Aktuelle Diagnostik und Therapie der Spondylodiszitis

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MEDIZIN
ÜBERSICHTSARBEIT
Aktuelle Diagnostik und Therapie
der Spondylodiszitis
Rolf Sobottke, Harald Seifert, Gerd Fätkenheuer, Matthias Schmidt,
Axel Goßmann, Peer Eysel
ZUSAMMENFASSUNG
Einleitung: Infektionen der Wirbelsäule sind selten und
werden oft erst spät erkannt und behandelt. Die Spondylodiszitis kann schwere Krankheitssymptome verursachen
und vital bedrohlich werden. Die Klinikletalität liegt bei 2
bis 17 %.
Methoden: Selektive Literaturrecherche sowie Nutzung eigener Forschungsergebnisse.
Ergebnisse: Die Inzidenz der unspezifischen Spondylodiszitis liegt bei 1 : 250 000. Der Anteil der Spondylodiszitis an
der Gesamtheit der Osteomyelitiden liegt bei 3 bis 5 %. Der
Anteil der exogenen Spondylodiszitiden an allen vertebragenen Infektionen wird mit 10 bis 15 % angegeben. Der
häufigste bakterielle Erreger ist Staphylococcus aureus.
Der Anteil an MRSA (Methicillin-resistenter S. aureus) liegt
bei 2 bis 16 %. Die katheterassoziierte, nosokomiale Bakteriämie mit MRSA ist eine wesentliche Ursache für eine
Spondylodiszitis. 50 % aller Skeletttuberkulosen finden
sich in der Wirbelsäule.
Diskussion: Bei unklaren Rückenschmerzen und allgemeinen Krankheitssymptomen muss an die Möglichkeit einer
Spondylodiszitis gedacht werden. Das MRT ist das diagnostische Mittel der Wahl, um eine Spondylodiszitis zu erkennen. Durch exaktes Monitoring der konservativen Therapie
und primärstabile OP-Techniken sind heute kaum noch
lange Immobilisierungszeiten notwendig
Dtsch Arztebl 2008; 105(10): 181–7
DOI: 10.3238/arztebl.2008.0181
Schlüsselwörter: Spondylitis, Spondylodiszitis, vertebragene
Osteomyelitis, Spinale Infektionen, Wirbelsäule
D
ie Spondylitis ist die Osteomyelitis der Wirbelsäule. Sie ist definiert als Infektion mit einer von
den Abschlussplatten ausgehenden Destruktion der Wirbelkörper, die sekundär auf die Bandscheiben übergreift. Der Begriff „Spondylodiszitis“ beschreibt den
primären Befall der Bandscheibe durch einen Erreger
mit Ausbreitung der Infektion auf die benachbarten Wirbelkörper. Zum Zeitpunkt der Diagnosestellung zeigen
sich radiologisch meist schon entzündliche Veränderungen sowohl der Wirbelkörper als auch der Bandscheibe,
sodass der Ursprung der bakteriellen Besiedlung nicht
mehr genau herzuleiten ist und daher beide Begriffe verwendet werden (1–5).
In der Literatur sind durchschnittliche Zeiträume
vom Auftreten der Beschwerden bis zur Diagnosestellung von zwei bis sechs Monaten beschrieben (3–10).
Die Ursache der Verzögerung sind die häufig unspezifischen Beschwerden. Im Rahmen der ärztlichen Erstversorgung werden die Patienten meist zunächst unter
der Verdachtsdiagnose einer degenerativen Wirbelsäulenerkrankung therapiert. Von prognostischer Bedeutung aber wäre eine frühzeitige Diagnosestellung.
Die Prognose der Spondylodiszitis war in der präantibiotischen Ära infaust; auch heute noch kann sie vital
bedrohlich sein. In aktuellen Studien wird der mittlere
Klinikaufenthalt mit 30 bis 57 Tagen und die Klinikletalität mit 2 bis 17 % angegeben (3, 7–9, 11, 12).
