Ohr Anatomie und Physiologie Äußeres Ohr Ohrmuschel: − Sie besteht aus elastischem Knorpel. − Dieser ist mit einer gefäßreichen Haut überzogen. − An der Vorderseite haftet sie besonders fest am Knorpel an. − Die menschliche Ohrmuschel hat eine geringe Schallverstärkung und ermöglicht nur ein geringes Richtungshören. − Ihr Relief besteht aus: − dem freien gerollten Rand (Helix), − einer inneren Falte (Anthelix mit den beiden Schenkeln), − der eigentlichen Muschel (Concha), − dem Tragus und − Antitragus. − Mißbildungen der Ohrmuschel, z.B. Abstehen der Ohren, können sehr entstellend wirken, lassen sich aber problemlos korrigieren. − Man sollte aber Bedenken, daß leichtes Abstehen die Funktion der Ohren verbessert. − Der ca. 3 cm lange äußere Gehörgang ist leicht gekrümmt. − Die äußere Hälfte ist von Knorpel geschützt und mit Haut ausgekleidet, die reichlich Anhangsgebilde, − kleine Haare, − Talgdrüsen und − spezielle Schweißdrüsen (Zeruminaldrüsen) enthält. − Letztere bedingen die bräunliche Farbe des Sekretes. − Der knöcherne Gehörgang ist nur mit dünner Haut überzogen, die keine Anhangsgebilde besitzt. − Sie geht in die äußere Schicht des Trommelfells über. − Der Gehörgang schützt das Mittelohr vor äußeren Einflüssen und verstärkt den Schalldruck im Sprachfrequenzbereich am Trommelfell. − Mittelohr − Das Mittelohr ist ein luftgefüllter Raum, der über das Trommelfell vom Gehörgang getrennt ist. − Es enthält die Übertragungskette der Gehörknöchelchen. − Durch die Tuba auditiva (Tuba eustachii) ist der Raum mit dem Epipharynx verbunden. − Er geht nach dorsal in das Zellsystem des Warzenfortsatzes über. − Das Trommelfell − Das Aussehen des Trommelfells ist flachtrichterförmig. − Seine Membrana propria, die aus mäßig steifen Ring- und Radiärfasern besteht, gibt im seine Eigenform. − Das Trommelfell ist dem Luftschall optimal angepaßt. − Es entspricht nicht einer gespannten Membran! − Es schwingt vielmehr als steifes Plättchen mit einer weichen Randzone. − Die Schwingungen werden durch den fest eingewobenen Stiel des Hammers auf die Gehörknochen übertragen. − Der schräg von oben nach unten verlaufende Hammergriff teilt das Trommelfell in eine vordere und hintere Hälfte. − Zieht man durch das Zentrum eine gerade erhalten wir vier Quadranten. − Hinter dem oberen hinteren Quadranten liegt das Amboß-Steigbügel-Gelenk. − Dieser Trommelfellquadrant ist bei Verletzung besonders gefährdet und zeigt bei Entzündungen die stärkste Reaktion. − Die Oberfläche des Trommelfells ist glänzend, so daß sich bei Spiegelbetrachtung nach vorne unten ein keilförmiger Lichtreflex bildet. − Gehörknöchelchen (Ossicula): − Die Kette der Gehörknöchelchen besteht aus: − Hammer (Malleus) − Amboß (Incus) − Steigbügel (Stapes) − Das Manubrium des Hammers geht nach oben in den Hammerkopf über, der gelenkig mit dem nach hinten liegenden Amboß verbunden ist. − Der Amboß hat einen breiten kurzen Schenkel, mit dem er an der Labyrinthwand befestigt ist, er hat nach unten einen dünnen längeren Schenkel, der frei durch die Pauke zum Stapesköpfchen zieht. − Der Steigbügel, ist mit kurzen elastische Fasern in das ovale Fenster der Labyrinthwand eingelassen. − Mit seinem Kopf steht er mit dem Amboß in Verbindung. − Hammer und Amboß schwingen um eine Achse, die horizontal vom kurzen Fortsatz durch den Hammerhals zieht. − Die Schwingungen werden auf den Steigbügel übertragen, der stempelförmig auf die Flüssigkeit des Labyrinths drückt. − Zwei Muskeln (M. tensor tympani und M. stapedius) können die Schwingungen der Schalleitungskette dämpfen und die Stellung der Gehörknochen etwas verändern. − Pauke: − Die Pauke ist ein nur 2 – 4 mm großer lufthaltiger Raum hinter dem Trommelfell. − Die Knochenwände der Paukenhöhle sind, wie die pneumatischen Zellen