Konsumismus Mechanismen, biblische Perspektiven, Möglichkeiten zur Sensibilisierung Christoph Brander Autor: Christoph Brander Art: Abschlussarbeit Version: - Datum Erstellung: August 2009 Seiten: 82 (inkl. Deckblatt) Copyright: IGW International Adresse IGW IGW International Josefstrasse 206 CH - 8005 Zürich Tel. 0041 (0) 44 272 48 08 Fax. 0041 (0) 44 271 63 60 [email protected] www.igw.edu Rechtliches Das Institut für Gemeindebau und Weltmission (IGW) ist urheberrechtliche Eigentümerin dieses Dokumentes. Der Inhalt dieses Dokumentes ist ausschliesslich für den privaten Gebrauch und die Verwendung im kirchlichen profitlosen Kontext bestimmt. Falls dieses Dokument für einen anderen (z.B. gewerblichen) Zweck benützt werden soll, benötigen Sie die vorherige, ausdrückliche und schriftliche Zustimmung von IGW und dem Autor. Vorwort für Abschlussarbeiten Vorwort Theologische Arbeit ist Dienst an der Gemeinde, sie ist Hirtendienst. Die enge Verknüpfung von theologischer Ausbildung und Gemeinde zeigt sich unter anderem in den Abschlussarbeiten der IGW-Absolventen. Jedes Jahr werden rund 40 solche Arbeiten geschrieben. Die intensive Beschäftigung mit einem Thema ist eine gewinnbringende Erfahrung, bei der die Studierenden durch überraschende Entdeckungen und neue Erkenntnisse ihren Horizont erweitern. Auch die Gemeinde soll und darf von diesem Ertrag profitieren. Die Schulleitung von IGW begrüsst darum die Veröffentlichung der vorliegenden Arbeit. IGW International ist mit weit über 300 Studierenden die grösste evangelikale Ausbildungsinstitution im deutschsprachigen Raum. Sie bietet verschiedene Studiengänge für ehrenamtlichen, teil- oder vollzeitlichen Dienst an. In der Schweiz und in Deutschland existieren Studienzentren in Zürich, Bern, Olten, Essen, Karlsruhe, Chemnitz und in Braunschweig. In Österreich unterstützt IGW den Aufbau der Akademie für Theologie und Gemeindebau AThG. Das IGWAngebot umfasst eine grosse Vielfalt an Ausbildungen und Weiterbildungen: vom Fernstudium (für ehrenamtliche und vollzeitliche Mitarbeiter und zur Vertiefung einzelner Themen) über das Bachelor-Programm (als Vorbereitung auf eine vollzeitliche Tätigkeit als Pastor) bis zum Master als Weiterbildung und für Quereinsteiger mit akademischer Vorbildung. Im Anschluss an das Masterprogramm steht den IGW-Absolventinnen und Absolventen die Möglichkeit zum Weiterstudium MTh und DTh (GBFE/UNISA) offen. Weitere Informationen finden Sie auf www.igw.edu. Seit Herbst 2008 macht IGW alle Abschlussarbeiten online zugänglich, welche die Beurteilung „gut“ oder „sehr gut“ erhalten haben. Die Arbeiten stehen kostenlos auf der Website zur Verfügung (http://www.igw.edu/downloads). Für die Schulleitung Dr. Fritz Peyer-Müller, Rektor IGW International; [email protected] IGW International, Zürich Konsumismus Mechanismen, biblische Perspektiven, Möglichkeiten zur Sensibilisierung Autor: Christoph Brander Fachmentor: Dr. Stefan Schweyer Abschluss: MAFS in Praktischer Theologie Studienleiter IGW: Thomas Mauerhofer Abgegeben im April 2009 Konsumismus 1 Du, o Herr, hast uns für dich geschaffen, und unruhig ist unser Herz, bis es ruht in Dir. Augustinus, Confessiones I,1 Christoph Brander Hüebli 63 8636 Wald ZH [email protected] Home: 055 246 27 83 Mobile: 078 845 75 28 Titelbilder: Weihnachtseinkäufe an der Bahnhofstrasse in Zürich, 15. Dez. 2008, Christoph Brander © IGW International Christoph Brander 05.08.2009 Konsumismus 2 Inhalt 1 Einleitung .................................................................................................................................................. 3 1.1 Konsumismus ist präsent......................................................................................................................... 3 1.2 Das Ziel dieser Arbeit und der Weg dorthin ........................................................................................... 4 2 Darstellung ................................................................................................................................................ 5 2.1 Definition des Konsumismus .................................................................................................................. 5 2.2 Mechanismen des Konsumismus ............................................................................................................ 6 2.3 Folgen des Konsumismus ....................................................................................................................... 9 3 Bewertung des Konsumismus bei verschiedenen Autoren ..................................................................... 11 3.1 Auswahl der Autoren ............................................................................................................................ 11 3.2 Ziel und Vorgehen ................................................................................................................................ 11 3.3 Johannes Calvin .................................................................................................................................... 12 3.4 Lawrence Crabb .................................................................................................................................... 15 3.5 Karl-Georg Michel ................................................................................................................................ 19 3.6 Rodney Clapp........................................................................................................................................ 24 3.7 Helmut Burkhardt ................................................................................................................................. 27 3.8 Zusammenstellung der Aussagen der fünf Autoren .............................................................................. 32 4 Biblische Perspektiven ............................................................................................................................ 33 4.1 Zielsetzung und Vorgehen .................................................................................................................... 33 4.2 Ursachen des Konsumismus ................................................................................................................. 33 4.3 Wertung des Konsums .......................................................................................................................... 34 4.4 Bedürfnisse und deren Befriedigung ..................................................................................................... 44 5 Hilfsmittel zum Umgang mit Konsumismus und Wege zur Sensibilisierung......................................... 48 5.1 Einleitung .............................................................................................................................................. 48 5.2 Leben im Spannungsfeld von Lebensstil und Bedürfnissen ................................................................. 49 5.3 Leben im Spannungsfeld von Beziehungen und Dingen ...................................................................... 52 Literaturverzeichnis ......................................................................................................................................... 55 Anhang ............................................................................................................................................................ 57 © IGW International Christoph Brander 05.08.2009 Konsumismus 1 3 EI LEITU G 1.1 Konsumismus ist präsent Am 26. Oktober 2008, mitten in der durch die Finanzkrise und darauf folgenden Rezessionsängsten verursachten Börsenkrise, wartete ein Schweizer Politiker1 mit einer Idee auf, die in der Medienlandschaft auf grosses Echo stiess: Um die Wirtschaft vor einer Rezession zu bewahren, könnte jedem Schweizer einmalig 500 Franken aus der Bundeskasse ausbezahlt werden.2 In einem Kurzinterview einer Abendzeitung3 wurden einige Personen befragt, was sie denn mit 500 geschenkten Franken anfangen würden. Der Grundtenor reichte von „ab in die Ikea“ bis „Rechnungen bezahlen und fein Essen gehen“. Abgesehen davon, dass die Aktion ein Loch in die Bundeskasse reissen würde, waren alle Befragten äussert positiv dazu eingestellt. Die Aussicht, ausnahmsweise einmal vom Bund beschenkt zu werden und das Geld auszugeben, erfreute die interviewten Personen. Weder die Interviews noch der Zeitungsartikel sind repräsentativ, trotzdem: Konsum macht zufrieden und glücklich. Diese Annahme scheint in der aktuellen westlichen Gesellschaft völlig akzeptiert und wenig hinterfragt zu sein. Oft gilt auch die Umkehrung: Um zufrieden und glücklich zu sein, muss ich konsumieren. Verschiedentlich wurde auf die Herausforderung des Konsumismus für die Gesellschaft und für den einzelnen Menschen hingewiesen. Konsumismus bezeichnet ein übersteigertes Konsumverhalten4, in welchem dem Konsum eine sehr grosse Bedeutung zugemessen wird. Viele Autoren5 sind der Meinung, dass der Konsumismus heute eine der prägendsten Eigenschaften unserer Kultur ist und dass auch Christen durchaus mit ihm in Berührung kommen und durch ihn beeinflusst werden. Ein subjektiver Blick in die christliche Gemeinde zeigt, dass das Konsumverhalten dort nicht grundsätzlich von dem des durchschnittlichen Schweizers unterschieden werden kann. Es ist mir im Rahmen dieser Arbeit nicht möglich, das Ausmass des Konsumismus in der Gemeinde objektiv zu beschreiben oder empirisch zu beweisen. Ich nehme als Grundannahme an, dass die aktuelle westliche Gesellschaft und die christliche Gemeinde vom Konsumismus betroffen sind.6 Als Hinweis darauf darf auch erwähnt werden, dass der Konsumismus in der katholischen Kirche auf höchster Stufe angeprangert wurde: Papst Benedikt XVI. bezeichnete die Leidenschaft nach Besitz und Geld als Götzendienst7 und Papst 1 Die Idee stammte von Toni Brunner, Präsident der Schweizerischen Volkspartei Vgl. Tagesanzeiger vom 26.10.08 3 Blick am Abend vom 24.10.08 4 Eine Definition des Konsumismus wird im Kapitel 2 gegeben. 5 Eine Darstellung des Konsumismus bei verschiedenen Autoren wird im Kapitel 3 behandelt. 6 Lange 2004: 177 findet bei deutschen Jugendlichen zwischen kirchlicher Aktivität und demonstrativem oder kompensatorischem Konsumverhalten keinen Zusammenhang, während z.B. die Aktivität in Hochschulorganisationen oder politischen Parteien mit diesen negativ korreliert. 7 Berliner Morgenpost vom 14.9.2008 2 © IGW International Christoph Brander 05.08.2009 Konsumismus 4 Johannes Paul entdeckte eine Unfähigkeit des Menschen, „seine Bedürfnisse, seine Wünsche und die Art und Weise ihrer Befriedigung einer rechten Hierarchie entsprechend zu ordnen“.8 Konsumismus ist übersteigerter Konsum. Dies bedeutet, dass der Konsument dem Konsum eine Rolle zuspricht, die diesem eigentlich nicht zusteht. Es muss die Frage gestellt werden, welche Färbung der Konsumismus erhält, wenn er im Licht der Bibel betrachtet wird. Können sogar biblische Perspektiven für den Umgang mit dem Konsumismus gegeben werden? 1.2 Das Ziel dieser Arbeit und der Weg dorthin Ich untersuche in meiner Arbeit den Konsumismus, weil ich herausfinden möchte, wie die Mechanismen des Konsumismus funktionieren. Es geht dabei in erster Linie um den konsumistisch geprägten Menschen. Nach welchen Regeln, Werten oder Vorstellungen handelt er? Wie wird der Mensch beeinflusst, dass er konsumistisch handelt? Welche Rolle spielen Bedürfnisse, deren Befriedigung, Steuerung und Manipulation in der Etablierung des Konsumismus? Daraufhin steuert das Ziel meiner Arbeit: Ich möchte für das Thema sensibilisieren und aus biblischer Perspektive Hilfestellungen für den bewussten Umgang mit Bedürfnissen und deren Befriedigung entwickeln. Dieses Ziel möchte ich erreichen, indem ich zwei Schritte unternehme: 1. Ich untersuche, wie Konsumismus in der Literatur behandelt und bewertet wird. 2. Ich betrachte verschiedene Bibelstellen unter Einbezug des exegetischen Forschungsstandes darauf hin, ob sie eine Bewertung des Konsumismus zulassen. Ich versuche, aus diesen beiden Schritten als Hilfe für den Umgang mit dem Konsumismus einige biblische Perspektiven abzuleiten. Die hier gewonnen Erkenntnisse sollen in praktisch orientierte Hilfsmittel und Möglichkeiten zur Sensibilisierung einfliessen. Der Konsumismus wird bei vielen Autoren ausschliesslich an seinen Auswirkungen auf die Umwelt und die Gesellschaft, nicht aber auf den Konsumenten, gemessen. Wichtige Argumente gegen den Konsumismus sind: Ressourcenverschwendung, Umweltverschmutzung, Zerstörung der Kultur, Medienmissbrauch.9 Einige dieser Argumente können biblisch gut begründet werden und werden in dieser Arbeit im Kapitel 4 kurz behandelt. Oft sehr knapp oder gar nicht werden in der Literatur jedoch die Auswirkungen behandelt, die der Konsumismus auf den Konsumenten als einzelne Person hat. Ich möchte in dieser Arbeit einen Schwerpunkt auf den Menschen legen. Wie beeinflusst Konsumismus Beziehungen zu anderen Menschen und zu Gott? Führt er zu schädigenden Verhaltensweisen? Nimmt er dem Menschen die Chance, gemäss der von Gott gegebenen Berufung zu leben? Ich möchte die Auswirkungen des Konsumismus auf das Leben von beschreibender und normativer Seite betrachten. Ich habe die Literatur nach diesen Aspekten ausgewählt. Die daraus entwickelten Hilfsmittel zur Sensibilisierung sollen darauf abzielen, dem Betroffenen zu helfen. 8 Johannes Paul II. Centesimus annus. Enzyklika zum hundertsten Jahrestag von ‚Rerum novarum‘. Verlautbarungen des Apostolischen Stuhls 101. Bonn 1991. Zitiert bei Michel 1997: 19. 9 Vgl. Kapitel 2.3 und auch Bierhoff 2002, Meschnig 2005, Michel 1997, Stott 1984 und Clapp 1998. © IGW International Christoph Brander 05.08.2009 Konsumismus 2 5 DARSTELLU G 2.1 Definition des Konsumismus 2.1.1 Herkunft und Ursprung des Begriffs Der Begriff „Konsumismus“ geht auf den italienischen Lehrer, Schriftsteller und Regisseur Pier Pasolini zurück.10 In seinem Werk11 beschreibt er das Leben im industrialisierten Rom und entwickelt daraus die Theorie der konsumistischen Grundstruktur der modernen Gesellschaft, welche er als eine neue repressive und totalitäre Herrschaftsform entlarvt. Es herrsche ein „Zwang zum Konsum“.12 Er beschreibt eine Fehlentwicklung in der Wahrnehmung und Wertung des Konsums, die dahin führt, dass der Konsum zur einzigen Ideologie der Gesellschaft wird.13 Pasolini, kommunistisch geprägt, ist beunruhigt über die beobachteten Entwicklungen, weil er im Konsumismus ein totalitäres System entdeckt und eine Zerstörung der Kulturen der Dritten Welt und eine Nivellierung kultureller Alternativen beobachtet.14 2.1.2 Definition Der Begriff Konsumismus ist terminologisch mit dem Begriff Konsum verwandt. Konsum bezeichnet den Verzehr oder Verbrauch von Waren und Dienstleistungen. Der Konsumismus bezeichnet eine spezielle Beziehung des Konsumenten zum Konsum: In ihm übernimmt der Konsum eine dominierende Stellung und wird zu einem charakteristischen Bestandteil der Kultur.15 In diesem Fall dient der Konsum nicht mehr nur der Befriedigung einfacher, natürlicher Bedürfnisse, sondern soll Erlebnis bieten, Werte vermitteln, dem Käufer Sinn und Veränderung schenken.16 Er hat eine quasi-religiöse Form als Sinnstifter angenommen. Meschnig charakterisiert die Rolle des Konsums im Konsumismus: Er macht sich unentbehrlich, wird zur Stütze unseres Lebens, zum täglichen Begleiter, der Trost und Aufmerksamkeit spendet. Auf ihn richten sich unser Begehren und unsere Wünsche.17 Eid beschreibt den Konsumismus treffend als gesellschaftliches Phänomen …der fast schon suchthaften Abhängigkeit von immer neuen käuflichen Objekten und des modischuniformen Lebensstandards, der alle kreative Phantasie und auch alle soziale Sensibilität untergräbt.18 Konsumismus kann also als übersteigertes Konsumverhalten bezeichnet werden. Übersteigert bedeutet, dass dem Konsum eine sehr grosse Bedeutung zugemessen wird. Er soll dem Konsumenten Sinn, Erfüllung, Freude, Glück, Erlebnis, Emotionen, Identität, Veränderung, Zufriedenheit, Trost und Wertschätzung schenken. 10 Eid 1986: 174 Pasolini 1975 12 :39 13 :30 14 Eine gute Einführung in die Theorie von Pasolini bietet Bierhoff 2002: 74 15 Franz Hochstrasser 2008: 42 16 Meschning 2005: 8 17 :9 18 Eid: 174 11 © IGW International Christoph Brander 05.08.2009 Konsumismus 6 Ist Konsumismus eine Krankheit, mit der man infiziert sein kann oder die man überwunden hat? Ich denke nicht. Wie einige andere Ismen19 kann Konsumismus eher als eine Lebenseinstellung, als gesellschaftliches Verhalten oder als ein persönliches Verhaltensmuster beschrieben werden. Darin unterscheidet er sich zum Beispiel von der Kaufsucht als einer psychische Erkrankung.20 Diese kann an Symptomen gemessen werden und ist dadurch klar definiert. Konsumismus als Verhaltensmuster kann in den unterschiedlichsten Ausprägungen vorhanden sein und entzieht sich darum einer statistischen Untersuchung.21 Vermutlich sind sehr viele westlich geprägte Menschen vom Konsumismus betroffen.22 2.2 Mechanismen des Konsumismus In diesem Abschnitt soll kurz gezeigt werden, welche wirtschaftlichen Gegebenheiten der Entwicklung des Konsumismus den Weg geebnet haben. Danach sollen die wichtigsten Funktionen und Mechanismen aufgezeigt werden. Dieses Verständnis bildet die Grundlage für die folgenden Kapitel. In den weiteren Kapiteln werden die Mechanismen des Konsumismus – Mehrwert, Bedürfnisse und die Werbung – bei verschiedenen Autoren untersucht. Gerade weil die Mechanismen älter sind als der Begriff, müssen diese für die Untersuchung verwendet werden. Äussert sich vielleicht schon Calvin zu den Mechanismen des Konsumismus? 2.2.1 Historische Entwicklung des Konsums Die Entwicklung des Konsumismus beginnt mit der Industrialisierung und dem aufkeimenden Gedanken, der Wohlstand könne unbegrenzt wachsen. Clapp23 beschreibt den Lebensstil vor der Industrialisierung als Tagelöhnermentalität. Wenn der gewohnte Lebensstil erhalten werden konnte, war man zufrieden und nahm keine weitere Arbeit an. Der individuelle Konsum war stark durch das Standesdenken geprägt und dadurch nach oben limitiert. Durch die industrielle Revolution wurde die Produktion plötzlich vom eigenen Konsum abgekoppelt. Durch die Agrar- und die Transportrevolution und durch wertvolle Erkenntnisse aus den Naturwissenschaften waren plötzlich viele Güter im Überfluss vorhanden und warteten nur darauf, gekauft 19 Zum Beispiel Pessimismus, Fanatismus, Patriotismus. Schneider 2007: 371 21 Konsumismus ist schwierig zu untersuchen, wie zum Beispiel auch Egoismus (vgl. http://www.welt.de/wissenschaft/article877401/Junge_Maenner_sind_die_groessten_Egoisten.html) In Studien kann festgestellt werden, welche gesellschaftlichen Gruppen am ehesten egoistisches Verhalten zeigen. Eine Zahl für den Anteil von „Egoisten“ in der Bevölkerung zu nennen, wagt aber keine mir bekannte Studie. Genauso verhält es sich mit Konsumismus. Einzelne Ausprägungen wie kompensatorischer Konsum und demonstrativer Konsum können untersucht werden, Konsumismus als Denkmuster entzieht sich jedoch der Messbarkeit. 22 In der Sozialwissenschaft wird oft zwischen rationalem, also ökonomisch gesundem Konsum, demonstrativem Konsum und kompensatorischem Konsum unterschieden. Es muss aber darauf hingewiesen werden, dass Konsumismus gemäss seiner Definition nicht nur aus kompensatorischem und demonstrativem Konsum besteht. Er kann auch völlig rational, durch wirtschaftlich optimiertes Abwägen der Kaufentscheide geschehen. Lange 2004: 115 beschreibt diese beiden letztgenannten und bemerkt dabei, dass „diese Konsummuster (…) sofort und durchgehend als Angeberei, beim demonstrativen Konsum, bzw. als Persönlichkeitsstörung, beim kompensatorischen Konsum, diagnostiziert und entsprechend behandelt“ werden. Der rationale Konsum, so im sozialwissenschaftlichen Jargon, ist geprägt durch Preis-Leistungs-Abwägung, hohes Qualitätsbewusstsein und gute Informationsbeschaffung vor dem Konsum. In der von Lange 2004 beschriebenen Studie weisen 14% der deutschen Jugendlichen ein kompensatorisches Verhalten und 28% ein demonstratives Konsumverhalten aufweisen. 23 Clapp 1998: 173ff 20 © IGW International Christoph Brander 05.08.2009 Konsumismus 7 zu werden.24 Diese Entwicklung setzte sich im 20. Jh. mit ungebremster Stärke fort, sie brachte neue Produktionstechniken, eine Ausweitung der Märkte, ein erhöhtes Einkommen der Bevölkerung und ein Entwicklung hin zum Luxuskonsum. Produktionsfirmen mussten wachsen, um sich im Markt zu behaupten und Gewinn zu erzeugen. Also wurde viel dafür getan, dass auch der Konsum als Motor der Wirtschaft wächst. Hier spielte die Werbung25 eine grosse Rolle. Der Konsum hat sich in den letzten Jahren verändert. Jäckel26 beobachtet folgende Entwicklungen: • Etablierung einer Genussmoralität, welche Genuss ohne Schuldgefühle völlig akzeptiert • Vom passiven Konsumenten zum Prosumenten. Die Mitarbeit der Konsumenten ist gefragt. • Vom Lebensstandard zum Lebensstil: Entscheidend ist nicht die Menge, sondern das „wie“ des Konsumierens. 2.2.2 Der Mehrwert der Produkte Um Produkte verkaufen zu können, werden sie oft vom Verkäufer mit Mehrwerten verbunden. Esswaren sollen nicht nur den Hunger stillen, sondern auch gut schmecken und gleichzeitig das körperliche Wohlbefinden stärken. Ein Tisch ist seiner primären Funktion eine Ablage und ein Ort, der zum Essen gebraucht werden kann. Der Mehrwert eines Tisches und damit auch ein wichtiges Verkaufsargument sind aber sein Beitrag zum Ambiente in der Wohnung, seine luxuriöse Verarbeitung und der hohe Preis, welcher bei den Nachbarn Eindruck schinden kann.27 Diese zusätzlich zugesprochenen Mehrwerte der Produkte sind nicht auf den natürlichen Bedarf, respektive die existentiellen Bedürfnisse der Menschen abgestimmt, sondern viel eher auf deren persönliche Bedürfnisse und Wünsche. In diesem Zusammenhang spielt Branding eine wichtige Rolle. Branding bedeutet, dass eine Ware an eine Marke und den damit verbundenen Mehrwert gebunden wird und somit der Absatz erhöht wird. Gerade diese Marken haben dazu beigetragen, dass sich der Mehrwert einiger Produkte zum eigentlichen Hauptgebrauchswert entwickelt hat und den Gebrauchswert in den Hintergrund rückte. Beispiele dafür sind Kleidungsstücke, Parfums, zum Teil auch Getränke.28 2.2.3 Bedürfnisse und der Kreislauf der Unzufriedenheit Bedürfnisse29 spielen eine wichtige Rolle in der Funktion des Konsumismus. Bedürfnisse sind gemäss Menger all jene Erfordernisse, welche bei „der Erhaltung und harmonischen Entwicklung der menschlichen Natur in ihrer Totalität“ nötig sind.30 Zum Einen sind es die existentiellen Bedürfnisse der Menschen, 24 Jäckel 2002: 24 Die Rolle der Werbung wird später noch ausführlicher besprochen. 26 Jäckel 2002: 259f 27 Vgl. Hochstrasser 2008: 45 28 Vgl. Hochstrasse 2008: 45 29 Zum Verhältnis der Bedürfnisse zum Konsum hat auch Michel 1997: 63 – 73 einige wichtige Beiträge geleistet. Er betrachtet dort die Bedürfnishierarchie von Maslow und erkennt, dass die Bedürfnisse, je höher sie in der Pyramide stehen, immer besser austauschbar sind. Ich kann also z.B. das Bedürfnis nach Anerkennung dadurch stillen oder immerhin kompensieren, dass ich das Bedürfnis nach sozialen Beziehungen oder nach Selbstverwirklichung befriedige. 30 Menger, Carl: Grundsätze der Volkswirtschaftlehre. Wien - Leibzig 1923. Zitiert bei Michel 1997: 57 25 © IGW International Christoph Brander 05.08.2009 Konsumismus 8 welche durch den Gebrauchswert von Waren gestillt werden. Dazu gehören das Bedürfnis nach Wärme, einer bequemen Schlafunterlage, nach Essen und Trinken. Daneben gibt es soziale Bedürfnisse wie zum Beispiel der Wunsch nach Anerkennung.31 Es ist nun eine grundlegende Eigenschaft des konsumistischen Gedankengutes, dass der Konsument genau diese Bedürfnisse im Konsum, also im Kauf von Waren oder Dienstleistungen zu befriedigen sucht. Eine Wertung dieser Haltung soll erst später vorgenommen werden. Tatsache ist, dass zum Beispiel der Kauf eines neuen Pullovers kurzfristig das Bedürfnis nach Identitätsfindung, Anerkennung oder Selbstverwirklichung befriedigen kann. Nun wäre es nicht im Sinn permanent wachsender Wirtschaft und Reallöhne, wenn sich durch die Befriedigung der Bedürfnisse aufgrund der Mehrwerte der gekauften Waren eine Zufriedenheit bei den Konsumenten einstellen würde. Immer wieder wird der Konsument merken, dass das erworbene Produkt seine Bedürfnisse nicht vollständig stillen konnte.32 Viel eher stellt sich oft im Nachhinein eine gewisse Ernüchterung ein. Das auftretende Gefühl der Leere bewirkt wieder ein Bedürfnis, welches wieder zum Konsum führt. Es ist ein Kreislauf der Unzufriedenheit, welcher den Konsumenten auf seinem hohen Konsumniveau hält. Der Kreislauf wird dadurch unterstützt, dass der Reiz eines Produktes oft im Kauf und nicht im Besitz liegt.33 Zwei weitere Beobachtungen zeigen, in welche Richtung sich der Konsumismus entwickeln kann: 1. Der Wunsch nach dem Wunsch. Meschning formuliert das Problem des gesättigten Konsumenten: Der gesättigte Konsument ist nicht deswegen unglücklich, weil er sich seine Wünsche nicht erfüllen kann, er ist es, weil er keine eigenen Wünsche mehr hat.34 Der Konsument kennt eigentlich keine Produkte mehr, welche er sich auf dem Weg zur Bedürfnisbefriedigung nicht schon geleistet hat. Was fehlt, ist eine Inspiration, ein Wunsch, der befriedigt werden könnte. Bolz geht so weit, dass er zwischen Bedürfnis und Wunsch unterscheidet.35 Ein Bedürfnis könne befriedigt werden, ein Wunsch nicht. Man erhält immer nur etwas „statt dessen“. Dies kann dahin führen, dass der Konsument vom Verkäufer nicht mehr gesucht werden kann, sondern dass der Konsument selbst den Verkäufer aufsucht mit der Anfrage: „verführe mich“ und „verändere mich“36. Gerade durch diese Schwerpunktsverschiebung vom rationalen Bedürfnis hin zum schwierig zu befriedigenden Wunsch wird der Kreislauf der Unzufriedenheit angekurbelt. Unerfüllte Wünsche wirken so als Triebfedern des Konsumismus. 