheinen Moleküle wie CTLA-4, PD-1 und die dazugehörigen Gegenrezeptoren CD86, PD-L1 und PD-L2, sowie Interleukin 10 und TGF-beta zu sein. ! 23 Auch können einfach nur Gewebezellen durch Präsentation von Antigen in den T Zellen Apoptose induzieren.! 24 Die Grundeinstellung des Immunsystems ist somit nicht zu reagieren bzw. zu tolerieren.! Wie lässt sich das System nun aktivieren? Von etwa 1950 bis 1989 herrschte die Selbst/Nicht-Selbst Hypothese, d. h. das Nicht-Selbst vom Immunsystem bekämpft werden soll. Die Immunologen wussten aber, dass das nicht stimmen kann, denn Nahrungsbestandteile und viele Partikel der Luft werden toleriert.! 1989 argumentierte Charles Janeway, dass das angeborene Immunsystem alte Mustererkennungsrezeptoren benutzt, um Pathogene über unveränderliche Charakteristika zu erkennen und dadurch die Entscheidung der Aktivierung trifft.! 1994 postulierte Polly Matzinger, dass Antigen-präsentierende Zellen auf Gefahrensignale reagieren.! Die Kombination der Gefahrenhypothese von Matzinger und der Mustererkennung von Janeway ist heute das gängige Modell der Aktivierung des Immunsystems: Mustererkennungsrezeptoren erkennen Gefahr assoziiert mit Charakteristika von Mikroben (z.B. Lipopolysaccharide von gramnegativen Bakterien, Peptidoglykane von! 25 26 27 T Zell Inhibition ist ein wichtiger Prozess, denn mehr als 95% der gebildeten T Zellen sind selbst-reaktiv und müssen eliminiert werden. Wie können aber nun T Zellen zur Abwehr von Pathogenen aktiviert werden?! Zur Aktivierung naiver T Helferzellen wird neben der spezifischen Antigenerkennung durch den T Zell Antigenrezeptor, also Signal 1, ein zweites Signal, ein co-stimulatorisches Signal, das als Signal 2 bezeichnet wird, benötigt. Dieses co-stimulatorische Signal kann nur von ganz bestimmten Zellen im Kontext mit Antigen bereitgestellt werden. Diese restriktive Aktivierung der naiven T Zellen ist enorm wichtig, weil wie vorhin besprochen, nicht alle selbstreaktiven T Zellen im Thymus zerstört werden und deren Aktivierung unter allen Umständen verhindert werden muss. Die Erfordernis, dass nur bestimmte Zellen durch Bereitstellung des spezifischen Antigens und des co-stimulatorischen Signale naive T Zellen aktivieren können, garantiert, dass zerstörerische Immunreaktivitäten gegen körpereigenes Gewebe verhindert werden. Die spezialisierten Zellen, die beide Signale zur Aktivierung naiver T Lymphozyten liefern können, sind dendritische Zellen. Deshalb werden dendritische Zellen auch professionelle antigenpräsentierende Zellen genannt. Das heute bekannteste Rezeptorpaar zur Vermittlung von Signal 2 ist CD80 auf der dendritischen Seite und CD28 auf der Seite der T Zelle. Signale 2 werden aktiviert durch Erkennung von Gefahr durch Mustererkennungsrezeptoren auf dendritischen Zellen und naiven T Zellen. Die Erkennung von Gefahr durch Mustererkennungsrezeptoren auf regulatorischen T Zellen führt zu deren Hemmung.! 28 Die Konsequenz der Antigenpräsentation auf die T Zelle ist abhängig vom Differenzierungsgrad der T Zelle und dem Typ der Antigenpräsentierenden Zelle.! 