Institut für Klinische Molekular

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Institute of
Clinical Molecular Biology
and Tumour Genetics
DIE
INSTITUTE
Institut für
Klinische Molekularbiologie und
Tumorgenetik
Munich
(Director:
Prof. Dr. Georg W. Bornkamm)
München
(Direktor:
Prof. Dr. Georg W. Bornkamm)
auptthema des Instituts ist die Aufklärung zellulärer Signalwege, die in
Zellen des hämatopoetischen Systems Proliferation, Überleben, Differenzierung und funktionelle Aktivierung der Zellen steuern sowie der Störung dieser Signalwege durch genetische Veränderungen
der Zellen im Laufe der malignen Entartung. Die genetischen Veränderungen der
Zellen können dabei sowohl durch Aufnahme von zusätzlicher genetischer Information in die Zelle verursacht sein (Virusinfektion) als auch durch Umorganisation des
bestehenden, in Chromosomen strukturierten genetischen Materials (Chromosomentranslokationen) und zur Störung der Regulation von Genen führen, die physiologischerweise an der Kontrolle der Proliferation und dem Überleben der Zelle beteiligt
sind (sog. Onkogene). Am Institut beschäftigt sich die Abteilung für Genvektoren unter Leitung von Prof. W. Hammerschmidt
mit den Grundlagen viraler Onkogenese
und der Entwicklung von viralen Vektoren
für die Therapie maligner Erkrankungen.
Am Institut waren 20 Wissenschaftler(innen), 10 technische Mitarbeiter(innen) und
17 Doktoranden beschäftigt.
H
Der diesjährige Jahresbericht widmet
sich dem Thema Regulation der Viruslatenz.
esearch in the Institute is concerned
with the elucidation of the signal
transduction pathways that regulate
the proliferation, survival, differentiation,
and functional activation of cells of the
haematopoietic system, as well as with the
perturbation of these pathways by the genetic changes that arise in the course of
malignant transformation. Such genetic
changes may be caused by uptake of additional genetic information by the cells (viral
infection), or by reorganisation of the existing genetic material that is organised in
chromosomes (chromosomal translocations), and can lead to perturbed expression of genes involved in proliferation and
survival (so called oncogenes). Within the
Institute, the Department of Gene Vectors
led by Prof. W. Hammerschmidt is looking
at the basic mechanisms of viral oncogenesis and the development of viral vectors for
therapy of malignant diseases.
In 2002 there were 20 scientists, 10 technicians, and 17 postgraduate students at
the Institute.
This year’s annual report focuses on the
regulation of virus latency.
R
Kontrolle der Latenz des Epstein-Barr Virus
Das Epstein-Barr Virus (EBV) ist ein ubiquitär verbreitetes menschliches Herpesvirus. Die Primärinfektion verläuft im Kindesalter meist inapparent, sie kann aber – vor
allem bei älteren Kindern und jungen Er-
199
GSF
wachsenen – zum klinischen Bild der infektiösen Mononukleose führen, einer durch
Lymphknotenschwellungen und Fieber
charakterisierten, sich selbst limitierenden
lymphoproliferativen Erkrankung. Das
Epstein-Barr Virus hat das Interesse der
Krebsforscher erregt, weil es in vivo und in
vitro primäre menschliche B-Lymphozyten
infizieren und zur Proliferation anregt
und weil es mit einer Reihe menschlicher
maligner Erkrankungen assoziiert ist. Damit wird umschrieben, dass die genetische
Information des Virus regelmäßig in Tumoren gefunden und zum Teil auch in Proteine
übersetzt wird, ohne dass man in den
meisten Fällen versteht, wie das Virus zur
malignen Entartung der Zelle beiträgt.
Die Assoziation des Virus mit einer malignen Erkrankung ist jedoch die Ausnahme.
