 
                                AGAH Study Nurse Akademie Qualifizierungstag für Study Nurses 31. Mai 2013 Elemente der frühen Arzneimittelentwicklung Progressive Designs Dr. med. Katharina Erb-Zohar Klinische Pharmakologin & Coach Planstraße 8, D-63454 Hanau [email protected] | www.clinphase.de Inhalt  Klinische Entwicklung von Arzneimitteln  Besonderheiten der frühen Entwicklung  Progressive Designs AGAH Study Nurse Akademie, Dr. K. Erb-Zohar 31. Mai 2013 2 Was ist ein Arzneimittel?  Arzneistoff (=wirksamer Anteil) + Hilfsstoff  Arzneimittel sind Stoffe, die dazu bestimmt sind, durch Anwendung am oder im menschlichen Körper Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhafte Beschwerden zu heilen, zu lindern, zu verhüten oder zu erkennen (§2 Arzneimittelgesetz).  Als Fertigarzneimittel unterliegen sie der Zulassungspflicht (§21 Arzneimittelgesetz).  Um eine Zulassung zu erlangen, müssen Qualität, Wirksamkeit & Sicherheit nachgewiesen werden. AGAH Study Nurse Akademie, Dr. K. Erb-Zohar 31. Mai 2013 3 Arzneimittelentwicklung  Entwicklung neuer Arzneimittel („NCEs“: new chemical entities)  Verbesserung und Produktpflege schon verfügbarer Arzneimittel  Generika Bereitstellung preiswerter Alternativen bei etablierten Arzneimitteln nach Ablauf des Patentschutzes AGAH Study Nurse Akademie, Dr. K. Erb-Zohar 31. Mai 2013 4 Phasen der klinischen Entwicklung Bei der Neuentwicklung eines Arzneimittels werden verschiedene Phasen der klinischen Entwicklung - zum Teil hintereinander geschaltet, zum Teil auch gleichzeitig - durchlaufen: Phase Aufgabenstellung Teilnehmer I Erstanwendung am Menschen, Bearbeitung aller nicht-therapeutischen Fragestellungen (“Humanpharmakologie”) 100-200* gesunde männliche und weibliche Probanden II gezielte therapeutische Anwendung 50-200* Patienten, die nur an der Erkrankung, die behandelt werden soll, erkrankt sind III umfangreiche klinische Erprobung 500-2000* Patienten IV Studien nach erfolgter Zulassung unterschiedlich * Zahlen nur Beispiele AHAH Study Nurse Akademie, Dr. K. Erb-Zohar 31. Mai 2013 5 Nicht-therapeutische Fragestellungen (Phase I, Humanpharmakologie)  Pharmakokinetik (ADME)  Plasmakonzentration-Zeit-Verläufe  Urindaten  Nicht-kompartimentelle Auswertung (Cmax, tmax, AUC, t1/2)  Pharmakodynamik & PK/PD  Sicherheit und Verträglichkeit  Sicherheit • klinisches Labor • Vitalzeichen • EKG  Verträglichkeit AGAH Study Nurse Akademie, Dr. K. Erb-Zohar  31. Mai 2013 6 Nicht-therapeutische Fragestellungen (Phase I, Humanpharmakologie)  Relevanten Dosisbereich identifizieren      Erste Dosis festlegen und begründen Maximum tolerated dose / minimum intolerated dose Dosis  Exposition (AUC, Cmax) Exposition mit erwarteten therapeutischen Effekten identifizieren Expositions-‘puffer‘ für möglich Arzneimittelwechselwirkungen AGAH Study Nurse Akademie, Dr. K. Erb-Zohar 31. Mai 2013 7 Nicht-therapeutische Fragestellungen (Phase I, Humanpharmakologie)  Bioverfügbarkeit  Vergleich unterschiedlicher