29 Nachdem wir nun intensiv die Konsequenz der Antigenpräsentation auf die T Zelle diskutierten, wollen wir als nächsten Schritt die Konsequenz der Antigenerkennung von ausdifferenzierten Effektor-T Zellen auf Zielzellen zu studieren. Die wesentlichen Moleküle, die an der Antigenpräsentation beteiligt sind, sind der Antigenrezeptor auf der T Zellseite und die MHC Moleküle auf der Seite der Antigen-präsentierenden Zellen. ! 30 Es gibt 2 Klassen von MHC Molekülen, Klasse 1 und 2. Die Sinnhaftigkeit dieser 2 Klassen wird klar, wenn man die unterschiedlichen Lebensräume von Pathogenen studiert.! 31 Pathogene haben 3 mögliche Vermehrungsräume in unserem Körper. Für die Abwehr der Pathogene in den unterschiedlichen Kompartimenten stehen 4 Typen von Effektor-TZellen zur Verfügung, die als zytotoxische T Zellen, T-Helfer-1-Zellen, T-Helfer-2-Zellen und T-Helfer-17-Zellen bezeichnet werden. Diese Subtypen von Effektorzellen sind notwendig, um unterschiedliche Abwehrstrategien zu vollziehen bzw. auszulösen.! Viren und einige Bakterien befallen unsere Körperzellen und benutzen diese Zellen für ihre Vermehrung, die vorwiegend im Zytosol erfolgt. Die zweite Gruppe, einige pathogene Bakterien und eukaryotische Parasiten vermehren sich in vesikulären Kompartimenten von Zellen, den Endosomen. Dazu gehören beispielsweise Mycobakterien, die Tuberkulose oder Lepra verursachen und sich in Phagosomen von Makrophagen sehr wohl fühlen. Die dritte Gruppe von Pathogenen, speziell Bakterien, wachsen außerhalb der Zellen im extrazellulären Raum und lösen Krankheiten durch die Sekretion von Toxinen oder anderen schädlichen Proteinen aus. Einige der extrazellulären Pathogene und Toxine werden von B Zellen über zufällig rekombinierte spezifische Antigenrezeptoren erkannt und über diese Rezeptoren in Endosomen internalisiert. Andere extrazelluläre Pathogene werden von dendritischen Zellen internalisiert. Somit befinden sich diese Pathogene nun ebenfalls im vesikulären Raum dieser Zellen. Dies vereinfacht die Situation für T Zellen, die jetzt nur mehr 2 Klassen von Pathogenen unterscheiden brauchen: zytosolisch oder vesikulär.! Pathogene, die sich im Zytosol befindet, haben die Zielzelle hoffnungslos infiziert. Deshalb müssen diese Zellen getötet werden. Dies geschieht durch Apoptoseinduktion über die zytotoxischen T Zellen. Zellen, in denen Pathogene vesikulär vorkommen, sind zwar befallen, aber die Pathogene sind von den Schaltstellen der Zelle, dem Zytosol, dem Kern getrennt. Durch Aktivierung dieser Zellen, können zelleigene Programme ausgelöst werden, die die vesikulären Pathogene zerstören. Dies geschieht beispielsweise durch die Aktivierung von Mycobakterien befallenen Makrophagen durch T-Helfer-1-Zellen. THelfer-2-Zellen aktivieren B Zellen, die vesikuläre Pathogene, speziell Würmer enthalten,! 32 Den Code für töten oder aktivieren erfahren Effektor T Zellen durch die Major Histocompatibility Complex (MHC) Klasse I, bzw. MHC Klasse II Moleküle. MHC Klasse I dient zur Erkennung zytosolischer Pathogene, MHC Klasse II zur Erkennung vesikulärer/extrazellulärer Pathogene. ! MHC Moleküle können Pathogene nicht im Ganzen präsentieren. Der Sinn dafür ist möglicherweise der Ausschluss von Maskierungsstrategien der Pathogene. Deshalb werden Proteine der Pathogene in kleine Bruchstücke zerlegt, Peptide mit einer Länge von 9 Aminosäuren für MHC Klasse I, um die 20-30 Aminosäuren für Klasse II. Mit diesen antigenen Peptiden wird die molekulare Grube von MHC Klasse I bzw. der Peptidschlitz von MHC Klasse II beladen. Man nennt den Mechanismus der Verarbeitung des Pathogens in kleine Bruchstücke Antigenprozessierung. Die antigenen Peptide werden dann auf der Zelloberfläche den T Zellen über die MHC Moleküle vorgezeigt. Diesen Prozess nennt man Antigenpräsentation.! ! ! ! ! ! 