Die Übersichtsarbeit beruht auf einer selektiven Literaturrecherche sowie Nutzung eigener Forschungsergebnisse.
Infektionsweg
Klinik und Poliklinik für Orthopädie der Universität zu Köln: Dr. med. Sobottke,
Prof. Dr. med. Eysel
Institut für medizinische Mikrobiologie, Immunologie und Hygiene der Universität zu Köln: Prof. Dr. med. Seifert
Klinik I für Innere Medizin, Klinische Infektiologie, Klinikum der Universität zu
Köln: Prof. Dr. med. Fätkenheuer
Klinik und Poliklinik für Nuklearmedizin der Universität zu Köln: PD Dr. med.
Schmidt
Institut für Radiologische Diagnostik der Universität zu Köln: Dr. med. Goßmann
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Man unterscheidet den endogenen vom exogenen Infektionsweg. Der endogenen Spondylodiszitis geht meistens eine wirbelkörperferne Infektion voraus, durch die
es zur hämatogenen Streuung eines Erregers mit Absiedlung in einen oder mehrere Wirbelkörper kommen
kann. Prinzipiell ist sowohl die arterielle als auch die
venöse hämatogene Dissemination möglich. Die Entzündung breitet sich in der Regel in den ventralen Abschnitten der Wirbelsäule aus. Häufig ist bei klinischer
Diagnosestellung einer Spondylodiszitis der primäre
Streuherd nicht mehr nachweisbar. Operative Eingriffe
oder wirbelsäulennahe Injektionen sind mögliche exogene Ursachen der Spondylitis. Wirbelsäuleninfektionen können jedoch auch auf lymphogenem Weg und
durch Ausbreitung per continuitatem entstehen (1, 3).
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KASTEN
Häufigkeitsverteilung von Erregern
der unspezifischen Spondylodiszitis
nach Nolla et al. (9)
Staphylokokken 39 %
> Staphylococcus aureus 36 %
> Staphylococcus epidermidis 3 %
Gramnegative Bakterien 39 %
> Escherichia coli 23 %
> Pseudomonas aeruginosa 5 %
> Eikenella corrodens 3 %
> Proteus mirabilis 3 %
Streptokokken 19 %
> Streptococcus sanguis 8 %
> Streptococcus agalactiae 5 %
Epidemiologie
Die Inzidenz der unspezifischen Spondylodiszitis
liegt bei 1 : 250 000 (1, 3, 5). Der Anteil der Spondylodiszitis an der Gesamtheit der Osteomyelitiden
liegt bei 3 bis 5 % (1, 3, 5–7). Männer sind bis zu
dreimal häufiger betroffen als Frauen (3, 4, 6–9, 11,
12, 14).
Prinzipiell können Patienten aller Altersgruppen
erkranken, am häufigsten tritt die Spondylodiszitis jedoch im 5. bis 7. Lebensjahrzehnt auf (4, 6, 8, 9,
11–14, 17).
Die Epidemiologie der Spondylodiszitis nach lumbalen Bandscheibenoperationen ist abhängig von der
Invasivität des Eingriffs und wird für mikrochirurgische Eingriffe oder Diskografien mit 0,1 bis 0,6 % und
für makrochirurgische Eingriffe mit 1,4 bis 3 % angegeben (5, 18–20). Der Anteil der exogenen Spondylodiszitiden an allen vertebragenen Infektionen liegt bei
10 bis 15 % (3, 4, 8, 14, 17).
Prädisposition
Erregerspektrum
Mögliche Erreger sind Bakterien, Pilze und selten Parasiten. Meistens handelt es sich um eine bakterielle
Infektion, wobei abhängig vom Erreger die spezifische von der unspezifischen Spondylitis unterschieden wird (1, 5, 6) (Kasten).