2. Gerade weil die Befriedigung der sozialen oder psychologischen Bedürfnisse nur schwer durch Konsum zu bewerkstelligen ist, entwickelt sich bei vielen Konsumenten das Gefühl, nicht das ideale Produkt gekauft zu haben. Weil dem Konsum eine hohe Bedeutung zugemessen wird, wenn er die Persönlichkeit des Konsumenten mitbestimmen soll, schwingt immer eine Unsicherheit mit. In der 31 Jäckel erwähnt dazu das Buch „The affluent society“ von Galbraith aus dem Jahr 1950. Galbraith unterscheidet zwischen elementaren und psychischen Bedürfnissen, wobei er betont, dass die psychischen nie vollständig befriedigt werden können. Jäckel 2002: 66 32 Vgl. Meschnig 2005: 9f 33 Vgl. Bolz 2002: 111 34 Meschnig 2005: 9 35 Bolz 2002: 99 36 Bolz 2002: 99 © IGW International Christoph Brander 05.08.2009 Konsumismus 9 Studie „Zukunft Deutschland“ heisst es: „Der Verdacht, nicht die richtige Wahl getroffen zu haben, macht Enttäuschung zur Zwillingsschwester des Konsumgenusses“.37 2.2.4 Kommunikationssysteme und Werbung Die Werbung trägt sehr entscheidend zur Prägung der Konsumenten bei, darum soll ihr hier ein separates Kapitel gewidmet werden. In Meyers Lexikon wird Werbung folgendermassen definiert: (…) jede kommunikative Handlung (Äußerung im weitesten Sinn) mit dem Ziel, Einstellungen und Handlungen der Adressaten zum Vorteil des Werbetreibenden zu beeinflussen.38 Werbetreibende werden oft den Absatz ihrer Produkte als Zweck der Werbung bezeichnen. Es wird in diesem Kapitel nur Absatzwerbung behandelt. Jäckel39 beschreibt drei Funktionen der Werbung: • Das demonstrative Element des Konsums: Die Werbung stärkt das Bewusstsein des Kunden, dass ein Produkt für ein Image steht. • Die Neudefinition des Notwendigen: Die Grenze zwischen Notwendigkeit und Luxus wird in der Gesellschaft permanent neu definiert. Eine Verschiebung hin zum Luxus kann den Konsum positiv beeinflussen. • Verstärkung des eigenen Urteils: Die Werbung hilf dem Kunden, sich richtig zu entscheiden. Die Werbung funktioniert oft so, dass sie den Mehrwert eines Produktes betont und die Menschen auf der Ebene der sozialen Bedürfnisse anspricht.40 Die Verbindung von Produkten und positiven Gefühlen ist aus Sicht des Verkäufers erwünscht. Mangel und Unzufriedenheit sind Wachstumsfaktoren des Konsums. Glückliche und zufriedene Menschen konsumieren nicht41, also hilft die Werbung, Bedürfnisse zu entwickeln. 2.3 Folgen des Konsumismus Heute noch aktuell ist eine von Victor Lebow im Jahr 1955 formulierte Aussage: Our enourmously productive economy (...) demands that we make consumption our way of life (…) We need things consumed, burned up, worn out, replaced, and discarded at an ever increasing rate.42 Der Konsum ist eine wichtige Stütze der Wirtschaft. Volkswirtschafter und Politiker fürchten sich laut Meschnig43 vor nichts mehr als vor dem Zusammenbruch des Konsums. Ein starker Zusammenbruch des Konsums würde unweigerlich eine Rezession folgen lassen. 37 BUND/MISEREOR 1996: Zukunftsfähiges Deutschland - Ein Beitrag zu einer global nachhaltigen Entwicklung. Basel: Birkhäuser Verlag. Zitiert bei Birkel 2002: 43f. Die Studie wurde vom Wuppertaler Institut unter der Leitung von Prof. Dr. Ernst Ulrich von Weizsäcker durchgeführt 38 http://lexikon.meyers.de/wissen/Werbung+(Sachartikel)#Werbung(Sachartikel)-FunktionenderWerbung Abruf am 30.10.08 39 Jäckel 2002: 106 40 Meschnig demonstriert dies an einem Beispiel einer Mercedes-Werbung. Ein Mann irrt durch eine arabische Stadt, fühlt sich sichtlich unwohl. Dann findet er seinen Mercedes, sitzt hinein, schliesst die Tür und sagt: Endlich zuhause. „dieser Spot ist exemplarisch für das Versprechen der Werbung und der Marken für Sicherheit, Ruhe und Geborgenheit zu sorgen“ (Zitat Meschnig: 88). 41 Vgl. Meschnig 2005: 9 42 Lebow 1955 zitiert bei Clapp: 189 © IGW International Christoph Brander 05.08.2009 Konsumismus 10 Die Wirtschaft hängt vom Konsum ab, konsumistisches Verhalten ist für die Wirtschaft sogar förderlich. Aber neben den wirtschaftlichen Zusammenhängen werden einige Probleme einer konsumistischen Gesellschaft offenbar: Die Umwelt kann die vielen Abfälle und Emissionen schlecht absorbieren und der Ressourcenverbrauch nimmt bedrohliche Folgen an. Während Umweltprobleme allgemein anerkannte Folgen des Konsumismus sind, sind die gesellschaftlichen Probleme umstritten. Es wird argumentiert, dass der Konsumismus die Individualisierung der Gesellschaft fördere44, den Gemeinsinn und Beziehungen zerstöre45 und gerade in Drittweltländern die Kultur zerstöre.46 Auf der anderen Seite wird, vor allem von Bolz47, Konsumismus gelobt als Mittel zur Befriedung der Welt. Der Konsumismus als offenes System schliesse niemanden aus und gelte als Heilmittel gegen religiösen Fanatismus. 2.3.1 Folgen für den einzelnen Menschen In der Literatur wird die Auswirkung des Konsumismus auf den einzelnen Menschen sehr knapp behandelt. Hat die Kunst der Bedürfnisbefriedigung durch Konsumismus Auswirkungen auf den Konsumenten? Werden seine Werte, seine Handlungskompetenzen, seine Beziehungen, sein Glaube und seine geistliche Reife von den oben beschriebenen Prozessen und Mechanismen beeinflusst? Auf diese Fragen konnte ich in der den Konsumismus beschreibenden Literatur oft keine Antworten finden. 43 Meschnig 2005: 17 Bierhoff 2002: 61 45 Bierhoff 2002: 61 46 Bierhoff 2002: 74 47 Bolz 2002: 16 44 © IGW International Christoph Brander 05.08.2009 Konsumismus 11 3 BEWERTU G DES KO SUMISMUS BEI VERSCHIEDE E AUTORE 3.1 Auswahl der Autoren Es gibt ihn nicht, den evangelikalen Autor, welcher sich sehr ausgiebig mit dem Konsumismus beschäftigt hat und diesen biblisch fundiert bewertet. Dieser Missstand ist sowohl Begründung für die Relevanz dieser Arbeit wie auch Schwierigkeit auf dem Weg zur Bewertung des Konsumismus. Konkret mit dem Konsumismus haben sich einige konsumismuskritische Autoren auseinander gesetzt. Diese haben viel zum Verständnis der Mechanismen beigetragen und sind im letzten Kapitel zu Wort gekommen. Nun möchte ich in diesem Kapitel untersuchen, wie der Konsumismus bei Theologen verschiedener Herkunft bewertet wird. Diese Bewertung trägt dann zur Entwicklung von Hilfsmitteln zum Ungang mit dem Konsumismus bei. Ich habe für dieses Kapitel eine breite Sicht gewählt. Ich untersuche eines oder mehrere Werke von folgenden Autoren zu Bewertungen und Hilfen zum Umgang mit dem Konsumismus: • Johannes Calvin, Reformator, stellte einige Prinzipien auf zum Umgang mit Konsum und Reichtum. • Lawrence Crabb, amerikanischer Seelsorge-Experte, beschäftigte sich stark mit Bedürfnissen und deren Befriedigung. • Karl-Georg Michel, katholischer Theologe: Seine Dissertation „Konsumethik in der Wohlstandsgesellschaft“ ist eine umfassende Quelle theologischer Gedanken zum Thema. • Rodney Clapp, amerikanischer Theologe, formulierte einige Hilfen zum Umgang mit Konsum. • Helmut Burkhardt ist evangelikaler systematischer Theologe und Autor einer dreibändigen Ethik Auswahl bedeutet auch Ausschluss. Ich lege in der Auswahl der Literatur einen Schwerpunkt auf europäische Autoren, Clapp und Crabb sollen als Vertreter der angelsächsischen Literatur ausreichen 3.2 Ziel und Vorgehen Das Ziel soll sein, bei diesen Autoren Bewertungen des Konsumismus, insbesondere seiner Strukturen und Mechanismen zu finden und wo möglich so eine Grundlage für die eigene Bewertung und die Entwicklung von Hilfsmitteln für den Umgang mit dem Konsumismus zu finden. Das Vorgehen ist bei allen Autoren so, dass zuerst die für das Thema relevanten Aussagen und Prinzipien herausgeschält werden und diese dann in Bezug zur Fragestellung der Arbeit gesetzt und bewertet werden. Die Leitfrage soll sein: Können diese Prinzipien auf den Umgang mit dem Konsumismus angewendet werden? © IGW International Christoph Brander 05.08.2009 Konsumismus 12 3.3 Johannes Calvin 3.3.1 Zur Person Der Genfer Reformator Calvin, 1509 bis 1564, leistete unter anderem mit seiner Wirtschafts- und Arbeitsethik einen wichtigen Beitrag zur Industrialisierung und zur Entwicklung wirtschaftlicher Denkweisen. Seine Ausführungen, allen voran die Institutio christianae religionis48, gelten als wichtige theologische Dokumente. 3.3.2 Konsumismus bei Calvin Während Calvin den Konsumismus als Phänomen nicht kennt oder benennt, äussert er sich doch mit Schärfe und Präzision zum Konsumverhalten seiner Zeit. Er nimmt eine deutliche Wertung dessen vor und zeigt auf, wie er sich richtigen Umgang mit Konsum vorstellt und unter welche Prinzipien er diesen binden will. Spannend ist, dass Calvin vor allem die Auswirkungen auf den einzelnen Menschen betrachtet und weniger solche auf die ganze Gesellschaft oder Wirtschaftssysteme. Konsum wird im dritten Teil der Institutio behandelt. Sobald in seiner Beschreibung konsumistische Tendenzen festgestellt werden und seine Prinzipien sich mit diesen befassen, kann eine kurze Untersuchung der wichtigsten Aussagen von Calvin zu einer Wertung des Konsumismus beitragen. Die von ihm formulierten Prinzipien können helfen, Möglichkeiten zum Umgang mit dem Konsumismus zu finden. 3.3.3 Calvin über den Konsum und dessen Einschränkungen 1. Der Mensch soll sich an den Gaben Gottes freuen Calvin hat eine klare Vorstellung davon, wie alle Güter verwendet werden sollen: Sie sollen dem Menschen zum Besten dienen und auf keinen Fall zum Verderben.49 Unter diesem Paradigma müssen alle weiteren Ausführungen betrachtet werden. Dabei wertet er die Freude des Menschen auch positiv: Wo die Gaben Gottes, er nennt das Beispiel der Kleider, zu „anmutigem Aussehen und Anständigkeit“50 führen oder jemanden erfreuen, da werden sie als Wohltaten Gottes zweckmässig gebraucht. Es ist in seinen Augen also völlig richtig, wenn sich jemand an der Schönheit einer Blume freut oder die Kostbarkeit von Gold schätzt. Dabei wehrt sich Calvin gegen eine Askese, die dem Menschen nur das Allernötigste erlauben will. Dies wäre unmenschlich und würde dem Menschen mit seinen Sinnen nicht gerecht werden.51 Die Begründung für einen Genuss der Gaben Gottes und gegen die Askese findet Calvin also darin, dass der Mensch von Gott die Sinne und die Möglichkeit zu geniessen erhalten hat. Calvin geht von der Grundannahme aus, dass menschlicher Besitz im Grunde Gott gehört und somit der Gebrauch dessen immer unter diesem Blickwinkel gesehen werden muss.52 48 Die Institutio christianae religionis, dt. Unterricht in der christlichen Religion, entstand in mehreren Schritten zwischen 1536 und 1559. Alle Ausschnitte sind aus der deutschen Übersetzung von Otto Weber entnommen auf www.calvin-institutio.de 49 Calvin, Institutio III,10,2 50 Calvin, Institutio III,10,2 51 Calvin, Institutio III,10,3 52 TRE, Eigentum: 428 © IGW International Christoph Brander 05.08.2009 Konsumismus 13 2. Die Bewertung und Folgen übermässigen Konsums Calvin definiert die richtige Anwendung des Konsums nicht über die Menge, sondern vielmehr über die innere Einstellung dazu. In der Institutio schreibt er: Das ist gewiss wahr; aber wenn der Mensch, wo ihm die Fülle seines Besitzes dazu verhilft, sich in Vergnügungen wälzt, sich übernimmt, Gemüt und Herz mit den Genüssen des gegenwärtigen Lebens trunken macht und immer nach neuen schnappt - dann ist solch ein Verhalten von der rechten Anwendung der Gaben Gottes sehr weit entfernt. Sie sollen also die unmäßige Gier, die maßlose Vergeudung, die Eitelkeit und Anmassung fahren lassen und mit reinem Gewissen Gottes Gaben rein anwenden! Sobald das Herz zu solcher Bescheidenheit geschickt ist, hat man die Regel des rechten Gebrauchs der Dinge bereits erfasst.53 Er verurteilt, wenn sich der Mensch in Vergnügen wälzt, nachdem er wenige Zeilen vorher noch deutlich gesagt hatte, dass lachen, sich freuen, Wein trinken und sich an der Musik freuen völlig in Ordnung ist. Er verurteilt das Übermass, welches zu einem Selbstzweck wird und die Gedanken beherrscht. Calvin erkennt, dass diese Eigendynamik dazu führen kann, dass der Mensch sich in Gier nach immer mehr und Neuem ausstreckt. Alle erwähnten Auswirkungen wie unmässige Gier, masslose Vergeudung, Eitelkeit und Anmassung sind bei ihm negativ behaftet, ohne dass er dies weiter ausführen würde. Schon hier deutet er einen Ausweg an: Der Mensch soll sich von Gier, Vergeudung, Eitelkeit und Anmassung entfernen und zu einer Bescheidenheit finden. An anderer Stelle54 ortet Calvin einen nicht mehr ordnungsgemässen Konsum dann, wenn der Mensch dadurch so abgestumpft wird, dass er vergisst, Gott dafür dankbar zu sein und die Erkenntnis Gottes dadurch beschränkt wird. Er sieht diese dann gefährdet, wenn das Herz von der Grossartigkeit von Kleidern gefesselt ist, wenn der Genuss die Sinne abstumpft, wenn Glanz und Pracht den Menschen zu Unkeuschheit verleiten, wenn der Blick für Gut und Schlecht verloren geht oder wenn vor lauter Genuss die Freude an Geistlichem schwindet. In all diesen Fällen verurteilt er den Konsum, weil er zu wichtig wurde und entweder den Weg zur Sünde geebnet oder den Blick auf Gott versperrt hat. 3. Wege zu einem richtigen Umgang mit dem Konsum Hier scheinen vor allem zwei Stichworte hilfreich zu sein: Die Freiheit in Bezug auf Mitteldinge und die Verachtung des gegenwärtigen Lebens. Die Freiheit in Bezug auf Mitteldinge Calvin bezeichnet es als Aberglaube55, wenn Menschen sich bestimmte Regeln zu Mitteldingen, z.B. in Bezug auf Kauf und Konsum von Lebensmitteln oder Kleidern aufstellen. Als Mitteldinge gelten bei ihm Themenbereiche, die Gott weder verboten noch geboten hat. Es führe nur dazu, dass der Mensch an vielen Dingen zu zweifeln beginnt und sich viele gute Dinge verbietet, die Gott ihm schenken möchte. Diese Regeln seien wie ein Labyrinth, in welchem man sich immer weiter verlaufen kann. Wer diese Freiheit richtig gebraucht, kommt zu einem Frieden mit Gott. Daneben gibt es aber auch das Gegenteil: Die christliche Freiheit wird zum Deckmantel der Begierden. Diese gleichgültigen56 Dinge sollen eben genau das sein: Gleichgültig und nicht das Ziel menschlicher Lust. Gleichgültigkeit kann sich nicht in Gier, Begehren und üppiger Verschwendung zeigen. 53 Calvin, Institutio III,19,9 Calvin, Institutio III,10,3 55 Calvin, Institutio III,19,7 56 Calvin, Institutio III,19,9 54 © IGW International Christoph Brander 05.08.2009 Konsumismus 14 Das gegenwärtige Leben verachten Calvin bezeichnet57 es als den sichersten Weg, das gegenwärtige Leben zu verachten und sich nach der Ewigkeit zu richten. Daraus folgen zwei Regeln, welche er aus der Bibel direkt herleitet. 1. Die Menschen sollen so gesinnt sein, als ob sie die Welt nicht gebrauchten. 58 2. Die Menschen sollen „den Mangel mit Friedsamkeit und Geduld und gleicherweise den Überfluss mit Mässigung zu tragen wissen“. 59 Diese Regeln sollen helfen, das Denken völlig auf Gott, das himmlische Leben und die Heiligung zu richten. 3.3.4 Anwendung auf den Konsumismus 1. Zur Bewertung des Konsumismus Verglichen mit anderen Autoren hat Calvin eine sehr deutliche Sicht dafür, dass Konsum nicht nur anderen Menschen, sondern auch dem Konsumenten selber schaden kann. Der Konsum wird von Calvin dann verurteilt, wenn er vom ursprünglichen Sinn abkommt. Es ist eine der Grundlagen des Konsumismus, dass das Produkt nicht wegen seinem eigentlichen Wert, sondern viel eher wegen den damit verbundenen Mehrwerten gekauft wird. Diesen Mechanismus verurteilt Calvin nicht: Kleider dürfen über den natürlichen Wert (Körper gegen Kälte schützen) auch weitere Funktionen wahrnehmen, die die Menschen erfreuen. Calvin öffnet hier die Tür für einen massvollen Luxuskonsum, der den Menschen zur Freude dienen soll. Hier und in seiner Ablehnung der Askese legt Calvin einen Grundstein für die spätere Entwicklung, die bis heute spürbar ist. Die Grenze des Konsums zieht Calvin da, wo der er ein Übermass erreicht, welches sich in schlechten Auswirkungen auf den Menschen zeigt. Diese sind: • Der Mensch verliert den Blick auf Geistliches • Der Konsum beherrscht die Gedanken • Gier, die durch die Steigerungsmentalität des Konsumismus entsteht • Die Sinne werden abgestumpft • Der Konsum zu führt zu Sünde Diese Faktoren kommen nicht bei einer bestimmten Menge von Konsum, sondern bei einer bestimmten Einstellung zu diesem zum Tragen. Das Übermass kann also nicht genau definiert werden, sondern erst an seinen Auswirkungen gemessen werden. Es kann festgehalten werden, dass Calvin einige grundlegende Eigenschaften des Konsumismus verurteilt. Er sieht dessen schädliche Auswirkungen vor allem in Bezug auf den Glauben des Menschen und die Verstrickung in Sünde. 2. Auswege aus dem Konsumismus Calvin wünscht sich, dass die Menschen die Gaben Gottes auf hilfreiche Art geniessen und verwenden können. Die Sicht Calvins für den richtigen Umgang mit Gütern kann mit „Hilfen statt Hemmnisse“60 57 Calvin, Institutio III,10.4 Calvin, Institutio III,10.4, Vgl. 1 Kor 7,29-31 59 Calvin, Institutio III,10.4 60 Calvin Institutio III,,10,4: Wörtlich: „Sie sollen sich fleißig hüten, sich nicht aus Hilfen Hemmnisse zu bereiten!“ 58 © IGW International Christoph Brander 05.08.2009 Konsumismus 15 umschrieben werden. Gerade im Umgang mit dem Konsum braucht der Mensch viel Weisheit, die wächst, indem er sich nach der Ewigkeit ausrichtet und somit ein gutes Mass für Entscheide erhält. Gleichgültigkeit gegenüber materiellen Dingen ist eine gute Grundlage für dieses gute Mass. Sowohl der vollständige Verzicht wie auch übermässiges Fokussieren auf Konsum entspricht für Calvin nicht dem göttlichen Plan und führt nicht in diese Gleichgültigkeit. Der Mensch muss sich bewusst werden, dass er die von Gott geschenkte Freiheit auch als solche geniessen darf und sich nicht in sündige Verhaltensmuster drängen lassen soll. 3.4 Lawrence Crabb 3.4.1 Zur Person Lawrence J. Crabb ist ein bekannter evangelikaler Psychologe und Bibelschullehrer. Er leitet das Institut New Way Ministries in Denver, Colorado und ist unter anderem Autor der Bücher „Die Last des anderen“61, „Von innen nach aussen“62 oder „Connecting, das Heilungspotential der Gemeinschaft“.63 In seinem Buch „Die Last des anderen“ möchte er Seelsorgern helfen, den Ursprung und die Entwicklung von Problemen, neurotischem und wiederholtem sündigen Verhalten zu verstehen und entwickelt dabei eine Theorie der Bedürfnisbefriedigung, welche ich im Folgenden erläutern möchte. Crabb und der Konsumismus Crabb verwendet das Wort Konsumismus im Buch „Die Last des anderen“ nicht. Dennoch spricht er ähnliche Verhaltensweisen an. Er entwickelt eine Theorie über die Befriedigung von Bedürfnissen. Diese Theorie soll dann dem Seelsorger als Basis dienen für eine grosse Vielfalt an Problemen in der Praxis. Zwischen den theoretischen Erklärungen zeigt er an Beispielen, welche Arten von Problemen er im Blick hat. Es handelt sich hier vor allem um neurotische Verhaltensweisen wie Depressionen, um falschen Umgang mit Geld und Konsum und um sündiges Verhalten in Bezug auf Beziehungen.64 Alle diese Probleme wurzeln, so Crabb, im selben Kernproblem. Daher behandelt er dieses Kernproblem theoretisch und wendet es immer wieder an Beispielen an. Da er einen falschen Umgang mit Konsum auch als Beispiel erwähnt65, darf die Theorie auch auf dieses Themenfeld angewandt werden. 61 Crabb, Lawrence 2007: Die Last des anderen. Biblische Seelsorge als Aufgabe der Gemeinde. Basel: Brunnen. Original: Effective Biblical Counseling, Grand Rapids, Zondervan 1977. 62 Crabb, Lawrence 2007: Von innen nach aussen. Basel: Brunnen 63 Crabb, Lawrence 2007: Connecting, das Heilungspotential der Gemeinschaft. Ein radikal neuer Ansatz, die Kraftquellen Gottes zu entdecken. Basel: Brunnen 64 Vgl. dazu die Beispiele bei Crabb 2007: 55ff. Er geht davon aus, dass all diesen Problemen die gleiche Entwicklung zugrunde liegt. 65 So z.B. Crabb 2007: 108: „Zu viele Menschen sind aber im Begriff, innerlich abzusterben, ohne ihre Lage zu erkennen. Solange sie noch die Hoffnung nähren, dass mehr Geld, mehr Ruhm, mehr Prestige, mehr Sex, mehr Reisen oder sonst etwas ihnen Bedeutung und Sicherheit geben kann, funktionieren sie weiter. Aber sobald sie sich mit der trostlosen Möglichkeit konfrontiert sehen, dass sie wertlos sind und auch keine Hoffnung besteht, das zu ändern, bricht tiefe Verzweiflung über sie herein.“ © IGW International Christoph Brander 05.08.2009 Konsumismus 16 3.4.2 Crabb über Bedürfnisse, Wünsche und deren Erfüllung Sicherheit und Bedeutung als Grundbedürfnisse Laut Crabb hat jeder Mensch ein Bedürfnis nach persönlichem Wert. Dieses Bedürfnis drückt sich aus in dem Bedürfnis nach Sicherheit und Bedeutung, welche er als die beiden grundlegenden Bedürfnisse des Menschen anerkennt.66 Diese sind von Gott in den Menschen hineingelegt und somit gut und richtig. Daneben beschreibt Crabb auch die körperlichen Bedürfnisse nach Nahrung, Kleidung und Wohnung. Diese werden aber nur am Rande erwähnt, im Zentrum stehen die beiden Bedürfnisse nach Sicherheit und Bedeutung. Crabb leitet diese beiden aus der Bedürfnispyramide von Maslow her, er nennt die dritte Stufe Sicherheit (anstatt Liebe) und die vierte Stufe Bedeutung (anstatt Sinn und Ziel). Ein Mensch, welchem die körperlichen und die beiden Grundbedürfnisse Sicherheit und Bedeutung gestillt sind, kann sich dem höheren Ziel widmen, der Entwicklung einer ganzen, kreativen und selbstbewussten Persönlichkeit.67 Crabb macht auch deutlich, dass die beiden Grundbedürfnisse nur durch Gott gestillt werden können. Bedeutung kann der Mensch dadurch erlangen, dass er versteht, wer er in Christus ist. Wenn der Mensch von Gott angenommen wird, ist dies die Grundlage seiner Identität. Wenn der Mensch nun lernt, Gottes Plan zu erkennen und sich danach zu richten, wird seine Aufgabe Teil von Gottes wichtigem Plan sein und somit Bedeutung erlangen.68 Sicherheit erlangt man durch die bedingungslose Liebe Gottes. Dadurch verliert der Gegner der Sicherheit, die Angst, abgelehnt zu werden, jede Kraft. Jesus starb für die Menschen mit all ihren schlechten Seiten, gerade wegen ihrem Verhalten. Ein Mensch, der diese Liebe erkennt und erlebt, weiss sich von Gott geliebt, angenommen und umsorgt und somit in Sicherheit.69 Wenn nun das Bedürfnis nach Bedeutung nicht von Gott her befriedigt wird, so wird der Mensch laut Crabb das Bedürfnis mit Macht zu stillen versuchen. Sollte dies nicht gelingen, kann sich sogar Gewalt daraus entwickeln. Wird das Bedürfnis nach Sicherheit nicht befriedigt, so kann das Bedürfnis nach Lust daraus entwachsen, welches bei Nichtbefriedigung zu Unmoral führen kann. Gerade weil Macht und Lust die Bedürfnisse nicht zu stillen vermögen, haben sie eine Tendenz hin zu den Konsequenzen Gewalt und Unmoral.70 Die meisten Probleme, so Crabb, entstehen dadurch, dass die beiden Grundbedürfnisse des Menschen nicht gestillt sind. Sekundäre Bedürfnisse und Wünsche Crabb beschreibt ein psychologisches Phänomen, welches vielen falschen Verhaltensweisen zugrunde liegt, die Theorie der sekundären Bedürfnisse.71 Sekundäre Bedürfnisse helfen, die primären Bedürfnisse zu befriedigen. Als einfaches Beispiel führt er das grüne Licht bei der Ampel an. Das grüne Licht hilft dem Fussgänger, sich beim Überqueren der Strasse sicher zu fühlen. Er hat also ein Bedürfnis nach grünem Licht, darum drückt er auf den Knopf beim Lichtsignal. Ein weiteres einfaches Beispiel ist Geld, welches zwar an 66 Crabb 2007: 57 Crabb 2007: 76 68 Vgl. Crabb 2007: 66 69 Crabb 2007: 66 70 Crabb 2007: 69 71 Crabb 2007: 109f 67 © IGW International Christoph Brander 05.08.2009 Konsumismus 17 sich keine Bedürfnisse befriedigen kann, aber bei der Befriedigung vieler Bedürfnisse eine Rolle spielt. Es ist nun möglich, dass man ein sekundäres Bedürfnis nach zum Beispiel dem grünen Licht oder Geld entwickelt. Für Crabb sind alle Bedürfnisse sekundäre Bedürfnisse, welche aus den beiden Grundbedürfnissen abgeleitet wurden. Crabb betont, dass es sehr wichtig ist, dass der Seelsorger lernt, zwischen primären und sekundären Bedürfnissen zu unterscheiden. Dies vor allem, weil der Mensch sich nicht von den primären Bedürfnissen Sicherheit und Bedeutung trennen kann, sehr wohl aber von sekundären, welche ihn unter Umständen sogar in Schwierigkeiten bringen oder von ihm ein falsches Verhalten erfordern. Weiter unterscheidet Crabb zwischen Bedürfnissen und Wünschen. Der Mensch kann sich zum Beispiel nach Geld, Anerkennung, Ruhm, Beförderung oder einem neuen Haus sehnen. Für Crabb sind diese Wünsche zweitrangig, er begründet dies so: Aber dennoch brauchen wir keines davon, um als ganzheitliche Person der Bibel gemäss zu leben. Wir können ein sinnvolles und persönlich ‚heiliges‘ Leben führen ohne unsere Wünsche zu befriedigen, auch wenn ein solches Leben voller Schmerz sein mag.72 Er anerkennt zwar, dass das aktuelle Wohlbefinden durchaus durch die Erfüllung der Wünsche erhöht werden kann und dass das Nichtbefriedigen der Wünsche Schmerzen verursachen kann, ist aber der Überzeugung, dass man als Christ auch ohne diese Erfüllung gut leben kann. Motivation zur Bedürfnisbefriedigung Aufgrund der sekundären Bedürfnisse und der Wünsche, die ein Mensch in sich trägt, entwickelt er eine eigene Motivation. Die Motivation ist seine Energie, etwas für die Befriedigung seiner Bedürfnisse zu tun. Sie ist die Energie, die ein Mensch aufbringt, um ein Ziel zu erreichen. Nun wird er voraussichtlich genau das tun, was seine Wünsche und Bedürfnisse zu befriedigen scheint. Versteht man, was sich ein Mensch wünscht und vor allem, wie er denkt, dass er die Bedürfnisse befriedigen kann, kann man auch sein Handeln und seine Zielsetzung verstehen und einordnen. Da die Befriedigung meist nur teilweise vollständig sein wird, bildet sich dieses Handeln zu einem Kreislauf aus. Neue Bedürfnisse wecken neue Ziele. Der kurzzeitigen Befriedigung weichen neue Wünsche und Bedürfnisse. Diese Theorie kann gut auf den Konsumismus angewandt werden. Wenn ein Mensch sich im Konsum Sinn, Erfüllung, Freude, Glück, Erlebnis, Emotionen, Identität, Veränderung, Zufriedenheit, Trost und Wertschätzung verspricht, so versucht er gemäss Crabb, die Grundbedürfnisse nach Sicherheit und Bedeutung auf Umwegen, das heisst über sekundäre Bedürfnisse und Wünsche, zu befriedigen. Auswege Crabb sieht mehrere Auswege auf verschiedenen Stufen.73 Ermutigung, Zurechtweisung und Unterweisung als drei Ebenen der Seelsorge innerhalb und ausserhalb der Gemeinde dienen schliesslich einem Ziel: Doch wenn ein Mensch erkennt, dass er in Christus bedeutend und sicher ist, und beginnt, diese Wahrheit rational, verantwortungsbewusst, gehorsam und treu auszuleben, wird er heil, lebendig, ganz.74 72 Crabb 2007: 110 Diese sind bei Crabb 2007: 162 beschrieben und begründen Crabbs Seelsorgemodell. Weniger wichtig als die Methode ist für diese Arbeit eher das Ziel, welches Crabb damit erreichen will. 74 Crabb 2007: 108 73 © IGW International Christoph Brander 05.08.2009 Konsumismus 18 Crabb ist der Überzeugung, dass ein Mensch erst dann geheilt werden kann, wenn er erkennt, dass er mit aller Anstrengung versucht, Bedeutung und Sicherheit zu erlangen und dass diese beiden Bedürfnisse von Gott her gestillt werden können. Dem Erkennen muss sich dann auch das Ausleben dieser Wahrheit anschliessen. Ein weiterer wichtiger Schritt auf dem Weg zu diesem befreiten Leben ist die Erkenntnis, dass Glück nicht das Zentrum und Ziel, sondern ein Nebenprodukt des christlichen Lebens ist. 75 Die Aufgabe des Christen ist es, Gott zu gehorchen, in der Wahrheit zu bleiben und Gott bekannt zu machen. Als Priester haben die Menschen die doppelte Aufgabe, Gott zu loben und anderen zu dienen. Crabb ist der Meinung, dass ein Mensch, welcher in dieser Aufgabe lebt, durchaus glücklich sein kann, das Glück aber nicht zwingende Folge dieses Lebens ist.76 Der Mensch soll Bedeutung und Sicherheit suchen, nicht das Glück. Crabb wehrt sich dagegen, dass sich die bei Gott gefundene Sicherheit und Bedeutung in einem Gefühl messen lassen oder beurteilen lassen soll. Diese beiden begründen sich auf Gewissheit und Tatsachen, nicht auf einem Gefühl.77 Dennoch sieht er, dass viele Menschen ihren eigenen Wünschen nachfolgen und viel Erfolg damit haben. Es ist möglich, dass ein Mensch, verglichen mit anderen Menschen, ein grosses Mass an Glück erreichen kann, ohne seine Bedürfnisse bei Gott zu stillen.78 Dieser Mensch muss aber ein beträchtliches Mass an Aufwand in die Bedürfnisbefriedigung stecken. 