Märkte und Anlagepolitik Viertes Quartal 2016 „Politische Börsen haben kurze Beine“, sagt eine alte Börsenweisheit. Wie wahr, betrachtet man die Entwicklung der Finanzmärkte nach dem historischen Entscheid der Briten, aus der EU auszutreten. Nach einem initialen „sell off“ bei den Risikoanlagen bzw. Renditenrückgang bei den Staatsanleihen auf Tiefstniveaus, hat sich die Situation mehr als normalisiert. Seit dem „Ja“ zum Brexit ist der MSCI World um über +7%, der Euro Stoxx 600 um mehr als +6% gestiegen, der englische Aktienindex FTSE 100 gar um +11%. Alle wichtigen Aktienmärkte liegen heute auf höherem Niveau als vor der Abstimmung. Auch die Renditen der europäischen Staatsanleihen haben sich erholt. Lediglich bei den Währungen wurde das Gefüge durchgeschüttelt. Das Britische Pfund wertete sich gegen über dem EUR und USD um etwas mehr als -10% ab, was die gute Performance des Britischen Aktienindex relativiert. Der Brexit stellt isoliert eine Herausforderung für die britische Wirtschaft und die politische Zukunft der EU dar. Im grösseren Kontext fügt sich die Entscheidung der Tee trinkenden Insulaner in eine ganze Reihe von Ereignissen ein, welche eine protektionistische Tendenz aufzeigen. Es ist von einer Globalisierungskrise die Rede. Plötzlich tauchen ungeschminkt negative Effekte der offenen Märkte zutage. Die Migration ist da nur ein Aspekt. Der Wachstumsmotor der letzten Jahrzehnte ist arg am Stottern. Dies ist nicht nur wirtschaftlich relevant, sondern zunehmend auch gesellschaftlich. Nicht alle haben gleich vom Globalisierungstrend profitiert. Die damit verbundenen sozialen Spannungen drohen politische Systeme zu destabilisieren bzw. neue entstehen zu lassen (siehe IS), die Protest-Demokratie zu fördern und auf Wachstum und Öffnung ausgerichtete Wirtschaftsstrukturen zu torpedieren. Selbst vermeintliche liberale Musterknaben wie USA sind am Wanken. NACHLASSENDE EFFEKTE DER GLOBALISIERUNG Quelle: Bloomberg, Santro Invest Die meisten Vermögenspreise bewegen sich heute auf Niveaus, als wäre gar nichts passiert. Das ist erstaunlich. Zugegeben, man mag argumentieren, dass der potenziell negative Effekt eines Brexit-Austritts wenn er dann auch passiert - weit in der Zukunft liegt und die Finanzmärkte (noch) nicht wirklich interessiert. Allerdings türmen sich die Probleme auf. Die Risiken der etwas in den Hintergrund gerückten Herausforderungen wie die Flüchtlingsströme, die globale Schuldenkrise, die weiterhin angeschlagene Bankenwelt, der Putschversuch im früheren EU Anwärterland Türkei, die Terroranschläge in Europa, kriegerische Auseinandersetzungen im Mittleren Osten, politische Spannungen im südchinesischen Meer, etc. bleiben bestehen und dürften sich in regelmässigen Abständen wieder bemerkbar machen. Quelle: KOF ETH Was bedeutet dies für Investoren? Die Wachstumsschwäche wird anhalten, die Zentralbanken werden weiterhin versuchen mit Tiefstzinsen den Kreditzyklus anzuschieben und Liquidität in rauen Mengen zur Verfügung zu stellen. Und dies ungeachtet der Tatsache, dass ausser einer Inflationierung von Vermögenswerten und einer Erhöhung der Sparquoten nicht viel passiert ist. 1 Geldpolitik als Heilmittel wirkt nicht, auch Helikoptergeld würde verpuffen. Wir befinden uns eigentlich in einem geldpolitischen "Warten auf Godot": die Zentralbanken und Regierungen hoffen, trotz unerfüllter Illusionen, weiterhin auf die Ankunft eines Heil findenden Propheten. Könnte eine in letzter Zeit vermehrt propagierte aktivere Fiskal- und Konjunkturpolitik der Erlöser sein? Kurzfristig dürfte eine auf Investitionen, Produktivitätssteigerungen und fairere Mittelverteilung ausgerichtete Politik durchaus funktionieren. Die überschuldeten Staatshaushalte liefern allerdings nicht viel Gestaltungsfreiraum. Dabei ist auch zu bemerken, dass die vergangene Schuldenwirtschaft wesentlich zum aktuellen Schlamassel geführt hat. Schulden mit Schulden bekämpfen geht nicht auf! Quelle: Bloomberg, Santro Invest Die Diskussion über den nächsten Zinsschritt hat auch wieder an Fahrt gewonnen. Ob er kommt oder nicht hängt unseres Erachtens weniger von den Wirtschaftsdaten ab, als von Yellens Einschätzung, welche Auswirkungen eine moderate Erhöhung auf die den Konsum stützenden Finanzmärkte haben wird. Wir glauben an einen unmittelbaren Zinsschritt, weil sich das FED aus der festen Umarmung der Börsen lösen und - im Hinblick auf eine spätere konjunkturelle Abkühlung – Handlungsspielraum zurückgewinnen muss. Die US Zinskurve scheint eine gut 50 bps Erhöhung vorwegzunehmen. Wie die Reaktion der Finanzmärkte bei einem positiven Entscheid ausfallen wird, hängt nach stark von den vom FED kommunizierten wirtschaftlichen Perspektiven ab, i.e. ob dies definitiv die Zinswende bedeutet oder nicht. In diesem Zusammenhang schenken wir der Inflationsentwicklung weiterhin grosse Aufmerksamkeit. Moderat steigende Löhne könnten durch eine anziehende Teuerung zusätzlichen Schub erhalten. Dabei dürfte der nachlassende deflationäre Effekt von Rohstoffpreisen eine Rolle spielen. Basierend auf dem heutigen Ölpreis schiesst die Veränderungsrate des Ölpreises gegenüber dem Vorjahr ab Q1-2017 um fast 30% in die Höhe. Falls dieser Effekt die Inflationserwartung verändert, kann ein (Mini) Zinszyklus nicht ausgeschlossen werden. Wir rechnen allerdings auf absehbare Zeit mit tiefen Zinsen. Das Errichten von Barrieren ist für das Weltwirtschafts- und Gewinnwachstum der Unternehmen das grösste Risiko, glauben wir. In dieser Frage scheinen sogar einige liberale westliche Länder eine gefährlich opportunistische Haltung einzunehmen. Wie sonst ist zu erklären, dass es in Europa zu einer Infragestellung der Mobilität von Arbeitskräften kommt? Ganze Wirtschaftssektoren in den USA aus Eigeninteresse oder Politiker in der EU aus wahltaktischen Überlegungen das Scheitern des Freihandelsabkommen TTIP in Kauf nehmen? Welche Themen werden die Finanzmärkte im letzten Quartal dieses Jahres beschäftigen? Regional wird der Fokus wieder etwas mehr Richtung USA verschoben. Dort dürfte die Präsidentschaftswahl im November für Schlagzeilen sorgen. Die Märkte scheinen sich auf einen Sieg von Hillary Clinton einzustellen (Pharma schwach, Zykliker stark) - ein Trump Sieg müsste zu negativen Verwerfungen führen. Quelle: Bloomberg, Santro Invest In Europa dürften die anstehenden Wahlen in Spanien und das Referendum in Italien wenig Einfluss auf die Finanzmärke ausüben. Kommt es dennoch zu Verwerfungen steht ja die EZB bei Fuss. 2 Unsere Asset Allokation richten wir nach einer starken Outperformance des defensiven Elements etwas zyklischer und Zins sensitiver aus und werden insbesondere bei der Aktienquote versuchen von der erwarteten höheren Volatilität zu profitieren. Konsequenterweise sind wir bei den Obligationen noch vorsichtiger geworden. Die Asset-Klasse hat in den letzten Monaten aufgrund intensiverer Interventionen der Zentralbanken noch einmal massiv an Wert eingebüsst. Europa: Vor der Scheidung Europa stand ganz im Banne des unerwarteten Brexit Entscheids. Politisch ist das Votum des Britischen Volks im Trend: demokratische Mittel werden zunehmend zum Protest missbraucht, als gestalterisches Instrument seltener eingesetzt. Die Brexit Befürworter wollten ein Zeichen setzen - einen Plan zum Umsetzen hatten sie nicht. Dies ist staatspolitisch fahrlässig. Dabei ist nicht das Volk zu rügen, sondern das politische "Establishment", welches den Draht zur Basis verlor. Der Brexit Entscheid schwächt zudem das Gewicht Europas in der Weltgemeinschaft. Angesichts der wiederaufkeimenden Machtgelüste Russlands, dem massiven Bedeutungsgewinn Chinas und dem gespaltenen Verhältnis beider Mächte zur USA ist dies äusserst bedenklich. Letztlich schürt der britische Trennungswille Sezessions-Begehrlichkeiten in anderen europäischen Regionen. Wirtschaftlich ist der Brexit vermutlich ein Desaster. Kurzfristig ist der Entscheid nur ein Thema der Stimmung und weniger der Realwirtschaft. Der Konsument dürfte sich wenig beeindrucken lassen, solange keine Verwerfungen