33 Die Prozessierung zytosolischer Pathogene und die Beladung von MHC Klassen I Molekülen beginnt mit dem Eintritt des Pathogens, eines Virus in die Zelle, gefolgt von Integration der genetischen Information der DNA oder RNA in den Kern der Wirtszelle. Abschließend erfolgt die Produktion viraler Proteine im Zytosol. Diese Proteine werden nun einerseits benutzt um infektiöse Viren zu produzieren, andererseits aber werden Teile dieser Virusproteine von einer hochkomplexen Protease dem so genannten Proteasom in kleine Peptide zerlegt. Diese Peptide werden durch das TAP Protein in das Lumen des endoplasmatischen Retikulums transportiert. Dort werden die MHC Klasse I Moleküle mit diesen Peptiden beladen. Die beladenen MHC Moleküle werden dann über den Golgiapparat und exozytische Vesikel zur Präsentation an die Zelloberfläche gebracht. Dieser Prozess kann praktisch von allen Zellen unseres Körper durchgeführt werden, denn alle Zellen unseres Körpers sind potentiell gefährdet, von Viren befallen zu werden. ! 34 Im Gegensatz dazu ist es nicht notwendig, dass alle Zellen vesikuläre Pathogene über MHC Klasse II präsentieren können. Diese Fähigkeit ist nur von wenigen spezialisierten Zellen erforderlich, wie beispielsweise von B Zellen, die die Hilfe von T-Helfer-2-Zellen benötigen, um Antikörper gegen extrazelluläre Pathogene zu produzieren. Deshalb werden im Gegensatz zu MHC Klasse I Molekülen, die praktisch von allen Zellen exprimiert werden, MHC Klasse II Moleküle nur von den Zellen synthetisiert, die von T Zellen antigenspezifisch aktiviert werden sollen, wie B Zellen und Makrophagen. Auch Zellen, deren Aufgabe es ist, die T Helferzellen selbst antigenspezifisch zu aktivieren, wie dendritische Zellen (siehe dazu den Abschnitt „Aktivierung naiver T Zellen über dendritische Zellen), müssen MHC Klasse II exprimieren.! Den Prozess der Antigenprozessierung über MHC Klasse II betrachten wir bei B Zellen. B Zellen erkennen Pathogene über antigenspezifische Rezeptoren und führen über diese Rezeptoren die Pathogene dem Endozytoseprozess zu. In den Endosomen herrscht niederer pH. In diesem sauren Milieu werden Proteasen aktiviert, die die Proteine der Pathogene zu antigenen Peptiden verdauen. Diese Vesikel werden mit MHC Klasse II haltigen Vesikeln verschmolzen. Um zu verhindern, dass der Peptidschlitz von neusynthetisierten MHC Klasse II Molekülen durch irrelevante Polypeptide blockiert wird, wird MHC Klasse II in Assoziation mit der invarianten Kette synthetisiert, die diesen Schlitz schützt. Darüber hinaus hat die invariante Kette die Aufgabe, den MHC Klasse II Komplex in endosomale Kompartimente mit niederen pH zu transportieren. In diesen Kompartimenten wird die invariante Kette gespalten, aber der Peptidgrube schützende Teil, genannt CLIP, bleibt! 