Übungen zur Physik II PHY 121, FS 2017 Abgabe: Dienstag, 11. April 1200 Serie 6 Ladungsträger = charge carrier Kondensator = capacitor Elektronenmangel = electron deficit Dielektrisch = dielectric, non-conducting Leiter = conductor Permittivität = permittivity Elektronüberschuss = electron excess Dielektrische Verschiebungsdichte = dielectric flux density Allgemeine Fragen 1. Wo sitzen die Ladungen eines geladenen Leiters? Antwort: In einem ideal leitenden Gegenstand (im Vakuum) sind alle Ladungsträger unbeschränkt beweglich. Hierbei verhält sich ein Ladungsträgerüberschuss (hier Elektronen) näherungsweise wie ein freies Elektronengas (ähnlich einem idealen Gas mit geladenen Teilchen). Die Elektronen richten sich dann nach dem elektrischen Feld aus (Prinzip minimaler potentieller Energie). - Das Feld im Inneren eines Leiters ist im statischen Fall 0, da sich alle Felder aufgrund des Superpositionsprinzips im Inneren gegenseitig aufheben (Satz von Gauß). - An der Leitergrenze heben sich die elektrischen Felder wegen eines Symmetriebruchs nicht auf und die Elektronen bewegen sich an der Oberfläche (wie oben beschrieben). - Die Elektronen können nicht aus dem Leiter austreten, da sie eine Potentialbarriere überwinden müssten (Austrittsarbeit), um ins Vakuum dringen zu können. 2. Was ist ein elektrischer Dipol und wie ist das Dipolmoment definiert? Diskutiere den elektrischen Dipol im homogenen E-Feld. Antwort: Ein elektrischer Dipol ist zunächst ein System aus zwei betragsmässig gleich grossen Punktladungen q entgegengesetzten Vorzeichens, die durch Zwangskräfte einen Abstand d zueinander haben. Der Dipol ist aus der Ferne betrachtet insgesamt elektrisch neutral. Fasst man den Abstand als vektorielle Grösse d~ auf, die von der negativen zur positiven (!) Punktladung zeigt, so ist das elektrische Dipolmoment p~ = q · d~ mit der SI-Einheit Coulomb-Meter [Cm]. Oft findet man auch noch die cgs-Einheit [Debye], wobei 1 Debye ~ wirkt auf so einen Dipol ein = 3.33564×10−30 Cm. In einem homogenen, elektrischen Feld der Stärke |E| Drehmoment ~ = p~ × E. ~ M Ein massebehafteter, elektrischer Dipol dessen Dipolmoment nicht entlang der Feldstärke ausgerichtet ist, wird um die Feldstärkerichtung zu schwingen beginnen. Falls zusätzliche, dissipative Kräfte vorhanden sind, wird die Schwingung abklingen und der Dipol sich entlang der Feldrichtung ausrichten. 1 Im weitergehenden Sinne bezeichnet man alle Systeme, deren Verhalten durch ein Dipolmoment gut angenähert werden können, als Dipol. Etwa besteht ein Wassermolekül (H2 O) aus zwei Wasserstoffatomen und einem Sauerstoffatom und aufgrund der unterschiedlichen Elektronegativitäten dieser Elemente bilden sich im Wasser drei Ladungszentren. Betrachtet man das Molekül aus der Distanz (x > d), sieht es aus wie ein Dipol mit zwei Ladungen. Vergrössert man die Distanz zum Molekül (x d), so erscheint es elektrisch neutral. Aufgrund der Spiegelsymmetrie von Wasser verhält sich das Wassermolekül im elektrischen Feld wie ein Dipol mit Dipolmoment 6.152·10−30 Cm. Man bezeichnet deshalb auch das Wassermolekül als Dipol, obwohl es komplizierter aufgebaut ist als nur aus zwei Punktladungen. Abbildung 1: Schematische Darstellung des Wassermoleküls H2 O und der Ladungsverteilung. 