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State of the art – Medikamentöse Therapie
des Lungenkarzinoms
Niels Reinmuth, David Heigener, Martin Reck, Onkologischer Schwerpunkt, LungenClinic Großhansdorf
In den letzten Jahren hat sich unser
Verständnis molekularer Veränderungen beim Lungenkarzinom
deutlich verbreitert. Es wurden umfassende Analysen zu Genveränderungen von Lungenkarzinomzellen
publiziert, die nicht nur ein weites
Spektrum molekularer Alterationen zeigen (Abb. 1), sondern auch
auf eine Vielzahl neuer Therapieansätze hindeuten.
Durch den Nachweis von aktivierenden EGFR-Mutationen und
EML4-ALK-Translokationen können Subgruppen von NSCLC Patienten identifiziert werden, die durch
unterschiedliche Prognose und gutes Ansprechen auf EGFR bzw. ALKInhibitoren charakterisiert sind. Die
Zulassung von kleinmolekularen Inhibitoren, neuen zytotoxischen
Substanzen und anti-VEGF Antikörpern und neue Konzepte wie die Erhaltungstherapie haben in den letzten Jahren die medikamentöse Therapie des nicht-kleinzelligen Lungenkarzinoms (NSCLC) erheblich diversifiziert.
Die Stadienverteilung bei Erstdiagnose und Prognose konnte bisher insgesamt nur gering verbessert
werden. Screeningprogramme beispielsweise mit Niedrigdosis-CTs
werden derzeit evaluiert, um bei
Hochrisikogruppen (meist Personen
mit hohem Nikotinabusus) die Ent-
Quelle: SPL_SciencePghortoLibraryRF _ Your Photo Today
Eine systemische Behandlung ist in den meisten Erkrankungsstadien ein wichtiger Bestandteil der
Therapie des Lungenkarzinoms. Dabei hat sich in den letzten Jahren die pharmakologische Therapie
insbesondere des nicht-kleinzelligen Lungenkarzinoms (NSCLC) durch die Einführung neuer
Substanzen wie Tyrosinkinaseinhibitoren, anti-VEGF-Antikörper und Pemetrexed deutlich erweitert.
Zudem wurden neue Therapiestrategien implementiert – wie die adjuvante Chemotherapie und die
Erhaltungstherapie. Die vielfältigen Therapieoptionen werden durch verschiedene Faktoren wie
Erkrankungsstadium, Histologie, molekulare Veränderungen und klinische Merkmale beeinflusst
und müssen für jeden Patienten individuell diskutiert werden. Diese Patientenselektion wird in den
nächsten Jahren durch die Identifikation neuer Targets zunehmend wichtiger werden.
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Das Stadium III beschreibt Tumoren
mit bereits vorliegender Infiltration
in mediastinale Strukturen oder in
die Brustwand und/oder Tumoren
mit lymphogener Metastasierung
in mediastinale Lymphknoten. Mit
einem lokal kurativen Therapieziel
wird meistens die Kombination von
Chemotherapie und einer definitiven Strahlentherapie des Primärtumors und des befallenen Lymphabflusses angestrebt. Patienten, die
für kurative Therapiekonzepte
nicht geeignet sind (beispielsweise
aufgrund von Komorbiditäten), erhalten zumeist eine alleinige thorakale Strahlentherapie.
Die Diskussion aller Therapieprinzipien würde den Rahmen dieser
Übersicht bei weitem sprengen [1].
Durch Weiterentwicklungen in Staging, Operationstechniken und
multimodale Ansätze werden die
therapeutischen Entscheidungen
zudem beeinflusst. Daher erfordert
die korrekte Behandlung dieser Stadiengruppe in ganz besonderem
Maß vor Therapiebeginn die interdisziplinäre Diskussion und gemeinsame Festlegung des therapeutischen Konzeptes.
Medikamentöse Therapie des
NSCLC im Stadium I-III
Mehrere Studien haben einen langfristigen Überlebensvorteil einer
adjuvanten Chemotherapie bei Patienten mit NSCLC im Stadium II und
ohne schwerwiegende Nebenerkrankungen zeigen können (Anstieg der 5-Jahres-Überlebensrate
um 4,1 % bis 15 %) [2].