In der Regel begrenzt sich die Infektion
selbst: die einsetzende Zellproliferation löst
eine massive T-Zell-Immunantwort aus, die
sich gegen die virusinfizierten Zellen richtet und die infizierten proliferierenden Zellen eliminiert (Abb. 1). Wie bei allen Herpesviren führt aber die gegen das Virus
gerichtete Immunantwort nicht zur Elimination des Virus aus dem Körper. Das Virus
benutzt das zelluläre Immunsystem, um für
sich selbst eine Nische zum Überleben und
zur Koexistenz mit seinem Wirt zu finden:
es überwintert in inaktiver Form in den Gedächtniszellen, die nach einer erneuten Antigenexposition für die Bildung von hochaf-
finen Antikörpern verantwortlich sind. Aus
diesen Zellen kann das Virus bei Immunsuppression reaktiviert werden, einen lytischen Zyklus zur Virusvermehrung durchlaufen und wieder mit einer neuen Infektion von Lymphozyten beginnen. Die unterschiedlichen Modi der Virus-Wirtsinteraktion unter physiologischen Bedingungen
machen dieses Virus – neben der Rolle als
mögliches Tumorvirus – für den Wissenschaftler besonders interessant: (1) die
nichtproduktive Infektion (d.h. Infektion
ohne Bildung von viralen Partikeln) mit
gleichzeitiger Induktion von Proliferation
der infizierten Zellen durch virale Proteine,
(2) der lytische Zyklus mit Replikation der
viralen DNA und Bildung von infektiösen
Nachkommen und (3) der Übergang in den
Winterschlaf, aus dem das Virus unter bestimmten Bedingungen reaktiviert werden
kann. Welche molekularen Prozesse den
verschiedenen Formen der Virus-Wirtsinteraktion zu Grunde liegen und den Übergang von einem Schicksal in das andere
bestimmen, ist nicht verstanden.
Der Eingang in den lytischen Zyklus und
die Produktion von infektiösen Nachkommen ist nicht mit dem Überleben der infizierten Zelle vereinbar. Umgekehrt führt
die nicht-produktive Infektion von menschlichen B-Lymphozyten zur kontinuierlichen
Proliferation der Zellen in vitro, ein Phänomen, das Transformation oder Immortalisation genannt wird. Nachdem diese beiden
Virus-Wirtsinteraktion in vivo
Das experimentelle In-vitro-System
LATENZ
Antigen
EBNA2-ER
+ estrogen
LATENZ
EBNA1
CD40L
- estrogen
EBNA1
CD21,
23
CD21, 23
BZLF1
EA
PROLIFERATION
EBNA1, 2, 3A,3B,3C/ LP/LMP1,2
Abb. 1: Die drei Modi der Virus-Wirtsinteraktion
in vivo: Induktion von B-Zellproliferation, die von
zytotoxischen T-Zellen begrenzt wird (links), lytischer Zyklus mit Virusproduktion (rechts) und in
vivo Latenz in Gedächtnis-B-Lymphozyten (Mitte).
200
GSF
BZLF1
LMP1
VCA,
MA
PROLIFERATION
EBNA1, 2, 3A,3B,3C/ LP/LMP1, 2
+/- anti-IgM
+/- TPA
VCA,
MA
+/- anti-IgM
+/- TPA
EA
Abb. 2: Das experimentelle System: EREB2-Zellen sind konditional immortalisierte menschliche
B-Lymphozyten. Sie proliferieren in Gegenwart
von Östrogen und schalten nach Hormonentzug
das virusinduzierte Proliferationsprogramm ab.
DIE
INSTITUTE
60
% VCA-positive cells
Modi der Virus-Wirtsinteraktion sich gegenseitig ausschließen, haben wir postuliert,
dass diejenigen viralen Proteine, die die
Zellproliferation steuern und die Zelle immortalisieren, auch gleichzeitig den lytischen Zyklus des Virus unterdrücken sollten. Um diese Hypothese zu prüfen und
den Beitrag einzelner viraler Latenz-Gene
für die Unterdrückung des lytischen Zyklus
untersuchen zu können, haben wir ein konditionales Zellsystem geschaffen, in dem
EBNA2, einer der zentralen viralen Regulatoren der Zellproliferation, an- und abgeschaltet werden kann. Primäre menschliche
B-Lymphozyten wurden mit einem transformationsdefekten Virusstamm infiziert,
dem das EBNA2-Gen fehlt. Durch Infektion
mit einem zweiten rekombinanten Virus
wurde die Funktion von EBNA2 durch ein
Gen komplementiert, das für ein Fusionsprotein – bestehend aus EBNA2 und der
Hormonbindungsdomäne des Östrogenrezeptors – kodiert. In Abwesenheit von
Östrogen bindet die Hormonbindungsdomäne des Östrogenrezeptors an HSP90,
wodurch das gesamte Fusionsprotein inclusive des EBNA2-Anteils entfaltet wird.