3. Skizziere die elektrischen Feldlinien und die Äquipotentialflächen eines Dipols. Antwort: Abbildung 2: Links: Dipol mit eingezeichneten Feldlinien (Bild Geek3, CC BY-SA 3.0, wikimedia). Rechts: Dipol mit Feldlinien (rot) und Äquipotentialflächen (gestrichelt). Die Feldlinien stehen jeweils senkrecht auf die Äquipotentialflächen. Ebenfalls ist eine Testladung q und die darauf wirkenden Teilkräfte F~1 und F~2 , erzeugt durch die Dipolladungen, sowie die resultierende Kraft F~ eingezeichnet. Die Feldlinien beginnen bei der positiven Ladung und gehen senkrecht von deren Oberfläche weg, hin zu der negativen Ladung. Dort enden sie ebenfalls senkrecht auf der Oberfläche. Einige Feldlinien beginnen oder enden im Unendlichen und sind somit dort geschlossen. Die Feldlinien verlaufen spiegelsymmetrisch zu den Achsen eines gedachten kartesischen Koordinatenkreuzes mit Nullpunkt in der Mitte des Dipols. Die Orte der elektrischen Feldlinien mit gleichem Potential können durch Flächen verbunden werden, sogenannte Äquipotentialflächen mit V = konst. Die Feldlinien stehen senktrecht auf den Äquipotentialflächen. 4. Wie ist die Kapazität eines Kondensators definiert? Wie ändert sie sich wenn ein Dielektrikum in den Kondensator eingefügt wird? 2 Antwort: Ein Kondensator ist ein passives elektrisches Bauelement mit zwei gegeneinander isolierten, entgegengesetzt geladenen Leiteroberflächen (Elektroden) beliebiger Geometrie. Zwischen den Elektroden herrscht eine Potentialdifferenz ∆V . Ein Kondensator speichert elektrische Ladung und damit elektrische Energie. Wird eine Spannung V an die beiden Anschlüsse gelegt, so wird sich im Gleichgewicht auf der Elektrode mit höherem elektrischen Potential eine positive Ladungsmenge Q(V ) ansammeln und im Gegenzug auf der anderen Elektrode eine Ladungsmenge −Q(V ). Wichtig: die Ladung wird über die Zuleitungsdrähte transportiert und nicht über den Luftspalt zwischen den Kondensatorplatten. Dort fliessen nie irgendwelche Elektronen (ausser bei Bildung eines Plasmas beim elektrischen Überschlag). Bei metallischen Elektroden bedeutet positive Ladung Elektronenmangel, negative Ladung hingegen Elektronenüberschuss. Die Kapazität C ist definiert als die Ladungsmenge Q die bei einer Spannung V auf den Elektroden gespeichert wird Q dQ = konst. = (0.1) C := dV V mit der Einheit Farad: F = As V = C V = A2 s4 . kg m2 Abbildung 3: Plattenkondensator im Vakuum (links) und teilweise gefüllt mit einem Dielektrikum mit εr > 1 (rechts); Darstellung des elektrischen Feldes ohne und mit Dielektrikum. Das elektrische Polarisationsfeld EP im Dielektrikum wirkt dem externen E-Feld entgegen und reduziert damit das E-Feld des Kondensators Etot = E0 − EP . Ist der Kondensator an eine Spannungsquelle angeschlossen, so können Ladungen auf die Kondensatorplatten nachfliessen und so die ursprüngliche Feldstärke Etot = E0 wieder herstellen. Über einen Kondensator, bei dem um und zwischen den beiden Elektroden nur Vakuum herrscht, sagt man, er habe „kein Dielektrikum“. Dielektrika sind elektrisch schwach- oder