Als adjuvante Chemotherapie
sollte eine Cisplatin-haltige Kombination über 4 Zyklen (bei den meisten Studien wurde eine Kombination mit Vinorelbin verwendet) innerhalb eines postoperativen Zeitintervalls von maximal 60 Tagen begonnen werden.
Im Stadium IB ist dagegen die Datenlage zur adjuvanten Chemotherapie nicht konsistent. Retrospektive Analysen in zwei Studien zeigten
einen Vorteil bei Tumoren mit einem Durchmesser >4 cm [3,4]. Zu
beachten ist, dass diese Daten noch
mit der sechsten Edition der TNMKlassifikation erhoben wurden. In
der nun aktuellen, siebten Ausgabe
der TNM-Klassifikation der UICC
werden N0-Tumoren mit einem
Durchmesser über 5 cm bereits dem
Stadium IIA zugeordnet. Eine adjuvante Therapie mit der Substanz
Gefitinib über einen Zeitraum von
2 Jahren zeigte bei 503 Patienten
mit NSCLC der Stadien IB bis IIIA keinen Überlebensvorteil [5].
Medikamentöse Therapie
des NSCLC im Stadium IV
nach Deppermann, ONKOLOGIE heute 5/2012
wicklung eines Lungenkarzinoms
im möglichst frühen Stadium zu detektieren, damit die Erkrankung
noch mit kurativer Intention behandelt werden kann.
Allerdings ist das Lungenkarzinom durch eine frühe Metastasierung auch schon in frühen Stadien
gekennzeichnet; deshalb hat sich
das Konzept der adjuvanten Chemotherapie und damit der Versuch
der Eradikation von nicht detektierbaren Mikrometastasen auch in
operablen Erkrankungsstadien des
NSCLC durchgesetzt.
Die Mehrzahl der Patienten werden weiterhin im lokal fortgeschrittenen (mit bereits sichtbarer Metastasierung in mediastinale Lymphknoten) oder im hämatogen metastasierten Stadium diagnostiziert.
Durch Subgruppen-Bildung wird
versucht, verschiedene Therapiestrategien mit möglichst hohem Erfolg für die jeweilige Gruppe zu entwickeln.
Einen wichtigen Schritt in der
Standardisierung der Diagnostik
und Therapie von Lungentumoren
stellt die 2010 veröffentlichte
S3-Leitlinie dar [1]. Im Folgenden
soll die medikamentöse Therapie
des NSCLC im nicht-metastasierten
und metastasierten Stadium kurz
skizziert werden. Anschließend
werden die Therapieoptionen beim
kleinzelligen
Lungenkarzinom
(SCLC) zusammengefasst.
Abb. 1: Molekulare Alterationen bei Adenokarzinomen (links) und Plattenepithelkarzinomen (rechts) der Lunge
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Ungefähr 40 % der NSCLC-Patienten weisen bereits bei Erstdiagnose
ein Stadium IV auf [6]. Die Therapie
ist in der Regel rein palliativ und
kann das mediane Überleben von
ungefähr 3 Monaten für unbehandelte Patienten auf durchschnittlich
8 bis 12 Monate steigern [1]. Daher
ist das primäre Ziel meist die Verbesserung oder Erhaltung der Lebensqualität und erst sekundär die Verlängerung des Überlebens. Diese
Therapieziele und die palliative Situation müssen mit dem Patienten
intensiv besprochen werden, um
gemeinsam die möglichen Vorteile
der geplanten Therapie gegenüber
den zu erwartenden Nebenwirkungen abwägen zu können.
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Durch klinische, histologische und
molekulare Selektion können Patientengruppen mit besserer Prognose identifiziert werden, für die ein
spezieller Therapiealgorithmus erstellt werden kann. Nur in Einzelfällen kann auch im Stadium IV bei diagnostisch gesichertem Vorliegen einer singulären hämatogenen Metastase und bei Vorliegen eines
komplett resektablen Lungentumors ohne Anhalt für mediastinale
Lymphknotenmetastasen (cT1–4,
cN0–1, cM1) ein kurativer Ansatz
mit Resektion aller Tumormanifestationen diskutiert werden [1].
