- Universitätsklinikum Freiburg

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Was der STORCH so bringt…
Gefährliche Infektionskrankheiten bei Schwangeren
Dr. med. Daniela Huzly
Institut für Virologie,
Universitätsklinikum Freiburg
(S)TORCH – noch zeitgemäß?
• ToRCH Begriff verwendet als Acronym für
kongenitale Infektionen
o Ursprünglich eingeführt um auf einige Ähnlichkeiten bekannter
konnataler Infektionen hinzuweisen
• Toxoplasmose, Rubella, CMV, HSV
o + Syphilis = STORCH
o (O heute auch „others“ = Parvoviren, Varizellen,
Hepatitis, HIV, Enteroviren, Parechoviren)
• Führt zu ungezieltem Screening, enthält nicht alle
wichtigen Erreger, falsche Diagnostik
• Richtig: konnatale/kongenitale Infektionen
Begriffsdefinition
• Kongenital (englisch „congenital“) = bei
der Geburt vorhanden, auch erblich
bedingte Störungen
• Kongenitale Infektionen definiert als
Infektionen, die entweder transplazentär
oder im Laufe der Geburt übertragen
werden
• Konnatal = angeboren; im Mutterleib oder
bei der Geburt erworben, nicht erblich
bedingt
o Bessere Bezeichnung für Infektionen
Immunität in der Schwangerschaft
• Mütterliche Immunität : Immunmodulation mit
nachweisbarer Einschränkung der lymphozytären
Proliferation und zellvermittelten Zytotoxizität
o Bestimmte Virusinfektionen verlaufen schwerer (z.B.
Varizellen, Influenza, Masern)
• Überschießende Immunreaktion bei bestimmten
„Reizen“
o Einige Autoimmunerkrankungen leichter
Immunität in der Schwangerschaft
• Fetale Immunität: humorale Immunität
o IgM-Produktion ab 12. Gestationswoche möglich
• Bei intrauteriner Infektion IgM in
Nabelschnurblut ab einem gewissen Zeitpunkt
nachweisbar
o IgG-Produktion sehr schwach, auch bei Infektion,
IgG-Transport über die Plazenta nimmt erst ab Ende
des 2.Trimenons zu (32.SSW)
• Frühchen haben schlechten Nestschutz
Immunität in der Schwangerschaft
Fetale Immunität: Zelluläre Immunabwehr
• Fetale Entwicklung sollte nicht durch
Entzündungsprozesse gestört werden
o Fetale Immunzellen hyporeaktiv, weniger
Entzündungsmediatoren, weniger Anlockstoffe für andere
Immunzellen
• Wenn proinflammatorische Mediatoren z.B. aufgrund einer
Infektion von Plazenta und/oder Fetus trotzdem gebildet werden:
Wachstumsretardierung, Abort
• Häufigste Antwort auf Entzündung: Induktion von Wehen,
Frühgeburt
• Erhöhte Serumlevel von IL6 und TNF:
neurologische Schäden
Immunität des Neugeborenen
• Immunantwort muss in den ersten Lebenstagen
umstellen auf proinflammatorische Antwort
• Erste Lebenstage noch vulnerabel
• Verzögerung der Umstellung: gehäufte BlutbahnInfektionen
• Zusammenspiel aus Antigenmenge, Zeitpunkt der
Exposition und genetischem Hintergrund, ob
Exposition zu schwerer Infektion führt
o Perinatale Infektionen gefährlich
o Frühgeborene verzögerte Reifung
www.menshealth.de
Intrauterine Infektionen
Perinatale Infektionen
Rötelnvirus
Syphilis (Treponema p.)
Toxoplasma gondii
Listeria monocytogenes
Cytomegalovirus
Varicella-Zoster-Virus
Parvovirus B19
Herpes-simplex-Virus
HCV
HBV, HIV
Enteroviren/Parechoviren
E.coli, B-Streptokokken,Mykoplasma/Ureaplasma,
Chlamydia trachomatis …
Röteln
• Erstbeschreibung des kongenitalen Rötelnsyndroms
(CRS) 1941 durch Norman Gregg
• Entdeckung des Rötelnvirus 1962
• Einführung der Rötelnimpfung 1969/70
embryology.med.unsw.edu.au
Konnatale Röteln
• Bei Infektion im ersten Trimenon Übertragung zw.
60 und 90%, Schädigung bei nahezu jedem
infizierten Kind
• Zellteilung gestört, Gefäßwandzellen infiziert
• Multiorganinfektion, am häufigsten Kombination
aus Katarakt, Innenohrschwerhörigkeit und
Herzfehler
Medlibes.com
Diapedia.org
Erfolgreiche Geschichte einer Impfung
Enjott.com
Teufelskreis der Infektion
• Infektion oft asymptomatisch
• Lang andauernde Virämie, Übertragung auf den Feten
• Kongenital infizierte Kinder scheiden Virus in großen
Mengen über längeren Zeitraum aus
o Fungieren als Überträger
• 15% der Frauen im gebärfährigen Alter nicht immun:
Infektion in der Schwangerschaft
• Impfung nur der Mädchen: vorübergehende
Reduktion, Ausbruchssituationen
• Impfung aller Kinder: dauerhafte Reduktion
Rubella in Deutschland?
