4 Untersuchung der Nerven

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Kapitel 4
4 Untersuchung der Nerven
H. Kele
4.1 Anamnese und klinische Untersuchung bei Erkrankungen
peripherer Nerven
4.1.1 Anamnese
Die Anamneseerhebung soll wie bei Erkrankungen anderer Organsysteme Auskunft
über die Art und Lokalisation der Beschwerden, deren erstmalige Manifestation, den
zeitlichen Verlauf und die daraus resultierende funktionelle Behinderung geben. Im Allgemeinen richten sich die Fragen bei Verdacht auf eine periphere Neuropathie auf die
motorische, sensible sowie vegetative Funktion des betroffenen Nerven. Das Auftreten
einzelner Symptome ist jedoch von der Art
des Nervs (gemischt, motorisch, sensibel)
abhängig.
Als initiales Symptom treten häufig
Parästhesien und Schmerzen auf. Die Erstgenannten sind topisch-diagnostisch zuverlässiger, da sie meist dem Ausbreitungsgebiet
der kutanen Sensibilität des betroffenen
Nervs entsprechen und von Patienten als
Kribbeln, Ameisenlaufen oder Eingeschlafensein beschrieben werden. Sie werden zu
Unrecht häufig als Folge von Durchblutungsstörungen angesehen, obwohl sie letztlich stets neurogen sind. Treten sie symmetrisch auf, ist auch an spinal-medulläre oder
polyneuropathische Erkrankungen zu denken. Die Schmerzen werden als stechend,
brennend oder elektrisierend bezeichnet. Sie
sind häufig von starker Intensität und reagieren schwach auf übliche Analgetika. Im
Gegensatz zu den Parästhesien können sie
diffus sein und sich auch bei distalen Läsionen weit nach proximal auf die ganze Extremität ausdehnen, wie etwa die Brachialgie
beim Karpaltunnelsyndrom. Bei Kompressionssyndromen treten die Symptome häufig nachts auf. Bei geschädigten Nerven können Parästhesien und Schmerzen leichter
durch Druck (z.B. bei Aufstützen des Ellenbogens beim Kubitaltunnelsyndrom), Schlag
(beim Vorliegen eines Tumors oder traumatischen Neuroms) oder bestimmte Bewegungen (z.B. Luxation des N. ulnaris vom Sulcus
bei Ellenbogenflexion) ausgelöst werden. Bei
einigen Krankheiten treten sie vorwiegend
in bestimmten Positionen oder bei Tätigkeiten auf, wie die beim Gehen oder Stehen auftretenden Schmerzen bei einer MortonMetatarsalgie. Mit Fortschreiten der Erkrankung sind sensible Ausfallerscheinungen,
die von Patienten als ein Taubheitsgefühl
geschildert werden, verbunden. Nur im
extremen Fall, z.B. bei Schnittverletzung
eines peripheren Nervs, kann das abhängige
Areal ohne vorangehende Schmerzen anästhetisch oder analgetisch werden.
Schädigungen gemischter Nerven werden regelmäßig von einer muskulären Schwäche begleitet. In den Anfangsstadien wird
dies oftmals als Ungeschicklichkeit, z.B.
erschwertes Schließen von Knöpfen beim
Karpaltunnelsyndrom, empfunden. Besonders bei älteren Menschen oder Patienten
mit einer zusätzlichen generalisierten Neuropathie, z.B. diabetische Neuropathie, werden die Parästhesien oder eine Muskelschwäche nicht wahrgenommen und der
Arzt erst nach Auftreten von Atrophien aufgesucht.
223
4 Untersuchung der Nerven
224
Die Störung der vegetativen Funktion
wird am häufigsten als permanente Kälte eines Extremitätenabschnitts, z.B. asymmetrisch kalte Fußsohle beim Tarsaltunnelsyndrom, geschildert.
Zur Klärung der Ätiologie der Erkrankung
sind Fragen bezüglich verschiedener internistischer Erkrankungen (v.a. aus dem endokrinen, metabolischen und rheumatischen
Formenkreis) zu stellen. Die Sozialanamnese
mit Beschreibung der beruflichen Tätigkeiten sowie eine detaillierte Traumaanamnese
bei Unfällen (zeitliche Zusammenhänge, Art
der Gewalteinwirkung, ggf. angewandte operative Methoden) dürfen bei der Befragung
des Patienten auch nicht fehlen.
4.1.2 Klinische Untersuchung
Die Diagnose einer Läsion eines peripheren
Nerven setzt den Nachweis objektiv fassbarer
Ausfälle innerhalb des Innervationsbereichs
des betroffenen Nerven voraus. Man wird
nach Paresen, u.U. mit Muskelatrophien,
Reflexausfällen, Sensibilitätsstörungen oder
Defekten der vegetativ gesteuerten Funktionen, wie Schweißabsonderung, Piloarrektion
und Vasomotorik, suchen.
Die motorischen Symptome einer peripheren Nervenläsion stellen sich als eine schlaffe Parese dar. Nach Verteilungsmuster der
Paresen kann die Schädigung lokalisiert und
nach deren Ausprägung der Schweregrad
abgeschätzt werden. Bei schweren Läsionen
kommen nach etwa 3 Wochen beginnende
Muskelatrophien hinzu. Faszikulationen treten bei Läsionen peripherer Nerven selten
auf. Dagegen ist eine Abschwächung oder
Aufhebung der entsprechenden Muskeleigenreflexe, die ebenfalls lokalisatorisch
wichtig sind, obligatorisch. Die detaillierte
klinische Untersuchungstechnik der Motorik
wurde bereits im Kapitel 2.1.2 beschrieben.
Die Sensibilität ist gemäß dem kutanen
Innervationsgebiet gestört. Es sind alle Qua-
litäten mehr oder weniger gleichmäßig befallen, und die Zonengrenzen (im Gegensatz zu
den Wurzelläsionen) sind scharf. Um ein
gewisses Maß an Objektivität zu erreichen,
erfordert die Prüfung der Sensibilität vonseiten des Untersuchers Sorgfalt und Geduld
und setzt die Mitarbeit des Patienten voraus.
Man testet mit den beabsichtigten Reizen
zunächst ein Gebiet, in dem wahrscheinlich
keine Störungen vorliegen, um das Gefühl
der Normalempfindung beim Patienten zu
erwecken. Dann setzt man Reize im Zentrum
des potenziell gestörten Bezirks oder bei
asymmetrischen Erkrankungen auf der gesunden Körperseite, um den Unterschied zum
normalen Gefühl hervorzuheben. Danach
versucht man, die Grenzen des gestörten
Gebiets von den gesunden als auch betroffenen Arealen aus zu erfassen. Es sind nicht nur
die quantitativen Unterschiede in der Wahrnehmung wichtig, sondern auch Missempfindungen oder Angaben über ein „Andersempfinden“ zu berücksichtigen. Die Befunde
sollten stets mehrfach reproduzierbar sein.
Bei der Untersuchung sollten mehrere
sensible Qualitäten geprüft werden. So ist
das Berührungsempfinden mit Watte oder
durch Berührung der Fingerkuppen zu analysieren. Das Schmerzempfinden ist am einfachsten mit einem abgebrochenen Holzstäbchen oder Zahnstocher zu überprüfen.
Wenn man zwischen zwei Fingernägeln eine
Hautfalte kneift, kann man sowohl das
Schmerz- als auch Berührungsempfinden
testen. Differenzialdiagnostisch ist wichtig,
dass bei monoradikulären Läsionen ausschließlich ein eng begrenzter hypo- bis
analgetischer Streifen besteht, wogegen bei
peripheren Nervenläsionen alle Qualitäten
gleichmäßig betroffen sind. Das Temperaturempfinden wird durch Berührung mit je
einer gläsernen Eprouvette, die kaltes bzw.
warmes Wasser enthält, begutachtet. Orientierend kann zur Untersuchung die Schlagseite des neurologischen Reflexhammers als
ein kalter Stimulus und der Hammerstiel als
4.1 Anamnese und klinische Untersuchung bei Erkrankungen peripherer Nerven
ein warmer Stimulus verwendet werden. Das
Vibrationsempfinden ist mit einer 128- oder
256-Hertz-Stimmgabel zu testen. Abgesehen
von Polyneuropathien wird bei Erkrankungen peripherer Nerven die Untersuchung des
Vibrationsempfindens zusammen mit den
quantitativen Methoden (Semmes-Weinstein-Nylonmonofilamente) oder funktionellen Analysen (2-Punkte-Diskrimination)
hauptsächlich für Studienzwecke benützt.
Vegetative Störungen der Haut sind bei
kompletten Läsionen peripherer Nerven
besonders ausgeprägt und wirken sich an
den Akren der Extremitäten am stärksten
aus. Die Atrophie der Haut ist am eindrucksvollsten an den Fingerspitzen zu sehen. Die
Finger erscheinen zugespitzt, wie „abgelutscht“. Nicht selten sind Hyperkeratosen
bis zu borkigen, von Rissen durchzogenen
Hautauflagerungen zu finden. Derart veränderte Haut ist sehr vulnerabel gegenüber
mechanischen und thermischen Schädigungen und zeigt eine schlechte Heilungstendenz. Oft entdeckt man auch Wachstumsstörungen an den Nägeln, meistens in Form
von Querwülsten oder aber als weißliche,
sog. Mees-Nagelbänder. Das Nagelbettzei-
Kapitel 4
chen von Alföldi, bei dem die unmittelbar
unter dem Nagelende befindliche Haut leistenartig verdickt und nach vorne gezogen
erscheint, kann häufig bei Ulnarisläsionen
beobachtet werden. Eine Störung der Vasomotorik kann sich initial als Rötung mit
erhöhter Hauttemperatur, später als Zyanose
mit Hautunterkühlung, manifestieren (z.B.
beim Sudeck-Syndrom). Ein Ausfall der
Schweißsekretion gilt als Ausdruck der Durchtrennung der sudorisekretorischen Fasern.