Der häufigste bakterielle Erreger ist Staphylococcus aureus mit einer Inzidenz zwischen 30 und 80 %
(1, 5–10, 12, 14).
Die spezifische Spondylitis entsteht immer auf endogenem Weg. Bei HIV-negativen Tuberkulosepatienten manifestiert sich die Tuberkulose in 3 bis 5 %
und bei HIV-infizierten Patienten in bis zu 60 % am
Skelett (15). Die Hälfte aller Skeletttuberkulosen treten in der Wirbelsäule auf (15, 16).
Prädispositionsfaktoren sind Alter, Multimorbidität,
Diabetes mellitus, Herz- und Kreislauferkrankungen,
Adipositas, Niereninsuffizienz, chronische Hepatitiden, rheumatische Erkrankungen, chronische Steroideinnahme, Tumorleiden, Einnahme von Immunsuppressiva, vorangegangene systemische Infektionen,
abgelaufene Tuberkulose, vorausgegangene viszeralchirurgische Eingriffe, Sichelzellanämie, Drogenabusus und HIV (3–9, 14, 17).
Differenzialdiagnosen
Differenzialdiagnosen sind erosive Osteochondrose,
osteoporotische und pathologische Fraktur, tumorbedingte Destruktion, Spondylarthritis ankylosans und
Morbus Scheuermann.
Diagnostik
Klinische Untersuchung
Die klinische Untersuchung umfasst neben der Inspektion mit Augenmerk auf lokale Veränderungen einen ausführlichen neurologischen Status. Typischerweise besteht ein Fersenfall-, Stauchungs- und
Klopfschmerz bei fehlendem oder geringem lokalen
Druckschmerz. Der Patient zeigt eine Schonhaltung
und vermeidet die Belastung der ventralen Wirbelsäulenabschnitte. So werden insbesondere die Inklination und die Wiederaufrichtung als schmerzhaft
beschrieben.
Abbildung 1: MRT: sagittale und axiale Schnittebene: T1 und Kontrastmittel bei einem
Patienten mit spezifischer Spondylitis (atypische Mykobakterien: Mycobacterium xenopi) auf
Höhe BWK 10
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Labor
Als laborchemische Parameter sind Leukozyten, Creaktives Protein (CRP) und die Blutsenkungsgeschwindigkeit (BSG) zu bestimmen. Der akute Verlauf ist durch eine massive Erhöhung der Entzündungsparameter und der BSG gekennzeichnet,
während diese bei einem chronischen Verlauf normwertig oder grenzwertig erhöht sein können. Eine
Leukozytose ist nicht obligat, eine deutliche Erhöhung des CRP hingegen typisch (1, 5).
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Radiologie
Konventionelles Röntgen – Bei unklaren Wirbelsäulenschmerzen steht die konventionelle Röntgenaufnahme an erster Stelle, wobei das Verfahren in der
Frühphase der Spondylodiszitis nicht aussagekräftig
ist, weil Skelettveränderungen meist fehlen (1, 6, 14).
Auch im weiteren Verlauf können die radiologischen
Zeichen nur gering ausgeprägt sein und unterscheiden
sich dann nicht oder kaum von degenerativen Wirbelsäulenerkrankungen.
Kernspintomografie (MRT) – Die MRT ist bei
Verdacht auf eine Spondylodiszitis das bildgebende
Verfahren der Wahl. Durch die Darstellung der Wirbelsäule über ihre gesamte Länge werden auch Infektionen anderer Wirbelsäulenabschnitte miterfasst.
Außerdem gelingt eine gute Darstellung einer möglichen Ausweitung des Entzündungsgeschehens auf den
paravertebralen oder spinalen Raum (13, 14, 21, 22)
(Abbildung 1).