nichtleitende Materialien (Isolatoren) mit denen das Vakuum ausgefüllt werden kann. Die Ladungsträger im Dielektrikum sind im Allgemeinen nicht frei beweglich und deshalb ist das Innere eines Dielektrikums im E-Feld nicht feldfrei. Dielektrika können Gase, Flüssigkeiten oder Feststoffe sein. Füllt man das Vakuum durch ein Dielektrikum, so wird sich die Kapazität um eine stoffspezifische Proportionalitätskonstante εr , die relative Dielektrizitätskonstante oder relative Permittivität, ändern: Cdiel = εr · C0 . (0.2) Die relative Permittivität eines Materials ist praktisch immer grösser als die relative Permittivität von Vakuum εr,vac = 1, kann sehr klein sein (εr,Luf t = 1.000590) oder auch gross (εr,W asser ≈ 80 bei Normalbedingungen). Anmerkung: Es gibt speziell gefertigte Strukturen, sogenannte Metamaterialien, mit εr < 0. Diese Metamaterialien könnten in der Optik einmal eine bedeutende Rolle spielen (z.B. als Linsen oder Spiegel). 5. Wie gross ist die elektrische Energie eines Kondensators und wo ist sie gespeichert? 3 Antwort: Die elektrische Energie W eines Kondensators mit konstanter Kapazität C, an dem eine Spannung V anliegt, ist 1 W = CV 2 . (0.3) 2 ~ gespeichert, das sich um die beiden Elektroden des Die elektrische Energie ist im elektrischen Feld E Kondensators während des Aufladens aufbaut. 6. Wie sind die Grössen dielektrische Polarisation und elektrische Suszeptibilität definiert? Antwort: Das Dipolmoment p~ eines Dipols wurde bereits vorher besprochen. Besteht ein Material aus vielen kleinen Dipolen, so ist dessen dielektrische Polarisation P~ das pro Volumeneinheit V aufsummierte Dipolmoment P p ~ D∈V D aller Dipole D in diesem Volumen: P~ = P D∈V p~D V . (0.4) ~ 0 ausrichten, so Wenn sich die Dipole eines isotropen Materials in einem homogenen elektrischen Feld E wird die elektrische Suszeptibilität χe definiert durch die Relation ~ = εr ε0 E ~ − ε0 E. ~ P~ = χe ε0 E (0.5) ~ ist dabei das resultierende elektrische Feld. Das Feld E Zwischen elektrischer Suszeptibilität und relativer Permittivität besteht die Beziehung εr = 1 + χe . (0.6) Zu einem späteren Zeitpunkt werden die beiden Grössen E und P nochmals anders kombiniert, nämlich ~ zu der dielektrischen Verschiebungsdichte D: ~ = ε0 E ~ + P~ . D Aufgaben 1 Klassischer Elektronenradius [3P] Wir stellen uns klassisch ein Elektron als eine kleine massive Kugel vor. (a) [1P] Wie gross wäre der minimale Elektronradius, wenn die elektrostatische Energie nicht grösser werden darf als die Ruhenergie mc2 des Elektrons? Vergleiche diesen Wert mit dem Literaturwert (z.B. bei der Particle data group). (b) [1P] Wie gross wäre die Winkelgeschwindigkeit dieses ’klassischen’ Elektrons, wenn sein Drehimpuls h/(4π) beträgt (h ist das Plancksche Wirkungsquantum, h = 6.63 · 10−34 J/s)? (c) [1P] Welche Tangentialgeschwindigkeit ergäbe sich am Elektronäquator, wenn seine gesamte elektrostatische Energie die Ruheenergie aufbringen würde? Geben Sie bei (a) und (c) auch ein Erklärung ab, ob die errechneten Werte einen Sinn ergeben oder nicht. 4 Lösung (a) Für die Feldenergiedichte wFeld gilt: ε0 ~ 2 |E| . 