Die Untersuchung sollte mit Provokationsmanövern, bei denen die Symptome ausgelöst werden können, abgeschlossen werden. Die bekannteste und am häufigsten
eingesetzte Methode ist das sog. HoffmannTinel-Zeichen. Dabei wird der betroffene
Nervenstamm mit einem Finger beklopft,
was an der Läsionsstelle, im Laufe der Reinnervation auch weiter distal, Parästhesien
in dem peripheren Areal des Nerven hervorruft. Von den anderen Provokationstests
sind insbesondere der Phalen-Test beim Karpaltunnelsyndrom und die Untersuchung
der Luxation des N. ulnaris vom Sulcus n.
ulnaris zu nennen.
225
4 Untersuchung der Nerven
226
4.2 Sonographische Untersuchung
der Nerven
Läsionen peripherer Nerven werden konventionell anhand der Anamnese, der klinischneurologischen sowie der elektrophysiologischen Untersuchung diagnostiziert. Mit
diesen Methoden werden der funktionelle
Status des betrachteten Nerven erhoben und
Informationen über das Vorliegen einer Nervenschädigung, deren zeitliche Zuordnung
(akut/chronisch), Charakter (axonal/demyelinisierend) und etwaige Regenerationsprozesse gewonnen. Aussagen über den morphologischen Status des Nerven selbst und
der umgebenden Strukturen, die zur Klärung
der Ätiologie der Neuropathie führen können, sind jedoch nur eingeschränkt möglich.
Moderne Schnittbildverfahren wie die Sonographie und die Magnetresonanztomographie (MRT) ermöglichen die direkte Darstellung von peripheren Nerven und erlauben
häufig eine pathomorphologische Zuordnung der Nervenläsion. Mit ihrer Hilfe lässt
sich dann die Diagnose genauer spezifizieren
und somit ein adäquates therapeutisches
Vorgehen vorgeben.
Solbiati et al. [1985] haben Mitte der
80er-Jahre als erste die sonographische Darstellung eines Nerven dokumentiert (N.
laryngeus recurrens). Bereits zuvor wurde die
Abbildung benigner Tumoren des N. ischiadicus beschrieben, die Darstellung des Nerven selbst gelang jedoch nicht [Hoddick et
al. 1984]. Nachfolgend wurden Studien über
den Einsatz der Sonographie in der Diagnostik von Tumoren [Hughes und Wilson 1986]
und Entzündungen peripherer Nerven [Fornage 1988] sowie Engpasssyndromen [Calleja Cancho et al. 1989] veröffentlicht. Ende
der 90er-Jahre wurde durch den technischen
Fortschritt und Einführung hochfrequenter
Schallsonden ein neuer Impuls in die Entwicklung der Methode gegeben, sodass auch
die diagnostischen Möglichkeiten und Aus-
sagekraft der Untersuchung auf allen bis
dahin erforschten Gebieten verbessert wurden. Die Evaluation traumatischer Läsionen
peripherer Nerven erweiterte das Diagnosespektrum nochmals [Peer et al. 2001].
Die Sonographie der Nerven ist heute
eine der sich am schnellsten entwickelnden
Methoden auf dem Gebiete der „peripheren“
Neurologie. Trotz einiger mittlerweile etablierter Indikationen bleiben noch viele Fragestellungen offen, worin der potenziell
wichtige Beitrag der Methode bestehen
könnte. In den folgenden Kapiteln werden
der heutige Wissensstand der Methodik, die
Durchführung sowie die klinischen Anwendungen der Nervensonographie dargestellt.
4.2.1 Technische Voraussetzungen
Zur Untersuchung peripherer Nerven mit der
Sonographie müssen gewisse Mindestanforderungen an die apparative Ausstattung
erfüllt werden, da von dieser im Wesentlichen die Auflösung und somit auch die Darstellbarkeit der Strukturen und Verwertbarkeit der Bild gebenden Information
abhängen.
In erster Linie ist es notwendig, einen
möglichst hochfrequenten Linearschallkopf
zur Verfügung zu haben, da sich das Auflösungvermögen mit steigender Sendefrequenz verbessert. Allerdings verringert sich
die Eindringtiefe, sodass die Wahl der Sendefrequenz auch vom zu untersuchenden Nerven und dessen Lokalisation abhängt. Ein
Breitbandschallkopf (z.B. 8–14 MHz) ist
daher besonders vorteilhaft. Für oberflächlich gelegene Strukturen (z.B. N. medianus
im Karpaltunnel oder sensible Nerven) wird
mindestens ein 10-MHz-Schallkopf empfohlen. Ein Zuwachs an Auflösung und Präzision der Zeichnung der Strukturen wird
bereits bei einer Erhöhung der Frequenz auf
12 oder 14 MHz deutlich. Solche hohen Frequenzen sind jedoch nur bis zu einer Tiefe
4.2 Sonographische Untersuchung der Nerven
von etwa 2 cm anwendbar. Für tiefer gelegene Strukturen (z.B. N. ischiadicus oder
N. medianus am proximalen Unterarm) oder
bei adipösen Patienten wird die Sendefrequenz bis auf 8 MHz gesenkt. In der älteren
Literatur wurde über den Einsatz von Schallköpfen mit 5 oder sogar 3,5 MHz berichtet
[Graif et al. 1991], was jedoch bei Verwendung moderner Geräte nicht mehr erforderlich ist. In diesen Fällen erlaubt die Untersuchung nur eine grobe Beurteilung, wie etwa
den Ausschluss von Raumforderungen, da
die Auflösung eine ausreichende Darstellung
des Nerven und seiner Struktur nicht gestattet.
Neben der Schallkopfsendefrequenz ist
auch die Auflagefläche des Schallkopfs
(Schallkopfbreite) zu beachten. Diese
bestimmt das dargestellte Schallfenster (field
of view). Breite Sonden (über 45 mm) bieten
in Transversalschnitten eine sehr gute Übersicht im untersuchten Gewebe. Auf Longitudinalschnitten ist es dagegen oftmals
schwierig, den Nerven wegen seines häufig
nicht geradlinigen Verlaufs auf einem
Schnittbild abzubilden. In einigen Körperregionen (z.B. Darstellung des N. ulnaris im
Sulcus) kann die Handhabung einer breiten
Sonde umständlich sein, und ein Teil der
Auflagefläche kann den Kontakt mit der
Haut verlieren (s. Video 1). Das Gegenteil zu
dem oben Aufgeführten gilt für Schallköpfe
mit schmaler Auflagefläche. Ein Schallkopf
sollte jedoch mindestens 30 mm breit sein,
da sonst das Schallfenster zu eng ist und die
Untersuchung in beiden Ebenen unübersichtlich wird. Neuerdings bieten einige Hersteller Schallköpfe an, bei denen das Schallfenster digital erweitert werden kann
(Virtual-Format-Imaging).
Zu den optimalen Untersuchungsbedingungen gehört neben hochfrequenten
Schallköpfen der Einsatz eines hochwertigen
Ultraschallgeräts mit vielfältigen Prä- und
Postprocessing-Einrichtungen. So erfolgt die
Einstellung der Untersuchungsparameter
Kapitel 4
automatisch durch die Verwendung der vom
Hersteller installierten Software zur Betrachtung von Weichteilen (Small-parts-Software). Die Möglichkeit des gleichzeitigen
Einsatzes der Farb-Duplexsonographie (richtungskodierte Blutflussdarstellung in Echtzeit) und der Power-Dopplersonographie
(richtungsunabhängige Darstellung von
geringen Blutflüssen) sollte auch zur Verfügung stehen. Der Einsatz des Photopic-Imaging (digitale Umwandlung des Graustufenbilds in ein farbangereichertes Bild)
ermöglicht die Identifikation auch subtiler
Veränderungen bei allen Lichtverhältnissen.
Das Compound-Imaging (digitale Bildkomposition von Einzelbildern, die aus mehreren
Ebenen stammen) verringert wesentlich das
Vorkommen von Artefakten und führt zur
besseren Diskriminierung durch Erhöhung
des Kontrasts zwischen den einzelnen Geweben. Die Anwendung von 3-D-Verfahren
könnte, obgleich bislang nicht für Nerven
beschrieben, für die Bestimmung von
Tumordimensionen hilfreich sein. Da am
Bewegungsapparat in vielen Fällen wichtige
Befunde nur in der Bewegung erkannt werden, ist es sinnvoll, einige Einrichtungen,
wie z.B. das sog. „Cine-Mode“, oder besser
eine (digitale) Videoaufzeichnung zu verwenden. Die Panoramaverfahren sind zur
Aufzeichnung von Nervenverläufen oder
von langstreckigen Läsionen dienlich. Zur
einfachen Dokumentation kann ein Thermodrucker benutzt werden. Die Möglichkeit
digitaler Speicherung von Einzelbildern und
insbesondere von bewegten Bildern in Form
von Videos bietet jedoch deutlich mehr Vorteile.
Am Ende muss betont werden, dass eine
orientierende Untersuchung auch ohne den
Einsatz modernster apparativer Ausstattung
möglich ist. Das Spektrum der Diagnosen
sowie die Aussagekraft der Untersuchung
sind jedoch geringer. So lassen sich z.B.
Tumoren peripherer Nerven auch mit einem
8-MHz- oder noch niedriger frequenten
227
4 Untersuchung der Nerven
228
Schallkopf und einem Standardgerät diagnostizieren. Die Beurteilung feiner morphologischer Auffälligkeiten, wie in der prä- und
postoperativen Evaluation von Nerventraumata, bei der Kompression der Nerven durch
Narbengewebe, in der Darstellung kleiner
Nervenäste oder in der Untersuchung sensibler Nerven, gelingt allerdings nur mit einer
hochwertigen Ausstattung.
4.2.2 Allgemeine Untersuchungstechnik
Neben der entsprechenden technischen Ausstattung sind gute anatomische Kenntnisse
die zweite wichtige Voraussetzung für die
Untersuchung peripherer Nerven. Daher ist
besonders für Anfänger der Gebrauch von
anatomischen Atlanten vor als auch während der Untersuchung empfehlenswert. Die
spezielle Untersuchungstechnik ist von dem
zu betrachtenden Nerven abhängig und wird
ausführlich im Kapitel 4.3 dargestellt. Hier
soll lediglich auf allgemeine Aspekte der
Untersuchung eingegangen werden.