3.4.3 Anwendungen auf den Konsumismus Anwendung 1: Bewertung des Konsumismus Wie oben besprochen, hat Crabb neben vielen anderen Problemen auch dasjenige des Konsumismus im Sinne. Obwohl wahrscheinlich niemand wegen „normalem“, westlichem Konsumismus bei einem Seelsorger landen wird, kann die hier besprochene Theorie sehr gut auf das Problem des Konsumismus übertragen werden. Die Idee der sekundären Bedürfnisse deckt sich gut mit den in der Darstellung besprochenen Bedürfnissen. Auf den Konsumismus bezogen könnte das beispielsweise bedeuten: Der Konsum von Produkt A hat beim letzten Kauf dazu beigetragen, dass der Konsument von mehreren Leuten bewundernd angesprochen wurde. Sein Bedürfnis nach Bedeutung wurde dadurch gestillt. Also entwickelt er ein Bedürfnis nach dem Produkt A, obwohl dieses Produkt an sich offensichtlich nicht in der Lage ist, ihm Bedeutung zu verleihen. Crabb verurteilt dieses falsche Stillen der Bedürfnisse. Er ortet das Grundproblem darin, dass die wahren Bedürfnisse (im Gegensatz zu den wie Pilzen aus dem Boden schiessenden Wünschen) nicht ohne Gott gestillt werden können und somit immer weitere Wünsche und sekundäre Bedürfnisse hervorbringen. Dadurch steigt die Gefahr, dass der Mensch sich der Lust oder Macht verschreibt und diese durch Gewalt 75 Crabb 2007: 15 Crabb 2007: 15 77 Crabb 1975: 54: I should parenthetically mention that I have carefully avoided the phrase ‚people need to feel worthwile‘. I may examine the evidence and conclude that I am worthwile in Christ without feeling especially good about myself. The feelings come as I step out on faith, believing the evidence and acting on the strength of my beliefs. 78 Crabb 2007: 118 76 © IGW International Christoph Brander 05.08.2009 Konsumismus 19 oder Unmoral zu sättigen versucht.79 Die Konsequenz ist laut Crabb ein Leben entgegen Gottes Anweisung und Führung. Crabb ist davon überzeugt, dass ein Leben nur dann gelingen kann, wenn es so geführt wird, dass es Gott gefällt, also gemäss Gottes Geboten.80 Da nun Gewalt und Unmoral, die beiden Folgen von unbefriedigten Bedürfnissen, nicht diesen Geboten entsprechen, sind sie Zeichen eines nicht erfüllten Lebens, eines Lebens geprägt von Sünde. Sie hindern den Menschen, sich Gott unterzuordnen und Jesus ähnlicher zu werden.81 Anwendung 2: Hilfen zum Umgang mit dem Konsumismus 1. Echte Bedürfnisse erkennen Crabb unterscheidet die beiden wirklichen Bedürfnisse Sicherheit und Bedeutung von den vielen sekundären Bedürfnissen und Wünschen. Ziel der Seelsorge ist es, dem Menschen aufzuzeigen, dass diese eigentlich auch in die beiden grundlegenden Bedürfnisse münden und dass diese beiden direkt und ausschliesslich bei Gott gestillt werden können. Der Mensch muss also lernen, dass dies keine schlechten, sondern natürliche Bedürfnisse sind, welche er am falschen Ort zu stillen versucht hat. Er muss erkennen, dass viele seiner eigenen Wünsche sich nicht zwingend mit Gottes Wünschen für sein Leben decken und nicht den natürlichen und grundlegenden Bedürfnissen entsprechen, die er von Gott her erhalten hat. Ähnlich könnte man Crabbs Theorie wohl auf den Konsumismus übertragen. Der Mensch muss erkennen, warum er den Wunsch nach Konsum entwickelt hat. Welches natürliche Bedürfnis möchte er dadurch stillen? Sucht er durch den Konsum Sicherheit oder Bedeutung? 2. Echte Bedürfnisse bei Gott stillen Der Mensch muss lernen, seine Bedürfnisse bei Gott zu stillen. Das heisst, dass der Mensch seine Sicherheit in der unbedingten Annahme durch Gott und seine Bedeutung in Gottes Plan für sein Leben entdeckt und begründet. Gemäss der Definition als übersteigerter Konsum geht es in ihm darum, durch Konsum Sinn, Erfüllung, Freude, Glück und Zufriedenheit zu finden. Diese Suche ist nach Crabb falsch, weil sie nicht zum Ziel führen kann. Crabb macht deutlich, dass der Mensch nicht das Glück suchen soll, sondern Gott. Dann wird er die Erfüllung seiner beiden wichtigsten Bedürfnisse und somit auch eine Art von Glück erleben. Einen wichtigen Weg dahin sieht Crabb in der Seelsorge. Diese kann schon in der Ermutigung ganz einfach beginnen und dann in seelsorgerlichen Gesprächen oder der lehrhaften Unterweisung vertieft werden. 3.5 Karl-Georg Michel 3.5.1 Zum Autor Karl-Georg Michel publizierte seine Dissertation unter dem Titel Konsumethik in der Wohlstandsgesellschaft. In diesem Buch behandelt er hauptsächlich Probleme im Bezug auf den Konsum der westlichen Gesellschaft, allen voran den Konsumismus. Er geht stark auf die Bedürfnisse und deren Befriedigung ein und bietet dabei ein grosses Spektrum an Argumentationen und Informationen zum Konsumismus. 79 Crabb 2007: 69 Crabb 2007: 15 81 Crabb 2007: 14 80 © IGW International Christoph Brander 05.08.2009 Konsumismus 20 3.5.2 Die Bewertung des Konsumismus Michel behandelt den Konsumismus als ein Problem der westlichen Gesellschaft und beschreibt ihn als „eine einseitige Fehlorientierung, die zu einer ernsten Gefährdung der einzelnen sowie der modernen Industriegesellschaft führen kann.“82 Das Problem der Fehlorientierung, Michel meint dabei vor allem eine Fehlorientierung der Bedürfnisbefriedigung, wird im nächsten Abschnitt behandelt. Die Gefährdung sieht er sowohl auf persönlicher wie auch auf gesellschaftlicher Ebene, weniger aber in der Überforderung der Umwelt. Folgende Gefahren werden erwähnt:83 • Oberflächliche Befriedigung anstatt echte und konkrete Erfahrung der Persönlichkeit • Entfremdung, Verlust des wahren Lebenssinnes • Unfähigkeit des Konsumenten, Triebe und Leidenschaften zu beherrschen • Manipulierbarkeit • Abhängigkeit vom Konsum und dem dem Konsumismus eigenen „Immer mehr“ • Bezug zu Menschen und Kultur des Zusammenlebens verliert an Bedeutung Alle diese Gefahren betreffen den Konsumenten selbst. Eher am Rande erwähnt Michel, dass der Konsumismus den Menschen daran hindern könnte, seine gesellschaftliche, soziale und wirtschaftliche Verantwortung wahrzunehmen. 84 Die Ursache für die Entstehung des Konsumismus ortet Michel darin, dass viele Menschen den Sinn des Lebens verloren haben. Weil der Blick für die wirklich wichtigen Dinge im Leben verloren gegangen ist, werden materielle Bedürfnisse in den Vordergrund geschoben. Aus dieser Verschiebung des Schwerpunktes menschlichen Strebens erfolgt, dass „jede Berufung zum sittlichen Handeln, zum Recht, zur Kultur und zur Religion“85 geleugnet wird. Den Menschen, so Michel, wird durch den Verlust des Lebenssinnes die Orientierung genommen, welche ihnen im Umgang mit dem Konsum helfen würde. In der Suche nach der Ursache argumentiert er sehr ähnlich wie Crabb. Crabb sieht die Lösung diverser Probleme darin, dass der Mensch bei Gott die Erfüllung seiner Grundbedürfnisse erhält. Michel sieht die Lösung darin, dass der Mensch durch ein Leben nach Gottes Berufung den fehlenden Sinn im Leben zurückerhält und die Lösung daher nur indirekt über Gott führt. 3.5.3 Bedürfnisse und deren Befriedigung Michel legt viel Wert auf die Betrachtung der menschlichen Bedürfnisse. Die Definition des Begriffes Bedürfnis übernimmt er von Menger86: Bedürfnisse sind alle jene Erfordernisse, welche bei „der Erhaltung und harmonischen Entwicklung der menschlichen Natur in ihrer Totalität“ vonnöten sind.87 Die offene Frage ist, wie viel der Mensch wirklich braucht, um sich zu erhalten und harmonisch zu entwickeln. Welche Bedürfnisse müssen gestillt werden und wie kann dies geschehen? Für die Beantwortung dieser Frage nimmt er Aussagen von Thomas von Aquin88 und Maslow89 zu Hilfe. 82 Michel 1997: 19 Michel 1997: 19f 84 Michel 1997: 75 85 Michel 1997: 77 86 Menger, Carl: Grundsätze der Volkswirtschaftlehre. Wien- Leibzig 1923. 87 Michel 1997: 57 83 © IGW International Christoph Brander 05.08.2009 Konsumismus 21 Thomas von Aquin90 unterscheidet zwischen anorganischen, vegetativen, animalischen und geistigen Dingen, die ein Mensch benötigt. Dabei wird das Geistige höher gewertet als die Übrigen. Die Erkenntnis Gottes ist für den Menschen elementar. Thomas von Aquin betont den richtigen und zweckmässigen Gebrauch irdischer Güter. Michel sieht den wichtigen Beitrag von Thomas von Aquin darin, dass dieser den Konsum als schlecht bewertet, wenn der Mensch von ihm davon abgelenkt wird, seine höheren Ziele zu erreichen, oder er die Liebe zu Gott vergisst. Die Unterteilung der Bedürfnisse ist für Michel ein erster Schritt hin zu seinen Erkenntnissen über einen guten Umgang mit diesen. Diese Unterteilung oder auch Abstufung findet er auch bei Maslow. Abraham Maslow91 hat die moderne Bedürfnisforschung stark geprägt. Er definierte die Bedürfnisse der Menschen in einer Bedürfnispyramide von unten nach oben so: Körperliche Bedürfnisse (auch Grundbedürfnisse) – Sicherheit – Soziale Beziehungen – Anerkennung – Selbstverwirklichung. Die oberen Bedürfnisse werden erst aktuell, wenn die darunter liegenden gestillt sind. Nun kann der Kauf eines Kleidungsstückes die unterste Bedürfnisebene ansprechen: Ein Kleidungsstück vermag den Körper zu wärmen. Der Kleiderkauf kann aber auch Anerkennung oder Selbstverwirklichung bezwecken. Gerade bei den höheren Bedürfnissen, beobachtet Michel, ist eine gewisse Substituierbarkeit vorhanden. Die Bedürfnisse sind bis zu einem gewissen Grad austauschbar. So können zum Beispiel fehlende Beziehungen teilweise durch etwas mehr Selbstverwirklichung ersetzt werden. Die Substituierbarkeit zeigt Michel an einem einfache Beispiel auf: Das Bedürfnis nach körperlicher Erholung kann gestillt werden durch frische Luft, Sport, und auch TV-Konsum. Wenn das Wetter schlecht ist, kann der Sport auch einmal durch einen entspannenden TV-Abend ersetzt werden. Obwohl die beiden Aktivitäten nicht verglichen werden können, können sie doch das Bedürfnis teilweise befriedigen. Gerade der Konsum kann, so Michel, eine starke kompensatorische Wirkung entfalten. Da durch den Kauf, wie oben besprochen, verschiedene Bedürfnisse teilweise befriedigt werden, kann Konsum zu einer Kompensationshandlung bei verschiedenen Mangelerscheinungen werden. Diese Beobachtung deckt sich mit der Darstellung der Mechanismen des Konsumismus in Kapitel 2. 3.5.4 Der Umgang mit Bedürfnissen seine Wertung Michel bezieht sich in der Wertung konsumistischer Mechanismen auf Papst Johannes Paul II. Dieser sieht eine negative Auswirkung des Konsumismus in der materiellen Orientierung der Gesellschaft, die dazu führt, dass sittliches Handeln, Kultur und Religion vernachlässigt werden.92 Michel begründet diesen Zusammenhang nicht weiter. Die materielle Orientierung und somit den Konsumismus wertet er nur aufgrund der Vernachlässigung der oben genannten Bereiche negativ. 88 Thomas von Aquin 1225 -1274, Dominikaner und einer der einflussreichsten Theologen der katholischen Kirche 89 Abraham Maslow 1908 – 1970, US-amerikanischer Psychologe und Verhaltensforscher. Er ist heute vor allem aufgrund seiner Bedürfnispyramide sehr bekannt. 90 Michel 1997: 61 91 Michel 1997: 63 92 Michel 1997: 77 © IGW International Christoph Brander 05.08.2009 Konsumismus 22 Aus der Bedürfnispyramide, wie sie bei Maslow oder auch bei Thomas von Aquin beschrieben wurde, folgert Michel: Die Konsumenten müssen sich also bewusst sein, dass es viele Bedürfnisse gibt, die durch materielle Güter nicht optimal befriedigt werden können.93 Er beschreibt es als eine Fehlentwicklung, wenn Mängel auf verschiedenen Ebenen durch Konsum bekämpft werden. Dabei verurteilt Michel keineswegs die menschlichen Bedürfnisse. Auch nennt er dort keinen Handlungsbedarf im Sinne einer aktiven Einschränkung oder Überarbeitung der Bedürfnisse. Viel eher muss der Mensch sich seinen Verantwortlichkeiten bewusst werden. Er muss seine wirklichen Bedürfnisse erkennen und befriedigen, sich dabei den Grundnormen menschlichen Zusammenlebens unterordnen und soll die Folgen seiner Handlung abschätzen lernen.94 Auswege Der Ausweg muss gemäss Michel über eine richtige Befriedigung der Bedürfnisse führen. Er schlägt diverse Vorgehensweisen vor, von welchen ich vier zentrale hier beschreiben möchte: Haben oder Sein95 Hier stellt Michel zwei Lebenskonzepte einander gegenüber. Im Konzept des Habens orientiert sich der Mensch daran, was er besitzt. Er besitzt sowohl materielle Güter wie auch Zugehörigkeiten, Titel, einen Beruf und einen Status. Das Selbstbild des Menschen hängt gewissermassen davon ab, wie viel er von diesen Dingen besitzt. Im Gegensatz dazu freut sich der Mensch, der im Konzept des Seins lebt, an seiner Fähigkeit, etwas zu schaffen und gemäss seiner menschlichen Berufung zu leben. Michel empfiehlt nun, einen Weg zwischen Haben und Sein zu finden, wobei er vor allem vor der einseitigen Haben-Orientierung warnt.96 Michel stützt sich dabei auf die Argumentation von Johannes Paul II, welcher seine Leser auffordert, sich auf die Suche nach dem „Wahren, Schönen und Guten“97 zu machen und „die Verbundenheit mit dem anderen“ hoch zu achten. Lebensstandard und Lebensqualität Eine gewisse Wohlstandssattheit beobachtete Michel schon zu Beginn der Siebzigerjahre mit der Ölkrise und den ‚Grenzen des Wachstum‘ vom Club of Rome.98 Schon damals wurde breit diskutiert, dass 93 Michel 1997: 69 Michel 1997: 75 95 Das Stichwort „Haben oder Sein“ geht auf Erich Fromm zurück und wird von Bierhoff in Erich Fromm als Vordenker. Haben oder sein im Zeitalter der ökonomischen Krise. Marko Frest (Hrsg.): Berlin: Zeitsprung ausführlich besprochen. Auch Johannes Paul II zitiert dieses Konzept 1987 in SRS 28 Sollicitudo rei socialis. In: Bundesverband der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung Deutschlands. (Hg.) Texte zur katholischen Soziallehre. 619-687. Schon früher wurde der Gedanke von Dorothee Sölle und, etwas vertiefter, von Volker Eid diskutiert. Dorothee Sölle: Du sollst keine anderen Jeans haben neben mir. In: Stichworte zur ‚Geistigen Situation der Zeit‘ Hrsg. Jürgen Habermas. 1979 Frankfurt am Main: Suhrkamp Verlag. Und Eid, Volker: Abkehr vom Konsumismus: Einige Überlegungen zum Thema Änderung des Lebensstils. In: Münchner Theologische Zeitschrift. 37. Jg, Heft 1 – 1986. St. Ottilien: EOS Verlag. 96 Vgl. Michel 1997 90-94 97 Johannes Paul II in Centesimus annus 36 in Michel, 1997 90f. 98 Vgl. Meadows, Dennis, u.a. 1972: Die Grenzen des Wachstums. Bericht des Club of Rome zur Lage der Menschheit. Stuttgart. 94 © IGW International Christoph Brander 05.08.2009 Konsumismus 23 Lebensqualität nicht nur vom Lebensstandard abhängt. Michel greift diesen Gedanken wieder auf und schlägt vor, dass klar zwischen Lebensstandard und Lebensqualität getrennt wird. Lebensqualität darf also im Gegensatz zum Lebensstandard nicht allein auf die Ausstattung mit Gütern und Dienstleistungen beschränkt bleiben. Neben sozio-ökonomischen Aspekten ist sie von gesellschaftlichkulturellen Faktoren ebenso bedingt wie vom Vorhandensein einer weitgehend intakten natürlichen Umwelt. Auch die Möglichkeiten zur Entfaltung und Weiterbildung des Menschen sowie der Zugang zu religiös-spirituellen Erfahrungen wären hier zu nennen.99 Lebensqualität sieht er dann gegeben, wenn der Mensch sich seine Bedürfnisse auf allen Ebenen adäquat erfüllen kann. Damit jemand eine hohe Lebensqualität erreicht, muss er seine Bedürfnisse kennen und sich bewusst werden, wie er diese Stillen kann. In erster Linie spricht Michel die Bedürfnisfelder Geborgenheit, Anerkennung und Liebe an.100 Ein hoher Lebensstandard kann aber durchaus Teil einer hohen Lebensqualität sein, ein tiefer Lebensstandard kann die Lebensqualität negativ beeinflussen. Möglicherweise ist diese Sicht davon geprägt, dass Johannes Paul II, welcher viele Überlegungen von Michel prägt, die gesamte katholische Welt mit vielen wirtschaftlich schlechter gestellten Regionen im Blick hat. Michel übernimmt diese Sicht und diskutiert sie nicht unter den Vorzeichen der westlichen Gesellschaft. Diese ersten beiden Vorschläge sind keine Programme, sondern eher Denkweisen oder Konzepte. Michel erwähnt nicht, wie er sich die Kommunikation oder Umsetzung dieser Konzepte vorstellt. Er weiss nur, dass es falsch wäre, den Menschen bestimmte Regeln in Bezug auf den Konsum aufzuzwingen. Viel eher appelliert er an die Eigenverantwortung und an den gewissenhaften Umgang der Menschen mit der Freiheit.101 Er lehnt es auch ab, einen einheitlichen Lebensstil vorzuschreiben oder den Konsum einzelner Güter zu verbieten. Der dritte Weg: Familien stärken Michel beschreibt einen Ausweg, welcher bei keinem anderen Autor Beachtung findet. Weil Michel davon überzeugt ist, dass die Familie eine grosse Vielfalt von Bedürfnissen wie die nach Zugehörigkeit, Liebe und Zuneigung befriedigt, appelliert er für eine Stärkung der Familie als Kernzelle des Lebens.102 Er schlägt dazu einige politische Massnahmen vor, die vor allem die finanzielle Situation der Familie stärken sollen. Der vierte Weg: Innere Zufriedenheit und Glück bei Gott finden Michel beschreibt eine vierte Möglichkeit zum Umgang mit dem Konsumismus. Dieser ist bei ihm klar an einen kirchlichen Auftrag gekoppelt. Da Michel die Ursache des Konsumismus beim Sinnverlust geortet hat, setzt auch hier seine letzte Lösung an. Michel ortet eine „unauslöschliche Spur“103 im Menschen, die ihn auf die Suche nach seinem Schöpfer bringt. Dort kann er seinen Sinn finden. Michel zitiert einige Studien, welche einen Zusammenhang zwischen physischer und psychischer Gesundheit und Glaubensvollzug beschrieben haben. Aus diesen Hinweisen entwickelt er den doppelten Auftrag der Kirche: 99 Michel 1997: 89 Michel 1997: 89 101 Michel 1997: 59 102 Michel 1997: 121f 103 Michel 1997: 221 100 © IGW International Christoph Brander 05.08.2009 Konsumismus • 24 Sie muss auf Gott hinweisen und den Menschen dabei helfen, dass sie innere Zufriedenheit und unendliches Glück nur bei Gott suchen und auch dort finden können.104 • Sie muss als Botschafterin der Nächstenliebe auftreten. Dies soll nicht durch eine moralisierende Blockadehaltung gegenüber Reichtum oder Konsum geschehen, sondern durch Förderung von entsprechenden Einstellungen und Verhaltensweisen. Michel sieht die Chance, dass der Mensch bei Gott innere Zufriedenheit, unendliches Glück und Sinn finden kann. Dies erinnert an Crabb, der von Gott die Stillung der grundsätzlichen Bedürfnisse Sicherheit und Bedeutung erwartete. Michel koppelt diese Erfüllung jedoch von den anderen Bedürfnissen ab und versucht auch nicht, einen Bezug zur weltlichen Bedürfnisbefriedigung herzustellen. Wer also bei Gott Erfüllung gefunden hat, hat die Befriedigung einer höheren Stufe erreicht, ist aber immer noch angewiesen auf soziale Kontakte, Anerkennung, Selbstverwirklichung und Ähnliches. Im Gegensatz dazu Crabb: Ein Mensch besitzt nach ihm alles zum Leben notwendige, wenn er mit Gott in Beziehung steht, und ist so in der Lage, schwierige Situationen im Leben, zum Beispiel bei fehlender Anerkennung, ohne Mangel durchzustehen.105 Erst dann ist er in der Lage, für andere Menschen zu leben. Während Gott bei Crabb alle Bedürfnisse stillt, sind es bei Michel nur die geistlichen Bedürfnissen. Die Folge ist eine Ähnliche: Zufriedenheit bei Michel und Sicherheit und Bedeutung bei Crabb. 3.6 Rodney Clapp 3.6.1 Zum Autor Rodney Clapp ist Autor und leitender Redaktor der Brazos Press, einem evangelikal orientierten Verlag in Michigan, USA. Er arbeitete unter anderem bei Christianity Today. Clapp ist Herausgeber und Mitautor des Buches The Consuming Passion, Christianity and the Consumer culture, in welchem er zusammen mit einigen anderen Autoren versucht, den in der Gesellschaft beobachteten Konsum zu bewerten und mögliche Auswege zu skizzieren. 3.6.2 Konsumismus bei Clapp Auch wenn Clapp das Wort Konsumismus nicht verwendet, so beschreibt er doch sehr deutlich die beobachteten konsumistischen Mechanismen. Er beschreibt den Konsum als Teil des Lebens, der nicht mehr hinterfragt, sondern sehr unreflektiert gelebt wird106. Er vergleicht den Konsum, und er meint dabei, wie sich später zeigt, einen übersteigerten Konsum, mit dem Wind oder der Gravitation. Beides ist für den Menschen völlig normal, es wird nicht mehr hinterfragt. Dort ortet er die Gefahr und möchte daher mit seinem Buch auf diesen Mangel hinweisen, indem er zuerst die Entwicklung des Konsums in den letzten Jahrhunderten beschreibt und dann versucht, die aktuelle Kultur zu bewerten. Er zeigt Anhand von Beispielen auf, wie ein Umgang mit dem Konsumismus möglich ist. Leider macht er dies nur in einem relativ kurzen Beitrag 104 Michel 1997: 219f Als Beispiel nennt Crabb eine Frau, welche von ihrem Mann keine Anerkennung erhält. Sie soll sich ihrer Bedeutung bei Gott bewusst werden, dann kann sie ihren Mann trotzdem lieben, weil sie auch ohne dessen Anerkennung gut leben kann. Anerkennung, so Crabb ist kein Grundbedürfnis, Bedeutung ist eines. Crabb 2007: 106 Clapp 1998: 172 105 © IGW International Christoph Brander 05.08.2009 Konsumismus 25 innerhalb des Buches. Es fehlt dem Beitrag am Ende an der Tiefe, die nötig wäre, das Thema vertieft und konsequent zu behandeln. Zum Beispiel verzichtet er darauf, einen alternativen Lebensstil an einigen Prinzipien zu beschreiben und wählt den Weg über einige beispielhafte Beschreibungen von vorbildlichen Personen. 3.6.3 Die Konsumkultur und mögliche Umgangsformen 1. Die Entwicklung der Konsumkultur Clapp ist das Verständnis der Entwicklung der Konsumkultur sehr wichtig. Er sieht in der Werbung eine treibende Kraft in der Festigung der Konsumkultur. Dabei betont er, dass gerade Christen die heute stark verbreitete Praxis der Werbung mitgeprägt haben.107 Die Gedanken, dass der Mensch veränderbar ist und dass er von guten Produkten oder Hilfsmitteln überzeugt werden soll, findet sich schon bei den Erweckungspredigern. Sie waren so überzeugt von ihrer guten Botschaft, dass sie regelrecht dafür geworben haben und damit einen von mehreren Grundsteinen für die Werbung, wie wir sie heute kennen, gelegt haben. Die Grundidee war, dass der Mensch von etwas überzeugt werden kann und dass ein Wandel in den Ansichten der Menschen durch genügend Information möglich ist. Einige grosse amerikanische Firmen wie auch die Coca Cola-Company wurden von christlichen Geschäftsleuten gegründet, die überzogen waren, dass ihre Produkte den Kunden einen Gewinn und Nutzen bringen würden.108 Dieser ehrlich gemeinte gute Willen, den Menschen Nutzen zu erbringen, wandelte sich mit der Zeit hin zum Ziel, den Absatz der Firmen zu vergrössern. Die Werbung sollte die Lücke zwischen Angebot und Nachfrage stopfen, ob dabei der Konsument am Ende als Gewinner dastehen würde, wurde je länger je unwichtiger. Heute, so Clapp, ist die Werbung völlig verselbständigt, es geht ihr nur noch darum, den Gewinn zu vergrössern. Gerade durch die Werbung wird die Gesellschaft stark vom Konsumdenken geprägt. Clapp beobachtet, dass es für die Menschen nicht einfach ist, sich diesem Drang hin zum Konsum zu wiedersetzen. Die Werbung ist auch da angelangt, dass sie dem Menschen hilft, seine Identität durch den Kauf des Produktes zu finden. Die Werbung weckt nicht nur den Wunsch nach dem Produkt, sondern der damit verbundenen Identität. 2. Die Wertung der Konsumkultur Die Folge der permanenten Reizüberflutung durch die Werbung und die konsumgeprägte Gesellschaft findet Clapp in der Unersättlichkeit der Menschen. Das Streben nach immer mehr, nach mehr und besserem Konsum, ist laut Clapp eine der wichtigsten Eigenschaften der Gesellschaft. Nun stellt sich die Frage, wie der Christ in dieser Umgebung leben und wo er sich bewusst abgrenzen soll. Ist der Konsumismus zu verurteilen oder sollen sich die Christen der Gesellschaft anpassen? Clapp greift das System bei der Wurzel, bei der Unersättlichkeit, an. Grundsätzlich ist Unersättlichkeit nur in einem Bereich des Lebens erwünscht: Der Christ sollte einen grossen, unersättlichen Wunsch haben nach einer Beziehung zum Gott Israels und Jesus Christus, wie dies im Psalm 42.1. beschrieben ist: „Wie der Hirsch lechzt nach frischem Wasser, so 107 108 Clapp 1998: 181 Clapp 1998: 182 © IGW International Christoph Brander 05.08.2009 Konsumismus 26 schreit meine Seele, Gott, zu dir. Meine Seele dürstet nach Gott, nach dem lebendigen Gott. Wann werde ich dahin kommen, dass ich Gottes Angesicht schaue?“ Durch diese Aussage verurteilt Clapp die Unersättlichkeit der Menschen in Bezug auf Konsum. Sie ist Folge einer Fehlleitung des urmenschlichen Wunsches, Gemeinschaft mit Gott zu haben. Die Kirche hat im Rahmen dieser Fehlleitung insofern versagt, dass sie den Menschen den Himmel auf der Erde versprechen wollte, was nicht der biblischen Realität entspricht.109 Der gesuchte Genuss ohne Nebenwirkungen, den die Werbung vorspielt, ist nicht Gottes Idee des menschlichen Lebens auf der Erde.110 3. Mögliche Auswege Über den Konsumenten, den Menschen der heutigen Gesellschaft, sagt Clapp: „Consumers were made, not born.