• 0-1 CRS pro Jahr – Migrantinnen, importierte Fälle
• Wenige gemeldete Fälle, keine molekularbiologisch
gesicherten Fälle
• Durchimpfung von 85% reicht aus, da niedriger
Kontagiositätsindex
• Diagnostik nicht mit serologischen Methoden
möglich, molekularer Nachweis erforderlich
S
Syphilis ‐ Lues
Syphilis in Deutschland: gemeldete
Inzidenz seit 1991 - Altersgruppen
Aus: RKI Survey
Syphilis ‐ Übertragungswege
Zunahme Syphilis Bundesländer
Syphilis ‐ Lues
• 2-7 Fälle Lues connata/Jahr in Deutschland
• Ab dem 4. Mo. Übertragung möglich,
rechtzeitige Therapie verhindert Übertragung
• Übertragung am höufigsten im Rahmen der
Primärinfektion (fast 100%)
• 30-40% sterben intrauterin oder direkt nach der
Geburt, Rest erkrankt in den ersten
Lebensmonaten
Lues Connata Symptome
• Exanthem, Hepatosplenomegalie,
Wachstumsstörungen, Hutchinson-Trias
(Tonnenzähne, Innenohrschwerhörigkeit, Keratitis),
Sattelnase
Link.springer.com
Syphilis – Lues: Diagnose
• Screening in der Schwangerschaft vorgeschrieben
• Ca. 3 Wo. nach Infektion positiv
• Erkennung des Frühstadiums: Ulcus durum,
schmerzhaft mit Beteiligung der regionalen
Lymphknoten
Aus: hu-berlin.de
Syphilis – Lues: Therapie
• Penicillin G über 2 Wochen
• Therapiekontrolle mittels VDRL Test (CardiolipinFlockungstest)
• Therapie beim Kind: 10 Tage Pen G 2-3x 50.000
IE/kg/Tag
• Cave: Jarisch-Herxheimer-Reaktion
Aus: hu-berlin.de
Toxoplasmose
• Meist symptomlos beim
Immungesunden
• Selten Fieber, LK-Schwellungen
• Erstes Trimenon 4 bis 15 %, letztes
Trimenon 60 % Übertragung bei
Primärinfektion in der Schwangerschaft
• Gemeldet 4-20 pro Jahr
Infektionszeitpunkt
Trimenon
maternale
Infektion
I
Übertragungswahrscheinlichkeit
17%
Relative
Schwere der
Erkrankung
Schwer
II
25%
Intermediär
III
65%
Milder oder
asymptomatisch
Konnatale Toxoplasmose Symptomatik
• 70% subklinisch/ asymptomatisch
• Isolierte Chorioretinitis, milde
zerebrale Kalzifizierung ohne
Symptome
• Hydrozephalus, Mikrozephalie,
Chorioretinitis, Kalzifizierungen
• Systemische Erkrankung –
Exanthem, Thrombozytopenische
Purpura, Hepatosplenomegalie,
Pneumonie, Uveitis
Listeriose
• Nahrungsmittelassoziierte Infektion: Nachweis in
Fleischprodukten, Käse, Milchprodukten, Eiscreme,
Gemüse und Fertiggerichten
• Lebensmittelinfektion kurze Inkubationszeit
• Systemische Infektion (Schwangerschaft, Alter) lange
Inkubationszeit, mehrere Wochen
• Tropismus für Placentazellen
Frauenaerzte-ruess.de
Listeriose
• Grippeähnliche Symptome
• Transplazentare Übertragung am ehesten im
letzten Trimenon
• Abort, Frühgeburt, Sepsis des Neugeborenen,
neurologische Spätschäden
• Therapie mit Ampicillin
• Gemeldet ca. 30 Fälle pro Jahr bei Säuglingen,
Anzahl konnataler Fälle unbekannt
Konnatale CMV‐Infektion
•
Häufigste intrauterin übertragene Infektion (0,5-2% aller
Lebendgeburten infiziert), häufigste Ursache von angeborenen
Langzeitschäden
http://www.cdc.gov/cmv/trends-stats.html
CMV ‐ Zytomegalievirus
• Infektionsrisiko am höchsten bei
Primärinfektion (40%), 0,15-1% bei vorher
Seropositiven
• Geschätzte 1- 4% der seronegativen
Schwangeren machen Primärinfektion
durch
• 0,2-1% der
Neugeborenen
sind infiziert
Medcomic.com
Geschätzte Häufigkeit der konnatalen CMV‐Infektionen
CMV
Primärinfektion
Reinfektion/Reaktivierung?