Verabreichungswege (z.B. intravenös versus Schlucken einer Tablette)  Vergleich verschiedener Formulierungen (z.B. generische Tablette TEST versus Original-Tablette REFERENZ); Bioäquivalenz  Einfluss auf QT/QTc (TQT)  Einfluss auf PK durch äußere Faktoren  Nahrung („drug-food“)  Arzneimittel („drug-drug“) AGAH Study Nurse Akademie, Dr. K. Erb-Zohar 31. Mai 2013 8 Nicht-therapeutische Fragestellungen (Phase I, Humanpharmakologie)  Einfluss durch ‚innere‘ Faktoren  Geschlecht  Alter o Postmenopausale Frauen o Ältere („elderly“, >65 Jahre) o Kinder  Eliminationskapazität o Eingeschränkte Nierenfunktion o Eingeschränkte Leberfunktion  Ethnische Zugehörigkeit  Genetik o Polymorphismus metabolisierender Enzyme o Polymorphismus von Transportern AGAH Study Nurse Akademie, Dr. K. Erb-Zohar 31. Mai 2013 9 Fragestellungen Phase II  Erste Erkenntnisse zur Wirksamkeit in der vorgesehenen Indikation  Dosisfindung  Dosierungsschema  Wirkungseintritt  Wirkungsdauer  Sicherheit und Verträglichkeit Study Nurse Akademie, Dr. K. Erb-Zohar 31. Mai 2013 10 Fragestellungen Phase III  Definition der therapeutischen Anwendungsgebiete  Festlegung des Patientenkollektives (Erwachsene, Jugendliche, Kinder)  Aufzeigen der Wirksamkeit  z.B. Non-Inferiority (keine Unterlegenheit) vs. aktive Kontrolle oder Superiority (Überlegenheit) vs. Placebo  2 pivotale Studien  Sicherheit und Verträglichkeit  Vergleich zu Mitbewerbern Study Nurse Akademie, Dr. K. Erb-Zohar 31. Mai 2013 11 Fragestellungen, die nicht in klinischen Prüfungen untersucht werden können  Anwendung des Arzneimittels unter Alltagsbedingungen  Anwendung während der Schwangerschaft und Stillzeit  Überdosierung  Entdeckung sehr seltener Nebenwirkungen Study Nurse Akademie, Dr. K. Erb-Zohar 31. Mai 2013 12 Besonderheiten frühe Entwicklung (Auswahl)  Gesunde/ symptomatische Probanden  Safety o „paramount consideration“ o Fach- und Notfallkompetenz des Personals o Geeignete Einrichtung o Empfängnisverhütung  Variabilität o Begleiterkrankungen o Begleitmedikationen  Management  Zeitdruck  Hospitalisierung  Viele/ komplexe Methoden Study Nurse Akademie, Dr. K. Erb-Zohar 31. Mai 2013 13 Besonderheiten frühe Entwicklung (Auswahl)  Fragestellungen  PD, Biomarker  PK o Profilierung Muttersubstanz, Metaboliten (SD, MD) o Wann wird steady-state erreicht? o Einfluss auf PK durch Nahrung, andere Medikamente, verschlechterte Nieren-, Leberfunktion und andere Faktoren  Dosis o Dosisintervall o Verträglich? (Dosiseskalation) o Welche Dosis ist (voraussichtlich) wirksam? (POC, Dosisfindung) Study Nurse Akademie, Dr. K. Erb-Zohar 31. Mai 2013 14 Progressive Designs  Bedeutung „progressiv“* 1. Fortschrittlich 2. Sich entwickelnd, fortschreitend, sich steigernd  Übersetzt in Studiendesigns → Ressourcen intelligent einsetzen → Ansteigende/ mehrere Dosierungen → Adaptiv * Quelle: www.duden.de AGAH Study Nurse Akademie, Dr. K. Erb-Zohar 31. Mai 2013 15 Adaptive Designs Prüfplan (prospektiv) Entscheidungs- Punkt • Wann wird von wem