Computertomografie (CT) – Die Computertomografie ist der Kernspintomografie bezüglich der Sensitivität und Spezifität im Rahmen der Spondylitisdiagnostik unterlegen (13, 14, 21, 22). Im Computertomogramm werden jedoch die knöchernen Destruktionen
sehr viel detaillierter wiedergegeben (14). Außerdem
gelingt nach Kontrastmittelgabe im Computertomogramm eine gute Darstellung von paravertebralen
Abszedierungen (14). Sie ist dann indiziert, wenn die
Möglichkeit einer Kernspintomografie, wie zum Beispiel bei Vorhandensein eines Herzschrittmachers,
nicht gegeben ist.
Mehrphasenskelettszintigrafie – Mit der Skelettszintigrafie ist es nicht möglich zwischen Infektionen des
Knochens und aktivierten Osteochondrosen zu unterscheiden. Sie ist daher kein diagnostisches Mittel der
ersten Wahl (23). Allerdings schließt ein unauffälliges
Skelettszintigramm einen ossären Entzündungsprozess
mit hoher diagnostischer Genauigkeit aus.
Entzündungsszintigrafie mit markierten Leukozyten oder Tc-99m-markierten Antikörpern – Die
Leukozytenszintigrafie ist eine Ergänzung zur Mehrphasenskelettszintigrafie, bei der radioaktiv markierte
körpereigene Blutzellen oder heute vorzugsweise Tc99m-markierte Antigranulozyten-Antikörper eine
entzündliche Veränderung von Knochengewebe detektieren. Antigranulozyten-Antikörper markieren allerdings auch das blutbildende Knochenmark, sodass
sich die Wirbelsäule physiologisch anreichernd darstellt. Die Entzündungsszintigrafie ist daher eher für
die Extremitäten geeignet.
Positronenemissionstomografie mit Fluor-18-Fluorodeoxyglucose (F-18-FDG-PET) – Die F-18-FDGPET spielt eine immer wichtigere Rolle bei der Diagnostik der Spondylodiszitis. F-18-FDG reichert sich
physiologisch nicht oder in nur geringem Ausmaß im
Knochenmark beziehungsweise der Wirbelsäule an,
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Abbildung 2: Das Fluor-18-Fluorodeoxyglucose-PET (FDG-PET) zeigt eine ausgeprägte, sich
über mehrere Segmente (circa BWK 9 bis 12) erstreckende Mehranreicherung mit einem
„standard uptake value“ (SUV max) von 9,1.
sodass entzündliche Prozesse als „hot spot“ dargestellt werden. Das Ausmaß der Aufnahme von F-18FDG hängt mit dem erhöhten Glucosestoffwechsel
der Entzündungszellen zusammen. Die Vorteile der
F-18-FDG-PET sind die schnelle Bildgebung und eine
relativ geringe Strahlenexposition (3,7 bis 7,4 mSv)
(23). Während eine Unterscheidung zwischen beginnender Spondylodiszitis und degenerativen Veränderungen an den Endplatten der Wirbelkörper im Gegensatz zur MRT sehr gut möglich ist, kann die Spezifität
insbesondere hinsichtlich der Unterscheidung von
malignen Prozessen ein Problem sein (23, 24) (Abbildung 2, Tabelle).
Erregernachweis
Der Nachweis des ursächlichen Erregers und die Bestimmung seiner Antibiotikaempfindlichkeit sind die
Voraussetzung für eine gezielte Antibiotikatherapie,
die eine der Grundsäulen der Therapie der Spondylodiszitis darstellt. Insgesamt gelingt ein Erregernachweis in 49 bis 83 % der Fälle, bei einem chronischen
Verlauf seltener als bei einem akuten. Eine wesentliche Ursache für den erfolglosen Versuch einer Erregerdiagnose ist eine vorangegangene systemische antibiotische Therapie (3, 4, 7, 8, 10). Deshalb ist es von
besonderer Bedeutung, mit der antibiotischen Therapie erst nach der Gewinnung von Untersuchungsmaterial für die mikrobiologische Diagnostik zu beginnen.