Die Lagerung des Patienten erfolgt
zweckmäßig so, dass ein möglichst langer
Nervenabschnitt, mindestens 10 cm proximal sowie distal der betroffenen Region,
erfasst werden kann. Sie soll für den Patienten und Untersucher gleichermaßen komfortabel sein, da die Untersuchung einiger Fragestellungen langwierig ausfallen kann. Die
Verwendung einer Vorlaufstrecke halten wir
bei Anwendung moderner Schallköpfe mit
einstellbarem Fokus nicht für erforderlich.
Zur guten akustischen Kopplung sollte
jedoch reichlich Ultraschallgel verwendet
werden.
Im Allgemeinem sollte die Darstellung
des peripheren Nerven und selbstverständlich auch die eines möglichen pathologischen Befunds auf Transversal- als auch Longitudinalschnitten erfolgen. Bezüglich der
initialen Ansicht des Nerven werden wegen
der besseren Übersicht Transversalschnitte
empfohlen. Der untersuchte Nerv wird
zunächst an einer Stelle dargestellt, an der er
sicher identifiziert werden kann. Dies sind
meistens Bereiche mit bekannten anatomischen Merkmalen, in etwa in der Nähe von
Knochen oder Bändern (z.B. der N. medianus
im Karpaltunnel oder der N. ulnaris im Sulcus n. ulnaris). Schließlich lassen sich die
Nerven durch Hoch- und Herunterfahren
der Schallsonde in ihrem weiteren Verlauf
verfolgen. Besonders bei Untersuchungen
von Erkrankungen im unübersichtlichen
Terrain (z.B. traumatische Zustände mit Narbenbildung) wird empfohlen, den Nerv aus
dem gesunden Gewebe heraus bis hin zum
Läsionsort zu verfolgen. Wir raten, auch bei
differenzierten Fragestellungen einen möglichst langen Nervenverlauf zu untersuchen
(z.B. beim Karpaltunnelsyndrom die Darstellung des N. medianus mindestens bis zum
Ellenbogen), da in seltenen Fällen andere
Ursachen für die vermeintlich typischen
Symptome entdeckt werden können [Marquardt et al. 2001, Kele und Verheggen
2003b]. In diagnostisch ungeklärten oder
atypischen Fällen sollte immer die Betrachtung des gesamten Verlaufs in der Extremität
durchgeführt werden.
Auf Transversalschnitten wird die Größe
der peripheren Nerven entweder durch Messung des anteroposterioren und mediolateralen Diameters oder der Nervenquerschnittsflächen bestimmt. Zur Quantifizierung
pathologischer Veränderungen bei kompressiven oder generalisierten Neuropathien
empfehlen wir die Messung der Nervenquerschnittsflächen, am besten durch Umfahren
des Nerven und Errechnung der Fläche
durch die integrierte Gerätesoftware. Einheitliche Referenzwerte für die Nervengröße
gibt es in der Literatur nicht, da diese von der
angewandten apparativen Ausstattung sowie
der Messmethodik abhängig sind (s. auch
Kap. 4.4.1.1). Referenzgrößen für die Nerven
an typischen Stellen können den zahlreichen Veröffentlichungen zu den einzelnen
Kapitel 4
4.2 Sonographische Untersuchung der Nerven
Erkrankungen, hauptsächlich zu den Kompressionssyndromen, entnommen werden.
Einige augewählte Referenzwerte sind im
Tabellenanhang aufgeführt.
Die Darstellung auf Longitudinalschnitten ist schwieriger, da sich die Ultraschallsonde nicht immer parallel zum Nervenverlauf auf der Hautoberfläche ansetzen lässt.
Der Nerv kann daher oftmals nicht auf dem
ganzen Bild gezeigt werden, weiterhin kann
es leichter zu Verwechslungen mit anderen
Strukturen kommen, wie etwa den Muskelfaszien oder Septen im Unterhautfettgewebe
bei Beschallung oberflächlicher Hautnerven.
Ein geschicktes und geduldiges Arbeiten mit
dem Schallkopf ist daher notwendig. Am
einfachsten gelingt der Wechsel vom Transversal- zum Longitudinalschnitt so, dass der
Nerv zunächst in der Mitte des Bildes im
Transversalschnitt dargestellt und unter
Sichtkontrolle die Sonde vorsichtig um 90°
gedreht wird.
Analog zur Untersuchung von Muskeln
und Sehnen ist eine Prüfung der kontralateralen asymptomatischen Seite unbedingt
durchzuführen. Die Diagnose einer Nervenerkrankung ist nicht selten durch die Darstellung feiner Veränderungen in der Nervengröße oder Echotextur, die erst im
Seitenvergleich eindeutig auffällig sind,
möglich. Speziell bei der Betrachtung kompressiver Neuropathien, wenn eine Messung
der Nervendiameter oder Nervenquerschnittsflächen erforderlich ist, ist dies zu
beachten. Aufgrund der interindividuellen
Variabilität der Nervenmaße und bisher fehlenden Referenzgrößen einzelner Nerven
dient die asymptomatische Körperseite als
optimaler Vergleichswert.
Ein besonderes Merkmal der Sonographie ist die dynamische Untersuchung.
Durch Bewegung der Gliedmaßen können
pathologische Befunde ausgelöst und leichter erkannt werden (z.B. Luxation des N.
ulnaris vom Sulcus). Auch die Differenzierung der Nerven von anderen Strukturen
(z.B. Sehnen, Muskelfaszien) und die Beurteilung der Beziehung zu Nachbargeweben (z.B.
Fehlen der Beweglichkeit des Nerven durch
Einschnürung im Narbengewebe) können so
erörtert werden.
Die Anwendung der farbkodierten
Duplexsonographie oder der Power-Dopplersonographie ermöglicht zusätzlich zur
B-Bild-Darstellung die Beurteilung der vaskulären Versorgung eines Nerven. Diese ist v.a.
bei der Bewertung von entzündlichen Zuständen, des Nerventraumas oder kompressiver
Neuropathien nützlich, wenn eine deutliche
Vaskularisation zum Vorschein kommt. Bei
der Untersuchung von Nerventumoren kann
die Darstellung abnormer Vaskularisation bei
Schwannomen, im Gegensatz zu den Neurofibromen, die Differenzialdiagnose erleichtern.
Martinoli et al. [2000a] empfehlen die Einstellung der Farb-Duplexsonographie auf schwache Signale von Gefäßen mit langsamen Flüssen (Pulsrepetitionsfrequenz 1 kHz, Bandpassfilter 50 Hz). Die Farb-Duplexsonographie
ist auch beim Auffinden größerer Nerven (sie
werden häufig von Gefäßen begleitet) oder
bei der Abgrenzung kleiner Nerven von
Gefäßstrukturen hilfreich.
Zusammenfassung
Die Ultraschalluntersuchung der peripheren
Nerven sollte möglichst mit einem hochfrequenten Breitbandlinearschallkopf vorgenommen werden (z.B. 8–14 MHz). Bei
Beschallung oberflächlicher Nerven wird
eine möglichst hohe Sendefrequenz (10–15
MHz) angewandt, für die Darstellung tiefer
gelegener Strukturen kann die Frequenz bis
auf 8 MHz – allerdings zulasten der Auflösung – gesenkt werden. Neben den Schallköpfen bewirkt der Einsatz eines hochwertigen Ultraschallgeräts mit vielfältigen Präund Postprocessing-Einrichtungen eine optimale Bildqualität und somit auch eine gute
Aussagekraft der Untersuchung.
229
4 Untersuchung der Nerven
230
Mit einer geeigneten apparativen Ausstattung lassen sich alle wichtigen Nerven der
Extremitäten untersuchen. Die Abbildung kleiner Nervenäste sowie sensibler Nerven gelingt
unregelmäßig und bedarf auch einer gewissen
Erfahrung des Untersuchers. Der gesunde Nerv
sowie jeder pathologische Befund sollten in
zwei zueinander senkrechten Ebenen dargestellt werden, um die Gefahr der Verwechslungen mit Artefakten zu minimieren. Bei asymmetrischen Erkrankungen empfiehlt es sich,
beide Körperseiten miteinander zu vergleichen, da die nicht oder weniger betroffene
Extremität als Referenz dienen kann.
Die dynamische Untersuchung kann zur
Identifikation der Nerven eingesetzt werden.
Einige pathologische Zustände können erst
bei Bewegungen der Gliedmaßen ausgelöst
oder erkannt werden. Der Einsatz der FarbDuplexsonographie und des Power-Dopplerverfahrens ermöglicht die Beurteilung der
vaskulären Versorgung eines Nerven, was
besonders bei der Betrachtung von kompressiven oder traumatischen Neuropathien hilfreich sein kann.
4.2.3 Normaler sonographischer Befund
Die gesunden Nerven sind aus einem kabelartigen Strang von Faszikeln unterschiedlicher Größe, die in ihrem Längsverlauf plexusartig miteinander in Verbindung stehen,
zusammengesetzt. Faszikel werden von mehreren Nervenfasern gebildet, die jeweils aus
Axonen mit deren Myelinscheide sowie
Schwannzellen bestehen. Die Anzahl und
Größe der Faszikel ist nicht einheitlich und
hängt von der Größe und Art des Nerven,
dessen Entfernung vom Ursprung und vom
umgebenden Gewebe ab. Die einzelnen Nervenfasern werden vom Endoneurium, die
einzelnen Nervenfaszikel vom Perineurium
umhüllt. Das Epineurium stellt die gemeinsame Hülle des Nerven dar. Histologisch ist
es ein lockeres, fettreiches, durch Kollagenfa-
sern verstärktes Bindegewebe. Man unterscheidet ein äußeres Epineurium, das den
Nervenstrang umschließt, und ein inneres
oder interfaszikuläres Epineurium, welches
die Räume zwischen den Faserbündeln ausfüllt. Das Epineurium verbindet die Nerven
mit dem umliegenden Gewebe. In Muskellogen oder in der Nähe von Gelenken ist die
Verbindung locker, und die Nerven können
darin gut gleiten. Nur an wenigen Stellen
sind die Nervenstämme durch angrenzendes
Gewebe fixiert und damit in besonderem
Maße mechanischen Läsionen ausgesetzt.