Allgemein sollten Patienten mit
NSCLC im Stadium IV und gutem Allgemeinzustand (Index zur Lebensqualität der Eastern Cooperative
Oncology Group ECOG 0/1) eine
Cisplatin-basierte Kombinationschemotherapie über 4 bis 6 Zyklen
erhalten [1]. Bei Krankheitsprogression kann eine Durchführung einer
Zweitlinientherapie (in der Regel
als Monotherapie) erwogen werden. Bei zerebralen Metastasen
oder drohenden Komplikationen
(z.B. drohende Fraktur durch ossäre
Metastase oder Bronchusverschluss
durch obstruierenden Tumor) können strahlentherapeutische, chirurgische oder bronchoskopische Verfahren eingesetzt werden.
In den letzten Jahren sind durch
die Entwicklung neuer zytotoxischer und zielgerichteter (targeted)
Substanzen die therapeutischen
Möglichkeiten deutlich breiter geworden. Zudem ist durch weitere
molekulare Subklassifizierung der
Patienten eine weitere Diversifizierung im Sinne einer „personalisierten Therapie“ absehbar.
So kann durch Nachweis einer aktivierenden Mutation in der Tyrosinkinasedomäne (Exone 18-21; insbesondere Deletion in Exon 19 und
L858R Punktmutation im Exon 21)
des epidermalen WachstumsfaktorRezeptors (epidermal growth factor receptor, EGFR) eine Subpopula-
tion von Patienten mit besserer Prognose und besserem Ansprechen
auf EGFR-Tyrosinkinaseinhibitoren
identifiziert werden [7]. Daher sollten Patienten mit Nachweis einer
aktivierenden EGFR-Mutation mit
einem EGFR-Inhibitor therapiert
werden.
Zwei kleinmolekulare Inhibitoren
der EGFR-Tyrosinkinase-Domäne,
Gefitinib und Erlotinib, sind mittlerweile für die Behandlung des NSCLC
in definierten Subgruppen zugelassen. Beide EGFR-Tyrosinkinaseinhibitoren (EGFR-TKIs) werden recht
gut vertragen mit vorwiegend
Hautreaktionen (Rash) und in der
Regel gut beherrschbaren Diarrhöen als häufigere Nebenwirkungen.
Prinzipiell sollten alle NSCLC-Patienten das Vorliegen einer EGFRMutation untersucht werden. Klinische Prädiktoren für häufigeren
Nachweis
einer
aktivierenden
EGFR-Mutation sind Nieraucherstatus, weibliches Geschlecht, Adenokarzinome und asiatische Ethnizität. Mehrere Fachgesellschaften
empfehlen daher die EGFR-Testung
bei NSCLC-Patienten zumindest mit
einem dieser Merkmale. Für Erlotinib konnte in der Zweit- oder Drittlinie eine signifikante Verbesserung
des Gesamtüberlebens gegenüber
Plazebo auch für NSCLC-Patienten
ohne EGFR-Mutation gezeigt werden, worauf die Zulassung dieses
Medikaments zur Behandlung des
NSCLC nach mindestens einer vorausgegangenen Chemotherapie erteilt wurde.
Als Erstlinientherapie für Patienten mit gutem Allgemeinzustand
ohne Nachweis einer aktivierenden
EGFR-Mutation sind mehrere Therapieoptionen möglich. In einer
Phase-III-Studie konnte für die
Kombination von Cisplatin mit
dem Multi-Folat-Antimetaboliten
Pemetrexed bei therapienaiven
Stadium IIIB/IV-NSCLC eine signifikante Verbesserung des Gesamtüberlebens im Vergleich zur Kombi-
nation Cisplatin und Gemcitabin gezeigt werden, die nur für NSCLC ohne dominanten Plattenepithelkarzinomanteil galt (12,6 vs. 10,9 Monate) [8].