am Arbeitsmarkt geschehen. In der Industrie erwarten wir eine Investitionszurückhaltung aufgrund der Unsicherheit. Mittelfristig wirkt der Brexit wachstumshemmend. Dies ist umso problematischer als 1) die Wachstumsdynamik Grossbritanniens schon vor der Abstimmung am Abbröckeln war, und 2) das Land eine unvorteilhafte Wirtschaftsstruktur besitzt, mit hohem Wertschöpfungsanteil im mobilen Finanz- und zyklischen Immobilienwesen. Der exportierende Industriesektor ist in den letzten Jahrzehnten geschrumpft. So kann die Wirtschaft nur sehr bedingt vom billigeren GBP profitieren. Zudem dürften die künftig spärlicher fliessenden Kapitalströme die ohnehin schon angespannten Handels-, Leistungsbilanz- und Staatsdefizite belasten. Die Zeitachse könnte allerdings zugunsten einer einvernehmlichen Lösung mit der EU wirken. Je länger das Auslösen des Artikels 50 hinausgeschoben wird, umso klarer treten die negativen Auswirkungen zu Tage. Zudem hat der Brexit Entscheid die EU reformwilliger werden lassen. So glauben wir, dass ein EU Austritt über die Zeit nicht mehr zwingend stattfinden muss. Letztlich liegt der Entscheid - rechtlich gesehen - beim Parlament. Der Volksentscheid ist nicht bindend. Ist das Leiden gross genug, dürfte die britische Bevölkerung weniger resolut die Umsetzung fordern. Aus moralischer Sicht muss der Exit passieren. Ein typisches „Prisonner Dilemma“. Wie auch immer der Entscheid fällt, alle Parteien werden unzufrieden, keine zufrieden sein! Ansonsten wälzt Europa die allseits bekannten Probleme weiter vor sich hin. Der Banken-Review war ein non-event, die Lage bleibt bei vielen Instituten angespannt. Die ganze Branche ist unseres Erachtens weiterhin unterkapitalisiert, weil strukturelle Veränderungen die historischen Kapitalrenditen nicht mehr zulassen. Dies bedeutet aber auch, dass der für ein besseres Wachstum dringend benötigte Kreditzyklus gar nicht starten kann. Die Bankbilanzen lassen es gar nicht zu. So macht das TLTRO Programm der EZB durchaus Sinn, würden nicht das schwache globale Wachstum und die soliden Unternehmensbilanzen die Kreditnachfrage dämpfen. Quelle: Bloomberg, Santro Invest 3 früh zu sagen, ob sich der europäische Konsument durch den Brexit beunruhigen lässt. Die guten Einzelhandelsumsätze und zuversichtliche Konsumentenstimmung in Grossbritannien lassen darauf schliessen, dass sich die Europäer nicht ins Bockshorn jagen lassen. Quelle: Bloomberg, Santro Invest Gilt es einen Lichtblick zu erwähnen, wäre es diesen: Die rigiden EU Arbeitsmärkte scheinen sich doch langsam etwas zu bewegen. Reformen in Italien sind erfolgversprechend und sogar in Frankreich ist die 35Stunden-Wochen nicht mehr Tabu. Trotz sinkender Arbeitslosenrate ist es für eine Entwarnung noch zu früh. Die Unterbeschäftigung ist mit 10,1% (Spanien 20%!) noch viel zu hoch, und das Wachstum zu schwach um die nötigen Stellen zu schaffen. Eine Schwalbe macht noch keinen Frühling. Viele wirtschaftspolitische Diskussionen müssen in den kommenden Monaten vor dem Hintergrund der 2017 anstehenden Wahlen in Deutschland und Frankreich gesehen werden. Dringend notwendige und unpopuläre Entscheide, welche positive strukturelle Veränderungen auslösen könnten, sind wohl nicht zu erwarten. Populistische, EU kritische Stimmen dürften die Oberhand gewinnen, einer Konjunktur-Stabilisierung aber nicht förderlich sein. Quelle: Bloomberg, Santro Invest Im Umkehrschluss darf man aber auch davon ausgehen, dass der Konsum dem BIP im Q3-2016 wohl kaum zusätzliche Impulse verleihen wird. Zurückhaltung verspürt die europäische Wirtschaft nun auch bei den staatlichen Ausgaben. Die Diskussionen um Strafen im Zusammenhang mit der fehlenden Budgetdisziplin dürften die eine oder andere Ausgabe in die Warteschlange versetzt haben. Mittlerweile ist klar: massive Sanktionen sind nicht zu fürchten. So dürfte die Ausgabenfreude in den kommenden Quartelen wieder zunehmen, vor allem bei der öffentlichen Sicherheit (inkl. Rüstung) und im Sozialwesen. Das BIP Wachstum in Europa bleibt ohne grosse Dynamik. Im Q2 hat sich die Wachstumsrate mit nur +0.3% wieder verlangsamt (+1.6% ggü. Vorjahr). Dies ist vor allem der Eintrübung in Frankreich und Italien (beide verzeichnen Nullwachstum) geschuldet. Aber auch in Deutschland brummt der Motor weniger laut (+0.4%). Noch sind nicht alle Details zum Q2-2016 bekannt, aber aufgrund der Entwicklung in den grösseren Ländern kann auf einen weiterhin robusten privaten Konsum geschlossen werden. Allerdings machen sich auch dort Schwächezeichen bemerkbar. Das seit gut einem Jahr abbröckelnde Verbrauchervertrauen dürfte weiterhin unter der hohen Arbeitslosigkeit, der Flüchtlingskrise und der Terrorangst leiden. Noch ist es zu Quelle: Bloomberg, Santro Invest 4 Pläne, der Wirkungslosigkeit der Geldpolitik Konjunkturprogramme zur Seite zu stellen, deuten auch auf höhere staatliche Investitionen hin. Die Schuldensanierung ist nicht mehr prioritär. Der insgesamt gesunde Aussenhandel litt etwas unter dem stärkeren EUR, den gestiegenen Energiekosten und der Wachstumsschwäche in den Abnehmermärkten. Die deutsche Exportwirtschaft sah trotzdem Wachstum, währendem Frankreich und Italien mit fallenden Ausfuhren konfrontiert waren. wird. Glücklicherweise wirkt die Bauindustrie stützend, insbesondere in Deutschland und Spanien. Ansonsten wäre der negative Beitrag grösser ausgefallen. Der belastende Trend dürfte sich im kommenden Quartal fortsetzen. Die Industrieproduktion wächst kaum. Erstaunlicherweise erholt sich vor allem die Produktion der Güter des täglichen Bedarfs nur zögerlich. Die Produktion langlebiger Konsum- und Produktionsgüter entwickelt sich positiv. Regional ist weiterhin der schwache Industrieoutput von Frankreich (trotz verbesserter Auto-Produktion) bezeichnend. Quelle: Bloomberg, Santro Invest Die überraschende Enttäuschung im abgelaufenen Quartal waren die privaten Investitionen. Die Kapazitätsauslastung in Europa ist insgesamt gut, die fehlende marginale Nachfrage führt aber zu einer schwächeren Investitionsneigung. Im Gegensatz zu den USA investierten die europäischen Unternehmen in der Krise konsequenter. Es könnte durchaus sein, dass die moderne, vernünftig ausgebaute Produktion für das magerere Wirtschaftswachstum ausreichend ist. Quelle: Bloomberg, Santro Invest In Gesprächen mit Unternehmen stellen wir tatsächlich fest, dass Kapazitätsoptimierung betrieben und äusserst spärlich mit Investitionsbudgets umgegangen Quelle: Bloomberg, Santro Invest Wenig verändert hat sich denn auch die Kreditnachfrage. Der ausgegebene Kreditbetrag wuchs kaum im Q2-2016 und dies bei üppig vorhandener Liquidität. Im Gegenteil, erwartete tiefe Renditen auf Investitionen und die unsichere Wirtschaftslage lassen die Sparquoten weiter ansteigen und heizen die Abwärtsspirale bei den Zinsen weiter an. Quelle: Bloomberg, Santro Invest Die relativ grosse Produktionslücke in der EU, der stärkere EUR und die anhaltend fallenden Produzenten- 5 preise in vielen Schwellenländern ersticken die Inflation im Keime. Der Basiseffekt bei den Energiepreisen und stetig steigende Löhne dürfen der Deflation in den nächsten Quartalen allerdings an den Kragen gehen. der Wirtschaft mit mehr Liquidität unter die Arme zu greifen, dürften geholfen haben. Auch im Dienstleistungssektor scheint alles beim Alten zu sein. Die Finanzindustrie wartet vorerst mal ab. Die Drohgebärden London zu verlassen haben – angesichts der gesunkenen Kosten? – abgenommen. Quelle: Bloomberg, Santro Invest Die vorlaufenden Indikatoren weisen auf eine Eintrübung der Stimmung sowohl bei den Verbrauchern als auch bei den Unternehmen hin. Der Einkaufsmanager-Index verharrt allerdings noch klar über der 50er Marke, was Expansion bedeutet. Es gibt allerdings keine Dynamik. Dies bedeutet, dass von keiner Wachstumsbeschleunigung im nächsten Quartal ausgegangen werden kann. Der private und öffentliche Konsum wird das Wachstum treiben, dies vor allem bei den Dienstleistungen. Aufgrund der in den letzten Monaten verlangsamten Auftragseingänge wird sich