1. Tumoren 1 1.1 Benigne Tumoren 1.1.3 Andere benigne epidermale Tumoren von <Mirjana Ziemer und Johannes Norgauer> Inhalt 1.1.3 1.1.3.1 1.1.3.2 1.1.3.3 Andere benigne epidermale Tumoren Seborrhoische Keratose (Sonderformen: Lentigo solaris, Lichenoide Keratose, Stukkokeratosen, eruptive seborrhoische Keratosen) Klarzellakanthom Warziges Dyskeratom (Synonym: Follikuläres Dyskeratom) 1.1.3.1 Seborrhoische Keratose (Synonym: Verruca seborrhoica, seborrhoische Warze , Basalzellpapillom ) Verrucae seborrhoicae stellen eine sehr häufige, benigne epidermale Neoplasie vorrangig bei Patienten im höheren Lebensalter dar. Eine genetische Prädisposition wird diskutiert. Die hyperproliferativen Keratinozyten differenzieren normal, die Ausreifung der Keratinozyten läuft jedoch verzögert mit Akkumulation basaloider Zellen ab. In 20% extragenitaler Verrucae seborrhoicae konnte eine Assoziation mit humanen Papillomviren mittels in-situ-Hybridisierung gezeigt werden. In Anbetracht letztgenannter Gesichtspunkte ist es auch denkbar, dass es sich bei seborrhoischen Keratosen nicht um eine Neoplasie, sondern um eine reaktive Hyperplasie handelt. Klinik Die Prädilektionsstellen sind das Gesicht und der Stamm, vor allem die vordere und hintere Schweißrinne. Sie sind unregelmäßige, teilweise bräunliche, mitunter bis schwarz pigmentierte, scharf begrenzte, über das Hautniveau erhabene Tumoren (Abb. 1) Ihre Oberfläche ist verrukös bis stumpf. In Flexuren können sie gestielt auftreten. Charakteristisch sind die gut im Dermatoskop erkennbaren Pseudohornzysten (Horneinschlüsse, die vom darüber liegenden Stratum granulosum eingeschlossen werden). Abb. 1 Seborrhoische Keratose 2 1.1 Benigne Tumoren Histologie Proliferation basaloider Zellen verbunden mit einer Akanthose, Papillomatose unter Ausbildung diverser Wuchsmuster (u.a. adenoides, retikuläres, klonales). Häufig Hyperpigmentierung der Keratinozyten. Lamelläre Orthohyperkeratose. Pseudohornzysten (Abb. 2). Abb. 2 Seborrhoische Keratose mit Pseudohornzysten Sonderformen Lentigo solaris Solare Lentigines werden als initiale Form einer seborrhoischen Keratose diskutiert. Wenngleich die Mehrzahl der solaren Lentigines nicht in eine seborrhoische Keratose fortschreitet, so sind doch die Übergänge sowohl klinisch als auch histologisch fließend. Solare Lentigines treten mit zunehmendem Alter stark vermehrt in chronisch sonnenexponierten Arealen auf. Dementsprechend sind bevorzugte Lokalisationen das Gesicht, die Unterarmstreckseiten und die Handrücken. Klinik I.d.R. rund-ovale, scharf begrenzte, hellbraune Makulae (Abb. 3). Histologie Gering verlängerte, basal breitere, epidermale Reteleisten mit basaler Hyperpigmentierung. Teilweise große, hellere Basalzellen bei der Variante eines Großzellakanthoms. 1. Tumoren 3 Abb. 3 Lentigines solares Lichenoide Keratose Synonym: Benigne lichenoide Keratose, Lichen planus-artige Keratose Sie entstehen durch eine destruierende, lichenoide Interfacedermatitis aus einer solaren Lentigo bzw. seborrhoischen Keratose. In der Regel treten lichenoide Keratosen solitär auf. Eine spezifische Klinik ist ihnen nicht eigen. Die klinische Verdachtsdiagnose ist meist die eines Basalzellkarzinoms bzw. einer aktinischen Keratose. Ein multiples oder eruptives Auftreten findet sich gelegentlich in sonnenexponierter Haut. Histologie Mehrere histologische Varianten sind beschrieben: Am häufigsten findet sich der “klassische Typ” mit Veränderungen, die mit einem Lichen planus praktisch identisch sind (Lichen planus-artige-Keratose) (Abb.4). Abb. 4 Lichenoide (Lichen planus artige) Keratose 4 1.1 Benigne Tumoren Hinweisgebend kann das Vorliegen einer fokalen Parakeratose sein, die beim Lichen planus in der Regel nicht vorliegt. In Hinblick auf das solitäre Auftreten ist die lichenoide Keratose jedoch gut von einem Lichen planus abzugrenzen (hier ist die klinische Angabe des Einsenders erforderlich, um Fehldiagnosen zu vermeiden). Der “frühe Interface Typ” zeigt bei weitestgehend normaler Epidermis ein angrenzendes bandförmiges lymphozytäres Infiltrat. Der “atrophe Typ” stellt ein spätes, regressives Stadium dar, bei dem die Möglichkeit der Fehlinterpretation als Lupus erythematodes besteht. Beim „bullösen Typ“ kommt es bedingt durch die exzessive, junktionale Destruktion zur subepidermalen Spaltbildung. Stukkokeratosen Stukkokeratosen treten vor allem bei älteren Menschen in lichtexponierter Haut besonders an den distalen Extremitäten auf und sind durch symmetrisch verteilte, linsengroße, flache, weißliche bis graue Papeln (Abb. 5) gekennzeichnet. Histologie: Umschriebene spitze Papillomatose der Epidermis bedeckt von einer säulenförmigen