Im Epineurium befinden sich, abgesehen
von Nervenfaszikeln, die Vasa nervorum, die
für die Gefäßversorgung zuständig sind. Größere Nervenstämme verlaufen häufig zusammen mit größeren Arterien und Venen in
einer gemeinsamen Bindegewebsscheide in
sog. Nerv-Gefäß-Bündeln.
Bei der sonographischen Untersuchung
haben die Nerven auf Transversalschnitten
eine runde bis ovale Form. Das typische
sonographische Reflexmuster (Echotextur)
der Nerven, das sich auf Transversalschnitten wabenförmig darstellt, ist durch kleine
runde echoarme Areale, die in einem echoreichen Hintergrund eingebettet sind, gekennzeichnet (s. Abb. 4.1). Die Korrelation
mit der Histologie hat gezeigt, dass die echoarmen Areale den Nervenfaszikeln und der
echoreiche Hintergrund dem interfaszikulären Epineurium entsprechen [Silvestri et al.
1995]. Häufig lässt sich ein echoreicher Rand
als Abgrenzung zur Umgebung darstellen,
der in vitro mit dem Epineurium übereinstimmt [Graif et al. 1991, Silvestri et al.
1995]. In vivo und besonders an anatomischen Engstellen lassen sich die äußeren
Grenzen des Nerven nicht immer eindeutig
bestimmen. Der echoreiche Rand kann nämlich sowohl als epifaszikuläres Epineurium
als auch als perineurales Fettgewebe, das
ähnlich echoreich erscheinen kann, gedeutet werden [Martinoli et al. 2000b, 2002a].
Daher ist zu beachten, dass die Messung der
4.2 Sonographische Untersuchung der Nerven
a
b
Abb. 4.1: Normalbefund des N. medianus (Pfeil)
am distalen Unterarm. Im Transversalschnitt (a)
lässt sich die typische wabenförmige Echotextur
mit einzeln abgrenzbaren Faszikeln betrachten,
im Longitudinalschnitt (b) kommt die faszikuläre Echotextur deutlich zum Vorschein. Es ist zu
beachten, dass das epifaszikuläre und das interfaszikuläre Epineurium gleichermaßen echoreich aussehen. FDS = M. flexor digitorum superficialis. FDP = M. flexor digitorum profundus.
Nervenquerschnittsflächen immer innerhalb des echoreichen Randes durchgeführt
wird [Duncan, Sullivan und Lomas 1999].
Die Größe der Nerven korreliert nicht mit
der Körpergröße, dem Gewicht und
Geschlecht [Martinoli et al. 2000a].
Auf Longitudinalschnitten lässt sich die
typische faszikuläre Echotextur der Nerven
darstellen. Diese wird durch multiple echoarme, parallel verlaufende diskontinuierliche
Areale, die durch echoreiche Linien getrennt
sind, gekennzeichnet (s. Abb. 4.1). Kleinere
Nerven (z.B. R. profundus n. radialis oder
sensible Nerven) erscheinen eher echoarm,
die typische faszikuläre Echotextur lässt sich
Kapitel 4
nicht konstant erkennen. Aus histosonographischen Untersuchungen geht hervor, dass
die Anzahl der visualisierten Faszikel mit der
steigenden Schallkopfsendefrequenz in
Zusammenhang steht. Dennoch werden
auch bei Anwendung hoher Frequenzen
(15 MHz) sonographisch weniger Faszikel
sichtbar, als mikroskopisch festzustellen
sind. Begründen kann man dieses Faktum
zum einen dadurch, dass benachbarte Faszikel ähnlicher Echogenität aufgrund unzureichender lateraler Auflösung zusammenfließen und als eine Einheit erscheinen. Eine
zweite Erklärungsmöglichkeit beruht auf der
Tatsache, dass der Faszikel und das dazugehörige interfaszikuläre Epineurium bei nicht
senkrechter Beschallung aufgrund des undulierenden
Verlaufs
echoarm
wirken,
wodurch einige Faszikel nicht differenziert
werden können [Silvestri et al. 1995]. Hiermit hängt auch das Phänomen der sog. Anisotropie, die für die Nerven sowie Sehnen
typisch ist, eng zusammen. Aufgrund dieses
Umstands ist nur bei senkrechter Beschallung eine maximal echoreiche Darstellung
gegeben. Schräg getroffene Nerven und Sehnen präsentieren sich artifiziell echoarm,
was z.B. zu einer Verwechslung mit Nervenschwellung bzw. Tenosynovitis oder gar zu
verfehlter Erkennbarkeit der Struktur führen
kann (s. Abb. 4.17, Video 2). Im Falle eines
bogenförmigen Nervenverlaufs muss der
Schallkopf angewinkelt werden, um alle
Anteile korrekt wiedergeben zu können.
Die Identifizierung von Nerven kann in
manchen Fällen schwer fallen, wobei eine
Verwechslung v.a. mit den Sehnen, Faszien
und seltener auch mit Gefäßen möglich ist.
Die Sehnen sind auf Longitudinalschnitten
durch ihre feine fibrilläre Echotextur, die
sich von der faszikulären Echotextur der
Nerven wesentlich unterscheidet, zu differenzieren. Des Weiteren sind Form und
Größe der Nerven im Verlauf variabel. Bei
der dynamischen Untersuchung werden
die Nerven im Gegensatz zu den Sehnen
231
4 Untersuchung der Nerven
232
nur passiv mitbewegt. Im Longitudinalschnitt können Muskelfaszien besonders
die Identifikation kleiner Nerven erschweren. Eine konsequente Beschallung in zwei
Ebenen, die dynamische Untersuchung
sowie die Verfolgung des Verlaufs der dargestellten Struktur schaffen Klarheit. Bei
Beschallung kleiner sensibler Nerven kön-
nen auch Gefäße, meistens Venen, Konfusion verursachen. Mithilfe der Anwendung
der Farb-Duplexsonographie sowie durch
Darstellung der Komprimierbarkeit der
Venen gelingt die Identifikation sicher. Die
Kriterien zur Differenzierung der Nerven
gegenüber anderen Strukturen sind in der
Tabelle 4.1 resümiert.
Tab. 4.1: Differenzierung der Nerven von anderen Strukturen
Sonographisches
Merkmal
Nerv
Sehne
Faszie
Gefäß
Konfiguration im
Transversalschnitt
rund bis oval,
manchmal
unregelmäßig
rund bis oval
bandförmig
rund
Konfiguration im
Longitudinalschnitt
bandförmig
bandförmig
bandförmig
bandförmig
Echogenität
echoarm bis echoreich echoreich
echoreich
echofrei
Echotextur transversal
wabenförmig bzw.
grobe Punkte
feine Punkte
nur eine starke
echofreies Areal
echoreiche Linie; mit echoreichem
manchmal dün- Rand
nes echoarmes
Band zwischen
parallelen echoreichen Linien
Echotextur longitudinal
faszikulär – parallel
verlaufende, diskontinuierliche echoarme
Bänder, getrennt
durch echoreiche
Linien
fibrillär – feine
parallel verlaufende, echoreiche Linien,
getrennt durch
echoarme
Linien
nur eine starke
echofreies Band
echoreiche Linie; zwischen zwei
manchmal dün- echoreichen Linien
nes echoarmes
Band zwischen
parallelen echoreichen Linien
dynamische
Untersuchung
passive Mitbewegung
Bewegung
Bewegung
keine Bewegung
Vaskularisation in
der Farb-Duplexsonographie
bei Verstärkung
schwacher Signale
geringe Mikrozirkulation
keine
keine
Flusssignal im
Lumen
Besonderheiten
Anisotropie; Form
und Maße im Verlauf
variabel
Anisotropie
ähnliches Aussehen im Transversal- und
Longitudinalschnitt
Komprimierbarkeit
der Venen;
Pulsation der
Arterien
4.2 Sonographische Untersuchung der Nerven
Zusammenfassung
Gesunde periphere Nerven erscheinen auf
Transversalschnitten als runde bis ovale vorwiegend Strukturen mit echoreichem Rand.
Sie besitzen eine typische wabenförmige
Echotextur. Dabei entsprechen die rundlichen echoarmen Areale den Nervenfaszikeln
und der echoreiche Hintergrund, in den sie
eingebettet sind, dem interfaszikulären Epineurium. Der echoreiche Rand kann sowohl
dem epifaszikulären Epineurium als auch
dem perineuralen Fettgewebe entsprechen.
Auf Longitudinalschnitten zeigt sich eine
typische faszikuläre Echotextur, welche
durch das Vorkommen multipler echoarmer
Areale, die durch echoreiche Bänder
getrennt sind, gekennzeichnet ist. Die Nerven weisen eine sog. Anisotropie auf, wobei
die nicht senkrechte Beschallung ein echoarmes Artefakt verursacht und somit zur Verwechslung mit pathologischen Zuständen,
wie der Nervenschwellung, führen kann. Bei
Bewegung der Gliedmaßen werden die Nerven passiv mitbewegt. Die Vaskularisation
kann mit Einsatz der Farbduplexsonographie
dargestellt werden.
Die Nerven können anhand dieser Merkmale von anderen Strukturen wie Sehnen,
Muskelfaszien oder Gefäßen sicher differenziert werden.
