Pionier eines Verglasungstyps - VFT Verband für Fassadentechnik

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Glasdach Sanierung
Im Rahmen des Bibliotheksneubaus an der Nordseite
der Erziehungswissenschaftlichen Bibliothek der
FU Berlin sollte auch der Bestandsbau modernisiert
werden. Dieser Artikel beschreibt die Modernisierung
der Lichtdachkonstruktion.
Pionier eines
Verglasungstyps
Bei der Vorbereitung der Sanierung der Bereichsbibliothek
für Erziehungswissenschaften und Psychologie (EWI-Bibliothek) der FU Berlin zeigte sich als Besonderheit eine 28
Jahre alte dreifach Isolierverglasung. Das Gebäude aus dem
Jahr 1985 wurde 2013/2014 umgebaut und saniert.
Bestandsbeschreibung
Das Gebäude der Bereichsbibliothek des Fachbereiches
Erziehungswissenschaften und Psychologie wurde von
der Berliner Architektengemeinschaft Candilis, Josic und
Schildhelm entworfen und im Jahr 1984, nach dreijähriger
Bauzeit, fertig gestellt. Es befindet sich im nordwestlichen
Teil des in den 50er Jahren neu errichteten Campus der
Freien Universität Berlin.
In der äußeren Gestaltung nimmt die Bibliothek die Maßordnung und das Fassadenmaterial des ebenfalls von den Architekten entworfenen Gebäudeteils „Silberlaube“ auf, setzt
mit den zwei zusätzlichen Materialien Holz und Betonwerkstein für die Brüstungen, sowie der höheren Geschossigkeit
und der Form des Atriums jedoch einen eigenen Akzent.
Bei der Glasdachkonstruktion handelte es sich um eine
ungedämmte Profilkonstruktion mit dreifach-Isolierverglasung, die mit ihrem Alter von 28 Jahren somit zu den
Pionieren dieses Verglasungstyps gehört.
Immer gut belüftet
Die Profilkonstruktion bestand aus einem raumseitig
angeordneten, verzinkten Stahl-Hohlprofil als Sparren/
Pfosten mit aufgeschweißten M5 Gewindestangen und
einer einteiligen Dichtung. Außenseitig war ebenfalls eine
einseitige Dichtung unter einer trapezförmigen Aluminium-Andruckleiste angeordnet. Diese wurde mittels einer
Kunststoff-Mutter mit der Gewindestange verschraubt. Der
Riegelaufbau war sinngemäß, jedoch statt des Hohlprofils
und der trapezförmigen Andruckleiste wurde beidseitig
Flachmaterial verwendet. Der Glasfalz war völlig frei von
jeglichem Dämmmaterial, Schraubkanälen und dergleichen,
so dass die Scheibenkanten immer gut belüftet waren.
Entlang des Firstes waren pneumatisch betriebene
RWA-Flügel, entlang der Traufe motorisch betriebene
Lüftungsflügel angeordnet. Ein externer Sonnenschutz war
ursprünglich zwar vorgesehen gewesen (Halter vorhanden),
war aber nicht angebracht worden. Vorrichtungen für die
Wartung und Reinigung der Glaskonstruktion waren nicht
vorhanden.
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fassadentechnik 2/2014
Bild: Dirk Risse
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Der Bestandsbau als Innenansicht.
Baumaßnahme
Im Zuge des Bibliotheksneubaus an der Nordseite der
Erziehungswissenschaftlichen Bibliothek sollte auch der
Bestandsbau modernisiert werden. Im Rahmen der Sanierung werden sämtliche Oberflächen erneuert, ebenso wie
das Beleuchtungssystem und die Daten- und Stromversorgung. Alle technischen Anlagen (ELA, EMA, BMZ, MSR..)
werden ebenfalls modernisiert. Dieser Artikel behandelt
die Modernisierung der Lichtdachkonstruktion.
Phase 1: Erfassung der Bestandsunterlagen
Umfangreiche Suche in den Archiven – gefunden
wurden Architekten-Leitdetails (Bild 2) und die Werkplanung und Statik der Stahl-Tragkonstruktion, aber
keinerlei Unterlagen zur Glaskonstruktion. Überra-

Bilder: Dirk Risse
Bestandsanalyse und Entwurfsphase
Bauen im Bestand stellt den Planer fast immer vor das
Problem, dass es zum Bestand praktisch keine verwertbaren Unterlagen gibt. Um aber den Bestand und die geplanten Baumaßnahmen miteinander vergleichen zu können
(Energieverbrauch, Schadstoffe, Kosten-Nutzen etc.) waren
eine Reihe von Maßnahmen erforderlich. Grob gesagt lassen sich die Aktivitäten in die folgenden Phasen aufteilen:
1
2
Bestandsaufnahmen
1: B eispiel abgerissene
Konsolen der
RWA-Antriebe
2: B eispiel „blinde“
Scheiben
3: E rmittlung der
Profil­geometrien. 3
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schenderweise gab es weder eine Werkplanung der
ausführenden Firma, noch irgendwelche Nachweise
(Statik, bauphysikalische Berechnungen) oder Angaben
zu den verwendeten Produkten.
Phase 2: Anamnese (Soll-Ist-Vergleich)
Um überhaupt die bestehende Glaskonstruktion in
irgendeiner Form bewerten zu können, war als erster
Schritt die Erfassung des Gebauten und dessen Vergleich mit den Leitdetails der Architekten erforderlich.
Im Rahmen mehrerer Objektbegehungen, teilweise mit
Bauteilöffnungen, wurden der Zustand der Bestandskonstruktion und die relevanten Schäden erfasst
(Bild 3+4). Ferner wurden die Profilgeometrien der Verglasungskonstruktion und die Glasaufbauten ermittelt
(Bild 5+6).
Wegen des laufenden Betriebes konnten aber keine
größeren Bauteilöffnungen (Gründach) vorgenommen
werden.