2 Somit gilt für die im Feld gespeicherte Energie EFeld : Z Z ε0 ~ 2 dV + ~ 2 dV EFeld = |E| |E| 2 aussen innen wFeld = (1.1) (1.2) Da das Feld isotrop ist, hängt die elektrische Feldstärke nur vom Radius r ab, wobei sie ausserhalb der Kugel 1 e (1.3) · Eaussen (r) = 4πε0 r2 und innerhalb der Kugel (wir nehmen eine homogene Ladungsverteilung an) Einnen (r) = e r · 3 4πε0 Re (1.4) beträgt. Re sei dabei der gesuchte Elektronenradius. Wir können also in Kugelkoordinaten schreiben: Z Re Z 1 Z Z ∞ ε0 2π 2 2 E(r)2 r2 dr (1.5) EFeld = d cos θ E(r) r dr + dφ 2 0 0 −1 Re Z ∞ 2 Z Re 4 e2 r r = 2πε0 · dr + dr (1.6) 6 (4πε0 )2 Re r4 R 0 e Re ∞ e2 (1.7) = · − r−1 + r5 · (5Re6 )−1 8πε0 0 Re 3e2 = . (1.8) 20πε0 · Re Nun setzen wir die Feldenergie der Ruheenergie me c2 gleich und lösen nach Re auf: Re = 3e2 = 1.69 · 10−15 m = 1.69 fm. 20πε0 · me c2 (1.9) Der Literaturwert (siehe Particle Data Group: http://pdg.lbl.gov) für den klassischen Elektronradius ist angegeben als ReLit = 2.8179403227 · 10−15 m = 2.82 fm. Unser berechneter Radius ist sogar ein wenig kleiner als der in der Literatur angegebene Wert. Vergleicht man allerdings diesen Radius mit dem gemessenen Protonenradius von (0.84087±0.00039) fm (Particle Data Group http://pdg.lbl.gov/, charged radius from µp Lamb shift) so macht die Rechnung wenig Sinn. Elektronen sind deutlich kleiner als Protonen. Präziser, bis heute geht man davon aus, dass Elektronen punktförmige Teilchen sind, welche keine Ausdehnung oder Unterstruktur haben. (b) Das Trägheitsmoment einer Vollkugel ist gegeben durch J = 2/5 · m · r2 . Womit mit L = J · ω gilt: ω= L 5h rad = = 5.06 · 1025 . J 8πme Re2 s (1.10) (c) Weiter folgt für die Tangentialgeschwindigkeit: vtang = ω · Re = 8.5 · 1010 m = 285 · c. s (1.11) Die Tangentialgeschwindigkeit ist also deutlich höher als die Lichtgeschwindigkeit c! Der hergeleitete Radius Re ist also viel grösser als der effektive Radius der Elektronen und damit sind wohl die gemachten Annahmen falsch. 5 2 Elektrischer Dipol [2P] In der Vorlesung wurde gezeigt, dass für einen elektrischen Dipol, dessen Ladungen auf der z-Achse liegen, bei grossen Abständen das elektrische Potential mit V (r) = |~ p| cos θ 4π0 r2 angenähert werden kann (r2 = x2 + y 2 + z 2 und θ der Winkel zwischen der z-Achse und ~r). (a) [1.5P] Berechnen Sie daraus die elektrische Feldstärke auf der x-Achse und auf der z-Achse. Nutzen Sie ~ = −grad V . dafür die Beziehung E z Anmerkung: Auf der x-Achse r = x kann die Näherung cos θ ≈ |x| verwendet werden. (b) [0.5P] Skizzieren Sie die Feldvektoren in beiden Situationen. Lösung (a) Der Gradient des elektrischen Potentials ist: ~ E = −gradV ~ = −∇V (2.1) (2.2) p| cos θ ~ |~ . = −∇ 4πε0 r2 (2.3) Für die x-Achse setzen wir r = x und cos θ ≈ z/|x|: ~ x-Achse E ~ = −∇ |~ p| z/|x| 4πε0 x2 ∂ z (2.4) 3 |x| |~ p| ∂x ∂ z = − ∂y |x|3 4πε0 ∂ z (2.5) |x|3 = − |~ p| 4πε0 ∂z −3z sgn(x)x4 0 1 |x|3 . (2.6) Betrachtet man die Symmetrie des Feldes und setzt z = 0 in die Mitte des Dipols (Kreuzung der z- und x-Achse), so folgt schliesslich für das E-Feld auf der x-Achse: 0 |~ p| ~ x-Achse = 0 . E (2.7) 4πε0 −1 |x|3 Für die z-Achse setzen wir r = z und θ = 0 für z > 0 bzw. θ = π für z < 0. Letzteres ändert das Vorzeichen des Kosinus und wird hier mit sgn(z) berücksichtigt: |~ p| sgn(z) ~ ~ Ez-Achse = −∇ (2.8) 4πε0 z 2 sgn(z) ∂ 2 = z |~ p| ∂x ∂ sgn(z) − ∂y 2 z 4πε0 ∂ sgn(z) ∂z (2.9) z2 = 0 |~ p| . 