Plattenepithelkarzinome hatten
bei Behandlung mit Cisplatin und
Pemetrexed dagegen einen signifikanten Überlebensnachteil. Auf Basis dieser Daten wurde die Zulassung von Pemetrexed für die Therapie von NSCLC ohne dominanten
Plattenepithelkarzinomanteil allgemein und in der Kombination mit
Cisplatin für die Erstlinientherapie
zugelassen. Aktuell ist für die Erstlinientherapie die Kombination Cisplatin mit Pemetrexed in der Erstlinie ein Therapiestandard.
Als weitere Standardtherapie gilt
auch eine platinhaltige Kombinationschemotherapie mit der Substanz Bevacizumab. Bevacizumab
ist ein gegen den vaskulären endothelialen Wachstumsfaktor (VEGF)
gerichteter monoklonaler Antikörper, mit dem ein ganz anderer Therapieansatz verfolgt wird: Da alle
Zellen des Körpers auf eine ausreichende Versorgung mit Sauerstoff
und Nährstoffen angewiesen sind,
soll durch Hemmung des wichtigsten angiogenen Liganden VEGF die
Bildung neuer Blutgefäße unterbunden und durch Inhibierung von
Endothelzellen die Blutgefäßversorgung des Tumors beeinträchtigt
werden.
Tatsächlich ist jedoch die Auswirkung einer VEGF-Hemmung weitaus komplexer und beinhaltet neben antiangiogenen Effekten auch
immunmodulatorische Wirkungen
und multiple Gefäßfunktionen. In
zwei großen Phase-III-Studien führte bei Patienten im Stadium IIIB/IV
(ECOG 0/1) mit Nicht-Plattenepithelkarzinom die Behandlung mit
Bevacizumab zusätzlich zur platinbasierten
Kombinationschemotherapie zu einer signifikanten Verbesserung der Remissionsrate und
des medianen progressionsfreien
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Überlebens und in einer Studie auch
des Gesamtüberlebens [9]. Bei diesen Patienten kann daher – unter
Berücksichtigung der Kontraindikationen (bronchoskopisch suspekt
erscheinende zentrale Tumoren,
Hämoptysen > 1 Teelöffel) – Bevacizumab in der Erstlinienbehandlung
zusätzlich zur platinbasierten Kombinationschemotherapie
eingesetzt werden [10] (Abb. 2).
Wichtiges Charakteristikum aller
antiangiogenen Therapien ist die
Fortsetzung bis zum Tumorprogress, also auch noch über das Ende
einer Chemotherapie hinaus. Der
klinische Nutzen dieser antiangiogenen „Erhaltungstherapie“ ist bisher beim NSCLC nicht wirklich untersucht worden. Bei Ovarialkarzinomen hingegen zeigte eine Stu-
die, dass diese Erhaltungstherapie
ganz wesentlich für die Verlängerung des progressionsfreien Überlebens war.
Auch zytotoxische Substanzen
und Erlotinib wurden bezüglich einer Erhaltungstherapie untersucht.
Bei einer Erhaltungstherapie wird
entweder ein Medikament der vorangegangenen Therapie (Continuous Maintenance) oder ein neues
Medikament (Switch Maintenance)
bis zum Tumorprogress weitergegeben. Die Nebenwirkungen einer
Erhaltungstherapie sollten daher
„tolerabel“ sein, da die Dauer im
(günstigen) Einzelfall recht lang
sein kann und bei Tumorprogress
meist eine weitere Umstellung der
Chemotherapie notwendig wird.
Eine fortgesetzte (continuous) Er-
haltungstherapie mit Pemetrexed
über 4 Zyklen einer Erstlinientherapie mit Cisplatin und Pemetrexed
hinaus zeigte in einer großen Phase-III-Studie eine signifikante Verbesserung des medianen Gesamtüberlebens (16,9 vs. 14,0 Monate,
p=0,0191) und sollte daher bei Patienten mit nicht-squamösem NSCLC
und gutem Allgemeinzustand diskutiert werden, die von einer Pemetrexed-haltigen Platin-Kombinationstherapie profitiert haben.