die industrielle Tätigkeit abschwächen, trotz guter Industriekonjunktur in Deutschland. Quelle: Bloomberg, Santro Invest Noch ein Wort zum europäischen Finanzsektor. Rund um die Banken ist es angesichts der Brexit Diskussion schnell wieder ruhig geworden. Trotzdem verdient der europäische Bankensektor besondere Aufmerksamkeit, lauern doch notleidende Kredite von über EUR 900 Mrd. in den Bilanzen, gut ein Drittel davon in Italien. Dass Staatschef Renzi umgehend EUR 40 Mrd. Hilfe verbal in Aussicht stellte, zeigt, wie wirtschaftlich brisant die Problematik ist. Sollte sich die Wirtschaft nicht weiter erholen, dürfte dieser Betrag wohl eher zunehmen. USA: Weiter sinkende Produktivität Haben wir uns vor einem Quartal gefragt, ob dem US Konsumenten langsam die Luft ausgeht, stellen wir heute fest, dass der Verbraucher weiterhin der Treiber des BIP in den USA ist. Das Quartalswachstum von +1.1% blieb aber im Q2-2016 hinter dem Potenzial zurück. Quelle: Bloomberg, Santro Invest Spezielles Interesse werden sicher die Wirtschaftsdaten aus Grossbritannien geniessen. Die letzten Zahlen erwiesen sich erstaunlich robust. Insbesondere die Erholung beim produzierenden Gewerbe (PMI wieder über 50). Das schwächere Pfund, tiefere Leitzins ebenso wie die Ankündigungen der Bank of England, Im Q2-2016 wuchs der Private Konsum um ganze 4.4% und vermochte die fallenden Investitionen und staatlichen Ausgaben mehr als zu kompensieren. Wachstum war in allen Bereichen feststellbar. Am meisten wiederum bei den Dienstleistungen und dort vor allem im Gesundheitsbereich. 6 vieler Amerikaner brummen. Einzig ein Sieg des Republikaners Donald Trump in den US Präsidentschaftswahlen könnte unseres Erachtens den Festschmaus stören. Quelle: Bureau of Economic Analysis, Santro Invest Zugegeben, die schwachen Vorquartale führten etwas zu einem „Konsumstau“. Andererseits dürften die Ausgaben aber auch vom hohen verfügbaren Einkommen getrieben sein, welches gegenüber dem BIP Wachstum überproportional zugelegt hat. Dabei ist festzuhalten, dass die schwach gestiegenen Löhne durch anhaltend gute Erträge an den Finanzund Häusermärkten unterstützt wurden. Fällt diese Komponente weg, dürften die Verbraucherausgaben leiden. Das FED hat bei Zinserhöhungen also durchaus das Interesse auf mögliche Reaktionen der Börsen zu schielen! Letztlich gilt festzuhalten, dass die private Haushaltverschuldung munter steigt. Bei den aktuell tiefen Zinsen werden die Budgets nur wenig belastet. Künftige höhere Zinszahlungen könnten die Konsumlaune trüben. Quelle: Bloomberg, Santro Invest Das Konsumniveau ist bereits hoch. Um das BIP Wachstum in den USA zu beschleunigen braucht es mehr private und/oder staatliche Investitionen. Dies hat sich auch im Q2-2016 nicht materialisiert. Im Gegenteil, die Investitionen fielen um -9.7%, wobei die Zahlen sowohl bei den Ausrüstungs- als auch Wohnbauausgaben gleich rückläufig waren. Nur Investitionen in immaterielle Güter (Software, F&E) legten zu. Die rückläufige Industrieproduktion (nicht nur wegen dem Öl & Gas Sektor!), die tiefe Kapazitätsauslastung und die schwierigen Exportmärkte drücken offenbar aufs Investitionsklima. Zudem trimmte sich die US Wirtschaft über die letzten Jahre schlank und wurde auch strukturell weniger kapitalintensiv. Facebook und Google lassen grüssen. Quelle: Bureau of Economic Analysis, Santro Invest Soweit ist die Lage in den USA aber noch nicht. Die Verbraucherstimmung hat sich nach einer temporären Abkühlung auf hohem Niveau gefasst. Wir gehen deshalb fürs nächste Quartal von solidem Konsumwachstum aus. Das Weihnachtsgeschäft dürfte angesichts günstiger Kredite und der guten Vermögenslage Quelle: Bloomberg, Santro Invest Gravierend aus unserer Sicht auch, dass bei der Infrastruktur – welche schon seit Jahren nicht mehr zeitgemäss ist – gespart wird. Dies könnte sich als wachstumshemmend auswirken. Bei aller Wahlpropaganda, 7 es kommt nicht von ungefähr, dass beide Kandidierenden fürs Weisse Haus Versprechungen zu Infrastrukturverbesserungen abgeben. Wir glauben, Wachstum bei den Investitionen könnte 2017 ein Thema werden. Im Q3-2016 dürfte auch die Industrieproduktion wieder etwas anziehen, da der Lagerabbau – welcher das BIP Wachstum belastete – weitgehend abgeschlossen scheint. Allerdings erwarten wir keinen Boom. Die stark fallende Auftragseingangskomponente beim letzten Bericht über das verarbeitende Gewerbe (ISM) lässt erneut Befürchtungen über eine Rezession in der Industrie aufkommen. Der Geschäftsklima-Index hat sich jüngst auch zurückgebildet, indiziert aber weiterhin Expansion. Er wird stark vom Dienstleistungssektor getragen. Quelle: Bloomberg, Santro Invest Die seit langem rückläufige Produktivität der US Wirtschaft gibt Anlass zu dieser Skepsis. Das Wachstum ist nicht „gesund“. Die tiefe Arbeitslosigkeit täuscht weiterhin eine bessere Wirtschaftskraft vor. Die Erwerbslosenrate wurde durch eine tiefere Partizipationsrate erkauft. Dies ist für uns die Erklärung, warum die Löhne im Verhältnis zum Wirtschaftswachstum zurückblieben. Es besteht die Gefahr von Reallohnverlusten mit negativen Auswirkungen aufs Konsumverhalten und Druck auf die im Geld schwimmenden Unternehmen, die Saläre zu erhöhen. Dies könnte zu einer unerwünschten, weil inflationstreibenden Lohnspirale führen. Eine regelmässige Umfrage bei den US KMUs zeigt dass tatsächlich eine steigende Anzahl Unternehmen Lohnerhöhungen beabsichtigt. Quelle: Bloomberg, Santro Invest Weiterhin ohne grossen Einfluss aufs BIP Wachstum haben die staatlichen Ausgaben. Auf allen Ebenen herrscht Ruhe. Selbst bei der Rüstung steht die Regierung auf der Bremse. Fürchtet man eine Budget- und Ausgabendiskussion vor den Wahlen? Wir können uns schon vorstellen, dass gewisse Projekte aufs Eis gelegt wurden, bis die neue Mannschaft im November steht. Wir gehen in den nächsten Quartalen von einer Beschleunigung der wirtschaftlichen Entwicklung in den USA aus. Abgesehen von statistisch unterstützenden Basiseffekten spricht das gesunde Verbrauchervertrauen für ein solches Szenario. Die anderen Vorlaufindikatoren deuten eher auf Abschwächung hin. Diese haben aber weniger Gewicht. Auf alle Fälle wird die USA 2016 mit weniger als +2.0% wieder klar unter dem Potenzial wachsen. Ob sich dies 2017 stark ändert, bleibt zu sehen. Quelle: Bloomberg, Santro Invest Dies ist ein giftiger Mix, der durch die steigende Kerninflation („Ölpreiseffekt“, Inflation bei den Dienstleistungen) potenziert werden könnte. Ein Argument mehr für das FED (nach den Wahlen), einen Zinsschritt vorzunehmen. Allerdings wird er aufgrund des erdrückenden Schuldenbergs in der Staatskasse und des fragilen Wachstums klein bleiben. Die Signale an den 8 Finanzmärkten sind unterschiedlich. Die flachere Zinskurve nimmt den Schritt wohl vorweg, der schwächere USD preist eine mögliche Ausweitung der Zinsspanne noch nicht ein. Quelle: Bloomberg, Santro Invest Quelle: Bloomberg, Santro Invest Japan: Zunehmender Vertrauensverlust Vor dem Hintergrund einer moderaten Binnennachfrage aber auch eines unter dem schwachen USD vorübergehend leidenden Exportsektors wurden keine privaten Investitionen getätigt. Der Rückgang der Industrieproduktion hat sich in den letzten Monaten gar beschleunigt und trifft alle Branchen – den traditionellen Maschinenbau am meisten. Dementsprechend fiel auch die Kapazitätsauslastung weiter. Hätte Japans Wirtschaftsleistung die Wahlen ins Oberhaus bestimmt, dann wäre Abes LDP Anfang August nicht erfolgreich gewesen. Die expansive Geldpolitik und flankierenden Konjunkturprogramme haben nichts anderes erreicht als den Yen zu schwächen. Ein lamentables Resultat der so viel beschworenen Abenomics! Die Wirtschaftszahlen zum Q2-2016 sind jedenfalls nicht rühmlich, aber Ausdruck der strukturellen Krise des Landes und – noch schlimmer – eines schleichenden Vertrauensverlusts der Bevölkerung. Japan ist in der Geldpolitik gefangen und kann sich nur mit tiefgreifenden strukturellen Reformen davon befreien. Die japanische Wirtschaft stagnierte im Q2-2016 erneut nach einem leichten Wachstum zu Beginn des Jahres. Dabei scheint nun auch der Konsum angekratzt. Er wuchs nur mit +0.2% und dies obwohl die Löhne moderat weiter stiegen. Der japanische Verbraucher scheint der Situation nicht (mehr) zu trauen und füllt seinen Sparstrumpf. Wer kann, entgeht den tiefen Zinsen mit Investitionen in Eigenheime. Diese wuchsen denn auch um gut +5%. Zusammen mit öffentlichen Investitionen wirkten sie stützend. Quelle: Bloomberg, Santro Invest Das für die Schuldenstabilisierung wichtige Ziel, Inflation zu generieren wurde weiterhin nicht erreicht. Bei der Preisentwicklung hat der stärkere JPY eine von höheren Energiepreisen ausgehende Inflation wettgemacht. Diese Entwicklung dürfte sich in den kommenden Quartalen ändern und der Teuerung in Japan (endlich) etwas Schub geben. Die Bank of Japan hat somit alles Interesse daran, über tiefere Zinsen den JPY schwächer werden zu lassen. Dies dürfte auch dem Exportsektor helfen, belastet aber die binnenorientierte Industrie und die Kaufkraft des Verbrauchers. Dass vor diesem Hintergrund die japanische Regierung ein weiteres Konjunkturpaket von rund JPY 28 Bio. (ca. 6% des BIP!) auflegt, erstaunt nicht. 