0 4πε0 2 sgn(z) z3 6 (2.10) Man sieht, dass sowohl auf der x-Achse als auch auf der z-Achse die Feldvektoren in der Näherung des Fernfeldes in z-Richtung zeigen; auf der x-Achse zeigen sie in negative z-Richtung, auf der z-Achse sind sie bei gleichem Abstand doppelt so lang und entgegengesetzt gerichtet. In jedem Fall nimmt die Stärke mit der dritten Potenz des Abstands ab. (b) Für die Skizze siehe Abb. 2. 3 Dielektrikum in Plattenkondesator [2P] Eine Platte mit Breite b und Länge L aus Isolationsmaterial mit Dielektrizitätskonstante εr wird seitlich in xRichtung in einen Plattenkondensator (Kapazität im leeren Zustand ist C0 ) der an einer konstanten Spannung V0 angeschlossen ist hineingeschoben, bis bei x = L die Platte das Volumen des Kondensators vollständig ausfüllt. (a) [0.5P] Wie verändert sich die Kapazität Cx in Funktion von x? (b) [0.25P] Wie gross ist die im Kondensator gespeicherte Energie We in Funktion von x? (c) [0.5P] Berechnen Sie die auf die Platte wirkende Kraft Fx als Funktion von x. (d) [0.25P] In welche Richtung zeigt die Kraft? (e) [0.5P] Diskutieren Sie die Energieformen die während des Vorgangs auftreten. Lösung (a) Die Kapazität eines Plattenkondensators mit Plattenfläche A, ohne Dielektrikum, ist gegeben durch C0 = ε0 A . d (3.1) Die gesuchte Kapazität eines Kondensators mit einem nur teilweise, bis zum Punkt x < L, eingeschobenen Dielektrikum, bezeichnen wir mit Cx . Diese Kapazität ist gleichwertig mit zwei parallelgeschalteten Kondensatoren: einem mit der Länge x und Kapazität C1 mit Dielektrikum, und einem mit der Länge L − x und Kapazität C2 (ohne Dielektrikum): C1 = εr ε0 bx d und C2 = ε0 b (L − x) . d (3.2) Die Gesamtkapazität ist dann Cx (x) = C1 + C2 = ε0 b ε0 b (εr x + L − x) = (L + (εr − 1) x) , d d oder, mit bL = A und der oben eingeführten Bezeichnung C0 : x Cx (x) = C0 1 + (εr − 1) . L (3.3) (3.4) (b) Die im Feld gespeicherte potentielle Energie wird Feldenergie genannt und hat den Betrag 1 Cx V02 . 2 (3.5) V02 V2 x Cx (x) = 0 C0 1 + (εr − 1) . 2 2 L (3.6) We = Damit erhalten wir: We = 7 (c) Das System besteht aus einem elektrischen Kreis mit Spannungsquelle (z.B. einer Batterie) und Kondensator. Im Gleichgewicht ist die Energie auf die Spannungsquelle und den Kondensator verteilt. Eine Veränderung muss von Aussen herbeigeführt werden, in diesem Fall dadurch, dass ein Dielektrikum zwischen den Platten eingeführt wird, und somit den Ladungszustand verändert (wir nehmen dabei an, dass der Abstand zwischen den Platten konstant bleibt). Für die Änderung der Energien gilt wegen Energieerhaltung: dWe + dWmech + dWV = 0. (3.7) Die Interpretation ist wie folgt: dWe ist die Veränderung der Feldenergie wenn die Ladung der Kondensatorplatten sich ändert; dWmech ist die entsprechende mechanische Arbeit; dWV ist die Arbeit der Spannungsquelle die mit der Verschiebung von Ladungen verbunden ist: positiv falls positive Ladung den Pluspol verlassen. Die Beiträge lassen