ZIG Newsletter 02/15 14 Hochhäuser unter der Lupe Exergievergleich zweier Netztypen Suurstoffi auf dem Zielpfad Vorwärmen mit Luftkollektoren Neue Mitarbeitende Kurzinformationen 14 Hochhäuser unter der Lupe Sie sind Landmarks des urbanen Raumes, die Hochhäuser in unseren Städten und Agglomerationen. Ob diese Türme auch hinsichtlich ihrer Nachhaltigkeit ähnlich prominent sind, wird an der Hochschule Luzern untersucht. Architekten, Bautechniker, Gebäudetechniker und Immobilienökonomen analysierten die Fassaden von 14 Hochhäusern (Büro-, Schul- und Wohnbauten) nach verschiedenen Aspekten. Im Teilprojekt «Ökobilanzierung» erhoben die Wissenschafter des ZIG die Umweltbelastungspunkte, die graue Energie sowie die grauen Treib­hausgasemissionen. Als Grundlage dienten das Merkblatt SIA 2032 Graue Energie und die Ökobilanzdaten der KBOB, allerdings mit teilweise modifizierten Werten für die Nutzungsdauer der Bauteile. Bei diesen drei Kriterien schneiden die einschichtigen Lochfassaden am besten ab, sowohl zum Zeitpunkt der Erstellung als auch über den gesamten Lebenszyklus betrachtet. Vorhangfassaden weisen deutlich höhere Werte auf. In den Bilanzen fällt die dominante Stellung der Verglasung und vor allem der Fensterrahmen auf. Die Dämmung und der Sonnenschutz sind dagegen von geringerer Bedeutung. Die durch die Fassade bedingte Behaglichkeit wurde anhand von 5 Kriterien erhoben – Tages­lichtangebot, Storensteuerung, sommerlicher Wärmeschutz, Kaltluftabfall und die Möglichkeit zur Öffnung von Fenstern. Alle Wohn- und Arbeitsräume der 14 Hochhäuser wurden als behaglich bewertet. Auf diesem hohen Niveau sind indessen erhebliche Unterschiede dokumentiert. Diese können im wesentlichen mit dem Sonnenschutz begründet werden. Bei innenliegendem Sonnenschutz ist die Behaglichkeit beeinträchtigt, während aussen oder im Zwischenraum von zweischichtigen Fassaden montierte Einrichtungen eine höhere Behaglichkeit ermöglichen. Allerdings sind die Planer in der Positionierung des Sonnenschutzes nicht völlig frei. Die exemplarischen Aussagen sind Teil einer breiten Untersuchung mit einer Vielzahl weiterer Kriterien. Ziel ist ein Tool oder ein Ratgeber, um Investoren und Planenden vor allem auch in frühen Projektphase entsprechende Entscheidungsgrundlagen zu liefern – in Anbetracht einer Verdichtung unseres Siedlungsraumes ein aktuelles und bedeutendes Anliegen. Kontakt: [email protected] Punkte 200 190 160 160 170 120 170 150 100 Bewertung der durch die Fassade bedingten Behaglichkeit in 14 Hochhäusern in Punkten. Quelle: ZIG 120 120 160 160 160 150 110 70 50 0 – 50 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 Tageslicht Storensteuerung 13 14 Hochhaus Sommerlicher Wärmeschutz Kaltluftabfall Fensteröffenbarkeit Total Suurstoffi auf dem Zielpfad Der Ortsteil Rotkreuz der Gemeinde Risch entwickelt sich sehr dynamisch. Dazu zählt das Suurstoffi-Areal, mittlerweile ein Musterbeispiel nachhaltiger Arealentwicklung. Im Endausbau sollen 2500 Arbeitsplätze und 1500 Bewohner auf einer Energiebezugsfläche von insgesamt 165 000 m2 Platz finden. Die Realisierung erfolgt in drei Etappen. Die 11 Gebäude der ersten Etappe, eingeschlossen die 220 Erdwärmesonden und die hybride Solaranlage, sind über ein Anergienetz (Niedertemperatur-Netz) verbunden. Das seit 2012 laufende Monitoring ermöglicht Aussagen zur Netzdynamik und zum Energieverbrauch der Gebäude. Tatsächlich weisen die Messwerte – im Vergleich zum Planungswert – einen um 58% höheren Heizwärmebedarf aus. Der Grund liegt in den höheren Raumtemperaturen, im höheren thermisch wirksamen Luftwechsel und im Nutzerverhalten (z. B. Lüftung über Fenster). Die durch das Netz alimentierten Wärmepumpen kommen auf eine Jah- resarbeitszahl (JAZ) von 4,7, unter Einbezug der Förder­pumpen im Anergienetz auf 4,2. Dass die Suur­stoffi auch das Potenzial zum 