Wurde bereits mit einer Antibiotikabehandlung begonnen, wird daher von den Autoren das Absetzen unter engmaschiger Kontrolle des Krankheitsverlaufs
für einige Tage bis zur Punktion des Entzündungherdes erwogen.
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TABELLE
Tabellarische Übersicht zur Sensitivität und Spezifität (1, 5, 23, 24, 25)
(in Prozent)
Nativ-Röntgen
Szintigrafie
Entzündungsszintigrafie
F-18-FDG-PET
Kernspintomografie
Sensitivität
82
90
–
100
96–100
Spezifität
57
78
31–76
–
92
Blutkultur – Das Verfahren mit dem geringsten
Aufwand zum Erregernachweis ist die Blutkultur.
In bis zu 70 % der Fälle kann beim antibiotisch nicht
vorbehandelten Patienten mit einer positiven Kultur
gerechnet werden. Die Autoren empfehlen, mindestens zwei bis drei Blutkulturpaare zu entnehmen.
Nicht nur im akuten Fieberschub oder bei einem
septischen Verlauf, auch bei einem klinisch blanden
afebrilen Verlauf gelingt vielfach der Erregernachweis (9).
Biopsie – Weitere Möglichkeiten des Erregernachweises sind die perkutane Stanze, die unter entsprechender Anästhesie durchgeführt wird, und die CT-gesteuerte Feinnadelpunktion. Letztere kann in gleicher
Sitzung genutzt werden, um eine Drainage zur Abszessentlastung zu platzieren. Ein Nachteil der CT-gesteuerten Punktion ist die relativ geringe Gewebemenge, wodurch ein Erregernachweis nur bei etwa der
Hälfte der Patienten gelingt (2, 3, 9).
Intraoperative Probenentnahme – Die sicherste
Methode zum Erregernachweis ist aufgrund der relativ
großen Gewebemenge die intraoperative Entnahme
von Gewebeproben (3–6, e1). Hier liegt die Nachweisrate eines Erregers bei 75 % (9) (Grafik).
Therapie
Grundprinzip
Aufgrund des sehr inhomogenen Patientenkollektivs
und der therapeutischen Varianzen sind einheitliche
Therapieleitlinien nur eingeschränkt möglich (e7). Es
exisitieren bislang keine prospektiven randomisierten
kontrollierten Studien und das Evidenzniveau der
Therapieempfehlungen geht nicht über Level C hinaus (e7).
Die Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Therapie mit Ausheilung der Spondylodiszitis ist die Ruhigstellung des betroffenen Wirbelsäulenabschnitts,
die antibiotische Therapie und je nach Ausmaß der Erkrankung das Débridement und die Dekompression
des Spinalkanals. Möglichst erst nach Erregernachweis und Vorliegen des Resistogramms sollte eine gezielte intravenöse Antibiotikatherapie gestartet werden. Besteht aufgrund eines hochakuten Verlaufs unmittelbarer Handlungsbedarf, sollte nach Abnahme
von Blutkulturen mit einer Antibiotikatherapie begonnen werden, welche die häufigsten für eine Spondylodiszitis verantwortlichen Erreger – Staphylococcus
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aureus und Escherichia coli – berücksichtigt. Über die
Dauer der i.v.-Antibiotikatherapie gibt es in der Literatur keine einheitlichen Richtlinien. Generell wird
empfohlen, die Antibiotika aufgrund der meist besseren Bioverfügbarkeit über mindestens zwei bis vier
Wochen parenteral zu verabreichen.
Im Einzelfall kann eine Umstellung auf orale Gabe
auch früher erfolgen, wenn sich der Allgemeinzustand
des Patienten stabilisiert und die laborchemischen
Entzündungsparameter normalisiert oder deutlich gebessert haben. Voraussetzung für eine orale Antibiotikatherapie ist eine hohe Bioverfügbarkeit des Wirkstoffs auch bei enteraler Aufnahme, wie dies zum Beispiel bei Fluorchinolonen, Clindamycin oder Linezolid gegeben ist. Linezolid ist insbesondere in der Behandlung von MRSA-Infektionen indiziert, wobei die
mehrwöchige Anwendung wegen der Gefahr hämatologischer Nebenwirkungen problematisch sein kann
(9, e2).
