Okklusion Grundbegriffe Okklusion1 jeder Kontakt zwischen den Zähnen des OK u. UK. Statische Okklusion1 Zahnkontakte ohne Bewegung des UK in Interkuspidation. Dynamische Okklusion1 Zahnkontakte, die bei Bewegung des UK (früher: Artikulation) entstehen. Habituelle Okklusion1 gewohnheitsmäßig eingenommene statische Okklusion (früher: Schlussbiss). Maximale Okklusion (Maximale Interkuspidation)1 statische Okklusion mit maximalem Vielpunktkontakt. Zentrische Kondylenposition1 (Zentrik) kranioventrale, nicht seitenverschobene Position beider Kondylen bei physiologischer Kondylus-Diskus-Relation und physiologischer Belastung der beteiligten Gewebe. Scharnierachse1 dem UK zugeordnete, ortsfeste Drehachse bei Öffnungs- und Schließbewegung des UK („hinge axis“). Zentrische Scharnierachse1 in zentrischer Kondylenposition bestimmte Scharnierachse. Geometrische Scharnierachse bei rein rotatorischen Öffnungs- und Schließbewegungen. Zentrische Okklusion1 statische Okklusion in zentrischer Kondylenposition. Interkuspidationsposition (IKP) Kondylenposition in habitueller Okklusion. Retrale Kontaktposition (RKP) 1 statische Okklusion in zentrischer Kondylenposition. nach Terminologie-Liste der DGFDT und DGZPW (2005) Schematische Darstellung Zentrik – IKP – zentrische Okklusion Zentrik Interkuspidationsposition (nach Lotzmann 1989) zentrische Okklusion Aus ihrer zentrischen Position (1) sind die Kondylen in habitueller Okklusion häufig verlagert (s. oben). Nach Gerber wird eine unphysiologische Einengung des Gelenkspaltes als Kompression (2), eine unphysiologische Erweiterung des Gelenkraumes als Distraktion (3) bezeichnet. Zudem kann eine Verlagerung des Kondylus nach ventrokaudal (4) (Anteriorverlagerung) oder dorsokaudal (5) (Posteriorverlagerung) vorliegen. 448 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Restaurative Zahnheilkunde 14 „Point centric“ zentrische Okklusion. „Long centric“ Gleitmöglichkeit des UK von 0,2–0,5 mm in rein sagittaler Richtung von der RKP in die IKP, ohne dass sich die Bisshöhe (vertikale Relation) ändert. „Wide centric“ Gleitmöglichkeit des UK auch in transversaler Richtung von der RKP in die IKP. „Freedom in centric“ okklusaler Bewegungsspielraum, in dem die Spitzen der tragenden Höcker, unbeeinflusst von den Höckerabhängen, Bewegungen in sagittaler und auch in transversaler Richtung zwischen der RKP und der IKP durchführen können, ohne dass die Bisshöhe sich ändert. „Slide in centric“ Abgleiten des UK von der RKP in die IKP. „Perverted centric“ Auftreten einer Veränderung der Bisshöhe bei sagittaler und/oder transversaler Gleitmöglichkeit von der RKP in die IKP. Zentrische Stopps okklusale Kontakte der OK- und UK-Zähne in maximaler Interkuspidation. Zentrischer Vorkontakt vorzeitiger Kontakt eines Zahnes oder einer Zahngruppe, die den UK aus der zentrischen Kondylenposition in eine Zwangsposition führt. Zentrischer Höcker tragender Höcker (Stampfhöcker); im OK die palatinalen Höcker, im UK die bukkalen Höcker der Seitenzähne. Nichtzentrischer Höcker nichttragender Höcker (Scherhöcker); im OK die bukkalen Höcker, im UK die lingualen Höcker. Zahn-zu-Zahn-Okklusion jeder Seitenzahn okkludiert nur mit einem Antagonisten. Im natürlichen Gebiss höchst selten (singulärer Antagonismus). Merkmal der Aufwachstechnik nach Thomas. Absolute Tripodisierung (s. unten). Zahn-zu-2-ZahnOkklusion jeder Seitenzahn okkludiert mit 2 Antagonisten. Natürliche Verzahnungsform. Zentrische Stopps (Mod. nach Ash u. Ramfjord 1982) Die Abbildung zeigt die Lage der zentrischen Stopps in einer „normalen“ Okklusion mit einer Zahn-zu-2-ZahnBeziehung (Angle Klasse I) mit Höcker-Fossa- und Höcker-Randleisten-Kontakten. Die Zahlen bezeichnen die jeweiligen korrespondierenden Kontaktbereiche (rosa). Idealisiert (Restaurationen) entstehen (rot) Dreipunktkontakte auf den konvex geformten Dreieckswülsten nahe der Fossae (Tripodisierung) und Zweipunktkontakte auf den mesialen und distalen Randleisten benachbarter Zähne (Bipodisierung; entspricht nicht exakt der Aufwachstechnik nach Payne). 