Bei Zugabe von Hormon dissoziiert HSP90
ab, so dass das Fusionsprotein eine aktive
Konformation annimmt. Da EBNA2 die Expression aller an der Immortalisation beteiligter viraler und zellulärer Gene steuert,
wird dadurch der Prozess der Zellimmortalisation von der Präsenz von Östrogen abhängig. In Gegenwart von Hormon proliferieren diese EREB2 (für Estrogen-Rezeptor
und EBNA2) genannten Zellen, in Abwesenheit von Hormon verlassen sie den
Zellzyklus und sterben innerhalb weniger
Tage ab.
Mit diesem experimentellen System
konnten wir prüfen, ob an der Immortalisation beteiligte virale Proteine tatsächlich
die Induktion des lytischen Zyklus blockieren (Abb. 2). Behandelt man EREB2-Zellen
in Gegenwart von Östrogen mit Induktoren
des lytischen Zyklus wie anti-IgM oder dem
Phorbolester TPA, sind die Zellen fast resistent und lassen sich kaum in den lytischen
Zyklus treiben. Behandelt man dagegen die
Zellen mit anti-IgM oder TPA in Abwesenheit von Östrogen, lässt sich in ca. 30 bis
50
40
no stimulus
TPA
anti-IGM
30
20
10
0
plus estrogen
minus estrogen
Abb. 3: Induktion des lytischen Zyklus und
Produktion von Viruskapsidantigen (VCA) in Hormon-behandelten und Hormon-depletierten
EREB2-Zellen. Das virale LMP1-Antigen kann die
Induzierbarkeit des lytischen Zyklus in proliferierenden Zellen verhindern (Daten nicht gezeigt).
40% der Zellen der lytische Zyklus induzieren (Abb. 3). Diese Befunde belegen, dass
ein an der Immortalisation beteiligtes virales Protein die Induzierbarkeit des lytischen
Zyklus blockiert. Dies ist LMP1: konstitutive
Expression des von EBNA2 induzierten
LMP1-Proteins, das selbst transformierende Eigenschaften für Nagerzellen besitzt,
unterdrückt die Induzierbarkeit des lytischen
Zyklus auch in Abwesenheit von Hormon.
LMP1 ist ein virales Membranprotein, das
an seiner intrazellulären C-terminalen Domäne Signalmoleküle der TRAF-Familie bindet.
Diese Moleküle sind mit den intrazellulären
Signaltransduktionsdomänen der Rezeptoren der TNF-Rezeptorfamilie (TNF-R assoziierte Faktoren) assoziiert. Ein für B-Zellen
besonders wichtiger Vertreter dieser Rezeptorfamilie ist das zelluläre CD40-Protein, das
Signale von aktivierten T-Zellen übermittelt. Verlust des CD40-Liganden ist durch
eine schwere Immunsuppression mit Unfähigkeit zur Bildung von hochaffinen IgGAntiköpern gekennzeichnet. Auf Grund der
funktionellen Homologie zwischen CD40
und LMP1 lag es nahe zu prüfen, ob auch
die Stimulation des CD40-Rezeptors die
Induktion des lytischen Zyklus blockiert.
Dies ist tatsächlich der Fall. Behandlung
von Östrogen-deprivierten EREB2-Zellen
201
GSF
50
100
150
250
LTK-CD40L
50
100
150
250
no treatment
LTK
x 105
cells
TPA
BZLF1
anti-IgM
Abb. 4: CD40-Stimulation blockiert die Induktion
des lytischen Zyklus (gemessen an der Synthese
des frühen viralen BZLF1-Antigens) in Hormondepletierten EREB2-Zellen durch TPA und antiIgM. Hormon-depletierte EREB2-Zellen wurden
mit LTK-Kontrollzellen sowie mit LTK-CD40L-Zellen, die den CD40 Liganden konstitutiv exprimieren, kokultiviert. Mit steigender Zellzahl ergibt
sich eine klare Dosis-Wirkungsbeziehung.
mit CD40-Ligand unterdrückt die Induktion
des lytischen Zyklus durch anti-IgM oder
TPA (Abb. 4).