9 Trotz allem halten sich die Stimmungsindikatoren auf gutem Niveau. In Hinblick auf einen schwächeren Yen sehen international ausgerichtete Unternehmen leicht zuversichtlich in die Zukunft. Bei den KMU im Land hat sich die Stimmung verschlechtert. Auch der Konsument hält noch die Stange. Das Verbrauchervertrauen hat sich gar leicht verbessert, wohl ein Ausfluss aus Lohnerhöhungen, dem Verschieben einer weiteren Konsumsteuererhöhung (auf 2019) und einem intaktem sozialen Sicherheitsnetz. Quelle: Bloomberg, Santro Invest In den kommenden Quartalen rechnen wir mit weiterhin moderatem Wachstum von max. +1.0%, unter der Annahme, der Konsum falle nicht weiter zurück. Da der Einkaufsmanager-Index unter 50 fiel kann ein kurzfristiges Abgleiten in ein negatives Quartal (oder eine Rezession) nicht ausgeschlossen werden. Haupttreiber fürs Wachstum dürften der staatliche Konsum und eine Erholung der Exporte sein. Zudem sollte die Bauwirtschaft von einer weiteren Zinssenkung profitieren. JAPAN DROHT ERNEUT EINE REZESSION Quelle: Santro Invest Das schwache Wachstum belastet weiterhin den maroden Staatshaushalt. Angesichts der Verschiebung der Konsumentensteuererhöhung und den zusätzlichen Mitteln fürs Stimulus Paket droht die Staatsrechnung noch mehr Schieflage zu geraten. Zudem ist nicht ausgeschlossen, dass Japan künftig mehr in Rüstung investieren wird (Verfassungsreform). Somit erscheint das Ziel, 2020 ein ausgeglichenes Primärbudget zu erreichen unrealistisch. Quelle: Bloomberg, Santro Invest Schwellenländer: Wirtschaftliche Stabilisierung, aber höhere politische Risiken In den Schwellenländern gingen die wirtschaftliche Risiken eher zurück, währendem sich die politischen Unwägbarkeiten eher erhöhten. Zwar sind Länder wie Russland und Brasilien aufgrund des Kollapses der Rohstoffpreise weiterhin in der Rezession, der Tiefpunkt dürfte aber durchschritten sein. Der schwächere USD hat dabei (kurzfristig) geholfen. Die formelle Absetzung von Brasiliens Staatspräsidentin Dilma Rousseff hat vermutlich mehr politisches Vakuum gebildet als erwünscht. Nachfolger Michel Temer ist nicht viel populärer und wird mit seiner konservativen Haltung, welche die Gefahr birgt noch bestehende korrupte Strukturen zu erhalten, das Land nicht einigen können. Für eine Rückkehr zu mehr Prosperität ist aber genau dies nötig. Hohe Inflation und eine rückläufige Wirtschaftsleistung führen zu Reallohnverlusten und steigender Arbeitslosigkeit (mittlerweile >10%). Keine gute Basis in einem Land, wo die Wohlstandsschere weit offen ist. Die Aussicht auf politischen Wechsel allein hat allerdings zu einer mar- 10 kanten Verbesserung der Stimmungsindikatoren geführt. Oder war dies das Resultat erfolgreicher Olympischer Spiele? Quelle: Bloomberg, Santro Invest Da hat es Putin wesentlich einfacher. In autokratischer Manier kann er Gesellschaft und Wirtschaft nach Gutdünken lenken – fast wie zu den guten, alten Sowjetzeiten. Der militärische Teilrückzug der USA von der Weltpolitik und die selbstverschuldete geopolitische Schwächung Europas spielen dem russischen Präsidenten in die Hand. Im mittleren Osten kann er tun und lassen wie er will, das Säbelrasseln in der OstUkraine wird kaum noch wahrgenommen und mit dem – nach gescheitertem Putschversuch – über den Westen erbosten türkischen Staatsoberhaupt Recep Erdogan hat Putin einen neuen Verbündeten gefunden. Die politische Lage ist unseres Erachtens delikater geworden und dürfte die Finanzmärkte punktuell auf Trab halten. Zudem zeigen sich erste Anzeichen, dass schwindende Mittel und die nur schwache Erholung der Rohstoffmärkte Russlands Regierung doch langsam unter Druck setzen. Was sind sonst die Argumente, dass Putin am kommenden inoffiziellen OPEC Meeting Ende September an Diskussionen über Produktionsbeschränkungen beim Öl interessiert ist? Im Allgemeinen haben sich die Finanzmärkte mit der Wirtschaftsabschwächung in den grossen Schwellenländern abgefunden. Insbesondere bei China, wo sich die Wachstumsraten vorerst bei knapp unter 7% stabilisiert haben. Wir erwarten einen weiteren Rückgang, nur schon deshalb, weil sich die chinesische Wirtschaftsleistung in den letzten rund 6 Jahren verdoppelt hat (in USD). Zudem geht die Transformation in Richtung Konsumgesellschaft in grossen Schritten weiter. Dabei vermag der um gut +10% wachsende Konsumsektor (gemessen an den Einzelhandelsumsätzen) die sich abschwächende Industrie- und Investitionsleistungen zwar zu kompensieren aber nicht Wachstumsschübe wie zu Boom Zeiten zu generieren. Interessant zu sehen, dass die Industrieproduktion mit +6% langsamer unterwegs ist, als der Investitionssektor (+8-9%), welcher eigentlich aufgrund Überkapazitäten mehr leiden müsste. Staatliche Infrastrukturausgaben und die Erholung am Häusermarkt sind für diese Situation verantwortlich. Quelle: Bloomberg, Santro Invest Die Industrie bleibt stark von strukturellen Veränderungen geprägt. Es entsteht allerdings der Eindruck, dass die dringend notwendigen Kapazitätsanpassungen und Reformen bei den staatlich kontrollierten Unternehmen nur halbherzig vorangetrieben werden. Aus Furcht vor möglichem Kontrollverlust wurden kürzlich – fast über Nacht – im Grundgesetz vieler Unternehmen protektionistische Klauseln eingeführt; auch bei solchen, welche mit westlichen Firmen Joint Ventures eingingen. Rechtlich gesehen bleibt China unwägbar. Quelle: Bloomberg, Santro Invest 11 Dies dürfte die Diskussion über den Gesundheitszustand des Kreditmarktes wieder anheizen. Gemäss offiziellen Statistiken hat sich das Kreditwachstum normalisiert. Wir schätzen aber, dass weiterhin grosse Risiken in den bestehenden Kreditportefeuilles vieler Schatteninstitute stecken. Quelle: Bloomberg, Santro Invest Aufgrund der vorlaufenden Indikatoren wird die chinesische Wirtschaft in den kommenden Monaten kaum an Dynamik gewinnen. Das Verbrauchervertrauen hat sich jüngst wieder etwas erholt und der Einkaufsmanager-Index löste sich etwas mehr von der 50er Marke. Vor allem die Auftragseingangskomponente stimmt zuversichtlicher, wohl vom schwächeren Yuan gestützt. Der Exportsektor verläuft weiterhin rückläufig, dürfte sich aber mit oben erwähnten Perspektiven erholen. Im Binnenmarkt wird die chinesische Regierung alles daran setzen, mit fiskal- und geldpolitischen Massnahmen das Wachstum aufrechtzuerhalten. Hintergrund ist die sich weiter abschwächende Wettbewerbsfähigkeit Chinas (steigende Löhne) und Gefahren einer Eintrübung am Arbeitsmarkt. Nebst direktem Eingriff in die Wirtschaftsleistung besteht auch bei der Geldpolitik noch Spielraum, umso mehr als die Inflation schwach ist. Wir gehen von einer weiteren Zinssenkung respektive Lockerungen der Unterlegungsvorschriften bei den Banken aus. Quelle: Bloomberg, Santro Invest Unsicherheit herrscht auch über die Lage am Häusermarkt. Die Erholung der Preise