12 8 10 6 5 9 13 11 9 13 12 10 1 UK 7 8 2 3 7 11 OK 4 3 5 6 4 1 2 Restaurative Zahnheilkunde Okklusionskonzepte der statischen Okklusion Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 14 Okklusion 449 Okklusion Grundbegriffe der UK-Bewegungen in der Horizontalebene Laterotrusionsseite: Arbeitsseite; Kieferseite, auf der sich der UK von der Medianebene nach lateral bewegt. Mediotrusionsseite: Nichtarbeitsseite, Balanceseite; Kieferseite, auf der sich der UK zu der Medianebene hin bewegt. Bennett-Bewegung: seitliches Versetzen der Laterotrusionskondylen während einer Laterotrusionsbewegung des UK. Sie kann unmittelbar zu Beginn einer Lateralbewegung (immediate side shift) erfolgen oder gleichmäßig in die Lateralbewegung eingehen (progressive side shift). Bennett-Winkel: in der Horizontalebene gemessener Winkel zwischen der sagittalen Protrusionsbahn und der Meditrusionsbahn des Kondylus. Bennett-Bewegung Bennett-Winkel § B A A' Median-Ebene B' Laterotrusionsseite Mediotrusionsseite Stützstiftregistrierung – Pfeilwinkel Zur Aufzeichnung der lateralen und protrusiven Grenzbewegungen des UK in der Horizontalebene wird die sogenannte intraorale Stützstiftregistrierung eingesetzt. Dabei wird meist ein herausdrehbarer Schreibstift mit einer OKBasisplatte verbunden, dem im UK eine Schreibplatte gegenüberliegt. Durch Herausdrehen des Stiftes wird der Biss gerade so weit gesperrt, dass er auf der Schreibplatte ohne Zahnkontakte gleiten kann. Das Registrat wird wegen seiner Form als „Pfeilwinkel“ oder auch „gotischer Bogen“ (Gothic arch) bezeichnet. Die Spitze des Pfeilwinkels markiert idealerweise jene UK-Position, bei der sich die Kondylen in Zentrik befinden. Lässt man den Patienten schnell hintereinander den Mund öffnen und schließen, entsteht vor der Pfeilspitze ein Feld naheliegender Punkte, die der IKP entsprechen; wenn die IKP in sagittaler Richtung bis max. 1 mm vor der Pfeilspitze liegt, handelt es sich um eine „long centric“(1). Fällt die IKP mit der Pfeilspitze zusammen, liegt eine „point centric“ vor (2). Auch Hinweise auf Veränderungen im Kiefergelenk (3) oder Bewegungseinschränkungen (4, hier z. B. rechtes Kiefergelenk) können aus dem Registrat gewonnen werden. Eine gerundete Pfeilspitze (5) weist darauf hin, dass der Patient aus einer (habituell) vorgeschobenen Position heraus seine Bewegungen aufgezeichnet hat. Eine Verlängerung der Zeichnung über die eigentliche Pfeilspitze hinaus (6) kann als forcierte Retrusion über die Zentrallage hinaus interpretiert werden. 450 1 2 3 4 5 6 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Restaurative Zahnheilkunde 14 Grenzbewegungen des UK-Inzisalpunkts („Posselt-Diagramm“) A: Endpunkt der initialen Rotationsbewegung. mMö: maximale Mundöffnung. Pr: Protrusionsstellung. R: Ruhelage (unbewusste Abstandshaltung vom UK zum OK bei aufrechter Kopf- und Körperhaltung). Die Strecke IKP-RKP-A-mMÖ entspricht der Öffnungsbewegung, dabei entspricht die Bewegung RKP-A einer Rotation um die Scharnierachse, die von A-mMÖ in eine kombinierte Dreh-GleitBewegung übergeht. Die gestrichelte Linie entspricht einer normalen Schließbewegung. RKP IKP Pr R A mM Die sagittale Kondylenbahn beschreibt die Bewegung eines Kondyluspunktes in der Sagittalebene, die mittels extraoraler Registrierung aufgezeichnet werden kann. Zieht man eine Gerade durch Beginn und Ende der Bahn und bestimmt den Winkel zu einer definierten Schädelbezugsebene, erhält man den Kondylenbahnneigungswinkel (Gelenkbahnneigung; zur Camper-Ebene etwa 33°, zur Frankfurter Horizontalen etwa 40–45°). Der sog. Fischer-Winkel wird in der Sagittalebene durch die Protrusionsund Mediotrusionsbahn des Nichtarbeitskondylus gebildet. Er beträgt im Schnitt 10°. Okklusionskonzepte der dynamischen Okklusion frontzahngeschützte Okklusion Bei Protrusion und Laterotrusion kommt es nur an OK- und UK-FZ zu dynamischen