35 Es gibt also zwei Hauptgruppen von Effektor-T-Zellen. Zytotoxische T Zelle, jene die zytosolisch infizierte Zellen über MHC Klasse I erkennen und töten. Andererseits die T Helferzellen, die vesikulär prozessierte Pathogene über MHC Klasse II auf restriktiven Immunzellen erkennen und diese Zellen aktivieren. Für die klare Unterscheidung zwischen MHC Klasse I und MHC Klasse II exprimieren beide T Zelltypen zusätzlich zum antigenspezifischen T Zell Antigenrezeptor noch selektiv die Moleküle CD4 bzw. CD8. Deshalb werden die zytotoxen T Lymphozyten auch als CD8 Zellen bezeichnet, die T Helferzellen als CD4 Zellen. CD8 bindet an konstante Regionen des MHC Klasse I Moleküls, CD4 an konstante Regionen des MHC Klasse II Moleküls. Durch diese Moleküle wird die Bindung der Antigenrezeptor - MHC Klasse I bzw. Klasse II Interaktion in Bezug aus Affinität und Spezifität verstärkt. Aus diesem Grund bezeichnet man CD4 und CD8 als CoRezeptoren. Allgemein bekannt wurde CD4, weil es vom HI-Virus als Rezeptor benutzt wird, um T Helferzellen zu befallen. Darin liegt die Gefährlichkeit dieses Virus, weil es die Fähigkeit besitzt, die zentralen Zellen der spezifischen Immunität zu zerstören und somit die gesamte spezifische Immunität auszuschalten.! 36 Zusammengefasst: Erfährt eine naive T Zelle durch die dendritische Zelle über das antigenspezifische Signal 1 und das Co-Signal 2 ihre Aktivierung, führt dies zu Wachstum und Differenzierung in Effektorzellen; naive CD8 Zellen über MHC Klasse I Antigenpräsentation in zytotoxische T Zellen, naive CD4 Zellen über MHC Klasse II Antigenpräsentation in T Helferzellen (TH1, TH2, TH17) oder auch induzierte regulatorische T Zellen (Tr). Zytotoxische T Zellen sind für den Schutz des zellulären Raumes durch Abtöten infizierter Zellen verantwortlich. Die TH2 Zellen aktivieren B Lymphozyten, die durch Sekretion antigenspezifischer Antikörper in Körperflüssigkeiten und Körperoberflächen für den Schutz des extrazellulären Raumes verantwortlich sind, ebenso wie die T H 17 Zellen, die durch Ausschüttung von Interleukin-17 (IL-17) neutrophile Granulozyten mobilisieren.! 37 Der Schutz der zellulären Raumes erfolgt durch zytotoxische T Zellen.! 38 Zytotoxische T Zellen induzieren Apoptose über einen ähnlichen Mechanismus wie NK Zellen unter Verwendung von Perforin und Granzym B. Perforin polymerisiert auf der Plasmamembran der Zielzellen und bildet Löcher aus. Diese Löcher bewirken einerseits direkt Lyse, bzw. dienen andererseits dem Transport von Granzym B in Endosomen, das von dort bzw. direkt von der Membran über den Mannose-6-Phosphatrezeptor zu Caspase 7 transportiert wird. Über proteolytische Aktivierung der Caspase durch Granzym B, wird der Apoptoseprozess eingeleitet.! 39 40 41 Der Schutz des extrazellulären Raumes erfolgt über die von B Zellen produzierten Antikörper.! 42 Für die Antikörperproduktion benötigen B Zellen die Hilfe von T Zellen. Diese Hilfe erfolgt indem die B Zelle das Antigen über den antigenspezifischen B Zell Antigenrezeptor erkennt (Signal 1), über diesen Rezeptor endozytiert, anschließend prozessiert und über MHC Klasse II antigene Peptide den T Zellen präsentiert. Durch den spezifischen T Zell Antigenrezeptor wird von der T Zelle die Antigenpräsentierende B Zelle erkannt und über ein co-stimulatorisches Pärchen, CD40 - CD40L, das Helfersignal (Signal 2) an die B Zelle geliefert. Diese beginnt zu wachsen und in die Plasmazelle zu differenzieren. Plasmazellen besitzen die Fähigkeit den B