indiziert Knappheit, dies vor allem in bevorzugten Lagen. Höhere Preise führten erneut zu einer Abschwächung bei Handänderungen und neuen Bauvorhaben. Es scheint vor allem in Tier 2 und 3 Lagen noch Überkapazitäten zu haben. Wir erwarten deshalb keinen grossen Wachstumsbeitrag vom Häusermarkt. Quelle: Bloomberg, Santro Invest Insgesamt haben aber die Befürchtungen auf eine anhaltende Wachstumsabschwächung in China abgenommen. Quelle: Bloomberg, Santro Invest Das Wachstum in Indien bewegt sich weiterhin unterhalb der anvisierten Spanne von +8.0-8.5%. Der private Konsum, getrieben von steigenden (staatlichen) Löhnen wirkt konjunkturstützend, währendem die privaten Investitionen sogar leicht rückläufig sind. 12 Ein schlechtes Omen für das künftige Wachstum. Dass sich das Geschäftsklima jüngst trotzdem weiter verbessert hat, ist dem anhaltend hohen Vertrauen in Narendra Modis Wirtschaftspolitik und dem erfolgreichen Stabwechsel bei der indischen Zentralbank nach dem Rücktritt des populären Raghuram Rajan zu finden. Banken türmen sich faule Kredite von über INR 6 Bio. (CHF 88 Mrd. Fr.) Das Verbandeln der politischen Elite mit den Grosskonzernen, welches zu mangelhafter Kreditvergabe führte und das Fehlen eines Konkursrechts sind dafür verantwortlich, dass Mittel für neue Kredite fehlen. Gerade KMU leiden am meisten. Das Ziel der Zentralbank ist es, alternative Finanzierungswege zu schaffen. So soll etwa der bisher stark unterentwickelte Markt für Firmenanleihen gefördert werden. Und es sind weitere Reformen nötig: auf dem Arbeitsmarkt, in der Landwirtschaft und in der Administration (Bürokratieabbau). Anders als in China, wo alles zentralistisch gesteuert schnell geht, dürfte sich das Resultat der Konjunkturmassnahmen und der Reformen in Indien nur sehr graduell materialisieren. Quelle: Bloomberg, Santro Invest Nachfolger Urjit Patel steht für Kontinuität und Unabhängigkeit, aber auch für eine expansivere Geldpolitik. Diese dürfte das bisher ziemlich zahnlose Investitionsprogramm von USD 11 Mrd. unterstützen. Allerdings haben die Zentralbank, als auch Regierung eine anhaltend hohe Inflation und ein jährliches Haushaltdefizit von 4.1% des BIP gegen sich. Das Dilemma dürfte zugunsten Expansion gelöst werden und einen Wechsel der Fiskalpolitik bedeuten. Als Konsequenz erwarten wir eine klare Dynamisierung der Staatsausgaben, der Investitionstätigkeit und in der Folge der Industrieproduktion. Aktienmärkte: Das Ende der Gewinnrezession Allen Widrigkeiten zum Trotz bewegen sich viele Aktienindizes über dem Niveau zu Jahresanfang – in den USA haben der S&P, der Dow Jones und der Nadsaq jüngst historische Höchstkurse erreicht. Es scheint, dass rückläufige Gewinne und politische Unwägbarkeiten den Aktienkursen nichts anhaben können. Quelle: Bloomberg, Santro Invest Quelle: Bloomberg, Santro Invest Trotzdem rechnen wir in Indien mit einer Reduktion der zu ambitiösen Wachstumserwartungen, da sich ein bisher wenig beachtetes Problem bemerkbar machen wird. Die hohe Verschuldung. Bei den indischen Erstaunlich ist auch, dass der vom Brexit am meisten betroffene englische Aktienmarkt unter den Jahresgewinnern figuriert. Das gleiche gilt für den Index der Schellenländer, deren Gewinne stark unter der Währungsverwerfungen und der Wachstumsverlangsamung litten. Was ist passiert? Ein Erklärungsversuch: 13 In unserem letzten Anlagekommentar haben wir dargelegt, warum eine positivere Haltung zum Aktienmarkt angebracht ist. Daran hat sich nichts geändert: wir glauben, dass das absehbare Ende der Gewinnrezession in USA und in Europa und die nachlassenden Negativrevisionen der Gewinnerwartungen den Aktienkursen Phantasie verliehen. Quelle: Bloomberg, Santro Invest Quelle: Bloomberg, Santro Invest Der englische FTSE 100 ist ein gutes Beispiel. Die starke Entwertung des GBP nach dem Brexit Votum führte zu massiven positiven Revisionen der Gewinnerwartungen bei britischen Exportwerten. Diese überwogen die erwartete schwierigere Gewinnsituation im Binnenmarkt, insbesondere bei den Immobilien und im Finanzbereich. Bleibt zu sehen, ob sich diese Erwartungen materialisieren. Falls nicht, wird der britische Aktienmarkt die Gewinne wieder abgeben. Zugegeben, die Aktienmärkte sind im historischen Kontext anspruchsvoll bewertet. Mit Ausnahme des DAX, des NIKKEI und einigen Schwellenländermärkten sind die Bewertungskennziffern überdurchschnittlich hoch. Ein Grund dafür ist – wie erwähnt – die Gewinnentwicklung. Sowohl in den USA als auch in Europa fand eine Ausweitung der Bewertungskennzahlen statt. Dies ist unseres Erachtens dem tiefen Zinsniveau geschuldet. Die Risikoprämien für Aktien sind nach wie vor hoch, dabei reflektieren die tiefen Gewinnrenditen heute relativ gut das global schwache Wirtschaftswachstum. Das „gefährliche“ an der aktuellen Situation ist das Risiko einer Zinserhöhung ohne weitere wirtschaftliche Erholung. Die Risikoprämie würde bei einem solchen Szenario im Nu dahinschmelzen. Oder aber anhaltend höhere Volatilität, ausgelöst durch politische/wirtschaftliche Verwerfungen oder Vertrauensverlust in die Finanzmärkte bzw. die (expansive) Geldpolitik. So indiziert beispielsweise der Volatilitätsunterschied zwischen dem S&P und dem 10jährigen US Treasury, dass die Gewinnrendite eigentlich eher bei 6.5% - 7% sein müsste anstatt bei 5%. Dies würde ein P/E 15x statt 20x bedeuten. Die Situation beim EURO STOXX ist ähnlich. Quelle: Bloomberg, Santro Invest Hält also das Tiefzinsumfeld wie wir es erwarten an und erholen sich die Gewinnerwartungen dann dürften die Aktienbewertungen Bestand haben. Volatilitäten führen aber zwangsweise zu Korrekturen, welche wir zum weiteren Aufbau von Positionen nutzen werden. 14 grund des schwindenden Rückenwinds von tieferen Rohstoffkosten und tendenziell steigenden Löhnen und Sozialkosten. Nicht alle Unternehmen können diese möglichen Zusatzbelastungen durch Effizienzgewinne wettmachen. Quelle: Bloomberg, Santro Invest Für Aktien sprechen weiterhin die hohe Liquidität, die hohen Dividendenrenditen, die unterdurchschnittliche Positionierung vieler Investoren in Aktien und die gesunde Skepsis vieler Anleger zum Aktienmarkt. Quelle: Bloomberg, Santro Invest Quelle: Credit Suisse Seit Anfang Jahr hält der Geldfluss in risikoarm erachteten festverzinslichen Anlagen an – jüngst waren vor allem gute Bonitäten vermehrt gefragt. Dies in einem Umfeld von Negativzinsen und von expansiver Geldpolitik hochgetriebener Bondkurse. D.h. die Portfolios vieler Investoren sind nicht auf Wachstum ausgerichtet. Dies könnte bei Aktien zu Anlagedruck führen. 2) Signale von den Kredit- und Rohstoffmärkten. Nachhaltige Korrekturen an den Aktienmärkten werden oft im Ende von Kreditzyklen begründet. Kreditaufschläge haben sich nach dem Rohstoffschock nicht wieder auf die alten Tiefststände zurückbewegt. Sie sind über alle Bonitätsklassen gestiegen, sowohl in den USA, wie auch in Europa. Zu Recht! Denn die expansive Geldpolitik hat weiterhin einige Kreditrisiken übertüncht. Die Aufschläge sind zu tief, die Ausfallraten steigen weiter, vor allem in den USA. Der Bilanzqualität schenken wir deshalb grosse Beachtung. Euphorie ist dennoch fehl am Platz! Dafür war die Performance der Aktienmärkte in den letzten Monaten zu gut. Die Volumen sind dünn, der EFT Handel ist rege und es fehlt an Marktbreite. Der globale Einkaufsmanagerindex ist gefallen, bleibt aber auf Expansionskurs. Quelle: Bloomberg, Santro Invest Was bereitet uns Sorgen und bedarf besonderer Aufmerksamkeit? 