was entschieden? • Welche akkumulierten Studiendaten sind für die Entscheidung notwendig? • Wie wird die Entscheidung dokumentiert und autorisiert? • Zusammenstellung der (QC‘ten) Daten • Zwischenauswertungen • Evaluation durch studienspezifisches Komitee • Entblindung? • Anpassung der Behandlung • Anpassung von Studienprozeduren Umsetzung • Veränderung des Stichprobenumfangs • „early termination“ (Beispiele) FDA Draft Guidance Feb2010 = nicht adaptiv, wenn Studiendesign wegen ungeplanter Befunde aus einer Zwischenanalyse geändert werden muss AGAH Study Nurse Akademie, Dr. K. Erb-Zohar 31. Mai 2013 16 Typische Anwendungen adaptiver Designs  Wirksamkeitsstudien  Beispiele geplanter Adaptationen  Anpassung der Einschluss-/Ausschlusskriterien anhand von Daten vor der beabsichtigten Behandlung  Anpassung des Stichprobenumfangs anhand einer (verblindeten) Zwischenauswertung, um zu gewährleisten, dass ein vorhandener Effekt auch festgestellt werden kann  Ein Daten-Monitoring-Komitee (DMC) bewertet entblindete Daten → Vorzeitiges Studienende bei mangelndem Nutzen → Vorzeitige Studienende bei erwiesener Wirksamkeit AGAH Study Nurse Akademie, Dr. K. Erb-Zohar 31. Mai 2013 17 Beispiele adaptiver Elemente in klinischen Studien der frühen Entwicklung  Dosiseskalationsstudie  Prüfplan legt Möglichkeiten der Modifikation fest  Studienspezifisches Komitee entscheidet über nächste Dosisstufe anhand der kumulierten Studiendaten  Studien an Patienten mit eingeschränkter Leber- oder Nierenfunktion  Prüfplan legt die minimale & maximale Anzahl der zu Behandelnden fest  Studienspezifisches Komitee entscheidet anhand der kumulierten Studiendaten der Patienten mit moderater Einschränkung, ob auch Patienten mit milder oder schwerer Einschränkung behandelt werden AGAH Study Nurse Akademie, Dr. K. Erb-Zohar 31. Mai 2013 18 Dosiseskalationsstudie Bereich Geplante Adaptationsmöglichkeit Festgelegt Dosis • Dosisschritte • Verabreichungshäufigkeit •Start- und Maximaldosis •Dosiszunahme •Maximale Anzahl Dosisschritte •Expositionsgrenze •„stopping rules“ Studienprozeduren •Anzahl/Zeitpunkte PK-Proben •Anzahl/Zeitpunkte Messungen •Zusätzliche Messungen/ Analysen •Gesamtblutmenge, die nicht überschritten werden darf Probanden •Anzahl pro Kohorte •Anzahl der Kohorten Maximale Anzahl Integration mehrerer Teile •Zeitpunkt Start •MD: Dauer der Behandlung •Food: Art des Frühstücks •SD/MD •PO/IV •+ food/+elderly/+DDI In Betracht ziehen: •Studie nicht überladen •„approval CA“ •„substantial amendments“ AGAH Study Nurse Akademie, Dr. K. Erb-Zohar 31. Mai 2013 19 Kombinierte SD-Dosiseskalations-/ MD-Studie Teil 1: Ansteigende Einzeldosen Startdosis DEK Teil 2: SD/MD Dosis 2 DEK DEK SCR Day -1 Dosis 3 DEK 1 2 3 4 5 6 PK 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 FE PK Sicherheit & Verträglichkeit Dosis 4 DEK DEK: Dosis-Eskalations-Komitee SCR: Screening FE: Abschlussuntersuchung PK: Pharmakokinetik Optional AGAH Study Nurse Akademie, Dr. K. Erb-Zohar 31. Mai 2013 20