Okklusionskontakten. Alle übrigen Zähne diskludieren sofort (synonym: Frontzahnführung, Front-Eckzahn-Führung). eckzahngeschützte Okklusion Bei Protrusion und Laterotrusion kommt es nur an den OK- und UK-Eckzähnen zu dynamischen Okklusionskontakten. Alle übrigen Zähne diskludieren sofort (synonym: Eckzahnführung). unilateral balancierte Okklusion Bei Laterotrusion führen alle Zähne der Arbeitsseite, während alle übrigen Zähne (Schneidezähne, Zähne der Mediotrusionsseite) diskludieren. Die an den Antagonistenpaaren der Arbeitsseite entstehenden dynamischen Okklusionskontakte werden als Gruppenkontakte bezeichnet (synonym: Gruppenführung). bilateral balancierte Okklusion Bei Laterotrusionsbewegungen treten sowohl auf der Laterotrusionsseite als auch auf der Mediotrusionsseite dynamische Okklusionskontakte auf. Dieses Okklusionskonzept wird typischerweise für Hybrid- und Totalprothesen gewählt, um eine zusätzliche Stabilisierung des Zahnersatzes bei exzentrischen Bewegungen zu erreichen. Restaurative Zahnheilkunde Grundlagen der Bewegungen des UK in der Sagittalebene Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 14 Okklusion 451 Okklusion Determinanten der okklusalen Morphologie Determinante Eigenschaft Auswirkung Kondylenbahn je steiler desto höher und steiler die Höcker Frontzahnführung je größer der vertikale Überbiss größer der horizontale Überbiss desto höher und steiler die Höcker kürzer und flacher die Höcker Okklusionsebene je paralleler zur Kondylenbahn desto kürzer und flacher die Höcker Spee-Kurve je gekrümmter die Spee-Kurve desto kürzer und flacher die Höcker „Immediate side shift“ (ISS) je größer der ISS desto kürzer und flacher die Höcker Shift-Winkel des rotierenden Kondylus surtrusiver die Bewegungsbahn desto kürzer und flacher die Höcker je Entfernung der Kaufläche je vom rotierenden Kondylus größer die Entfernung Entfernung der Kaufläche von Mittsagittalebene je größer die Entfernung Bennett-Bewegung je stärker ausgeprägt „Immediate side shift“ (ISS) je größer der ISS Shift-Winkel des rotierenden Kondylus je retrusiver die Bewegungsbahn Interkondylarlänge je länger 9 desto > > > > > > > > > desto > > größer der Winkel > > = zwischen Medio- und > desto > > Laterotrusionsbahn im > > > okklusalen Kompass desto > > > > > desto > > ; desto kleiner der Winkel zwischen Medio- und Laterotrusionsbahn im okklusalen Kompass Aus: Kordaß B. Mastikatorische Funktion. In: Reitemeier B, Schwenzer N, Ehrenfeld M. Einführung in die Zahnmedizin. Stuttgart: Georg Thieme Verlag; 2006 Höcker-Fossa-Beziehung M Sie ist in unversehrten natürlichen Gebissen am häufigsten zu finden. L Höcker, Höckerabhänge und Randleisten dienen dem Zerkleinern der Nahrung, Fissuren bilden Abflusskanäle für den Nahrungsbrei und „Einflugschneisen“ für die tragenden Höcker der Antagonisten. Die Linien zeigen die Laterotrusions- (L), die Mediotrusions- (M) und die Protrusionswege (P) der jeweiligen antagonistischen Höcker. Die Kontaktpunkte liegen nicht auf den Höckerspitzen, sondern auf den Dreieckswülsten und den Höckerabhängen. Zum Erreichen einer axialen Zahnbelastung muss der B-Kontakt mindestens mit dem A- oder dem C-Kontakt kombiniert sein. Eine Kombination von A- und C-Kontakten führt zu extraaxialen Belastungen. P M P L A B C A C Einschleifregeln 452 lingual bukkal lingual bukkal lingual bukkal Prinzip: „adjust away from function“ Niemals beschleifen: zentrische Stopps, tragende Höckerspitzen (Erhalt der vertikalen Dimension), Randleisten unter das Niveau der Nachbarrandleiste (Vermeiden „food impaction“), Schneidekanten. BOLU-Regel: Interferenzen auf Einschleifen der Mediotrusionsseite Einschleifen der Mediotrusionsseite der Laterotrusionsseite werden am bei lingual gekippten UK-Molaren: bei bukkal gekippten UK-Molaren: bukkalen Höcker im OK und am Einschleifen am OK-Zahn. Einschleifen am UK-Zahn. lingualen Höcker im UK eliminiert. Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Restaurative Zahnheilkunde 14