1) Fallende Margen. Wir überwachen die nachlassende Profitabilität weniger als Resultat der schwächelnden Umsatzentwicklung, sondern auf- Im letzten Quartal haben wir aufgrund der positiveren Neubeurteilung der Aktienmärkte die Brexit-Korrektur genutzt um unsere relativ tiefe Aktienquote zu erhöhen. An dieser Strategie werden wir auch in den kommenden Monaten festhalten, dabei aber äusserst vor- 15 sichtig agieren. Wir denken dass eine sorgfältige Aktienselektion noch viel wichtiger geworden ist, bzw. ein Investieren nach Index nicht angebracht ist. Obwohl sich der S&P auf Allzeithoch hält, liegen einige US Qualitätstitel mit Kursabschlägen von 25-30% unter den Höchstständen arg in den Seilen. Dort sehen wir Opportunitäten. Wir legen uns weiterhin nicht auf einen bestimmten Investment-Stil fest, sondern investieren unsere Zeit vermehrt in die Unternehmensanalyse um über alle Sektoren und Themen hinweg attraktive Investitionsideen zu finden. Aufgrund der Bewertung, der Währungssituation und des von uns erwarteten Gewinn-Momentums konzentrieren wir uns auf ausgewählte europäische Aktien mit Schwerpunkt im DAX und SPI. Quelle: Bloomberg, Santro Invest Haben wir uns bisher vom Bankensektor ferngehalten, bezogen wir jüngst nun selektiv Positionen. Bei unseren Neuengagements achteten wir auf Unternehmen mit guter Bilanzqualität und/oder mit Aussicht auf eine überzeugende strategische Neuausrichtung. Wir schätzen die defensiven Qualitäten und die internationale Ausrichtung vieler Unternehmen im SMI und SPI. Da liegt das Hauptgewicht unserer Positionen. Dazu gehören insbesondere Unternehmen, die in nachhaltig wachsenden Märkten tätig sind und Aussicht auf gute Dividendenrenditen haben. Quelle: Bloomberg, Santro Invest Der DAX hat wegen der hohen Ausrichtung auf zyklische Sektoren und auf die Entwicklung in Schwellenländern noch immer einen Abschlag. Qualitätswerte werden in Gemeinschaftshaft genommen. Die Bewertung des Index scheint uns attraktiv, da sie fast kein Gewinnwachstum impliziert, d.h. das Enttäuschungspotenzial klein ist. Auf dem Radar stehen auch selektive Anlageideen in der Peripherie, insbesondere in Italien und Spanien. Bei den Sektoren werfen wir ein Auge auf Bau- und Autowerte sowie auf (spät)zyklische Unternehmen. Quelle: Bloomberg, Santro Invest Aufgrund der hohen Überrendite, welche die mittelund kleinkapitalisierten Unternehmen in den letzten Jahren erzielten, erachten wir die (langweiligen) Blue Chips in der Schweiz als interessant. Der Schweizer Markt erlaubt uns auch, ein übermässiges Währungsrisiko und hohe Absicherungskosten zu umgehen. 16 Quelle: Bloomberg, Santro Invest Quelle: Bloomberg, Santro Invest Bei den Schwellenländern glauben wir mittelfristig an Länder wie China und Indien. Die Bewertungsniveaus sind zwar attraktiv, das anhaltend negative GewinnMomentum und die in vielen Ländern politischen Unwägbarkeiten veranlassten uns, in die jüngste Kurserholung Positionen abzubauen. Wir ziehen es vor, von den Wachstumschancen in diesen Ländern über dort gut positionierte westliche Firmen zu profitieren. Im US Aktienmarkt waren wir nur schwach engagiert und haben dadurch die jüngste Erholungsphase nur bedingt mitgemacht. Wie bereits erwähnt versuchen wir unternehmensspezifische Verwerfungen herauszupicken. Der Markt insgesamt ist teuer, vor allem wenn Bewertungskriterien betrachtet werden, welche die massiven Aktienrückkäufe ausblenden (wie z.B. EV/EBITDA). Die Differenz ist frappant! Quelle: Bloomberg, Santro Invest Quelle: Bloomberg, Santro Invest In Japan bleiben wir trotz ernüchternder wirtschaftlicher Fortschritte investiert. Der japanische Aktienmarkt ist günstig bewertet, selbst unter Berücksichtigung der anhaltenden Gewinnrevisionen. Die schwache Binnenkonjunktur gilt es allerdings im Auge zu behalten. Engagements in international ausgerichteten Konzernen reduzieren dieses Risiko. Der Trend zur erneuten JPY Schwäche dürfte exportorientierte Werte unterstützen. Zudem wird der Aktienmarkt vom hohen Gewinn-Niveau, der attraktiven Dividendenrendite, dem Anlagedruck u.a. seitens des staatlichen Pensionskassenfonds und ausreichend Liquidität unterstützt. Schliesslich befassten wir uns etwas eingehender mit dem britischen Aktienmarkt. Der FTSE 100 Index ist von Rohstoffwerten und - nach dem Brexit - von der Euphorie um Exportunternehmen hochgeschossen. Dabei gingen mehr Binnenmarkt orientierte Titel, welche in den vergangenen Jahren auch strategisch Weichen gestellt haben, dafür aber nie honoriert wurden, vergessen. Wir können uns Engagements in solchen Werten (z.B. im Einzelhandelssektor) vorstellen – ohne übermässig positiv auf die britische Wirtschaft zu sein. 17 Quelle: Bloomberg, Santro Invest Obligationen: Risiken steigen weiter Kaufprogramme der Zentralbanken und die weitere globale Wachstumseintrübung üben weiterhin starken Einfluss auf die Entwicklung der Zinskurven aus. Vor allem Engagements am langen Ende, wo noch minimale Renditen zu holen waren, haben die Kurven abflachen lassen. Die Situation ist für Anleger noch schwieriger geworden. In Ländern wie Japan, Deutschland und der Schweiz sind weite Strecken der Fristigkeiten ins Negative gerutscht. Es gibt fast nur noch Risiko ohne Renditen, vor allem bei den Staatsanleihen. Auch in den USA hat sich die Zinskurve gegenüber 12 Monaten noch einmal merklich abgeflacht. Dabei sind die Zinsen am kurzen Ende aufgrund der erwarteten zweiten Leitzinserhöhung angestiegen – Yellen dürfte auch dieses Mal dem Markt hinterherhinken. Gleichzeitig führten die reduzierten Wachstumserwartungen am langen Ende zu tieferen Renditen. Der 12 Monate Treasury hat dieselbe Rendite wie das 10 jährige Papier! Ein beschleunigter Normalisierungspfad in den USA dürfte einen (negativen) Einfluss auf die Renditen mit Laufzeiten zwischen 2 und 10 Jahren haben und den USD stärken. Am ganz kurzen und langen Ende erwarten wir keine grossen Bewegungen. Ein positiver Schritt in den USA würde auch den Druck auf die EZB die Zinsen weiter zu senken verringern. Quelle: Bloomberg, Santro Invest Der Verlauf der US Zinskurve dürfte das FED veranlassen, beim Drehen an der Zinsschraube äusserst vorsichtig vorzugehen. Eine noch flachere Kurve könnte durchaus als Rezessionszeichen angesehen werden. Zur Erinnerung: Konjunkturabschwünge wurden in der Vergangenheit durch eine zu restriktive Geldpolitik, eine Überschuldung der privaten Haushalte/Konsumenten oder durch einen stark steigenden Ölpreis ausgelöst. Keines dieser drei Treiber kann heute ausgeschlossen werden. Auf jeden Fall rechnen wir mit erhöhter Volatilität bei den Festverzinslichen im Vorfeld der geplanten FED und EZB Treffen. Quelle: Bloomberg, Santro Invest Grossräumig glauben wir nicht an eine wirkliche Zinswende. Dafür sind die wirtschaftlichen Perspektiven zu wenig gut und die Verschuldungssituation zu angespannt. 18 Quelle: Bloomberg, Santro Invest Quelle: Bloomberg, Santro Invest Für Anleger sind die Obligationen wie ein Minenfeld. Wegen den Verzerrungen ist es schwierig die Risiken zu erkennen. Wir schauen uns deshalb weiterhin die Kreditmärkte an. In Europa sind die Kreditmärkte aufgrund der fragilen Bankenlandschaft angespannter. Dass die Kreditschöpfung als Schmiermittel des Wachstums auch in Europa nicht ideal funktioniert beweist die Neuauflage eines nach oben offenen Kreditprogramms (TLTRO II) durch die EZB. Das Programm läuft seit Juni 2016 - gegenüber dem Vorläuferprogramm scheint die Nachfrage etwas besser zu sein, wohl Dank weitgehender Entlastung der Bankbilanzen durch die EZB bei der Kreditvergabe. Die Frage stellt sich: werden denn die Risiken auch richtig eingeschätzt? Kommen Begehren zum Zuge, welche im ordentlichen Verfahren keine Chancen hatten? Der Kreditmarkt ausserhalb des TLTRO Programms neigt weiterhin zur Schwäche, wegen der moderaten Nachfrage. Die Kreditaufschläge sind historisch gesehen tief, beeinflusst von den tiefen Erträgen aus Investitionen in die Realwirtschaft aber auch von der graduellen wirtschaftlichen Erholung seit der Finanzkrise. Indizieren die tiefen (und negativen) Renditen bei den Staatsanleihen eine nachhaltige Krise, geben uns die Kreditaufschläge doch eher ein positiveres Zeichen. Dies spricht für Aktien. Quelle: Bloomberg, Santro Invest Allerdings glauben wir, dass sich der Kreditzyklus langsam dem Ende nähert. Der Verengung der Zinsspannen sind auf dem aktuellen Niveau Grenzen gesetzt. Die Banken – vor allem in den USA – tragen das ihre dazu bei. Die Kreditkonditionen haben sich jüngst weiter verschärft, und dies ist nicht nur der Eigenmittelunterlegungspflicht zuzuschreiben. Quelle: Bloomberg, Santro Invest Die Rendite des 10jährigen Eidgenossen haben im ablaufenden Quartal mit -0.704% einen neuen historischen Tiefststand erreicht. Sie ist mit der Erholung der Aktienmärkte um gut 20 Basispunkte gestiegen. Trotzdem verläuft die CHF Zinskurve heute flacher als noch vor einem Jahr, der unsicheren globalen Wirtschaftslage sei Dank. Am kurzen Ende, wo lange Stille herrschte fand jüngst etwas Bewegung statt. 