2000-Watt-Areal hat, zeigt die CO2-Bilanz: Im Vergleich mit dem SIA-Effizienzpfad Energie sind die Treibhausgasemissionen deutlich geringer. Kontakt: [email protected] Schnitt durch das Erdsondenfeld mit den Silhouetten der Gebäude im Baufeld 5. Quelle: ZIG Exergievergleich zweier Netztypen Bei der Energieversorgung von Gebäuden geht der Blick sinnvollerweise über das Einzelobjekt hinaus, denn in einem Areal lassen sich vielfältige Synergien nutzen. Beim Strom ist die Vernetzung heute selbstverständlich. Eine thermische Vernetzung von Gebäuden und Anlagen ist aber noch selten, vor allem, wenn man nach Niedertemperaturnetzen sucht. Diese technologieoffenen Netze eignen sich zur Vorwärmung und zur direkten Kühlung – und selbstverständlich auch als Quellen für Wärmepumpen. Aufgrund ihrer erwarteten Bedeutung in der zukünftigen Energieversorgung werden am ZIG die prinzipiellen Arbeitsweisen zweier Netztypologien analysiert und deren Exergiebedarf verglichen. Mittels Simulationen wurde ein «klassisches» Netz mit Vor- und Rücklauf und ein neuartiges Netz mit einem Kalt- und Warmleiter untersucht. Während im klassischen Netz die Fliessrichtungen vorgegeben sind (unidirektional; Beispiel Brig-Glis oder Naters), gibt es im zweiten Netz keine vordefinierten Fliessrichtungen (bidirektional; Beispiel ETH Hönggerberg). In einer Jahressimulation wurden die aus den Wärmeflüssen resultierenden Exergien bilanziert. Die Resultate sind deutlich und zeigen Vorteile des bidirektionalen Systems, bei welchem Kühlung über den Kaltleiter (12°C) mit Rücklauf in den Warmleiter und Heizung über den Warmleiter (16°C) mit Rücklauf in den Kaltleiter realisiert wird. Dagegen versorgt das unidirektionale Netz Kälteund Wärmebezüger mit demselben Vorlauf, mit dem Effekt, dass die unterschiedlich warmen Rückläufe der Objekte im gemeinsamen Rücklauf durch Mischung zu einem Exergieverlust führen. Exergie geht aber auch beim Heizen mit Wärmepumpen verloren: Das unidirektionale Netz mit Vor- und Rücklauf stellt im Winter kaum Temperaturen über 12°C zur Verfügung, im bidirektionalen Netz stehen aber Temperaturen von 16°C zur Verfügung. Der beim unidirektionalen Netz dadurch bedingte Mehrverbrauch an Strom für die Wärmepumpe beeinflusst das Resultat sehr stark, denn Elektrizität ist zu 100% als Exergie zu bewerten. Beim Stromverbrauch der Umwälzpumpen bestehen zwar auch grosse Unterschiede, diese sind aber in der Gesamtbetrachtung vernachlässigbar. Kontakt: [email protected] Im bidirektionalen Netz (unten) ist bei gleicher Gesamtexergie (blaue Kurve) die Nutzung von Niedertemperaturwärme höher (grün) und von Elektrizität geringer (lila) als im unidirektionalem Netz (oben). Quelle: ZIG Exergiestrom in W 0 –750 –1500 –2250 Niedertemperaturwärme Elektrizität Gesamtexergie –3000 0 –5000 –1000 –1500 –2000 –2500 –3000 –3500 Feb Mar Apr Mai Jun Juli Aug Sep Okt Nov Dez Zeit Vorwärmen mit Luftkollektoren Zwar liefern Luftkollektoren Energie mit geringer Dichte, doch der Aufwand für Bau und Installation ist fallweise äusserst klein. Denn diese Kollektoren werden in geeigneten Aussenwänden oder Dächern installiert, möglichst im Zuge einer ohnehin fälligen Erneuerung. Nutzbar ist die Solarwärme beispielsweise über eine Lüftungsanlage, indem die Aussenluftfassung über den Luftkollektor geführt wird. Sie könnten für die Sanierung von Häusern mit Grossfassaden und niedrigen Komfortansprüchen interessant sein, da sie nahezu wartungsfrei und geräuscharm funktionieren. Überprüfen lässt sich das an der Versuchsanlage auf dem Hochschul-Campus in Horw. Vom 1. Oktober 2014 bis 31. März 2015 gewann der 24 m2 grosse Kollektor 3320 kWh Heizenergie. Auf das ganze Jahr bezogen entspricht dies einem solaren Deckungsgrad von über 25 %. Auch bezüglich Hygiene – dies zeigt eine Inspektion – ist dieser Kollektor unbedenklich. Kontakt: [email