Zur Behandlung der unspezifischen Spondylodiszitis wird eine orale Antibiotikatherapie von sechs Wochen bis drei Monaten Dauer empfohlen (1, 5, 6, 8, 11,
e2, e3).
Bei Risikopatienten sollte die Anwendungszeit ausgeweitet werden. Die Autoren führen eine Antibiotikatherapie bis sechs Wochen nach Normalisierung der
Entzündungsparameter durch.
Besteht der dringende Verdacht auf eine tuberkulöse Spondylodiszitis, kann eine Antituberkulotikathe-
GRAFIK
Algorithmus für die intraoperative Entnahme von Gewebeproben
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Abbildung 3: Zervikale unspezifische Spondylodiszitis HWK 3/4 und postoperative nativradiologische Verlaufskontrolle mit regelrecht einliegendem Knochenspan und Platte
rapie eingeleitet werden. Allerdings ist der Krankheitsverlauf in diesen Fällen meist nicht so fulminant,
sodass auch hier das Ergebnis der Erregerdiagnostik
abgewartet werden sollte. Die antituberkulöse Chemotherapie sollte, um eine Ausheilung und das Ausbleiben von Rezidiven zu ermöglichen, über einen
Zeitraum von 18 bis 24 Monaten andauern, wobei es
auch diesbezüglich keine eindeutigen prospektiv erhobenen wissenschaftlichen Daten gibt.
Im Falle einer Pilzinfektion muss eine entsprechende antimykotische Behandlung eingesetzt werden
(e4). Insgesamt ist der Nachweis von Pilzen als Erreger einer Spondylodiszitis oft schwer und die antimykotische Therapie problematisch. Ooij et al. empfehlen daher die frühzeitige operative Behandlung
(e5).
Selbstverständlich gehört zu den allgemeinen Therapieprinzipien auch eine gute Analgesie der zum Teil
ausgeprägten Schmerzsymptomatik.
Konservative Therapie
Das konservative Vorgehen kann erwogen werden,
wenn die klinischen Symptome und die Destruktion
relativ mild ausgeprägt sind oder das Risiko einer Operation zu groß erscheint (4, 7). Da die Patienten bei dieser Erkrankung in der Regel älter und in schlechterem
Allgemeinzustand sind, steht die Option des konservativen Prozederes entsprechend häufig zur Disposition.
Das Hauptproblem der konservativen Therapie stellt
die suffiziente Ruhigstellung des betroffenen Wirbelsäulenabschnitts dar. Durch reklinierende Orthesen
wird eine Lastenverteilung auf die nicht betroffenen
Wirbelsäulengelenke und somit eine Entlastung des infizierten ventral gelegenen Areals erreicht (5). In der
Orthese kann der Patient voll mobilisiert werden. Liegen jedoch größere Defekte der ventralen Säule vor
oder ist die untere LWS oder der lumbosakrale Übergang betroffen, dann ist die notwendige Ruhigstellung
nur durch eine mindestens sechswöchige Bettruhe zu
erreichen (1, 5). Erst mit dem radiologisch sichtbaren
Beginn der knöchernen Durchbauung wird die Mobilisierung des Patienten empfohlen. Neben den Risiken
der Immobilisierung besteht eine hohe Rate an Pseudarthrosen (16 bis 50 %), woraus letztendlich eine
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kyphotische Fehlstellung und ein chronisches Schmerzsyndrom resultieren können (1–5). Bei einer fehlenden Fusionsreaktion oder fortschreitender Destruktion
oder klinisch ausbleibender Verbesserung ist nach vier
bis sechs Wochen die Fortführung der konservativen
Therapie nicht erfolgversprechend (4, 5, 7). Generell
scheint die in früheren Jahren praktizierte lang andauernde Bettruhe verlassen zu werden.