sich im Falle, wo wir annehmen, dass die Spannungsquelle Ladung abgibt, folgendermassen ausdrücken: Die Spannungsquelle verliert Ladung dQ und damit die Energie dWV = −V0 dQ. (3.8) Die Ladung dQ von der Spannungsquelle geht an die Kondensatorplatten über, wodurch die Feldenergie im Kondensator sich entsprechend verändert: dWe = 1 V0 dQ. 2 (3.9) Speziell sehen wir, dass diese Energie nur die Hälfte der von der Spannungsquelle abgegebene Energie ausmacht. Die mechanische Energie bekommen wir jetzt mit Gl.(3.7): 1 1 dWmech = −dWV − dWe = V0 dQ − V0 dQ = V0 dQ = dWe . 2 2 (3.10) Die mechanische Energie, die Arbeit verbunden mit der Verschiebung des Dielektrikums, ist generell gegeben durch: dWmech = F~ · d~r = Fx dx , (3.11) und somit (ohne auf die mathematischen Einzelheiten einzugehen) bekommen wir mit dem Ausdruck für die Feldenergie in (b): dWe d V02 x V 2 C0 Fx = = C0 1 + (εr − 1) = 0 (εr − 1) , (3.12) dx dx 2 L 2L also unabhängig von x und damit konstant. (d) Das Resultat im Teil (c) sagt uns, dass die Kraft konstant ist, und in die positive x-Richtung zeigt (ins Innere des Kondensators). Das Dielektrikum wird also in den Kondensator hineingezogen, obwohl die im Kondensator gespeicherte Feldenergie dadurch ansteigt. Siehe dazu auch Teil (e). (e) Folgende Formen von Energie kommen vor: - die kinetische Energie des Dielektrikum, - die durch Reibung freigesetzte Wärme, - die im Kondensator gespeicherte Feld-Energie, - die von der Spannungsquelle abgegebene Energie. Die Tatsache, dass das Dielektrikum in den Kondensator hineingezogen wird, obwohl die im Kondensator gespeicherte Feldenergie dadurch ansteigt, darf nicht vorschnell interpretiert werden, denn das Bild ist erst 8 vollständig, wenn die Energie, die von der Spannungsquelle geliefert wird, mit betrachtet wird. Und das kann so gehen: Nach Teilaufgabe (c) liefert die Spannungsquelle doppelt so viel Energie wie im Feld des Kondensators gespeichert wird: Bei konstant gehaltener Spannung V0 steigt die Ladung im Kondensator um den Faktor εr an. Die Hälfte der von der Spannungsquelle gelieferten Energie wird für die Arbeit aufgewendet um das Dielektrikum zwischen den Platten hineinzuziehen. Und was wäre, falls das Dielektrikum sich horizontal zwischen den Platten, ohne Reibung bewegen liesse? Dann gewinnt das Dielektrikum von x = 0 an kinetische Energie bis es in der Mitte (x = L) ankommt. Das Dielektrikum würde dann wegen der fehlenden Reibung ’überschwingen’ und auf der anderen Seite (x > L) hinaustreten. Da die Kraft Fx unabhängig von x ist, erfolgt eine abrupte Richtungsänderung bei x = L und damit wird das Dielektrikum nach passieren der Mitte durch eine gleich grosse Kraft in die Gegenrichtung gebremst, bis die vorher gewonnene kinetische Energie aufgebraucht ist, und das Dielektrikum in der Position x = 2L zum Stillstand kommt. Danach wird das Dielektrikum wieder in den Kondensator hineingezogen und die Energie pendelt zwischen Spannungsquelle, Kondensator und Dielektrikum. Es gibt zwar auch eine elektrostatische Kraft senkrecht zwischen den Kondensatorplatten, aber da wir annehmen, dass die Platten fixiert sind, kann die Kraft keine Arbeit leisten. 