4.2.4 Befundbeschreibung
Die Beschreibung des Befunds der neurosonographischen Untersuchung muss einige
basale Informationen beinhalten. Zunächst
Kapitel 4
müssen der Umfang der Darstellung des
untersuchten Nerven, die Art der pathologischen Veränderung, deren Lokalisation und
Maße mit Seitenangabe dokumentiert werden. Zur genaueren Schilderung der Lokalisation können bekannte anatomische Strukturen, wie Knochen, Muskeln, Sehnen und
Gefäße herangezogen werden. Die Angabe
zur Ausdehnung der Abweichung sollte standardmäßig zumindest in zwei Ebenen erfolgen und in SI-Einheiten (am besten in Millimetern) angegeben werden. Zur besseren
Illustration sind auch zusätzliche vergleichende Äußerungen sinnvoll (z.B. Vergrößerung der Querschnittsfläche auf das Zweifache im Vergleich zur Gegenseite). Die
Beschreibung des Befunds erfolgt in üblicher
sonographischer Terminologie. So werden
sonomorphologische Merkmale wie Oberflächenkontur, Abgrenzung (scharf/unscharf),
Verdickung/Ausdünnung, Kalibersprung und
Defektbildung beschrieben.
Echogenitätsveränderungen werden quantitativ als echofrei, echoarm oder echoreich,
die Verteilung der Echogenität als homogen
oder inhomogen mitgeteilt. Besonderheiten
der Schallausbreitung wie Schallschatten und
dorsale Schallverstärkung sollten nicht unerwähnt bleiben. Veränderungen der Echotextur (verminderte Erkennbarkeit oder Fehlen)
sollten ebenfalls dokumentiert werden. Des
Weiteren werden Auffälligkeiten bei der dynamischen Untersuchung sowie der Betrachtung mit der Farb-Duplexsonographie aufgezählt. Am Ende des Befunds wird eine kurze
pathomorphologische Beurteilung mit Äußerung zur Diagnose niedergelegt.
233
4 Untersuchung der Nerven
234
4.3 Untersuchungstechnik
einzelner peripherer Nerven
Die Darstellung peripherer Nerven mit Ultrasonographie ist nicht einfach. Die Wertigkeit
der Untersuchung ist neben der apparativen
Ausrüstung in hohem Maße vom Untersucher anhängig. In erfahrenen Händen wird
jedoch die Sonographie als die am einfachsten durchführbare, schnellste, aussagekräftigste und kostengünstigste Untersuchungsmethode zur Beurteilung peripherer Nerven
angesehen [Martinoli et al. 2000b]. Zwei der
wenigen Nachteile sind dabei neben dem
schwächeren Auflösungsvermögen bei Darstellung tiefer gelegener Strukturen gerade
die Abhängigkeit vom Untersucher und eine
relativ lange Lernkurve zur Erreichung diagnostischer Kompetenzen. Die Einzigartigkeit der Sonographie besteht darin, dass
Schnittbilder in realer Zeit in multiplen Ebenen sowie in der Bewegung erstellt werden
können. Um diese beurteilen zu können, sind
fundierte Kenntnisse in der regionalen topographischen Anatomie eine unabdingbare
Voraussetzung. Besonders für den Anfänger,
aber auch für den Erfahrenen, insbesondere
bei Beurteilung schwieriger Fragestellungen
oder Aufsuchen sensibler Nerven (z.B. bei
Nerventrauma), ist der Gebrauch von anatomischen Atlanten vor und während der
Untersuchung zu empfehlen.
Im Folgenden wird die spezielle Untersuchungstechnik einzelner peripherer Nerven
vorgestellt. Soweit Standardschnittebenen
für die einzelnen Nerven definiert sind, wurden die Nerven in diesen Lokalisationen
abgebildet. Zur Veranschaulichung der Maße
der Befunde sowie zur Orientierung bzgl. der
Tiefe (bei abgebildeter Oberfläche) sind bei
vielen Abbildungen die Messskalen reproduziert worden, der Abstand zwischen den
Linien beträgt jeweils 5 mm. Alle Abbildungen wurden soweit nicht naders angegeben
mit einem hochauflösenden 8- bis 14-MHz-
Schallkopf angefertigt. Neben den Bildern
sind die Videos auf der beigefügten CD-ROM
unbedingt zu beachten, da oftmals nur in der
Bewegung wichtige Details erkannt werden
können. Insgesamt können alle wichtigen
Extremitätennerven auch von dem weniger
Erfahrenen sicher identifiziert und analysiert
werden, wenn man die Anleitung zur Untersuchung im Text berücksichtigt.
4.3.1 Plexus brachialis
Der Plexus brachialis entsteht aus den Rami
anteriores der Spinalnerven C5 bis Th1, mit
einem kleinen Anteil von C4. Diese vereinigen sich in die Primärstränge (Trunci) meistens in der interskalenischen Lücke zwischen dem M. scalenus anterior und
medialis, tauschen mehrfach die Fasern und
werden infraklavikulär zu Sekundärsträngen
(Fasciculi), aus denen einzelne periphere
Nerven entstehen, die die obere Extremität
versorgen. Die Darstellung sowohl des
supra- wie auch infraklavikulären Plexus
brachialis ist sonographisch möglich. Von
Nachteil ist, dass, anders als bei den Extremitätennerven, eine kontinuierliche Ansicht nicht möglich ist, da die Klavikula dies
verhindert. Die supraklavikulären Plexusanteile lassen sich am besten bei einem liegenden Patienten, der den Kopf zur Gegenseite
wendet, darstellen. Bei Untersuchung des
infraklavikulären Anteils wird der Arm
abduziert oder hochgehoben. Die initiale
Darstellung der Trunci des Plexus wird in
Höhe des interskalenischen Spalts durchgeführt. Strukturen des Plexus brachialis
erscheinen auf Transversalschnitten als runde echoarme Knötchen und auf Longitudinalschnitten als tubuläre echoarme Strukturen (s. Abb. 4.2). Das echoarme Aussehen ist
im Gegensatz zu dem eher echoreichen
Erscheinen der Extremitätennerven möglicherweise durch eine andere histologische
Zusammensetzung (Verhältnis zwischen
Kapitel 4
4.3 Untersuchungstechnik einzelner peripherer Nerven
Die Beurteilung feiner Veränderungen,
wie z.B. Kompression der Plexusanteile beim
Thoracic-outlet-Syndrom, wurde bislang
nicht beschrieben. Aufgrund der tiefen Lage
und des schwachen Umgebungkontrasts ist
diese Aufgabe mit der aktuellen apparativen
Ausstattung kaum durchführbar. Tumoren
des Plexus brachialis lassen sich dagegen gut
sonographisch darstellen (s. Video 3).
Abb. 4.2: Supraklavikulärer Plexus brachialis. Im
Transversalschnitt lassen sich die Faszikel als
runde echoarme Strukturen wabenförmiger
Echotextur (Pfeile) in Begleitung der A. subclavia (A) erkennen. Die nervalen Strukturen kontrastieren schwach zur Umgebung, daher sollte
zu deren Identifikation die Schallsonde mehrfach hoch- und heruntergefahren werden. Pfeilspitzen = Clavicula.
Nervenfaszikel und Nervenbindegewebe)
oder durch eine unterschiedliche Echogenität der Umgebung bedingt [Yang, Chuli und
Metreweli 1998]. Die Verwechslung mit den
auf Transversalschnitten ähnlich wirkenden
supraklavikulären Lymphknoten lässt sich
durch das konsequente Anfertigen von Longitudinalschnitten vermeiden. Aufgrund des
geringen Kontrasts zur Umgebung lassen
sich die einzelnen Nerven, v.a. solche, die
die Schulter- und Brustmuskulatur versorgen
(z.B. Nn. thoracodorsalis und thoracicus longus), nur in Ausnahmefällen darstellen.
Die Anwendung der Sonographie des Plexus brachialis besteht hauptsächlich in der
regionalen Plexusanästhesie. Entsprechend
den verschiedenen anästhesiologischen
Zugängen wurden sonographische Techniken bei der interskalenischen, supraklavikulären, infraklavikulären und axillären Plexusanästhesie in den aufgeführten Veröffentlichungen beschrieben [Kapral et al.
1994, Ootaki, Hayashi und Amano 2000,
Sheppard, Iyer und Fenstermacher 1998,
Yang, Chuli und Metreweli 1998, Martinoli
et al. 2002c].
4.3.2 N. medianus
Die Lagerung des Patienten erfolgt zweckgemäß entsprechend dem zu untersuchenden
Nervenabschnitt. Bei Betrachtung des Nervenverlaufs vom Ellenbogen nach distal
empfiehlt es sich, wenn der Patient dem
Arzt gegen-übersitzt und die Hände auf eine
Unterlage in leicht dorsalflektierte Stellung
legt (s. Abb. 4.3). Der Verlauf am Oberarm
bis zur Axilla ist in liegender Position mit
abduziertem Arm einfach zu untersuchen.
Die initiale Darstellung des N. medianus ist
in Höhe der distalen Handgelenksfalte zu
empfehlen. Hier liegt der Nerv ganz an der
Oberfläche und ist auf Transversalschnitten
als eine ovale Struktur mit wabenförmiger
Echotextur und oft echoreichem Rand identifizierbar (s. Abb. 4.4). Anatomisch gesehen, befindet sich diese Stelle am radiokarpalen Gelenk, unmittelbar distal folgt der
Abb. 4.3: Untersuchungsposition zur Darstellung des N. medianus am Handgelenk.
235
4 Untersuchung der Nerven
236
Abb. 4.4: Normalbefund
des N. medianus in Höhe
des radiokarpalen
Gelenks. Der Transversalschnitt zeigt den N. medianus als eine echoarme ovale Struktur mit
typischer wabenförmiger Echotextur (Pfeil). Er
befindet sich unmittelbar unter der Fascia
antebrachii (Punkte), die
als ein dünnes echoarmes Band zwischen zwei
echoreichen Linien
erscheint. Von links nach
rechts sind mehrere Beugesehnen markiert (F):
Sehnen des M. flexor carpi radialis und des M. flexor pollicis longus sowie einige Sehnen des M. flexor
digitorum superficialis. Charakteristisch ist der bogenförmige Reflex des Os lunatum (Pfeilspitzen).
Doppelte Pfeilspitzen = Radius.
Übergang zum Eingang in den Karpaltunnel.