“.111 Die Unersättlichkeit, welche den konsumistisch geprägten Menschen auszeichnet, ist also laut Clapp vor allem eine Folge der Werbung und der gesellschaftlichen Prägung. Der Mensch würde von sich aus nicht auf die Idee kommen, persönliche Bedürfnisse durch den Konsum von Gütern zu decken. Darum muss der Ausweg auch über den Umgang mit der Prägung, also der Werbung und der Gesellschaft erfolgen. Clapp schlägt vor, einen Widerstand gegen das System zu formen, welcher die Bildung einer christlichen Antwort auf den Konsumismus vorsieht.112 Dabei verzichtet Clapp darauf, grundlegende Prinzipien einer solchen Antwort aufzustellen. Er portraitiert drei Gemeinschaften und zeigt, wie diese Menschen eine Antwort auf den konsumorientierten Lebenswandel der Gesellschaft fanden. Er attestiert diesen drei Gemeinschaften, dass sie auf vorbildliche Weise mit Konsumismus umgehen. Dabei verzichtet er darauf, diese drei Gemeinschaften an Kriterien zu bewerten. Ihre Vorbildlichkeit sieht er wahrscheinlich viel eher dadurch bestätigt, dass das Leben, welches sie führen, von Zufriedenheit, Nächstenliebe und dem Hochhalten von christlichen Werten geprägt ist. Aus diesen drei Portraits können folgende Aussagen abgeleitet werden, welche wohl auch Clapps Meinung wiederspiegeln, jedoch nicht als alleinige Prinzipien aufgefasst werden sollen: • Es spielt in Bezug auf das Leben nach Gottes Ordnung keine Rolle, wie reich man ist. Es ist mit jedem Einkommen möglich, Gott zu gefallen. Es wäre sogar falsch, einen bestimmten Lebensstil als einzig Richtigen zu verteidigen. • Es ist durchaus möglich, sehr reich und erfolgreich zu sein und dabei nach Gottes Willen zu leben. Gerade Reiche tragen aber eine umso grössere Verantwortung, Gutes zu tun. Wo der Konsumismus den Blick auf das reale Leben verdeckt, wird er gefährlich. • Teil einer christlichen Antwort ist die Kultivierung der Zufriedenheit, die im Gegensatz zur Unersättlichkeit des Konsumismus steht. • Wo der Konsum die Kultur zerstört oder die Lebensqualität einschränkt, soll er vermieden werden. 109 Clapp 1998: 192 Clapp 1998: 189 111 Clapp 1998: 186 deutsch: Konsumenten werden gemacht, nicht geboren. 112 Clapp 1998: 194 110 © IGW International Christoph Brander 05.08.2009 Konsumismus 27 Der Christ ist verantwortlich dafür, Gott zu preisen. Konsum soll davon nicht ablenken, sondern ein Teil von diesem Lobpreis Gottes sein. Erst im kommenden Reich Gottes wird dieser Graben ganz aufgehoben, wenn auch jeder Konsum von Gütern ganz zur Ehre Gottes sein wird.113 3.6.4 Folgerungen für die Bewertung und den Umgang mit dem Konsumismus Bewertung: Unersättlichkeit und Vereinnahmung Bei Clapp wird der Konsumismus in erster Linie aufgrund seiner Unersättlichkeit verurteilt. Diese entsteht durch die Fehlleitung des menschlichen Verlangens nach Gott und wird unter anderem durch die Werbung und den Einfluss der Gesellschaft verursacht. Clapp verzichtet darauf, den Konsumismus an weiteren Kriterien zu beurteilen. Es kann nur zwischen den Zeilen gelesen werden, dass er die schlechten Auswirkungen des übermässigen Konsums auf die Umwelt und auf die soziale Struktur im Hinterkopf hält. Die Unersättlichkeit ist bei ihm also nicht in erster Linie wegen ihrer Auswirkungen negativ zu beurteilen, sondern weil sie in sich eine Eigenschaft ist, welche der Mensch gemäss Gottes Geboten nicht haben soll. Diesen Gedankengang begründet er aber nicht weiter, sondern setzt voraus, dass Unersättlichkeit auch von den Lesern grundsätzlich negativ bewertet wird. In den Beispielen von vorbildhaftem Umgang mit Konsumismus wird klar, dass für Clapp der Konsumismus viele gute Dinge verhindert. Die portraitierten Personen können Gutes tun, weil sie sich von der unersättlichen Gier des Konsumismus verabschiedet haben. Anstatt dem „immer mehr“ von Geld und Konsum ihr ganzes Leben zu widmen, haben sie alternative Lebensformen entwickelt, welche Gottes Plan für ihr Leben besser entsprechen. Der Konsumismus wird also verurteilt, weil er die Menschen vereinnahmt und davon abhält, ein Leben nach Gottes Plan zu führen. Umgang: Unersättliches Verlangen nach Gott und alternative Lebensformen Das erste Ziel menschlicher Anstrengung muss also sein, dass Verlangen wieder in die richtige Richtung zu leiten. Der Mensch soll sich nach Gott ausstrecken und ihn suchen. In allen anderen Bereichen ist Unersättlichkeit kein anzustrebendes Ziel, sondern soll wenn möglich vermieden werden. Alternative Lebensformen zu entwickeln ist Crabbs Vorschlag für eine christliche Antwort auf den Konsumismus. Für diese Lebensformen gibt er keine Regeln vor, zeigt aber an vorbildhaften Beispielen einige Ideen auf. Dabei schlägt er keinen einheitlichen Lebensstil vor, sondern findet die Lösung darin, dass jeder sich seiner Verantwortung gegenüber Gott und anderen Menschen bewusst wird. Als Waffe gegen die Unersättlichkeit sieht er die Zufriedenheit und nicht etwa die Askese. 3.7 Helmut Burkhardt 3.7.1 Zur Person Helmut Burkhardt arbeitete von 1977 bis 2000 als Dozent für systematische Theologie am Theologischen Seminar St. Chrischona. Er hat sich in der Zeit nach der Lausanner Verpflichtung von 1974 mit dem Thema 113 Clapp 1998: 204 © IGW International Christoph Brander 05.08.2009 Konsumismus 28 „Einfacher Lebensstil“ auseinandergesetzt114 und hat in den letzten Jahren eine umfassende Ethik herausgegeben. Der bisher letzte Band II,2, der unter anderem die Bereiche Wirtschaftsethik und Umweltethik umfasst, erschien erst im Jahr 2008. 3.7.2 Konsumismus bei Burkhardt Burkhardt beschreibt oder bewertet den Konsumismus in keinem seiner Werke, auch der Begriff Konsum spielt in seinen Werken keine Rolle. Der Aufbau seines Ethik-Werkes115 gliedert sich in die Hauptteile Fundamental-, Material- und spezifische Materialethik. Die Materialethik ist unterteilt in Religions-, Human(Lebens- und Sozialethik) und Naturethik (Wirtschafts-, Umwelt- und Kulturethik). Die Materialethik ist auf der Grundlage der Zehn Gebote aufgebaut. Beim Durchforsten der Materialethik zeigte sich, dass die Sozialethik sich nur um die Familie und den Staat kümmert, jedoch den Umgang des Einzelnen mit seinen Bedürfnissen oder dem Konsum nicht betrachtet. In der Wirtschafts- und Umweltethik, welche das Beziehungsfeld Mensch-Natur umfassen möchte, fanden sich einige hilfreiche Abschnitte. Der Abschnitt Eigentum bildet einen wichtigen Teil der Wirtschaftsethik. Wenn Burkhardt in diesem Abschnitt von Reichtum, Armut und freiwilligem Eigentumsverzicht spricht, wird klar, dass er oft nicht nur den Besitz des Menschen anspricht, sondern auch den Konsum. So darf an einigen Stellen der Begriff Eigentumsverzicht mit Konsumverzicht oder Reichtum mit üppigem Konsum gefüllt werden. Dies ist insofern möglich, da Burkhardt selbst den Begriff Reichtum inhaltlich nie auf den Besitz (Bankkonto, Güter, etc.) beschränkt, sondern den Konsum mit einschliesst. 3.7.3 Bewertungen und Prinzipien zum Umgang mit Konsum Sozialpflichtigkeit des Eigentums: Verantwortlicher Umgang mit Eigentum und Konsum Burkhardt116 erkennt in der Bibel einen Schutz des privaten Eigentums. Aber es ist kein absolutes, alles umfassendes Recht des Menschen. Viel eher sieht er Eigentum und somit auch die Fähigkeit zu konsumieren mit einer Verantwortlichkeit vor Gott und den Menschen und einer Herausforderung verbunden. Die Verantwortlichkeit vor Gott zeigt sich insofern, dass der Mensch sich vor Augen halten muss, dass schlussendlich alles Gott gehört, der Besitz durch Kauf also nur ein Quasibesitz ist. Die Verantwortlichkeit vor den Menschen ist nötig, weil Gott Unterdrückung nicht duldet und gerade der persönliche Konsum oder Besitz nie stärker gewichtet werden darf als das Lebensrecht des anderen. Burkhardt beschreibt eine „Sozialpflichtigkeit des Eigentums“117. Der Mensch ist darauf angelegt, mit anderen Menschen in Gemeinschaft zu leben. Voraussetzung dafür ist die Rücksichtsnahme auf Leben und Freiheit des anderen. Die Fähigkeit zu konsumieren begründet sich auch in den gesellschaftlichen Gegebenheiten und den als Geschenk von den Eltern und der Gesellschaft erhaltenen Voraussetzungen (z.B. Ausbildung, Infrastruktur) zum Wohlstand. Das Ziel des Menschen muss also unbedingt auch das Wohlergehen der Anderen und der Allgemeinheit sein. Diesem Ziel soll auch der Konsum untergeordnet werden. 114 Burkhardt war u.a. der Herausgeber des Bandes: Einfacher Lebensstil – ein neuer Massstab? Thesen zu Evangelisation und sozialer Gerechtigkeit, 1981, Wuppertal: Aussaat Verlag. 115 Burkhart 2003 und 2008, eine Gliederung findet sich in 2008: 9. 116 Burkhardt 2008: 137ff 117 Burkhardt 2008: 147 © IGW International Christoph Brander 05.08.2009 Konsumismus 29 Während die ersten beiden Themen im Alten Testament ausführlich behandelt werden, sieht Burkhardt im Neuen Testament vor allem die Warnung vor der Gefahr der Habsucht. Das Streben nach immer mehr kann die Menschen hartherzig machen, zu ungerechtem Gewinn verleiten oder zu einem Götzendienst werden. Er beschreibt das Problem der Quasireligionen118 und warnt davor, dass „jede gute Gabe des Schöpfers“ in der Gefahr steht, „uns zum Abgott“ zu werden.119 Burkhardt deutet den Begriff Quasireligion weit: Das Wort kann auch darüber hinaus für jede Haltung angewandt werden, in der irgend etwas ausser Gott für mich eine Bedeutung bekommt, die nur Gott selbst zukommt, also eine gleichsam religiöse Bedeutung. Damit fällt eine solche Haltung unter das Gebot: „Du sollst keine anderen Götter neben mir haben.120 Burkhardt erwähnt in einem sehr kurzen Abschnitt die Ökologiepflicht des Eigentums, der Aufgabe, die Natur zu bebauen und zu bewahren. Haushalterschaft als Stichwort Aus der Tatsache, dass alles Gott gehört, leitet Burkhardt das Prinzip der Haushalterschaft ab.121 Der Mensch ist Verwalter dessen, was Gott ihm anvertraut hat. Im Glauben sieht Burkhardt die Kraft, die die nötige Distanz zu den Dingen, die man konsumiert, ermöglichen kann. Eigentum soll in der Relativität zu Gott gesehen werden. Gerade aus der Sicht der Haushalterschaft heraus lernt der Mensch, seine Verantwortung wahrzunehmen. Diese Verantwortung kann der Mensch auch dort übernehmen, wo er sein Geld einsetzt. So wertet Burkhardt wirtschaftlich produktive Investitionskredite positiv, Konsumkredite als problematisch. Reichtum und Armut Burkhardt beschreibt in seinem Buch „Wirtschaft ohne Ethik“, welches einige Gedanken der Wirtschaftsethik schon früher aufgriff, die Bedeutung von Reichtum für den Menschen: Reich sein – das ist der Traum jedes Durchschnittsbürgers. Denn reich sein bedeutet für ihn glücklich zu sein: Mehr haben, als zur gegenwärtigen Fristung des Lebens unbedingt nötig ist, um durch dieses Mehr das Leben und seine „schönen Seiten“ möglichst uneingeschränkt geniessen zu können, um durch dieses Mehr vor anderen Ansehen und über andere Macht zu haben und um auch langfristig gegen alle mögliche Unbill möglichst abgesichert zu sein.122 Offensichtlich beinhaltet Burkhardts Sicht von Reichtum auch verstärkten Konsum. Laut Burkhardt können Reichtum und Armut123 nicht als grundsätzlich gut oder schlecht bewertet werden. Er bewertet Reichtum als gut, wenn er „Ausdruck des Reichtums der guten Schöpfung Gottes ist und freie Entfaltung und Gestaltung des Lebens ermöglicht“. Reichtum hat auch schlechte Seiten124, er kann zu unrechten Mitteln wie Wucher oder Bestechung verleiten und das Herz des Reichen verhärten. Armut dagegen ist zu verurteilen, wenn sie Leben und dessen Entfaltung erschwert oder verunmöglicht. 118 Burkhardt 2003: 58f Dass Konsum zu einer Quasireligion werden kann, wurde schon in verschiedenen, auch säkularen Publikationen beschrieben. Dabei werden Kaufhäuser zu heiligen Orten des Konsums hochstilisiert. Vgl. z.B. Bolz 2002: 115 120 Burkhardt 2003: 121 Burkhardt 2008: 149 122 Burkhardt 2000: 27 123 Burkhardt 2008: 155 124 Burkhardt 2008: 152 119 © IGW International Christoph Brander 05.08.2009 Konsumismus 30 Eigentumsverzicht Burkhardt sieht schon früh in der Geschichte eine Entwicklung hin zum Eigentumsverzicht125, welche vor allem durch die Gefahren des Eigentums und Reichtums heraus motiviert ist. Dieser Gedanke hat sich schon in der Antike herausgebildet und wurde von Jesus neu gefüllt und in der Kirche bis heute immer wieder aufgegriffen. Burkhardt ist der Meinung, dass gerade heute – er bezeichnet die Zeit als geprägt „von wirtschaftlichen Fragen und oft ungebremstem Gewinnstreben“126 – dem Eigentumsverzicht eine grosse Bedeutung zukommen kann. Wichtig ist ihm, dass Eigentumsverzicht unbedingt auf freiwilliger Basis geschehen soll. Wird diese Freiwilligkeit aufgehoben, geht ein wichtiger Aspekt des Verzichtes verloren. Der Verzicht soll zur Freiheit führen und gerade nicht durch Zwang entstehen. Die Begründung zum Verzicht soll nicht negativ aus der Haltung zur Welt begründet sein, sondern positiv aus der Liebe zu Gott und den Menschen. Freiwilliges Verzichten auf Reichtum kann ein Zeichen der „weltüberwindenden Liebe Gottes sein“127. 3.7.4 Bewertung und Anwendung der Aussagen Obwohl Burkhardt sein Werk erst 2008 fertig stellte, findet sich in seiner Ethik keine Aussage über Konsumismus. Konsum allgemein scheint kein Thema zu sein, Grundsätze müssen hierfür in den Bereichen Eigentum und Reichtum gesucht werden. Gerade der Gedanke zum Eigentumsverzicht scheint aber sehr wohl den Konsum zu betreffen. Insofern können einige Prinzipien und Bewertungen hergeleitet werden: 1. Burkhardt scheint Eigentum und damit die Fähigkeit zum Konsum, auch in ausgiebiger Form, grundsätzlich positiv zu bewerten, so lange darunter weder die Natur noch Mitmenschen zu leiden haben. Reichtum, welcher sich im Konsum zeigt, ist in seinen Augen ein Geschenk Gottes. 2. Es ist ihm durchaus bewusst, dass dieser oft negativ zu beurteilende Begleiterscheinungen mit sich bringt. Dies würde eigentlich dazu ausreichen, einen einfachen Lebensstil anzustreben. Doch genau das will Burkhardt nicht. Der einfache Lebensstil soll begründet sein aus der Liebe zu Gott und den Menschen. Schlussendlich geht es hier aber auch darum, dass aus dieser Liebe heraus die negativen Begleiterscheinungen vermieden werden können. 3. Ein wichtiger Aspekt von Burkhardt ist die Sozialpflichtigkeit des Eigentums. Diese ist weit davon entfernt, Eigentum nur zur egoistischen Befriedigung eigner Bedürfnisse und Wünsche zu verwenden. 4. Ein guter Umgang mit Geld wird von Burkhardt mit dem Begriff Haushalterschaft umschrieben. Als Verwalter von Gottes Besitz geht der Mensch sorgfältig und verantwortungsbewusst mit Geld um. Anwendung 1: Bewertung des Konsumismus Burkhardt bespricht den Einfluss des Konsumismus oder auch des Reichtums auf den Konsumenten nicht. Zur Bewertung des Konsumismus kann von ihm nur im Blick auf die Folgeerscheinungen profitiert werden: Wo Konsumismus zu Ungerechtigkeit, unfreiwilliger Armut, Umweltzerstörung, hartherzigen Reichen, Habsucht oder einer gestörten Beziehung zu Gott führt, muss er an seinen Früchten gemessen und verurteilt 125 Burkhardt 2008: 157ff Burkhardt 2008: 163 127 Burkhardt 2000: 42 126 © IGW International Christoph Brander 05.08.2009 Konsumismus 31 werden. Innere Zwänge oder die verfehlte Suche nach Zufriedenheit und Bedürfnisbefriedigung sind bei ihm kein Thema. Anwendung 2: Zum Umgang mit dem Konsumismus Burkhardt steuert einen Beitrag zum Umgang mit dem Konsumismus bei. Es kann vermutet werden, dass er auch die Entwicklung des Konsumismus im Auge hatte, als er den Vorschlag des freiwilligen Eigentumsverzichtes formulierte. Dieser begegnet weniger den Problemen des Reichtums, sondern eher denen des übersteigerten Konsums. Dieser Vorschlag, aus Liebe zu Gott und den Mitmenschen auf Reichtum, respektive übersteigerten Konsum zu verzichten, ist eine wichtige Grundlage für die Begegnung mit dem Konsumismus. Was Burkhardt nicht erwähnt ist, welche Auswirkungen sich aus dem freiwilligen Eigentumsverzicht ergeben. Weil er als Motivation die Liebe zu Gott und den Mitmenschen bezeichnet, könnte daraus geschlossen werden, dass der Verzicht dazu führen kann und soll, dass der Verzichtende Gott und den Mitmenschen besser dienen kann. Dies könnte sich darin zeigen, dass er mehr Zeit, Kraft oder Geld in das Reich Gottes und den Dienst am nächsten investieren kann. © IGW International Christoph Brander 05.08.2009 Konsumismus 32 3.8 Zusammenstellung der Aussagen der fünf Autoren ame Bewertung Auswege Calvin, Reformator 1559128 Massvoller Luxuskonsum wird positiv gewertet, erst der übermässige Konsum führt zu schlechten Auswirkungen: Der Blick für Geistliches geht verloren, Gier und Konsum beherrschen die Gedanken, die Sinne werden abgestumpft. Konsum verleitet zu Sünde. Gaben Gottes richtig geniessen, als Hilfen anstatt als Hemmnisse. Freiheit bedeutet Gleichgültigkeit gegenüber dem Konsum. Ausrichten auf die Ewigkeit. Crabb, Seelsorgeexperte 1977 Konsumismus wird negativ bewertet, weil er versucht, Bedürfnisse nach Sicherheit und Bedeutung, welche nur Gott stillen kann, und andere daraus abgeleitete Wünsche, im Konsum zu stillen. Dies führt zu einem Leben, welches nicht Gottes Willen entspricht (Gewalt, Unmoral). 1. Echte Bedürfnisse (Sicherheit, Bedeutung) und abgeleitete Wünsche erkennen. 2. Echte Bedürfnisse bei Gott stillen lernen. Dabei soll sich der Mensch nicht nach dem Glück, sondern nach Gott ausrichten. Michel, katholischer Theologe 1997 Durch Konsumismus nimmt materielle Orientierung zu und sittliches Handeln, Kultur und Religion werden vernachlässigt. 1. Sein anstatt Haben 2. Lebensqualität ist nicht gleich Lebensstandard 3. Familien stärken 4. Zufriedenheit und Glück bei Gott suchen. Dir Kirche soll diese Suche unterstützen. Bedürfnisse werden nicht wirklich gestillt, sondern nur kompensiert. Dies führt zu Unzufriedenheit. Clapp, USAutor, Theologe 1998 Verurteilung des Konsumismus wegen Unersättlichkeit (entspricht nicht Gottes Gebot) und Vereinnahmung (der Mensch verbraucht seine Energie im Konsum) Verlangen nach Gott entwickeln und alternative Lebensformen entwickeln. Zufriedenheit einüben. Burkhardt, evangelikaler Theologe 2000-2008 Konsum ist gut, so lange er keine negativen Begleiterscheinungen mit sich bringt. An diesen muss er bewertet werden. Diese können sein: Umweltzerstörung, gestörte Beziehung zu Gott, Armut, Ungerechtigkeit, Habsucht. Freiwilliger Eigentumsverzicht als Zeichen der Liebe zu Gott und den Mitmenschen. Haushalterschaft als Stichwort für guten Umgang mit Geld und Konsum. 128 Die Jahreszahl bezeichnet die Veröffentlichung des für diese Arbeit wichtigsten Werkes des Autors. © IGW International Christoph Brander 05.08.2009 Konsumismus 4 33 BIBLISCHE PERSPEKTIVE 4.1 Zielsetzung und Vorgehen Ursprünglich hatte ich geplant, vier bis fünf aussagekräftige Bibelstellen aus verschiedenen Teilen der Bibel genauer zu betrachten und daraus einige biblische Erkenntnisse für den Umgang mit Konsum und Konsumismus herzuleiten. Doch je länger ich suchte, desto mehr aussagekräftige und hilfreiche Bibelstellen sprangen mir ins Auge.129 Um der Bibel in diesem Thema auch nur teilweise gerecht zu werden, schien mir ein systematischer Ansatz wirkungsvoller. Im Sinne einer möglichst objektiven Vorgehensweise habe ich versucht, möglichst viele Bibelstellen auf ihre Aussagen und Verknüpfungen hin zu untersuchen. Ich habe alle Bibelstellen, welche das Thema berühren, in verschiedene Kategorien eingeteilt und so versucht, mir einen Überblick über die biblischen Aussagen zu verschaffen. Diese Kategorien waren: • Aussagen über die Ursachen des Konsumismus oder konsumistischer Denkmuster • Wertende Aussagen zum Konsumismus • Aussagen über Einflüsse auf die Beziehungen des Konsumenten zu: Gott / Mitmensch / Umwelt / Sich selbst • Aussagen über einen rechten Umfang der Bedürfnisse und über das Stillen von Bedürfnissen Interessanterweise bezieht sich die Wertung in den meisten Fällen auf eine Beziehungsebene, darum habe ich diese beiden Kategorien zu einem gemeinsamen Kapitel verarbeitet. Den Ursachen und der Thematik der Bedürfnisse widmete ich je ein Kapitel. 4.2 Ursachen des Konsumismus In einem ersten Abschnitt soll ergründet werden, weshalb der Mensch überhaupt in der Gefahr steht, dem Konsum eine übermässige Rolle zuzusprechen. Welche Eigenschaften von Mensch und Konsum begünstigen diese Übersteigerung? Die erste konsumistische Handlung der Menschheitsgeschichte ist auch die erste sündige Tat des Menschen. Während Adam und Eva in einem Garten voller Wohlstand und Schönheit leben, schafft die Schlange das Kunststück, in den Menschen den Wunsch nach noch mehr zu wecken.130 Es fällt auf, dass der Mensch für diesen Wunsch auch dann offen ist, wenn er im Überfluss lebt. Wahrscheinlich ist er dann sogar noch offener dafür. Dies zeigt sich an weiteren Orten in der Bibel und in der Geschichte. David’s Ehebruch mit Batseba ist ein Beispiel dafür.131 Als David schon etwas Gras über die Affäre wachsen lassen will, taucht Nathan bei ihm auf und erzählt ihm die Geschichte von einem sehr reichen Mann, der, um in seinem Überfluss noch reicher zu werden, einem Armen sein letztes Gut, ein Lamm, nimmt. David ist erzürnt über das Handeln dieses Mannes. Dann eröffnet ihm Nathan, dass David selbst genau so gehandelt hat. Für diese Art von Handlungen kann das Wort Habsucht verwendet werden. Die Habsucht, wohl die wichtigste 129 Die für dieses Kapitel verwendeten Bibelstellen sind mit einem kurzen Kommentar im Anhang aufgelistet. 1 Mo 3 131 2 Sam 12,1-15 130 © IGW International Christoph Brander 05.08.2009 Konsumismus 34 treibende Kraft und Ursache von vielen konsumistischen Handlungen, wird, so erklärt es Jesus, im Herzen der Menschen geboren.132 Sie muss auch dort bekämpft werden. Im Menschen ist eine weitere trügerische Denkweise vorhanden. Er ist der Meinung, dass die Welt ihm diese Freude geben könnte, die er seit dem Sündenfall nicht mehr hat. Diese Suche ist Thema im 1. Johannesbrief: Liebet nicht die Welt, noch was in der Welt ist. Wenn jemand die Welt liebt, so ist die Liebe des Vaters nicht in ihm; denn alles, was in der Welt ist, die Lust des Fleisches und die Lust der Augen und der Hochmut des Lebens, ist nicht von dem Vater, sondern ist von der Welt. Und die Welt vergeht und ihre Lust; wer aber den Willen Gottes tut, bleibt in Ewigkeit.133 Johannes warnt davor, die Welt zu lieben, weil sie vergänglich und nicht in der Lage ist, den Menschen wirklich reich zu machen.134 Tatsache ist aber, dass der Mensch auf diesen Betrug immer wieder hereinfällt. Nichts auf der Welt kann einem genau das geben, was man nötig hat. Erst bei Gott findet sich die Erfüllung aller Bedürfnisse.135 Ein Beispiel dafür konnte das Bedürfnis nach Sicherheit sein: In der Bibel steht beschrieben, wie sich Menschen gerne ihre Sicherheit auf der Erde durch viel Besitz kaufen würden.136 Während das Sicherheitsbedürfnis völlig legitim ist, ist dies der falsche Ort für die Stillung dessen.137 Wer eine endgültige Sicherheit sucht, wird sie erst bei Gott finden. Zwei Hauptursachen des Konsumismus werden in der Bibel beschrieben: - Der Mensch wird von einer Unzufriedenheit, von einem permanenten Wunsch nach Mehr, getrieben. - Er glaubt, die Befriedigung all seiner Bedürfnisse in dieser Welt zu finden. 