4 Plattenkondensator I [2P] In einem Plattenkondensator mit einem Plattenabstand von d0 = (2.0 ± 0.2) mm, der in einem flüssigen Dielektrikum (ρ = 0.9 g/cm3 ) war, wurde im Hörsaal eine Steighöhe von h0 = (3.76 ± 0.02) mm bei einer angelegten Spannung von V0 = 5 kV gemessen. Berechne die elektrische Suszeptibilität des Dielektrikums und deren Unsicherheit. Lösung Wir bezeichnen mit h0 die Steighöhe, mit b die Länge der Kondensatorplatten und mit d0 den Plattenabstand. Die angelegte Spannung wird mit V0 bezeichnet. Die Suszeptibilität ist χ0 = εr − 1. In guter Näherung können wir annehmen dass die elektrische Suszeptibilität χe von Luft gleich die von Vakuum ist. Da am Plattenkondensator konstante Spannung anliegt wird sich die elektrische Feldstärke während des gesamten Vorgangs des Steigens des Dielektrikum nicht ändern, d.h. die Feldenergie ändert sich um den Faktor εr = 1 + χ0 . Während das Dielektrikum steigt kann immer mehr Ladung auf dem Kondensator gespeichert werden, da sich seine Kapazität gemäss der Formel von Aufgabe Dielektrikum in Plattenkondensator (a) erhöht; tatsächlich verrichtet die Spannungsquelle zur Ladungserhöhung Arbeit am Kondensator. Diese Arbeit wird in Form von Höhenenergie des Flüssigdielektrikums und in elektrischer Feldenergie gespeichert und zwar, nach Teilaufgabe (c) der Aufagbe Dielektrikum in Plattenkondensator, zu gleichen Teilen. Die gravitative Energie der Flüssigkeitssäule kann durch Integration ermittelt werden oder über den Schwerpunkt, der auf halber Höhe sich befindet. Wir machen also den Ansatz: ∆Eel (h0 ) V02 h0 b ε0 (εr − 1) 2 d0 V02 h0 b ε0 (εr − 1) 2 d0 V02 ε0 χ0 = ∆Egrav (h0 ) = mg = ρ · h0 bd0 · g h 2 = ρh0 d20 g. 9 (4.1) (4.2) h0 2 (4.3) (4.4) Damit folgt: χ0 = = ≈ ρh0 d20 g V02 ε0 9 × 102 (4.5) kg m3 2 · 3.76 × 10−3 m · 2.0 × 10−3 m · 9.81 sm2 2 5 × 103 V · 8.854 × 10−12 V2Jm 0.59990. (4.6) (4.7) Wir führen noch die quadratische Fehlerrechnung nach der Methode von Gauß durch: s s 2 2 2 2 2 ∂χ0 ρd0 g ∂χ0 2ρh0 d0 g = + ∆d0 + ∆h0 ∆d ∆h ∆χ0 = 0 0 ∂d0 ∂h0 V02 ε0 V02 ε0 s s 2 2 2 2 2 2 · 2 × 10−4 m 2 × 10−5 m 1 + ≈ 0.12002. = χ0 ∆d0 + ∆h0 ≈ 0.59990 d0 h0 2.0 × 10−3 m 3.76 × 10−3 m Damit ist die Suszeptibilität des flüssigen Dielektrikums: χ0 ≈ 0.6 ± 0.1. 5 Kugelkondensator [3P] Ein Kugelkondensator mit den Radien Ri = 5 cm und Ra = 6 cm liegt an einer Spannung V = 6 kV. (a) [1P] Welche Kapazität hat der Kondensator und welche Ladung ±Q tragen die Kugeln? Wie gross ist die minimale und maximale Feldstärke E innerhalb des Kondensators? Wie gross ist die Feldenergie W ? (b) [1P] Welchen Wert hätte die Kapazität, wenn Ra Ri = 5 cm? (c) [1P] Der Kondensator schlägt bei kritischen Feldstärken Ek = 30 kV/cm durch. Wie gross muss bei festgehaltenem Aussenradius Ra = 6 cm der Innenradius Ri gewählt werden, damit eine möglichst hohe Spannung angelegt werden kann? Welchen Wert erreicht die Spannung dann? Lösung (a) Für das Resultat spielt es keine Rolle, aber der Übersichtlichkeit halber nehmen wir an, dass die innere Kugel eine positive Ladung Q+ trägt (wie in Bild nebenan gezeigt). Abstände r werden vom Ursprung im gemeinsamen Zentrum der beiden Kugeln angegeben. Das Feld E(r) ist radialsymmetrisch und somit konstant auf jeder beliebigen sphärischen Fläche mit Radius r und Ri < r < Ra , konzentrisch mit den Kondensatorkugeln. Nach dem Gauß’schen Satz ist dann der Fluss Φ des elektrischen Feldes senkrecht durch eine solche Fläche: I ~ · dA ~ = E(r) Ar = Q+ Φ= E (5.1) ε0 r Q+ ⇒ E 4π r2 = (5.2) ε0 Q+ ⇒ E = . (5.3) 4π ε0 r2 Für r ≤ Ri und r ≥ Ra gilt E = 0. 