nur mit einem dünnen Periost und darüberliegenden kubischen Epithel bedeckt (Mukoperiost). − Nach hinten oben, um den Körper des Amboß, öffnet sich die Pauke zum Antrum. − Vom Antrum aus ist ein variables pneumatisches Zellsystem vorhanden, das sich postfetal entwickelt. − Die Ausgestaltung ist sehr stark individuell unterschiedlich. − Dieses pneumatische Zellsystem kann bei Entzündungen zu schweren Komplikationen führen. − Tuba Eustachii − Die Tuba Eustachii verbindet die Pauke mit den Nasenrachenraum. − Sie besteht aus einem engen kurzen knöchernen Teil, der die Paukenhöhle anschließt und in dem längeren, zu 2/3 von Knorpel umkleideten pharyngealen Teil übergeht. − Die Tubenschleimhaut ist von mehrreihigem, flimmertragenden Zylinderepithel ausgekleidet. − Unter dem Epithel findet sich nach oral zunehmend reichlich Schleimdrüsen. − Die lebhafte Zilientätigkeit befördert Sekrete und evtl. Fremdkörper zum Nasenrachen. Innenohr (Labyrinth) − Es sind zwei Sinnesorgane die in einer knöchernen Kapsel eingebettet sind: − das Gleichgewichtsorgan (Vestibularapparat), − das Hörorgan Schnecke/Cochlea). − Beide sind ein kompliziertes Schlauchsystem, das mit Endolymphe gefüllt ist und Sinneszellen enthalten. − Dieses Schlauchsystem ist seinerseits wieder mit Perilymphe umgeben und in die knöchernen Gänge der Labyrinthkapsel eingebettet. − Vestibularapparat: − Das periphere Gleichgewichtsorgan umfaßt das Schlauchsystem der Bogengänge, den Utriculus und den Sacculus. − Im Vestibulum (Zentrum des Innenohres) liegen hinter dem ovalen Fenster Sacculus und Utriculus, es sind mit Endolymphe gefüllte Bläschen. − Beide enthalten je eine Sinnesplatte (Macula). − Diese Maculae sind mit einer Schicht von Sinneszellen besiedelt. − Deren Sinneshaare ragen in eine Galerte hinein, die auf ihrer Oberfläche ein Schicht aus Kalziumkarbonatsteinchen trägt. − Bedingt durch ihr höheres spezifisches Gewicht folgen diese einerseits der Schwerkraft, andererseits bleiben sie bei Bewegung zurück. − Sie verursachen so eine Verbiegung der Sinneshaare, daraus folgt eine Erregung der Sinneszellen. − Die beiden Maculae stehen senkrecht zueinander: − die Macula utriculi waagerecht, − die Macula succuli senkrecht. − Sie informieren über die Ruhestellung des Kopfes und über seine Lageänderung. − Das Bogengangsystem schließt nach dorsal an das Vestibulum an. − Es besteht aus drei in den drei Raumebenen liegenden Bogengängen. − Es sind der : − horizontale (lateralis), − der frontale (anterior) und der − vertikale (posterior) Bogengang. − Jeder Gang bildet eine ringförmigen Schlauch, der aus den Utriculus entspringt und wieder dort mündet. − In jeder Ampulle steht eine feste Gewebsfalte (Crista) quer zur Achse des Bogenganges. − In dieser Crista sitzt eine gallertartige bewegliche Masse auf (Cupula). − Jede Flüssigkeitsbewegung im Bogengang bringt diese Cupula zur Auslenkung. − Auf dem Kamm der Crista sitzen die Sinneszellen, deren feine Haare in die Struktur der Cupula hineinragen Physiologie des Gleichgewichtsorgans: Für die Lebenserhaltung ist eine rasche Orientierung im Raum von vitaler Bedeutung, da Gesichtsfeld und Zielbewegung der veränderten Körperlage sofort angeglichen werden müssen. − Zentral sind − die Kerngebiete der Augenbewegung, − der Blickmotorik, − das ganze System der Tiefensensibilität sowie die − Stell- und Greifmotorik − aufs engste mit den vestibulären Zentren verbunden. − Die drei Sinne Gleichgewicht, Auge und Tiefensensibilität ergänzen sich und könne sich beim Ausfall eines Sinnes bis zu einem gewissen Grad ersetzen. − Bei beidseitigem Ausfall des Vestibularorgans wird die Raumorientierung durch Auge und Tiefensensibilität soweit ersetzt, daß diese Patienten bei Tage relativ wenig und nur nachts stark eingeschränkt sind − Ein plötzlicher Ausfall des Labyrinthes verursacht Schwindel und Desorientierung − Zur raschen Einstellung des Gesichtsfeldes ist das vestibuläre Organ in naher Verbindung zu den Augenmuskelkernen. − Bei Drehung des Kopfes muß das Auge auf einen Fixpunkt gerichtet bleiben, sonst würde das Bild verwischt. − Bei bewegter Umwelt muß es rasch von einem Fixpunkt zu nächsten springen. − Die langsame Blickfolge nach dem bewegten Objekt und das rasche Springen auf einen neuen Blickpunkt sind doppelt automatisch geregelt. − Rein optisch folgt das Auge z.B. beim Hinaussehen aus einem fahrenden Zug, einem vorbeiziehenden Gegenstand und springt, sobald dieser die Grenze des Gesichtsfeldes erreicht, unwillkürlich mit schnellem Ruck auf den nächsten über (Eisenbahnnystagmus/ optokinetischer Nystagmus). − Diese schnellen Augenrucke ergeben keinen optischen Eindruck. − Diese rhythmischen Augenbewegungen, bestehen immer aus einer langsamen und einer schnellen Phase – Nystagmus. − Die Richtung wird nach der auffallenden schnellen Komponente angegeben − Beim Drehen um die senkrechte Körperachse ensteht eine Nystagmus in horizontaler Richtung durch Reizung der horizontalen Bogengänge. − Entsprechend dem vestibulären Reiz werden auch Greif- und Zeigebewegungen im Blindversuch in der Richtung der langsamen Komponente des Nystagmus abgelenkt. − Cochlea (Schnecke): − Im vorderen Teil des Labyrinthes liegt das akustische Sinnesorgan (Corti-Organ). − Es ist ein Transformationsorgan, was physikalische Reize in physiologische Erregung umsetzt. − Die Trennwand der Schnecke mit dem Endolymphschlauch teilt den Perilymphraum in einen: − oberen Anteil (Scala vestibuli) − − der durch das Vestibulum mit dem ovalen Fenster zusammenhängt und einem unteren Anteil (Scala tympani), − der an das runde Fenster grenzt. − Beide Gänge stehen an der Schneckenspitze (Helicotrema) in Verbindung. − Die Trennwand ist zentral in der Achse der Schnecke (Modiolus) durch eine feine Knochenlamelle gebildet, peripher durch eine biegsame Basilarmembran, die das Corti-Organ trägt. − Die dünne Reissner-Membran schließt den dreieckigen Endolymphraum (Ductus cochlearis) ab. Hörvorgang: − Schwingungen die das ovale Fenster erreichen breiten sich durch die Schnecke aus. − Die Basilarmembran wird in Schwingungen versetzt die von Haarzellen in Erregung afferenter Nerven umgesetzt werden. − Diese Haarzellen sind in einer inneren und äußeren Reihe angeordnet. − Jede von ihnen trägt ein Büschel von 50 – 100 haarähnlichen Stereozillien. − Die 3500 inneren Haarzellen stehen einreihig an der Innenseite der inneren Pfeilerzellen, die 12000 äußeren Haarzellen sind länger und bilden in der basalen Schneckenwindung 3, in den Spitzenwindungen 4 – 5 Reihen. − Es wird vermutet, daß das sich die Haarzellen in der Schnecke ähnlich verhalten wie die vestibulären Sinneszellen: − und durch einen unbekannten Mechanismus bei Verbiegen der Stereozilien in eine Richtung depolarisiert werden, wodurch die Frequenz der Nervenentladungen erhöht wird, − während beim Verbiegen in die Gegenrichtung eine Hyperpolarisation und verlangsamte Entladefrequenz eintreten. − Im Corti-Organ werden Schwingungen der Basilarmembran in eine der Sinneshaare verbiegende Kraft umgewandelt. − Die Haarzellen selbst werden von Stütz- und Pfeilerzellen fixiert und sind gegenüber der Basilarmembran unverschieblich. − Sie sind aber mit ihren Stereozilien in der darüberliegenden Membrana tectoria eingebettet. − Diese ist so angeordnet, daß sie sich bei Bewegung der Basilarmembran entlang der Haarzelloberfläche bewegt und damit eine Scherung der Stereozilien erzeugt. − Wird die Basilarmembran durch Schallschwingungen in Bewegung versetzt, so werden die afferenten Nervenfasern erregt und es kommt zur Entladung.