4.3 Wertung des Konsums 4.2.1 Die Spannung zwischen Armut und Reichtum Um zu verstehen, wie Gott über den Konsum denkt, muss zuerst verstanden werden, wie er über Armut und Reichtum denkt. Reichtum beinhaltet in aller Regel auch die Fähigkeit, reichlich zu konsumieren. Die Bibel benutzt das Wort Reichtum oft sowohl im Zusammenhang mit Besitz wie auch mit Konsum. Ich werde darum zuerst Armut und Reichtum in der Bibel kurz untersuchen, noch ganz ohne Blick auf ihre Auswirkungen, sondern nur auf ihr Auftreten an einigen Wegkreuzungen der Geschichte. Vom Garten Eden bis zum Volk Israel Gott legte gleich nach der Erschaffung der Welt für den Menschen einen Garten an.138 Wohlbemerkt, es handelte sich um einen schönen Ort mit einer reichen Auswahl an Früchten. In unserem Sprachgebrauch wird der Begriff Paradies mit einem wunderschönen Ort ohne Mangel oder Probleme assoziiert. Es war ein Ort des Reichtums, welcher sich jedoch nicht in grossem Besitz manifestierte, sondern darin, dass Gott selbst den Menschen alles gab, was ihnen Freude bereitete und was sie zum Leben brauchten. Gott hat die 132 Mk 7,21-22 1 Joh 1,15-17 134 Lk 12,15 135 Bedürfnisse werden im übernächsten Abschnitt noch genauer beschrieben 136 Vgl Lk 12,16-21 137 Vgl. Hab 2,9 138 1 Mo 2,8ff 133 © IGW International Christoph Brander 05.08.2009 Konsumismus 35 Menschen keineswegs dafür geschaffen, dass sie hungern müssen oder ein Leben in Armut führen sollen. Er gab Ihnen einen Ort, der sicher war, mit genügend Nahrung, schönen Bäumen und den er durch seine göttliche Gegenwart zu einem perfekten Ort machte. In diesem Urzustand zeigt sich Gottes Absicht für die Menschen: Er hatte von Beginn weg das Wohl der Menschen im Sinn, dieses Wohl beinhaltete auch einen ausreichenden, sogar reichen Konsum. Irgendwie brachten es Adam und Eva zu Stande, mit der Situation unzufrieden zu werden, so dass sie sich nach dem Verbotenen ausstreckten.139 Vielleicht könnte die verbotene Frucht noch etwas mehr Befriedigung schenken, vielleicht sogar die von der Schlange versprochene Erkenntnis und Einsicht. Durch das Essen der Frucht und das Eindringen der Sünde in die ursprüngliche Beziehung von Gott zu den Menschen wurde vieles völlig verändert. Das Pflücken von tiefhängenden Früchten musste der mühseligen Arbeit auf dem Feld weichen, aus der Überversorgung wurde zwischendurch Mangel. Schmerz, Angst, Kälte und Sünde fanden ihren Platz im Leben der Menschen. Der Mensch ist ohne Gott eigentlich arm. Obwohl diese Armut keinesfalls Gottes Wille für die Menschen entspricht140, ist das vorübergehend der Zustand der Menschen, es ist der Zustand einer von der Sünde durchdrungenen Welt. Es ist offensichtlich, dass der Mensch mit diesem Zustand oft unzufrieden ist. Diese Unzufriedenheit wurde weiter oben als eine der Ursachen des Konsumismus beschrieben. Immer wieder in der Geschichte Israels fand ein Abglanz von Gottes ursprünglichem Plan mit den Menschen den Weg auf die Erde. So wurde Abraham von Gott reich gesegnet, dies führte bei ihm zu grossem, materiellem Reichtum. Wenn Gott, dem schliesslich die ganze Erde und alles was auf ihr lebt, gehört141, sich jemandem erkenntlich zeigt, wirkt sich dies im Alten Testament durch Reichtum aus. Das haben Abraham, Jakob, Joseph, David, Salomo und viele Weitere erfahren. Sie alle haben mit Freude Gottes Fülle genossen, auch ganz materiell im Konsum von zum Beispiel Fleisch und Wein. Brennpunkt Jesus Bei der Geburt von Jesus zeigt sich diese Spannung zwischen Gott und den Menschen am deutlichsten. Schon bei der Geburt Jesu zeigt sich, dass er mitten in die arme Welt hinein geboren wird.142 Er nimmt Anteil an dieser Welt. Er ist nicht der König, der in seinem Reichtum alle überstrahlt und allen, die zu ihm gehören, Anteil an seinen Schätzen gibt. Jedenfalls nicht in der sichtbaren Welt. Kurz nach seiner Geburt kommen einige Weise zu Jesus und bringen ihm sehr wertvolle Geschenke: Gold, Weihrauch und Myrrhe.143 Es wird klar, dass hier ein König geboren wurde. Dass sich dies auch in materiellem Reichtum ausdrückt, ist aus der alttestamentlichen Perspektive folgerichtig. Aber auch Jesu Leben ist von dieser Spannung geprägt. Er lebt zeitweise als Handwerker, dann als Wanderprediger ohne viel Besitz und ohne Dach über dem Kopf.144 Er verzichtet auf Vieles und fordert Nachfolgewillige heraus, indem er von ihnen dasselbe verlangt. Zwischendurch zeigen sich aber auch 139 1 Mo 3 Das zeigt sich u.a. daran, dass Gott dem Volk Israel einmalig strenge Regeln für eine soziale Gerechtigkeit auferlegt, z.B. die regelmässige Entschuldung der Armen. Vgl. 3 Mo 25 141 Vgl. Ps 24.1 142 Lk 2,7 143 Mt 2,11 144 Mt 8.20 140 © IGW International Christoph Brander 05.08.2009 Konsumismus 36 göttlicher Segen und Reichtum als Vorboten des anbrechenden Reiches Gottes und einer wiederhergestellten Schöpfung. Was beim Sündenfall zerstört wurde, wird von Jesus wieder aufgerichtet werden. Beispielsweise schafft er an der Hochzeit von Kana durch ein Wunder so viel Wein, dass das Fest gerettet ist145 . Ausserdem ist eines seiner wichtigsten Vermächtnisse für seine Nachfolger ein gemeinsames Mahl, bei welchem an ihn gedacht werden soll.146 4.2.2 Positive Wertung des Konsums Wie oben schon gezeigt, wird Reichtum an einigen Stellen der Bibel sehr positiv dargestellt. Weitere positive Wertungen von Reichtum oder eben auch Konsum finden sich an folgenden Orten: • Reichtum ist ein Zeichen des Segens im Alten Testament.147 Dieser Aspekt wurde schon besprochen. In den Anweisungen Gottes für die zu feiernden Feste wird klar, dass Gott nicht gegen Konsum ist, sondern diesen vielmehr zu seiner Ehre wünscht.148 • Der Prediger unterscheidet sehr klar zwischen dem Streben nach Reichtum und dem von Freude begleiteten Konsum.149 Während das Erste endlos und zermürbend ist, Eitelkeit und ein Haschen nach Wind, wie er es ausdrückt, soll Konsum ein Teil des glücklichen Lebens sein. Es ist ein Geschenk von Gott, wenn jemand Essen und Trinken kann und „seine Seele Gutes sehen“150 lässt. • Jesus fordert seine Nachfolger dazu auf, sich Schätze zu sammeln. Jedoch nicht auf der Erde, wie viele das tun wollten, sondern Schätze im Himmel.151 Er lässt keinen Zweifel daran, dass der Himmel, das Leben im vollendeten Reich Gottes, viel angenehmer und reicher sein wird als das Leben auf der Erde, zum Beispiel, indem er den Himmel mit einem grossen Hochzeitsfest vergleicht.152 • Dem verlorenen Sohn wird, nachdem er von seinen ernüchternden Jahren weit weg vom Vater zurück kommt, ein grosses Festessen organisiert.153 Es fällt auf, dass in all diesen Stellen nur Reichtum oder Konsum in Bezug zu Gott besprochen wird. Er ist ein Geschenk von Gott und wird in seiner Gegenwart oder in Dankbarkeit zu ihm genossen. Er ist eine Eigenschaft der wiederhergestellten Schöpfungsordnung, welche jedoch gerade in diesem Bereich noch überhaupt nicht abgeschlossen ist. Der Konsum von Gütern, die Gott geschenkt hat und den Menschen zur Freude gab, ist in der Bibel durchwegs positiv gefärbt. Konsum kann Freude machen und darf auch im Gottes Vorstellung vom menschlichen Leben im Wohlstand, der von Gott geschenkt wird, zeigt sich im Garten Eden und im anbrechenden Reich Gottes. Dort wird Konsum sehr positiv betrachtet. Durch die Sünde wurde den Menschen der Zugang zu diesem Leben jedoch verwehrt. 145 Joh 2,1-12 Mt 26, 17-30 147 z.B. 1 Mo 24,35 148 3 Mo 25 149 Pred 2,22-26 150 Pred 2,24 151 Mt 6.20 152 Mt 22,2-4 153 Lk 15,11ff 146 © IGW International Christoph Brander 05.08.2009 Konsumismus 37 grossen Mass geschehen. 4.2.3 Grenzen und Gefahren des Konsums in der ganzen Bibel Trotz der oben beschriebenen sehr positiven Äusserungen zu Konsum, finden sich in der Bibel viel mehr Aussagen, die den Konsum in Schranken weisen oder in bestimmten Ausprägungen verurteilen. Interessanterweise wird der Konsum oft genau dann begrenzt und kritisch betrachtet, wenn er Beziehungen, andere Personen oder die Umwelt tangiert, belastet oder zerstört. Ich möchte im Folgenden die Gedankengänge aufzeigen, welche sich über die ganze Bibel spannen. Drei Aspekte werden nur im Neuen Testament behandelt. Diese werde ich in einem separaten Abschnitt besprechen. Die Bibel bleibt aber nicht bei der reinen Wertung, sondern wünscht sich vom Leser das Einlenken auf den richtigen Weg. Es soll also nicht nur gefragt werden, welche Art von Konsum positiv oder negativ beurteilt wird, es soll auch ein Weg aufgezeigt werden, wie ein guter Umgang mit Konsum möglich ist. Konsum und die Beziehung zu Gott Gott schuf den Menschen mit der Absicht, mit ihm eine Beziehung zu führen. Seit dem oben besprochenen Sündenfall ist diese Beziehung gestört und der Mensch vergisst seither Gott immer wieder. Dieses Vergessen hängt auch vom Wohlergehen des Menschen ab. Das Volk Israel demonstriert in der Wüste mehrere Male, wie erschütternd einfach es dem Menschen fällt, Gott zu vergessen. Leider ist dieses Vergessen oft direkt an den Wohlstand und die politischen Sicherheit des Volkes gekoppelt. Davor warnt Gott ausdrücklich: Hüte dich, daß du den Herrn, deinen Gott, nicht vergisst, indem du seine Gebote und seine Rechtsbestimmungen und seine Ordnungen, die ich dir heute geben, nicht hältst – dass nicht, wenn du isst und satt wirst und schöne Häuser baust und bewohnst und deine Rinder sich mehren und alles, was du hast, sich mehrt, dass dann nicht dein Herz sich erhebt und du den Herrn, deinen Gott vergisst, der dich aus dem Land Ägypten, aus dem Sklavenhaus, herausführte;154 Essen, schöne Häuser bauen und bewohnen, all das ist eigentlich Gottes Segen für sein Volk und trotzdem sehr gefährlich, weil das Volk dadurch seine Abhängigkeit von Gott vergisst. Das Vergessen bedeutete oft auch Götzendienst und Stolz.155 Es dauerte oft nur wenige Jahre, bis das Volk das Gefühl hatte, den Wohlstand durch eigene Kraft erreicht zu haben. Gott fordert sein Volk auf, an ihn und daran, dass er dem Volk die Kraft geschenkt hat, zu denken. Agur konnte auf einige Jahrhunderte Geschichte des Volkes Israel zurück blicken und formulierte darum folgende Aussage: Eitles und Lügenwort entferne von mir, Armut und Reichtum gib mir nicht, speise mich mit dem mir beschiedenen Brote; damit ich nicht satt werde und dich verleugne und spreche: Wer ist Jahwe? und damit ich nicht verarme und stehle, und mich vergreife an dem Namen meines Gottes.156 Er wünschte sich von Gott, dass dieser ihm genügend zum Leben, nicht aber Überfluss gebe, da er sich der daraus resultierenden Gefahr bewusst war. Eine ganz ähnliche Kritik findet sich in der Offenbarung. Die 154 5 Mo 8,11-14 Vgl. Jes 28,1-4 156 Spr 30, 8-9 155 © IGW International Christoph Brander 05.08.2009 Konsumismus 38 Gemeinde in Laodizäa vertraut nur auf eigenen Reichtum, anstatt auf Gott und wird dann darauf hingewiesen, dass sie jämmerlich, arm und blind sei. 157 In der Bibel, besonders in der Weisheitsliteratur wird oft vor den gefährlichen Auswirkungen der Habsucht auf das Leben gewarnt.158 Konsum und Habsucht dürfen keinesfalls gleichgestellt werden. Mit dem Konsumismus hat die Habsucht aber einiges gemeinsam: Die Steigerungsmentalität wie auch die Fixierung auf das Materielle. Wo der Konsumismus also Tendenzen von Habsucht aufweist, wird er von der Bibel scharf kritisiert. Die Habsucht hat zwei schwerwiegende Auswirkungen auf die Beziehung zu Gott: Erstens wendet sich Gott vom Habsüchtigen ab.159 Zweitens wird gerade im Neuen Testament klar, dass die Habsucht den Glauben behindern oder sogar zerstören kann. Im berühmten Gleichnis vom Sämann deutet Jesus die Dornen, welche den Wachstum des Worten verhindern, als „Sorge der Zeit und (…) Betrug des Reichtums“.160 Könnte dieser Betrug des Reichtums auf den Konsumismus hin gedeutet werden? Vermutlich geht es Jesus hier darum, dass die Menschen sich ihre Sicherheit, ihre Lebensfreude und ihre Identität im Konsum oder Anhäufen von Reichtum suchen, nicht in der Lage sind, an ihn zu glauben. Jesus bezeichnet dies als Betrug, weil die Menschen die gewünschte Erfüllung nicht finden werden. Genau diesem Betrug erliegt der weiter oben schon angesprochene Reiche, der für die Nachfolge nicht auf seinen Reichtum verzichten kann.161 Er möchte sein Leben nicht verlieren, wird es aber genau aus diesem Grund das ewige Leben nicht gewinnen können.162 Paulus geht mit Habsüchtigen sehr hart ins Gericht, indem er ihnen aufzeigt, dass es für sie unmöglich ist, das Reich Gottes zu erben.163 In der Bibel wird übermässiger Konsum kritisch betrachtet, weil er den Menschen den Blick für die Abhängigkeit von Gott versperren kann. Wenn dieser Blick fehlt, führt dies oft zu Sünden oder Abwendung von Gott. Konsumismus kann den Glauben am Wachstum hindern, sogar zerstören. Konsum und die Beziehung des Konsumenten zu sich selbst Menschen streben nach Glück. Dieses Streben nach Glück, Zufriedenheit und der Erfüllung aller Bedürfnisse ist eine treibende Kraft des Konsumismus. Die Bibel zeigt an wenigen Stellen auf, dass der Konsum nicht das Höchste ist. Besser ein Gericht Gemüse und Liebe dabei, als ein gemästeter Ochs und Haß dabei.164 Es ist offensichtlich, dass der Autor voraussetzt, dass er einen gemästeten Ochsen einem Gemüsegericht vorziehen würde. Aber er betont, dass die Liebe für den Menschen viel wichtiger ist als das Essen. Für den Konsumismus könnte man daraus schliessen, dass der Konsum von Gütern bis zu einem gewissen Mass die Bedürfnisse befriedigen kann, dass aber nicht alle Bedürfnisse so gestillt werden können. Im Alten 157 Offb 3,17 Z.B.: Spr 1,19, Spr 11,28, Jer 17,1, Ps 10 159 Jes 57, 17 160 Mt 13,22 161 Mt 19,16ff 162 Lk 9,25 163 Eph 5,5 164 Spr 15.17 158 © IGW International Christoph Brander 05.08.2009 Konsumismus 39 Testament wird klar, dass das Streben nach Geld und somit der Fähigkeit, zu konsumieren, gefährlich ist. Es ist ein Streben ohne Ende und verbraucht am Ende die gesamte Kraft des Menschen.165 An anderer Stelle wird klar, dass der Konsum oder auch der Besitz nicht das ganze Leben des Menschen ausmacht. Denn was wird es einem Menschen nützen, wenn er die ganze Welt gewönne, sich selbst aber verlöre oder einbüßte?166 Jesus zeigt auf, dass das Leben nicht nur aus Besitz besteht. Dabei geht es ihm im Speziellen darum, dass der Mensch Gott und das Reich Gottes in den Fokus seines Strebens legen soll. Der Zusammenhang von Konsum und dem Reich Gottes wird in einem späteren Kapitel noch diskutiert. Jesus möchte den Menschen zu einer guten Einstellung zum Konsum verhelfen: Ist nicht das Leben viel mehr als die Speise und der Leib mehr als die Kleidung?167 Wo ein Mensch sein Leben nur durch seinen Konsum definiert, da wird er viele wichtige Aspekte des Lebens vernachlässigen. Diese Tatsache gibt Grenzen vor, nicht in Bezug auf den Umfang des Konsums, sondern vielmehr seine Stellung im Leben und Denken des Menschen. Konsum und die Beziehung zu anderen Menschen Konsum geschieht fast nie ohne Auswirkung auf andere Menschen. Diese Auswirkungen werden an sehr vielen Orten in der Bibel beschrieben, meist durch anklagende Worte. Bei verschiedenen Propheten ist diese Kritik ein wichtiges Thema. So werden bei Jesaja168 und Hesekiel169 die Hirten, also die Führer des Volkes, angesprochen. Sie sind gefrässig, weiden nicht ihre Herde, sondern sich selbst, indem sie sich dem Konsum der besten Güter hingeben. Sie nehmen sich Wein, Fett, Wolle und die besten Tiere vom Volk, das ihnen anvertraut ist und zeigen sich dabei als sehr schlechte Hirten. Gottes Vorstellung ihrer Leitung wäre viel eher eine dienende, fürsorgliche Führung des Volkes. Amos170 muss eine harte Botschaft an die Oberschicht in Samaria richten. Sie geniessen alle Annehmlichkeiten des Lebens und konsumieren alle möglichen Luxusgüter – Elfenbeinbetten, Musik, Fettschafe, Wein und Öle – aber verlieren darüber den Blick für das Volk, das im aktuellen sozialen Wandel verarmt. Der ausgiebige Konsum wird in der prophetischen Kritik dann verurteilt, wenn er auf Kosten der Armen passiert, wenn er die Konsumenten davon abhält, ihre gottgegebene Aufgabe richtig zu erfüllen oder wenn er ihren Blick für Ungerechtigkeit, Armut und Missstände verdeckt. 165 Vgl. Pred 5 Lk 9,25 167 Mt 6,25b 168 Jes 59,9-12 169 Hes 34,2-3 170 Am 6,3-7 166 © IGW International Christoph Brander 05.08.2009 Konsumismus 40 Das Neue Testament liefert im Kontrast dazu einige vorbildliche Geschichten. Der barmherzige Samariter171 versorgt den Verletzten mit Wein und Öl und verzichtet selbst auf diese typischen Konsumgüter. Die erste Gemeinde in Jerusalem lebt in Gütergemeinschaft und versorgt viele Arme.172 Paulus lässt sich von den Gemeinden nicht versorgen, sondern arbeitet selbst, um sich seinen Lebensunterhalt zu verdienen.173 Im Neuen Testament wird der Gedanken aber noch weiter gespannt. Die radikalste Aussage macht Jesus gegenüber einem reichen Mann: „Verkaufe alles, was du hast, und verteile den Erlös an die Armen“.174 Paulus fordert bekehrte Diebe auf, zu arbeiten, um danach den Bedürftigen einen Teil abgeben zu können.175 Er fordert die reichen Gemeinden auf, den ärmeren Gemeinden einen Teil ihres Reichtums abzugeben.176 Aus diesen Aussagen kann einfach hergeleitet werden, dass Reichtum zu einer sozialen Verantwortung führt, die wahrgenommen werden muss. Eine weitere, für das Thema interessante Aussage macht Paulus in 1 Kor 10,23-24: Alles ist erlaubt, aber nicht alles ist nützlich; alles ist erlaubt, aber nicht alles erbaut. Niemand suche das Seine, sondern das des anderen. Dieses Prinzip stellt Paulus für den Konsum von Götzenfleisch auf. Es kann nicht direkt auf alle anderen Fragen der Ethik angewendet werden. Es beschreibt aber gut den Umgang mit Dingen, die nicht explizit schlecht sind, aber eine Gefahr beinhalten. Konsum könnte eine solche Sache sein. Gott schreibt in der Bibel nicht vor, wie viel Konsum richtig oder falsch ist. Es ist erlaubt zu konsumieren. Aber es ist lange nicht immer nützlich. Der Konsum wird insofern eingeschränkt, dass er dem Anderen dienen soll. Wenn der Konsum also die Fähigkeit des Dienstes an anderen einschränkt, sei es durch finanzielle Belastung oder indem der Konsum ein Übermass an Gedanken, Zeit und Hingabe auffrisst, dann muss er aufgrund dieser Bibelstelle verurteilt und entsprechend eingeschränkt werden. Wer reich ist oder die Fähigkeit besitzt, Geld zu erwerben, trägt eine Verantwortung für andere Menschen. Er darf seine Stellung nicht zum masslosen Konsum ausnützen, wenn andere darunter zu leiden haben. Er wird auch aufgefordert, so zu konsumieren, dass er Ressourcen und die Fähigkeit behält, Menschen in =ot zu helfen. Egoismus entspricht auch im Konsum nicht Gottes Willen. Konsum und die Beziehung zur Umwelt Der Mensch hat von Gott den Auftrag erhalten, die Erde zu bebauen und zu bewahren.177 Das Bebauen bezieht sich auf die Arbeit, die er auf der Erde leistet. Das Bewahren umfasst den Auftrag der Verantwortung: Der Mensch soll die die Erde hüten und bewachen. Dieser Auftrag umfasst auch das Herrschen über die Tiere.178 171 Lk 10,25-37 Apg 2,44.45 und 173 Apg 20,33-35 174 Lk 18.22b 175 Eph 4,28 176 2 Kor 8,13-15 177 1 Mo 2,15 178 1 Mo 1,28 172 © IGW International Christoph Brander 05.08.2009 Konsumismus 41 An anderen Orten in der Bibel ist die Sorge um die Umwelt kein grosses Thema mehr. Anders heute: In der aktuellen Diskussion sind die Ressourcenverschwendung und die Umweltverschmutzung zwei der wichtigsten Argumente gegen den Konsumismus. Diese Argumente lassen sich aus dem Kulturauftrag des Menschen leicht herleiten. Wo der Mensch durch seinen Konsum die Erde und alle auf ihr wohnenden Lebewesen nicht bewahrt, sondern ausbeutet, verfehlt er seinen von Gott erhaltenen Auftrag. 4.2.4 Drei neutestamentliche Themenfelder Im Neuen Testament, mit der Predigt und dem Leben und Sterben von Jesus, werden drei weitere Themenfelder eröffnet, welche im Alten Testament noch nicht so deutlich angesprochen wurden. Das Erste basiert darauf, dass Jesus das Reich Gottes ausruft und die Menschen dazu auffordert, sich ganz auf dieses anbrechende Reich auszurichten. Das Zweite kommt von der Tatsache, dass Jesus eine verglichen mit dem Gesetz viel höhere Ethik forderte und eine Umwandlung des Menschen von innen her forderte. Das Dritte hängt damit zusammen, dass Paulus als eine der prägenden Figuren des christlichen Glaubens völlig von der von Jesus an alle Menschen verliehenen Aufgabe der Mission eingenommen wurde und daraus auch Konsequenzen für den Konsum folgerte. Die Gefahr, Gott und das Reich Gottes zu vernachlässigen Jesus kam auf die Erde, um das Reich Gottes zu predigen.179 Diesem anbrechenden Reich ordnete er alles unter und verlangte von seinen Jüngern dasselbe. In der Bergpredigt zeigt er dies deutlich auf: So seid nun nicht besorgt, indem ihr sagt: Was sollen wir essen? Oder: Was sollen wir trinken? Oder: Was sollen wir anziehen? Denn nach diesem allen trachten die Nationen; denn euer himmlischer Vater weiß, dass ihr dies alles benötigt. Trachtet aber zuerst nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit! Und dies alles wird euch hinzugefügt werden.180 Die Menschen, denen er begegnet, sind völlig von den Alltagssorgen ausgefüllt. Vielleicht nicht ohne Grund. Vielleicht benötigen sie einen Grossteil ihrer Energie dafür, Essen und Kleidung zu beschaffen. Diesen Menschen muss Jesus sagen, dass sie sich zu viele Sorgen machen, dass sie in diesen Dingen auf Gott vertrauen dürfen. Er möchte, dass sie ihre Aufmerksamkeit ganz auf das Reich Gottes richten. Sie sollen Ihre Energie darauf ausrichten, Gott zu suchen und an Jesus zu glauben. Dann, so verspricht es Jesus, wird Gott ihnen all das zum Leben Nötige geben. Der Westeuropäer des 21. Jahrhunderts lebt zwar mit völlig anderen finanziellen Mitteln, dennoch kreist ein guter Teil seiner Gedanken um das Besorgen von Nahrung und Kleidung. Darüber hinaus könnte er einen Teil seiner persönlichen Probleme auch vom Konsumismus her erhalten haben. Wenn er sein Glück, seine Zufriedenheit und seine Bestätigung durch Konsum erhalten muss, wird ihm der Konsum viele Probleme bereiten. Die Frage des richtigen Konsums wird für ihn fast lebenswichtig und könnte ein viel wichtigeres Thema des Lebens, das anbrechende Reich Gottes, verdrängen. 179 Mk 1,15 und Lk 4,43. Jesus bezeichnet diesen in den beiden Evangelien gleich zu Beginn seines Wirkens als seinen Auftrag. 180 Mt 6,31-33 © IGW International Christoph Brander 05.08.2009 Konsumismus 42 Der Mensch ist nicht in der Lage, dem Geld und Gott gleichzeitig zu dienen, es gibt kein ebenbürtiges Nebeneinander dieser beiden Kontrahenten.181 Wo der Konsumismus den Konsum so wichtig nimmt, dass Gott dadurch verdrängt wird, passiert ein sehr gewichtiger Fehler. Der veränderte Mensch Im Neuen Testament werden einige ethische Anforderungen an den Menschen laut. Der Mensch soll sich nicht der Welt anpassen, sondern erneuert und verwandelt werden, so dass er den Willen Gottes tun kann.182 Diese Umgestaltung zeigt sich in vielen Belangen. Einige davon sollen hier kurz erläutert werden. Keine davon bezieht sich direkt auf den Konsumismus. Dennoch zeigen sie die hohe Anforderung auf, die Gott an seine Kinder stellt. • In Markus 7, 21-22 formuliert Jesus den einzigen von ihm überlieferten Lasterkatalog183 und verurteilt in diesem die Habsucht.184 Dies tut er noch einmal in Lk 12,15. Ansonsten ist es vor allem Paulus, der die Habsucht als Laster bekämpft. Bei der Habsucht geht es immer um materiellen Gewinn. Der Mensch sucht die Erfüllung nicht mehr bei Gott, sondern bei sich selbst, indem er nach Materiellem strebt. • Im Galaterbrief wird beschrieben, dass der Heilige Geist Gütigkeit als Frucht hervorbringen kann.185 Diese Frucht darf nicht vom Egoismus des Konsumismus erdrückt werden. • An die Römer schreibt Paulus, dass sie sich nicht Trinkgelagen, Schwelgereien und Ausschweifungen hingeben sollen.186 Viel eher sollen sie sich so verhalten, wie man es am Tag tun würde. Die Christen sollen sich von den anderen Menschen in Rom durch einen besonnenen Lebenswandel unterscheiden. • Da Christen schon zur Zeit ihres Lebens auf der Erde die wirkliche Heimat im Himmel haben, sollen sie auch ihre Gedanken auf diese Heimat richten. Paulus bezeichnet diejenigen als Feinde des Kreuzes, die ihren Bauch zum Gott ernannt haben und die auf Irdisches sinnen.187 • An Älteste in den Gemeinden werden besonders hohe Anforderungen gestellt. Besonnen, sittsam, nicht dem Wein ergeben und nicht geldliebend sollen sie sein.188 All diese Eigenschaften könnten mit dem Konsumismus in Konflikt treten, je nach Ausprägung. • Im Hebräerbrief werden die Leser aufgefordert, sich von der Geldliebe zu distanzieren und sich mit dem zu begnügen, was vorhanden ist.189 Diese Aussage verurteilt die dem Konsumismus innewohnenden Steigerungsmentalität und den Kreislauf der Unzufriedenheit. Im Grunde handelt es sich in diesen Anforderungen um einen direkten Angriff auf die Ursachen190 des Konsumismus. Der Mensch ist vom Wunsch nach immer mehr und von der Idee, sich seine Bedürfnisse 181 Mt 6,24 Röm 12.2 183 Paulus greift diese Stilfigur später mehrere Male auf. 184 Die Habsucht, gr. Pleonexia, wir ausserdem noch diverse Male bei Paulus und Petrus erwähnt: Röm 1.29, 1 Kor 6.10, 2 Kor 9.5, Eph 4.19, Eph 5.3-5, Kol 3.5, 1 Thess 2.5, 2 Petr 2.3, 2 Petr 2.14 185 Gal 5,22 186 Röm 13,12-14 187 Phil 3,18-20 188 1 Tim 3,1-3.8 189 Heb 13,5-6 182 © IGW International Christoph Brander 05.08.2009 Konsumismus 43 selbst zu befriedigen, getrieben. Jesus bemängelt diese durchwegs sündigen Denk- und Handelsmuster. Es ist eine Auswirkung seines Reiches, dass das von Sünde geprägte Denken von Grund auf erneuert wird, sich in einem neuen Menschen manifestiert. Die Aufgabe der Mission Bei Paulus wird noch ein letzter Aspekt für den Umgang mit Konsum offensichtlich. Er ist völlig von seinem Auftrag der Heidenmission eingenommen. Er dient Gott und der Gemeinde, wo er kann. Damit er diesen Dienst möglichst effektiv erfüllen kann, lernt er, mit allen möglichen Unannehmlichkeiten umzugehen. Hunger und Durst, Kälte und Fasten sind für ihn zwar nicht angenehm, verschwinden aber hinter der wichtigen Aufgabe.191 Er hat sich daran gewöhnt, für seinen Auftrag zu leiden und seine Aufgabe zu erfüllen, ob er nun satt oder hungrig ist. In all dem hat er die Erfahrung gemacht, dass Gott ihm Kraft und Durchhaltewillen gibt.192 Er legt viel Wert darauf, dass Christen sich nicht auf diese Welt konzentrieren und dieser Welt nicht zu viel Gewicht beimessen sollen. So formuliert Paulus denn auch im Brief an Timotheus einen Vorschlag für einen angemessenen Lebensstandard. Denn die Gottseligkeit mit Genügsamkeit aber ist ein grosser Gewinn. Denn wir haben nichts auf die Welt hereingebracht, so dass wir auch nichts hinausbringen können. Wenn wir aber Nahrung und Kleidung haben, so wollen wir uns daran genügen lassen.193 Paulus zeigt hier auf, dass ein Leben in Genügsamkeit für den Glauben sehr hilfreich sein kann. Der Mensch soll seine Energie nämlich nicht darauf verschwenden, nach noch mehr Geld zu streben, sondern vielmehr versuchen, Gerechtigkeit, Gottseligkeit, Glauben, Liebe, Ausharren und Sanftmut in seinem Leben zu erreichen und gleichzeitig in den von Gott erhaltenen Auftrag investieren.194 Hier schliesst sich der Kreis wieder zum oben beschriebenen Streben nach dem Reich Gottes. Es ist gut für den Menschen, wenn er sich nicht zu stark an Wohlstand und Konsum orientiert, damit er nicht vom höheren Ziel abgelenkt wird. Es ist ein doppelter Auftrag: Der Mensch soll an seinem Glauben und seiner Beziehung zu Gott arbeiten, und sich der Mission, die Gott für ihn bereit hält, mit ganzer Kraft hingeben. Wenn im Konsumismus sehr viel Kraft verpufft wird durch das Erarbeiten von Lohn, das Informieren über neue Produkte, das Kaufen und Verwenden derselben, so bleibt weniger übrig für den Auftrag, den Gott seinen Kindern gab. Im =euen Testament wird deutlich, dass der Mensch für das Reich Gottes geschaffen ist. Daher soll er sich mit ganzer Kraft darauf ausrichten. Dies manifestiert sich in einem durch den Heiligen Geist veränderten Leben und im Engagement für den von Gott erhaltenen Auftrag. 