10 Abbildung 4: Schnitt durch das zentralsymmetrische elektrische Feld eines geladenen Kugelkondensator. Eine konzentrische Gauß’sche Fläche mit Radius r ist zwischen den sphärischen Kondensatorflächen gezeigt. Es wird hier angenommen, dass die innere Fläche positiv geladen ist. Die Ladung Q+ können wir mit Hilfe der Potentialdifferenz (potentielle Energie) für einen Integrationsweg entlang eines Radius berechnen: Z Ra Z Ra Q+ Q+ 1 1 Q+ Ra − Ri dr = Vi − Va = E dr = − = (5.4) 2 4πε0 Ri Ra 4πε0 Ri Ra Ri Ri 4πε0 r so dass Q+ = 4πε0 (Vi − Va ) Ri Ra Ra − Ri . (5.5) Setzt man die entsprechenden Zahlen ein ergibt sich die Ladung Q+ = 0.20 · 10−6 C. Für das maximale und das minimale elektrische Feld im Kondensator bekommen wir die Werte Emin (r = Ra ) = 500 kV/m und Emax (r = Ri ) = 720 kV/m. Mit der Definition der Kapazität eines Kondensators erhalten wir für den Kugelkondensator, mit den oben errechneten Wert für die Ladung Q+ , und die im Text gegebene Kondensatorspannung Vi − Va : Q+ = 33 pF. Vi − Va (5.6) 1 CV 2 = 5.94 · 10−4 J. 2 (5.7) C= Die Feldenergie W berechnet sich zu: W = (b) Mit den Gl.(5.4) und (5.5) berechnen wir einen Ausdruck für die Kapazität als Funktion von den beiden Radien: ! Q+ R R R Ri Ra i a i = 4π ε0 C= = 4π ε0 = 4π ε0 . (5.8) Ri Vi − Va Ra − Ri 1− R R 1 − Ri a Falls Ra Ri , kann man in erster Näherung im Nenner Ri Ra Ra a neben 1 vernachlässigen, und man erhält: C = 4π ε0 Ri = 5.56 pF. (5.9) (c) Oben erhielten wir generell für das Feld im Kugelkondensator: E= 1 Q ∝ 2 4πε0 r2 r (5.10) Das Feld wird also den grösseren Wert an der inneren Kugel annehmen. In dieser Aufgabe wird der äussere Radius konstant gehalten, den wir hier mit Ra ≡ R bezeichnen; der innere Radius ist die Variable r. Die Ladung Q ist unbekannt, und abhängig von r. Gleichung (5.4) gibt uns die Spannung über einen Kugelkondensator als: Q R−r V (r) = . (5.11) 4πε0 rR Mit Gl.(5.10) gilt für das kritische Feld: Ekrit r2 = so dass V (r) = Ekrit r 2 R−r rR Q 4πε0 = Ekrit (rR − r2 ). R (5.12) (5.13) Wir suchen den inneren Radius r bei dem die Spannung maximal wird: Ableitung von V (r) nach r gibt uns: d Ekrit V (r) = (R − 2r). (5.14) dr R 11 Die Ableitung wird null für r = R 2. Somit ist der gesuchte Radius ri der inneren Kugel: ri = R Ra = = 0.03 m. 2 2 (5.15) Wir sehen, dass der ermittelte innere Radius kleiner ist als der äussere Radius und das Ergebnis damit plausibel ist. Auch überzeugen wir uns mit Gl.(5.13), dass wir für V (r) ein Maximum gefunden haben, denn für grosse und kleine r verhält sich V (r) wie −r2 , deren einzigen eigentlichen Extremum ein Maximum ist. Die maximale Spannung erhalten wir aus Gl.(5.13), mit r = R2 als: 2 ! Ekrit R 1 R V (r) = = Ekrit R = 45.0 kV. R− (5.16) R 2 2 4 2. Mai 2017 12