Da sich hier rund um den Nerven mehrere
Sehnen befinden, kann für den Anfänger die
Identifizierung manchmal schwer fallen. Als
gute Hilfe erweist sich die Darstellung des
charakteristischen Nervenverlaufs, wenn die
Sonde etwa 3 cm nach proximal vor- und
zurückgefahren wird. Hierbei wird gezeigt,
wie der Nerv als einzige Struktur in einem
Bogen gegen den Uhrzeigersinn von der
Oberfläche auf die Faszie zwischen dem tiefen und oberflächlichen Fingerbeuger
absteigt (s. Video 4). Nach der sicheren Identifikation in Höhe der Handgelenksfalte ist
der Nerv weiter nach distal im Karpaltunnel
bis zu seiner Teilung distal des Retinaculum
flexorum zu verfolgen. Auf die Einzelheiten
der Darstellung im Karpaltunnel wird im
Kapitel 4.4.1 eingegangen. Mit hochwertiger
apparativer Ausstattung gelingt es, auch die
Nn. digitales palmares communes und die
einzelnen Digitalnerven abzubilden. Die
Identifikation wird durch die Betrachtung
der begleitenden Arterien erleichtert.
Der Verlauf des N. medianus vom Handgelenk nach proximal ist am besten im Video 4 zu studieren. Der N. medianus liegt am
Unterarm an der Faszie zwischen dem oberflächlichen und tiefen Fingerbeuger und
erreicht am proximalen Unterarm unter dem
M. pronator teres seinen tiefsten Punkt. Hier
ist es erforderlich, die Sendefrequenz zu verringern (bei adipösen Patienten bis auf
8 MHz), wodurch zugleich die Binnenstruktur und die Abgrenzung des Nerven unpräziser zur Darstellung kommen. Im weiteren
Verlauf wird der Nerv von der A. cubitalis
über den Ellenbogen begleitet. Am Oberarm
bildet der N. medianus zusammen mit der
A. brachialis und den Venae brachiales ein
neurovaskuläres Bündel. In der Oberarmmitte schließen sich diesem noch der N. ulnaris,
der N. cutaneus antebrachii medialis sowie
die V. basilica an, um gemeinsam bis zur
Axilla zu verlaufen. Der proximalste Punkt,
an dem der Nerv noch gezeigt werden kann,
befindet sich meist in Höhe des M. pectoralis
major. Bei schlanken Patienten lässt er sich
jedoch mitunter bis zu den infraklavikulären
Anteilen des Plexus brachialis darstellen.
Der Verlauf des N. medianus auf Longitudinalschnitten lässt sich im Video 2 ersehen.
Die initiale Darstellung gelingt am besten,
wenn nach dem Transversalschnitt in Höhe
der distalen Handgelenksfalte der Schallkopf
langsam um 90° gedreht wird. Der Nerv liegt
hier als oberflächlichste Struktur mit typischer faszikulärer Echotextur über den fibril-
4.3 Untersuchungstechnik einzelner peripherer Nerven
lär erscheinenden Sehnen und läuft nach
distal in den Karpaltunnel hinein. Nach proximal ist die Verfolgung des Nerven bis auf
zwei Stellen einfach. Am distalen Unterarm
müssen die Sehnen sowie Faszien abgegrenzt
werden, was durch die Beurteilung der Echotextur oder mittels dynamischer Untersuchung gelingt. Am proximalem Unterarm
wird die Darstellung durch den schrägen Verlauf erschwert, weshalb der Nerv nicht auf
einem Schnittbild präsentiert werden kann.
Durch geduldiges Manövrieren mit dem
Schallkopf gelingt dies jedoch auch. Am
Oberarm lässt sich der Nerv bis zur Axilla hin
verfolgen, die Anwendung der Farb-Duplexsonographie erleichtert wesentlich die Orientierung durch die Ansicht der Gefäße.
4.3.3 N. ulnaris
Der N. ulnaris kann durch drei Zugänge
untersucht werden, deren Auswahl von dem
zu betrachtenden Nervenabschnitt abhängig
ist. Bei Begutachtung des Verlaufs distal des
Sulcus ist die Lagerung des Patienten mit der
für die Untersuchung des N. medianus identisch. Initial wird der N. ulnaris beim sitzenden Patienten am Handgelenk in Transversalschnitten am Eingang in den distalen
Abb. 4.5: Normalbefund des N. ulnaris am
Handgelenk. Der
Transversalschnitt
zeigt den N. ulnaris
(Pfeil) in Begleitung
der A. ulnaris (Pfeilkopf) beim Eintritt in
die Guyon-Loge. Der
Ansatz des Retinaculum flexorum (Punkte)
auf dem Os pisiforme
(Pfeilspitzen) ist gut
erkennbar. Unter dem
Retinakulum sind die
echoreichen Beugesehnen sichtbar. M =
M. palmaris brevis.
Kapitel 4
Ulnaristunnel (sog. Loge-de-Guyon) dargestellt. Als sonographischer Anhaltspunkt dienen der Reflex des Os pisiforme und die pulsierende A. ulnaris (s. Abb. 4.5, Video 5,
Video 14, Video 15). Der Nerv lässt sich zwischen diesen beiden Strukturen, auf dem
Retinaculum flexorum liegend, gut erkennen. Das Dach des Tunnels bilden der M. palmaris brevis sowie Fett und fibröses Gewebe
der Hypothenareminenz. Im Verlauf von
proximal nach distal bilden die Sehnen der
Fingerflexoren, das Lig. carpi transversum
und der Hamulus ossis hamati die radiale
Begrenzung des Tunnels und sind damit gute
Orientierungspunkte. Die ulnare Wand wird
durch die Sehne des M. flexor carpi ulnaris,
das Os pisiforme und den M. abductor digiti
minimi bestimmt. Mit einem guten Ultraschallgerät lässt sich die Teilung in den
R. superficialis und den R. profundus, der
auch über eine kurze Strecke in der Hohlhand zu verfolgen ist, darstellen. Zusammen
mit dem Nerven ist auch die Teilung der
A. ulnaris als auch die Lage des bei der endoskopischen Karpalbandspaltung verletzbaren
Arcus palmaris superficialis sichtbar. Bei der
etwas kniffeligeren Untersuchung in der
Longitudinalschnittebene sollte stets auf die
Abgrenzung des Nerven von der Sehne des
M. flexor carpi ulnaris geachtet werden.
237
4 Untersuchung der Nerven
238
Bei der Verfolgung vom Handgelenk
nach proximal verläuft der Nerv bis zur
Unterarmmitte mit der A. ulnaris zusammen, um später wieder alleine zwischen dem
M. flexor digitorum superficialis, dem M. flexor digitorum profundus und dem M. flexor
carpi ulnaris über den Kubitaltunnel bis hin
zum Ellenbogen zu gelangen. Zur Untersuchung des Nerven in dieser Region sowie
von weiter proximal gelegenen Abschnitten
wird der Patient auf den Rücken mit etwa 90°
abduziertem Oberarm und leicht flektiertem
Ellenbogen gelegt. Die Anwendung eines
Schallkopfs mit schmaler Breite ist hier aufgrund der guten Manövrierbarkeit von Vorteil. Zur guten akustischen Kopplung sollte
reichlich Ultraschallgel verwendet werden.
a
b
Abb. 4.6: Normalbefund des N. ulnaris im Sulcus (11-MHz-Schallkopf)). Der Transversalschnitt
(a) zeigt den Nerven als eine runde echoarme
Struktur mit echoreichem Rand (Pfeil), die zwischen dem Epicondylus medialis (Em) und dem
Olecranon (Ol) liegt. Die einzelnen Faszikel sind
ansatzweise erkennbar. Im Longitudinalschnitt
(b) ist der Eintritt des Nerven (Pfeile) in den M.
flexor carpi ulnaris (Punkte) gut sichtbar. Der
Nerv erscheint aufgrund der Anisotropie im
Maximum des bogenförmigen Verlaufs echoarm. Es lassen sich einige Faszikel wahrnehmen. Pfeilspitzen = Ulna.
Der N. ulnaris wird zunächst auf Transversalschnitten in der Ulnarisrinne dargestellt (s. Abb. 4.6). Er erscheint als eine runde bis ovale echoreiche Struktur zwischen
dem bogenförmigen Reflex des Epicondylus
medialis (liegt diesem an) und dem Olecranon. Er wird regelmäßig von einem echoreichen Rand umgeben. Eine mehr oder weniger starke Pulsation einer begleitenden
Arterie ist mit der Farb-Duplexsonographie
zu sehen. Bei langsamer Verfolgung nach
distal verläuft der N. ulnaris in einem osteofibrösen Tunnel, dem Kubitaltunnel, und ist
hier von einer mehr oder weniger stark ausgebildeten Faszienverdickung, dem Lig. epicondyloolecranicum, überdacht, das sich
zwischen dem Epicondylus medialis und
dem Olecranon erstreckt. Die mediale
Begrenzung des Tunnels erfolgt durch das
Lig. collaterale ulnare. Anschließend gelangt
er zwischen den Köpfen des M. flexor carpi
ulnaris, die vom Epicondylus medialis bzw.
vom Olecranon entspringen und häufig
eine bindegewebige Arkade, das Lig. arcuatum, bilden, auf die Beugeseite des Unterarms. Die Ligg. epicondyloolecranicum und
arcuatum sind selten sonographisch darstellen. Im englischsprachigen Schrifttum werden sie gemeinsam als die humeroulnare
Arkade bezeichnet und für die Nervenkompression beim Kubitaltunnelsyndrom verantwortlich gemacht [Campbell 2000]. Die
Verdickung dieser Bänder lässt sich manchmal beim Kubitaltunnelsyndrom beobachten. Die exakte Abgrenzung des N. ulnaris
kann im Kubitaltunnel und besonders beim
Eintritt in den M. flexor carpi ulnaris
schwierig sein, da die äußeren Nervengrenzen zum umgebenden fettreichen Gewebe
schwach kontrastieren und sich nicht einfach auseinander halten lassen. Der Nerv
kann hier bei leichter Ellenbogenflexion
auch bei Gesunden etwas abgeflacht wirken
[Okamoto et al. 2000a, 2000b]. Auf Longitudinalschnitten lässt sich jedoch im Normalfall im Gegensatz zum Befund beim Kubital-
4.3 Untersuchungstechnik einzelner peripherer Nerven
tunnelsyndrom keine abrupte Änderung des
Nervendiameters darstellen (s. Kap. 4.4.1).