Zell Antigenrezeptor in hoher Menge zu produzieren und in die Umgebung abzugeben. Diese sezernierten Antigenrezeptoren der B Zellen nennt man Antikörper oder Immunglobuline.! Wie können aber antigenspezifische B Zellen mit antigenspezifischen T Helferzellen in Kontakt kommen. Durch die Frequenz von naiven B und T Lymphozyten für ein bestimmtes Antigen in der Größenordnung von 1 in 109 Zellen ist die Chance, dass sich T und B Zellen gleicher Spezifität treffen in der Größenordnung von 1 x 1018.! 43 Nach Erkennung von Pathogenen durch dendritische Zellen über Mustererkennungsrezeptoren wie CD14 oder Toll-like Rezeptoren werden diese ähnlich wie bei Makrophagen und Neutrophilen über diese Rezeptoren phagozytiert. Um auszuschließen, dass ein Krankheitserreger durch Fehlen eines spezifischen Rezeptors von der dendritischen Zelle nicht erkannt werden würde (Mustererkennungsrezeptoren sind ja in ihrer Erkennungsvielfalt beschränkt) besitzen diese Zellen die Fähigkeit der rezeptorunabhängigen Endozytose. Man nennt diesen Prozess Makropinozytose. Pinos kommt vom griechischen Wort trinken, d.h. diese Zellen saugen wie ein Schwamm alles in der Umgebung auf. Die ursprüngliche Überlegung, dass die Makropinozytose fehlende Erkennungsstrukturen auf dendritischen Zellen kompensieren würde, wird aber in der Immunologie zunehmend bezweifelt, weil dadurch die Erkennung des Gefahrensignals schwer erklärbar ist und die dadurch ausgelöste Aktivierung von Signal 2 Molekülen und Wanderung in den nächsten Lymphknoten.! Aufgenommene Pathogene werden im Zytoplasma aufbereitet und naiven T Zellen präsentiert. Die Präsentation erfolgt im Lymphknoten, ein hochfrequentierter Marktplatz für Lymphozyten, wohin die dendritischen Zellen wandern müssen. Auf Grund der Anhäufung und der Zirkulation von T Zellen besteht hier die Chance, dass die dendritische Zelle die antigenspezifische T Zelle, die nur mit einer Frequenz von einer in einer Milliarde vorkommt, trifft. ! 44 Ähnliches gilt für die B Zellen, die auf ähnliche Weise in der T Zellzone der Lymphozyten gefangen werden, wenn sie das gleiche Antigen erkennen. Denn auch die B Zellen müssen über die sogenannten „High Endothelial Venules“ durch die T Zellzone in den Lymphknoten eintreten. Diese Interaktion der antigenspezifischen T Zelle aktiviert die antigenspezifische B Zelle zum Wachstum und Etablierung eines Primärfokus. Die Zellen dieses Primärfokus, sowohl die B als auch die T Zellen, wandern dann in den primären Lymphfolikel, wo sie weiter proliferieren und ein Keimzentrum bilden. Keimzentren sind hauptsächlich zusammengesetzt aus proliferierenden B Zellen, aber auch aus etwa 10% T Helferzellen, die Hilfe für die B Zellen liefern. Die B Zellen differenzieren dann in antikörperproduzierende Plasmazellen. ! ! ! 45 Antikörper werden immer als Y gezeichnet, weil sie tatsächlich auch so aussehen. Alle Antikörper sind aus vier Polypeptidketten aufgebaut und zwar aus je zwei identen schweren Ketten und zwei identen leichten Ketten. Diese Ketten werden durch Disulfidbrücken zusammengehalten. Da die beiden schweren und leichten Ketten identisch sind, ist das Antikörpermolekül spiegelsymetrisch. Der Oberbegriff für alle diese Proteine ist Immunglobulin.! Antikörper besitzen zwei Arme und an den Enden dieser Arme befinden