Als Switch Maintenance ist ebenfalls der Nutzen von Pemetrexed in
klinischen Studien belegt. Auch Erlotinib ist – unabhängig vom EGFRMutationsstatus – als Erhaltungstherapie nach Krankheitsstabilität
nach vorausgegangener Erstlinientherapie zugelassen.
Abb. 2: Beispiele von Patienten mit zentralen NSCLC ohne dominierende Plattenepithelkarzinom-Histologie. Bei allen Patienten
kann – abhängig von Komorbiditäten und Allgemeinzustand – der Einsatz von Bevacizumab in Kombination zur platinhaltigen
Chemotherapie diskutiert werden.
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Manche Autoren sehen in der
Switch Maintenance eine vorgezogene Zweitlinientherapie. Häufig
erzwingen jedoch therapieassoziierte Toxizitäten, Komorbiditäten,
reduzierter Allgemeinzustand und
Patientenwunsch eine Therapiepause nach abgeschlossener Erstlinientherapie. Alternativ wäre daher bei diesen Patienten eine
gründliche Nachsorge mit engmaschigen Untersuchungsintervallen
(insbesondere bei fehlendem Ansprechen auf die vorangegangene
Erstlinientherapie), um den geeigneten Therapiezeitpunkt nicht zu
verpassen. Allgemein erhalten nur
ungefähr 50 bis 60 % der Patienten
eine Zweitlinientherapie [11].
Nach Progress unter vorausgegangener Erstlinientherapie werden meist Monotherapien mit Docetaxel, Erlotinib, Vinorelbin oder –
bei NSCLC ohne dominante Plattenepithelhistologie – Pemetrexed
durchgeführt [1]. Eine weitere Alternative ist Gemcitabin als Monotherapie bei Patienten mit reduziertem Allgemeinzustand.
Weitere genetische
Alterationen beim NSCLC
Im Jahr 2007 wurde erstmals ein Fusionsgen aus der ALK-Tyrosinkinase
und dem Protein EML4 (echinoderm microtubule-associated protein-like 4) beschrieben [12], welches ungefähr bei 5 % aller NSCLC
und bevorzugt bei jüngeren Patienten und Nierauchern detektiert
werden kann.
Das Vorliegen von EML4-ALK ist
zumeist mit einer Resistenz gegen
EGFR-TKIs vergesellschaftet. In einer Phase-I/II-Studie zeigten 82 Patienten mit einer EML4-ALK Fusion
ein sehr gutes Ansprechen (57 %)
auf die Behandlung mit dem ALKInhibitor Crizotinib. Aufgrund dieser Daten wurde eine Phase-III-Studie (Profile 1007) im direkten Vergleich zu einer Zweitlinientherapie
mit Docetaxel oder Pemetrexed
Diagnose
EGFR-Mutation
EGFR-Wildtyp/unbekannt
guter Allgemeinzustand
NSCLC ohne Plattenepithelkarzinome
Erlotinib
Gefitinib
platinbasierte
Komb.-Chemotherapie + Bevacizumab1
Bevacizumab
schlechter Allgemeinzustand
Plattenepithelkarzinome
platinbasierte
platinbasierte
Komb.-Chemothera- Komb.-Chemotherapie
pie + (Pemetrexed)
Erlotinib2 oder
Pemetrexed
MonoChemotherapie
Erlotinib2
Progression
Erlotinib, Pemetrexed (keine Plattenepithelkarzinome), Docetaxel oder andere Chemotherapie
Abb. 3: Möglicher Therapiealgorithmus beim Stadium IIIB/IV-NSCLC. Aktuelle Therapiealternativen (In Anlehnung an [17]). Komb: Kombination; Graue Zeile: Erstlinientherapie; Zeile darunter: Erhaltungstherapie; untere Zeile: Zweitlinientherapie (1bei
geeigneten Patienten; 2Erhaltung mit Erlotinib bei stabiler Erkrankung (SD) nach
Induktions-Chemotherapie)
durchgeführt [13]. Es zeigte sich eine signifkante Verbesserung des
progressionsfreien Überlebens für
Patienten mit Crizotinib (7,7 vs. 3,0
Monate; p < 0,0001). Das Ansprechen war ebenfalls im CrizotinibArm überlegen (65 % vs. 20 %; p <
0,0001). Dagegen was das Gesamtüberleben nicht signifikant verschieden, wobei ein Cross-over erlaubt war und die meisten Patienten im Chemotherapie-Arm eine
spätere Behandlung mit Crizotinib
erhielten.