190 Wie sie im vorigen Abschnitt besprochen wurden. Vgl. 2 Kor 11,27 192 Vgl. Phil 4,12-13 193 1 Tim 6,6-8 194 1 Tim 6,11 191 © IGW International Christoph Brander 05.08.2009 Konsumismus 44 4.4 Bedürfnisse und deren Befriedigung Die Bedürfnisse und deren Befriedigung waren bereits in der Darstellung des Konsumismus und bei Clapp zentrale Themen. Die Bibel nimmt menschliche Bedürfnisse sehr ernst. Sowohl körperliche Bedürfnisse nach Nahrung, Kleidung und Wohnung wie auch die höheren Bedürfnisse werden an verschiedenen Orten besprochen. Konsumismus spielt sich auf beiden Ebenen ab. Zum Einen muss der Mensch seine körperlichen Bedürfnisse befriedigen, zum Anderen seine höheren Bedürfnisse. Dass er versucht, die höheren auch durch Konsum zu stillen, ist eine Kerneigenschaft des Konsumismus. Hier werden darum beide Ausprägungen von Bedürfnissen behandelt. Im dritten Abschnitt wird die Frage geklärt, ob aus der Bibel eine Norm für Bedürfnisse hergeleitet werden kann. Körperliche Bedürfnisse Grundsätzlich kann gesagt werden: Gott beschreibt sich selbst als Versorger der Menschen.195 Auch wenn der Blick auf die aktuelle Versorgungslage der Menschen gerade in ärmeren Regionen der Erde eher nicht danach aussieht, liegt es doch in Gottes Macht, körperliche Bedürfnisse zu stillen. Die Frage nach der Ungerechtigkeit der Reichtumsverteilung ist sicherlich gerade für Christen wichtig, soll aber hier nicht vertieft besprochen werden. Es ist leider so, dass auch mitten im Reichtum, mitten in der ausreichenden Versorgung durch Gott, Einzelne aufgrund ungerechter Verteilung oder anderen, im Normalfall von Menschen verursachten Einflussfaktoren, Hunger zu leiden haben. Die Stillung von körperlichen Bedürfnissen zieht sich als Thema quer durch die Bibel. Nach dem Sündenfall wird Hunger plötzlich zur Option. Er beschäftigt auch das Volk Israel, nachdem es aus der Sklaverei, aber auch von den Fleischtöpfen Ägyptens befreit wird und sich in der Wüste sehr existentiellen Fragen ausgesetzt sieht. Hier zeigt sich Gott, auf die Bitte des Volkes, zum ersten Mal auf übernatürliche Art und im grossen Stil als Versorger, indem er das Volk mit Manna beschenkt.196 Das Land Kanaan soll dem Volk jedoch noch viel mehr bieten. Gott verspricht ihm ein Land, in welchem Milch und Honig fliessen.197 Diese beiden Konsumgüter stehen sinnbildlich für eine gute Versorgungslage des Volkes in Kanaan. Auch Jesus liegt das körperliche Wohl der Menschen am Herzen, er möchte sie aber auf Wichtigeres hinweisen. Durch Wunder werden 5000 und später 4000 Männer mit ihren Familien gesättigt.198 Als darauf hin jedoch einige Menschen in eine Abhängigkeit von diesen Wundern zu geraten scheinen, wehrt er ihre Erwartungshaltung ab.199 Es kam nicht auf die Erde, um sich nur um die körperlichen Bedürfnisse der Menschen zu kümmern. Er fordert von den Menschen, dass sie sich nicht in erster Linie um die körperlichen Bedürfnisse sorgen sollen, sondern um das Reich Gottes. Gott wird sich um die körperlichen Bedürfnisse kümmern.200 Wo immer körperliche Bedürfnisse nicht oder nur teilweise gestillt werden, wird der Mensch auch zur Solidarität aufgefordert. In der jungen Gemeinde war dies ein grosses Thema. Viele Reiche gaben einen Teil ihres Reichtums auf, um andere durchzutragen.201 Das Stillen der Grundbedürfnisse liegt Gott am 195 Vgl. 2 Mo 16,2-4, Mt 6.11, Mt 6,31-34 2 Mo 16,2-4 197 2 Mo 3,17 198 Mt 14,13-21 und 15,32-39 199 Joh 6,26 200 Mt 6,33 201 Apg 2,44-45 und Apg 4,34 196 © IGW International Christoph Brander 05.08.2009 Konsumismus 45 Herzen, er hat den Menschen nicht dazu geschaffen, dass er hungern soll. Er ruft aber auch die Menschen dazu auf, durch Grosszügigkeit und faire Geschäfte dafür zu sorgen, dass für alle genügend Nahrung und Kleidung vorhanden ist. Höhere Bedürfnisse Einer Frau an einem Brunnen in Samaria erklärt er, dass normales Wasser den körperlichen Durst für eine gewisse Zeit stillen kann, sein Wasser aber den Durst für immer stillen werde.202 Offensichtlich spricht er nicht von körperlichem Durst, sondern von geistlichem. Jesus behauptet hier, dass er in der Lage ist, diesen Durst ewig zu stillen. An einer anderen Stelle erklärt Jesus, dass er selbst das Brot des Lebens sei. Wer zu ihm kommt und an ihn glaubt, wie nie mehr Durst oder Hunger verspüren. Auch hier spricht er nicht von körperlichen, sondern von geistlichen Bedürfnissen.203 Aber was meint Jesus, wenn er von Lebensdurst spricht? In dieser Arbeit wurden verschiedene Methoden genannt, nach denen die Bedürfnisse taxiert werden können. Ich möchte mich hier an die von Clapp vorgeschlagenen Grundbedürfnisse Sicherheit und Bedeutung halten. Die Bibel verzichtet auf eine solche Auflistung oder Einteilung der menschlichen Bedürfnisse. Jesus behauptet also, dass es eine Kategorie von Bedürfnissen gibt, die nur er stillen kann, diese nennt er Lebensdurst oder Lebenshunger. Es wird aus dem Bibeltext nicht ganz klar, ob dabei eine Überschneidung mit den oben besprochenen Bedürfnissen besteht, also ob Jesus damit explizit Sicherheit und Bedeutung meint. Clapp deutet dies so, da er sagt, dass der Mensch Sicherheit und Bedeutung erst durch die Beziehung zu Jesus erhalten kann. Es wäre aber auch denkbar, dass Jesus mit seinem „Wasser“ oder „Brot“ das Bedürfnis des Menschen nach dem ewigen Leben stillen möchte, dass er also das Stillen so versteht, dass er demjenigen, der an ihn glaubt, ewiges Leben schenken wird. Doch gerade in der Zusage des ewigen Lebens und der Gemeinschaft mit Gott liegen Sicherheit und Bedeutung des Menschen. Die Wahrheit wird wohl in einer Kombination dieser beiden Aspekte zu finden sein. Durch die Beziehung zu Jesus erlangt der Mensch sowohl ewiges Leben wie auch eine Stillung der höheren Bedürfnisse. Eine orm für Bedürfnisse Eine letzte zu klärende Frage betrifft das Ausmass menschlicher Bedürfnisse nach Konsumgütern. Gibt die Bibel hier vor, wie viel genug ist? Wo hören die natürlichen Bedürfnisse auf und wo beginnen fehlgeleitete Bedürfnisse und Habgier? Ist der menschliche Wunsch nach Überfluss grundsätzlich schlecht? Interessanterweise sagt die Bibel darüber sehr wenig aus. Vielleicht zeigt sich genau hier ihre Zeitlosigkeit. Während sie Habsucht und Konsum, der Beziehungen zu Gott, Mitmenschen, sich selbst oder zur Umwelt zerstört, verurteilt, zeigen einzelne Geschichten der Bibel auf, dass in Bezug auf das Mass des Konsums eine gewisse Bandbreite an Möglichkeiten vorhanden ist. Zufriedenheit und Genügsamkeit sind durchaus biblische Werte. In einer wenig beachteten Episode fordert Johannes der Täufer sogar die anwesenden Soldaten auf, mit dem Sold zufrieden zu sein.204 Genauso konnte 202 203 Joh 4,13-14 Joh 6,35 © IGW International Christoph Brander 05.08.2009 Konsumismus 46 aber Jesus auch Feste feiern205 und Paulus im Überfluss leben.206 Unter den weiter oben besprochenen ethischen Voraussetzungen kann der Konsum grosse und kleine Ausmasse annehmen. Es wäre falsch, ausschliesslich ein asketisches Leben oder ein Leben ohne jegliche Feste und Genüsse als christliches Ideal zu erheben. Die Bibel verurteilt die menschlichen Bedürfnisse keineswegs. Falsch sind sie, wenn sie in Habsucht oder einem Konsum mit negativen Auswirkungen münden. Jesus weist darauf hin, dass ein Teil der menschlichen Bedürfnisse erst im Glauben an ihn und in der Beziehung zu ihm gestillt werden können. Gott ist in der Lage, die körperlichen Bedürfnisse des Menschen zu stillen. Darüber hinaus verspricht er den Menschen im ewigen Leben und in der Beziehung zu Gott Sicherheit und Bedeutung. 204 Lk 3,14 Joh 2,1-12 206 Phil 4,12-13 205 © IGW International Christoph Brander 05.08.2009 Konsumismus 47 Zusammenfassung: Bereich Hauptaussage Ursachen des - Der Mensch wird von einer Unzufriedenheit, von einem permanenten Wunsch nach mehr getrieben. - Er glaubt, die Befriedigung all seiner Bedürfnisse in dieser Welt zu finden. Konsumismus Positive Äusserungen zum Konsum Wertung auf Beziehungsebene 1: Zu Gott Wertung auf Beziehungsebene 2: Zu sich selbst Wertung auf Beziehungsebene 3: Zu Mitmenschen Wertung auf Beziehungsebene 4: Zur Umwelt Spezifisch neutestamentliche Aussagen Die Rolle der Bedürfnisse © IGW International Gottes Vorstellung vom menschlichen Leben im Wohlstand, der von Gott geschenkt wird, zeigt sich im Garten Eden und im anbrechenden Reich Gottes. Dort wird Konsum sehr positiv betrachtet. Durch die Sünde wurde den Menschen der Zugang zu diesem jedoch Leben verwehrt. In der Bibel wird übermässiger Konsum kritisch betrachtet, weil er den Menschen den Blick für die Abhängigkeit von Gott versperren kann. Wenn dieser Blick fehlt, führt dies oft zu Sünden oder Abwendung von Gott. Konsumismus kann den Glauben am Wachstum hindern, sogar zerstören. Wo ein Mensch sein Leben nur durch seinen Konsum definiert, da wird er viele wichtige Aspekte des Lebens vernachlässigen. Diese Tatsache gibt Grenzen vor, nicht in Bezug auf den Umfang des Konsums, sondern vielmehr seine Stellung im Leben und Denken des Menschen. Wer reich ist oder die Fähigkeit besitzt, Geld zu erwerben, trägt eine Verantwortung für andere Menschen. Er darf seine Stellung nicht zum masslosen Konsum ausnützen, wenn andere darunter zu leiden haben. Er wird auch aufgefordert, so zu konsumieren, dass er Ressourcen und die Fähigkeit behält, Menschen in Not zu helfen. Egoismus entspricht auch im Konsum nicht Gottes Willen. Wo der Mensch durch seinen Konsum die Erde und alle auf ihr wohnenden Lebewesen nicht bewahrt, sondern ausbeutet, verfehlt er seinen von Gott erhaltenen Auftrag. Im neuen Testament wird deutlich, dass der Mensch für das Reich Gottes geschaffen ist. Daher soll er sich mit ganzer Kraft darauf ausrichten. Dies manifestiert sich in einem durch den Heiligen Geist veränderten Leben und im Engagement für den von Gott erhaltenen Auftrag. Gott ist in der Lage, die körperlichen Bedürfnisse des Menschen zu stillen. Darüber hinaus verspricht er den Menschen im ewigen Leben und in der Beziehung zu Gott Sicherheit und Bedeutung, also die Erfüllung höherer Bedürfnisse. Christoph Brander 05.08.2009 Konsumismus 48 5 HILFSMITTEL ZUM UMGA G MIT KO SUMISMUS U D WEGE ZUR SE SIBILISIERU G 5.1 Einleitung Und seid nicht gleichförmig dieser Welt, sondern werdet verwandelt durch die Erneuerung des Sinnes, daß ihr prüfen mögt, was der Wille Gottes ist: das Gute und Wohlgefällige und Vollkommene. Röm 12:2 Schon im vorhergehenden Kapitel wurde klar, dass sich das Christsein auf die Lebensführung auswirkt. Christen sind dazu berufen, den Willen Gottes zu prüfen und nach ihm zu leben. Dieser Wille ist nicht immer und überall derselbe, auch wenn er immer dieselben übergeordneten Absichten verfolgt.207 Gott spricht zu Menschen in ihre aktuelle Situation hinein, dort gilt es zu prüfen, wie sich Gottes Wille kontextualisiert. Diese Prüfung ist Aufgabe des Einzelnen, der Familie und der Kirche. In allen drei Handlungsfeldern muss eine Umsetzung erfolgen. Ich werde darum alle Themen in Bezug auf diese drei Handlungsfelder besprechen. In dieser Arbeit wurde klar, dass der Konsumismus das biblische Denken in zwei Spannungsfeldern berührt: • Die Bedürfnisse des Menschen möchten erfüllt werden. Dieser Wunsch nach Befriedigung wird die Gestaltung des Lebensstils stark beeinflussen. Es gilt, Bedürfnisse zu erkennen und „richtig“ zu stillen. Aus diesem Grund gilt es, sich einen „angemessenen“ Lebensstil anzueignen. • Beziehungen sind eines der Hauptthemen der Bibel. Wie kann das Verhältnis von Materiellem und Beziehungen bewältigt werden? Welcher Umgang mit dem Konsum hilft, die wirklich wichtigen Dinge nicht aus den Augen zu verlieren? Die Beantwortung dieser Fragen muss im Hören auf Gott und innerhalb des gegebenen Kontextes geschehen. Ich möchte in diesem Kapitel einige Hilfen oder Gedankenanstösse vermitteln, die vielleicht helfen können, dass in noch mehr Lebensentwürfen, Familien und Kirchen das Gute, das Wohlgefällige und das Vollkommene sichtbar wird. Konsumismus kann für Christen zu einem Problem werden. Es gilt also, bewusst die Denkmuster des Konsumismus zu erkennen, zu entlarven und zu bekämpfen. Dieser Widerstand wird besonders erfolgreich sein, wenn er in der Etablierung eines alternativen Lebens- und Denkmusters mündet. 207 Vgl. Michel 1980: 43 © IGW International Christoph Brander 05.08.2009 Konsumismus 49 5.2 Leben im Spannungsfeld von Lebensstil und Bedürfnissen 5.2.1 Persönlich Die Lausanner Verpflichtung mit der Verpflichtung zu einem „Einfachen Lebensstil“208 hat in der evangelikalen Welt in den 70er- und 80er-Jahren eine breite Diskussion über einen angemessenen Lebensstil ausgelöst.209 Die ursprüngliche Begründung war, dass dadurch mehr Mittel frei würden für die Evangelisation. Ein Blick in die aktuelle evangelikale Bestseller-Literatur zeigt andere Tendenzen auf. Sehr oft drehen sich diese um die Befriedigung persönlicher Bedürfnisse, einige erinnern stark an Ratgeber, viele wollen dem Leser helfen, glücklich zu werden. Der Zusammenhang von Lebensstil und Evangelisation wird kaum noch erwähnt. Ist die heute eingeschlagene Richtung falsch? Müsste hier im persönlichen Bereich ein Umdenken stattfinden? Sollen Christen ihre Bedürfnisse vergessen und sich ganz der Evangelisation oder anderen wichtigen Themen zuwenden? Ich würde diese Fragen nicht alle mit ja beantworten. Der Mensch will und muss sich um seine eigenen Bedürfnisse kümmern. Viel wichtiger ist die Frage nach der richtigen Art der Bedürfnisbefriedigung. Im Lauf dieser Arbeit wurde klar, dass der Mensch von Gott mit vielen Bedürfnissen ausgestattet ist. Einige lassen sich durch Konsumgüter stillen, andere durch Beziehungen mit Menschen, noch andere können erst bei Gott gestillt werden. Wieder andere werden auf dieser Welt gar nicht gestillt. Um für seine gottgegebene Lebensberufung bereit zu sein, müssen die grundlegenden Bedürfnisse eines Menschen gestillt sein. Die meisten Menschen werden erst dann nach dieser Berufung fragen und leben, wenn ihr Magen einigermassen gefüllt ist und sie Sicherheit und Bedeutung bei Gott erlangt haben. Konsumismus ist im Gegenteil dazu nicht darauf angelegt, die Bedürfnisse des Menschen zu stillen, sondern in ihm einen Mangel zu erzeugen. All diese Ausführungen betreffen bisher nur die eigenen Bedürfnisse. Die Verantwortung für andere Menschen wird im Abschnitt 5.3 besprochen. Konsumismus ist, unter anderem, ein falsches Denkmuster in Bezug auf diese Bedürfnisbefriedigung. Wer aktiv gegen den Konsumismus ankämpfen möchte, muss sich darüber bewusst werden, welche Bedürfnisse er auf welche Art stillen kann. Dazu schlage ich folgendes Vorgehen vor: 1. Ich erkenne, welche Bedürfnisse ich in mir trage. 2. Ich prüfe diese Bedürfnisse. Entsprechen sie Gottes Willen? 3. Ich versuche zuzuordnen, welche Bedürfnisse wodurch gestillt werden. Entsprechen sich hier Sollund Ist-Zustand? 4. Ich akzeptiere, dass nicht alle Bedürfnisse jederzeit gestillt werden können. Wer diese Fragen geklärt hat, kann auch zu einem unabhängigeren Umgang mit der Werbung finden. Die Werbung wird bei ihm das Ziel, ihn zum Kauf zu bewegen, nur beschränkt erreichen. Er wird sich über die Werbung informieren, nicht aber sich durch sie verführen lassen. Ein guter Umgang mit Konsum kann zu 208 209 Lausanner Verpflichtung 1974: Artikel 9 Vgl. Burkhardt 1981 © IGW International Christoph Brander 05.08.2009 Konsumismus 50 Zufriedenheit führen. Zufriedenheit ist ein erstrebenswertes, sinnvolles Ziel. Sie soll auch dann angestrebt werden, wenn nicht alle Bedürfnisse gestillt sind.210 Wo falsche Bedürfnisse oder ein falscher Umgang mit Ihnen gefunden werden, macht es Sinn, sich über ein „Training“ Gedanken zu machen. Die Leitfrage wäre: Wie kann ich mir selbst helfen, meine Bedürfnisse am richtigen Ort zu befriedigen? Ein interessantes Beispiel dafür stellt der buy-nothing-day211, in der Schweizer Version Chouf-nüt-Tag, dar. Wer mitmacht, kauft für einen Tag nichts ein und versucht, die gewonnenen Ressourcen, Zeit und Geld, sinnvoll einzusetzen. Dies kann helfen, sich aus der Abhängigkeit vom Konsum zu lösen. Da viele Konsumenten oft gar nicht wissen, wofür sie ihr Geld ausgeben, könnte es hilfreich sein, über einige Wochen oder Monate über die Ausgaben Buch zu führen. In der Endabrechnung wird dann Soll und Ist verglichen werden. Ist jeder Bereich wirklich so viel Wert, wie für ihn ausgegeben wird? Aus allen diesen Überlegungen kann ein persönlicher Lebensstil entwickelt werden. Dieser wird von Person zu Person variieren. Es wird sicher einige Personen geben, die einen einfachen Lebensstil aus diesen Überlegungen als beste Variante herauslesen. Biblisch ist dies zwar nicht die einzige Möglichkeit, wird jedoch sicherlich auch unterstützt. Für die Wahl des Lebensstils können die im vorigen Kapitel entwickelten Thesen zum Umgang mit Konsum verwendet werden. Schlussendlich entscheidend ist aber weniger, wie gross der Umfang des Konsums ist, sondern viel eher, welchen Bezug der Konsument zu ihm hat. Ein Lehrling kann genauso konsumistischen Gedanken verfallen wie ein reicher Geschäftsmann. 5.2.2 Familie In einer umfassenden Studie zum Jugendkonsum212 wurde festgestellt, dass sowohl kompensatorischer wie auch demonstrativer Konsum starke negative Korrelationen mit sorgfältiger Konsumerziehung haben.213 Rationales Verhalten hängt, so die Studie, stark vom Vorbildverhalten der Eltern ab. Die Familie als Lernfeld und als Ort der Konsumerziehung hat den grössten Einfluss auf das Konsumverhalten eines Jugendlichen. Konsumerziehung spielt sich in folgenden Bereichen ab: • Werbung: Dieser Auftrag ist heute aktueller als je zuvor, sind doch Jugendliche und Kinder sehr beliebte Adressaten von Werbung. Der Umgang mit der Werbung muss in Familien thematisiert werden. • Geld: Der Umgang mit Geld wird in vielen Familien mit Taschengeld oder einem kleinen Lohn für Haushaltsarbeiten erlernt. 210 Vgl. Faix 2008: 26. Das Buch spricht auch einige weitere Themen im Umgang mit dem Konsum an. Diese Idee wurde in den 90er Jahren in Kanada lanciert. Der Chouf-nüt-Tag fand in der Schweiz Ende November 2008 zum 6. Mal statt. http://www.livenet.ch/www/index.php/D/article/325/44245/ 212 Lange 2004: 177. 213 Auf den kompensatorischen Konsum hat kein anderes Kontextmerkmal einen grösseren Einfluss. Auf den demonstrativen Konsum hat nur die Altersgruppenzugehörigkeit einen grösseren Einfluss. 211 © IGW International Christoph Brander 05.08.2009 Konsumismus • 51 Kredite: Das Aufnehmen von Krediten wird durch Leasingverträge, Handyabonnemente, Kreditkarten und Ratenkäufe immer einfacher, birgt aber die Gefahr der Überschuldung in sich. Hier ist Sensibilisierung gefordert. • Gegen das immer mehr: Zufriedenheit mit dem Erreichten ist eine wichtige Eigenschaft, die Eltern ihren Kindern vorleben und weitergeben sollen.214 Nebst der dort stattfindenden Konsumerziehung ist die Familie auch der Ort, an dem ein Lebensstil eingeübt wird. Hier sind die Eltern gefordert, ihre persönliche Lösung zu finden. Diese soll aber nicht genussfeindlich sein. Manche Familien gestalten im Jahresablauf bestimmte Zeiten der Freude und auch des Verzichts. So kann gerade die Zeit vor Ostern oder der Advent als besinnliche Zeit genutzt werden. Dazu bietet sich eine einfache Lebensführung, geprägt durch Verzicht, durchaus an. Das darauf folgende Fest kann dann umso bewusster gefeiert werden. Eine Familie soll und darf Feste feiern und besondere Tage erleben. Daneben soll es aber auch den ganz normalen Arbeitstag geben, soll auch der Verzicht geübt werden.215 Dadurch kann dem Trend, jeden Tag zu einem Festtag zu erheben, entgegengewirkt werden. 5.2.3 Kirche Das Kapitel 4 hat gezeigt, dass die Bibel zum Konsumismus keineswegs schweigt. Einige Abschnitte sprechen eine sehr deutliche und direkte Sprache, so zum Beispiel 1 Tim 6,6-19 oder auch die Geschichten, die zeigen, wie Jesus ein sehr einfaches Leben gelebt hat. Bei anderen Stellen ist der Zusammenhang nicht so direkt. Konsumismus und die Frage nach den Bedürfnissen dürfen und sollen in Predigten, Jugendgruppen, Hauskreisen, Jungscharen und Sonntagsschulen angesprochen werden. Für die Teenagerarbeit schlage ich Themen im Bereich kompensatorischer Konsum, demonstrativer Konsum, Überschuldung, Kredite, Statussymbole, Umgang mit Werbung und Bedürfnissen vor.216 Für Erwachsene Finanzplanung, Bedürfnisse, Habsucht, Lebensstil, Grosszügigkeit, Verantwortlichkeit in Beziehungen und Steigerungsmentalität. Da dem Entscheid zur Ablösung vom Konsumismus eine Phase der Veränderung folgt, kann es sehr hilfreich sein, das Thema in Kleingruppen oder Hauskreisen über längere Zeit zu behandeln und zum Thema des regelmässigen Gebetes zu machen. Während das Volk Israel von Gott zu verschiedenen Festen aufgefordert wurde, hat auch die Kirche einige Feste entwickelt. Weihnachten, Ostern und Pfingsten zum Beispiel sind von ihrem Inhalt her Freudenfeste. Im Hinblick auf den geschichtlichen und heilsgeschichtlichen Inhalt dieser Feste, im Blick auf das Reich Gottes und als Zeichen der Hoffnung darf, ja, soll die Kirche Feste feiern. Bei Festen wird nicht konsumiert, um glücklich zu werden, das Fest selbst bietet Grund zur Freude und Anlass, diese Freude gebührlich zu feiern. 214 Vgl. Burkhardt 1981: 69 Vgl. Michel 1980: 51 216 Ein gutes Hilfsmittel für aktuelle Themen in der Jugendarbeit ist das vierteljährlich erscheinende Heft Forum Jugend. Die Ausgabe 2004/4 befasst sich mit dem Thema „Mammon“ und bringt viele Tipps für einen praktischen Umgang mit Geld und Konsum. 215 © IGW International Christoph Brander 05.08.2009 Konsumismus 52 Das Einüben von Einfachheit könnte im Verzicht zugunsten Anderer geschehen. Die Kirche hat sich in der Vergangenheit immer wieder in Fastenzeiten und Spendenaufrufen dafür eingesetzt, ihre Mitglieder für einen verantwortungsvollen Umgang mit Konsum zu sensibilisieren. Dieser beinhaltet Rücksicht auf Gott, sich selbst, andere Menschen und die Umwelt. Es stellt sich für die Kirche auch die Frage, inwiefern sie selbst einen einfachen Lebensstil pflegen will. Viele Gemeinden wenden einen grossen Teil des Spendengeldes für ansprechende Gebäude und Mobiliar sowie für Personalkosten auf. Ist die Gemeinde erst dann zufrieden, wenn sie einen hohen Lebensstil pflegt? Oder könnte dies für einige Mitglieder sogar zur Belastung werden? Kann die Gemeinde vielleicht auch beim eigenen Konsum ein vorbildliches Nebeneinander von Einfachheit und Genuss pflegen? 5.3 Leben im Spannungsfeld von Beziehungen und Dingen 5.3.1 Persönlich Im Kapitel 4 wurde der Umgang mit dem Konsum aus biblischer Sicht beleuchtet. Dabei wurde klar, dass Beziehungen dort höher gewertet werden als Dinge. Wo der Konsum den Blick für die Abhängigkeit von Gott versperrt, den Menschen zum Ausbeuter der Natur macht, zum alleinigen Massstab wird oder die Fähigkeit nimmt, Verantwortung für Andere zu übernehmen, entspricht er nicht mehr Gottes Willen. Es stellt sich also die Frage, welche Beziehungsfelder durch den Konsumismus beeinflusst werden. Es ist nicht einfach, hier praktische Hilfsmittel zu geben. Im Grunde geht es darum, dass jeder sich selbst prüft, ob Konsumismus Beziehungen in einem der folgenden Bereiche belastet: • Die Beziehung zu Gott und die geistliche Entwicklung kann gestört werden, wenn der Mensch seine Identität und Glücksuche am Konsum festmacht. Viel eher soll er lernen, dem Konsum eine angemessene Rolle zu zu sprechen. Dem Engagement für das Reich Gottes soll eine höhere Priorität eingeräumt werden als dem Konsum. • Konsumismus versucht, durch übersteigerten Konsum glücklich zu machen. Der Mensch und somit auch sein Glück ist jedoch von Gott abhängig. Es ist durchaus legitim, persönliche Bedürfnisse und Wünsche im Gebet vor Gott zu bringen. • Konsumismus kann zu einer Wegwerfmentalität und Überforderung der Umwelt führen. Dies kann durch persönliche Genügsamkeit und sparsamen Ressourcenverbrauch umgangen werden. • Konsumismus kann einen Menschen finanziell und zeitlich so binden, dass er nicht mehr in der Lage ist, Verantwortung für Andere zu übernehmen. Er muss sich aus dieser Bindung befreien, damit er wieder bereit wird, seine Aufgabe wahrzunehmen. • Der Weg der Heiligung beinhaltet Absage an Habsucht, Gier und Götzendienst. So kann ein Mensch dahin verändert werden, dass er sich von konsumistischen Verhaltensweisen trennt. Wo jemand merkt, dass Andere oder er selbst unter dem übermässigen Konsum zu leiden haben, ist eine Änderung der Einstellung erwünscht. Vielleicht kann diese durch ein Training unterstützt werden: © IGW International Christoph Brander 05.08.2009 Konsumismus • 53 Grosszügigkeit: Das ausgegebene Geld soll nicht mehr mich selbst glücklich machen, sondern da eingesetzt werden (und hoffentlich Freude oder Linderung der Not schenken), wo es wirklich gebraucht wird. Das kann sich in Spenden, Geschenken oder Einladungen auswirken. • Konsumverzicht: Für einen Tag auf den Konsum verzichten, um die gewonnene Zeit in die Beziehung zu Gott zu investieren. Das könnte heissen, dass ich mir Zeit für Gebet, Bibellese oder Meditation nehme. Wie wirkt sich dieser Verzicht auf den Alltag aus? Entsteht daraus ein Gewinn? 5.3.2 Familie Die Familie ist ein wichtiger Ort der Beziehungen. Als Eltern kann vorgelebt werden, dass die Beziehung zu Gott und die Sorge um andere Menschen wichtiger ist als die vermeintliche Befriedigung eigener Bedürfnisse im Konsum. Als Familie hat man einige Möglichkeiten, Grosszügigkeit aktiv zu leben. Es wäre auch denkbar, dass man innerhalb der Familie Gegenstände teilt, die in anderen Familien mehrfach angeschafft werden und das so überschüssige Geld weitergibt. Identisch könnte eine LuxusgüterGemeinschaft mit mehreren Familien funktionieren. Ein Auto, Spielzeuge, Farbdrucker oder sogar ein Wintergarten oder eine Ferienwohnung werden gemeinsam angeschafft. Dies funktioniert aber nur unter der Voraussetzung, dass diese Güter von allen Beteiligten nicht als Prestigeobjekte, sondern als Gebrauchsgüter gesehen werden.217 Das Teilen kann die Abkehr vom Konsumismus sogar unterstützen und schafft finanzielle Freiräume, welche den Familien helfen, sich sozial zu engagieren. 5.3.2 Kirche Die Kirche hat von Gott einen sehr wichtigen Auftrag erhalten in Bezug auf die Gemeinschaft. In der Kirche wird die Beziehung des Einzelnen zu Gott gestärkt, aber auch die Beziehungen unter den Gläubigen und die Beziehung der ganzen Gemeinde zu Gott. Hier werden einige Grundbedürfnisse des Menschen gestillt. Alle Beteiligten sollen sich also um eine funktionierende, heilende und liebevolle Gemeinschaft kümmern, die gegen sehr viele menschliche Verfehlungen präventiv wirken kann. Viele Menschen erfahren durch die Gemeinde die Wertschätzung, die Gott ihnen zeigen möchte. In der Lehre ist die Kirche immer wieder herausgefordert, klare Stellung in Bezug auf die wichtigen Handlungsfelder des Menschen zu nehmen. Die Beziehung zu Gott, die Beziehung zu anderen Menschen und die Beziehung zur Umwelt müssen immer wieder Thema werden. Das Anschneiden von brisanten und aktuellen Themen und Herausforderungen, die Suche nach biblischen Antworten auf die Fragen des Lebens, all dies gehört zum Repertoire jedes Hauskreises, jeder Jugendgruppe und jeder Predigt. Konsumismus ist, dass wurde mir in der Ausarbeitung des Themas klar, sowohl aktuell wie auch brisant. 217 Vgl. Michel 1980: 52 © IGW International Christoph Brander 05.08.2009 Konsumismus 54 Zusammenfassung Der Konsumismus kann in zwei Themenbereichen und auf drei Ebenen angegangen werden, im Folgenden werden die wichtigsten praktischen Vorschläge zusammengefasst: Ebene Themenbereich Bedürfnisse Themenbereich Beziehungen Persönlich Sich selbst Klarheit verschaffen, welche Bedürfnisse wie gestillt werden können. Akzeptieren, dass nicht alle Bedürfnisse immer gestillt werden können. Entwickeln einen bewusst gewählten Lebensstiles. Selbstprüfung: Werden folgende Beziehungen durch Konsumismus belastet? Zu Gott, zu mir selbst, zu Anderen, zur Umwelt? Grosszügigkeit und Verzicht zugunsten Anderer einüben. Familie Konsumerziehung zu Themen Werbung, Geld und Kredite hat als Gegengewicht gegen das „immer mehr“ einen sehr grossen Einfluss auf das Verhalten der Kinder. Feste feiern und Verzicht einüben. Beziehungen sind wichtiger als Konsum. Dies kann zum Beispiel in einer LuxusgüterGemeinschaft praktisch ausgelebt werden. Kirche Lehre in Predigten, Jugendgruppen, Hauskreisen, Jungscharen und Sonntagsschulen. Funktionierende, liebevolle und heilende Gemeinschaft stärkt die Beziehung der Christen untereinander und zu Gott und stillt somit wichtige Grundbedürfnisse. Gemeinsames, genussvolles Feiern von kirchlichen Festen, Verzicht zugunsten anderer. © IGW International Christoph Brander 05.08.2009 Konsumismus 55 LITERATURVERZEICH IS Bierhoff B. 2002: Das Unbehagen des Konsumismus. In: Marko Frest (Hrsg.): Erich Fromm als Vordenker. Haben oder sein im Zeitalter der ökonomischen Krise. Berlin: Zeitsprung Birkel, Simone 2002: Zukunft wagen - ökologisch handeln: Grundlagen und Leitbilder kirchlichökologischer Bildung im Kontext nachhaltiger Entwicklung. Berlin-Hamburg-Münster LIT Bolz, Norbert 2002: Das Konsumistische Manifest. Paderborn: Fink. 