sich die variablen Regionen, die über die Rekombination von Gensegmenten gebildet werden. Über diese Bereiche binden Antikörper die Antigene. Das Stammmolekül, die blaue Region, ist durch konstante Genregionen, die keiner Rekombination unterliegen, kodiert. Sie definiert die Klasse des Antikörpers und bestimmt die funktionellen Eigenschaften des Antikörpermoleküls. Die unterschiedlichen Klassen nennt man Isotypen der Antikörper. Es gibt fünf Hauptklassen, IgG, IgM, IgD, IgA, IgE. Diese Isotypen werden gebildet, indem während der B Zellreifung beim sogenannten Klassenwechsel die konstanten Regionen ausgetauscht werden.. D.h. eine antigen-spezifische B Zelle differenziert in Tochterzellen, die unterschiedliche Klassen produzieren, die aber alle für dasselbe auslösende Antigen spezifisch sind.! Krankheitserreger gelangen gewöhnlich durch Durchbrechung epithelialer Barrieren in den Körper, d.h. durch die Schleimhäute des respiratorischen, urogenitalen oder des Vertrauungstraktes, sowie durch Hautverletzungen. Anschließend können sie im Gewebe eine Infektion verursachen. Selten gelangen Krankheitserreger durch Insekten, Wunden oder Injektionsnadeln direkt in das Blut. Wie auch immer, die Schleimhäute, interzelluläre Räume im Gewebe und das Blut müssen vor Infektionen geschützt werden. Diese Aufgabe haben die Antikörper. Die unterschiedlichen Isotypen sind so angepasst, das sie in unterschiedlichen Bereichen des Körpers wirken können. Diese Isotypenmischung kann für alle Funktionen sorgen, die den jeweiligen Körperbereich angemessen sind. Der erste Isotyp, der von B Lymphozyten im Laufe einer! 46 Auf Grund der Größe sind IgM Antikörper hauptsächlich auf das Blut beschränkt. IgM kann Komplement besonders gut aktivieren. Eine Infektion des Blutes hat schwere Folgen, wenn sie nicht sofort unter Kontrolle gebracht wird, d. h. die schnelle Produktion von IgM und die effektive Aktivierung des Komplements sind für die Abwehr von großer Bedeutung. Antikörper der anderen Isotypen, IgG, IgA, IgE sind kleiner und sie können aus dem Blut in die Gewebe diffundieren. IgA bildet Dimere, IgG und IgE sind immer Monomere. IgG ist der häufigste Isotyp im Blut und in extrazellulären Flüssigkeiten. Im Humansystem ist die Hauptklasse IgG in vier Subklassen aufgeteilt, sodass wir insgesamt 8 Isotypen besitzen. IgA kommt vor allem in Sekreten und in der Schleimhaut des Darmes und respiratorischen Traktes vor. IgA ist somit einer der wichtigsten Schutzwirkstoffe unserer inneren Oberflächen, der Schleimhäute. IgA ist der mengenmäßig häufigste Isotyp. IgG opsonisiert Pathogene für die Aufnahme durch Phagozyten und aktiviert das Komplement. IgA wirkt nur schwach opsonisierend und aktiviert das Komplementsystem kaum. Dies überrascht nicht, da IgG hauptsächlich in den Körpergeweben wirkt, in denen die Phagozyten und das Komplement vorkommen, während IgA hauptsächlich auf den Körperoberflächen wirkt, wo Komplement und Phagozyten normalerweise nicht vorkommen. Daher wirkt IgA hauptsächlich neutralisierend. IgE Antikörper sind nur in geringen Konzentrationen im Blut vorhanden. IgE wird bevorzugt von Rezeptoren auf Mastzellen und eosinophilen Granulozyten gebunden. Mastzellen werden unterhalb der Haut, der Mukosa und entlang der Blutgefäße gefunden. Die Erkennung von