Operative Therapie
Indikationen zum notfallmäßigen operativen Vorgehen
bei Spondylodiszitis sind neurologische Ausfälle und
Sepsis. Weitere OP-Indikationen sind Instabilität, drohende oder bestehende Deformitäten, intraspinale
Raumforderungen, unklare Genese mit möglichem tumorösem Prozess und Versagen der konservativen Therapie. Relative OP-Indikationen sind der nicht beherrschbare Schmerz und die fehlende Compliance des
Patienten zur konservativen Therapie (1, 3, 5, 6, 11).
Abbildung 4: Drei Monate postoperative nativradiologische Verlaufskontrolle nach zweizeitiger dorsoventraler Spondylodese LWK 2/3
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Ziele des operativen Vorgehens sind die Ausräumung des septischen Herds mit zeitgleichem Keimnachweis und die Stabilisierung des infizierten
Wirbelsäulenabschnitts mit nachfolgender knöcherner Fusion beziehungsweise Blockwirbelbildung. Im
Vergleich zur konservativen Therapie gelingt dadurch
eine sicherere und zügigere Ausbehandlung des Infektgeschehens. Auch ist eine rasche postoperative
Mobilisierung möglich (2, 4, e1).
Als Standardverfahren hat sich die zusätzlich zum
Débridement und der Spaninterposition durchgeführte instrumentierte Stabilisierung mit den Vorteilen der
zügigen postoperativen Mobilisierung, einer geringeren Rate an Pseudarthrosen und kyphotischen Fehlhaltungen etabliert (3–5).
Die Implantation von Osteosynthesematerial in ein
infiziertes Wundgebiet kann durch die Keimbesiedlung der Metalloberfläche zu einem persistierenden
Infektionsgeschehen führen. Dieses Risiko wird
durch ein ausgiebiges Débridement mit gleichzeitiger
lokaler Applikation von Antibiotikaträgern vermindert (1). Heutzutage kommen hauptsächlich Titanimplantate zur Anwendung, welche mit keiner höheren
Rezidivquote assoziiert zu sein scheinen (10, e6).
Die Empfehlungen zur Operationsstrategie werden
weiterhin sehr kontrovers diskutiert (1, 3–8, 10, 11).
Die operative Therapie der Spondylodiszitis kann einzeitig oder zweizeitig erfolgen. Das zweizeitige operative Vorgehen hat den Vorteil, dass sich der Patient von
dem ersten Eingriff erholen kann. Der Zweiteingriff
erfolgt dann in Abhängigkeit von der Rekonvaleszenz
des Patienten mit ein- bis zweiwöchigem Abstand.
Auch die Empfehlungen zur osteosynthetischen
Stabilisierung sind vielfältig. Es gibt Empfehlungen
zur rein ventralen, rein dorsalen oder kombiniert dorsoventralen, beziehungsweise ventrodorsalen Stabilisierung (1–7, 10, 11) (Abbildung 3, 4).
Prognose
Sowohl nach konservativer als auch nach operativer
Therapie der Spondylodiszitis verbleiben häufig Restbeschwerden, die auf Destruktionen und degenerative
Begleiterscheinungen der angrenzenden Segmente
nach abgeklungener Entzündung zurückgeführt werden können. Woertgen et al. untersuchten im Rahmen
einer nicht randomisierten, retrospektiven Studie die
neurologischen Ergebnisse und die gesundheitsbezogene Lebensqualität anhand des Fragebogens Short
Form 36 (SF–36) von 62 Patienten mit Spondylitis
nach 16,4 Monaten, die zu 45 % konservativ und zu
55 % operativ behandelt wurden. Die Autoren konnten zeigen, dass bei Patienten mit präoperativen neurologischen Defiziten zu 30 % motorische Defizite
und zu 90 % Hypästhesien persistierten. Ferner legten
sie dar, dass die Lebensqualität weit unter der der Normalbevölkerung liegt. Die Patienten, die operiert
wurden, wiesen eine etwas bessere Lebensqualität
und eine signifikant bessere Patientenzufriedenheit
auf (12). Lerner et al. fanden bei 76 % von 25
Spondylodiszitispatienten mit neurologischen Defizi-
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Abbildung 5: CT bei Rezidivspondylodiszitis 1 Jahr nach dorsoventraler Fusion.