19 Mittel fliessen in Wandelanleihen oder dienen der Erhöhung der Liquidität um im Aktienmarkt aktiv werden zu können. Quelle: Bloomberg, Santro Invest Wir erwarten in den kommenden Monaten keine grossen Veränderungen, ausser die SNB müsste aufgrund eines steigenden Aufwertungsdrucks des CHF eine weitere Leitzinssenkung vornehmen. Die Möglichkeiten eine angemessene Rendite zu erzielen sind damit weiter geschrumpft. Wir sind – wenn überhaupt – bei Unternehmensanleihen aktiv, beteiligen uns an Neuemissionen und realisieren bei Staatsanleihen in „riskoff“ Phasen Gewinne. Hatten bis vor Kurzen die langfristigen Zinssätze in Europa noch Potenzial nach unten, so ist auch diese Opportunität fast gänzlich weg. Das Kaufprogramm der EZB, welches Investitionen in negativ rentierende Instrumente untersagt, hat sukzessive die Renditen am langen Ende gedrückt. Dies dürfte noch eine Weile anhalten, gehen wir doch davon aus, dass die EZB die geldpolitischen Massnahmen über 2017 hinaus verlängern wird. Wir stehen zu unserem Tiefzinsszenario, verursacht von gedrückten Wachstumszahlen und eine rund 40% höhere weltweite Verschuldung. Viele Staaten und Unternehmen können sich höhere Zinsen nicht leisten. Aus unserer Sicht wird der zinssenkende Druck der Deflation in den nächsten Monaten allerdings abnehmen. Springt die Wirtschaft nicht an könnte die Stagflation ein Thema werden. Das Verlustrisiko im Anleihenmarkt hat sich weiter massiv erhöht. Wir bleiben deshalb strategisch negativ auf Bonds. Die Duration bleibt unterdurchschnittlich, Positionen werden in Stärkephasen abgebaut. Aus „save haven“ Überlegungen konzentrieren wir uns auf CHF Anleihen von Unternehmen die knapp das Investment Grade Niveau (BBB) erreichen und wo wir die Risiken gut abschätzen können. Frei werdende Aus Anlegersicht sind dies weiterhin schwierige Märkte. Die Zeiten stabiler Renditen und vor allem attraktiver Kapitalgewinne sind vorbei. Natürlich ergeben sich Opportunitäten, sei es aufgrund der Entwicklung der Zinskurve oder Verwerfungen bei den Kreditund Währungsmärkten. Trading Märkte eben. Die Renditen sind tief, die Transaktionskosten hoch, die Geld/Brief-Spreads weit. Anleger sind zu sorglos im Obligationenmarkt investiert! Rohstoffe: Im Banne der Wachstumsschwäche – Gold als Inflationsschutz Die Reduktion der globalen Wachstumserwartungen indiziert auch künftig eine schleppende Nachfrage nach Rohstoffen. Die Rohstoffpreise sind somit in den kommenden Monaten nicht vor Rückschlägen gefeit. Wir erwarten alledings Stimuli von der Angebotsseite und glauben deshalb, dass der Sektor mittelfristig interessante Renditemöglichkeiten offeriert. Wir würden die Rohstoffallokation eher ausbauen – auch aus Diversifikationsgründen. Die Lage am Ölmarkt hat sich weiter normalisiert. Trotzdem schreitet die Re-aktivierung der Bohrlöcher in den USA nur schleppend voran. Viele Driller verschwanden für immer. Einigen sitzt der Schreck des vergangenen Ölpreis-Kollapses noch in den Knochen. Bei Preisen rund um USD 50 bbl sind viele Schieferproduzenten noch nicht oder knapp profitabel. Quelle: Bloomberg, Santro Invest 20 Der Markt bleibt wegen des nur langsam fortschreitenden Lagerabbaus und der Unsicherheit bezüglich des künftigen Produktionsvolumens grosser Ölförderer sehr volatil. Gift für die Kleinen - viele gehen das Risiko nicht ein. Kurzfristig dürfte die Produktion somit nicht ausgeweitet werden. Kommt es beim informellen OPEC Treffen Ende September zu einer Produktionsbeschränkung, dürften sich die Verhältnisse am Ölmarkt erneut verändern. Der Druck von Russland ist hoch und auch Saudi Arabien scheint zu wanken. Ohne Einigung dürfte das Preisniveau um USD 50/bbl die gedrückte Nachfrage recht gut widerspiegeln. Quelle: Bloomberg, Santro Invest Für mittelfristig höhere Ölpreise sprechen unter anderem die anhaltende Reduktion der Investitionen in der Branche und zwar auf ein nicht nachhaltiges Niveau. So wurden im vergangen Jahr lediglich 2,5 Mrd. Fass Rohöl neu entdeckt – über 10 Mrd. wären notwendig um die Erschöpfungsrate bei der heutigen Nachfrage zu kompensieren. Das Fehlen einer nachhaltigen Preiserholung bei den Industriemetallen reflektiert die schwache globale Industrieproduktion. Wir erwarten keine grosse Dynamisierung in den kommenden Monaten. Die Kupfernotierung ist stark von der Wachstumsabschwächung in China beeinflusst. Wirtschaftsstimuli der chinesischen Regierung dürften ihre Wirkung nur langsam entfalten. Wir erwarten vor allem aus dem Bausektor auch in den USA positive Impulse. Anpassungen auf der Angebotsseite sind noch am Laufen, allerdings spricht der jüngst erfolgte Lageraufbau gegen eine rasche Erholung des Kupferpreises. Quelle: Bloomberg, Santro Invest Die Platinpreise profitieren von der Nachfrage aus der Autoindustrie und vom tieferen Angebot. Man spricht von einem drohenden Defizit von 450'000 Unzen zum Jahresende. Beim Nickel haben sich die Preise wegen rund 20% Überkapazitäten nicht erholt. Minenschliessungen auf den Philippinen werden von erhöhtem Angebot aus Indonesien kompensiert. Auf dem Aluminium Markt herrscht global ein Angebotsüberhang. Vor allem wenn China neue Kapazitäten im Umfang von 2 Mio. Tonnen im H2-2016 hochzufahren gedenkt wird der Alu-Preis unter Druck bleiben. Insgesamt bleiben Investoren bei Industriemetallen unterinvestiert – wohl zu Recht. Es braucht eine klare Wachstumsbeschleunigung für nachhaltig höhere Preise. Bei den Agrarprodukten sind die Lagerbestände zwar etwas gesunken, die Aussicht auf gute oder gar Rekordernten lassen die Preise sowohl beim Weizen, also auch beim Mais und Soja sinken. Wir nehmen gegenüber Agrarstoffen eine neutrale Haltung ein. Quelle: Bloomberg, Santro Invest Der Goldpreis hat sich mittlerweile auf einem Niveau um die USD 1‘300/oz eingenistet. Gegenläufige Entwicklungen liefern sich im gelben Metall einen 21 Kampf. Die Bereitschaft der Anleger wieder mehr Risiken zu nehmen, die Anzeichen eines baldigen Zinsschritts und die damit verbundene Stärkung des USD üben jeweils Druck auf den Goldpreis aus. Demgegenüber stehen eine starke physische Nachfrage in den Schwellenländern und vor allem der zunehmende Vertrauensverlust ins Papiergeld, welche preisstützend wirken. Auch als Inflationsschutz wird Gold in Zukunft nicht ausgedient haben. Aktuell scheinen die Bären wieder etwas die Oberhand zu gewinnen. Wir finden, dass Gold Bestandteil eines ausgewogenen Portfolio sein muss und bauen in Schwächephasen Positionen aus. Ein zuverlässiger Indikator für die künftige Währungsentwicklung sind die Realzinsen – aber (leider) auch nur in der langen Frist. Kurzfristig kann es zu Verwerfungen kommen. So passt die jüngste Erholung der Realzinsen in den USA nicht zum schwächeren USD. Vor dem Hintergrund der erwarteten Zinserhöhung in den USA und den Unsicherheiten im EUR Raum erwarten wir eine Gegenbewegung beim USD. Dieser Entwicklung stehen mittelfristig allerdings steigender Inflationsdruck, die negativeren Aussenhandelsbilanz und hohe Schulden gegenüber. Quelle: Bloomberg, Santro Invest Quelle: Bloomberg, Santro Invest Währungen: Wohin geht der USD? Die Schwierigkeit bei der Betrachtung von Währungen ist, dass Prognosen aus unserer Optik fast unmöglich sind, die Währungsentwicklung aber substanziellen Einfluss auf Geldströme und Entwicklung von Vermögenswerten hat. Nach diesem Prinzip müsste eigentlich auch der EUR gegenüber dem USD zulegen – und dies schon seit mehr als einem Jahr. Die Turbulenzen rund um den Euro-Raum dürften die gemeinsame europäische Währung jedoch nachhaltig negativ beeinflussen. Aus