Antigen an das an Mastzellen gebundene IgE bewirkt die Aktivierung der Mastzellen. Dadurch werden starke chemische Mediatoren, wie Histamin, freigesetzt, die Reaktionen wie Husten, Niesen und Erbrechen induzieren, ein Mechanismus um Pathogene auszustoßen. Bei Fehlreaktion gegenüber ungefährlichen Stoffe, ist dieser Mechanismus aber die Ursache der unangenehmen allergischen Reaktionen. IgE ist besonders wichtig für den Schutz unseres Körpers gegenüber Würmern und Parasiten, die über IgE und IgE-Fc Rezeptoren von eosinophilen Granulozyten erkannt und attackiert werden können. Darüber hinaus sind Mastzellmediatoren, Lockstoffe und Aktivierungsstoffe für Phagozyten und Makrophagen. IgA Antikörper finden sich in der! 47 Antikörper setzen drei Mechanismen für den Schutz des extrazellulären Raumes gegenüber Pathogenen und ihren toxischen Produkten ein. Der einfachste und der direkte Weg, ist die Bindung und dadurch die Blockierung des Befalls von Körperzellen, dies nennt man Neutralisation. Zweitens durch Markierung des Pathogens und spezifische Erkennbarmachung für Phagozyten, die das Pathogen durch Phagozytose töten können. Die Bindung der Antikörper an die Phagozyten erfolgt durch Fc-Rezeptoren. Der hocheffiziente Mechanismus des Tötens durch Phagozytose wird durch die rearrangierten und durch klonale Selektion generierten hochspezifischen Antikörper auf eine fast unendliche Zahl von Spezifitäten erweitert und ist somit nicht mehr auf die Mustererkennungsrezeptoren beschränkt. Diese Markierung, diese Zugänglichmachung für die Phagozyten nennt man Opsonisierung. Der dritte Mechanismus erfolgt über die Aktivierung des Komplementsystems. Durch die Antikörper kann nun auch diese Komponente der natürlichen Immunität spezifisch an Oberflächen von Krankheitserreger gebracht werden. Dies bewirkt spezifische Lyse von Pathogenen aber auch eine bessere Erkennung für Phagozyten. Komplement und Antikörper komplementieren sich somit in ihrer bakteriziden Wirkung, daher auch der Name Komplement.! 48 Durch Antikörper erfahren Phagozyten (Makrophagen, Granulozyten) eine unendliche Erweiterung ihrer Spezifität durch Bindung der Antikörper über Fc-Rezeptoren. So sind sie nicht mehr auf die Mustererkennungsrezeptoren und Komplementrezeptoren beschränkt. Durch gleichzeitige Mobilisierung von neutrophilen Granulozyten durch IL-17 von TH17 Zellen wird der extrazelluläre Raum optimal geschützt.! 49 Eine der wichtigsten Eigenschaften des spezifischen Immunsystems ist das immunologische Gedächtnis. Dies ist die Fähigkeit des Immunsystems schneller und effektiver auf Pathogene zu reagieren, mit denen es schon einmal in Kontakt war.! Die Basis des immunologischen Gedächtnis ist noch immer nicht ganz klar. Es scheint aber, dass eine Population von spezialisierten Zellen, die man Gedächtniszellen nennt, sowohl innerhalb der B Zellen, als auch der T Zellen dafür verantwortlich sind. Diese Gedächtniszellen scheinen langlebige antigenspezifische Lymphozyten zu sein, die im Laufe der Primärantwort neben den Effektor-T-Zellen und Effektor-BZellen gebildet werden. Wie wir wissen, steigt nach Immunisierung die Zahl der antigenreaktiven T Zellen dramatisch an und diese Differenzieren zu den schon bekannten Effektor-T-Zellen. Nach erfolgreicher Bekämpfung des Krankheitserregers