ten nach 2,6 Jahren eine Besserung der neurologischen Situation, wobei sich bei 20 % keine Veränderung zeigte. Bei 75 % der Patienten mit akutem Querschnitt konnte die Gehfähigkeit wiederhergestellt
werden (10). Ähnliche Ergebnisse zeigten sich in anderen Veröffentlichungen (3, 17).
Die Rezidivrate wird in der Literatur mit 0 bis 7 %
angegeben (2–4, 10, 11, 17). Frangen et al. fanden
in ihrem Kollektiv (n = 69) zu einem Nachuntersuchungszeitpunkt von durchschnittlich 5,4 Jahren
fünf Patienten, die eine Respondylodiszitis erlitten (3)
(Abbildung 5).
Interessenkonflikt
Prof. Dr. Seifert hat von der Firma Pfizer Referentenhonorar erhalten und
Reisekosten erstattet bekommen. Die anderen Autoren erklären, dass kein
Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des International Committee of
Medical Journal Editors besteht.
Manuskriptdaten
eingereicht: 27. 4. 2007; revidierte Fassung angenommen: 26. 11. 2007
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Anschrift für die Verfasser
Dr. med. Rolf Sobottke
Klinik und Poliklinik für Orthopädie der Universität zu Köln
Joseph-Stelzmann-Straße 9, 50924 Köln
E-Mail: [email protected]
SUMMARY
Current Diagnosis and Treatment of Spondylodiscitis
Introduction: Infection of the spinal column is rare, and often recognized and treated too late. Spondylodiscitis is osteomyelitis of the spine
and can cause severe symptoms. Hospital mortality is in the region of
2% to 17%. Methods: Selective literature review and results of the
authors’ own research. Results: The incidence of pyogenic spondylodiscitis is around 1 : 250 000, which represents around 3% to 5% of
osteomyelitis as a whole. 10% to 15% of all vertebral infections can
be ascribed to exogenous spondylodiscitis, with Staphylococcus aureus as the commonest pathogen, 2% to 16% of which are reported
to be MRSA (methicillin-resistant S. aureus). Catheter-related, nosocomial infection with MRSA is a key cause for spondylodiscitis. 50%
of all skeletal tuberculoses are found in the spine. Discussion: Spondylodiscitis should be borne in mind in cases of diffuse back pain and
non-specific symptoms. MRI is the diagnostic modality of choice for
detectting spondylodiscitis. Thanks to precise monitoring of conservative treatments and primarily stable surgical techniques, prolonged
immobilization of the patient is no longer necessary nowadays.
Dtsch Arztebl 2008; 105(10): 181–7
DOI: 10.3238/arztebl.2008.0181
Key words: spondylitis, spondylodiscitis, vertebral osteomyelitis, spinal infection, spine
@
The English version of this article is available online:
www.aerzteblatt-international.de
eLiteratur:
www.aerzteblatt.de/lit1008
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MEDIZIN
ÜBERSICHTSARBEIT
Aktuelle Diagnostik und Therapie
der Spondylodiszitis
Rolf Sobottke, Harald Seifert, Gerd Fätkenheuer, Matthias Schmidt,
Axel Goßmann, Peter Eysel
eLITERATUR
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 Jg. 105
 Heft 10
 7. März 2008
Deutsches Ärzteblatt
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