Seit Oktober 2012 ist Crizotinib
für die Therapie von vorbehandelten Patienten mit fortgeschrittenem NSCLC und Nachweis einer erhöhten Aktivität der anaplastischen
Lymphomkinase (ALK) zugelassen.
Geeignete Patienten (vor allem Nieraucher) sollten daher nicht nur auf
EGFR-Mutationen, sondern auch
auf das Vorliegen von EML4-ALKFusionen untersucht und in klinische Studien eingebracht werden.
Da es unter längerer Behandlung
mit EGFR-TKIs auch nach initialem
Ansprechen häufig doch zu einem
Tumorprogress kommt, wird derzeit nach Resistenzmechanismen
geforscht. Neben zusätzlichen Mutationen in der EGFR-Tyrosinkinasedomäne (T790M) und konstitutiver
Aktivierung intrazellulärer Signalwege (kras, PI3K) konnte auch die
Aktivierung weiterer Wachstumsfaktor-Rezeptoren (z.B. ALK oder
c-met-Amplifikation) als mögliche
Ursachen gezeigt werden. Auch für
diese Subgruppen werden gezielte
Therapieansätze entwickelt und in
klinischen Studien evaluiert.
Irreversible EGFR-TKIs scheinen
auch bei Tumoren mit sekundären
EGFR-Mutationen wie T790M wirksam zu sein. Eine Phase-III-Studie
konnte allerdings kein signifikant
besseres Gesamtüberleben beim
Vergleich vom irreversiblen TKI Afatinib vs. Plazebo bei Gefitinib- oder
Erlotinib- und Chemotherapie-vorbehandelten
Adenokarzinomen
zeigen [14]. In einem Vergleich mit
Cisplatin/Pemetrexed zeigte eine
Erstlinientherapie mit Afatinib da-
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gegen eine signifikante Verbesserung des progressionsfreien Überlebens (11,1 vs. 6,9 Monate; p<0,001)
bei NSCLC-Patienten mit aktivierender EGFR-Mutation [15]. Eine Behandlung von NSCLC-Patienten mit
nachgewiesener c-met-Amplifikationen mit met-Inhbitoren wird derzeit klinisch evaluiert.
Neben neuen Medikamenten
werden derzeit auch Impfversuche
gegen Lungenkrebs in klinischen
Studien bei Lungenkarzinom-Patienten bezüglich Ihrer Wirksamkeit
untersucht. Weitere klinische Studien untersuchen derzeit eine mögliche Voraussagbarkeit des Erfolgs
von
bestimmten
Zytostatika,
etwa durch Expressionsanalyse zellulärer
Reparaturmechanismen
(z.B. ERCC1, excision repair crosscomplementing rodent repair deficiency, complementation group 1)
oder ausgewählter Zielstrukturen
(z.B. Thymidylat-Synthase).
Bei immer besserem Verständnis
der Tumorzell-Veränderungen und
immer neuen Substanzen gegen
bestimmte Veränderungen der Tumorzelle zeichnet sich allgemein
ein Umdenken in der Tumortherapie ab. Zumindest für einen Teil der
zukünftigen Patienten erhofft man
sich, dass, je besser man die genetischen Veränderungen in den Tumorzellen kennt, desto besser und
genauer man die zukünftige Therapie wird auswählen können [16]. Da
sich genetische Veränderungen
während einer Therapie ändern
können, kann auch im fortgeschrittenen Erkrankungsverlauf eine erneute Tumorbiopsie notwendig
werden, um die aktuellen molekularen Veränderungen zu erfassen.