Die Beurteilung von Kompressionszeichen beim Kubitaltunnelsyndrom gelingt
wegen der besseren Manövrierbarkeit mit
dem Schallkopf besser, wenn der Patient mit
adduziertem Oberarm auf dem Bauch liegt.
Bei gleichzeitiger Streckung und Pronation
im Ellenbogen nimmt der Nerv vom Oberarm bis zum Unterarm einen nahezu geradlinigen Verlauf an, was wichtig für die Untersuchung in der Longitudinalebene ist. Da
bekannt ist, dass schon bei leichter Ellenbogenflexion der Nerv auch bei Gesunden
abgeflacht erscheinen kann [Okamoto et al.
2000a, 2000b], sind die Messungen der Nervenmaße am gestreckten Elenbogen durchzuführen. Ein Nachteil dieser Lagerungsposition ist, dass sich nicht der ganze
Nervenverlauf beurteilen lässt.
In der Rückenlage lässt sich eine Subluxation bzw. Luxation des Nerven vom Sulcus
optimal untersuchen (s. Video 1). Hierbei
wird der Nerv im Sulcus zunächst bei
gestrecktem Ellenbogen augesucht und der
Arm konsekutiv maximal flektiert. Bei normalen Verhältnissen übersteigt er die Konvexität des Epicondylus medialis nicht. Wichtig ist zu beachten, dass kein übermäßiger
Druck mit dem Schallkopf ausgeübt wird, da
ansons-ten eine Dislokation des Nerven verhindert werden könnte.
Nach der Darstellung in der Ellenbogenregion ist die Verfolgung des N. ulnaris am
Oberarm relativ einfach. Der Nerv schließt
sich dem gemeinsamen neurovaskulären
Bündel mit dem N. medianus, der A. brachialis, der Vv. brachiales sowie der V. basilica an
und lässt sich bis zur Axilla hin darstellen.
4.3.4 N. radialis
Der N. radialis lässt sich am besten untersuchen, wenn der Patient, der seinen Arm
locker flektiert auf einem Kissen hält, dem
Kapitel 4
Untersucher gegenübersitzt. Der Nerv zieht
von der Axilla als Endast des Fasciculus posterior des Plexus brachialis zum Humerus und
windet sich in Begleitung von A. und V. brachii profunda im sog. Schraubenkanal (Sulcus n. radialis, Canalis spiralis) um den Oberarmknochen herum. Die initiale Darstellung
erfolgt auf Transversalschnitten in der Oberarmmitte im Schraubenkanal (s. Abb. 4.7,
Video 6), wo der Nerv als eine runde Struktur
mit echoreichem Rand, die aus mehreren
echoarmen Faszikeln besteht, erscheint. Er
wird hier von der A. profunda brachii begleitet, deren Sichtung mittels der Farb-Duplexsonographie ein schnelles Auffinden des Nerven ermöglicht. Der Nerv liegt dem Periost
des Humerus ungepolstert auf und ist daher
gegenüber Druck und Frakturen besonders
exponiert. Im Verlauf des Schraubenkanals
entspringt in variabler Höhe der N. cutaneus
antebrachii posterior (s. Video 6). Der N. radialis taucht anschließend, von fettreichem
Gewebe umgeben und auf der ventrolateralen Oberarmseite gelegen, zwischen dem
M. brachialis und dem M. brachioradialis ab.
Aufgrund der tiefen Lage (je nach Habitus
2–5 cm) muss die Schallkopfsendefrequenz
bis auf 8 MHz verringert werden. Die Differenzierung der exakten Nervengrenzen
gelingt unter Vergrößerung des Bildes, jedoch
mit entsprechend schlechterer Auflösung.
Meistens in Höhe des Humeroradialgelenks
erfolgt die Teilung des N. radialis in den dünneren sensiblen R. superficialis und den
dickeren, überwiegend motorischen R. profundus (s. Abb. 4.8). In Höhe der Teilung,
manchmal jedoch auch distal davon, überkreuzt den Nerv eine Gruppe von Gefäßen,
namentlich die Aa. recurrentes radiales (im
englischsprachigem Raum auch „leash of
Henry“ genannt).
Der R. profundus n. radialis, im englischsprachigem Schrifttum als der N. interosseus posterior bezeichnet, verläuft distal
der Teilung in Höhe des Epicondylus lateralis
humeri bis zum proximalen Rand des ober-
239
4 Untersuchung der Nerven
240
Abb. 4.7: Normalbefund des N. radialis am
Oberarm. (a) Die Untersuchungsposition des
Nerven beim sitzenden Patienten. (b) Im Transversalschnitt stellt sich der Nerv (Pfeil) als runde echoarme Struktur dar. Er taucht von der
Humerusoberfläche (Pfeilspitzen) in den M.
brachialis (Br) ein. Einzelne Faszikel sind gut
abgrenzbar. (c) Korrespondierender Befund im
Longitudinalschnitt. Tc = M. triceps brachii.
SF = Subkutangewebe.
a
c
b
flächlichen Supinatorkopfs zwischen M. brachialis medial und M. brachioradialis lateral
im sog. Radialistunnel. Der Abschnitt vom
proximalen bis zum distalen Rand des M.
supinator wird als Supinatorloge oder Supinatortunnel deklariert. Im Supinatortunnel sind
aufgrund der tiefen Lage die Untersuchung
des Nerven und die Beurteilung etwaiger
Kompressionszeichen schwierig und gelingen nur mit einer hochwertigen apparativen
Ausstattung. Mit entsprechender Ausrüstung
lässt sich der R. profundus manchmal sogar
distal des M. supinator darstellen.
Der R. superficialis n. radialis steigt
nach der Trennung vom Radialishauptstamm entlang des M. brachioradialis zur
Oberfläche auf und lässt sich hier, an der Fas-
Abb. 4.8: Teilung des N. radialis am lateralen
Ellenbogen. Im Longitudinalschnitt wird die
Teilung des Nerven (Pfeil) in die Rr. profundus
(Doppelpfeile) und superficialis (dicke Pfeile)
wiedergegeben. BR = M. brachioradialis,
SF = Subkutanfettgewebe.
Kapitel 4
4.3 Untersuchungstechnik einzelner peripherer Nerven
cia antebrachii im Subkutanfettgewebe liegend, bis zum Handgelenk verfolgen. Die
Darstellung ist jedoch, wie bei allen sensiblen Nerven, schwierig und gelingt nicht
regelmäßig.
Die Untersuchung des N. radialis auf
Longitudinalschnitten bedarf aufgrund des
spiralförmigen Verlaufs am Oberarm sowie
bei Aufsuchen der Teilung eines besonders
geduldigen Arbeitens. Trotz dieser Schwierigkeit ist die Wiedergabe in zwei Ebenen unbedingt anzustreben, da eine etwaige Verdickung der Faszikel des echoarmen Nerven als
Hinweis auf eine axonale Schwellung, z.B.
im Rahmen von Läsionen des N. radialis bei
Oberarmfrakturen, hierdurch besser zu erfassen ist (s. Abb. 4.40) [Bodner et al. 2001].
4.3.5 N. femoralis
Der N. femoralis entstammt aus den Rr. anteriores der Nn. lumbales II–IV unterhalb der
Muskelmasse des M. psoas major. Retroperitoneal gelegen, zieht der Nerv einige Zentimeter
proximal des Leistenbands am lateralen Rand
des M. psoas major abwärts in Richtung Trigonum femorale. In der Inguinalregion kann
der Nerv am leichtesten identifiziert werden.
Hier erscheint er in Transversalschnitten als
Abb. 4.9: Normalbefund des N. femoralis knapp
distal des Inguinalbands. Der Nerv (Pfeil) zeigt
sich als eine rundliche Struktur in Nachbarschaft zur A. femoralis (A). Trotz des schwachen
Kontrasts zum umgebenden Gewebe, sind die
Faszikel ansatzweise erkennbar. V = V. femoralis.
eine ovale, gelegentlich dreiecksförmige
echoreiche Struktur lateral der pulsierenden
A. femoralis (s. Abb. 4.9). Auf einer Strecke
von bis zu 10 cm kann der Nerv nach proximal verfolgt und der intrapelvine Abschnitt
beurteilt werden. Auf Longitudinalschnitten
lässt er sich bei gutem Kontrast zum Psoas
sicher erkennen [Sener et al. 1991]. Distal des
Leistenbands ist aufgrund der frühen Aufzweigung die Darstellung schwierig und nur
auf einer kurzen Strecke möglich. Die muskelversorgenden Äste lassen sich mit der
aktuellen apparativen Ausstattung nicht
abbilden [Gruber et al. 2003].
Die Darstellung des sensiblen Astes, des
N. saphenus, ist uns bislang nur bei schlanken Patienten gelungen. Hier kann der Nerv
im Subkutanfettgewebe auf der medialen
Knieseite häufig dorsomedial der V. saphena
magna identifiziert werden. Aufgrund des
geringen Kontrasts zur Umgebung gelingen
das Aufsuchen und die weitere Verfolgung
nach distal nicht regelmäßig. Bei Untersuchung von pathologischen Zuständen, z.B.
im Rahmen traumatischer Neurome nach
Venenstripping, ist die Darstellung dagegen
einfacher (s. Abb. 4.35).