Die Tatsache, dass CD40-Stimulation die
Induktion des lytischen Zyklus blockiert,
hat wichtige Implikationen für die VirusWirtsbeziehung in der Latenz. Trifft eine
B-Gedächtniszelle auf das für sie passende
Antigen, so wird sie nur dann zur Plasmazelle ausreifen, wenn sie gleichzeitig ein
Signal von einer aktivierten T-Zelle über
den CD40-Liganden empfängt. Fehlt das
CD40-Signal, induziert die Stimulation des
B-Zellrezeptors Zelltod. Entsprechendes
gilt für eine B-Gedächtniszelle, in der ein
virales Genom schlummert. Trifft eine das
Virusgenom tragende Gedächtniszelle ihr
Antigen und empfängt gleichzeitig über
CD40 ein Signal von einer aktivierten TZelle, so wird die Virusreaktivierung und
die Induktion des lytischen Zyklus unterdrückt (Abb. 1). Empfängt eine solche Zelle
dagegen ein Signal vom B-Zellrezeptor
ohne T-Zellstimulation, wird das Virus
reaktiviert und ein lytischer Zyklus induziert. Diese Befunde erhellen zum ersten
Mal den lange bekannten Zusammenhang
zwischen Immunsuppression und Virusreaktivierung. Immunsuppression führt zur
funktionellen Inaktivierung der T-Zellen
und/oder zur T-Zelldepletion. Unter diesen
Bedingungen vermehrt stattfindende Antigenexposition führt zur Reaktivierung des
Virus und zur dramatischen Erhöhung der
Viruslast im Körper. Da Virusreaktivierung
und Viruslast wichtige Risikofaktoren für
die Entstehung EBV-assoziierter Lymphome
sind, sind diese Befunde auch klinisch von
hoher Relevanz.
Zusammenarbeit
Mitarbeiter des Instituts sind am Lehrbetrieb der
Münchner Universitäten beteiligt.
Die Arbeiten des Instituts wurden mit Drittmitteln der
Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), der Europäischen Gemeinschaft, der Deutschen Krebshilfe, der
Wilhelm-Sander-Stiftung, des Bayerischen Forschungsverbundes, der Firma Hoffmann-LaRoche und des
National Institute of Health, USA, unterstützt.
Weiter ist das Institut an regionalen und nationalen Projekten der Universität München und des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) beteiligt.
Ausgewählte Veröffentlichungen
Adler, B., Schaadt, E., Kempkes, B., Zimber-Strobl, U.,
Baier, B., Bornkamm, G.W.: Control of Epstein-Barr
virus reactivation by activated CD40 and viral latent
membrane protein 1. Proc. Natl. Acad. Sci. U.S.A. 99,
437–442 (2002)
202
GSF
Staege, M.S., Lee, Steven P., Frisan, T., Mautner, J.,
Scgolz, S., Pajic, A., Rickinson, A.B., Masucci, M.G.,
Polack, A., Bornkamm, G.W. MYC overexpression imposes a nonimmunogenic phenotype on Epstein-Barr
virus-infected B cells. Proc. Natl. Acad. Sci. U.S.A. 99,
4550–4555 (2002)
Nahta, R., Iglehart, J.D., Kempkes, B. Schmidt, E.V. Ratelimiting Effects of Cyclin D1 in Transformation by ErbB2
Predicts Synergy between Herceptin and Flavopiridol.
Cancer research 62, 2267–2271 (2002)
Horndasch, M., Raschke, E.E., Bommer, G., Schuhmacher, M., Dumont, E., Kuklik-Roos, C., Eick, D., Kempkes,
B.: EBV antagonizes the anti-proliferative activity of
TGF-ß but does not abolish TGF-ß signalling. Int. J.
Cancer 101, 442–447 (2002)
Röcken, M., Hültner, L. Heavy functions for light chains.
Nature Medicine 8, 668–670 (2002)
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