sterben die meisten dieser Zellen durch Apoptose ab, aber ein Teil dieser spezifischen T Lymphozyten der etwa 1000 mal größer ist, als die ursprüngliche antigenspezifische Population, bleibt erhalten. Diese Zellen tragen ein bestimmtes Zelloberflächenrezeptormuster, das eher an Effektorzellen als an naive T Zellen erinnert. Die langlebigen Gedächtnis-B-Zellen unterscheiden sich ebenfalls quantitativ und qualitativ von naiven B Zellen. Die Frequenz antigenspezifischer Gedächtnis-B-Zellen ist ebenfalls etwa 100 bis 1000 mal höher als die naiver B Zellen gleicher Spezifität. ! ! 50 Die qualitativen Unterschiede der Immunantworten von Gedächtnis-BZellen zur Erstantwort werden vor allem klar beim Vergleich der Charakteristika des Antikörperresponses. Während bei der Primärantwort vorerst IgM produziert wird und erst in späterer Folge auf IgG umgeschaltet wird, ist die Zweitantikörperantwort durch die Produktion nur geringer Mengen von IgM Antikörpern aber großer Mengen von IgG und IgA charakterisiert. Die B Zell Antigenrezeptoren von Gedächtnis-B-Zellen sind von höherer Affinität und sie exprimieren auch größere Mengen an MHC Klasse II Proteinen, wodurch die Antigenaufnahme und Präsentation im Vergleich zu naiven B Zellen verstärkt wird. ! Die Besonderheit des immunologischen Gedächtnis wird deutlich, wenn man die Antikörperantwort eines Organismus bei der Primärimmunisierung mit der Antwort bei Sekundärimmunisierung mit demselben Krankheitserreger vergleicht. Nach Sekundärimmunisierung tritt die Antikörperantwort praktisch unmittelbar bzw. nach einer sehr kurzen Verzögerungsphase, der Lagphase, ein. Die Reaktion steigt schneller an und erreicht ein deutlich höheres Plateau. Im Gegensatz dazu dauert die Lagphase der Primärantwort etwa 5 Tage; erst dann treten krankheitsspezifische Antikörper im Serum auf. ! Das Wissen über diesen Mechanismus haben wir uns im letzten Jahrhundert in der Medizin erfolgreich mit abgeschwächten oder abgetöteten Krankheitserregern als Impfstoffe zunutze gemacht, um den Primärrespons gegen einen Krankheitserreger zu simulieren und bei tatsächlichen Befall mit dem Krankheitserreger einen praktisch unmittelbaren Sekundärrespons und damit einen sofortigen Schutz zu besitzen.! ! ! 51 Ohne Zweifel liegen im Bereich der Schutzimpfungen die größten praktischen Erfolge der Immunologie im letzten Jahrhundert. Programme für Reihenimmunisierungen führten bei einigen häufigen Krankheiten mit gravierenden Erkrankungs- und Sterbeziffern praktisch zu deren Ausrottung. Dazu gehören Diphterie, Pocken, Polio, Masern. Da aber Impfungen nicht den Krankheitserreger zerstören, sondern das immunologische Gedächtnis in einem Individuum erweitern, muss die Immunisierung der Bevölkerung zu einem hohen Prozentsatz aufrecht erhalten werden. ! 52 Die Revolution der Medizin im 21. Jahrhundert scheint ebenfalls durch Immunisierung jedoch im Gegensatz zur aktiven in der passiven Immunisierung mit therapeutischen monoklonalen Antikörpern zu erfolgen. Der Markt dieser Therapieform gegen speziell Krebs und Autoimmunität stieg von 5,4 Milliarden $ im Jahre 2002 über 22 Milliarden $ 2007 auf 32 Milliarden $ 2008. Für 2015 wird prognostiziert, dass 40% der therapeutischen Kosten von therapeutischen monoklonalen Antikörper ausgemacht werden.! 53