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Alle Bibelstellen sind aus In diesem Anhang wird eine grosse Auswahl an Bibelstellen wiedergegeben, welche für die Erarbeitung des Kapitels Biblische Perspektiven verwendet wurden. Nicht A HA G Konsumismus 1 Mo 3.6 Und das Weib sah, daß der Baum gut zur Speise und daß er eine Lust für die Augen und daß der Baum begehrenswert wäre, um Einsicht zu geben; und sie nahm von seiner Frucht und aß, und sie gab auch ihrem Manne mit ihr, und er aß. 1 Mo 3.17.19 Und zu Adam sprach er: Weil du auf die Stimme deines Weibes gehört und gegessen hast von dem Baume, von dem ich dir geboten und gesprochen habe: Du sollst nicht davon essen, -so sei der Erdboden verflucht um deinetwillen: mit Mühsal sollst du davon essen alle Tage deines Lebens; 1 Mo 3 1 Mo 3 © IGW International A1 U Nach dem Sündenfall verlor der Mensch den Überfluss des Paradieses. Er wurde von Gott mit mühsamer Arbeit bestraft, um sich so seinen Lebensunterhalt zu schaffen. 05.08.2009 U BU, NBed. BU, WP Die Sünde beginnt damit, dass Adam und Eva von der Schlange zu der Haltung verführt werden, dass Gott ihnen etwas vorenthalten möchte. Der Baum erscheint ihnen aber sehr begehrenswert und schön. Daher nehmen sie sich, was Gott ihnen nicht geben möchte. Garten Eden: Wie im „Paradies“: Geniessen der Früchte. Bewahren: hüten, bewachen, verehren. Auch Gott bewahrt sein Volk. Bebauen: arbeiten, bearbeiten, dienen Der Grundauftrag der Menschen: Schöpfung bebauen und bewahren. Der Grundauftrag der Menschen: Schöpfung untertan machen. Herrschen über Tiere. Christoph Brander Im Schweiße deines Angesichts wirst du dein Brot essen, bis du zurückkehrst zur Erde, und Dornen und Disteln wird er dir sprossen lassen, und du wirst das Kraut des Feldes essen. Und Jahwe Gott nahm den Menschen und setzte ihn in den Garten Eden, ihn zu bebauen und ihn zu bewahren. Und Jahwe Gott gebot dem Menschen und sprach: Von jedem Baume des Gartens darfst du nach Belieben essen; aber von dem Baume der Erkenntnis des Guten und Bösen, davon sollst du nicht essen; denn welches Tages du davon issest, wirst du gewißlich sterben. Und Gott segnete sie, und Gott sprach zu ihnen: Seid fruchtbar und mehret euch und füllet die Erde und machet sie euch untertan; und herrschet über die Fische des Meeres und über das Gevögel des Himmels und über alles Getier, das sich auf der Erde regt! Und Gott sprach: Lasset uns Menschen machen in unserem Bilde, nach unserem Gleichnis; und sie sollen herrschen über die Fische des Meeres und über das Gevögel des Himmels und über das Vieh und über die ganze Erde und über alles Gewürm, das sich auf der Erde regt! 1 Mo 2.15-17 1 Mo 1,26.28 Alttestamentliche Bibelstellen Konsumismus und die ganze Gemeinde der Kinder Israel murrte wieder Mose und wider Aaron in der Wüste. 2 Mo 16,2-4 Der Kreislauf des Vergessens beim Volk Israel. Wenn die äusseren Bedürfnisse gestillt sind (pol. Sicherheit, Nahrung, Reichtum) vergisst das Volk den Geber. Ihr Herz erhebt sich, sie denken, dass sie es aus eigener Kraft geschafft haben und vergessen die Gebote des Herrn. 3. Gott reagiert darauf, in dem er dem Volk Manna schenkt 05.08.2009 F, SBed SBed 1. Das Volk hungert und wird darum unzufrieden 2. Sobald ihr Bedürfnis nach Nahrung nicht mehr vollständig gestillt ist, zweifeln sie an Gottes Fürsorge WP WP A2 Wohlstand, genügend zu Essen als klares Ziel Gottes für sein Volk. Reichtum als Zeichen des Segens (hier bei Abraham) Christoph Brander dein Herz sich erhebe, und du Jahwes, deines Gottes, vergessest, der dich aus dem Lande und dein Rind- und dein Kleinvieh sich mehrt, und Silber und Gold sich dir mehren, und alles, was du hast, sich mehrt, Damit nicht, wenn du issest und satt wirst, und schöne Häuser baust und bewohnst, Hüte dich, daß du Jahwes, deines Gottes, nicht vergessest, so daß du nicht beobachtest seine Gebote und seine Rechte und seine Satzungen, die ich dir heute gebiete! Und hast du gegessen und bist satt geworden, so sollst du Jahwe, deinen Gott, für das gute Land preisen, das er dir gegeben hat. Da sprach Jahwe zu Mose: Siehe, ich werde euch Brot vom Himmel regnen lassen; und das Volk soll hinausgehen und den täglichen Bedarf an seinem Tage sammeln, damit ich es versuche, ob es wandeln wird in meinem Gesetz oder nicht. © IGW International 5 Mo 8,11-19 Und ich bin herabgekommen, um es aus der Hand der Ägypter zu erretten und es aus diesem Lande hinaufzuführen in ein gutes und geräumiges Land, in ein Land, das von Milch und Honig fließt, an den Ort der Kanaaniter und der Hethiter und der Amoriter und der Perisiter und der Hewiter und der Jebusiter. 2 Mo 3.8 Und die Kinder Israel sprachen zu ihnen: Wären wir doch im Lande Ägypten durch die Hand Jahwes gestorben, als wir bei den Fleischtöpfen saßen, als wir Brot aßen bis zur Sättigung! Denn ihr habt uns in diese Wüste herausgeführt, um diese ganze Versammlung Hungers sterben zu lassen. und Jahwe hat meinen Herrn sehr gesegnet, so daß er groß geworden ist; und er hat ihm Kleinvieh gegeben und Rinder, und Silber und Gold, und Knechte und Mägde, und Kamele und Esel. 1 Mo 24,35 denn von ihr bist du genommen. Denn Staub bist du, und zum Staube wirst du zurückkehren! Konsumismus Christoph Brander Da entbrannte der Zorn Davids sehr wider den Mann, und er sprach zu Nathan: So wahr Jahwe lebt, der Mann, der dieses getan hat, ist ein Kind des Todes; Da kam ein Reisender zu dem reichen Manne; und es dauerte ihn, von seinem Kleinvieh und von seinen Rindern zu nehmen, um es für den Wanderer zuzurichten, der zu ihm gekommen war, und er nahm das Lamm des armen Mannes und richtete es zu für den Mann, der zu ihm gekommen war. Die Reaktion von David zeigt, dass dieses Verhalten seinem Verständnis von Recht widerspricht. Nathan erzählt die Geschichte eines Reichen, der, um in seinem Überfluss noch reicher zu werden, dem Armen sein letztes Gut nimmt. Damit ist er der erste Prophet, der gegen ungerechten Reichtum auf Kosten der Armen spricht. Der Reiche hatte Kleinvieh und Rinder in großer Menge. Der Arme hatte aber gar nichts, als nur ein einziges kleines Lamm, das er gekauft hatte; und er nährte es, und es wurde groß bei ihm, und mit seinen Kindern zugleich; es aß von seinem Bissen und trank aus seinem Becher und schlief an seinem Busen, und es war ihm wie eine Tochter. Die prophetische Rede gegen David, nachdem er Usija töten liess und mit Batseba Ehebruch beging. Und Jahwe sandte Nathan zu David; und er kam zu ihm und sprach zu ihm: Zwei Männer waren in einer Stadt, der eine reich, und der andere arm. © IGW International 2 Sam 12.1-5 Und es wird geschehen, wenn du irgend Jahwes, deines Gottes, vergissest und anderen Göttern nachgehst und ihnen dienst und dich vor ihnen niederbeugst-ich zeuge heute gegen euch, daß ihr gewißlich umkommen werdet; Sondern du sollst Jahwes, deines Gottes, gedenken, daß er es ist, der dir Kraft gibt, Vermögen zu schaffen; auf daß er seinen Bund aufrecht halte, den er deinen Vätern geschworen hat, wie es an diesem Tage ist. und du in deinem Herzen sprechest: Meine Kraft und die Stärke meiner Hand hat mir dieses Vermögen geschafft! der dich in der Wüste mit Man speiste, welches deine Väter nicht kannten, um dich zu demütigen und um dich zu versuchen, damit er dir wohltue an deinem Ende, der dich wandern ließ in der großen und schrecklichen Wüste, wo feurige Schlangen und Skorpione sind, und Dürre, wo kein Wasser ist; der dir Wasser aus dem Kieselfelsen hervorbrachte; Ägypten, aus dem Hause der Knechtschaft, herausführte; Konsumismus 05.08.2009 U A3 So sind die Pfade aller derer, welche der Habsucht frönen: sie nimmt ihrem eigenen Herrn das Leben. Der Segen Jahwes, er macht reich, und Anstrengung fügt neben ihm nichts hinzu. Besser ein Gericht Gemüse und Liebe dabei, als ein gemästeter Ochs und Haß dabei. Wer auf seinen Reichtum vertraut, der wird fallen; aber die Gerechten werden sprossen wie Laub. Eitles und Lügenwort entferne von mir, Armut und Reichtum gib mir nicht, speise mich mit dem mir beschiedenen Brote; Spr 1.19 Spr 10.22 Spr 15.17 Spr 11.28 Spr 30.89 TRE: Artikel Eigentum © IGW International 219 Du tränkest ihre Furchen, ebnest ihre Schollen, du erweichst sie mit Regengüssen, segnest ihr Gewächs. Ps 65.10 Die Einsicht, dass sowohl Armut (im AT eher negativ gewertet) wie auch Reichtum (sonst z.T. Zeichen von Gottes Segen) negative Auswirkungen haben können: Sattheit kann den Verlust der Abhängigkeit von Gott nach sich ziehen, Armut der Verlust der Moral. SBed, WN F, WN WN BG F BG BG, WP A4 05.08.2009 Gott ist der einzige, auf den man sicher vertrauen kann. Vertrauen: sicher sein, sich verlassen auf etwas. Tönt wie eine Anlehnung an 5 Mo 8,11-19. Eine Warnung gegen Leute, die auf Reichtum vertrauen. Gerechte sind hier diejenigen, die Gottes Gebote halten. Dem Verfasser ist klar, dass der Genuss von wertvollen Gütern alleine nicht glücklich macht. Schon hier wird Liebe höher gewichtet als Reichtum. Auch hier: Gottes Segen macht reich. In den Sprüchen wird die Habsucht verurteilt. Durch Gottes Segen wächst in der Landwirtschaft gute Frucht Alles gehört Gott. Eine Grundannahme des AT, die bis zur Einbürgerung des römischen Eigentumsbegriffs anerkannt war. 219 Christoph Brander damit ich nicht satt werde und dich verleugne und spreche: Wer ist Jahwe? und damit ich nicht verarme und stehle, und mich vergreife an dem Namen meines Gottes. Von David. Ein Psalm. Jahwes ist die Erde und ihre Fülle, der Erdkreis und die darauf wohnen. Ps 24.1 Konsumismus Anschauen: sehen, wahrnehmen, spüren, erleben Auch hier wieder stellt er den Genuss der Güter (auch wenn es nicht viel ist) in den Fokus. Dadurch kann der Mensch fröhlich sein, dies ist „eine Gabe Gottes“. Er beobachtet Unterdrückung und sieht eine Gefahr darin, sich dem Geld oder dem Reichtum zu verschreiben, das dies in eine Abhängigkeit führt. Der Prediger unterscheidet klar zwischen Reichtum (angehäuftem Besitz) und Konsum. Während das Anhäufen von Besitz mit vielen Problemen einhergeht, empfiehlt er, zu Essen und zu Trinken und die Seele Gutes sehen zu lassen. Die kann nur in Abhängigkeit von Gott geschehen, die Freude ist ein Geschenk Gottes. Christoph Brander Solcher Reichtum geht nämlich durch irgend ein Mißgeschick verloren; und hat er einen Sohn gezeugt, so ist gar nichts in dessen Hand. Es gibt ein schlimmes Übel, das ich unter der Sonne gesehen habe: Reichtum, welcher von dessen Besitzer zu seinem Unglück aufbewahrt wird. Der Schlaf des Arbeiters ist süß, mag er wenig oder viel essen; aber der Überfluß des Reichen läßt ihn nicht schlafen. - Wenn das Gut sich mehrt, so mehren sich, die davon zehren; und welchen Nutzen hat dessen Besitzer, als das Anschauen seiner Augen? - Wer das Geld liebt, wird des Geldes nicht satt; und wer den Reichtum liebt, nicht des Ertrages. Auch das ist Eitelkeit. - Aber ein König, der sich dem Ackerbau widmet, ist durchaus ein Vorteil für ein Land. Wenn du die Bedrückung des Armen und den Raub des Rechts und der Gerechtigkeit in der Landschaft siehst, so verwundere dich nicht über die Sache; denn ein Hoher lauert über dem Hohen, und Hohe über ihnen. Denn bei vielen Träumen und Worten sind auch viele Eitelkeiten. Vielmehr fürchte Gott. Denn dem Menschen, der ihm wohlgefällig ist, gibt er Weisheit und Kenntnis und Freude; dem Sünder aber gibt er das Geschäft, einzusammeln und aufzuhäufen, um es dem abzugeben, der Gott wohlgefällig ist. Auch das ist Eitelkeit und ein Haschen nach Wind. Denn wer kann essen und wer kann genießen ohne ihn? Es gibt nichts Besseres unter den Menschen, als daß man esse und trinke und seine Seele Gutes sehen lasse bei seiner Mühe. Ich habe gesehen, daß auch das von der Hand Gottes abhängt. Denn alle seine Tage sind Kummer, und seine Geschäftigkeit ist Verdruß; selbst des Nachts ruht sein Herz nicht. Auch das ist Eitelkeit. Denn was wird dem Menschen bei all seiner Mühe und beim Trachten seines Herzens, womit er sich abmüht unter der Sonne? © IGW International Pred 5,719 Pred 2.22-26 Konsumismus 05.08.2009 WN WP A5 Kritik an den Hirten (Führer) des Volkes. Sie denken nur an ihren eigenen Vorteil. Sie feiern ein Fest am anderen und geniessen viel Wein. Dies steht ganz im Samaria (welches hier wohl angesprochen wird) schwelgt im Reichtum und Konsum, entfernt sich jedoch im Stolz von Gott und wird darum von ihm geschlagen. Ab hier: Prophetische Kritik gegen Unterdrückung und Anhäufen von Besitz auf Kosten anderer. Christoph Brander Seine Wächter sind blind, sind alle ohne Erkenntnis; sie alle sind stumme Hunde, die Kommet her, um zu fressen, alle ihr Tiere des Feldes, alle ihr Tiere im Walde! Und der welkenden Blume seiner herrlichen Pracht auf dem Haupte des fetten Tales ergeht es wie dessen Frühfeige vor der Obsternte: kaum ist sie in der Hand dessen, der sie erblickt, so verschlingt er sie. Mit Füßen wird zertreten die stolze Krone der Trunkenen Ephraims. © IGW International Jes 56,912 Wehe der stolzen Krone der Trunkenen Ephraims, und der welkenden Blume seiner herrlichen Pracht auf dem Haupte des fetten Tales der vom Weine Überwältigten! Jes 28,1-4 Siehe, der Herr hat einen Starken und Mächtigen, gleich einem Hagelwetter, einem verderbenden Sturmwinde; wie ein Wetter gewaltiger, überflutender Wasser reißt er zu Boden mit Macht. Wehe denen, die Haus an Haus reihen, Feld an Feld rücken, bis gar kein Raum mehr ist, und ihr allein seßhaft seid inmitten des Landes! Jes 5,8 Auch ist für jeden Menschen, welchem Gott Reichtum und Güter gegeben, und den er ermächtigt hat, davon zu genießen und sein Teil zu nehmen und sich bei seiner Mühe zu freuen, eben dieses eine Gabe Gottes. Siehe, was ich als gut, was ich als schön ersehen habe: daß einer esse und trinke und Gutes sehe bei all seiner Mühe, womit er sich abmüht unter der Sonne, die Zahl seiner Lebenstage, die Gott ihm gegeben hat; denn das ist sein Teil. Auch isset er alle seine Tage in Finsternis, und hat viel Verdruß und Leid und Zorn. Und auch dies ist ein schlimmes Übel: ganz so wie er gekommen ist, also wird er hingehen; und was für einen Gewinn hat er davon, daß er in den Wind sich müht? Gleichwie er aus dem Leibe seiner Mutter hervorgekommen ist, wird er nackt wieder hingehen, wie er gekommen ist; und für seine Mühe wird er nicht das Geringste davontragen, das er in seiner Hand mitnehmen könnte. Konsumismus 05.08.2009 BM BG, WN BM, F, WN A6 Und sie werden Häuser bauen und bewohnen, und Weinberge pflanzen und ihre Frucht essen. Denn von ihrem Kleinsten bis zu ihrem Größten sind sie insgesamt der Gewinnsucht ergeben; und vom Propheten bis zum Priester üben sie allesamt Falschheit, Ein Rebhuhn, das Eier brütet, die es nicht gelegt hat, so ist, wer Reichtum erwirbt und nicht mit Recht: In der Hälfte seiner Tage wird er ihn verlassen, und an seinem Ende wird er ein Tor sein. Siehe, dies war die Missetat Sodoms, deiner Schwester: Hoffart, Fülle von Brot und sorglose Ruhe hatte sie mit ihren Töchtern, aber die Hand des Elenden und des Armen stärkte sie nicht; Menschensohn, weissage wider die Hirten Israels, weissage und sprich zu ihnen, den Hirten: So spricht der Herr, Jahwe: Wehe den Hirten Israels, die sich selbst weiden! Sollen die Hirten nicht die Herde weiden? Jes 65,21 Jer 6.13 Jer 17, 11 Hes 16.49 Hes 34,23 © IGW International Auch hier kosten die Führer des Volkes ihren Status voll aus und geniessen alle möglichen Luxusgüter, kümmern sich aber nicht um die Armen und Kranken. Sie dienen dem Volk nicht. Sodom hat den Reichtum genossen und dabei vergessen, die Situation der Armen zu verbessern. Dies wird hier als Sünde deklariert. Unehrlich erworbener Reichtum kann nicht glücklich machen, Hier wird die Gewinnsucht gleich neben der Falschheit genannt. Es ist anzunehmen, dass die Gewinnsucht oft unethisches Handeln mit sich führte. Aussicht auf den neuen Himmel und die neue Erde: Es ist nicht von Überfluss die Reden, aber es scheint, als ob es allen gut gehen würde. Das Gegenteil dazu wäre Unterdrückung z.B. durch die Philister, als den Juden ihre Ernte geraubt wurde Die Habsucht wird verurteilt. Wörtlich ist hier nicht von Habsucht, sondern „wegen der Schuld (nämlich wegen) seines unrechten Gewinns“ die Rede. Gegensatz zu den zeitlich begrenzten Festen des Volkes Israel. Christoph Brander Ihr esset das Fett und kleidet euch mit der Wolle, das fette Vieh schlachtet ihr; die Herde Wegen der Missetat seiner Habsucht ergrimmte ich und schlug es, indem ich mich verbarg und ergrimmt war; und es wandelte abtrünnig auf dem Wege seines Herzens. Jes 57.17 "Kommet her, ich will Wein holen, und laßt uns starkes Getränk saufen; und der morgende Tag soll wie dieser sein, herrlich über alle Maßen!" Und die Hunde sind gefräßig, kennen keine Sättigung; und das sind Hirten! Sie haben kein Verständnis; sie alle wenden sich auf ihren eigenen Weg, ein jeder von ihnen allen seinem Vorteil nach: nicht bellen können; sie träumen, liegen da, lieben den Schlummer. Konsumismus 05.08.2009 BM, WN WN F WN SBed F A7 Genau wie oben. Das Volk ist mitten in einem sozialen Wandel, die Kleinbauern verarmen, während die Reichen das nicht wahrnehmen und im Luxus schwelgen. Christoph Brander Wehe dem, der bösen Gewinn macht für sein Haus, um sein Nest hoch zu setzen, um sich zu retten aus der Hand des Unglücks! Hab 2.9 © IGW International Ihr, die ihr den Tag des Unglücks hinausschiebt und die Herrschaft der Gewalt hebeiführt. Sie liegen auf Elfenbeinlagern und räkeln sich auf ihren Ruhebetten. Sie essen Fettschafe aus dem Maststall. Sie faseln zum Klang der Harve, denken sich wie David Musikinstrumente aus. Sie trinken Wein aus Schalen und salben sich mit den besten Ölen, aber um den Zusammenbruch Josefs sind sie nicht bekümmert. Darum ziehen sie jetzt gefangen an der Spitze der Weggeführten fort, und vorbei ist es mit dem Gejohle der sich Räkelnden. Amos 6,3-7 weidet ihr nicht. Die Schwachen habt ihr nicht gestärkt und das Kranke nicht geheilt und das Verwundete nicht verbunden, und das Versprengte führtet ihr nicht zurück, und das Verlorene suchtet ihr nicht; und mit Strenge habt ihr über sie geherrscht und mit Härte. Konsumismus 05.08.2009 WN, U BM, WN A8 Lk 11.1-4 Mt 6.11 Sorgen um die Erfüllung der Bedürfnisse sollen dem Suchen von Gottes Reich und Gottes Gerechtigkeit weichen. Um die Bedürfnisse der Menschen, so verspricht er, wird Gott sich kümmern. Es gibt kein ebenbürtiges Nebeneinander von Gott und Geld. Teil des Vater unser. Gott kann leiblichen Bedürfnisse des Menschen stillen Jesus gefährdet seinen Auftrag nicht durch leibliche Bedürfnisse und zeigt, dass er auch auf diese verzichten kann. Er zeigt auch auf, dass der Mensch mehr braucht als nur Essen und Trinken, dass er auch geistige Bedürfnisse hat. Jesus erhält Geschenke von den Waisen - somit erfüllen sich atl. Stellen, in denen die Heiden dem König Israel ihre Schätze bringen. Kurzer Kommentar zum Text Christoph Brander So seid nun nicht besorgt, indem ihr saget: Was sollen wir essen? oder: Was sollen wir trinken? oder: Was sollen wir anziehen? denn nach allem diesem trachten die Nationen; denn euer himmlischer Vater weiß, daß ihr dies alles bedürfet. Trachtet aber zuerst nach dem Reiche Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, und dies alles wird euch hinzugefügt werden. So seid nun nicht besorgt auf den morgenden Tag, denn der morgende Tag wird für sich selbst sorgen. Jeder Tag hat an seinem Übel genug. Mt 6,31-34 © IGW International Niemand kann zwei Herren dienen; denn entweder wird er den einen hassen und den anderen lieben, oder er wird einem anhangen und den anderen verachten. Ihr könnet nicht Gott dienen und dem Mammon. Mt 6,24 Unser nötiges Brot gib uns heute; Es steht geschrieben: "Nicht von Brot allein soll der Mensch leben, sondern von jedem Worte, das durch den Mund Gottes ausgeht." Lk 4,4 Mt 4.4 Bibeltext oder kurze Umschreibung der Stelle Und als sie in das Haus gekommen waren, sahen sie das Kindlein mit Maria, seiner Mutter, und sie fielen nieder und huldigten ihm; und sie taten ihre Schätze auf und opferten ihm Gaben: Gold und Weihrauch und Myrrhe. Parallelstelle Mt 2.11 Bibelstelle Bibelstellen im euen Testament Konsumismus 05.08.2009 SBed, WN BG, WN BG, SBed BG, SBed WP Kategorie A9 Mk 6,30-44, Lk 9,10-17; Joh 6,1-14 Mk 8, 1-9 Mk 9.33-37; Lk 9.46-48 Mk 10.17-27; Lk 18.18-27 Mt 14.13-21 Mt 15, 3239 Mt 18.3 Mt 19. 2123 © IGW International Mk 4,19, Lk 8,14 Mt 13.22 Für den Reichen ist es schwer, in Gottes Reich zu kommen, weil er sich stark auf seinen Besitz verlässt. Jesus stellt die Kinder als Vorbilder dar, nicht, weil sie unschuldig sind, sondern weil sie von anderen abhängig sind und nicht auf sich selbst vertrauen. dito Jesus und die von ihm angeleiteten Jünger sorgen dafür, dass jeder genug Nahrung erhält Betrug des Reichtums: Vielleicht die Gier, die Suche nach immer mehr? Jesus hat keineswegs asketisch gelebt, sondern Wein und Nahrung konsumiert. Das Leben finden: Selbstverwirklichung (Bei Maslow das höchste Bedürfnis) Glück finden. Jesus pflegte einen sehr einfachen Lebensstil, wobei dies wahrscheinlich vor allem für die Erfüllung seines Auftrages dienlich war. Christoph Brander Jesus sprach zu ihm: Wenn du vollkommen sein willst, so gehe hin, verkaufe deine Habe und gib den Armen, und du wirst einen Schatz im Himmel haben; und komm, folge mir nach. Als aber der Jüngling das Wort hörte, ging er betrübt hinweg, denn er hatte viele Güter. Jesus aber sprach zu seinen Jüngern: Wahrlich ich sage euch: Schwerlich wird ein Reicher in Wahrlich, ich sage euch, wenn ihr nicht umkehret und werdet wie die Kindlein, so werdet ihr nicht in das Reich der Himmel eingehen. Darum, wer irgend sich selbst erniedrigen wird wie dieses Kindlein, dieser ist der Größte im Reiche der Himmel; Speisung der 4000 Speisung der 5000 Der aber unter die Dornen gesät ist, dieser ist es, der das Wort hört, und die Sorge dieses Lebens und der Betrug des Reichtums ersticken das Wort, und er bringt keine Frucht. Der Sohn des Menschen ist gekommen, der da ißt und trinkt, und sie sagen: Siehe, ein Fresser und Weinsäufer, ein Freund der Zöllner und Sünder; -und die Weisheit ist gerechtfertigt worden von ihren Kindern. Lk 7,34 Mt 11.19 Und Jesus spricht zu ihm: Die Füchse haben Höhlen, und die Vögel des Himmels Nester, aber der Sohn des Menschen hat nicht, wo er das Haupt hinlege. Wer sein Leben findet, wird es verlieren, und wer sein Leben verliert um meinetwillen, wird es finden. Lk 9,58 Mt 10.39 Mt 8.20 Konsumismus 05.08.2009 WN SBed SBed SBed F WP BG, BS A 10 Mk 14.3-9; Joh 12.1-8 Mt 26.6-13 © IGW International Mk 7,21-22 Lk 19. 11-26 Mt 25.31-46 Mt 22,2-4 Konsumismus Der einzige Lasterkatalog der Evangelien. Solche Aussagen finden sich sonst vor allem bei Paulus. Es ist in Ordnung, wenn Jesus, als König, das wertvolle Öl als Vorbereitung für sein Begräbnis erhält. Luxus kann einen Sinn haben (hier jedoch nicht einfach zum Spass, sondern für eine geistliche Handlung) Im Gericht wird Jesus darüber urteilen, ob die Menschen ihren Reichtum dafür eingesetzt haben, anderen zu helfen. In der Offenbarung wird beschrieben, dass es den Menschen bei Gott gut geht. Ob dies auch Konsum mit einschliesst, ist offen. Die Menschen werden zu einem Hochzeitsfest eingeladen. Dazu gehört ein gutes Essen. Es kann angenommen werden, dass im Himmel Wohlstand herrscht. Christoph Brander Denn von innen aus dem Herzen der Menschen gehen hervor die schlechten Gedanken, Ehebruch, Hurerei, Mord, Dieberei, Habsucht, Bosheit, List, Ausschweifung, böses Auge, Lästerung, Hochmut, Torheit; Salbung Jesu mit dem kostbaren Öl Alsdann werden die Gerechten ihm antworten und sagen: Herr, wann sahen wir dich hungrig und speisten dich? Oder durstig und tränkten dich? Wann aber sahen wir dich als Fremdling, und nahmen dich auf? Oder nackt und bekleideten dich? Wann aber sahen wir dich krank oder im Gefängnis und kamen zu dir? Und der König wird antworten und zu ihnen sagen: Wahrlich, ich sage euch, insofern ihr es einem der geringsten dieser meiner Brüder getan habt, habt ihr es mir getan. Wiederum sandte er andere Knechte aus und sprach: Saget den Geladenen: Siehe, mein Mahl habe ich bereitet, meine Ochsen und mein Mastvieh sind geschlachtet, und alles ist bereit; kommt zur Hochzeit. Und er sandte seine Knechte aus, um die Geladenen zur Hochzeit zu rufen; und sie wollten nicht kommen. Das Reich der Himmel ist einem Könige gleich geworden, der seinem Sohne Hochzeit machte. das Reich der Himmel eingehen. 05.08.2009 U WP F WP A 11 Wehe euch, die ihr voll seid, denn ihr werdet hungern. Wehe euch, die ihr jetzt lachet, denn ihr werdet trauern und weinen. Mt 5,1-12 Mt 16,26 Lk 6,25 Lk 9,25 Gleichnis vom verlorenen Sohn Der reiche Mann und Lazarus Lk 15.11-24 Lk 16.19-31 Der Reiche kleidete sich in Purpur und kostbare Leinwand und lebte alle Tage herrlich und in Freuden. Nach seinem Tod leidet er in der Hölle, während es Lazarus gut geht. Es wird aber aus dem Text nicht klar, ob der reiche Der Sohn verprasst das Vermögen durch ein ausschweifendes Leben. Der Vater organisiert, nachdem der Sohn zurück ist, ein grosses Fest. Zum Fest dazu gehört das geniessen von Fleisch, das Essen und das Fröhlichsein und Tanz und Musik. Der Überfluss kann das Leben eines Menschen nicht reich machen. Vgl. Mk 7.22, Röm 1.29, 1 Kor 6.10, 2 Kor 9.5, Eph 4.19, Eph 5.3-5, Col 3.5, 1 Thess 2.5, 2 Petr 2.3, 2 Petr 2.14 immer der selbe Begriff pleonexia Der Samariter gibt dem Verletzten Öl und Wein, also zwei der meistgenannten (Luxus?