Sicht der Finanzmärkte führt auch die Flucht aus Europa-Investitionen (Aktien und Obligationen) zu Druck auf dem EUR/USD Kurs. Mit dem Brexit im Nacken wird dem EUR auch mittelfristig das Vertrauen fehlen – ausser es kommt zu fundamentalen Reformen in der EU. Der Yuan leidet weiter unter der Wachstumsabschwächung und ist von geldpolitischen Massnahmen beeinflusst. Als „IMF“-Währung und mit Blick auf den kürzlich erfolgten Liberalisierungsschritt bei den Aktienmärkten, welche die Aufnahme chinesischer Aktien im MSCI World Index ermöglichen wird, dürfte der Yuan an Stärke gegenüber des USD gewinnen. Quelle: Bloomberg, Santro Invest Die Schwellenländer profitieren vom schwächeren USD beim Bedienen der Schulden und/oder über Mehreinnahmen aus Rohstoffen. Die Entspannung an der Währungsfront hat die Börsen dieser Länder beflügelt. Je nach Zinsentscheid des FED dürften die 22 Währungen einiger Schwellenländer wieder unter Druck geraten. Die schwache ökonomische Leistung Japans und das Erstarken des Yen passen nicht zusammen. Wir glauben, dass der JPY gegenüber dem USD auf Basis der Kaufkraft überschossen hatte und die Kluft nun korrigiert wird. Bei einer anhaltend expansiven Geldpolitik wird sich der Yen erneut abschwächen. Börse hat dies als Gewinn für die ohnehin angeschlagene internationale Wettbewerbsfähigkeit interpretiert und positiv reagiert. Kaufkraft adjustiert hat das GBP klar nach unten überschossen. Die Ausweitung der Zinsdifferenz stützt allerdings den tiefen Wechselkurs, womit von einem künftigen Kaufkraftverlust der Briten ausgegangen werden muss. Quelle: Bloomberg, Santro Invest Quelle: Bloomberg, Santro Invest Im Währungspaar CHF/EUR passiert zurzeit sehr wenig. Nach den Turbulenzen im 2015 scheint sich die Relation auf einem Niveau um CHF 1.10 eingependelt zu haben. Die nominale Zinsdifferenz stützt diesen Kurs, auf Basis der realen Zinsen müsste der EUR eher etwas stärker sein. Dabei ist zu beachten, dass der Wechselkurs durch Interventionen der SNB beeinflusst ist. Wir glauben, dass der CHF mittelfristig weiterhin vom Bonus der politischen Stabilität und Rechtssicherheit profitiert und somit zur Stärke neigt. Immobilien: Schwindender Zinseffekt Trotz deflationärer Tendenzen weiter sinkende Realzinsen erhalten die Attraktivität von Immobilienanlagen in der Schweiz. Der Referenzindex schoss im Frühjahr auf historische Höchststände, vom anhaltenden Anlagedruck vor allem institutioneller Anlegern gestützt. Investoren sind bereit auch bei hohen Aufschlägen von 30% noch Neuengagements einzugehen, bei Wohnimmobilien liegt das Agio bei fast 40%! Im kritischer eingeschätzten kommerziellen Bereich verlaufen die Prämien nur leicht über dem langfristigen Durchschnitt von +15%. AGIO BEI SCHWEIZER IMMOBILIENFONDS Quelle: Bloomberg, Santro Invest Schliesslich ein paar Worte zur Abwertung des GBP. Die Befürchtungen über massive wirtschaftliche Nachteile Grossbritanniens nach dem Ja zum Brexit haben die Britische Währung nachhaltig entwertet. Die Quelle: Credit Suisse 23 Der Index hat allerdings jüngst wieder an Dynamik verloren. Wir führen dies auf die Unsicherheit im Zusammenhang mit der Zinserhöhung in den USA, den nachlassenden positiven Effekt noch tieferer, bzw. vor allem negativer Zinsen und die wegen geringerer Zuwanderung (ausländische Haushalte machen 50% des Wachstums aus) schwächere Nachfrage zurück. Die Knappheit von Wohnraum ist je nach Region allerdings noch hoch, vor allem im unteren Preissegment. Wir gehen deshalb davon aus, dass das Bevölkerungswachstum und Rendite suchende Liquidität den Schweizer Immobilienmarkt weiter antreiben werden – schliesslich sind die auf knapp unter 3% gesunkenen Ausschüttungsrenditen immer noch massiv höher als die Erträge eines Eidgenossen. Quelle: Bloomberg, Santro Invest International ausgerichtete, breit diversifizierte Immobilienfonds bieten interessante Zusatzrenditen mit überschaubarem Risiko. Die grosse Anzahl neuer Produkte z.B. mit Ausrichtung auf den deutschen Immobilienmarkt lassen uns auch gegenüber internationalen Anlagen zunehmend skeptisch werden. Eine genaue Risikoabwägung, inkl. Fremdwährungen, ist nötig. Bei der Auswahl von Immobilien-Anlagen fokussieren wir auf direkte Erträge und meiden Produkte mit Aufschlägen zum Buchwert. Schlussfolgerung Die Verlangsamung des weltweiten Wirtschaftswachstums hält an, da ein während Jahrzehnten wichtiger Treiber, die Globalisierung, an Kraft verliert. Nicht alle profitierten allerdings gleich von der Öffnung der Märkte, dies wird immer offensichtlicher. Die negativen Effekte auf die Gesellschaft treten klarer zu Tage, auch in den westlichen Ländern, und riskieren die wirtschaftlichen Errungenschaften globaler Märkte zu gefährden. Soziale Unrast und Tendenzen zur Abschottung und zu wirtschaftlichem Protektionismus sind die Folgen. Auf diese höchst gefährliche wachstumshemmende Abwärtsspirale wird allein mit geldpolitischen Massnahmen geantwortet. Dies hat sich weitgehend als erfolglos herausgestellt. Zunehmend werden konjunktur- und fiskalpolitische Instrumente ausgepackt. Auch wenn damit die Verschuldungssituation weiter verschärft wird, die Hoffnung auf mehr Wachstum ist unseres Erachtens berechtigt. Damit gehen die wirtschaftlichen Risiken zurück - die politischen dürften zunehmen. Die grosse Herausforderung für die Anleger ist die Liquiditätsfalle, in welche sie getappt sind. Die ist tief. Die Flutung der Märkte mit Liquidität setzt sich fort, und die Zentralbanken sind auch als Investoren mitten drin. Im ablaufenden Quartal wurden die Vermögenspreise weiter inflationiert. Die Zinsen haben neue Tiefststände erreicht. Mittlerweile sind die Renditen von rund USD 12 Bio. (!) Staatsanleihen weltweit im negativen Bereich. Liquiditätshaltung kostet Geld. Aufschläge auf Immobilienpreise sind auf Rekordhoch. Aktienkurse werden als teuer empfunden. Kredite sind so günstig wie noch nie. Die Zitrone ist ausgepresst. Wie geht es weiter? Wir glauben, dass es nur einen vernünftigen Weg aus dieser Situation gibt: Wachstum. Da sind wir mit den Regierungen einig. Nur braucht es strukturelle Veränderungen und keine Liquidität, und viel Zeit. Eine Normalisierung der Finanzmärkte über strukturelles Wachstum bestraft Nominal- und spricht für Realwerte. Aktien, Immobilien, Rohstoffe. Angesichts der teilweise anspruchsvollen Bewertungen ist Selektivität wichtig. Regional, nach Branchen und Unternehmen. Da fühlen wir uns wohl und verbringen viel 24 Zeit, um bei Preisverwerfungen Aktienquoten mit ausgewählten Investitionen weiter hochzufahren. Unsere Engagements erhöhen sich eher im zyklischen und Zins sensitiveren Bereich. Wir glauben weiterhin, dass kurzfristig das absehbare Ende der Gewinnrezession bei Unternehmen, die nachlassenden Negativrevisionen bei den Gewinnerwartungen und attraktive Dividendenrenditen für ein Aktienengagement sprechen. Risiken orten wir – einmal mehr – im Kreditbereich, dies vor allem wegen der weiter steigenden Verschuldung. Aus Anlegersicht glauben wir auch, dass der Kreditzyklus (Verengung der Kreditaufschläge) zu Ende geht. Wir sehen von Engagements ab. Eine weitere Reduktion der Obligationenallokation ist in unserem Makro-Bild ein Muss. Nicht forciert, sondern sukzessive. Dies ist eine strategische Aufgabe, da es – auch wegen schwindender Marktliquidität – Zeit braucht. Wir halten die Duration unterdurchschnittlich. Opportunitäten ergeben sich immer wieder bei Unternehmensanleihen am unteren Rande des Investmentgrade-Bereichs. Nach den letzten Erfahrungen im Zusammenhang mit den politischen Risiken, i.e. Finanzmärkte erholen sich rasch, ist man geneigt, diese zu ignorieren. Das wäre fatal. Man muss sie ernst nehmen, sich aber vor Augen halten, dass Finanzmärkte erst dann nachhaltig auf politische Veränderungen reagieren, wenn unmittelbar handfeste wirtschaftliche Interessen davon betroffen sind. Das ist eigentlich über Kurz oder Lang meistens der Fall. Im Positiven, wie auch Negativen. Johannes Borner, CIO, Santro Invest AG Pfäffikon, 8. September 2016 25