4.3.6 N. ischiadicus, N. tibialis,
N. peronaeus
Der N. ischiadicus ist der größte periphere
Nerv im menschlichen Körper. Nach dem
Austritt aus dem Foramen infrapiriforme
zieht er, unter dem M. glutaeus maximus
gelegen, nach distal. Im Oberschenkel befindet er sich auf dem M. adductor magnus und
wird von den Mm. semitendinosus und semimembranosus bedeckt. Die sonographische
Darstellung gelingt am besten in Transversalschnitten im proximalen Oberschenkeldrittel
(s. Abb. 4.10). Der Nerv erscheint als eine
ovale und vor dem Hintergrund der echoarmen Muskulatur echoreiche Struktur mit
einem mittleren mediolateralen Diameter
241
4 Untersuchung der Nerven
242
a
b
Abb. 4.10: Normalbefund des N. ischiadicus am
proximalem Oberschenkel. Im Transversalschnitt (a) erscheint der Nerv (Pfeil) als ovale,
etwa 5 x 10 mm große, echoreiche Struktur mit
gut erkennbaren Faszikeln. Er liegt auf dem M.
adductor magnus und wird von den Kniebeugern gedeckt. Im Longitudinalschnitt (b) tritt die
typische faszikuläre Echotextur deutlich hervor.
von ca. 7 mm [Graif et al. 1991]. Er lässt sich
nach proximal problemlos bis zur Glutäalfalte, bei schlanken Personen sogar bis zum Austritt aus dem Foramen infrapiriforme verfolgen. In der Longitudinalschnittebene müssen
die ähnlich aussehenden, parallel-linearen
Reflexe der Muskelfaszien und Muskelbündelzüge differenziert werden. Da der Nerv kontinuierlich in der Tiefe verweilt, muss die
Schallkopfsendefrequenz während der Untersuchung bis auf 8 MHz gesenkt werden. Die
Aufteilung des N. ischiadicus in den N. tibialis und den N. peronaeus communis erfolgt in
variabler Höhe, meistens jedoch im distalen
Oberschenkel.
Der N. peronaeus communis verläuft
nach seiner Abzweigung schräg nach lateral
entlang des M. biceps femoris bis zum
Ansatz dessen Sehne am Caput fibulae. Hier
lässt er sich sonographisch am besten darstellen, wie er zwischen die beiden Köpfe des
M. peronaeus longus eintritt und sich in den
vorwiegend motorischen N. peronaeus profundus und den vorwiegend sensiblen N.
peronaeus superficialis aufteilt. Der Nerv
erscheint als ovale und eher echoarme Struktur mit echoreichem Rand. Auf dem Collum
fibulae ist er abgeflacht, befindet sich nahe
der Oberfläche und ist gegen den Knochen
verschieblich. Die Faszikeln lassen sich auch
bei Gesunden nicht immer abgrenzen (s.
Abb. 4.11, Video 7). Die Darstellung der Pulsation einer begleitenden Arterie mit der
Farb-Duplexsonographie erleichtert häufig
seine Identifikation. Die weitere Verfolgung
des N. peronaeus profundus in der Tiefe der
Unterschenkelmuskulatur ist aufgrund des
geringen Kontrasts zur Umgebung schwierig. Der N. peronaeus superficialis ist ebenfalls trotz Anwendung hochwertiger apparativer Ausstattung nicht regelmäßig im
ganzen Verlauf sichtbar.
Der N. tibialis bewegt sich nach der
Abzweigung vom N. ischiadicus im Gegensatz zum N. peronaeus gerade nach distal
zwischen die Köpfe des M. gastrocnemius.
Am Unterschenkel erstreckt er sich, auf den
tiefen Fuß- und Zehenflexoren gelegen, bis
hin zum Malleolus medialis. Hinter diesem
kann er sonographisch in Begleitung der
A. und Vv. tibialis posterior relativ einfach
identifiziert und nach proximal verfolgt
werden (s. Abb. 4.12). Nach distal tritt er in
den sog. Tarsaltunnel ein, um sich in oder
distal von diesem in seine Endäste, die
Nn. plantaries medialis und lateralis, aufzuteilen. Im Fußbereich lassen sich sowohl die
Endäste des N. tibialis als auch die des N.
peronaeus aufgrund ihrer geringen Größe
(etwa 1 mm) nur schwierig abbilden.
4.3 Untersuchungstechnik einzelner peripherer Nerven
Kapitel 4
243
b
a
Abb. 4.11: Normalbefund des N. peronaeus communis. (a) Der Transversalschnitt zeigt den N. peronaeus communis (Pfeil) als ovale echoarme Struktur in der Nähe des Fibulaköpfchens (Pfeilspitzen).
Durch die dicke Schicht des Subkutanfettgewebes (SF) ist die Darstellung undeutlicher, die Faszikel
lassen sich nicht erkennen. links = medul. (b) Im Longitudinalschnitt wirkt der Nerv wie ein echoarmes Band; die faszikuläre Echotextur ist ansatzweise sichtbar. links = proximal
Abb. 4.12: Normalbefund des N. tibialis am
distalen Unterschenkel.
(a) Im Transversalschnitt lässt sich der
Nerv (Pfeil) in Begleitung der tibialen Gefäße (Sternchen) identifizieren. Pfeilspitzen =
Tibia.
(b) Im Longitudinalschnitt kann die faszikuläre Echotextur des
Nerven von der fibrillären Echotextur der darunter liegenden Sehne
der Zehenflexoren
(Pfeilköpfe) differenziert werden.
a
b
4 Untersuchung der Nerven
244
4.3.7 Sonstige Nerven
Hirnnerven
Die sonographische Darstellung des extrakraniellen Verlaufs der Hirnnerven ist aufgrund ihrer geringen Größe und schwachen
Kontrasts zum umgebenden Gewebe schwierig. Dennoch ist es möglich, Anteile der Nn.
facialis, vagus und accessorius wiederzugeben.
Der N. facialis kann sonographisch nur
mit Einsatz von mindestens 14-MHz-Schallköpfen nach seinem Austritt aus dem Os
temporale hinter dem Ramus mandibulae
identifiziert werden. Der Nerv erscheint
echoarm, die typische faszikuläre Echotextur
lässt sich nicht differenzieren. Eine Darstellung in der Glandula parotis, wo sich der
a
b
Abb. 4.13: Normalbefund des N. vagus im Trigonum caroticum. (a) Der Transversalschnitt zeigt
den Nerv (Pfeil) zwischen der V. jugularis interna (VJI) und der A. carotis communis (ACC). Im
Longitudinalschnitt (b) ist die faszikuläre Echotextur gut erkennbar.
Nerv in seine Endäste aufzweigt, ist äußerst
schwierig.
Giovagnorio und Martinoli [2002]
haben die sonographische Untersuchungstechnik des N. vagus beschrieben. Er lässt
sich im Bereich des Sinus caroticum zwischen der V. jugularis interna und A. carotis
communis darstellen (s. Abb. 4.13). Von hier
gelingt inkonstant die Verfolgung nach proximal bis zum Os hyoideum und nach distal
bis zum Truncus brachiocephalicus rechts
und dem Ursprung der A. carotis communis
links. Die gleichen Autoren berichteten
auch über die Darstellung verschiedener
pathologischer Befunde, wie der sehr seltenen benignen Tumoren des N. vagus sowie
dessen Kompression durch hyperplastische
Knötchen der Schilddrüse. Der überhaupt
als erster sonographisch dargestellte Nerv,
der N. laryngeus recurrens [Solbiati et al.
1985], ist aufgrund eines variablen Verlaufs
nur unregelmäßig zu identifizieren.
Der R. externus des N. accessorius kann
am einfachsten in der lateralen zervikalen
Region identifiziert werden. Nach Darstellung der M. trapezius und M. sternocleidomastoideus als anatomische Orientierungsmerkmale wird der Nerv auf der medialen
Seite des Margo superior m. trapezii, bevor
er in diesen eintritt, verfolgt. Aufgrund der
kleinen Größe ist die typische Echotextur
im Longitudinalschnitt kaum erkennbar,
und der Nerv erscheint als ein echoarmes
Band mit echoreichem Rand (s. Abb. 4.14).
Dazu erzeugt das lockere Fett- und Bindegewebe in der lateralen zervikalen Region Artefakte, wodurch die Wiedergabe nochmals
erschwert wird [Bodner et al. 2002b].
Sensible Nerven
Die sonographische Untersuchung sensibler
Nerven ist eine anspruchsvolle Aufgabe für
den Untersucher als auch für die technische
Ausstattung. Da sie oberflächlich verlaufen,
gelingt ihre Darstellung nur unter Einsatz
hochfrequenter Schallköpfe (mindestens
4.3 Untersuchungstechnik einzelner peripherer Nerven
a
b
Abb. 4.14: Normalbefund des N. accessorius in
der lateralen Halsregion. Der Transversal(a) und Longitudinalschnitt (b) zeigen den etwa
1 mm dünnen Nerv (Pfeile) ventral des M. trapezius (Tr) auf den Mm. scaleni (Sc) liegend.
Kapitel 4
10 MHz). Die bereits oben beschriebene Darstellung des R. superficialis n. radialis oder
des R. superficialis n. peronaei glückt besser,
da diese von großen Extremitätennerven
entspringen und sich daher leichter verfolgen lassen. Bei anderen sensiblen Nerven ist
man bei der Suche auf den vermuteten Verlauf anhand der anatomischen Atlanten
angewiesen. Die Identifikation erschwert
zum einen, dass die Nerven, im Subkutanfettgewebe liegend, gegenüber der Umgebung schwach kontrastieren. So kann es
leicht zur Verwechslung mit Septen des Subkutanfettgewebes oder Faszienzügen kommen. Zum anderen lässt sich aufgrund ihrer
geringen Größe die typische Echotextur in
vielen Fällen nicht darstellen. Die Nerven
wirken somit auf Transversalschnitten als
runde echoarme Areale mit echoreichem
Rand und auf Longitudinalschnitten als
echoarme Bänder zwischen parallel verlaufenden echoreichen Linien. Bei einigen
pathologischen Zuständen, wie etwa der
Morton-Metatarsalgie oder bei den traumatischen Neuromata, lassen sich diese Veränderungen zusammen mit den Nerven
jedoch sonographisch gut untersuchen
(s. Abb. 4.28, Abb. 4.34, Abb. 4.35) [Peer et
al. 2002].
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