protected] Standortabhängigkeit in kWh/a 35 000 30 000 (27%) 25 000 20 000 Interne Lasten (28%) Erträge Luftkollektoren 15000 (35%) 10 000 Heizung 5000 0 Luzern Lugano Davos Zwischen 27 % und 35 % beträgt der solare Deckungsgrad eines 25 m2 grossen Luftkollektors für die Heizungsunterstützung einer Gewerbehalle (Vegasin) – je nach Standort (Simulationsergebnisse, basierend auf Feldmessungen). Quelle: ZIG Neue Mitarbeitende Für das ZIG und die Abteilung Gebäudetechnik konnten wir die folgenden neuen Mitarbeitenden gewinnen (Bilder von links oben nach rechts unten): Anne-Marie Kurth, Dr. rer. nat., Wissenschaftliche Mitarbeiterin seit Oktober 2015 Andrii Zakovorotnyi, MSc in Mechanical Engenieering, Assistent seit Oktober 2015 Martin Hämmerle, Dipl. Ing. HTL, Wissenschaftlicher Mitarbeiter seit November 2015 Michael Lüthi, BSc Maschinenbau/Innovation, Senior Wissenschaftlicher Mitarbeiter seit November 2015 Dominik Hotz, BSc Erneuerbare Energie und Umwelttechnik, Assistent ab Dezember 2015 Fabrizio Sonderegger, BSc Gebäudetechnik HLKS, Assistent ab Dezember 2015 Kurzinformationen aus dem ZIG Messungen Schifffahrtsgesellschaft des Vierwaldstättersees SGV Die Schifffahrtsgesellschaft des Vierwaldstättersees SGV kennt heute nur den Gesamtverbrauch an Diesel und Heizöl ihrer Flotte. Anhand von Messungen auf drei Motorschiffen analysiert das ZIG den Energieverbrauch im Detail, um das Optimierungspotenzial zu identifizieren. ZIG goes east! Jährlich organisieren Studierende der Polytechnik Kiev (Ukraine) ein zweiwöchiges Seminar für internationale Studenten. Dieses Jahr sind über 100 Teilnehmende aus 19 Ländern der Einladung gefolgt. Das ZIG durfte im Rahmen des Metathemas «Smart Cities» seine Projekte im Bereich Sanitärtechnik und Warmwasserversorgung im Geschossbau präsentieren. Zudem hat sich eine Gruppe von Studierenden der Aufgabe gestellt, einen nicht abgedeckten, perforierten Luftkollektor zu entwickeln, zu bauen und zu testen. Ganz so effizient wie die Luftkollektoranlage in Horw ist der Prototyp nicht geworden. Er hat aber grosses Interesse und Begeisterung unter den Studierenden ausgelöst. Master of Science in Engineering (MSE): Ausgezeichnete Abschlussarbeiten Die Abschlussarbeiten der Studierenden Daniela Wohlgemuth und Dimitri von Gunten, verfasst im Rahmen des Studiengangs Master of Science in Engineering (MSE), wurden kürzlich ausgezeichnet. Daniela Wohlgemuth erhielt für ihre Arbeit mit dem Titel «Optimale Dämmstärken bei Wohngebäuden – ökologische und ökonomische Optimierung» zusammen mit einer weiteren Studentin den Preis der Hochschule Luzern 2015. Dimitri von Gunten nahm mit seiner Arbeit «Entwurf und Simulation eines Mixed-Mode-Bürogebäudes – Minimierung des Energiebedarfs unter Einhaltung von thermischen Komfortkriterien» am Studierenden­wett­bewerb der 14th International Conference of the International Building Performance Simulation Association (IBPSA) 2015 in Hyderabad (Indien) teil. Er wurde ebenfalls gemeinsam mit einem weiteren Studierenden ausgezeichnet. Neuer Convenor für die EN 308 Die Europäische Norm EN 308 behandelt die Prüfung von Wärmerückgewinnungskomponenten (WRG) für Lüftungs- und Klimaanlagen. Die Prüfstelle Gebäudetechnik des ZIG gehört zu den international führenden Prüfinstituten in diesem Bereich. So werden in unserem Labor Messungen für die Zertifizierungsprogramme der internationalen Industrieverbände Eurovent und AHRI durchgeführt. Die Prüfnorm EN 308 hat daher für die Prüfstelle eine zentrale Bedeutung. Heinrich Huber hat sich für das vakante Amt des Convenors der Kommission CEN/TC 110/WG 6 beworben, die die Revision der EN 308 behandelt. Im September 2015 wurde er in dieses Amt gewählt. Hochschule Luzern – Technik & Architektur Zentrum für Integrale Gebäudetechnik Technikumstrasse 21, CH-6048 Horw [email protected]; www.hslu.ch/zig