Orthohyperkeratose. Abb. 5 Stukkokeratosen Eruptive seborrhoische Keratosen Das Leser-Trélat-Syndrom ist charakterisiert durch das plötzliche, eruptive Auftreten zahlreicher Verrucae seborrhoicae im Rahmen interner Malignome (Adenokarzinome vor allem des Magens und der Brust, aber auch Bronchialkarzinome, Leukämien und maligne Lymphome). Einer umfangreichen Literaturrecherche zufolge ist jedoch die Evidenz dieser Annahme fraglich. Eruptive Verrucae seborrhoicae treten häufiger sporadisch ohne Malignomassoziation auf (Abb. 6). Eine Assoziation mit Malignomen ist wahrscheinlicher bei gleichzeitigem Vorhandensein einer Acanthosis nigricans. Eine familiäre Prädisposition kann vorhanden sein. In anderen 1. Tumoren 5 Fällen ist ein eruptives Auftreten getriggert durch Ekzeme bzw. chronische entzündliche Dermatosen. Abb. 6 Eruptive seborrhoische Keratosen (Leser-Trélat-Syndrom) Differenzialdiagnosen seborrhoischer Keratosen Pigmentierte seborrhoische Keratosen müssen von melanozytären Tumoren abgegrenzt werden, gestielte Läsionen können weichen Fibromen ähneln. Therapie Die Therapie folgt in erster Linie kosmetischen Vorstellungen. Die Kürettage (mittels Ringkürette oder scharfem Löffel) ist die Therapie der ersten Wahl. Da die Läsionen der Haut „aufsitzen“, ergreift man sie mittels Kürettage vollständig. Die elektrokaustische Abtragung und ablative Laserverfahren (CO2- oder Erbium-Yag- 6 1.1 Benigne Tumoren Laser) sind anwendbar. Solare Lentigines können ebenfalls mittels Laser behandelt werden, wobei hier Pigment-spezifische Laser erforderlich sind. Bleichende topische Therapieverfahren (Hydrochinon-haltige Externa) kommen in Frage. Prinzipiell ist jedoch zu empfehlen, solche Verfahren anzuwenden, die eine histopathologische Aufarbeitung ermöglichen. Nur solche Läsionen sollten anderweitig entfernt werden, die klinisch sicher eingeordnet werden können. Diese Entscheidung obliegt einzig dem Dermatologen. 1.1.3.2 Klarzellakanthom Klinik Das Klarzellakanthom ist ein benigner, epidermaler Tumor, der meist solitär am Unterschenkel bei erwachsenen Patienten auftritt. Es imponiert als asymptomatischer, scharf begrenzter, langsam wachsender, kuppelförmiger Knoten mit bis zu 2cm Durchmesser. Der hautfarbene bis erythematöse Knoten weist zahlreiche, zentral gelagerte, kleine petechiale rote Punkte sowie eine Collerette-artige Randschuppung auf. Die papillomatöse Oberfläche ist oft feucht oder erosiv-krustig. Die exakte Genese ist unklar. Eine Reihe von Klarzellakanthomen konnte in Arealen präexistierender, entzündlicher Dermatosen gefunden werden wie z.B. bei bakteriellen Infektionen oder bei psoriatischen Plaques. Deshalb wird die Möglichkeit diskutiert, dass es sich um eine reaktive Reifungsstörung der Keratinozyten handelt. Auf der Basis elektronenmikroskopischer Untersuchungen wurde gezeigt, dass die epidermalen Zellen ihre normalen enzymatischen Eigenschaften verloren haben und vermehrt Glykogen speichern. Histologie Scharf begrenzte Akanthose aus Glykogen-speichernden (PAS-positiven) Klarzellen (Abb. 7). Darüber verschmälertes bis fehlendes Stratum granulosum. Hyperparakeratose. Abb. 7 Klarzellakanthom 1. Tumoren 7 Differenzialdiagnosen Differenzialdiagnostisch in Betracht kommen ein Porom, eine aktinische Keratose und ein Morbus Bowen. Therapie Exzision. 1.1.3.3 Warziges Dyskeratom Synonym: Follikuläres Dyskeratom Das warzige Dyskeratom umfasst Läsionen mit einem Spektrum histomorphologischer Eigenschaften. In der Mehrzahl der Fälle handelt es sich um eine infundibuläre Zyste bzw. kelchförmige Invagination der Epidermis, die akantholytische Zellen an der Basis aufweist. Trotz einiger histopathologischer Ähnlichkeiten mit viralen Warzen konnte eine Infektion mit humanen Papillomviren nicht nachgewiesen werden. Warzige Dyskeratome der oralen Schleimhaut sind sehr selten beschrieben. Für deren Entstehung werden der Einfluss von Reibung und mechanischer Belastung angenommen. Möglich ist es, dass es sich bei diesen Läsionen um isolierte fokale akantholytische Dyskeratosen handelt. Klinik Die knotigen Läsionen finden sich bei Erwachsenen mittleren Alters am Kopf oder Nacken. Sie ähneln viralen Warzen oder, aufgrund eines zentralen Hornpropfs, Komedonen. In der Mundschleimhaut finden sich die Läsionen an der Oberkieferzahnkante und dem Gaumen. Histologie Eigenschaften einer infundibulären Zyste mit Zeichen der Akanthose. Zudem Akantholyse und dyskeratotische Keratinozyten an der Basis der Läsion (daher die Bezeichnung „solitärer Morbus Darier“ ). Differenzialdiagnosen Verruca vulgaris, Komedo. Therapie Exzision. Literatur Barranco V. 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