-) Konsumgüter des NT. Er verzichtet auf seinen Konsum zugunsten des Verletzten. Christoph Brander Er sprach aber zu ihnen: Sehet zu und hütet euch vor aller Habsucht, denn nicht weil jemand Überfluß hat, besteht sein Leben von seiner Habe. Lk 12.15 © IGW International Barmherziger Samariter Lk 10,25-37 Denn was wird es einem Menschen nützen, wenn er die ganze Welt gewönne, sich selbst aber verlöre oder einbüßte? Es fragten ihn aber auch Kriegsleute und sprachen: Und wir, was sollen wir tun? Und er sprach zu ihnen: Tut niemand Gewalt, und klaget niemand fälschlich an, und begnüget euch mit eurem Solde. Lk 3,14 Konsumismus 05.08.2009 WN BG, WN BS, WN, U BM BS F, SBed NBed A 12 Die Frau beim Brunnen von Samaria und das Wasser des Lebens: Verse 1314: Jesus antwortete und sprach zu ihr: Jeden, der von diesem Wasser trinkt, wird wiederum dürsten; wer irgend aber von dem Wasser trinken wird, das ich ihm geben werde, den wird nicht dürsten in Ewigkeit; sondern das Wasser, das ich ihm geben werde, wird in ihm eine Quelle Wassers werden, das ins ewige Leben quillt. Jesus antwortete ihnen und sprach: Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Ihr suchet mich, nicht weil ihr Zeichen gesehen, sondern weil ihr von den Broten gegessen habt und gesättigt worden seid. Wirket nicht für die Speise, die vergeht, sondern für die Speise, die da bleibt ins ewige Leben, welche der Sohn des Menschen euch geben wird; denn diesen hat der Vater, Gott, versiegelt. Jesus aber sprach zu ihnen: Ich bin das Brot des Lebens: wer zu mir kommt, wird nicht hungern, und wer an mich glaubt, wird nimmermehr dürsten. Joh 4.1-15 Joh 6.26-27 Joh 6.35 Jesus stillt die Bedürfnisse der Menschen Die Zuhörer Jesu wünschten, dass er sie mit Brot versorgen würde. Er aber möchte, dass sie den Glauben an ihn finden, dadurch können sie ewiges Leben erlangen. Er will, dass sie ihre Diesseitsorientierung auf Jesus und die Ewigkeit verlagern Jesus zeigt auf, dass nur er den Menschen das geben kann, was sie zum Leben brauchen. Normales Wasser kann den Durst nur kurz stillen. Jesus verwandelt Wasser zu gutem Wein. Die Menge des Weins zeigt auf, dass Jesus im Überfluss schenkt. Zachäus wird durch die Begegnung mit Jesus grosszügig und erkennt die soziale Verantwortung, die er durch seinen Reichtum hat. Mann nur wegen dem leidet. Christoph Brander Hochzeit von Kana Joh 2.1-12 © IGW International Zachäus aber stand und sprach zu dem Herrn: Siehe, Herr, die Hälfte meiner Güter gebe ich den Armen, und wenn ich von jemand etwas durch falsche Anklage genommen habe, so erstatte ich es vierfältig. Lk 19.8 Konsumismus 05.08.2009 BG BG, SBed BG, SBed SBed, WP BM, F A 13 Denn es war auch keiner dürftig unter ihnen, denn so viele Besitzer von Äckern oder Häusern waren, verkauften sie und brachten den Preis des Verkauften Ich habe niemandes Silber oder Gold oder Kleidung begehrt. Ihr selbst wisset, daß meinen Bedürfnissen und denen, die bei mir waren, diese Hände gedient haben. Ich habe euch alles gezeigt, daß man, also arbeitend, sich der Schwachen annehmen und eingedenk sein müsse der Worte des Herrn Jesus, der selbst gesagt hat: Geben ist seliger als Nehmen. Die Nacht ist weit vorgerückt, und der Tag ist nahe. Laßt uns nun die Werke der Finsternis ablegen und die Waffen des Lichts anziehen. Laßt uns anständig wandeln wie am Tage; nicht in Schwelgereien und Trinkgelagen, nicht in Unzucht und Ausschweifungen, nicht in Streit und Neid; sondern ziehet den Herrn Jesus Christus an, und treibet nicht Vorsorge für das Fleisch zur Erfüllung seiner Lüste. und die Weinenden als nicht Weinende, und die sich Freuenden als sich nicht Freuende, und die Kaufenden als nicht Besitzende, und die der Welt Gebrauchenden als ihrer nicht als Eigentum Gebrauchende; denn die Gestalt dieser Welt vergeht. Apg 4.34 Apg 20.3335 Röm 13.1214 1 Kor 7.3031 Paulus betont, dass es wichtig ist, sich nich auf diese Welt zu konzentrieren, sondern sich nach der kommenden Welt auszustrecken übermässiger Konsum, welcher sich in Schwelgereien, Trinkgelagen etc. zeigt, wird von Gott abgelehnt. Das Fleisch hat Lüste, denen begegnet werden soll. Paulus hat seine eigenen Bedürfnisse selber gestillt und sich darüber hinaus den Schwachen angenommen. Der persönliche Besitz wurde durch die Gemeinde an Bedürftige weitergegeben. Gütergemeinschaft bei der Urgemeinde. Jede erhielt von der Gemeinschaft so viel, wie er bedurfte. Dabei bezieht Jesus sich nicht auf aktuellen materiellen Überfluss, sondern charakterisiert das ewige Leben, welches zeitlich nicht begrenzt und von der Fülle her nicht auf materielles beschränkt ist Christoph Brander Alle aber, welche glaubten, waren beisammen und hatten alles gemein; und sie verkauften die Güter und die Habe und verteilten sie an alle, je nachdem einer irgend Bedürfnis hatte. Apg 2.44-45 © IGW International Ich bin gekommen, auf daß sie Leben haben und es in Überfluß haben. Joh 10.10b Konsumismus 05.08.2009 BS, SBed BG, WN BM, SBed BM, SBed BM, SBed BG, SBed A 14 indem wir nicht das anschauen, was man sieht, sondern das, was man nicht sieht; denn das, was man sieht, ist zeitlich, das aber, was man nicht sieht, ewig. als Traurige, aber allezeit uns freuend; als Arme, aber viele reich machend; als nichts habend und alles besitzend. Denn nicht auf daß andere Erleichterung haben, ihr aber Bedrängnis, sondern nach der Gleichheit:in der jetzigen Zeit diene euer Überfluß für den Mangel jener, auf daß auch jener Überfluß für euren Mangel diene, damit Gleichheit werde; wie geschrieben steht: "Wer viel sammelte, hatte nicht Überfluß, und wer wenig sammelte, hatte nicht Mangel". in Arbeit und Mühe, in Wachen oft, in Hunger und Durst, in Fasten oft, in Kälte und Blöße; Die Frucht des Geistes aber ist: Liebe, Freude, Friede Langmut, Freundlichkeit, Gütigkeit, Treue, Sanftmut, Enthaltsamkeit; wider solche gibt es kein Gesetz. Die aber des Christus sind, haben das Fleisch gekreuzigt samt den Leidenschaften und Lüsten. 2 Kor 4.18 2 Kor 6.10 2 Kor 8.1315 2 Kor 11.27 Gal 5.22-24 Gier und der Wünsch nach immer mehr, nach eigennütziger Befriedigung der eigenen Wünsche, würden wohl nicht den Begriffen Gütigkeit und Enthaltsamkeit entsprechen Paulus nimmt viele Unannehmlichkeiten auf sich, um der Gemeinde dienen zu können. Er stellte die Bedürfnisse der Gemeinde über seine persönlichen. Die reiche Gemeinde soll der ärmeren geben, damit weder Überfluss noch Armut vorhanden ist. Paulus stellt die gegenwärtige, weltliche Sicht gegenüber Gottes Sicht dar. Während er hier arm ist, ist er bei Gott sehr reich. Paulus erwartet die Erfüllung seiner Wünsche von Gott in der Ewigkeit Das Problem liegt darin, dass der Reiche seinen Überfluss nicht mit dem Armen teilt, sondern diesen hungrig zuschauen lässt, wie er sich betrinkt Kann sich auf den Konsum beziehen. Grundsatz: Konsum soll nützlich sein und erbauen. Grundsatz: das Wohl des anderen ist wichtiger als das eigene Wohl. Christoph Brander Denn ein jeder nimmt beim Essen sein eigenes Mahl vorweg, und der eine ist hungrig, der andere ist trunken. 1 Kor 11.21 © IGW International Alles ist erlaubt, aber nicht alles ist nützlich; alles ist erlaubt, aber nicht alles erbaut. Niemand suche das Seine, sondern das des anderen. 1 Kor 10.23-24 Konsumismus 05.08.2009 NBed, WN BM, F WP BG, SBed BM, WN BM, WP A 15 Denn viele wandeln, von denen ich euch oft gesagt habe, nun aber auch mit Weinen sage, daß sie die Feinde des Kreuzes Christi sind: deren Ende Verderben, deren Gott der Bauch, und deren Ehre in ihrer Schande ist, die auf das Irdische sinnen. Denn unser Bürgertum ist in den Himmeln, von woher wir auch den Herrn Jesus Christus als Heiland erwarten, Phil 3.18-20 Auf das Irdische sinnen, der Bauch als Gott. Das Gegenteil wäre: Auf die Ewigkeit hoffen. Die Adressaten sollen lernen, dankbar gegenüber Gott zu sein. Gegenteil von Habgier etc: Gütigkeit, Gerechtigkeit, Wahrheit Der Habsüchtige wird als Götzendiener bezeichnet, der Götze sind also das Geld oder vielleicht auch der Konsum. Ein möglicher Zweck des Geldes und des Reichtums ist es, dass dem Dürftigen gegeben werden kann. Das entspricht nicht der egoistischen Konsumhaltung im Konsumismus. Sie haben das Leben, das Gott für sie vorhat, aus den Augen verloren und geben sich darum der Ausschweifung und Gier hin. Christoph Brander danksagend allezeit für alles dem Gott und Vater im Namen unseres Herrn Jesus Christus, Eph 5.20 © IGW International (denn die Frucht des Lichts besteht in aller Gütigkeit und Gerechtigkeit und Wahrheit), Denn dieses wisset und erkennet ihr, daß kein Hurer oder Unreiner oder Habsüchtiger, (welcher ein Götzendiener ist) ein Erbteil hat in dem Reiche Christi und Gottes. Eph 5.5 Eph 5.9 Wer gestohlen hat, stehle nicht mehr, sondern arbeite vielmehr und wirke mit seinen Händen das Gute, auf daß er dem Dürftigen mitzuteilen habe. Eph 4,28 Kol 3.5 Dieses nun sage und bezeuge ich im Herrn, daß ihr forthin nicht wandelt, wie auch die [übrigen] Nationen wandeln, in Eitelkeit ihres Sinnes, verfinstert am Verstande, entfremdet dem Leben Gottes wegen der Unwissenheit, die in ihnen ist, wegen der Verstockung ihres Herzens, welche, da sie alle Empfindung verloren, sich selbst der Ausschweifung hingegeben haben, alle Unreinigkeit mit Gier auszuüben. Eph 4.17-19 Konsumismus 05.08.2009 BG, F, WN BG BM BG, F, WN WN WN A 16 Das Wort ist gewiß: Wenn jemand nach einem Aufseherdienst trachtet, so begehrt er ein schönes Werk. Der Aufseher nun muß untadelig sein, eines Weibes Mann, nüchtern, besonnen, sittsam, gastfrei, lehrfähig; nicht dem Wein ergeben, kein Schläger, sondern gelinde, nicht streitsüchtig, nicht geldliebend, (...) Die Diener desgleichen, würdig, nicht doppelzüngig, nicht vielem Wein ergeben, nicht schändlichem Gewinn nachgehend, Die aber wirklich Witwe und vereinsamt ist, hofft auf Gott und verharrt in dem Flehen und den Gebeten Nacht und Tag. Die aber in Üppigkeit lebt, ist lebendig tot. Die Gottseligkeit aber mit Genügsamkeit ist ein großer Gewinn; denn wir haben nichts in die Welt hereingebracht, [so ist es offenbar,] daß wir auch nichts hinausbringen können. Wenn wir aber Nahrung und Bedeckung haben, so wollen wir uns daran genügen lassen. Dieses aber wisse, daß in den letzten Tagen schwere Zeiten da sein werden; denn die Menschen werden eigenliebig sein, geldliebend, prahlerisch, hochmütig, Lästerer, den Eltern ungehorsam, undankbar, heillos, ohne 1 Tim 3, 13,8 1 Tim 5,5-6 1 Tim 6,619 2 Tim 3,2-4 Geldliebe als ein Zeichen des vor-endzeitlichen moralischen Verfalls Längster Abschnitt über Geld und Lebensstandard. Eine Wittwe soll nicht in Üppigkeit leben uns sich von der Gemeinde versorgen lassen. Die Anforderungen von Paulus an einen Ältesten beinhalten u.a. nicht geldliebend und nicht schändlichem Gewinn nachstrebend zu sein Die Zufriedenheit von Paulus hängt nicht von seiner Kaufkraft ab. Obwohl auch er die Armut nicht liebt, kann er durch Gottes Kraft mit ihr leben. Christoph Brander Denn dies ist Gottes Wille: eure Heiligkeit, daß ihr euch der Hurerei enthaltet, daß ein jeder von euch sein eigenes Gefäß in Heiligkeit und Ehrbarkeit zu besitzen wisse, nicht in Leidenschaft der Lust, wie auch die Nationen, die Gott nicht kennen; 1 Thess 4,35 © IGW International Ich weiß sowohl erniedrigt zu sein, als ich weiß, Überfluß zu haben; in jedem und in allem bin ich unterwiesen, sowohl satt zu sein als zu hungern, sowohl Überfluß zu haben als Mangel zu leiden. Alles vermag ich in dem, der mich kräftigt. Phil 4.12-13 Konsumismus 05.08.2009 WN NBed, WN WN WN WN BG, NBed, SBed A 17 Der niedrige Bruder aber rühme sich seiner Hoheit, der reiche aber seiner Erniedrigung; denn wie des Grases Blume wird er vergehen. Meine Brüder, habet den Glauben unseres Herrn Jesus Christus, des Herrn der Herrlichkeit, nicht mit Ansehen der Person. Denn wenn in eure Synagoge ein Mann kommt mit goldenem Ringe, in prächtigem Kleide, es kommt aber auch ein Armer in unsauberem Kleide herein, und ihr sehet auf den, der das prächtige Kleid trägt, und sprechet: Setze du dich bequem hierher, und zu dem Armen sprechet ihr: Stehe du dort, oder setze dich hier unter meinen Fußschemel- habt ihr nicht unter euch selbst einen Unterschied gemacht und seid Richter mit bösen Gedanken geworden? Höret, meine geliebten Brüder: Hat nicht Gott die weltlich Armen auserwählt, reich zu sein im Glauben, und zu Erben des Reiches, welches er denen verheißen hat, die ihn lieben? Jak 1,9-11 Jak 2,1-4 Jakobus verurteilt die Beurteilung der Menschen nach ihrem Reichtum Christoph Brander Der Wandel sei ohne Geldliebe; begnüget euch mit dem, was vorhanden ist, denn er hat gesagt: "Ich will dich nicht versäumen, noch dich verlassen"; so daß wir kühn sagen mögen: "Der Herr ist mein Helfer, und ich will mich nicht fürchten; was wird mir ein Mensch tun?" Heb 13,5-6 © IGW International und unterweist uns, auf daß wir, die Gottlosigkeit und die weltlichen Lüste verleugnend, besonnen und gerecht und gottselig leben in dem jetzigen Zeitlauf, natürliche Liebe, unversöhnlich, Verleumder, unenthaltsam, grausam, das Gute nicht liebend, Verräter, verwegen, aufgeblasen, mehr das Vergnügen liebend als Gott, die eine Form der Gottseligkeit haben, deren Kraft aber verleugnen; und von diesen wende dich weg. Tit 2.12 Konsumismus 05.08.2009 BM F, WN BG, SBed, WN NBed A 18 © IGW International Jak 4,13-5,6 Jak 4,1-3 Konsumismus Harte Kritik gegen Reiche Die Lüste (Begierden, Wünsche = sekundäre Bedürfnisse?) sind Ursache von Streitigkeiten. Anstatt Gott zu bitten, versuchen die Menschen, den Reichtum selbst zu erlangen. Wenn sie denn bitten, fragen sie Gott nur, ob er ihnen das geben könnte, was sie sich wünschen. Christoph Brander 4.16-5,5 Nun aber rühmet ihr euch in euren Großtuereien. Alles solches Rühmen ist böse. Wohlan nun, ihr Reichen, weinet und heulet über euer Elend, das über euch kommt! Euer Reichtum ist verfault, und eure Kleider sind mottenfräßig geworden. Euer Gold und Silber ist verrostet, und ihr Rost wird zum Zeugnis sein wider euch und euer Fleisch fressen wie Feuer; ihr habt Schätze gesammelt in den letzten Tagen. Siehe, der Lohn der Arbeiter, die eure Felder geschnitten haben, der von euch vorenthalten ist, schreit, und das Geschrei der Schnitter ist vor die Ohren des Herrn Zebaoth gekommen. Ihr habt in Üppigkeit gelebt auf der Erde und geschwelgt; ihr habt eure Herzen gepflegt wie an einem Schlachttage. ihr bittet und empfanget nichts, weil ihr übel bittet, auf daß ihr es in euren Lüsten vergeudet. Ihr gelüstet und habt nichts; ihr tötet und neidet und könnet nichts erlangen; ihr streitet und krieget; ihr habt nichts, weil ihr nicht bittet; Woher kommen Kriege und woher Streitigkeiten unter euch? Nicht daher, aus euren Lüsten, die in euren Gliedern streiten? 05.08.2009 NBed, WN WN A 19 Denn die vergangene Zeit ist [uns] genug, den Willen der Nationen vollbracht zu haben, indem wir wandelten in Ausschweifungen, Lüsten, Trunkenheit, Festgelagen, Trinkgelagen und frevelhaften Götzendienereien; indem sie den Lohn der Ungerechtigkeit empfangen; welche eine eintägige welche Augen voll Ehebruch haben und von der Sünde nicht ablassen, indem sie unbefestigte Seelen anlocken; die ein Herz haben, in Habsucht geübt, Kinder des Fluches, 1 Petr 4,3 2 Petr 2,1314 Die Gemeinde in Laodicäa vertraut auf ihren eigenen Reichtum anstatt auf Gott. Christoph Brander Weil du sagst: Ich bin reich und bin reich geworden und bedarf nichts, und weißt nicht, daß du der Elende und der Jämmerliche und arm und blind und bloß bist. Offb 3,17 © IGW International Liebet nicht die Welt, noch was in der Welt ist. Wenn jemand die Welt liebt, so ist die Liebe des Vaters nicht in ihm; denn alles, was in der Welt ist, die Lust des Fleisches und die Lust der Augen und der Hochmut des Lebens, ist nicht von dem Vater, sondern ist von der Welt. Und die Welt vergeht und ihre Lust; wer aber den Willen Gottes tut, bleibt in Ewigkeit. 1 Joh 1,1517 Schwelgerei für Vergnügen achten, Flecken und Schandflecke, die in ihren eigenen Betrügereien schwelgen und Festessen mit euch halten; indem ihr wisset, daß ihr nicht mit verweslichen Dingen, mit Silber oder Gold, erlöst worden seid von eurem eitlen, von den Vätern überlieferten Wandel, sondern mit dem kostbaren Blute Christi, als eines Lammes ohne Fehl und ohne Flecken; 1 Petr 1,18 Konsumismus 05.08.2009 BS, F BG, WN WN WN WN A 20 PUBLIREPORTAGE 10 ideaSchweiz l 13/2009 Theologiestudium mitten im Leben – missional und innovativ Für den nächsten Schritt ausgebildet Wovon träumen Sie? Zieht es Sie zu einem Beruf wie Jugendarbeiter, Pastor, Zeltmacher, Evangelist, sozialdiakonischer Mitarbeiter, Streetworker, Pionier, Gemeindegründer, Missionar... und bis ans Ende der Welt? Oder haben Sie begabte jüngere Mitarbeiter in Ihren Reihen, die Sie gerne praxisbegleitend und «in house» zu vollzeitlichen Mitarbeitern ausbilden lassen möchten? Unsere beiden neuen Studiengänge «Bachelor of Arts» und «Bachelor of Theology» sind dafür massgeschneidert und wären genau das Richtige hierfür! Warum? Zielgruppe Das Bachelor-Programm (BA) ist auf Personen ausgerichtet, die diese Ausbildung für einen vollzeitlichen Dienst in Gemeinde oder Mission absolvieren wollen und bereits in einer verbindlichen Mitarbeit in einer Gemeinde oder einem Missionswerk stehen: angehende Jugendarbeiter, Gemeindeleiter, Pastoren, sozialdiakonische Mitarbeiter, Missionare u. ä. Zielsetzung Die Studierenden erwerben in diesen 4- bis 6-jährigen theologischen Ausbildungen berufsMichael qualifizierende Girgis Kompetenzen in den grundlegenden theologischen Fächern sowie wertvolle praktische Erfahrungen. (Eine Ausnahme bildet der 1-jährige Studiengang igw. network, der als Ausbildung für eine ehrenamtliche Tätigkeit angelegt ist.) Tätigkeiten unserer Absolventen 75 % unserer bisher insgesamt 173 Absolventen (Bachelor-Programm seit 1996) arbeiten heute in einem solchen vollzeitlichen leitenden Dienst, und zwar v. a. in folgenden Berufen: •Gemeindeleiter •Pastor •Jugendpastor •Mitarbeiter in Missionswerk •sozialdiakonischer Mitarbeiter •Jugendarbeiter Die 7 Pluspunkte von IGW 1. fundierte theologische Ausbildung 2. innovatives Ausbildungskonzept – studienbegleitende Praxis 3. einzigartige Kombination von Theorie, Praxis und Persönlichkeitsentwicklung 4. ganzheitliche Ausbildung 5. mitten im Leben 6. modular und massgeschneidert 7. anerkannte Abschlüsse Auf www.igw.edu kann die ausformulierte Version dieser 7 Punkte heruntergeladen oder per E-Mail an [email protected] bestellt werden. IGW ist eduQua-zertifiziert! Mit dem eduQua-Zertifikat erhält IGW das wichtigste und bedeutendste schweizerische Qualitätszertifikat für Aus- und Weiterbildungsinstitutionen. Das eduQua-Zertifikat bescheinigt IGW ein zeitgemässes, hochstehendes sowie praxisrelevantes Angebot. Die Zertifizierung erfolgt durch die Schweizerische Vereinigung für Qualität und ManagementSysteme (SQS). Studiengänge und Angebote Ausgezeichnete Qualität Unsere über 150 Studierenden im Bachelor-Programm, die uns zur grössten theologischen Ausbildungsstätte im deutschsprachigen Europa machen, irren sich nicht. Unsere Ausbildung hält, was sie verspricht. Das kürzlich erhaltene eduQuaZertifikat bescheinigt IGW ein zeitgemässes, hochstehendes und praxisrelevantes Angebot (siehe Kasten). Überzeugen Sie sich vor Ort an einem Schnuppertag. Wir freuen uns auf Sie und/oder Ihren Leiternachwuchs! Michael Girgis, Co-Rektor IGW Weiterbildung (MA) Gerade in Zeiten der Veränderung ist lebenslange Weiterbildung wichtig: praxisrelevantes, theologisches Forschen, spannende Kurse, aktuelle Literatur und Einbezug der eigenen Praxis bilden die Grundlage unserer berufsbegleitenden Weiterbildung. Fernstudium fundierte biblische Ausbildung für ehrenamtliche Mitarbeitende mit massgeschneidertem, individuellem Studienprogramm aus Präsenz- und Fernkursen. Kursbesuch als Gasthörer IGW bietet eine grosse Vielfalt von Kursen und Seminaren an, die auch Hörerinnen und Hörer besuchen können. Eine ideale Gelegenheit, um IGW-Luft zu schnuppern oder zu interessanten Konditionen von kompetenten Referenten zu profitieren. Die Kursliste ist online einsehbar, unter «Kurse». Downloads (NEU!) Die Studienangebote im Bereich Ausbildung (Bachelor) Studiengang Bachelor of Arts (BA) Studiengang Master of Theology (BTh-MTh) Dauer: 4 Jahre Voraussetzung: abgeschlossene Berufslehre Credits: 180 C. (ECTS) Abschluss: Bachelor of Arts (BA) Nach Abschluss kann im MAStudiengang weiter studiert werden. Dauer: 6 Jahre Voraussetzung: Matura/Abitur oder Berufsmatur plus «Passerelle» Credits: 300 C. (ECTS) Abschluss: Bachelor of Theology (BTh) und anschliessend Master of Theology (MTh) Studiengang igw.network Dauer: 1 Jahr Voraussetzung: abgeschlossene Berufslehre Credits: 30 C. (ECTS) Abschluss: igw.network-Zertifikat Nach Abschluss kann in das zweite Jahr des BA-Studienganges eingestiegen werden. Abschlussarbeiten, Handouts, Magazine und Artikel stehen in unserem Downloadbereich kostenlos zur Verfügung. 1991 gegründet, über 340 immatrikulierte Studierende. www.igw.edu (CH) oder www.de.igw.edu (DE). PUBLIREPORTAGE 10 ideaSchweiz l 14/2008 Kirche und Sozialarbeit Virtuelle Sozialdiakonie? «Wenn die Kirchen mehr leben würden, was sie predigen, dann würden Leute wie ich auch wieder hinkommen.» In den Kirchen wird zwar viel unternommen, um dieser Kritik zu begegnen. Aber für den grossen Teil der Gesellschaft ist die gute Nachricht von Jesus Christus, wie sie von der Kirche verkündet wird, zu wenig greifbar. Gleichzeitig gibt es immer mehr Menschen, die am Rande stehen und durch die Maschen des Sozialstaates fallen. Die verschiedenen Sozialwerke sind angesichts zunehmender Not und abnehmender Mittel nicht mehr in der Lage, genügend Hilfe zu leisten. Menschen in unserem Land erhalten zwar finanzielle Unterstützung, sind aber trotzdem einsam, überfordert, haben keine sinnvolle Beschäftigung und können auch grundlegende Herausforderungen des Lebens nicht mehr alleine beOlivier wältigen. Enderli Die Erkenntnis wächst, dass die Kirchen ihre gesellschaftliche Verantwortung neu wahrnehmen müssen. Hans-Peter Lang, Gründer und Leiter der Aargauer Stiftung Wendepunkt, moniert, dass wir «die christlichen Werte Wahrheit und Fürsorge – Grundlage des christlichen Abendlandes – verlassen haben. Die Kirche verkündet zwar gesellschaftlich relevante Sozialdiakonie, aber diese bleibt ein rein virtuelles Angebot. Wir Christen haben unsere Glaubwürdigkeit verloren und zer- stören so das uns anvertraute Evangelium, weil wir die Botschaft der Liebe und Gnade nicht leben.» Die drei Ur-Aufträge, die den Zweck der Kirche ausmachen, wollen wieder gemeinsam wahrgenommen werden: Bezeugung des Evangeliums (Martyria), die Anbetung Gottes (Liturgia) und schliesslich der praktische Dienst am Menschen (Diakonia). Daraus wächst eine ganzheitlich aktive, lebendige Gemeinde, wo der Dienst am Menschen durch die Menschen in den Kirchen geschieht und nicht nur an kirchliche Sozialwerke delegiert wird. Mit diesem Bild vor Augen brechen Gemeinden auf zu einem neuen Abenteuer von Kirche, die lebt, was sie predigt. olivier Enderli, Projektleiter FSSM IGW und FSSM: eine «sehr wichtige» Partnerschaft Die Herausforderung packen Eine Kirche, die ihr sozialdiakonisches Engagement aufbauen will, sieht sich mit Herausforderungen konfrontiert, denen vor dem Hintergrund einer rein theologischen Ausbildung schwer zu begegnen ist. Häufig fehlen Wissen und Erfahrung für den Aufbau von Behördenkontakten und die Erarbeitung von Betreuungskonzepten. Projekte müssen geplant, Märkte analysiert, Businesspläne entwickelt und Finanzen beschafft werden. Die Ausbildungspartner Fachschule für Sozialmanagement (FSSM) und IGW haben sich das Ziel gesetzt, Menschen für diesen Dienst grundlegend und praxistauglich auszubilden. «Für mich ist die Zusammenarbeit von IGW und FSSM sehr wichtig. In meiner Ausbildung am IGW bekam ich die Grundlage, welche Sicht Gott von den Menschen hat, wie Gemeinde sein soll und wie wichtig Ge- meindearbeit ist. Durch die Kurse an der Fachschule für Sozialmanagement erkannte ich, wie die praktische Ruedi Eggenberger Umsetzung der Theologie bei Menschen ausserhalb der Gemeinden aussehen kann. In dieser Kombination kommen Worte und Taten in ein Gleichgewicht, das mein Denken und Handeln befruchtet. Ich will für mich als Jugendarbeiter verstehen, wie ich meine Arbeit effizienter und gesellschaftsrelevanter gestalten kann. Denn ich bin überzeugt: Mit Worten allein verändert man keine Gesellschaft – aber mit aufopfernder Liebe und Hingabe, wie das Beispiel von William Booth, Gründer der Heilsarmee zeigt. Oder auf mich als Vater bezogen: Was bedeutet meinem Kind mehr? Wenn ich ihm sage, dass ich es liebe oder wenn ich es einfach in den Arm nehme?» Ruedi Eggenberger, Jugendarbeiter der Evangelischen Kirchgemeinde Niederuzwil, ist Absolvent des BA-Studienganges in der Fachrichtung Sozialdiakonie, die IGW im Jahr 2006 in Zusammenarbeit mit der Fachschule für Sozialmanagement lanciert hat. Cla Gleiser, Studienleiter IGW Beispiele aus der Praxis • Chrischona Frauenfeld, Stiftung Wetterbaum, www.wetterbaum.ch • Heilsarmee Huttwil, Beschäftigungsprogramm Leuchtturm, www.projekt-leuchtturm.ch • GvC Winterthur, Stiftung Quellenhof, www.qhs.ch • Vineyard Bern, DaN, www.vineyard-dan.ch • ICF Zürich, Stiftung ACTS, www.icf.ch/acts.html • EMK Zürich 4, NetZ4, www.netz4.ch IGW bietet mit seinem gemeindeintegrierten und praxisorientierten Modell seit über 15 Jahren neue Ansätze in der theologischen Ausbildung. Der Schwerpunkt der neuen Fachrichtung Sozialdiakonie besteht im Verständnis des Zusammenspiels von Sozialarbeit, Management und Theologie. Studierende im Bachelor-Programm absolvieren das Grundstudium (2 Jahre) komplett bei IGW, bevor sie im Aufbaustudium (3. und 4. Jahr) Kurse im Bereich Sozialdiakonie bei der Fachschule für Sozialmanagement besuchen und ein dreimonatiges Praktikum in einem christlichen Sozialwerk absolvieren. Alternativ besteht die Möglichkeit, die zweijährige, berufsbegleitende Weiterbildung zum „Sozialmanager“ an der Fachschule für Sozialmanagement zu besuchen. Auch auf diesem Weg ist es möglich, nachträglich über IGW einen Abschluss auf Bachelor-Stufe nachzuholen. Die Fachschule für Sozialmanagement bietet eine Weiterbildung für Menschen an, die sich im diakonischen und sozialen Bereich engagieren, Projekte realisieren oder Führungsverantwortung übernehmen wollen. Das modular aufgebaute Kursangebot umfasst die Fachbereiche Management, Sozialarbeit und Theologie. Es wird mit einem Praxiseinsatz abgerundet. Auch der Besuch einzelner Kurse als Gasthörer ist möglich. Gegründet wurde die Schule im Jahr 2004 von der Stiftung Wendepunkt. www.igw.edu www.sozialmanager.ch