Ca. 40% Übertragung
Ca. 0,15-1% Übertragung
10-15%
bei Geburt
erkrankt
10%
normal
90%
Spätschäden
85-90%
asymptomatisch
bei Geburt
5-15%
Spätschäden
0-1%
symptomatisch
oder Spätschäden
85-95%
normal
M.G. Revello, J.Clin.Virol.29, 2004
CMV ‐ Klinik
• Erkrankung der Mutter in ca. 70%
symptomatisch aber unerkannt
• Hauptsymptome Fieber, Müdigkeit,
Kopfschmerzen, erhöhte Leberenzyme,
Lymphozytose
• Zeitpunkt des Erkrankungsbeginns wichtig für
Management der Patientin
CMV ‐ Klinik
• Intrauterin
o Hydrops, Aszites
o Wachstumsretardierung
o ZNS-Auffälligkeiten
congenitalcmv.blogspot.com/
• Postnatal
o Ikterus, Hepatosplenomegalie, Pneumonie,
Wachstumsretardierung
o Mikrozephalie, intrakrankielle Verkalkungen,
Chorioretinitis, Krampfanfälle
o Anämie, Thrombopenie, erhöhte Leberwerte
CMV‐Diagnostik
• Für das weitere Management ist eine möglichst
genaue Eingrenzung des Infektionszeitpunkts
erforderlich – Kombination aus serologischen und
molekularen Methoden
• Bei Nachweis der Primärinfektion: FruchtwasserPunktion frühestens 6 Wo. nach wahrscheinlichem
Erkrankungsbeginn, ab 21. SSW
Prophylaxe und Therapie
• Hauptrisiko: Kinder <3J
• Hygiene: Händewaschen nach
Windelwechsel etc., Verzicht auf
Mundküsse, keine Gegenstände
oder Nahrungsmittel gemeinsam
in den Mund nehmen
• Bisher keine wirksame Therapie.
Klinische Studien
Hyperimmunglobulin i.v. bei
Erstdiagnose; Valaciclovir p.o.
Cdc.org
Parvovirus B19
• Erreger der
Ringelröteln
Bei Erwachsenen häufig
Arthritiden oder
asymptomatisch
Parvovirus B19
• Infektion durch Tröpfcheninfektion in der
Inkubationszeit, bei Auftreten des Exanthems
Ansteckungsgefahr beendet
• Ca. 50% der gebärfähigen Frauen seronegativ
• Übertragung während gesamter
Schwangerschaft möglich, Transmissionsrate
ca. 33%
• Ca. 2-3 Fälle/400 Schwangerschaften
Parvovirus B19
• Anämie – kardiovaskuläre Dekompensation,
Hydrops fetalis, Fruchttod
Parvovirus B19
• Infektion in den ersten 9 Wo.: selten Frühabort
• Infektion in der 9.-20. Wo.: ca. 10% Fetaltod,
50-90% mit Hydrops
• Infektion im 3. Trimester wahrscheinlich ohne
Folgen
• Im 2. Trimester verkürzte Lebensdauer der
Erythrozyten und deutlich höhere
Erythrozytenzahl (3-4fache Zunahme)
Parvovirus B19 Auftreten fetaler Komplikationen ‐
Maßnahmen
• Nabelschnurpunktion,
Messung des fetalen Hb
und der Thrombozyten
• Intrauterine Transfusion
von Erythrozytenkonzentrat (0 Rh-) bei
Hb <8.0g/dl
Herpes neonatorum
• Herpes genitalis:
o bei Primärinfektion (seltener bei Reaktivierung) in der Spätschwangerschaft
perinatale Übertragung
• Herpes labialis:
o Primärinfektion der Mutter in der Spätschwangerschaft, perinatale Übertragung
o postnatale Übertragung durch Kontaktpersonen auf ungeschütztes Kind (Mutter
seronegativ) in den ersten 2 Lebenwochen
• Schwere sepsisähnliche Infektion oft mit zerebraler
Beteiligung
• Frühzeitige Therapie mit Acyclovir
• Häufigkeit nicht bekannt, oft unerkannt
Impfpräventable Infektionen mit Gefahr für die Schwangere
• Masern
• Influenza
• Varizellen
• Erhöhte Komplikationsrate, vor
allem schwere Pneumonien,
Frühaborte vor allem bei Masern
Varizellen
• Ca. 5-7% der
gebärfähigen Frauen
seronegativ !!
• Geschätzt 3-5
Fälle/1000
Schwangersch./Jahr
o Ca. 2000-4000
Fälle/Jahr
Varizellen in der Schwangerschaft
• Erhöhte Komplikations- und Mortalitätsrate
(Pneumonie 20%)
• Konnatales Varizellensyndrom bei Infektion in
den ersten 18 SSW (2-8%)
• Bei Infektion kurz vor der Geburt: Neonatale
VZV-Infektion mit tödlichem Verlauf
Häufige perinatale Infektionen
Parecho‐ und Enteroviren
• Häufige Erreger von sepsisähnlichen
Erkrankungen und Meningitiden/
Enzephalitiden im Säuglingsalter
• Infektion aus der Umgebung (Mutter,
Geschwister)
• Parechoviren: gute Prognose, Kind nach 3
Tagen entlassen
• Enteroviren: Bei Infektionen mit
Coxsackieviren myokardiale
Beteiligung
o Hygienemanagement
Danke…
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