Medikamentöse Therapie
des SCLC
Kleinzellige Lungenkarzinome stellen ca. 12 bis 15% der heute diagnostizierten
Lungenkarzinome
dar [1] und sind durch einen in der
Regel besonders aggressiven Ver-
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lauf und sehr frühe Fernmetastasierung charakterisiert. Bei hoher Therapiesensibilität kann die mittlere
Überlebenszeit, die unbehandelt
unter 3 Monaten liegt, auf 14 bis
20 Monate in Stadien ohne Fernmetastasierung und auf 8 bis12 Monate im Stadium IV erhöht werden.
Wegen der frühen Fernmetastasierung wird in jedem Stadium (zumindest ab Stadium Ib und höher)
eine systemische Therapie durchgeführt. Bei lokal begrenztem Erkrankungsstadium kann durch Kombination von Chemotherapie mit einer Strahlentherapie der Primärtumorregion, der mediastinalen Lymphabflusswege sowie prophylaktisch des Schädels eine zumindest
potentielle Heilung erreicht werden. In frühen Stadien Stadium
T1–2N0–1 können auch operative
Eingriffe mit dann notwendiger
adjuvanter Chemotherapie als
Therapieoption diskutiert werden.
Bei der Auswahl der zytotoxisch
wirksamen Substanzen konnte in
den letzten Jahren leider keine signifikanten Fortschritte erzielt werden: Als Standard-Erstlinientherapie gilt eine Kombination aus einem
Platin-Derivat mit Etoposid. Im metastasierten Stadium können alternativ auch anthrazyklinhaltige Regime wie ACO (Adriamycin, Cyclophosphamid, Vincristin) oder ACE
(Adriamycin,
Cyclophosphamid,
Etoposid) eingesetzt werden, bei
denen insbesondere kardiale und
hepatische Risikofaktoren zu beachten sind. Patienten mit Remission nach Erstlinientherapie sollten
im Anschluss an die Chemotherapie
eine zusätzliche Schädelbestrahlung erhalten. Durch Kombinationen mit Einschluss neuerer Zytostatika der dritten Generation konnten in mehreren randomisierten
Phase-III-Studien keine signifikanten Verbesserungen der Überlebenszeit im Vergleich zu Standardregimen erreicht werden. Auch
Kombinationen von Irinotecan mit
einem Platinderivat waren nach
initial vielversprechenden Daten in
Bestätigungsstudien gegenüber einem Standardregime bezüglich der
medianen Überlebenszeiten nicht
signifikant überlegen. Weitere
wirksame Medikamente beim SCLC
sind Topoisomerase-I-Inhibitoren
(Topotecan bzw. Irinotecan), Paclitaxel und Gemcitabin, mit denen in
höheren Therapielinien jedoch zumeist nur eine Krankheitsstabilisierung erzielt werden kann.
Fazit : Eine systemische Behandlung
ist bei der Mehrzahl der Lungenkarzinompatienten ein wichtiger Bestandteil des Therapiekonzeptes.
Neue gezielte Therapien und neue
zytotoxische Substanzen können
bei ausgewählten Patienten mit
NSCLC das Gesamtüberleben, die
Zeit der Tumorstabilisierung und
die tumorbedingte Symptomatik
verbessern. Bei der Therapieauswahl (Abb. 3, S. 45) sind neben Tumorstadium und Histologie auch
weitere Parameter zu beachten einschließlich Patientenalter, Performance-Status, Komorbiditäten und
molekulare Veränderungen im Tumor. So werden neben der histologischen Einordnung grundsätzlich
bei Patienten mit einem nicht plattenepithelialen NSCLC die Bestimmungen des EGFR-Mutationsstatus
und die Analyse von ALK-Veränderungen empfohlen. Die Durchführbarkeit wiederholter Biopsien und
aktueller Analysen eines definierten molekularen Markerprofils
wird derzeit klinisch evaluiert.
Literatur: www.onkologie-heute.info
PD Dr. med.
Niels Reinmuth
Onkologischer
Schwerpunkt
LungenClinic
Großhansdorf
22927 Großhansdorf
n.reinmuth
@lungenclinic.de
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