Phase 3: Diagnose (Bewertung)
Im Zuge der Bewertung der vorhandenen Konstruktion
war zunächst das Profilsystem zu identifizieren. Zudem
erfolgte eine Überprüfung des Ucw-Wertes der Bestandskonstruktion. Eine Festlegung der Gewerkeschnittstellen
und die Prüfung auf eventuell vorhandene Altlasten und
Schadstoffe schloß die Diagnose der Bestandskonstruktion ab?

Phase 4: Therapie/Festlegung der Maßnahmen
Zu Überprüfen waren insbesondere die Brandschutzmaßnahmen für das Stahltragwerk. Darüber hinaus
war für die Nutzung als Bibliothek zu klären, ob ein
ausreichender Sonnenschutz nur über die Verglasung zu
realisieren war, oder ob ein externer Sonnenschutz zu
planen ist. Eine Simulation des Lichteinfalls im Tagesund Jahresverlauf unterstützte diesen Planungsschritt.
Zudem erfolgten bauphysikalische und statische Untersuchungen und Festlegungen, das Reinigungs- und

Bautafel
Bauherr
Freie Universität Berlin
Architekten braun.busse.architekten, Kreuzbergstr. 27-28, 10965 Berlin,
www.braunbusse-architekten.de
FassadenberatungRISSE Ing. Büro für Fassadenplanung,
Fichtestraße 1d, 14612 Falkensee,
www.risse-ing.de
Architekten (Bestand)
4
Architektengemeinschaft Candilis, Josic und Schildhelm, Berlin
Konstruktion (Bestand)Aluminium-Aufsatzkonstruktion: Fa. Eberspächer
Glas: dreifach Isolierglas ohne Beschichtungen, Hersteller
unbekannt, da keine Kennzeichnung,
Aufbau: 5mm Glas, 10mm SZR, 4mm Glas, 10mm SZR, 5mmGlas
(Glas = Float oder ESG, Aufbau nicht weiter überprüft)
Konstruktion (Neu) Aluminium-Aufsatzkonstruktion: RAICO Therm+ Glas: zweifach Isolierglas,
Aufbau: außen 6mm ESG-H, 16mm SZR, innen 8,8mm VSG aus
2 x 4mm Float mit 0,76mm PVB-Folie
Sonnenschutz (Neu)
WAREMA Markise W8 extern, Laufrichtung von unten nach oben
4: W
ährend der Sanierungsarbeiten war dann auch die Erfassung
Bilder: Dirk Risse
der bislang nicht einsehbaren Bestandskonstruktion möglich.
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5: D ie Arbeiten erfolgten abschnittsweise unter einem Schutzdach,
hier im Bereich des Übergangs neu (links) und alt (rechts).
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fassadentechnik 2/2014
Wartungskonzept war zu planen sowie weitere Leitdetails zu erstellen. Schließlich oblag uns die Durchführung der öffentlichen Ausschreibung.
Autor
Nach dem erfolgreichen Abschluss seines
Architekturstudiums spezialisierte sich
Ausführung
Im Anschluss an die öffentliche Ausschreibung erfolgte
die Beauftragung des Fassadenbauers. Ende November
2013 wurde dann abschnittsweise die Bestandskonstruktion zurückgebaut und die neue errichtet. Im Rahmen des
Rückbaus konnten dann auch die bislang nicht einsehbaren Teile der Bestandskonstruktion erfasst und dokumentiert werden.
Aus Gründen der Gewichtsreduzierung wurde die neue
Verglasung als zweifach Isolierverglasung mit einer äußeren ESG-H und einer inneren VSG-Scheibe ausgeführt.
Bild: Risse
Dirk Risse auf die Gebäudehülle. Nach
mehrjähriger Auslandstätigkeit und einem
kleinem Intermezzo als Projektleiter bei
einem Generalunternehmer gründete er im
Jahre 1997 sein Ingenieurbüro für Fassadenplanung in Berlin-Spandau. Der Autor ist
unter anderem Vorstandsmitglied im VFT
Verband für Fassadentechnik (www.v-f-t.
de). Dirk Risse ist als Beratender Ingenieur
Mitglied der Baukammer Berlin.
Weitere Informationen und Kontakt unter
www.risse-ing.de
Dirk Risse, Falkensee
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